Full text of "Anglia"
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A N G L I A.
ZEITSCHRIFT
FÜK
EN&LISCHE PHILOLO&IE.
UNTER MITWIRKUNG VON EWALD FLÜGEL
HERAUSGEGEBEN
VON
EUG£N EINENKEL.
NEBST EINEM BEIBLATT HERAUSGEGEBEN VON MAX FR. MANN.
BAND XXV. NEUE FOLGE BAND XIIL
HALLE A. S.
MAX NIEMEYEB.
1902.
BAND-INHALT.
Seite
Otto Ballmann, Chancen einflnss anf das englische drama im
Zeitalter der königin Elisabeth nnd der beiden ersten Stnart-
könige 1
P. Siegel, Aphra Behns gedichte und prosawerke 86
Willi Fischer, Goldsmiths Vicar ofWakefield 129
F. Holthansen, Das Spiel der Weber von Coventiy. I. Text . . 209
Wilbnr L. Gross, Chancer as a Character in Fiction 251
G. Erneger, E<ich — have; a scissors 254
Fr. Elaeber, Zar altenglischen Bedaübersetznng 257
Ernst A. Eock, Interpretations and Emendations of Early English
Texts. 1 316
P. Siegel, Aphra Behns gedichte nnd prosawerke, n 829
F. Holthausen, Zu alt- nnd mittelenglischen denkmälem. XYI. . 386
R. A. Williams, Die vokale der tonsilben im Ck>dex Wintoniensis . 393
Alb recht Wagner, Eine sammlang von Shakespeare -Qaartos in
Deutschland 518
/
CHAUCERS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE
DRAMA
IM ZEITALTER DER KÖNIGIN ELISABETH UND DER
. BEIDEN ERSTEN STUART -KÖNIGE.
Während sich die forschung in den „Shakespeare- Allusion
Books" der New Shakespeare Society schon eingehend mit
Shakespeares nachwirknng beschäftigt hat, ist für Chaucer —
the first national poet of England, mit Courthope ') zu reden —
in dieser hinsieht fast noch alles zu leisten. Es fehlt zwar
nicht ganz an arbeiten betreffs Chaucers einfluss auf einzelne
dichter — vgl. z. b. Thomas Warton: „Observations on the
Fairy Queen of Spenser". Sect. V — , in zusammenfassender
weise aber ist noch keine litteraturgattung auf Chaucers ein-
fluss hin untersucht worden. Und doch würde sich daraus am
ehesten ein deutliches bild von der grossen Vielseitigkeit seiner
werke und ihrer breiten Wirkung auf die folgenden litteratui--
epochen gewinnen lassen. — Im folgenden habe ich es mir zur
aufgäbe gemacht, den einfluss Chaucers auf die blütezeit des
englischen dramas, d. h. auf das drama im Zeitalter der königin
Elisabeth und der beiden ersten Stuart-könige darzulegen.
Das hauptmerkmal , welches Chaucer-) von allen seinen
Vorgängern und Zeitgenossen unterscheidet, ist die grosse drama-
tische lebendigkeit seiner darstelluug. Er hatte, zum dichter
herangereift, völlig mit den allegorisch -symbolischen Personi-
fikationen des mittelalters gebrochen; statt wesenloser gestalten
führt er uns menschen von fleisch und blut vor äugen, wie sie
0 W. J. Coorthope : A History of English Poetry. In 2 vols. London
1895 ; bd. I 8. 300.
') Die ausgäbe von W. W. Skeat in sieben bänden, Oxford 1894, ist
hier zugrunde gelegt.
▲nglift. N. F. XIII. 1
2 OTTO BALLMANN,
im wirklichen leben zu finden sind. Man kann Courthope nur
zustimmen, wenn er sagt: When he had introduced a variety
of highly finished characters into a Single action, and had
enyaged tlieni in animated dialogue, Chaacer had fulfdled every
requirement of a dramatist, short of hringing his play upon Ute
stage (1. c. I, 298). Dieses innerste wesen der werke Chaucers
befähigte sie ganz besonders dazu, befruchtend auf das aus
den moralitäten herauswachsende drama einzuwirken. Es kann
uns deshalb nicht wundernehmen, dass wir so oft in der dra-
matischen litteratur Englands auf Chaucers spur stossen. In
den ersten stücken noch unscheinbar und gering, ') nimmt diese
spur doch schon bei John Hey wood 2) sehr bestimmte, deutliche
formen an und wird schliesslich in der blütezeit des englischen
dramas zu einer breiten, für jedes äuge sichtbaren fährte, die
auch die besten dichter zu betreten sich nicht scheuen. —
Ein anderer umstand kam aber noch hinzu, welcher die dra-
matiker gerade auf Chaucer hinwies: indem sie seine werke
auf die bühne brachten, oder in die ihrigen offenkundige an-
spielungen und citate aus ihnen einflochten, huldigten sie ihrem
zeitgeiste, der damals sich dem vater der englischen poesie
besonders günstig zeigte. Für Chaucers gi'osse Popularität im
16. Jahrhundert sprechen die zahlreichen, rasch aufeinander
folgenden drucke seiner werke deutlich genug. 3) Ja, die nach-
ahm ung von Chaucers spräche ging sogar so weit, dass männer,
wie Thomas Wilson,^) George Puttenham^) und Ben Jonson
(s. unten s. 15), es für nötig hielten, vor diesem einfluss zu
warnen. Freilich, der nachäff erei von Chaucers veraltetem
Sprachgebrauch konnten sie nicht nachdrücklich genug ent-
gegentreten. Aber diese historischen belege geben uns eine
vollgültige erklärung dafür, dass auch die weniger deutlichen
*) cf. QueUen des englischen Dramas vor Shakespeare von Alois Brandl.
QF. Heft 80, Strassburg 1898; Einleitung S. XVm, XXXIX, XXXXVI, Lf.,
LUX, CI. Auch Kaluza hat in seiner besprechung der Brandl'schen „Quellen"
auf Chaucer-anklänge aufmerksam gemacht (D. L. Z. 99 A 4b).
*) cf. John Heywood als Dramiker. Ein Beitrag zur Entwicklungs-
geschichte des englischen Dramas von Wilhelm Swoboda. Wien 1888 ; s. 63 ff.
*) cf. W. W. Skeat: Chaucer's Minor Poems. Clarendon Press. Ox-
ford 1888; Einleitung s. XVff.
*) cf. Thomas Warton: History of English Poetry ed. by Carew Hazlitt.
In 4 vols. London 1871 ; bd. IV s. 141 f.
CIIAUCERS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 3
anspielungen auf Chaucer dem damaligen theaterpublikum ohne
weiteres verständlich waren.
Die einteilung des Stoffes ist von dem gesichtspunkte aus
geschehen, dass in chronologischer folge zuerst die stofflichen
entlehnungen aus Chaucer und dann die anspielungen auf seine
werke behandelt werden; der vorteil jedoch, den eine zu-
sammenhängende besprechung der einzelnen dramatiker bot,
ist deshalb nicht aufgegeben worden.
A.
Die früheste nachricht von der dramatisierung einer
Chaucer-erzählung giebt uns John Bale ; nach ihm soll Nicolas
Grimoald (1519 — 1562) eine komödie Troilus ex Ghaucero
geschrieben haben. Sie ist uns aber weder erhalten, noch be-
sitzen wir sonst eine nähere angäbe darüber. Es ist selbst
fraglich, ob sie lateinisch oder englisch geschrieben war (cf.
Dict. of Nat. Biogr. unter Grimoald).
Von einer anderen komödie, die uns ebenfalls verloren ist,
berichtet Thomas Warton. ') Bei einem besuche der königin
Elisabeth in Oxford 1566 wurde das englische drama Palamon
and Arcite, dessen Verfasser Eichard Edwards (der ältere)
war, unter grossem beifall der königin aufgeführt. Die quelle
desselben war Chaucers „Knightes Tale". 2)
Auch im Jahre 1594, am 17. Sept., kam im „Rose Theatre"
ein drama Palamon and Arcite auf die bühne, von dem wir
aber weiter nichts wissen. Hazlitt vermutet in ihm eine Um-
arbeitung des vorigen Stückes. 3)
Ob das noch ungedruckte drama Fair Constance of Ronie,
verfasst 1600 von Munday,Hathway, Drayton undDekker,
mit Chaucers fassung der geschichte von der keuschen kaisers-
tochter in „The Man of Lawes Tale" zusammenzubringen ist,
oder nicht, muss dahin gestellt bleiben.^)
») cf. Warton 1. c. bd. III b. 305, IV b. 214.
«) cf. auch Hazlitt'B Play-Collector's Manual 1892 s. 173.
*) cf. Hazlitt'B Manual s. 173; Frederick Gard Fleay: Biographical
Chronicle of the Engl. Drama from 1559—1642. In 2 vols. London 1891
(weiterhin citiert als: Fleay); bd. 11 b. 303.
«) cf . Hazlitt's Manual s. 79 ; Fleay bd. I s. 126.
1*
4 OTTO BALLMANN,
Appius und Virginia.
A new Tragicall Comedie of Apius and Virginia (ge-
druckt 1575) ist das erste erhaltene drama aus jener zeit, als
dessen quelle eine Chaucer-erzählung nachgewiesen ist. Der
unbekannte Verfasser R. B. entnahm aus Chaucers „Phisiciens
Tale" den stoff, den er nach gutdünken zurechtschnitt und
dui'ch zuthaten erweiterte. Rumbauer, welcher ausführlich das
Verhältnis des dramas zu seiner quelle besprochen hat, *) fasst
seine Untersuchung in die werte zusammen: „Es ist aus den
von mir angeführten gründen nicht daran zu zweifeln, dass
der Verfasser der tragikomödie einzig und allein nach der
Chaucer'schen erzählung gearbeitet hat. Die ab weichungen
von Chaucer sind zum grössten teile durch die dramatische
form und das eingreifen der allegoiischen figuren in die hand-
lung bedingt und kommen somit auf die eigene rechnung des
dichtei^" (s. 27).
Shakespeare.
Shakespeares Verhältnis zu Chaucer ist in zusammen-
fassender weise bis jetzt noch nicht behandelt worden. Wohl
aber haben diejenigen seiner dramen, welche Chaucer-einfluss
aufzuweisen schienen, schon mehrfach eine eingehende Unter-
suchung erfahren. Ich musste mich daher im folgenden haupt-
sächlich darauf beschränken, das vorhandene material zu
bearbeiten.
Gomedy of Error», Nach Joh. Groene^) sollte Shake-
speare in diesem lustspiele eine anleihe bei Chaucer gemacht
haben. In dem bezüglichen artikel behauptet der Verfasser:
„Eine stelle aus Chaucers erzählung des ritters, wo Arcitas
trotz des über ihn verhängten todesurteils durch die liebe zu
Emilia gedrängt nach Athen zurückkehrt, kann als Vorbild
gelten zu der eröffnuugsscene der Irrungen, wo der alte Aegeon
in seiner eigenschaft als Syrakusaner in Ephesus dem tode
verfallen ist, und zwar wird er ebenfalls durch die Sehnsucht
nach einer geliebten person (seinem söhne) dorthin getrieben"
(s. 287). Diese hypothese, für welche kein weiterer Stützpunkt
^) cf. Die Geschichte von Appius und Virginia in der englischen Litte-
ratur. Diss. von Otto Rambauer, Breslau 1890 (s. 18—27).
>) Shakespeare-Jahrbuch XXIX/XXX s. 281.
CHAUCERS EINFLÜSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 5
angegeben ist, noch gefunden werden kann, möchte ich gänz-
lich abweisen. Der Sachverhalt ist folgender: In Chaucers
„Knightes Tale" kommt der junge Arcite, welcher die von
ihm geliebte Emelye in Athen weiss, nach langer abwesenheit
und von liebeskummer ganz entstellt und abgehärmt, auf
Mercurs befehl, der ihm im träume erschienen war, unter
falschem namen und verkleidet nach Athen, um von seinem
liebesleid zu genesen, trotzdem ihm Theseus todesstrafe ange-
droht hatte, wenn er auf athenischem gebiet ertappt würde.
Arcite tritt unerkannt in den dienst des Theseus, dessen wohl-
wollen er gewinnt. Bei Shakespeare sucht ein vater, der alte
Aegeon, seit fünf jähren in allen ländern sein verschollenes
weib und kind; die ungewissheit über ihr Schicksal verleitet
ihn, auch in Ephesus nachzufoi-schen, das er doch als Syraku-
saner unter todesstrafe nicht betreten dürft«. Er wird ge-
fangen und zum tode verurteilt. — Hierin vermag ich keine
Übereinstimmung zu entdecken. Als parallele könnte man
höchstens den dann freilich in allgemeinster allgemeinheit auf-
zufassenden satz aufstellen: Eine person betritt aus liebe zu
einer andern eine Stadt, wo ihr der tod droht. Und dies dürfte
wohl nicht genügen, um Chaucer als Shakespeares vorbild in
der betreffenden scene hinzustellen.
Hidsummer Nighl's Drenm, In dem bunten gewebe der
handlung des „Sommernachtstraumes" finden sich hauptsächlich
zwei punkte, welche zu einem vergleich mit Chaucer heraus-
fordern: 1. der rahmen der komödie, d.h. die bevorstehende
hochzeit des Theseus mit Hippolj^ta, an Chaucers „Knightes
Tale" erinnernd, 2. die von den handwerkern aufgeführte
Schauertragödie „Pyramus and Thisbe", ein stoff, welchen
Chaucer uns in der zweiten erzählung der „Legend of Good
Women" bietet. Furness ») fasst das Verhältnis der „Knightes
Tale" zu Shakespeares komödie in dem satze zusammen : Thcre
is no resemblance between the tale and the drama beyond an
allusion to the celehation of May-Day, and the names Theseus
and Philostrate (s. XXVI). Und Ward 2) sagt, dass der
^Theseus-rahmen" im Sommemachtstraum einer bekanntschaft
') Shakespeare Variornm Edition, vol. X im vorwort zum M. N's D.
*) Adolphus William Ward: Eist, of Engl. Dramat. Lit. In 3 vols.
New Edit. London 1899 (weiterhin citiert als: Ward); bd. 11 s. 86.
6 OTTO BALLMANN,
Shakespeares mit Norths Plutarch-übersetzung zu verdanken
sein muss: Here occur a numher of proper names which reappear
in the comedy, und weiterhin, dass Theseus und Hippolyta dem
Shakespeare als personages in epic poetry and romance schon
vorher bekannt gewesen seien. Ein Zugeständnis aber macht
er Chaucer mit den worten: Philosiratus who in the play is
Theseus nmster of the revels, in Chaucer's "Knighfs Tale" is
his € Chief squire^. Beide forscher wollen also die Theseus-
episode nicht auf Chaucer zurückführen ; als hauptgrund dafür
erscheint, dass Shakespeares Schreibung Hippolyta nicht aus
Chaucer stammen kann (dieser schreibt Ipolita) und die eng-
lische Plutarch-übersetzung der zeit ihrer Veröffentlichung
nach (1579) Shakespeare als quelle am nächsten lag. Aber
bezüglich des Philostratus wissen sich beide nur durch zurück-
greifen auf Chaucer zu helfen, da dieser name bei North nicht
vorkommt und auch sonst nicht in ähnlicher Verbindung mit
Theseus zu finden ist. Und ebenso deutlich weist die von
Fumess erwähnte alltision to the celebration of May-day auf
Chaucer hin:
M. N'8 Dr. Act I, sc. 1 v. 167 :
To do observance to May.*)
Knightes Tale A 1500:
To doon his observannce to May.
Ohne Chaucer kommen wir also gar nicht aus bei der er-
klärung des Theseus - rahmens im Sommernachtstraum. Wes-
halb sollten wir uns dann sträuben, anzunehmen, dass gerade
von der Knightes Tale die hauptanregung zu demselben aus-
ging ? Denn nicht nur die ganze Situation und Stimmung der
Theseus-episode, sondern auch das Verhältnis von Theseus und
Hippolyta zu den übrigen personen des lustspiels ist genau
dasselbe, wie in Chaucers erzählung. Aus Plutarch kann
Shakespeare nui* einige antike namen und wenige geschicht-
liche thatsachen entnommen haben. — Diese ansieht wird von
der mehrzahl der forscher, soweit ich sehe, vertreten. Sie
wurde zuerst von Steevens aufgestellt, durch Knight und
Halliwell verstärkt um einige beweispunkte, die, zwar an sich
nicht beweiskräftig, im Zusammenhang mit den beiden erst-
genannten punkten doch ihre volle bedeutung erhalten (et
*) Shakespeare ist nach der Globe-Edition citiert.
CHAUGERS EIKPLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 7
Furness, Variorum Edition s. 268 ff.), und findet sich eingehend
dargelegt bei ten Brink und Pröscholdt. »)
Auch die eigentliche handlung des Sommernachtstraumes,
die geschichte der beiden liebespaare, sollte nach Pröscholdt
(1. c.) aus derselben erzählung Chaucers geflossen sein. Den
besten beweis dagegen brachte E. Tobler, 2) der nicht nur für
die beiden liebespaare Shakespeares, sondern auch für dessen
Zauberblumen love-in-idleness und Dian's hud in dem schäfer-
roman des Jorge de Montemajor Vorbilder nachgewiesen hat. »)
Einen anderen Standpunkt vertritt ten Brink. Nach ihm
hat Shakespeare Chaucers erzählung mit Montemajors roman
verbunden. Er sagt: „Aus Palamon und Arcite machte er
[Shakespeare] Lysander und Demetrius, deren namen, besonders
des letzteren, an die von Palamons und Arcitas mitstreitern
im tumier anklingen (Lycurg und Emetrius); statt der einen
Emilia aber schuf er Helena und Hermia. Die Charaktere der
beiden männer wurden wenig von ihm individualisiert, weniger
als ihre Urbilder bei Chaucer es waren. Auf die zwei frauen
hat Shakespeare nun das motiv übertragen, das bei Chaucer
sich an die beiden männergestalten knüpft: das motiv der
durch eifersucht gestörten freundschaft (1. c. s. 102)." Und
dann soll hier der schäf erroman , die erzählung Chaucers er-
gänzend, eintreten. Diesem geistreichen versuche ten Brinks
kann ich nicht beistimmen. Denn was bleibt nach allen Ver-
änderungen, die Shakespeare mit Chaucers personen vorge-
nommen haben soll, überhaupt noch von diesen übrig? Jeden-
falls nicht genug, um die Knightes Tale als quelle für die
eigentliche handlung des Shakespeare'schen lustspiels irgendwie
wahrscheinlich zu machen.
Ueber die Pyramus und Thisbe-sage im Sommemachts-
traum lässt sich nichts positives behaupten. Einerseits ist sie
») cf. Bernhard ten Brink, Shakespeare- Jahrbuch XIII s. 92 ff. L. Prö-
scholdt: On the Sources of Shakespeare's M. N*8 Dr. Diss. Halle 1878. Vgl.
auch die Shakespeare-ausgabe von Delius.
*) Im Shakespeare-Jahrbuch XXXTV s. 358. In einer anderen richtung
hat neuerdings Vollhardt Shakespeare's quelle gesucht, vgl. sein programm :
„Die Beziehungen des M. N's Dr. zum italienischen Schäferdrama." Beilage
zum Jahresbericht der II. Realschule, Leipzig 1899.
*) Diese queUe war schon längst bekannt, ist aber erst von Tobler
ganz gewürdigt worden.
8 OTTO BALLMANN,
in allen ihren einzelheiten im ganzen mittelalter sehr bekannt, ')
andrerseits war sie schon vor Shakespeare bereits dramatisch
behandelt worden, und vor allem stand ja Shakespeare die
Übersetzung von Ovids Metamorphosen von Golding zur Ver-
fügung. Mit Goldings Ovid zeigt auch Shakespeares drama
im drama stofflich die grösste Übereinstimmung, so dass jetzt
allgemein die quelle dort gesucht wird (vgl. Fumess, Ward),
wenn auch der vers Shakespeares:
0 wicked wall throngh whom I see no bliss
(M. N'B Dr. V 1, 181.)
stark an die stelle bei Chaucer erinnert:
Alias! thou wicked walle!
Thurgh thyn envye thou us leitest alle!
(Leg. ofG. \Y-756.)
Es bleibt noch zu erwähnen, dass VoUhardt^) Chaucers
Pluto in der „Merchantes Tale" als einen Vorgänger von
Shakespeares Oberon ansieht. Dem kann nicht widersprochen
werden. Denn zweifellos spielte Chaucers Pluto eine rolle in
dem verschmelzungsprozess von giiechischer mythologie mit
germanischem elfenzauber und ist somit in gewissem sinne
wohl ein vorbote von Shakespeares Oberon. Doch an eine
direkte linie, die von Chaucer zu Shakespeare führte, ist dabei
nicht zu denken. Dass jene Verschmelzung zu Chaucers zeiten
noch in ihren ersten anfangen war, zeigt der umstand, dass
Pluto, der bei Chaucer gewöhnlich als der beherrscher der
schwarzen unterweit, der höUe, genannt ist, einzig in der
„Merchantes Tale" uns auf einmal als „king of fayerye"
(E. 2227) entgegentritt.
Ueber den Sommemachtstraum im allgemeinen hat Sarrazin
einen trefflichen gedanken in „Scenerie und Staffage im Sommer-
nachtstraum" (Herrigs Archiv bd. 104) geäussert, den ich nicht
verfehlen will hier anzuführen: „Der einfluss Chaucers scheint
sich nicht nur in dem rahmen der handlung und in einzelnen
motiven geltend zu machen, sondern auch im gesamtcharakter
^) cf. Dr. Georg Hart: Die Pyramns- und Thisbe-Sage. Passau 1889;
2. teU 1891.
*) cf. Engl. Stud. XXrV s. 470, und seine neben citierte schrift s. 17 ff.,
wo bemerkt ist, dass schon Tyrwhitt Chancers Pinto nnd Proserpina als
he trtie progenitors of Oberon and Titania bezeichnet hatte (s. 24).
CHAÜCKR8 EINFLÜSS AUF DAS ENGLISCHE DUAMA ETC. 9
des lustspiels, in der phantastischen Mainacht-stimmung und
in der ironisch - humoristischen färbung. In keiner anderen
dichtung ist Shakespeare dem geiste Chaucers so nahe ge-
kommen (s. 73). — Die „anregung", welche nach Sarrazin „für
die Situation des Zusammentreffens der elfenkönigin mit dem
weber Zettel" durch „Chaucers prolog zur Legende von den
Guten Frauen gegeben sein könnte" (1. c.) , scheint mir aber
nicht wahrscheinlich.
Troilus and Cressida. Die entlehnung der liebesge-
schichte in diesem stücke Shakespeares aus Chaucers epischem
gedieht „Troilus and Criseyde" war durch die abhandlung von
E. Stäche ') stark in zweifei gezogen worden , nachdem man
zuvor Chaucer ausschliesslich als quelle betrachtet hatte. Stäche
glaubte aus einzelnen abweichungen , welche drama und ge-
dieht zeigen, auf ein viel weniger enges Verhältnis der beiden
schliessen zu müssen, und schien damit die notwendigkeit einer
weiteren quelle andeuten zu wollen. Ward 2) war trotzdem bei
seinem bereits in der ersten aufläge seines werkes geäusserten
urteil geblieben, dass Chaucer als einzige quelle für die liebes-
geschichte in betracht käme. Eine abschliessende behandlung
erfuhr diese frage in dem buche von Roscoe Addison Small. ^)
Wir finden daselbst das urteil Wards vollgiltig bestätigt duixh
zahlreiche Stellennachweise, welche die ziemlich eingehende
benutzung Chaucers darthun. Die abweichungen, welche Shake-
speare gegenüber seiner quelle zeigt, erklären sich einerseits
nach Small aus der Ökonomie des dramas und dem zwang, die
im mittelalter zu typen ausgebildeten personen als solche bei-
zubehalten; andrerseits gehen sie, wie sich aus Smalls dar-
legung ergiebt, auf die von Shakespeare für den historischen
teil im drama benützte quelle: Caxton's „Recuyell of the
Histories of Troy" (1474 ?) zurück, wie z. b. der umstand, dass
Diomed das im kämpfe dem Troilus geraubte pferd der Cressida
*) Das Verhältnis von Shakespeare's „Troilus and Cressida" zu Chaucer's
gleichnamigem gedieht. Von Emil Stäche. Programm des Real-Gymn. zu
Nordhausen 1893.
«) cf. Ward 1. c. bd. 11 s. 152.
") The Stage-Quarrel between Ben Jonson and the so-called Poetasters
by Roscoe Addison Small. In Kölbings Forschungen zur englischen Sprache
und Litteratur heft I. Breslau 1899.
10 OTTO BALLMANN,
als geschenk zusendet. — Ein näheres eingehen auf die Über-
einstimmungen Shakespeares und Chaucers würde nur eine
Wiederholung der ausfühnmgen von Small sein können. *) Er
hat bewiesen, dass Chaucers gedieht als die ausschliessliche
quelle für die liebesgeschichte in Shakespeares „Troilus and
Cressida" und Caxton als einziger gewälirsmann für den histo-
rischen teil des dramas zu gelten hat.
The Rape of Lucrece. Unter den von Chaucer in der
„Legend of Good Women" verherrlichten frauen hat auch
Lucretia ihren platz gefunden. Chaucer geht auf Livius und
Ovid zui'ück. Für Shakespeares herrliches gedieht hat Wil-
helm Ewig^) die quellenfi'age abschliessend behandelt. Er
kommt zu dem ergebnis : „Ausgeschlossen ist, . . . das Shake-
speare seinen stoff etwa nur aus Chaucer geschöpft haben
sollte (s. 20) ; die benutzung des Livius ist als sicher, die des
Ovid als wahrscheinlich anzusehen. Vielleicht hat auch Chaucers
legende eingewirkt" (s. 32). Letzteres schloss der Verfasser
daraus, dass Shakespeare und Chaucer sich an drei stellen in
gedanken berühren, die Chaucer in feiner weise zur aus-
schmückung seines gedichtes eingefügt hat (cf. s. 27).
Ich habe noch eines kurzen auf Satzes von G. Sarrazin-^)
zu gedenken, welcher unter der Überschrift „Chaucer und
Shakespeare" uns eine reihe von parallelstellen bietet, die
Chaucer-anklänge in Shakespeares werken darthun sollen. Die
ausdrucksweise des Verfassers ist zumeist eine sehr vorsichtige
— er spricht von „anklängen" und „ähnlichkeit der gedanken",
giebt auch manchmal selbst die möglichkeit einer zufälligen
ähnlichkeit zu oder drückt sich mit „vielleicht nicht zufällig"
aus. Ich selbst möchte allerdings die mehrzahl der citierten
fälle als ganz unsicher abweisen. Handelt es sich doch zumeist
um metaphern und vergleiche, die entweder zum poetischen
allgemeingut gehören, oder die wir als erzeugnisse einer echten
dichterseele in gleicher weise beiden dichterheroen zutrauen
müssen ; und ausserdem ist das individuelle gepräge der allge-
meineren poetischen gedanken, welches allein den massstab für
die beurteilung einer entlehnung bilden darf, in allen fällen
») cf. SmaU 1. c. 8. 154.
*) Wilhelm Ewig: Shakespeare's Lucrece. Anglia XXn.
») cf, Anglia Beiblatt Vü b. 265 ff.
CHAUCEBS EINPLUSS AUF DAS ENGLISCHE DBAMA ETC. 11
za sehr verschieden. Die von Sarrazin verzeichneten anklänge
sollten sich in der mehr oder weniger grossen inhaltlichen
Übereinstimmung in folgenden bildern finden : Die lerche steigt
in der frühe singend zum himmel empor und weckt (begi'üsst)
den kommenden morgen ; dazu die in allem glänz aufsteigende
sonne. — Das vom wolf gebissene lamm schreit (zittert vor
furcht). — Sterbelied des schwanes. — Der in alle ritzen
spähende tag. — Reichtum ist oft nur ui'sache von Unglück.
— Liebesleidenschaft fasst alle extreme zu gleicher zeit in
sich. — Der liebesgott ist ein mächtiger lord. — Derselbe
boden trägt nebeneinander giftige und heilsame kräuter. —
Beachtenswert ist die von Sarrazin erwähnte stelle in Rieh. II.
I; 3,294:
0, who can hold a fire in his band
By thinking on the frosty Cancasus?
verglichen mit Chaucer D 1139:
Tak fyr, and ber it in tbe derkeste bons
Bitwix tbis and tbe monnt of Caucasus
And lat men sbette tbe dores and go tbenne
Yet wol tbe fir as faire lye and brenne
Ab twenty tbansand men migbte it bibolde —
Der gedanke in beiden vergleichen ist, wie der Zusammen-
hang zeigt, allerdings durchaus verschieden. Chaucer sagt:
Gleichwie das feuer stets seine eigenschaft behält, ob es im
dunkelsten hause verschlossen in fernster gegend brenne oder
vor den äugen von zwanzig tausend leuten, so bewahrt echte
gentilesse stets ihr wesen, handelt in jedem falle gleich und
fragt nicht danach, ob ihre that 2^rivcc oder cq)crt sei. Und
was Shakespeare mit seinen zwei versen sagen wollte, geben
die nachfolgenden am besten zu erkennen:
Or cloy tbe bungry edge of appetite
By bare imagiuation of a feast?
Or wallow naked in December suow
By tbinking ou fantastic sammer's beat?
0 no! tbe apprebension of tbe good
Gives bnt tbe greater feeling to tbe worse.
Bei Shakespeare ist der Kaukasus das Sinnbild für die kälteste,
bei Chaucer für die ödeste, abgelegenste gegend. Immerhin
ist es möglich, dass Shakespeare Cliaucers verse mit der auf-
fälligen Zusammenstellung von feuer und Kaukasus im ge-
dächtnis hatte.
12 OTTO BALLMANN,
Aber gar keine parallele vermag ich in einem weiteren
von Sarrazin angeführten falle zu finden:
Romeo and Juliet ü; 2, 159:
Hist! Bomeo, bist! 0 for a falconer's voice
To Inre this tassel-gentle back again.
Diese zwei verse sollen auffallend an Chaucers „Troilus and
Criseyde" erinnern:
in 1782. And whan that he com rydinge in-to toun
Ful ofte his lady, from hir window doun
As fresh as faucon comen out of muwe
Ful redy was him goodly to saluwe.
A falconer's voice und ein frisch gemauserter falke dürften
wohl keine parallele ausmachen.
Sarrazins bemerkung: „Im Kaufmann von Venedig (V; 1, 3)
wird unmittelbar nacheinander auf eine scene in Troilus and
Criseyde (V 666) , auf die sagen von Pyramus und Thisbe,
Aeneas und Dido, Jason *) und Medea angespielt. Es ist gewiss
kein zufall, dass diese drei geschichten in der legende von den
guten fi'auen genau in derselben reihenfolge erzählt werden"
(s. 268). — Diese bemerkung ist nur in ihrem ersten teile
richtig. Dass auf Chaucers „Troilus and Criseyde" an der
erwähnten stelle angespielt wird, kann ohne weiteres zugegeben
werden; schon Steevens und nach ihm Delius und Furness
machten darauf aufmerksam. Anders steht es aber mit den
drei nachfolgenden geschichten. Dass Chaucer zwischen der
legende von Dido und der von Medea diejenige der Hysipyle
erzählt, hat zwar nicht viel zu sagen. Aber wenn Shakespeare
bei jenen drei kleinen wundervollen Stimmungsbildern aus den
genannten geschichten irgendwie an Chaucer gedacht hätte,
so müssten wir in Chaucer für jene Stimmungsbilder wenigstens
einen anhält finden. Dies ist nicht der fall. Weder spricht
Chaucer in der Thisbe-legende von thau oder von dem schatten
des löwen (bei ihm ist es eine löwin), noch in der Dido-legende
von dem weidenzweig als trauerzeichen, oder dem sehnsuchts-
vollen wünsche der Dido, dass Aeneas zurückkehren möchte
(Dido nimmt sich, sobald sie des Aeneas flucht bemerkt hat,
das leben), noch dehnt er überhaupt die Medea-legende bis zu
Aeson aus. Letzteres ist besonders schwerwiegend. Delius,
0 Irrtümlich statt Aeson.
CHAUCEB8 EIKFLUSS AUF DAS EKOLISCHB DRAMA ETC. 13
in der anmerkung zu dieser stelle, vermutet, dass Shakespeare
die sage, wie Medea dem alten Aeson, dem vater des Jason,
durch Zauberkünste die Jugend zurückgab, aus Gower gekannt
haben mochte, welcher in der „Confessio Amantis" II s. 259 —
267 (ed. Pauli) diese geschichte ausführlich erzählt. Für die
zwei ersten Stimmungsbilder bot auch Gower keinen anlass.
Eine sichere Chaucer-erinnerung ist hingegen der von
Sarrazin erwähnte vers aus Lucrece (v. 791):
As palmers' chat make short their pilgrimage —
mit bezug auf den rahmen der Canterbury Tales.
Ebenso zweifellos ist eine andere von Littledale*) ge-
fundene parallelstelle. In L. L. L. IV sc. 3 v. 04 heisst es:
A woman I forswore; but I will prove
Thou being a goddess, I forswore not thee
My vow was earthly, thou a heaveuly love;
Tby grace being gained eures all disgrace in me.
Diese verse, die sich wörtlich im „Passionate Pilgrim" III
V. 33 - 36 wiederholt finden , verdanken augenscheinlich ihre
entstehung den versen Chaucers: A 1155—59:
For par amour I loved hir first er thow
Wbat wiltow seyn? thou wistest nat yet uow
Wbether she be a woman or goddesse!
Thyn is afifectioun of holinesse
And myu is love, as to a creature.
Den schluss, den Littledale hierauszieht: „The passage forms
a suggestive link between L. L. L. , M. N's Dr. and Chaucer's
Theseus" halte ich freilich für etwas zuweitgehend.
Mit Littledale *^) muss man auch das in demselben drama
Shakespeares vorkommende annipoient Mars (V 2, 650 u. 657)
auf Chaucer zurückführen ; das wort ist von Chaucer gei)rägt,
wie das New English Dictionary zeigt, und findet sich vor
Shakespeares drama nur einmal bei Douglas (Aeneis VI XIV 83)
um 1513. Chaucer selbst gebraucht es zweimal:
A 1982: Ther stood the temple of Mars armipotente
A 2441: And Mars tbe Sterne god armipotente.
In vier von Shakespeares dramen stossen wir auf den
hahn Chanticlere (Tempest I, 2, 449 ; As You Like it 11, 7, 32)
0 cf. The Two Noble Kinsmen ed. Harold Littiedale. New Shake-
speare Society 1876, Notes s. 135.
*) cf . 1. c. Notes zu Act IV sc. 1 y. 54.
14 OTTO BALLMANN,
und die henne Dame Partlet (Winter's Tale 11, 3, 94 ; Henry IV
A. III, 3, 48), welche uns alte bekannte aus Chaucers „Nonne
Preestes Tale" sind.
Ben Jonson.
Hinter Shakespeares dichtergrösse treten dessen littera-
rische Zeitgenossen so weit zurück, dass sie der nachweit kaum
mehr als der dunkle Untergrund für eine glänzende sonne sind.
Sie haben für uns in erster linie nur insofern bedeutung, als
sie uns erkennen lassen, wie weit Shakespeares geist über
seiner zeit stand. Für jene zeit selbst aber war er ein stern
unter andern, zwar strahlender als alle andern, doch auch
diese hatten ihren eigenen lichtkreis. Unter den ersten in
der anerkennung seiner zeit stand Ben Jonson. Heute wird
er weniger wegen der gute seiner dramatischen erzeugnisse,
als wegen des grossen kulturhistorischen wertes seiner Schau-
spiele geschätzt.
Sein herausgeber Gifford leistete keine kleine arbeit, als
er den vielen quellen nachging, aus denen Jonson geschöpft
hat. Dass wir auch Chaucer in Giffords anmerkungen häufig
citiert sehen, kann nicht befremden; hat doch Jonson selbst
seinen entlehnungen aus Chaucer oft genug dessen namen bei-
gefügt. Dem scharfen äuge Giffords sind nur wenige der stellen
entgangen, die sich auf Chaucer zurückführen lassen.
Wie hoch Ben Jonson diesen ersten grossen dichter seit
der normannischen eroberung zu schätzen wusste, und wie ein-
gehend er sich mit dessen werken beschäftigt hat, verdeutlicht
uns wohl am besten seine englische grammatik») Aus
den verschiedensten gedichten Chaucers sind stellen als belege
für die syntaktischen ausführungen herangezogen, und der zahl
der citate nach, kommt Chaucer gleich an zweiter stelle unter
den von Jonson dabei benützten dichtem. Von c. 140 citaten
in der „English Grammar" stammen 31 aus Gower, 26 aus
Chaucer, 16 aus Thomas More, 14 aus Lydgate. Die belege
aus Chaucer verteilen sich folgendermassen auf die einzelnen
gedichte: House of Fame 8, Troilus 5, Tale of the Man of
Lawe 2, Phisiciens Tale 2, Nonne Preestes Tale 2, Squieres
») The Works of Ben Jonson ed. by W. Gifford; with Introduction and
Appendices by F. Cunuingham. In 9 vols. London 1876. Bd. IX.
CHAUCEBS EIKFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 15
Tale 2, Reves Tale 1; zwei weitere vermochte ich nicht in
Chancer zu finden (s. 295 : „For some folk .... und s. 310 das
beispiel: „Chaucer in his bailad"); ein beispiel ist offenbar
ganz entstellt (s. 303). ') Diese zahlen, die einerseits für Jensons
geschmack, andrerseits für seine bewertung Chaucers in stili-
stischer hinsieht ein sprechendes zeugnis ablegen, ermöglichen
uns zugleich, eine stelle aus den ^Discoveries" ins richtige
licht zu setzen. In dem kapitel „Praecipiendi modi"^) empfiehlt
Jenson daselbst zur ausbildung des Sprachgefühls im Englischen
unter anderem auch die lektüre Chaucers, jedoch mit der ein-
schränkung für junge leute: Beware of letting them taste
Gower or Chaucer at first, lest, falling too niuch in love witli
antiquity, and not apprehending the weight, tliey grow rough
and harren in language onhj. Jedenfalls machte seine klare,
leicht fassliche und lebendige darstellung Chaucer für Ben
Jonson empfehlenswert, aber vor einer sklavischen nachahmung
seines Stils, welche nicht zwischen veraltetem und noch gang-
barem redegebrauch unterscheidet — ein fehler, der sich gerade
bei jüngeren leuten am ehesten zu zeigen pflegt — musste er
waiTien. Diese warnung wird einige selten später (s. 198),
wo Jonson über archaisierenden stil überhaupt spricht, zum
tadel: „Virgil was most loving of antiquity: yet how rarehj
doth he insert ^aquai", and ^pictai"! Lucretius is scabrous
and rough in these; he seeks them as some do Chaucerisins
with US, which were better expunged and hanished.'^ Leider
hat uns Jonson keine „Chaucerisras" genannt, so dass wir
weder die bedeutung, die er mit diesem worte verband, genau
zu erkennen vermögen, noch, wen er mit some tvith us gemeint
hat, mit Sicherheit angeben können. Wahi-scheinlich hat er
0 Es lautet:
And he was wise, hardy, secret aud rieh
Of these three points [?J was none him lych.
VieUeicht sind damit Chaucers verse F 19y20 gemeint, die ganz ähnlich
lauten: And ther-to he was hardy, wys and riche
Pitous and just, and ever-more y-liche,
was umso eher stimmen könnte, als die beiden vorhergehenden beispiele
aus Chaucer auch der ,.Squieres Tale" entnommen sind. Bemerkt sei noch,
dass Ben Jonson s. 306 drei konjunktivische verbal furmen des singulaia als
pluralformen des Indikativs aufgefasst hat.
*) cf. Gifford bd. IX s. 194.
16 OTTO BALLMANN,
in erster linie Spenser im äuge gehabt, von dem er im an-
schluss an die zuerst citierte stelle gesagt hatte: Spenser, in
affecting the ancients tvrit no language.
Die art und weise der benutzung, welche Chaucer in Ben
Jensens dramatischen werken gefunden hat, ist charakteristisch
für den vielbelesenen dichter. Von entlehnungen im eigent-
lichen sinne kann man wohl kaum sprechen, höchstens in dem
lustspiel „The Magnetic Lady", in welchem zwei figuren als
nachahmung zweier pilger aus Chaucers wallfahrtszug nach
Canterbury erscheinen. Es sind spuren, erinnerungen und
citate aus Chaucer, die Jonson kunstvoll in das dramatische
gewebe seiner stücke hineingewirkt hat. Bei seinem schaffen
drängten sich seinem lebhaften geiste bilder und vergleiche
und hervorstechende charakterzüge aus seiner Chaucer-lektüre
ganz unwillkürlich auf, und sein gutes gedächtnis kam ihm
dabei zu statten; daher die oft wörtliche genauigkeit der
citierten stellen. Als citate oder als sprichwörtliche redens-
arten nämlich erscheinen uns die aus Chaucer stammenden
verse zumeist, und wenn auch nicht stets die beifügung von
Chaucers namen ihre herkunft direkt ansagt, so sind sie doch
oft auf den ersten blick als dessen eigentum kenntlich. —
Bezüglich der handlung seiner lustspiele steht Jonson Chaucer
ganz unabhängig gegenüber, wie er denn überhaupt die fabel
zu acht seiner dramen frei geschaffen zu haben scheint, und
auch in den andern nur teilweise als abhängig sich erweist. ^
„The Alchemist" (aufgeführt 1610, gedruckt 1612) 2)
zählt zu den erfolgreichsten komödien Jonsons. Mit beissender
Satire wird darin das betrügerische treiben jener charlatane
blossgelegt, die unter dem voi'geben, die kunst des goldmachens
lehren zu können, sich ihre opfer in allen klasssen der ge-
sellschaft suchten. Der umstand, dass auch Chaucer sich auf
das gebiet der alchimie begeben hatte, in „The Chanouns
Yemannes Tale", welche in so lebensvoll - drastischer weise
') cf. E. Eoeppel: Quellen-Studien zu den Dramen B. Jonson's, J.
MaTBton's und Beaumont's und Fletcher's. Erlangen u. Leipzig 1895 (weiter-
hin citiert als Koeppel I); s. 19. Neuerdings hat jedoch Abraham L. Stiefel
erklärt, er gedenke zu zeigen, dass yiel davon geborgtes gut sei (Koches
Zeitschrift N. F. XU s. 245).
0 cf. Fleay bd. I s. 375 j Ward bd. H s. 367; bei Gifford bd. IV.
CHAUCEB8 EINFLUSS AUP DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 17
den rahmen der Canterbury Tales durchbricht, hat schon früh
zu einer vergleichung jener komödie mit dieser erzählung
geführt. Anhaltspunkte dazu boten sich genug, und so finden
sich denn in den ausgaben beider dichter von Gifford und
Skeat mit grosser gewissenhaftigkeit wechselseitige hinweise
bezüglich derselben technischen ausdrücke. Seit einem von
Ward erwähnten artikel in der „Saturday Review" 0 wird
sogar von einer beeinflussung Jonsons durch Chaucer in der
darstellung der explosion gesprochen. 2) Doch ist einerseits zu
bedenken, dass die terminologie der alchimie, die ja schon seit
dem IX. Jahrhundert in hoher blute stand, sich als wesent-
licher bestandteil dieser sogenannten Wissenschaft mit ihr
vererbt hatte. Zahlreiche darstellungen geben davon zeugnis ;
ich erwähne nur die für uns hier zunächstliegende in der
„Confessio Amantis" II s. 84 ff. (ed. Pauli) , wo uns Gower in
seinen glatten versen einen guten überblick giebt über den
unverständlichen wüst von vieldeutigen, symbolischen be-
nennungen der metalle und ihrer veränderuugsprozesse ; auf
ihn hätten Ske^t und Gifford oft genug verweisen können.
Andrerseits ist zu betonen, dass Jonsons lustspiel eine ein-
gehendere kenntnis der alchimie aufweist, als aus Chaucers
erzählung geschöpft werden konnte. Ja, es ist nicht einmal
daran zu denken, dass Chaucer die ei*ste auregung zum „Al-
chemist" gegeben haben könnte. Denn, dass Jonson ein epi-
gramm auf die alchimisten schrieb, ^) dass er das Maskenspiel
„Mercury vindicated from the Alchemists" verfasste,^) dass
in vielen seiner dramen aus der alchimie entnommene bilder
und metaphern wiederkehi-en , zeugt deutlich dafür, dass das
übel der alchimie noch tief in seiner zeit wurzelte, und dass
er mit seinem satirischen lustspiel nur in ein geschwür schnitt,
an dem auch seine zeit noch krankte.
Was die oben erwähnte explosion anbelangt, so zeigt sie
gar keine ähnlichkeit mit der von Chaucer geschilderten. Die
*) „Mediaeval Projectors" vom 15. Aug. 1874.
•) Noch bei Ward bd. II s. 368 lautet eine auinerkung zum „ Alchemist'* :
It may be noted, that the description of the destruction of the elixir (act
IV sc. 3) has beeil thought to have been suggested by the „ChanouM
Temannes Tale*^ in Chaucer.
») cf. Gifford bd. VI s. 148.
*) cf. Gifford bd. VH 8. 231.
▲ngU*. N. F. XIII. 2
18 OTTO BALLMANN
7
thatsaclie der explosion an sicli beweist nichts, und ihre
scliilderung bei Jenson ist so abweicliend von derjenigen
Chaucers, dass sie keinen einzigen mit dieser übereinstimmen-
den gedanken enthält : Bei Jonson geht alles in Scherben, wie
wenn der blitz durchs haus fährt, während Chaucer uns ein
anschauliches bild von der grossen kraft der explosion giebt.
Man vergleiche die parallelstellen:
Alchemist Act IV sc. 8 s. 138 :
0 sir, we are defeated! all the works
Are llown in fumo every giass is buret,
Faniace and all rent down! as if a bolt
Of thnuder bad beeu driven througb tbe bouse;
Retortö, receivers, pelicans, bolt-beads,
All Struck in sbivers!
Cbaucer G 905—915:
. . . Fol oft it bappetb so,
Tbe pot to-breketb, and farewell al is go!
Tbe metals been of so great violence
Onr walles mowe uat make bem resisteuce,
Bnt if tbey wereu wrogbt of lym and stoon,
Tbey perceu so, and tburgb tbe wal tbey goon
And somme of bem sinken in-to tbe ground —
Tbus bave we lost by times many a pound —
And somme are scatered ai tbe floor aboute,
Somme lepe in-to tbe roof.
Gleichwohl lassen sich im „Alchemist" eine reihe von stellen
nachweisen, bei welchen wenigstens die möglichkeit einer
beeinflussung durch die „Yemannes Tale" nahe liegt. Die-
selben betreffen: die schlechte kleidung des alchimisten:
Alcbemist I, 1 s. 13:
\Mien you went pinn'd up in several rags
You bad raked and pick'd from düng bills before day
Your feet in mouldy slippers, for your kibes;
A feit of rüg and a tbin tbreaden cloke.
Yemannes Tale G 633 :
His oversloppe nis nat wortb a myte
As in effect to bim, so mot I go!
It is ai baudy and to-tore also
Wby is tby lord so sluttisb? . . . .;
den aufenthaltsort des alchimisten:
Alcbemist 1, 1 s. 13: . . . at Pie-comer
Taking your meal of steam from cook^s stalls, . . .
und: Since by my means translated suburb-captain . . .
CHAUCBRS EINFLÜS8 AUF DAS ENGIJ8CHE DRAMA ETC. 19
Yemannefl Tale G 657:
^'In the Buborbs of a toun" qnod he
Lorking in hernes and in lanes blynde;
die betrügerei mit der ausgehöhlten holzkohle:
Alchemist s. 16: .... thy tricks
Of cozening with a hoUow cole, dost, scrapings . . .
Yemannes Tale G 1160:
Out of bis bosom [be] took a beechen cole
In whicb fol subtüly was maad an hole
And ther-in put was of silyer Ijmaille
An ounce and stopped was, withouten fayle
Tbe bole with wex, to kepe the lymail in;
den einfluss der hitze auf das gesicht des f eueranbläsers :
Alcbemist s. 50:
Lnngs, I will mannmit tbee from the fnmace
I will restore thee thy complexion, PufTe,
Lost in the embers; and repair this brain
Hort with the fume o* the metals. —
I have blown, sir,
Hard for your worship; thrown by many a coal
When it was not beech; ....
these bleared eyes
Have wak'd to read your seyeral coloon, sir.
Yemannes Tale G 727:
And where my coloar was both fresh and reed,
Now it is wan and of a leden hewe;
Who so it useth, sore shal he rewe.
And of my swink yet blered is myn eye.
Die Scherben werden nach der explosion zusammengesucht, um
von dem verwendeten metall (gold) noch zu retten, was mög-
lich ist:
Aichemist s. 139:
Is all lost, Lnngs? will nothing be presenred
Of all our cost? —
Faith very little, sir;
A peck of coals or so, which is cold comfort, sir.
und s. 140: Will nonght be sav'd, that^s good for med'cine thinkst thou? —
I cannot teU sir. There will be perhaps
Something abont the scraping of the shards,
Will eure the itch, ....
Yemannes Tale G 938:
The mullock on a hepe y-sweped was
And on the floor ycast a canevas
And al this mullock in a syre throwe
And Bifted and ypiked many a throwe.
2*
20 OTTO BALLMANN,
"Parde quod oon" som what of our metal
Yet is ther beer, though that we han not aL
Die dunkle redeweise der alchimisten ist absieht:
Alchemist s. 66: ... And all these named
Intending bat one thing; which art onr writers
üsed to obscure tbeir art ... .
Yemannes Tale G 980 :
For in bis termes so be wolde bim wynde
And speke bis wordes in so sly a kynde
Wben be commune sbal witb any wigbt
Tbat be wol make bim dot^n anon rigbt.
und G 1394: Pbilosopbers speken so mistily
In tbis craft tbat men cannot come tberby
For any wit tbat men bave now adayes.
Nur wer reinen herzens ist, kann des Steines der weisen teil-
haftig werden:
Alcbemist s. 138:
Guilt, guilt, my son: give it tbe rigbt name. No marvel
If I found cbeck in our great work witbin
Wben sucb affairs as tbese were managing!
und weiterbin:
Nay, tben I wonder less, if you for wbom
Tbe blessing was prepared, would so tempt beaven
And lose your fortunes ....
Yemannes Tale G 1476 :
For wbo-so maketb god bis adversarie
As for to werken any tbing in contrarie
Of bis wil, certes, never sbal be tbryve
Tbogb tbat be multiplye term of bis lyve.
Schliesslich erwähne ich noch einen wörtlichen anklang:
Alcbemist s. 66 :
Alcbemy is a pretty kind of game ....
Y^'emaunes Tale G 1402 :
Lo! swicb a lucre is in tbis lusty game.
Man wlii'de zweifellos zu weit gehen, wollte man in all
diesen einzelnen fällen auf einen direkten einfluss Chaucere
schliessen. Die hauptgedanken dieser stellen haben bei Jonson
und Chaucer eine so abweichende einkleidung erhalten, dass
sie rein äusserlich keine Übereinstimmung mehr zeigen. Dazu
kommt, dass einer von ihnen auch bei Gower parallel ver-
wendet ist, wenn dieser sagt: Wer sich der tugend und der
redlichkeit befleissigt, kommt am ehesten dazu, in die wahre
kunst der alchimie einzudringen (11 s. 89). Betreffs der
CHAÜCERS EINFLÜ8S AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 21
schlechten kleidung des alchimisten ist noch eine bühnenan-
weisung aus dem maskenspiel: „Mercury vindicated from the
Alchemists" beachtenswert: Vulcan entering with a troop of
threadbare Alcliemists (Gifford bd. VII s. 237), wobei thread-
bare geradezu wie ein typisches beiwort der alchimisten klingt.
Immerhin scheinen wir berechtigt, aus der anzahl der ange-
führten fälle, und besonders im hinblick auf die ausdrücke
bleared eyes und pretty Idnd of game, den schluss zu ziehen,
dass Jonson wenigstens in einzelnen derselben auf der
„Yemannes Tale" fusst. Dass er diese erzählung Chaucers
gekannt hat, ist zwar aus den citaten seiner grammatik nicht
zu belegen, muss aber doch bei seinem gründlichen Studium
Chaucers für zweifellos gelten.
Die so wohl gelungene jahrmarktsposse ,3ai*tholomew
Fair** (aufgeführt 1614) ») weist nur zwei stellen auf, die sich
mit Chaucer in Verbindung bringen lassen. In der Schnapsbude
der alten Ursula bereden sich zwei gauner, Nightingale und
Edgeworth, wie sie einander in die bände arbeiten wollen, um
den jahimarktsbesuchem die geldbeutel aus der tasche zu
stehlen; bei der alten Ursula wollen sie ihren gewinst teilen.
Letztere schneidet ihre Unterredung ab mit den worten : Enough,
ialk no more onH : your friendship, masters, is not now to begin
(s. 395). Dazu vergleiche man die beiden verse Chaucers :
A 427 : For ech of hem made other for to winne
Hir friendschipe nas nat newe to beginne.
Die letzte zeile hat Jonson also direkt übernommen ; sie wird
uns übrigens in „The Magnetic Lady" nochmals begegnen.
Weiterhin heisst es von dem friedensrichter Adam Overdo:
Why mistress I knew Adam the clerk, your husband, when he
was Adam Scrivener, and writ for two-pence a sheet (s. 459)
— was eine offenbare anspielung auf die launige apostrophe
Chaucers an seinen Schreiber ist, welche beginnt:
Adam scriveyn, if ever thee bifalle. •)
Betreffs des Schauspiels „The Staple of News" (aufge-
führt 1625, Stat. Reg. 1626) ^) hat Koeppel in seinen quellen-
untersuchungen bereits hervorgehoben, dass das redaktions-
») cf. Fleay bd. I s. 376 ; Ward bd. n 8. 369 ; Gifford bd. IV.
«) cf. Skeat'B Chaucer bd. I s. 379.
•) cf. Fleay bd. I s. 384; Ward bd. 11 b. 374; Gifford bd. V.
22 OTTO BALLMANN^
büreau des „Staple of News" mit dem Haus der Fama verglichen
wird (akt III sc. 1), jedoch mehr ähnlichkeit mit dem Domus
Daedali im dritten buche derselben Chaucer'schen dichtong
zeigt.») Jene stelle lautet:
'Tis the House of Farne, sir,
Where both the cnrions and the negligent
The scrupolous and careless, wild and stay'd,
The idle and laborioas, all do meet,
To taste the cornu-copiae of her mmonrs.
(Act m sc. 1 8. 227.)
Die grössere ähnlichkeit des „Staple-News" oder „News-Office"
mit Chaucers „Domus Daedali" tritt schon darin zu tage, dass
das fortwährend umherwandernde weidenhaus Chaucers der
Sammelplatz und die geburtsstätte für alle gerüchte und neuig-
keiten in der weit ist. Gleichwie sich in Jonsons neuigkeits-
bude, a place of huge commerce (s. 164), die künden neugierig
drängen und sich um die ersten neuigkeiten streiten, so herrscht
im Hause der Gerüchte ein solches gedränge, dass keinen fuss
breit mehr platz ist. Die Office hat ihre emmaries, die nach
allen richtungen hin ausgesandt werden, um die neuigkeiten
einzusammeln, und sobald letztere nicht genügen, auch selbst
solche zu schmieden wissen ; die neuigkeiten werden dann ge-
bucht, alphabetisch geordnet, mit namen versehen und kommen
schliesslich under the seal of the office as Staple News unter die
leute. Im Domus Daedali strömen alle gerüchte der weit als
personifizierte Rtimours zusammen, wachsen dort, vermengen
sich mit einander, so dass wahr und falsch oft nicht mehr zu
unterscheiden ist, und dann:
y. 2110 : ... out at hole8[they] gönne wringe
Every tyding streight to Farne
And she gan yeven eche his name
After hir dispositioan
And yaf hem eek dnracionn
Some to wexe and wane sone ....
And leet hem gon.
Ganz ähnlich lässt auch Jonson in der neuigkeitsbude die fama
das füllhom der gerüchte ausschütten:
. . . her rumours
Which she, the mother of sport, pleaseth to scatter,
Among the vulgär.
^) cf . Koeppel I s. 17.
CHAUCERS EINFLüSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 23
In „The New Inn« (aufgeführt 1629, gedruckt 1631)')
hat Jonson zwei stellen aus dem prolog der Canterbury Tales
verwendet, sowie zweimal Chaucers „Troilus and Criseyde"
zum vergleich herangezogen. Die betreffenden stellen sprechen,
mit gegenübersetzung der bezüglichen verse aus Chaucer, hin-
reichend für sich selbst.
New Inn 1, 1 8.313:
To stndy figores, nnmbers and proportions,
May yield them great in connsels and the arts
Grave Nestor and the wise Ulisses practised
To make their English sweet npon their tongne,
As reverend Chaucer says;
Vgl. dazu in der Charakteristik des Frere Huberd die verse
(A 264): Somewhat he lipsed, for his wantownesse
To make his English sweet npon his tonge.
Der letztere dieser beiden verse von Chaucer begegnet uns
nochmals bei Jonson in der schlusszeile des gedichtes: „To
Edward Filmer", und lautet hier:
To make the langnage sweet npon her tongne.
(cf. Gifford bd. VIH s. 342.)
New Inn n, 2 8.335:
.... (He) wears black,
And speaks a little tainted, fly-blown Latin,
After the school —
Of Stratford o' the Bow :
For Lillie's Latin is to him nnknown.
Vgl. dazu in der Charakteristik der Prioresse (A 124):
And French she spak ful faire and fetisly
After the scole of Stratford atte Bowe,
For French of Paris was to hir nnknowe.
New Inn 1, 1 s. 314 :
To play sir Pandams, my copy hath it,
And carry messages to madam Cressid.
New Inn lET, 2 s. 370 : Infolge der einsttindigen rede Lovels
über die liebe bricht Lady Frampul, selbst in heftiger leiden-
schaft zu dem Sprecher entbrannt, in einen monolog aus, der
beginnt:
What penance shall I do to be receiyed
And reconciled to the church of Loye?
CK) on procession, bare-foot to his image,
And say some hnndred penitential yerses
There, ont of Chaucer's Troilus and Cressid?
») cf. Fleay bd. I s. 385; Ward bd. H s. 375; Gifford bd. V.
24 OTTO BALLMANN
j
Auch in dem lustspiel „The Magnetic Lady" (St. E. 1632;
gedr. 1641) >) finden wir den prolog der Canterbury Tales be-
nutzt, und zwar ist es hier das einzige mal, dass Jenson sich
in der Charakteristik von personen enger an Chaucer anschliesst.
Sein Parson Palate und Doctor But haben so viel gemeinsames
mit Chaucers Frere und Phisicien, dass man wohl von einer
nachbildung reden kann, welche, zwar nicht an das plastische
Vorbild heranreichend, sich doch als solche aufdrängt. Giffords
bemerkung bezüglich des pfarrers : „Jonson seems to Jiave had
Chaucer's MonJc in his thoughts" (s. 15 anm. 3) scheint ein
versehen zu sein; mit Chaucers Monk zeigt Palate gar keine
ähnlichkeit, eine sehr grosse aber mit dessen Frere.
Parson Palate ist der freund und berater der Lady Load-
stone, in deren gastlichem hause er ständiger besucher ist.
Er weiss sich durch einschmeichelnde freundlichkeit und eifrige
dienstwilligkeit mit allen hausbewohnern und gasten gut zu
stellen. Sein ansehen ist so allgemein, dass Jonson ironisch
von ihm sagen lässt:
And though yon see him thns withont his cope,
I do assure you he's our parish pope. (S. 14.)
Ganz ähnlich bei Chaucer mit demselben reim:
A 261 : But he was lyk a maister or a pope (: semicope).
Nicht nur in kirchlichen dingen allein ist er autorität^
Er bringt alle heiraten zustande, veranstaltet die hochzeits-
feierlichkeiten, schreibt küchenzettel wie kirchenurkunden und
testamente, kurz, er handelt ganz nach dem grundsatze seines
Vorbildes, der in den versen enthalten ist:
A 249 : And over-al ther as profit sholde aryse,
Curteys he was and lowly of servyse.
Auch dass er bei den damen besonders gut angeschrieben
steht, hat er mit Chaucers Frere gemein.
Doctor ßut hat sein gutes mundwerk, sein einziges mittel,
um seine würde als arzt aufrecht zu erhalten, als erbstiick von
Chaucers Phisicien überkommen, ebenso wie seine skeptische
ansieht von gott und der religion:
S. 15: ... letting God alone [he] ascribes to nature
More than her share.
0 cf. Fleay bd. I s. 385; Ward bd. H s. 377; öifford bd. VI.
CHAUCER8 EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 25
Chaucer sagte von seinem Phisicien:
A 438: His Studie was but litel on the Bible —
und 415: He kepte his pacient a ful greet del
In houres by his roagik naturel.
Und wenn Rut als the slave of money bezeichnet wird, so hat
dafür Chaucer die parallele:
A 440: And yet he was but esy of dispence
He kepte that he wan in pestilence.
For gold in phisik is a cordial,
Therfore he lovede gold in special.
In der benennung des Rut als „Doctor Do-all" spiegeln sich
die verse Chaucers wieder:
A 419 : He knew the cause of everich maladye,
Were it of hoot or cold, or moiste, or drye.
Den deutlichen beweis, dass Jonson bei seinem Doctor Rut an
Chaucers arzt dachte, giebt die stelle:
III, 4 s. 60: Where there are means, and doctors, learned men
And their apothecaries, who are not now,
As Chaucer says, their friendship io begin.
Well could they teach each other how to win —
welche aus der Charakteristik des Doctour stammt und dort
lautet :
A 425 : Ful redy hadde he his apothecaries
To sende him drogges and his letuaries,
For ech of hem made other for to winne,
Hir friendschipe nas nat newe to beginne.
Zu erwähnen ist schliesslich noch eine andere stelle des Stückes,
ausserhalb der rolle des Rut:
S. 23 : But master Practise here, my Lady's lawyer
Or man of law (for that is the true writing) . . .
Für Üie true writing wüsste ich keine andere erklärung, als
dass es ein hinweis auf Chaucers Man of Latv sein soll.
Das sehr ansprechende pastoraldrama „The 8ad Shep-
herd", ') welches leider unvollendet blieb, enthält nur eine
einzige stelle, die, wie schon Gifford hervorhob, allein auf
Chaucer beruhen kann: Die um den erlisteten hirsch wieder
betrogene hexe verwünscht den koch, der den hirsch zubereiten
soll, mit den worten:
») cf. Flesy bd. I 8. 379; Ward bd. U s. 879; Gifford bd. VI 8. 271 anxn.
26 OTTO BALLMANN,
n, 2 8. 271 : The will and dropsy enter in
The lazy cnke, and swell his skin;
And the old mortmal on his shin.
Now prick, and itch, withouten blin.
Chaucers koch hat dasselbe übel am Schienbein:
A 385 : Bnt gret härm was it, as it thonghte me
That on his shine a mormal hadde he.
Für das maskenspiel ,,The Hasqne of Qneens, celebrated
from tlie Hoiise of Fame"') liegt schon in dem ausführlichen
titel ein deutlicher hinweis auf Chaucer. Bei dem häufigen
und prägnanten gebrauch von „House of Fame" muss es uns
eigentlich wunder nehmen, dass Jonson nicht selbst Chaucer
als seinen gewährsmann genannt hat, besonders da er in aus-
führlichen bemerkungen den grössten teil des in diesem stücke
verwendeten materials seiner herkunft nach bespricht. Wohl
finden wir Chaucers namen erwähnt (s. 140), aber an einer
stelle, wo Jonson von der wohlgelungenen inscenierung des
hauses der Fama durch Jones, den regisseur seiner masken-
spiele spricht : He [Jones] profest to follow that noble descrip-
tion made hy Chaucer of the place. Diese stelle zeigt, dass
Jones es für das zweckmässigste gehalten hatte, der darstellung
Chaucers bei der inscenierung dieses maskenspiels zu folgen,
sei es nun, dass er es auf anraten Jonsons gethan hat, was
nach den obigen Worten sehr unwahrscheinlich ist, oder dass
er nach durchsieht des textes der „Masque of Queens" die
Schilderung Chaucers als die entsprechendste ansah. — In der
in erzählendem tone gehaltenen bühnenanweisung Jonsons füi'
die äussere erscheinung der Fama (s. 142) heisst es: For her
State, it was, as Virgil describes her, at tlie füll, her feet on the
ground, and her head in the clouds. Hieraus folgt das eine
mit gewissheit, dass die verse:
S. 143: And as her brow the clouds invade
Her feet do strike the ground —
in bewusser anlehnung an Virgil geschrieben sind:
Ingrediturque solo et caput inter nubila condit
(Aeneis IV 177).
Auch der leiseste zweifei hieran, den etwa ein vergleich mit
Cancers versen:
») Aufgeführt Februar 1609 cf. GifFord bd. Vü s. 103 ; Fleay bd. 11 s. 4.
CHAUCERS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 27
1374: That with hir feet she therthe reighte
And with hir heed she tonched heyene —
erregen könnte, muss fallen, da Jonsons cloud.9 sich näher an
Virgils nuhüa als an Chaucers hevene anschliessen. Dies ist
aber auch alles, was auf Virgil zurückgeht. Denn Jonsons
gesamtauffassung der Fama entspricht wenig dem „Monstrum
horrendum ingens" bei jenem; vielmehr stellt er sie nur von
der besten seite dar, als: honorable and true Farne bred out
of Virtue (s. 107). Freilich, nach Chaucer ist dies auch nicht
gedacht. Doch nähert sich Jonson dem letzteren schon ganz
bedeutend, wenn er zu den eigenschaften seiner Fama nicht
nur tJie sharp eye, swiftness und stremjth rechnet, was auch
Virgil thut, sondern auch grace^ state and majesty (s. 142) hin-
zufügt, wobei man sich der verse Chaucei-s erinnern kann:
1415: Thns fond I sitting this goddesse
In nobley, honour, and richesse.
Zweifellos wird aber die anlehnung an Chaucer, wenn Jonson
von dem palaste der Fama spricht:
S. 131: My daughter [Farne] then, whose glorions house you see
Bnilt all of sonnding brass, whose columns be
Men-making poets, and those well-made men,
Whose strife it was to have the happiest pen ....
She that inquireth into all the world
And hath abont her vaulted palace hiirlM
All mmonrs and reports, or tnie or vain,
What ntmost lands, or deepest seas contain.
Denn wenn auch Golding in seiner Ovid-übersetzung (Metam.
XII 45) uns das haus der Fama als „all of sounding brass"
schildert, so ist der gedanke, das haus mit den auf pfeilem
stehenden Statuen von dichtem zu schmücken, ausschliesslich
Chaucers eigentum, so dass ihn Jonson nur aus dessen „House
of Fame" haben kann: Nimmt man noch dazu:
S. 143: The yoice of Farne shonld be as lond as thonder —
verglichen mit Chaucer v. 1681, wo der im dienste der Fama
stehende Aeolus bläst : as loud as any thunder, — so ist auch
für die „Masque of Queens" die benutzung von Chaucers
„House of Fame" bewiesen. Selbst bei dem verse:
S. 138 : To liye etemiz'd in the House of Farne —
ist der gedanke an die in dem eisf eisen, auf dem der palast
der Fama steht, eingegrabenen namen berühmter männer in
Chaucers Schilderung (v. 1136 — 1164) wohl kaum abzuweisen.
28 OTTO BALLMANN,
In dem maskenspiel „The Golden Age Restored" (1615) «)
wird Chaucer sogar persönlich eingeführt zugleich mit Gower,
Lydgate und Spenser. Die den dichtem hier zugeteilten rollen
gehen zwar kaum über Statistenrollen hinaus, aber sehr poe-
tisch klingen die hohen worte, mit denen Fallas die dichter
begrüsst :
You far-fam'd spirits of this happy isle,
That for yoiir sacred songs have gain'd the style
Of Phoebus' sons, whose notes the air aspire
Of th'old Egyptian, or the Thracian lyre,
That Chancer, Gower, Lidgate, Spenser, hight,
Pnt on yonr better flame«, and larger light,
To wait npon the Age that shall yonr names new nourish
Since Virtue press'd shall grow, and buried Arts shall flonrish (s. 251).
Aus der ,,Masque of News from the New World^* *) sei
noch eine stelle erwähnt, welche an das stets in bewegung
befindliche haus des Daedalus -^innert : The brethren of the
Roste Cross have there College within a mile of the moon, a
Castle in the air, that runs lipon wheeU . . . (s. 342) ; vgl. dazu
Chaucer, „House of Fame" v. 1924—26.
Beachtenswert ist die thatsache, dass Jonson, von „The
Chanounes Yemannes Tale" abgesehen, von Chaucers werken
benützte: den prolog zu den „Canterbury Tales", „The House
of Fame" und „Troilus and Criseyde", d. h. gerade diejenigen
gedichte, welche für Chaucers schaffen am meisten charakte-
ristisch sind und daher wohl den lebendigsten eindruck hinter-
lassen. Kein wunder, wenn dieser eindruck bei Ben Jonson
so stark war, dass er aus dem gedächtnis stellen aus diesen
gedichten eitleren konnte. Und solcher art vor allem ist die
benutzung, welche Chaucer bei Jonson fand.
Beaumont and Fletcher.
Die für die dramatische litteratur in England zu beginn
des XVn. Jahrhunderts so charakteristische erscheinung des
zusammenarbeitens zweier oder mehrerer dichter tritt uns in
der ausgeprägtesten und glücklichsten weise in den dramen
von Beaumont und Fletcher entgegen. Beider rühm beruht
auf ihrer gemeinschaftlichen thätigkeit, keiner kann ohne den
») cf. Gifford bd. VII.
«) cf. Fleay bd. H s. 11; Gifford bd. VH.
CHAUCERS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DBAMA ETC. 29
andern genannt werden. Ihre gemeinschaft ist eine so enge,
dass es unmöglich ist, den anteil des einzelnen sicher zu be-
stimmen. Vor und besonders nach dem frühen tode Beaumonts
hat aber Fletcher, der produktivere geist, auch noch eine
grössere anzahl von dramen verfasst; drei von den hier zu
besprechenden dramen gehören zu diesen selbständigen werken
Fletchers.
Von den sieben dramen beider dichter, die den einfluss von
Chaucer erkennen lassen, zeigen zwei, „Four Plays in One"
und „Women Pleased"* stoffliche entlehnung; die andern ent-
halten nur einzelne Chaucer-erinnerungen.
Unter dem titel „Four Plays in One** ') sind vier für
sich allein bestehende einakter zusammengefasst (erete auf-
führung c. 1608); 2) der erste, „The Triumph of Honour", geht
stofflich auf Chaucers „Frankeleyns Tale" zurück, wie schon
mehrfach hervorgehoben wurde. ^^) Wenn Fleay zu diesem
stücke bemerkt: „founded on Boccaccio's Decameron X 5"
(bd. I s. 179), so ist dies ein Irrtum. Chaucer hat, als er die
erzählung von Boccaccio übernahm, ihr ein eigenes gepräge
verliehen. Er verlegte den ort der handlung nach „Britayne"
an die meeresküste und gestaltete demgemäss das hauptmoment
um: Statt dass dem ungestümen Verehrer die aufgäbe gestellt
wird, mitten im winter einen blühenden garten vor der Stadt
erstehen zu lassen, wie bei Boccaccio, verlangt bei Chaucer
Dorigen, die tugendsame frau des Averagus, dass der „Squyer'*
Aurelius, wenn er ihre gunst erringen wolle, alle f eisen an
der meeresküste beseitige, so dass kein schiff mehr scheitern
könne. Und diese version wurde in den „Triumph of Honoui'"
aufgenommen. Auch den namen der heldin hat der Verfasser
aus Chaucer entlehnt. Die einkleidung der fabel ist freilich
eine ganz andere. Bei ihm ist Dorigen die sowohl schöne und
anmutsvolle, wie sittenreine und charakterfeste frau des herzogs
von Athen, des weisen Sophocles. Ihr ungestümer Verehrer ist
der römische general Martins, welcher den Sophocles im kämpfe
besiegt, ihm aber aus hochachtung vor seiner festigkeit und
*) The Works of Beaumont and Fletcher with Notes etc. ed. by Alexander
Dyce. In 11 toIs. London 1843; bd. 11.
») cf. Fleay bd. I s. 119; Ward bd. n s. 166. Erster druck 1647.
•) cf. Koeppel I s. 49; Ward L c.
30 OTTO BALLMANN,
seelengrösse besitz und freiheit geschenkt hatt«. Doch alle
freundschaft für Sophocles vermag in Martins die glühende
begierde, Dorigen zu besitzen, nicht zurückzudrängen. Er
verrät ihr seine leidenschaft. Die empörte antwortet ihm, dass
eher alle die felsen, die er vor sich so himmelragend erblicke,
in ebenes land sich verwandeln müssten, bevor sie ihm ihre
ehre preisgebe. Des Martins bruder Valerius bringt das un-
glaubliche zustande; durch Zauberkunst lässt er vor Dorigens
äugen die felsen verschwinden. Doiigen ist in Verzweiflung.
Ihr gatte befiehlt ihr, das gegebene versprechen zu halten.
Sie begiebt sich zu Martins und sagt ihm, dass sie auf befehl
ihres mannes komme. Als Martins frohlockt, zieht Dorigen
einen dolch, um sich das leben zu nehmen. Da sieht Martins
seine Schlechtigkeit ein, sinkt Dorigen zu füssen und fleht um
Verzeihung.
Weder von einem bruder, noch von Selbstmordgedanken
der frau, die sich hilflos preisgegeben sieht, ist bei Boccaccio
die rede, wohl aber erweisen sich beide momente als erwei-
terungen von Chaucers band, so dass an dieser quelle nicht
zu zweifeln ist.
,,The Faithfnl 8hepherdes8^% ein pastoraldrama von
grosser poetischer Schönheit (gedruckt c. 1610), *) dessen Ver-
fasser Fletcher allein sein soll, bringt act V sc. 4 eine stelle,
welche auf Chaucer gedeutet wird. Sie lautet:
Music, joy, and ease,
Have beeu to me as bitter drugs to please
A stomacli lost with weakuess, not a game
That I am skilled at tlioroughly; nor a dame
Went her tongue smoother than the fleet of thne
Her beauty everliving like the rhyme
Our blessed Tityrus did sing of yore (s. 105).
Mit Tityrus soll Chaucer gemeint sein. 2) Dies wird daraus
geschlossen, dass Spenser in seinem Schäferkalender in drei
eklogen (II 91—93, VI 81—92, XII 3—4) ») den dichter Tityrus
rühmend hervorhebt, hinter welchem namen Spensers erster
») cf. Ward bd. II s. (}()3; Fleay bd. I s. 177 setzt die publikation in
das jähr 1609; Dyce bd. IL
*) cf. Dycü 1. c. aum. ; Ward bd. II s. 665 anm.
■) Tho Shopheards Calender ed. with Introduction and Notes by C. H,
Herford, London 1895.
CHAUCERS EINFLUSS AUE DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 31
kommentator E. K. 0 mit vollem recht Chaucer suchte. Fletcher
hätte somit für Chaucer denselben verstecknamen angewendet,
wie Spenser, dessen vorbild er dabei wohl im sinne hatte.
In dem lustspiel „Wit wllhout Money^^ (verfasst 1614,
gedruckt 1639),^) ebenfalls von Fletcher allein gedichtet, könnte
nach Koeppels ansieht (I s. 62) „eine schruUe des älteren
bruders , der sich zuerst als weiberfeind giebt ... — seine
grosse abneigung gegen witwen und sein rat, dass, wenn ge-
heiratet werden müsse, eine Jungfrau zu wählen sei, als das
kleinere übel — Then choose the tamer etil, taJce a niaid (act II
sc. 2) — eine Chaucer-reminiscenz sein. Der alte January (in
Chaucers „Merchantes Tale") will auch nichts von Witwen
wissen, nur ein ganz junges mädchen will er mit seiner hand
beglücken."
In der komödie „The Coxcomb*^ (verfasst 1610, aufge-
führt 1612 und 1613, gedruckt 1647) 3) findet sich eine deut-
liche anspielung auf Chaucers „Balade de bon conseil". *) Der
kesselflicker, der die angstworte der verzweifelnd in der nacht
umherirrenden Viola nur undeutlich vernommen hat, sagt:
What's this? a prayer or a homily,
Or a baUad of good connsel? (Act n sc. 2 s. 151.)
Für das drama „Women Pleased" (verfasst c. 1620, ge-
druckt 1647)'^) hat Fletcher eine grössere anzahl von quellen
benützt. <0 Auch Chaucer wurde von ihm dazu herangezogen.
Dyce sagt im vorwort zu diesem stücke : llie pari of the play
wMch relates to Belvidere and Silvio after the banishment of
the latter, may he traced to Chaucer's Wif of Bathes Tale, —
") E. K. wird gewöhnlich als Edward Kirk, Spenser's „fellow-student"
gedeutet (so von Haies, Morley und neuerdings von Grosart), cf. Herford's
Introduction s. XXIII. Nach der abhandlung von Uhlemann — Jahresbericht
des Kgl. Kaiser Wilhelm - Gymnasiums zu Hannover 1888, dazu Anglia
bd. XI s. 548 — , der in E. K. Spenser selbst sieht (wie auch Emest Rhys
und O.Sommer), steht jedenfalls fest, dass der kommen tar mit Spensers
persönlicher beihilfe zustande kam; cf. neuerdings noch Mod. Lang. Notes
XIV 8.65.
«) cf. Ward bd. H s. 695; Fleay bd. I s. 197; Dyce bd. IV.
») cf. Ward U s. 682; Fleay bd. I s. 185; Dyce bd. IH
«) cf. Skeat bd. I, XIII s. 360.
») cf. Ward bd. H s. 703; Fleay bd. I s. 212; Dyce bd. VH.
*) cf . die einleitong cn diesem drama von Dyce ; femer Koeppel I s. 87.
32 OTTO BALLMANN,
rather than io (he ballad of The Marriage of Sir Gawaine,
which Percy thought might Imve furnished Cliaucer with the iale
in question, but which Tyrwhitt regard^ as less ancient than
the Urne of Chaucer. Er hat damit ganz recht. Die stoffliche
abhängigkeit der haupthandlung des dramas von Chaucer ist
dadurch sicher gestellt, dass Fletcher gerade in zwei wesent-
lichen punkten Chaucer gefolgt ist, durch welche sich dessen
erzählung von der fabel der genannten ballade^ nnd damit
auch von Gowers Version dieser geschichte (Conf. Am. ed. Pauli
s. 89 — 104) hauptsächlich unterscheidet. Erstens erfährt bei
Chaucer und Fletcher der ritter erst hinterher die bedingung,
unter welcher das alte weib ihm die antwort auf die ihm ge-
stellte frage gab (Chaucer D 1005 — 1061 ; drama act IV, sc. 4
s. 78) — die ballade und Gower lassen den ritter mit voller
kennt nis der bedingung den handel eingehen (ballade s. 110,
vgl. auch anm. 3 ; Gower s. 94). Zweitens hat die wähl , vor
welche der ritter zuletzt durch seine gattin gestellt wird, in
Chaucers erzählung und im drama ganz anderen inhalt, als
in der ballade und bei Gower (Chaucer D 1219—1227; drama
act V, sc. 3 s. 93; ballade s. 115; Gower s. 103).
Der inhalt der „Tale of the Wyf of Bathe" ist kurz fol-
gender: Ein junger ritter von könig Arthurs hofe hat durch
ein vergehen sein leben verwirkt. Er kann sein leben retten,
wenn er binnen Jahresfrist die frage: wonach verlangen die
frauen am meisten? — richtig beantwortet. Unter vergeb-
lichem suchen und forschen des ritters nach der richtigen
antwort ist die ihm gestellte frist beinahe vei-strichen. Eines
tages trifft er ein altes w^eib von grosser hässlichkeit am
wege. Dieses verspricht ihm, die richtige antwort auf jene
frage zu sagen unter der bedingung, dass er ihm hernach eine
bitte erfüllen wolle. Der ritter verpflichtet sich mit seinem
ritterwort dazu, ohne die bitte zu kennen, und erhält dann
die richtige antwort: Frauen wollen in allen dingen unbe-
schränkte herrschaft über ihren mann. Er rettet sein leben
damit, muss aber das alte weib heiraten, denn dies war die
bedingung, die er erfüllen musste. Sein gram über sein Un-
glück ist gross. Seine neue ehehälfte sucht ihn aufzumuntern
1) cf. Bishop Percy's Folio Manuscripts; Ballads aud JEtomances. Ed.
by Haies aud ForiuyaU; in 3 yols, London 1867. Bd. I 8. 103.
CHAÜCEBS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DEAMA ETC. 33
und sagt, wenn ihre hässlichkeit der grund seines kummers
sei, so könne sie dem schon abhelfen. Sie stellt ihm dann
die wähl, ob er sie alt und hässlich, aber treu, oder jung und
schön, aber leichtsinnig haben wolle. Der ritter wagt nicht
zu wählen, sondern legt die entscheidung ganz in ihre hände.
Nach dieser bedingungslosen Unterwerfung entpuppt sich die
alte auf einmal als ein verzaubertes junges weib von gi'osser
Schönheit, das durch des gatten Unterwürfigkeit vom zauber
befreit, ihm fürderhin als treue gattin sich erweist.
Mit dieser erzählung Chaucers hat Fletcher mit zweifellos
grossem geschick eine liebesgeschichte zwischen den beiden
hauptpersonen verschmolzen. Der junge ritter Silvio liebt
leidenschaftlich Belvidere, die tochter der herzogin von Florenz,
und findet gehör. Doch die mutter der prinzessin hat diese
dem herzog von Sienna zur frau versprochen. Die liebenden
werden bei einem Stelldichein im garten überrascht, Silvio
wird gefangen genommen, vor gericht gestellt und soll sein
leben lassen. Die herzogin will ihm aber sein leben schenken
und ihm sogar Belvideren zur frau geben, wenn er eine ihm
gestellte frage, die ihm auf einer papierroUe überreicht wird,
binnen Jahresfrist richtig zu lösen vermag. Silvio entfernt
sich betrübt (act n sc. 1 — 5). Lange irrt er vergeblich umher,
niemand kann ihm die richtige lösung sagen. Inzwischen hat
Belvidere zur list gegriffen. Indem sie sich den anschein gab,
als ob sie sich jetzt ganz dem willen ihrer mutter füge, ent-
lockte sie derselben die richtige lösung der frage (act HI sc. 1),
entfloh dann vom hofe, um Silvio zu suchen und ihm zu helfen
(act III sc. 3). Als altes weib verkleidet, findet sie ihren geliebten,
der schon ganz an seinem glück verzweifeln will. Er hat eben
gehört, dass Belvidere verschwunden, und auf seine gefangen-
nähme ein preis gesetzt sei, da er als entführer gelte, und dass
der herzog von Sienna der herzogin, weil diese ihm ihr versprechen
nicht gehalten habe, den krieg erklärt habe. Infolgedessen hat
er sich für das heer der herzogin anwerben lassen, um wenigstens
fürs Vaterland einen ehrenvollen tod zu sterben. Belvidere
giebt sich ihm aber nicht zu erkennen, sie feuert ihn an zum
bevorstehenden kämpfe um seiner liebe zur prinzessin willen
(act IV sc. 2). Silvio verrichtet wunderthaten ; er nimmt den
herzog gefangen und entscheidet den sieg. Die alte frau trifft
ihn wieder, ermahnt ihn, den tag nicht zu vergessen, an dem
AngU«. N. V. XUI. 3
34 OTTO BALLMANN,
er der herzogin die lösung der frage bringen moss, nnd ver-
spricht, ihm dabei behilflich zu sein (act IV sc. 6). Der Sieger
Silvio wird vor die herzogin befohlen und zur belohnong' fftr
seine heldenthat zum general erhoben. Doch wie er sein vißir
abnimmt, erkennt die herzogin in ihm den vermeintlichen ent-
f ührer ihrer tochter und will ihn ins gefängnis werfen lassen.
Da erinnert Silvio die herzogin an ihr wort; heute sei der
tag, an dem er die lösung der ihm gestellten frage bringe.
Belvidere giebt ihm nun, immer noch in ihrer Verkleidung als
altes weib, unbemerkt eine papierroUe mit der richtigen lösnng
in die band, und die frage, welche im vergleich zu Chaucer
etwas erweitert ist, wird zugleich mit der richtigen antwort
vorgelesen. Silvio hat sein leben gerettet und Belvidere ge-
wonnen; aber diese ist verschollen. Sein schmerz ist grenzenlos.
Da erscheint noch dazu die alte hexe und verlangt von Silvio,
er solle sie heiraten, da er ihr versprochen habe, eine bitte
zu erfüllen. Trotz seines sträubens wird er gezwungen, sein
wort zu halten, und die herzogin frohlockt darüber, dass sie
nun doch ihre tochter dem Silvio nicht zur frau geben mflsse
(act IV sc. 1). Die hochzeit des merkwürdigen paares wird
hergerichtet, und der arme Silvio ob der Schönheit und Jugend
seiner braut gehörig verspottet. Da erscheint auf einmal
Belvidere in ihrer eigenen gestalt. Silvio wirft sich ihr jubelnd
zu füssen. Sie aber stellt ihn vor die bei Chaucer schon ge-
nannte wohl. Silvio weiss sich nun nicht zu raten noch zu
helfen; er kann ja auch gar nicht verstehen, wie Belvidere
zu diesem ansinnen kommt, ebenso wenig, wie die zuschaner,
da sie nicht wissen, dass Belvidere mit der hexe identisch ist.
Silvio legt also sein Schicksal ganz in ihre bände. Diesen
triumph wollte noch Belvidere haben und erklärt dann lachend,
dass sie das alte weib gespielt habe, um ihn zu erproben und
ihm zum eigentlichen siege zu verhelfen. Die herzogin mnss
jetzt die ehe ihrer tochter mit Silvio zugeben und tröstet den
herzog von Sienna dadurch, dass sie selbst seine gattin wird.
— Fletcher hat also Chaucers erzählung sehr geschickt in
seinem drama verwendet; aber dennoch ist nicht zu verkennen,
dass das Verständnis des Stückes durch zwei grosse mängel
erschwert ist. Dieselben lassen sich vielleicht aus dem quellen-
verhältnis erklären : Der einfluss von Gowers erzählung scheint
den anlass dazu geboten zu haben. Im drama wird nämlich
CHAUCER8 EINFLUSS AUE DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 35
die frage, welche Silvio zur rettung seines lebens und ge-
winnung Belviderens zu lösen hat, ihm auf einer papierrolle
tiberreicht (act II sc. 5). Während Chaucer nichts von einer
schriftlichen fixierung der frage verlauten lässt, heisst es bei
Gower:
S. 91. Thifl knight which worthy was and wise
This lady praieth, that he may wit
And haye it under seales writ
What question it sholde be.
Im drama ist es a question \ Writ down within this scroti
(1. c). Nur that der dramatiker den grossen fehlgriff, den in-
halt der frage dem Zuschauer bis zum fünften akte vorzuent-
halten, so dass man beinahe während des ganzen Stuckes nicht
weiss, um was es sich eigentlich handelt. — Auf die unver-
ständlichkeit der wähl, vor welche Belvidere ihren Silvio stellt,
habe ich schon hingewiesen. Fletcher wich hier von Chaucer
ab, trotzdem einer lösung nach dessen Vorbild nichts im wege
stand. Chaucer liess von dem alten weibe die wähl stellen;
bei Gower hat sich die hexe bereits in eine junge frau ver-
wandelt, als sie die wähl stellt, und so ist es auch bei Fletcher.
Nur hat letzterer vergessen, die identität der hexe mit Bel-
videren zuvor klar zu stellen, ein fehler, den Gower nicht
begangen hat. Auch diese Unklarheit des dramas liesse sich
also begreiflich machen durch die annähme, dass Fletcher
auch Gowers fassung der geschichte kannte und ihr hastig
einige motive entlehnte.
In „The Woman's Prize" (erste aufführung c. 1615, ge-
druckt 1647) >) wird der alte Moroso, der noch heiratsgelüste
hat, von Petronio gewarnt:
Hast thon forgot the baUad, Crabbed age?
Can May and Janoary match together
And never a stonn between them? (Act IV sc. 1 s. 172.)
Hierzu bemerkte schon Weber (et Dyce 1. c. anm.), dass diese
verse „obviously refer to the Merchanfs Tale of Chaucer**.
Auf Chaucers „Legend of Good Women" wird angespielt
in dem lustspiel : „The Lover's Progress" (gedruckt 1647). *)
Calista, das tugendreine weib des Cleander, ist durch die schuld
') cf. Ward bd. U s. 709; Fleay bd. I s. 198; Dyce bd. Vn.
*) cf. Ward bd. U s. 730 ; Fleay bd. I s. 219; Dyce bd. XI.
8*
36 OTTO BALLMANN,
von dessen bestem freunde Lysander in üblen verdacht
kommen, infolge der verleumderischen aussage ihrer dienerin.
Um ihre ehre zu retten, will Lysander sich dem königlichen
gerichtsliofe stellen und sie durch seine ihn selbst vernichtende
aussage von jedem verdacht reinigen. Er geht nämlich dem
sicheren tode entgegen, wenn er sich vor dem gerichtshof
zeigen wird, da auf ihn schon länger gefahndet wird, weil er
zwei tapfere ritter des königs im streite getötet hat; doch
gern giebt er sein leben preis:
M« • • • a 1116
Which being uncompeUed laid down, wiU clear her
Aud write her name a-new in the fair legend
Of the best women. (Act V sc. 1 s. 105.)
The Two Noble Kinsmen.
Der ei-ste druck dieses Stückes fällt in das jähr 1634,
während seine entstehung bedeutend früher anzusetzen ist »)
Auf die sehr strittige verfasserfrage einzugehen ist hier nicht
der ort. Ks ergiebt sich jedoch aus dem folgenden ein wei-
teres argument für die ansieht, welche übrigens beinahe aus-
nahmslos-) von der kritik vertreten wird, dass Die Beiden
Edlen Vettern von zwei autoren geschaffen sind. Da die mehr-
zahl der gelehrten für Fletcher als den Vollender des dramas
stimmt, so findet es hier, nach Beaumont und Fletcher, seine
besprechung.
Das drama hat Chaucers „Knightes Tale" zur grundla^
— im prolog selbst wird Chaucer als gewährsmann genannt —
und folgt im hauptgange seiner handlung so sehr jener er-
zählung, dass die abweichungen gering sind. Es wäre nur
eine Wiederholung anderweitiger ausf ührungen, ^) wollte ich
nochmals im ganzen das Verhältnis des dramas zu seiner quelle
») cf. Fleay bd. I s. 189; Ward bd. H s. 237 ff.; The Two Noble Kin».
men by W. Shakespeare and J. Fletcber by Harold Littledale edited from
the Quarte of 1034. Part. I: Revised Text and Notes (New Shaksp. Soc
Series 11 8) London 1876 ; Part. II : General Introduction and List of Werde
(ib. Series II 15) 1885; cf. II s. 55*.
^) Delius nimmt einen „Anonymus" als aUeinigen Verfasser an, cf.
Shakesp.-Jahrb. XU 298, XHI 16 ff.
*) cf. besonders Delius 1. c. XIII.
CHAÜCERS BINTLÜSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 37
behandeln. Ich möchte hier nur den engen anschluss des
dramas an seine quelle in der ausführung mancher scenen und
die oft überraschend weitgehenden wörtlichen entlehnungen
besprechen, da diese bis jetzt noch keine lyürdigung gefunden
haben. Sie sind umso bemerkenswerter, als sie sich über das
ganze stück sehr ungleichmässig verteilen. Nach der Scheidung,
welche Littledale (1. c.) auf grund genauer metrischer und
stilistischer Untersuchungen zur bestimmung des anteils eines
jeden der beiden dramatiker vorgenommen hat, fallen die
wörtlichen entlehnungen beinahe ganz in den von Littledale
Fletcher zugewiesenen teil, so dass also auch die sichtliche
Verschiedenheit in der bearbeitung der quelle auf zwei autoren
schliessen lässt. — Dass ich im folgenden die Scheidung Little-
dales zum ausgangspunkt nehme , bedarf keiner besonderen
begründung. Denn so sehr auch die ansichten bezüglich der
autoren des dramas, besonders was Shakespeare anbetrifft,
schwanken, so wenig herrscht meinungsverschiedenheit bezüg-
lich des ihnen zuzuschreibenden anteils, und dies trifft für
unsere Untersuchung um so mehr zu, als die hauptsächlich noch
umstrittenen scenen, welche das nebenspiel, die Liebe der
Kerkermeisterstochter zu Palamon, enthalten, hier als nicht
auf Chaucer zurückgehend wegfallen.
Für Littledale gelten Shakespeare und Fletcher als die
Verfasser der „Two Noble Kinsmen". Ersterer soll geschrieben
haben: Act I, die letzte scene ausgenommen, von act III die
ersten 76 zeilen der ersten scene und act V ; das übrige ist
Fletcher zugewiesen. In den genannten scenen finden sich, im
gegensatz zu Fletchers anteil, kaum wörtliche Übereinstim-
mungen. Trotz der oft vollständigen gleichheit der Situationen
in drama und erzählung, hat sich doch der dramatiker in einer
weise von seiner quelle freigehalten, welche genug für sein
k(')nnen spricht. Dies ist besonders auffällig in act V sc. 1, als
Arcitas, Palamon und Emilia zu ihren schutzgöttern flehen,
genau aus derselben gesinnung heraus, in derselben absieht,
mit derselben bitte, wie in Chaucers erzählung, und dennoch
zeigen die gebete des dramas in ihrer ausführung keine wirk-
liche ähnlichkeit mit ihrem epischen vorbilde. Und selbst da,
wo sich der dramatiker eng an Chaucer anschliesst, ist er
weit davon entfernt, diesen zu kopieren, vielmehr bringt er
alles in einer solchen form, dass man es ihm als eigentum
38 OTTO BALLMANN,
Überlassen muss. — Die parallelstellen in dem, nach Littledale,
Shakespeare'schen teile sind:
Act I sc. 4. Theseus hat über Kreon gesiegt ; die trauern-
den witwen sollen die leichen ihrer gefallenen gatten zur be-
stattung erhalten:
Y. 6. TheseuB sagt zn den königinnen :
Goe, and find ont
The bones of your dead lords and honour them
With treble ceremonie: rather than a gap
Shonld be in their dear [rites], we wonld supply't.
Bnt those we will depute wbich shall invest
You in your dignities, and even each thing
Oor haste does leave imperfect;
cf . Chaucer A 991 :
And to the ladies he restored agayn
The bones of hir honsbondes that were slayn,
To doon obseqnies as was tho the gyse
But it were al to long for to devyse
the grete honour
That Theseus the noble emperour
Doth to the ladyes, whan they from him wente.
Die verwundeten vettern werden auf dem schlachtfelde
gefunden; ihre kostbare rüstung deutet ihre adlige herkunft an:
V. 14. Herald:
Men of great quality as may be judged
By their appointment : some of Thebes have told's
They *re sister's children, nephews to the king;
cf . Chaucer A 1016 :
But by hir cote-armoures, and by hir gere
The heraudes knewe hem best in special
As they that weren of the blood royal
Of Thebes, and of sustren two y-bom.
Die vettern sind halbtot:
V. 24. Theseus: They are not dead?
Herald: Nor in a State of life . . .;
cf . Chaucer A 1015 :
Nat fully quicke, ne fully dede they were.*)
Act EU sc. 1. Das Selbstgespräch des Arcitas im walde
wird von Palamon, der aus dem gefängnis geflohen ist, ver-
nommen und unterbrochen:
y. 30. Palamon: .... Traytor kinsman
Thou shouldst perceive my passion;
*) Auch von Littledale in den „Notes" citiert.
CHAUCEBS EINFLUSS AUP DAS ENGLISCHE DBAMA ETC. 39
cf. Chaucer A 1580:
Arcite, false traitour wikke
Now artow hent.
Act V SC. 1. Arcitas fleht zu Mars um sieg im bevor-
stehenden wettkampf; er preist die macht des kriegsgottes :
y. 53. .... who dost placke
With band [annipotent] from forth blew cloüdes
The masond turrets . . . .;
Dies geht, wie Littledale zu dieser stelle anmerkt, auf Chaucers
verse zurQck:
A 2463: Myn is the min of the hye haUes
The faUing of the toores and of the waUes . . .
Doch spricht Saturn diese verse in ganz anderem Zusammen-
hang und an viel späterem ort. — Auch das adjektiv armi-
potent^) findet sich als beiwort des kriegsgottes in Chaucer
(v. A 1982, 2441) und ist von ihm geprägt (cf. oben s. 13).
Auf Chaucers verse:
A 2379. If 80 be that my yonthe may deserve
And that my might be worthy for to serve
Thy godhede, that I may been oon of thyne . . .
mag es wohl zurückgehen , dass sich im drama Arcitas pupil
und youngest follower des Mars nennt.
Act V sc 4. Palamon ist im kämpfe besiegt worden ; er
soll mit seinen drei gefährten deshalb das leben lassen. Die
trostgründe, mit welchen er sich und seine Waffenbrüder über
den bevorstehenden tod beruhigt, enthalten in veränderter
gestalt Chaucer sehe gedanken:
y. 1 : There'8 many a man alive that hath outliv'd
The love o' th* people
some comfort
We have by so considering; we expire
And not without men's pity; to live, still
Have their good wishes; we prevent
The loathsome misery of age
we come towards the gods
Young and nnwapper*d.
cf, Cancer in der rede des Theseus gegen ende der „Knightes
Tale'':
A 3047 : And certeinly a man hath most honoor
To dyen in bis excellence and floor
*) Ärmipoteni ist die zweifellos richtige Verbesserung Littledales für
armenypotent des quarto- 1634 und armetupotent des foliodruckes 1679.
40 OTTO BALLMANN,
Whan he is siker of bis gode name;
Than hath he doon his freend, ne him, no shame.
And gladder oghte his freend ben of his deeth,
Whan with hononr up-holden is Mb breeth,
Than whan his name apalled is for age;
For al forgeten is his vasselage.
Than is it best, as for a worthy fame
To dyen whan that he is best of name. —
Eine ganz andere art der bearbeitung der quelle zeigt
sich in den Fletcher zugewiesenen scenen. Durchweg ist der
anschluss an Chaucer viel enger ; Chaucers gedieht ist stellen-
weise direkt dramatisiert. Doch dürfen wir deshalb nicht etwa
diesem dramatiker die fähigkeit, sich über seinen Stoff zu
stellen, absprechen. Der allzu enge anschluss an die quelle
erklärt sich vielmehr aus zwei anderen gründen. Zunächst
ist eine gewisse flüchtigkeit, die sich manchmal in empfind-
lichen mangeln des dramas äussert, nicht zu verkennen. Dann
aber spricht dieser zweite dramatiker, dem zweifellos auch der
prolog zugesprochen werden muss, in diesem deutlich genug
seine inferiorität Chaucer gegenüber aus, wenn er das publikum
in rücksicht auf den alten meister Chaucer, dem die fabel des
Stückes entlehnt sei, bittet, es nicht vorschnell zu verurteilen.
Von diesem gesichtspunkt aus konnte er auch zu gunsten des
dramas nichts besseres thun, als sich an Chaucer selbst zu
halten. — Die wichtigsten parallelstellen in Fletchers teil
seien hier angeführt.
Die beiden letzten verse des ersten aktes:
This world's a city fall of straying streets
And death's the market-place, where each one meets —
möchte ich zwar viel eher zu den von Littledale selbst (in
den anmerkungen) citierten grabinschriften stellen wegen der
wörtlichen Übereinstimmung, auch hinsichtlich des auffälligen
bildes vom marktplatze, als sie, wie Littledale später wollte
(Part U s. 45), auf folgende verse Chaucers zurückführen:
A 2847 : This world is but a thorghf are ful of wo,
And we ben pilgrimes, passinge to and fro,
Deeth is an end of every wordly sore.
Act II sc. 1. Palamons Vorwurf, als Arcitas ihm Emilia
streitig machen will:
V. 170: If thou lovest her
Or entertain'st a hope to blast my wishes,
CHAÜCEBS EINFLÜ8S AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 41
Thon art a traytour, Arcite, and a fellow
False as thy title to her.
cf. Chaucer: A 1129:
^It nere' qnod he [Palamon] 'to thee no greet hononr
For to be fals, ne for to be traytour.
Arcites sucht auf spitzfindige weise seine liebe zu rechtfertigen
Palamon hatte Emilia für ein göttliches wesen angesehen:
ib. y. 133. Palamon: Behold and wonder
By heaven she \s a goddesse!
Doe reverence! *
She is a goddess, Arcite;
cf. Chancer: A 1101:
Palamon: I noot wher she be woman or goddesse
Bnt Yenns is it, soothly, as I gesse.
Darauf stützt sich Arcitas, wenn er sagt:
ib. V. 163: I will not as yon do, to worship her
As she is heavenly, and a blessed goddess;
I love her as a woman to eigoy her;
cf. Chancer: A 1153:
For par amonr I loved hir first er thow.
What wiltow seyn? Thon wistest nat yet now,
Whether she be a woman or goddesse
Thyn is afifeccioun of holinesse
And myn is love as to a creatnre. *)
Die klagen des Palamon, als Arcitas aus dem gefängnis ent-
lassen ist:
ib. y. 249 : He's a blessed man !
He shall see Thebes again, and call to arms
The bold yonng men, that when he bids'em Charge,
Fall on like fire: Arcite shall have a fortnne
If he dare make himself a worthy lover,
Yet in the field to strike a battle for her;
cf. Chancer: A1281:
'Alias!' qnod he, 'Arcita, cosin myn,
Of al onr str3rf, God woot, the fmyt is thyn.
Thon walkest now in Thebes at thy large ....
Thon mayst, sin thon hast wisdom and manhede,
Assemblen alle the folk of onr kinrede,
And make a werre so sharp on this citee,
That by some aventnre, or som tretee
Thon mayst have hir to lady and to wyf.
*) cf. Littledale, Notes.
42 OTTO BALLMANN,
Act n SC. 5, Wie Arcitas in den dienst der Emilia kam
V. 31: TheseuB: PirithouB
Digpose of this faire gentleman.
Pirithous: Thanks, Theseus. —
What e*er you are, y*are mine, and I shall give you
To a most noble service, — to this lady
This bright young virgin;
cf. Chancer: A 1418:
He [Arcitas] fil in office with a chamberleyn
The which that dwelling was with Emelye.
1426: A yeer or two he was in this servyse
Page of the chambre of Emelye the brighte.
Act in sc. 5 V. 52 : A fire ill take her — eine zwar sehr
gebräuchliche redensart (cf. Littledale „Notes**), doch ist immer-
hin die Chaucer-parallele bemerkenswert:
A 4172: A wilde fyr np-on thair bodyes falle!
Act ni sc. 6. Die im walde kämpfenden vettern werden
durch den hinzukommenden Theseus getrennt:
Y. 132. What Ignorant and mad malicious traitors
Are you, that, 'gainst the tenor of my lawes
Are making battaile, thus like knights appointed,
Without my leave, and officers of armes?
By Castor both shall dye ....
cf. Chancer: A 1710:
Bnt teUeth me what mister men ye been,
That been so hardy for to fighten here
Withonten jnge or other officere
As it were in a listes royally?
1747: Ye shnl be deed, by mighty Mars the rede!
Palamons antwort darauf lautet:
ib. V. 136 : Hold thy word, Theseus !
We are certainly both traitors, both despisers
Of thee and of thy goodness: I am Palamon,
That cannot love thee, he that broke thy prison
Think weU what that deserves: and this is Arcite,
A bolder traitour never tredd the ground —
A falser ne'er seem'd friend: this is the man
Was begd and banished: this is he contemnes thee
And what thou darfst doe; and in this disguise,
Against thy own edict, foUowes thy sister ....
V. 151 : if thou bee'st
As thou art spoken, great and vertuous ....
cf . Chaucer : A 1716 :
We haye the deeth deseryed bothe two ....
CHAUCERS EINFLüSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 43
1734: I am thilke wofnl Palamon
That hath thy prison broken wikkedly
I am thy mortal foe
1724: thiß is Arcite
That fro thy lond is banished on Mb heed
For which he hath deserved to be deed;
And this is he that came nnto thy gate,
And seyde that he highte Philostrate ....
And this is he that loveth Emelye ....
1719 : And as thou art a rightfol lord and jnge ....
Weiterhin im drama ib. v. 177:
Let's die together, at one instant, doke;
Only a little let him fall before me
That I may teil my soole he shall not have her;
cf. Chancer: A 1721:
Bnt slay me first for seinte charitee;
But slay my felawe eek as wel as me
Or slay him first; for
This is my mortal fo.
Act IV SC. 2. Arcitas und Palamon haben sich mit je
drei rittem zum kämpfe eingefunden. Der vornehmste be-
gleiter des Arcitas hat dieselben hauptmerkmale, mit welchen
Chaucer den Thrakerkönig „Ligurge", Palamons waffengenossen,
ausgestattet hat:
V. 76 : [He] by bis seeming
Shonld be a stout man, by his face a prince
His very looks so say him . . .;
cf. Chancer: A2130:
(Black was his berd) and manly was his face.
ib. Y. 81 : The circle of his eyes show [fire] within him
And as the heated lyon so he looks:
cf. Chancer: A2131:
The cercles of his eyen in his heed
They gleweden bitwixe yelow and reed
And lyk a griffon loked he abonte;*)
n. 2171: And as a leonn he his loking caste.
ib. Y. 83: His haire hangs long behind him black and shining
Like raYens' wings; his Shoulders broad and strong
Armd long and round;*)
0 Diese drei Yerse sind anch Yon Littledale citiert.
') Dyce 1. c. bd. IX bringt in der anmerknng zn diesem Yerse die
textYerbessemng arma statt armd you Weber. Letzterer, dessen ausgäbe
Yon Beaumont und Fletcher mir leider nicht zugänglich ist, hatte jedenfalls
mit rücksicht auf Chaucers Yers A 2136 diese Yerbesserung Yorgenommen.
44 OTTO BALLMANN,
cf. Chancer: A2143:
His longe beer was kembd bihind his back
As any ravenes fetber it sboon for-black.
2136: His sbnldres brode, bis armes ronnd and longe. 0
Palamons erster begleiter im drama entspricht der Chaucer-
sehen beschreibung des königs von Indien, Emetreus:
V. 103: His bead^s yellow
Hard bayr'd, and curled, tbicke twind, like [ivy-tods] . . . ;
cf. Cbaucer: A 2165:
His crispe beer lyk ringes was y-ronne
And tbat was yelow and glitered as tbe sonne.
ib. Y. 105: in bis face
Tbe liverie of tbe warlike maide appeares
Pure red and wbite . . .;
cf. Cbaucer : A 2168 :
His lippes rounde, bis colour was sangwyn.
ib. Y. 110: His nose Stands bigb, a cbaracter of bonour . . .;
cf. Cbaucer: A 2167: His nose was bigb.
ib. Y. 112 : Wben be speaks, bis tongue
Sounds like a trumpet . . .;
cf. Cbaucer: A2174:
His Yoys was as a trompe tbundering.
ib. Y. 116 : His age some fiYe and twenty . . . ;
cf . Cbaucer : A 2172 :
Of fyYe and twenty yeer bis age I caste.
Der zweite begleiter des Arcitas erhält auch einige merk-
male von Chaucers Emetreus:
ib. Y. 120: 0, be tbat's freckle-f ac'd ?
cf . Cbaucer : A 2169 :
A fewe fraknes in bis face y-spreynt.
ib. Y. 126 : bis armes are brawny
Linde witb streng sinewes . . .;
cf. Cbaucer : A 2135 :
His limes grete, bis braunes barde and strenge.
ib. Y. 137: About bis bead be weares tbe winner's oke
And in it stucke tbe faYour of bis lady;
in bis band
He beares (a cbarging staffe) . . . .;
cf. Cbaucer: A2175:
üp-on bis beed be wered of laurer grene
A gerland fresb and lusty for to sene
Up-on bis band be bar (, for bis deduyt,
An eagle tarne).
^) cf. 8. 43 anm. 2.
CHAUCER8 BINFLU8S AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 45
Die Parnassus-Spiele.*)
Die trilogie der Parnassus - Spiele , universitätsdramen,
welche die reise zweier Scholaren nach dem Parnassus und
ihre rückkehr von dort behandeln, weist in den beiden teilen
der rückkehr mehrfach Chaucer-einflüsse auf.
Im ersten t^ile, „The Return froin Parnassus^^ betitelt,*)
sagt der renommierende dummprotzige Gullio, der mit gestoh-
lenen versen seinen geist leuchten lassen zu können glaubt:
/ am very latelie registered in tlte roules of fame (act in sc. 1
s. 56) — wobei man etwa an die im palast der Fama ver-
ewigten namen berühmter männer in Chaucers „House of Fame"
denken kann. Derselbe Gullio, der auch als Maecen eine rolle
spielen möchte und deshalb den Ingenioso unter seine fittiche
genommen hat, giebt letzterem den auftrag, als neujahrsge-
schenk für seine (Gullios) angebetete gedichte zu machen: in
two or three divers vayns, in Chaucer's, Gower^s and Spenser^s
and Mr. Shakespeares (act III sc. 1 s. 58). Ingenioso führt
seinen auftrag so aus, wie es Gullio selbst gethan hätte: Das
gedieht in Chaxicer's vayn setzt er aus verschiedenen stellen
aus Chaucers „Troilus and Criseyde" zusammen; es lautet:
Even as the flowers m the coulde of night
Yclosed slepen in there stalkes lowe,
Red ressen them the sunne hrighte
And spreaden in their kinde cours hy rowe
5 Right 8oe mine eyne, when I up to thee throwe
They bene yclear'd; therefore, 0 Venus dear,
Thy might) thy grace, yheried he it here.
Nor scri vener nor craftilie I write
Blott I a litell the paper with my tears,
10 Nought might mee gladden, while I endite
But thifl poore scroule that thy name yhears.
Go blessed scroule! a blisfull destinie
Is shapen thee, — my lady shalt thou see.
Nought fitteth in this sad thing I feare
15 To use joUy tearmes of meriment ;
*) The Pilgrimage to Parnassus with The Two Parts of the Return
from Parnassus. Three Comedies performed in St. John's CoUege Cambridge
A. D. 1597—1601. Edited from Mss. by W. D. Macray. Oxford Clarendon
Press 1886.
«) Aufgeführt 1601/2, d*. Ward bd. H s. 633; Fleay bd. H s. 34a
46 OTTO BALLMANN,
Solemne teannes better fitteu this mattere
Than to nsen tearmes of good content.
For if a painter a pike wonlde painte
With asse^s feet and headed like an ape,
20 It cordeth not ; soe were it bnt a jape.
(Act IV 8C 1 8. 62.)
Die erste Strophe entspricht wörtlich, mit ganz geringfügigen
änderungen, einer stelle in Chaucers „Troilus" (ü v. 967 — 973):
Bat right BS floures, thorugh the colde of night
Y-closed stoupen on hir stalkes lowe
Redressen hem a-yein the sonne bright,
And spreden on hir kinde conrs by rowe;
Right 80 gan tho hi8 eyen np to throwe
This Troilu8, and 8eyde, *0 Venus dere,
Thy might, thy grace, y-heried be it here'.
Mit hilfe dieser Chaucer-strophe lässt sich auch das in Macrays
druck ganz unverständliche Red ressen (z. 2) verstehen, es
muss natürlich Redressen gelesen werden. Derselbe vers ist
ausserdem einen fuss zu kurz und verlangt entweder die ein-
fügung von Chaucers again oder eines entsprechenden ne. Wortes,
Die zweite Strophe scheint verderbt überliefert zu sein.
Nicht nur, dass offenbar ein vers fehlt, dem reim nach zu
schliessen zwischen zeile 1 1 und 12 — in der ersten und dritten
Strophe ist die siebenzeilige Chaucer-strophe verwendet — ,
sondern die verse 10 und 11 lassen sich auch nicht richtig
skandieren. Dies ist umso auffälliger, als gerade diese zwei
verse sich nicht mit Chaucer'schen identifizieren lassen, was
doch bei allen übrigen gelingt ; auch die darin vorkommenden
Wörter gladden und yhears sind mit rücksicht darauf, dass
gladden erst im 16. Jahrhundert transitiv gebraucht erscheint
(cf. New Engl. Dict.) und yhears eine für Chaucer unmögliche
form ist, sehr verdächtig. Die beiden ersten verse der zweiten
Strophe stammen aus Troilus 11 1026:
Ne scrivenish or craftily thou it wryte;
Beblotte it with thy teres eek a lyte.
Mit den beiden letzten versen derselben Strophe vergleiche man:
And Seide, lettre, a blisfol destinee
Thee shapen is, my lady shal thee 8ee\
(Troilus n 1091/2.)
Die vier ersten zeilen der dritten Strophe gehen, dem ge-
danken nach, auf dieselbe Troilus-strophe zurück, welcher die
drei letzten zeilen wörtlich entnommen sind:
CHAUCER8 EINFLCSS AUF DAS ENOLISCHB DBAM A BTC . 47
Ne jompre eek no discordannt thing y-fere
Ab thuB, to nsen termes of phisyk;
In loves termes, hold of they matere
The forme alwey, and do that it he lyk;
For if a peyntour wolde peynte a pyk
With asses feet, and hede it as an ape,
It cordeth nought; so nere it hat a jape.
(Troüus n 1037-43.)
Chaucers y-fere (v. 1037) = together hat der anonyme drama-
tiker ganz falsch verstanden, da er es mit / feare wiedergiebt
ein beleg für die erschwerte Verständlichkeit Chaucers in
jener zeit
Ingenioso hat sich vergebliche mühe mit seinem gedichte
gemacht, es findet Gullios beifall nicht. Dieser stösst sich
nämlich an dem worte jape, das auch eine anstössige bedeutung
haben könne (cf. Nares's Gloss. und Murray's New Engl. Dict.),
und dadurch ist ihm die ganze freude am gedichte gestört.
Eben noch hatte er gesagt:
Lett mee heare Chaucer^s vaine firsie,
I love aniiquiiy, if it he not harshe
(Act IV sc. 2 s. 62)
und jetzt will er von Chaucer nichts mehr wissen. Ingenioso
sucht sich vergebens zu verteidigen : Sir, the worde as Chaucer
useth it hath no unhonest meaninge in it, for it signifieth a
jeste (act IV sc. 2 s. 62); doch Gullio fällt ihm ins wort: Tash!
Chaucer is a foole, and you are another for defendinge of him
. . . Let this dundfied worlde esteeme of Spenser and Chaucer,
rie worshipp sweet Mr, Shakspeare,
Der letzte teil der trilogie, ,,Tbe Betarn from Pamassns ;
or, The Scourge of Simony" (aufgeführt 1602/3, cf. Ward 1. c.)
enthält einige Chaucer - erinnerungen weniger wichtiger art:
Für Ingenioso ist es eine grosse bef riedigung , dass Spenser
nach des lebens mühen an Chaucers seite seine grabstätte fand:
Bnt softly may onr [Homer's] ashes rest,
That lie hy mery Chaucer's uohle ehest.
(Act n sc. 2 8. 84.)
Chaucers „House of Fame" ist metaphorisch verwendet in den
versen :
[Let us] march nnto the honse of fame
There qnaffing howles of Bacchus hloud fol nimhly
Endite a Tiptoe, strouting poesy. (Act n sc. 3 s. 94.)
48 OTTO BALLMANN,
Eine auffällige erinnerung an eine metapher im prolog
zur „R^ves Tale" bieten ferner Studiosos verse (act III sc. 5
V. 1443 f.):
Not long this tappe of loathed life can rnnne
Sooue commeth death, and then onr woe is done;
cf. Chaucer: A3889:
As many a yeer as it is passed henne
Sin that my tappe of lyf bigan to renne;
For sikerly, whan I was bore, anon
Deeth drough the tappe of lyf and leet it gon.
Schliesslich könnte noch Ingenioso an Chaucers „Somnour*',
welcher die leute ihre Sünden stets mit dem geldbeutel büssen
lässt (A 653 — 657), gedacht haben, wenn er den Recorder
schmäht : „ . . . you that live like a sunmer upon the sinnes of
the peGple*" (act IV sc. 2 s. 135). »)
George Chapman.^)
c. 1559-1634.
Von den in der komödie „May-Day*^ (aufgeführt 1601) 3)
benützten quellen hat Koeppel gehandelt.^) Nach ihm ist
aus Chaucers „Troilus and Criseyde" die handlung ent-
nommen, soweit sie sich bezieht auf „das liebespaar Aemilia
und Aurelio und den zwischen ihnen vermittelnden Ludovico,
welcher der vetter des mädchens und der freund des Jünglings
ist Aurelio fällt vor liebesschmerz in Ohnmacht und
wird in diesem zustande von Ludovico gefunden, der ihn schilt,
ermuntert und ihm seine vermittelung verspricht (act I sc. 1
s. 277 b f.) . . . . Im [Chaucer^schen] epos überrascht Pandarus
den in sein liebesleid versunkenen freund, Troilus liegt ganz
*) Nachträglich wurde mir die eben erschienene dissertation von ViTil-
helm Lühr bekannt: „Die drei Cambridger Spiele vom Pamass in ihren
litterarischen Beziehungen'^ ; Kiel 1900. Auf s. 54 u. 55 daselbst hat Ltthr
auf die besprochenen Chaucer-stellen hingewiesen ; bezüglich seiner angäbe :
„Macray pag. 62 1181—1184 «nicht belegt»" (s. 55) jedoch vgl. das oben
gesagte.
*) George Chapman, Plays ed. by Richard Herne Shepherd. A New
Edition. London 1889.
») cf. Fleay bd. I s. 57.
*) In den „Quellen- Studien zu den Dramen Chapman's, Masinger's und
Ford's". Strassburg 1897 (weiterhin citiert als Koeppel II) 8. 61. cf. auch
neuerdings Abraham L. Stiefel's Entdeckung der italienischen Hauptquelle ;
Shakespeare-Jahrbuch XXY s. 180ff.
CHAÜCER8 EINFLUSS AÜP DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 4&
still, als ob er tot wäre, Pandarus ruft ihn ins leben zurück,
verspottet ihn und verspricht ihm schliesslich, bei seiner base
Criseyde für ihn zu werben (cf. T. u. Cr. I v. 547 ff.) ....
Ludovico dringt in Aemilia, ihrem verzweifelnden liebhaber
einen brief zu schreiben (act 11 sc. 1 s. 282 a), weil Chaucers
Criseyde von Pandarus bestimmt wurde, Troilus mit einem
briefe zu beglücken (cf. T. u. Cr. II v. 1298 ff.)".
Sir Gyles Goosecappe, Knight.»)
Im Journal of Germanic Philology (vol. 11 1898 nr. 1 s. 10)
hat Kittredge bereits klar nachgewiesen, dass der unbekannte
Verfasser des „Sir Gyles Goosecappe" (verfasst um 1601; ge-
druckt 1606 und 1636) 2) als grundlage für die handlung seines
lustspiels Chaucers „Troilus and Criseyde" benützt hat.
Die eigentliche handlung des „Goosecappe" nimmt den ge-
ringsten räum im stücke ein ; fast ausschliesslich haben neben-
figuren für den breit ausgefühi^ten komischen teil des lustspiels
aufzukommen. So beginnt die wirkliche handlung erst mit
der vierten scene des ersten aktes.
Die hauptpersonen aus Chaucers epischem gedieht: Troilus,
Criseyde, Pandarus, begegnen uns hier in mehr oder weniger
veränderter gestalt in Clarence, Eugenia und Monford. Die
handlung des „Goosecappe" ist kurz folgende:
Clarence hat sich sterblich verliebt in die witwe Eugenia,
die nichte seines freundes Monford. Ihr selbst seine liebe zu
gestehen ist er zu schüchtern; Monford spielt den vermittler.
Dieser entdeckt seiner nichte nach vielen umwegen und an-
deutungen die glühende liebe des Clarence. Eugenia zeigt
sich tief erschrocken über die eröffnung, besonders weil ihr
oheim, den sie für ihren treuesten beschützer gehalten hatte,
sie auf solche weise verletzt. Doch giebt sie ihm gelegenheit,
alle Vorzüge des Clarence zu schildein. Auf drängen des
oheims schreibt Clarence einen liebesbrief an Eugenia, den
Monford dieser überbringt. Eugenia will zunächst den brief
gar nicht annehmen, und als er ihr mit list zugesteckt wird,
weigert sie sich entschieden, ihn selbst zu beantworten. Des-
halb drängt sich ihr Monford als Sekretär auf und giebt durch
») Neudruck in BuUen's „CoUection of Old English Plays" bd. m.
*) cf. BuUen 1. c. s. 93 note ; Fleay bd. n 8. 322/3.
AngU». N.r. XTII. 4
50 OTTO BALLMAKN,
eigenmächtige zusätze den indifferenten werten Eugenias, die
er als antwort an Clarence schreiben soll, den ausgesprochenen
Inhalt eines geständnisses von gegenliebe für Clarence. Ahnungs-
los unterschreibt Eugenia, wird jedoch gleich der an ihr ver-
übten täuschung gewahr. Aber Monford, frohlockend über die
gelungene list, giebt den brief nicht wieder heraus, sondern
überbringt ihn seinem schmachtenden freunde. Um seine
widerstrebende nichte dem liebeswerben des Clarence geneigter
zu machen, greift Monford nochmals zur list. Clarence muss
sich schwer krank stellen, und seine laute Unterhaltung mit
dem arzte über den Ursprung seines vorgeblichen leidens, das aus
seiner allzu grossen liebe zu Eugenia entsprungen ist, soll diese
wider ihren willen mit anhören, wenn sie mit einer tischgesell-
schaft die an des Clarence zimmer anstossende gemäldegallerie
betrachtet. Die list gelingt, doch Eugenia durchschaut zugleich
die absieht ihres oheims und, da sie bereits zu dem beschei-
denen und gelehrten Clarence neigung gefasst hat, so be-
schliesst sie, ihren oheim zu übertrumpfen. Sie geht mit ihren
freundinnen zum kranken Clarence und bietet ihm herz und
band an. Der bund wird geschlossen, und lächelnd tritt das
paar dem erzürnten Monford entgegen, der seit geraumer zeit
seine nichte vergeblich gesucht hatte und sie schliesslich fort-
gelaufen wähnte, da er sie niemals bei Clarence vermutet hätte.
Um den eigentlichen erfolg seiner Vermittlerrolle betrogen,
nimmt Monford die schöne räche, dass er seinen freund Clarence
zum alleinigen erben einsetzt. Das stück findet dann mit ver-
schiedenen Vermählungen seinen abschluss. —
Wie diese skizze zeigt, geht die handlung des „Goosecappe",
mit ausnähme des Schlusses, ganz auf Chaucer zurück: der
oheim als vermittler zwischen seinem jüngeren freunde und
seiner nichte, die Schüchternheit des freundes, die anfängliche
Zurückhaltung der nichte, der auf drängen des oheims ge-
schriebene brief des ersteren, die beantwortung desselben auf
betreiben des oheims, die fingierte krankheit, das vom oheim
veranstaltete gastmahl mit dem zwecke, die liebenden einander
näher zu bringen, der erfolg dieser list — alle diese haupt-
punkte, die noch gestützt werden durch genau übereinstim-
mende nebenumstände, zeigen deutlich die stoffliche abhängig-
keit des „Goosecappe" von Chaucers epischem gedieht. Selbst
jene köstliche scene, in welcher Monford den brief des Clarence
CHAUCEB8 EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 51
auf Eugenias dictat hin so eigenmächtig und ganz in seinem
eigenen sinne beantwortet, findet sich bei Chaucer bereits an-
gedeutet in den versen n 1200—1204:
'^Aqnyte him wel, for goddes love*' quod he [Pandarns]
"Myself to medes wol the lettre sowe",
And held his hondes üp, and sat on knowe,
"Now, goode nece, be it never so lyte
Yif me the laboor, it to sowe and plyte".
Dass mit einem so engen stofflichen anschluss an Chaucer
auch die wörtlichen Übereinstimmungen band in band gehen,
ist bei einem so unselbständigen Verfasser nicht auffällig. Die
parallelstellen hat Kittredge in seinem oben erwähnten auf-
satze citiert. Seine erschöpfende darstellung lässt kaum eine
ergänzung zu ; nur auf drei stellen könnte man vielleicht noch
hinweisen: Der ohm macht der nichte den Vorwurf, dass sie
noch inmier trauerkleider trage:
Goosecappe s. 31 :
Monford: Why, alas Neece, y'are so smeared with this willfuD-wid-
dows-three-yeeres blacke weede, that I never come to you, but
I dream of Coarse, and Sepulchres, and Epitaphs, all the night
after ....
cf. Troilus n V. 221 :
Bnt yet, I seye, aryseth, lat ns daunce
And cast yonr widwes habit to mischaunce;
What list yow thus your-self to disfigure?
Die entlehnung eines bildes bemerken wir Goosecappe s. 54 :
Monford: She shall not stay to call; bat while the steel
Of her affection is made softe and hott
He strike
cf. Troilus n V. 1275:
Pandare which that stood hir faste by,
Feite iren hoot and he bigan to smyte . . .
In der ersten Unterredung der liebenden (Goosecappe s. 86)
beachte man:
Clarence: ^0 Madam, let me rise that I may kneele
And pay some duty to your soveraigne grace".
cf. Troilus in V. 96; Pandarus:
"Ye, sweete herte? alias, I may nought ryse
To knele, and do yow hononr in some wyse".
Doch wie häufig und wie nahe auch einerseits der „Goose-
cappe" in wort und handlung sich mit „Troilus and Criseyde"
berührt, so verschieden ist andrerseits die prägung der charak-
52 OTTO BALLMANN,
tere im drama von Chaucers typischen figuren. Bei diesem
haben wir lauter volle lebenswarme gestalten, die in ihrer
natürlichkeit, dank der epischen breite des gedichts, lebendig
vor uns stehen; im „Goosecappe" sind die figuren mehr skizzen-
haft entworfen, und die wenigen, aber doch oft charakte-
ristischen striche, mit denen sie gezeichnet sind, stellen uns
die pei-sonen nur insoweit dar, als es zur handlung des lust-
spiels unbedingt erforderlich ist. Die handlung, zu wenig aus
dem Charakter der personen selbst heraus entwickelt, lässt
daher diese nicht plastisch genug hervortreten, wir bleiben
ihnen gegenüber zu gleichgültig.
Am meisten entspricht noch Monford seinem Chaucer'schen
Vorbild Pandarus. Zwar steht „Lord" Monford seinem hoch-
gelehrten, aber armen freunde Clarence anders gegenüber, als
sich Pandarus, der oheim der Criseyde, zum königssohne Troilus
stellt; aber treue, hingebende freundschaft ist bei Pandarus
wie bei Monford das grundmotiv, auf welches ihre Charaktere
gestimmt sind. Aus liebe zu dem jüngeren freunde unter-
ziehen sich beide der schweren aufgäbe, die nichte dem freund
zu gewinnen. Und doch, wie verschieden ist die freundschaft
des Monford zu Clarence von der des Pandarus zu Troilus!
Chaucers meisterlich geschilderter Pandarus ist ein frivoler
geselle ; er hat es wohl verdient, dass er später seinen namen
zur bezeichnung eines unsittlichen gewerbes hergeben musste.
Die ehre seiner nichte konnte sehr wohl neben seiner freund-
schaft zu Troilus bestehen und durfte der letzteren zu liebe
nicht preisgegeben werden. Davon findet sich in Monfords
Charakter keine spur. Freilich hatte der anonyme Verfasser
des „Goosecappe" den vorteil, dass er sich nicht an den über-
lieferten Stoff zu halten brauchte. Monfords Verhältnis zu
Clarence ist das der reinsten und idealsten -freundschaft, die
auf inniger Seelenvereinigung beruht. Er wirbt seinem freunde
die nichte, deren er sich stets väterlich annimmt, weil er für
diese keinen edleren und würdigeren gemahl sich denken
kann, und in der Vereinigung des Clarence mit Eugenia sieht
er nur ein weiteres band, das ihn noch inniger mit dem freunde
verknüpfen wird: den freund auch neffen nennen zu dürfen
ist ihm das höchste. Andrerseits hattet ihm freilich, überein-
stimmend mit dem Junggesellen Pandarus, eine gewisse lüstern-
heit dem weiblichen geschlechte gegenüber an, wie aus der
CHAUCERS EINFLUSS AUE DAS ENGLISCHE DBAMA ETC. 53
scene mit Eugenias kammerzofe Wynnifred und aus anderen
stellen hervorgeht. Die unfreiwillige komik in seinen unge-
schickten versuchen, der Eugenia die tiefe liebe des Clarence
zu ihr möglichst behutsam zur kenntnis zu bringen, geht auf
Chaucers geistvolle Schilderung der entsprechenden scene
zurück.
Die Eugenia des „Goosecappe" ist sehr skizzenhaft ge-
halten. Nur in einem punkte ist sie etwas schärfer gezeichnet,
als ihr vorbild: wir können sie uns eher als witwe denken,
als Chaucers Criseyde, deren jungfräuliches wesen wenig ihrem
Witwenstande entspricht. Sonst zeigt Monfords nichte keine
ähnlichkeit des Charakters mit Criseyde. Ihre festigkeit und
selbstbewusstheit stammen nicht von dieser. Sie macht ganz
den eindruck eines fertigen Charakters. Sie ist eine Weltdame
mit gelehrten neigungen, die gern ihre kenntnisse im Latei-
nischen zeigt. Echt weiblich zeigt sie sich eigentlich nie, im
schroffsten gegensatz zu Criseyde, und selbst da, wo sie ihre
Verschlossenheit aufgiebt und halb ihrem oheim zum trotz,
halb ihrer eigenen langsam aufkeimenden neigung folgend, zu
Clarence ins zimmer tritt, um ihm ihre liebe zu gestehen,
werden wir das gefühl nicht los, dass allzu viel Überlegung
ihr handeln leitet. Die plötzliche wendung, welche die hand-
lung des lustspiels mit dieser scene nimmt, ist umso uner-
warteter, als sie mit keinem wort in Eugenias Charakter zuvor
angedeutet ist. Erst die verblüffende form dieser liebeser-
klärung lässt uns Eugenia ganz durchschauen ; sie charakteri-
siert sich selbst am besten mit den werten, mit welchen sie
dem Clarence ihre hand schenkt:
knowledge is the bond,
The seal and crown of onr nnited mindes.
Am meisten kontrastieren Troilus und Clarence. Dort der
junge, feurige königssohn, der tapfere krieger, den die glühende
leidenschaft der ersten liebe ganz verwandelt hat, der, zaghaft
und mutlos geworden, sich den quälenden schmerzen der liebes-
sehnsueht überlässt, — hier der stille und bescheidene gelehrte,
der, beim philosophieren über das höchste und letzte aller
dinge der weit ganz entfremdet, durch die liebe zu Eugenia
der Wirklichkeit wiedergewonnen wird. Troilus, in reichtum
und Schönheit strahlend, erlangt Criseydens liebe durch den
äusseren glänz seiner erscheinung, — Clarence, mit dem ein-
54 OTTO BALLMANN,
zigen reichtum seiner gelehrsamkeit, darf nur schfichtern hoffen,
von der reichen nichte des Lord Monford erhört zu werden;
sein edles gemüt und tieffühlendes herz gewinnen ihm Eugenia.
Des Troilus streben geht auf sinnliche befriedigung seiner
leidenschaft, — Clarence liebt mit der abgeklärten reinheit
einer durchgeistigten seele.
Fassen wir alles zusammen, so kommen wir zu folgendem
ergebnis: Die handlung des „Goosecappe" stammt aus Chaucers
„Troilus and Criseyde" buch I— HI; die Charaktere der per-
sonen sind gleichfalls nach Chaucers vorbild, aber doch nicht
ohne dichterische freiheit gezeichnet ; der Wortlaut des dialogs
schliesst sich oft sklavisch an Chaucer an. — Wer der Ver-
fasser des „Sir Giles Goosecappe" war, steht nicht fest. Es
neigen sich jedoch die meisten forscher jetzt der ansieht zu,
dass das anonyme stück dem bekannten dichter George Chapman
zuzuschreiben sei. 0 Zu den für Chapman sprechenden gründen
liesse sich jetzt, nach der entdeckung von Kittredge, noch der
hinzufügen, dass auch die entlehnungen für den plan des
„Goosecappe" aus Chaucer auf die autorschaft Chapmans hin-
weisen. Denn dass ihm Chaucer und speziell dessen „Troilus
and Criseyde" vertraut und auch anderweitig von ihm benutzt
worden war, geht aus Koeppels Untersuchungen über Chapmans
„May-Day" hervor (cf. oben s. 48).
Every Woman in her Humour.^)
Eine ziemlich glückliche nachahmung von Chaucers „ Wife
of Bath" ist in diesem anonymen lustspiel die figur the Cüvsen's
Wife. Dass beide frauen aus demselben holze geschnitten sind,
zeigen schon zu anfang des lustspiels die worte der bürgers-
frau: „Ile teil thee, Gossip, Ihave buried sixe, I, sixe husbands,
hut if I should live to have oä many more, as I know not,
what may kappen, but shure . , ,^ (Act I s. 319), ganz wie die
frau von ßath gesagt hatte (D v. 44) :
Y-blessed be God, that I have wedded fyve!
Welcome the sixte when that ever he shal, ....
1) cf. BuUen 1. c. bd. m s. 93 note; Fleay bd. II s. 322—3; Ward bd. n
8. 412 anm.
«) Gedruckt bei Bullen 1. c. bd. IV; entstanden 1602, erster druck 1609
cf. Fleay bd. n 8. 321.
CHAUCEB8 EIKFLÜSS AUP DAS ENGLISCHE DRABfA ETC. 55
Whan myn honsbonde is fro the world y-gon,
Som cristen man shal wedde me anon.
Dank ihrer bewegten Vergangenheit ist die bürgersfrau reich
an lebenserfahrung, besonders was die männer anbelangt. Da
sie ihre Weisheit im eigenen heim nicht mehr richtig anzu-
bringen vermag — ihren gatten Comutus hat sie sich bereits
zum muster eines friedliebenden ehemannes gezogen — , so
steht sie ihrer gevatterin, der wirtin, in rat und that bei;
wird doch diese von ihrem manne allzu kurz gehalten und zu
sehr eingeschränkt. Und der bürgersfrau ratschlage sind auch
sehr probat: Has he no pockets nbout him, cannot you search
his breeches ? anything you find in his breedhes is your own . . .
tvhy, what is his is yours, whafs yours your own (act IV s. 363).
Lust am leben und an Vergnügungen kennzeichnen sie ebenso
wohl, als geschwätzigkeit und selbstschätzung. Der siegreichen
gewalt ihrer zunge ist sie sich nur zu gut bewusst : Der wirtin,
welche das schelten ihres mannes fürchtet, antwortet sie ganz
im sinne der frau von Bath: Ä coyl! why, have you not a
tongue in your head ? faith, of ye win not all at that weapen,
yee are not worthy to be a woman (act I s. 320). — Ueber-
haupt fehlt der bürgersfrau kaum eine der guten eigenschaften,
welche die frau von Bath auszeichnen. Leider ist ihre rolle nur
sehr knapp gehalten. Im vergleich mit Chaucers fein ausge-
führtem Charaktergemälde vermissen wir bei ihr vor allem den
köstlichen humor, der die Selbstbiographie der frau von Bath
belebt und würzt. Die komik geht zwar auch der flgur der
bürgersfrau nicht ab, aber sie ist zu trocken und wirkt des-
halb nur drastisch. Zu betonen ist jedoch, dass die bürgers-
frau der komödie nichts weniger als eine kopie von Chaucers
„Wife of Bath" ist, vielmehr als ein, zwar viel schwächeres
Seitenstück dazu immerhin eigenen wert hat, ohne ihren Ur-
sprung zu verleugnen. Der unbekannte Verfasser hat sich
jedenfalls erfolgreich bemüht, das von Chaucer übernommene
material ganz zu verarbeiten. Wie gut ihm dies gelungen
ist, zeigt am besten die stelle:
Citizen's Wif e : They say theres a Statute made, any woman
that buries her husband, is not to marrie againe of two
monthes after,
Hostess: A tedious time, by Lady; a month were enough,
Citizen*s Wife: I, hälfe a month; winter nights are long
56 OTTO BALLMANN,
and colde. Ile teil ye, I have buried sixe, and thank my good
fortune, I ever Jcnewe the next ere the other wa>s in his tvinding
sheete. (Act I s. 321.)
Den Stoff zu dieser stelle lieferte zweifellos die erzählong
des weibes von Bath, wie sie zu ihrem fünften gatten kam,
den sie sich verpflichtet hatte, noch bevor ihr vierter gestorben
war, und den sie einen monat nach des letzteren tode auch
heiratete (cf. Chaucer A. 525 ff.).
Shackerley Marmion.
1602—1639.
Marmion führt uns in seinem lustspiel „The Antlquary"
(gedruckt 1641 und aufgeführt vor 1636) *) drei komische
figuren vor: Moccinigo, Petrutio und Veterano, the Äntiquary.
Von diesen ist Moccinigo, wenn auch sein Charakter vielleicht
nicht so sorgfältig ausgearbeitet ist, wie der Petrutios, doch
entschieden die hauptperson; das ganze drama dreht sich im
wesentlichen um sein geschick. — Die Charakteranlage dieses
Moccinigo hat Marmion ganz aus Chaucers „Marchantes Tale"
entnommen, indem er den verliebten alten January kopierte,
oft wortgetreu. Wie bei Chaucer ist auch bei Marmion das
grundmotiv : Ein alter mann will ein junges mädchen heiraten
und wird dabei betrogen. Schon darin, dass beide Verfasser
den ort der handlung nach Italien verlegen, liegt eine gewisse
Übereinstimmung: Marmion wählte Pisa zum Schauplatz, wie
Chaucer vor ihm Pavia.
Moccinigo tritt uns als ein bejahrter mann mit grauem
hart und weissem haupte entgegen, dem bilde entsprechend,
welches wir uns nach Chaucers altersangabe von January
machen müssen:
E. 1248: Sixty yeer a wyfless man was he.
Auf dem gedanken, den Chaucer knapp mit den Worten
ausdrückt :
E. 1449: And folwed ay his bodily delyt —
beruht Marmions geschichte von der buhldirne, um die sich
Moccinigo vergeblich bemüht; einer seiner freunde sagt dies-
bezüglich über ihn:
>) cf. Fleay bd. n s. 67. Ausgabe: The Dramatic Works of Shackerley
Marmion. Edinburgh & London 1875.
CHAÜGEBS EINFLÜSS AUF DAS ENÖLI8CHE DRAMA ETC. 57
Act I SC. 4 8. 211 :
For going to a conrtezan this moming,
In his own proper colonr, bis gray beard,
He bad tb' ill luck to be refas'd; on wbicb
He went and dy'd it, and came back again,
And was again, witb tbe same scom, rejected,
Telling bim, tbat sbe bad newly deny'd bis fatber.
Beide, sowohl Moccinigo, wie auch January, sind ent-
schlossen, eine frau heimzuführen, und zwar muss es ein junges
mädchen sein. Moccinigo sagt:
Act I sc. 4 8. 212 : .... Yet tbis I resolve on,
To baye a maid tender of age and fair.
Old fisb and yonng flesb, tbat's still my diet') —
in teilweise wörtlicher Übereinstimmung mit January, der er-
klärt hatte:
E. 1405: For I wol be, certeyn, a wedded man
And tbat anoou in al tbe baste I can,
Unto som mayde fair and tender of age ....
E. 1416 : I wol no old wyf ban in no manere.
Sbe sbal nat passe twenty yeer, certayn;
Old fisb and yong flesb wolde I bave fnl fayn.
I wol no womman tbritty yeer of age.
Auch Chaucers vers 1406:
And tbat anoon in al tbe baste I can —
wusste Marmion zu verwenden, allerdings glücklicher, als durch
blosses herübemehmen, indem er den Moccinigo gleich anbeissen
lässt, als Lorenzo ihm seine tochter zur frau anbietet; die
heirat wird unter beiden sofort abgemacht. — Nach BelPs
Chaucer-ausgabe heisst es in vers 1417 statt twenty: sixteen,
woraus sich ein noch engerer anschluss Marmions an Chaucer
ergeben würde, denn Moccinigo entscheidet sich für Aemilia,
die ebenfalls 16 jähre alt ist (cf. act I sc. 4 s. 213).
Die beiden alten Junggesellen begründen ihren anspruch
auf ein junges weib in gleichen Worten mit der prahlenden
Versicherung ihrer noch ungeschmälerten manneskraft:
Act I 8C. 4 s. 212: Moccinio: A man of my years? I feel
My limbs as able as tbe best of them;
') Der beransgeber Marmions bringt zu diesem verse die anmerkung :
This (M the Editors of Dodsley's Coüectton remark, is adopted from Chaucer
in his Merchanfs Tale. [cf. Dodsley-Hazlitt vol. XIU s. 432, wo Cbaucers
verse 1415—18 citiert sind.]
58 OTTO BALLMAKN,
And in all places eise, except my hair,
As green as a bay-tree; and for the whitenesse
Upon my head, althongh it now lie hit,
What does it signify, but like a tree that blossoms
Before the fruit come forth? And I hope a tree
That blossoms is neither dry nor wither^d.
cf. January E. 1457: For god be thanked I dar make ayaunt
I feie my limes stark and suMsaunt
To do all things a man bilongeth to . . . .
1461 : Though I be hoor, I far as dooth a tree
That blosmeth er that fruyt y-woxen be;
A blosmy tree is neither drye ne deed.
I feie me nowher hoor bat on myn heed;
Myn hert and alle my limes been as grene
As laurer thnrgh the yeer is for to sene.
Der vergleich ist nicht nur genau derselbe bis in alle einzel-
heiten hinein, sondern sogar das zweimalige hervorheben des
grauen kopfes hat Marmion nachgemacht, so dass dieser, da
er das bild auch noch in beinahe die gleiche zahl von versen
gefasst hat, wie Chaucer, nur darauf acht zu geben brauchte,
dass die reime wegfielen.
Der kühne entschluss der Junggesellen erregt die Ver-
wunderung der freunde, die sich als bewunderung äussert:
cf . Marmion Act I sc. 4 s. 212 :
By 'r Lady, it shows
Great hanghtiness of courage: a man of bis years
That dares to venture on a wyfe;
und bei Chaucer:
£. 1513: And trewely, it is a heigh corage
Of any man that stopen is in age,
To take a yong wyf.
Gleichwohl ist es mit dem mute der beiden nicht so weit
her, denn aus gutem gründe wollen sie nur ein junges weib
heiraten : ein solches hoffen sie sich so gefügig zu machen, wie
weiches wachs; mit einer witwe dagegen würden sie sich
niemals vermählen, weil das ihnen zu gefährlich erscheint.
Ihre furcht vor witwen bringen beide deutlich zum ausdruck:
Moccinigo Act I sc. 4 s. 212 :
They are too politic a generation
Prov'd so by similes. Many voyages
Make an experienced Seaman, many Offices
A crafty knaye; so many marriages
A subtile cunning widow. No I'U have one
That I may mould, like wax unto my hnmonrs.
CHAUCERS EIKFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 59
cf. January E. 1423:
And eek this olde widwes, god it woot,
They conne so mnchel craft on Wades boot
So mnchen broken barm, wban tbat hem leste,
Tbat witb bem sbolde I never live in reste.
For sondry scoles maken sotil clerkis;
Woman of many scoles balf a clerk is.
Bat certainly a yong tbing may men gye
Bigbt as men may warm wex witb bandes plyeJ)
Aus dieser stelle Chaucers hat also Mannion diesmal nur
den gedanken entnommen: durch viele ehen wird ein weib
schlau und gerieben — den Chaucer in die metapher von den
scoles gekleidet hat. Diesen gedanken führte Marmion durch
andere metaphem aus; jedenfalls klang ihm Chaucers bild zu
gelehrt, und die erwähnung von Wades boot wäre wohl den
Zuschauern unverständlich geblieben, wie sie ja heute noch
einer befriedigenden erklärung harrt.
Auch bei der auswahl unter den mädchen, die bei der
heirat in betracht kommen, zeigt sich Übereinstimmung des
gedankens; die ausführung ist jedoch wieder verschieden.
Marmion verfährt viel summarischer, als Chaucer, und zwar
aus triftigem gi'unde: Der komischen Wirkung wegen musste
er die hohle geckenhaftigkeit des Moccinigo in die vorderste
linie rücken, und deshalb war für ihn das schmückende bei-
werk, das Chaucer bietet, nicht zu gebrauchen; mit voUbe-
wusster absieht lässt er die auswahl, die prüfung der bewerbe-
rinnen, bei seinem Moccinigo nur eine mangelhafte sein.
Moccinigo sieht nur diese oder jene gute eigenschaft an den
mädchen, durch welche sie ihm begehrenswert erscheinen, er
denkt gar nicht daran, dass auch schlechte eigenschaft en
nebenher gehen können. Seine beschränktheit und Selbst-
überhebung verlangen ein mädchen, das alle guten eigen-
schaften in sich vereinigt. Moccinigo sagt:
Act I sc. 4 s. 212 : .... I bave a corious eye
And am as cboice in tbat point to be pleased,
As tbe most youtbfol. Here one's beauty takes me,
And tbere ber parentage and good bebayioor;
Anotber's wealtb or wit; bat I'd bave one
Wbere aU tbese graces meet as in a centre.
^) In Dodsley-Hazlitt 1. c. s. 432 sind Cbaacers verse 1427—1430 aacb
citiert
60 OTTO BALLMANN,
Hierauf wird ihm sofort die antwort zuteil:
You are too ambitions. You wiU hardly find
Wonian or beast that trots sound of al foor:
There will be some defect.
Chaucer führt die sache in behaglicher breite aus: Bei
tag und nacht beschäftigt sich January mit der frauenwahl.
Wie wenn man in einen Spiegel sieht, den man auf dem markt-
platze aufgestellt hat, so sieht er in seinem geiste die ein-
zelnen flguren vorüberziehen und vergleicht sie aufs sorg-
fältigste mit einander:
E. 1588: He wiste nat wher that he mighte abyde.
For if that oon have beauty in hir face,
Another stant so in the peples grace
For hir sadnesse, and hir benignitee,
That of the peple grettest voice hath she.
And some were rieh and hadden badde name.
Die antwort, welche Moccinigo oben auf seine anmassenden
Worte erhalten hatte, stammt aus der rede des Justinus,
welcher als vernünftiger bruder dem January rät, wie die
wähl zu treffen sei:
cf. £. 1532 : Men moste enquere, this is myn assent,
Wher she be wys, or sobre or dronkelewe;
Or proud, or elles ootherweys a shrewe,
A chydester or wastonr of the good,
Or riebe or povre, or elles mannish wood.
Al-be-it that no man finden shal
Non in this world, that trotteth hool in al
Ne mau ne best, swich as man coude devyse.
But nathelees, it oghte y-nough soffise
With any wyf, if so were that she hadde
Mo gode thewes than hir yyces badde.
Endlich treffen die zwei bejahrten freier ihre wähl, und
für beide geben schliesslich Jugend und Schönheit, nicht reich-
tum, den ausschlag. Lorenzo bietet dem Moccinigo seine
tochter an, die dieser allerdings zuerst zu jung findet: „But six-
teen ? is she no more ? She is too young then" (act I sc. 4
s. 213) — sobald er jedoch erfährt, dass sie auch schön und
liebenswürdig sei, ist er kurz entschlossen: „Is she so fair
and amiable? Fll have her^ (ib.).
January anderseits ist erst nach sorgfältigem erwägen zu
einem gleichen resultat gekommen:
CHACCEBS EDTFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 61
£. 1623: He [Jannary] seyde, their was a mayden in the toan,
Wbich that of beautee hadde great renoan,
AI were it so she were of smal degree;
Snffiseth him hir youthe and hir beautee.
Which mayde, he seyde, he wolde han to his wyf.
Im voraus schon malen sie, allerdings in sehr verschie-
dener weise, ihren bekannten die freude aus, die sie an ihrem
künftigen weibe haben werden. Moccinigo erhält auf seine
freudensäusserungen die abkühlende antwort:
Act I sc. 4 s. 214:
I wish all joy to you! but 'tis in th' power
Of fate to work a miracle upon you.
You may obtain the grace with other men
To repent your bargain, before you have weU sealed it
Ein anderer bekannter fügt hinzu:
Or she may prove his purgatory and send him
To heaven the sooner.
Auch in diesem falle haben die mahner und wamer Marmions
ihre Weisheit von Chaucers Justinus geborgt, der seinem hei-
ratslustigen bruder entgegengehalten hatte:
E. 1660: god of his hye miracle
And of his mercy may so for yow wir che
That, er ye have your right of holy chirche
Ye may repent of wedded mannes lyf,
In which ye seyn ther is no wo ne stryf.
And eUes, god forbede but he sente
A wedded man him grace to repente
Wel ofte rather than a sengle man!
1670: Par aunter she may be your purgatorie!
She may be goddes mene, and goddes whippe;
Than shal your soule up to hevene skippe
Swifter than dooth an arwe out of the bowe!
Man sieht, Marmion that nichts weiter, als diese Chaucer-verse
zusammenziehen zu gunsten der dramatischen Ökonomie.
In den besprochenen entlehnungen Marmions aus der
„Marchantes Tale" schlössen sich nicht nur gedankenentwick-
lung und -Verbindung, sondern auch der Wortlaut grösstenteils
aufs engste an Chaucer an. Diese Übereinstimmungen füllen
die ganze vierte scene des ersten aktes und mit ihnen ist
Moccinigos Charakter in den hauptzügen festgelegt. Von da
ab verfolgt Marmion eigene bahnen. Es sei nur noch betreffs
Moccinigos hinzugefügt, dass, wenn Lorenzo spottend über
ihn bemerkt:
62 OTTO BALLMANN,
Act I 8C. 4 8. 213 :
„though he cannot propagate bis stock,
Will be sbure to mnltiply" ... —
darin eine augenscheinliche anspielung auf Januarys späteres
geschick steckt, der durch Damian zum hahnrei gemacht wird.
Eine weitere grössere stoffliche entlehnung in demselben
drama verdient noch ausführliche erwähnung. Die scenen
zwischen den ehegatten Aemilio und Lorenzo hat Marmion
ebenfalls unter starker benutzung derselben Chaucer-erzählung
geschaffen. Am Schlüsse der „ Marchan tes Tale" erfahren wir,
wie die junge leichtfertige Mai ihren alten gatten January im
garten betrügt und, obwohl sie von diesem in flagranti ertappt
wird, dennoch sich durch ihr gutes mundwerk so gewandt
herauszureden weiss, dass January vergnügt und froh mit ihr
wieder in seinen palast zurückkehrt. Die schlimme Mai war
bei ihrer ausrede von der feenkönigin inspiriert. Pluto und
Proserpina nämlich, die beide unsichtbar in demselben garten
weilten, hatten sich entzweit, weil Pluto im hinblick auf Mai
die meisten f rauen als treulos bezeichnet hatte. Seine gekränkte
gattin Proserpina verteidigte jedoch das weibliche geschlecht,
und ihre redefertige zunge zwang Pluto bald zum nachgeben.
Aus ärger über die leichtfertige Mai hatte Pluto gelobt, den
blinden January wieder sehend zu machen, damit er sein ehe-
weib beim sündigen überrasche ; doch Proserpina machte ihres
gatten absieht zu nicht e, dadurch, dass auch sie schwur, der
Mai helfen zu wollen:
E. 2264: Now, by my modres sire aoule I swere,
Tbat I sbal yeven bir süffisant answere,
And alle women after, for bir sake;
Tbat, tbougb tbey be in any gilt y-take,
Witb face bold tbey sbulle bem-self excuse,
And bere bem doun tbat wolden bem accuse.
For lakke of answer, noon of bem sbal dyen.
AI badde man seyn a tbing witb botbe bis yen,
Yit sbul we women visage it bardily,
And wepe, and swere, and cbyde subtilly.
So tbat ye men sbul been as lewed as gees.
Uebereinstimmend mit dem sinne dieser worte lässt Marmion
die Aemilia sagen:
Act. IV sc. 3 s. 260 :
Bat yet, tbey say, a woman's wit is sudden,
And quick at an excose. I was too foolisb.
CHAÜCEBS BINFLUSS AÜE DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 63
Had he confonnded Heaven and earth with oaths
I might haye swom him down, or wept so tmly,
That he shoold sooner qnestion his own eyes
Than my false tean: this had been worth the acting,
Or eise I might have stood to the defence on%
Been angry, and took a conrage from my crimes.
Bei Aemilia lag zwar noch kein wirkliches vergehen vor, aber
Lorenzo hatte ihre böse absieht durchschaut und sie ihrer
Schlechtigkeit bezichtigt; so musste sich denn Aemilia vertei-
digen und rein waschen. Und wie bei Chaucer Proserpina
der Mai die gehörigen worte zur Verteidigung in den mund
legt, so belehrt bei Marmion Lionell, der überhaupt im ganzen
drama nicht viel mehr als die rolle eines Dens ex machina
spielt, die Aemilia, wie sie sich vor Lorenzo rechtfertigen soll.
Diese rechtfertigung gelingt ihr dann so gut, dass Lorenzo
nicht nur seiner frau verzeihen, sondern selbst ihre Verzeihung
erflehen muss.
Beinahe als parodie auf Chaucers „House of Fame" (buch II)
klingt es, wenn von dem faden geck Petrutio gesagt wird:
Who plays the eagle in the clouds (s. 216); denn schon vorher
(s. 208) hatte Petrutio sein lebensziel genannt : Therefore I
have chosen Honour for my mistress, upon whose wings 1 will
mount up to the Heavens : where I will fix myself a constella-
tion for all this under-world of mortals to wonder at nie.
Vielleicht haben wir dies als erinnerung an jene stelle auf-
zufassen, wo sich Chaucer durch des adlers schwingen hoch
in die Ittfte hat tragen lassen ; dort oben wird es dem dichter
etwas bange:
y. 584: ^0 god\ thoughte I, ^that madest kmde,
Shal I non other weyes dye?
Wher Iovi8 wol me stellifye,
Or what thing may this signifye?
William Cartwright.
1611—1643.
Das lustspiel „The Ordinary" (verfasst vor 1635, ge-
druckt 1651) ») enthält eine komische figur, von welcher Ward
sagt: The antiquary Moth, who indulges in what is meant for
») cf. Ward bd. XU 8. 139; Fleay bd. I s. 47; gedruckt bei Dodsley-
Haslitt bd. XIL
64 OTTO BALLMANN,
Chaucerian English, is not a feliciious effort (I.e. s. 140
anm. 3).
Dieser bemerkung muss man ohne weiteres beistimmen;
das kopieren der spräche Chaucers geht aber viel weiter, als
sie vermuten lässt. Der Verfasser des dramas hat sich nämlich
das kunststück geleistet, die rolle des Moth zum grossen teile
aus Chaucer-versen zusammenzusetzen, die den verschiedensten
stellen in dessen werken, hauptsächlich aus den „Canterbury
Tales", entnommen sind. Inwieweit Moth ausserhalb der direkt
von Chaucer übernommenen ausdrücke und verse des letzteren
spräche wiedergiebt, soll hier nicht auseinandergesetzt werden ;
bemerkt sei nur, dass er eine reihe von archaischen Wörtern
bringt, die sich bei Chaucer nicht belegen lassen (z. b. to
brendle, ycapred, lycand), und dass er ausserdem hier und da
falsche wortformen anwendet — ob absichtlich oder nicht,
bleibe dahin gestellt. Auch die aus Chaucer übernommenen
ausdrücke, wie benedtcite, harrow, a twenty-devil way, sans fall,
maugre ihyne head etc. übergehe ich hier und beschränke
mich auf die wiedergäbe der verse, die sich mit Chaucer'schen
identifizieren lassen.
Act U sc. 2: A jangiere and a golierdis;
cf. A 560: He was a jangiere and a goliardeys.
ib.: This white top writeth much my years;
cf. A 3869: This whyte top wryteth mine olde yeres.
ib.: My fire yreken is in ashen colde;
cf . A 3882 : Yet in our asshen (c)olde is fyre y-recke. *)
ib.: I can not whit of dalliance . . .;
cf. A210: In alle the ordres is noon that can
So much of daliannce.
ib. : if I kissen,
These thick stark bristles of mine beard wiU pricken
Ylike the skin of houndfish . . .,
cf. E. 1823: He luUeth hir, he kisseth hir ful ofte
With thikke bristles of his berd unsofte,
Lyk to the skin of houndfish, sharp as brere.
ib.: The world is now füll tickle sykerly . . .,
cf. A 3428 : This world is now ful tickel, sikerly.
ib. : They being all coltish and füll of ragery
And füll of gergon, as is a flecken pie;
0 Dieser vers ist bereits von Steevens citiert; cf. Dodsley-Hazlitt 1. c.
8. 240 anm. 8.
CHAUCEBS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 65
cf. E. 1847: He was al coltish, ful of ragerye
And ful of Jargon as a flekked pye.
ib.: Whoso with them maketh that bond anon
Which men do clyppen spousail or wedlock
— Saint Idiot is bis lord, i-wis —;
cf. T. u. Cr. I 908: . . . . for thou were wont to chase
At love in skom, and for despjt bim calle
"Saint Idiot, lord of tbis folea alle",
u. E. 115 : Wbicb tbat men clepetb sponsaille or wedlock.
ib.: Some dele ystept in age . . .,
cf. E. 1514: .... tbat stopen is in age.
ib.: Mine moutb batb itcbed all tbis livelong day;
cf. A 3682 : My moutb batb iccbed al tbis longe day.
ib.: My beart gan quapp füll oft . . .;
cf. T. m 57: .... so tbat bis berte gan to quappe;
aucb L. 865: And lyke tbe wawes quappe gan ber berte.
ib.: Kembetb tbyself, and pyketb now tbyself . . .,
cf. E. 2011 : He kembetb bim, be proynetb bim and piketb.
ib.: Witb nympbs and fauns, and bamadryades;
cf . A 2927 : In wbicb tbey woneden in reste and pees
Nympbes, Faunes, and Amadrides.
ib.: And yeke tbe sisteme nine Pierides ....
Metamorpboseos wot well wbat I mean;
cf. B. 92: To muses tbat men clepe Pierides —
Metamorpboseos wot wbat I mene.
Act III sc. 1 : I no wbere boart [?] yf eel but on mine bead ;
cf. E. 1464: I feie me nowher boor but on myn beed.
ib.: I am tbine leek, tbou C baue er eloquent,
Mine bead is wbite, but, 0, mine taile is green;
cf. A 3878 : To baye a boor beed and a grene tayl
As bas a leek.
ib.: Come fortb mine duck, mine bride, mine boney-comb,
Come fortb, mine cinnamon;
cf. A 3698: *Wbat do ye, boney-comb, swete Alisoun?
My faire brid, my swete cinnamone?
ib.: A knigbt most gent . . . .;
cf. B. 1905: AI of a knigbt was fair and gent.
ib.: I do enduren woe
As sbarp as dotb tbe Tityrus in bell
Wbose stomacb fowls to tyren ever more
Tbat bigbten yultures, as do teilen Clerks;
cf. Boetb. m m. XII 28: .... tbe fowl tbat bigbte voltor, tbat
etetb tbe stomak or tbe giser of Tityus.
ib.: ril be as faitbful to tbee,
As Cbaunticleer to Madam Partelot —
eine anspielung auf die „Nonne Prestes Tale".
AngUft. N. 1*. xiu. 5
66 OTTO BALLMANN,
Act V sc. 4 (s. 311): His visage foul, yfrounc'd with glowing eye;
cf. R. R. 155 : Y-frounced foul was hir visage.
ib.: I do not rech | One bean for all
cf. B. 94: But nathelees, I recche noght a bene.
Thomas Dekker.
(c. 1570 — c. 1640.)
Im verein mit Henry Chettle und William Haughton ver-
fasste Dekker das drama ^^The Pleasant Comodie of Patient
Grissil", •) welches die im mittelalter weit verbreitete Griseldis-
sage zur fabel hat. Ueber die quellen von Dekkers drama
handelte zuletzt Hübsch in der einleitung zu seiner ausgäbe (I.e.)
Leider hat der herausgeber es unterlassen, auch Chaucer in
seine quellenuntersuchung hineinzuziehen, der doch in seiner
„Clerkes Tale" die zweifellos wichtigste der uns erhaltenen
fassungen der Griseldis-sage auf englischem boden geschaffen
hat. Und gerade für Dekkei^ drama ist Chaucers fassung von
grosser Wichtigkeit, wie wir hernach zeigen werden. Ebenso
ist es Hübsch entgangen, dass es bereits vor Dekker ein eng-
lisches drama „Patient Griselde" gegeben hat, welches, nach
John Bale's zeugnis von Ralph Radcliff e (zur zeit Heinrichs Vlil)
verfasst, uns leider verloren ist. Bei der zu Dekkers zeit viel
verbreiteten gewohnheit der dramatiker, ältere stücke zu über-
arbeiten, muss diese angäbe von John Bale besonders schwer
ins gewicht fallen.
Hübsch war in seiner mit Verwertung der früheren for-
schung geführten Untersuchung zu dem ergebnis gekommen,
dass einerseits eine englische bailade, 2) andrerseits eine eng-
lische prosafassung 0 der Griseldis-sage als quellen für Dekkers
drama zu betrachten seien.
*) Nach dem ersten drucke von 1603 herausgegeben von Gk)ttlieb
Hübsch. Erlangen 1893. (Erlanger Beiträge zur engl. Philologie. Heft XV.)
— Diese ausgäbe ist im folgenden zu gründe gelegt Ueber die frage der
autorschaft vgl. neuerdings Bang's „Dekker-Studien". Engl. St. XXXVin
s. 208 ff.
*) Of Patient Grissel and a noble Marquess. Percj Society XXY Part IV.
8) The Hißtory of Patient Grisel. Percy Society m 1842. Hiemach
wird citiert. — Sonderabdruck: The History of Patient Grisel 1619. Edited
with an Introduction by Henry B. Wheatley. Printed for the ViUon So-
ciety. London 1885. — Letztere ausgäbe war Hübsch nicht zugänglich,
doch hat sich die von ihm gehegte erwartung, es werde in der einleitung
zu dieser ausgäbe über queUenverhältnisse gehandelt, nicht erfüllt
CHAUCERS EINPLUSS AUP DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 67
Was nnn die ballade anbelangt, so ist es zweifellos, dass
sie in sehr naher beziehung zu unserem drama steht, und
zwar in zwei punkten: in der geburt von zwiUingen und in
dem ausdruck call her beggers brat (cf. Hübsch, einleitung
s. XVI). Aber ebenso sicher ist es, dass sie die alleinige quelle
unseres dramas nicht gewesen sein kann. Da sich nun eine
abhängigkeit des dramas von der ballade nicht feststellen
lässt, so ist es keineswegs ausgeschlossen, dass beide gemeinsam
aus derselben quelle geflossen sind. — Die andere von Hübsch
aufgestellte quelle, die englische prosafassung, möchte ich je-
doch zu gunsten Chaucers gänzlich abweisen. Nicht nur, dass
der dramatiker alles material, das er der prosa entnehmen
konnte, auch in der „Clerkes Tale" fand, — geht doch die
prosaversion ebenso sicher, wenn auch wahrscheinlich indirekt,
auf Petrarcas fassung der sage zurück, wie diejenige Chaucers *)
— sondern das drama schliesst sich auch viel enger an die
„Clerkes Tale", als an den prosatext an. Meine gründe dafür
sind folgende:
1. Im drama verlangt Marquesse Gualther von seinen
grossen, die ihn mit der bitte, sich eine gemahlin zu nehmen,
bestürmen, die eidliche versicheining, dass sie sich mit seiner
wähl, wen sie auch immer treffen möge, ganz einverstanden
erklären. Dasselbe ist bei Chaucer der fall. In der prosa-
version ist von einer eidlichen Versicherung nicht die rede.
Dazu kommt noch eine andere, wörtliche parallele des dramas
mit Chaucer in demselben passus. Man vergleiche:
Drama y. 53: Can you blame me to be hunter like,
When I mu8t get a wife? but be content,
So yon'le ingage yonr faith by othe to us,
Yonr wiUes shaU answer mine, my liking yours,
And that no wrinckle on your cheekes shall ride,
This day the Marquesse vowes to choose a bride.
^) Hübsch sieht in der prosa eine kombination aus Petrarcas latei-
nischer yersion und der Stainhoewerschen deutschen Übersetzung derselben.
Seine gründe scheinen mir jedoch nicht beweiskräftig. Ich sehe zudem
nicht ein, warum man an der angäbe auf dem titelblatte der prosa, welche
diese als Übersetzung aus dem Französischen bezeichnet, zweifeln sollte,
cf. dazu W. A. Clauston: „The Patient Griselda. English Abstract of an
early French Version of the Clerk's Tale"; in Chaucer-Society Series 1122;
1887. cf. bes. note s. 540.
5*
68 OTTO BALLMAKN,
u. V. 63: Since then you throwe thiß burthen on my youth,
Swear to me, whome soever my fancie choose,
Of what discent, beautie or birth she be
Her you sball like and love as you love me.
cf. Chaucer E 1G4:
But I yow preye, and cbarge up-on your lyf,
That what wyf that I take, ye me assure
To worshipe her, whyl that hir lyf may dure . . .
169: And furthennore, this shal ye swere, that ye
Again my choys shul neither grucche ne stryve,
For sith I shal forgoon my libertee
At your request, as ever moot I thryve,
Ther as myn herte is set, ther wol I wyre.
cf. prosa s. 6: O^ily one ihing I request at your Jhands: io take
in worth my choice, and neither tnsult .... nor repine . . .;
but love her etc.
Im drama und bei Chaucer wird dann der schwur ge-
leistet, in der prosa danken die grossen, dass der fürst ihre
bitte erhörte, und versprechen ihm, seine worte zu befolgen
(cf. drama v. 67; Chaucer E 176; prosa s. 6).
2. Im drama findet sich in der ersten scene zwischen
Janicola und seiner tochter Grissill die für uns hier bedeut-
same thatsache erwähnt, dass der Marquesse, um für Grissill
kostbare gewänder anfertigen zu lassen, von ihr mass nehmen
Hess :
Whie should he [Marquesse] send bis tailors to take measure
Of Qrissüs bodie? ... (v. Ulf.).
Diese thatsache ist in der prosavereion weder enthalten, noch
irgendwie angedeutet. Chaucers erzählung hingegen bringt
sie mit Verwendung desselben ausdrucks to take measure, nur
mit dem unterschiede, dass nicht von Grisilden selbst, sondern
von einer ihr an gestalt gleichenden Jungfrau mass genom-
men wird:
And of hir clothing took he the mesure
By a mayde, lyk to hir stature (E 256 f.).
Doch dieser unterschied ist leicht erklärlich ; er ist durch eine
frühere änderung des dramatikers Chaucer gegenüber bedingt.
Nach Janicolas Worten im drama bemühte sich der Marquesse
ganz offenkundig um Grissills gunst, er sang ihr sogar Uebes-
lieder vor (v. 135 f.). Wenn er also mit Grissill so vertraut
war, konnte er die Schneider zum massnehmen oline weiteres
zu ihr selbst schicken. Für Chaucer lag die Sache insofern
CHAUCERS EINFLÜ88 AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 69
anders, als er, seiner quelle folgend, seinen Walter nur stumm
im vorbeireiten durch traurig-sehnsuchtsvolle blicke um Gri-
silden werben liess, wie loking in sad wyse (E 236 f.) andeutet.
Deshalb wurde hier nicht von Grisilden selbst mass ge-
nommen.
Auch noch ein weiterer Vergleichspunkt zwischen drama
und „Clerkes Tale" lässt sich hier anknüpfen. Chaucer ver-
wahrt sich ausdrücklich dagegen, dass Walter etwa unredliche
absiebten auf Grisilde hätte:
He noght with wantoun loking of folye
His yen caste on hir (E 236 f.).
Konnte dies der dramatiker besser wiedergeben, als dadurch,
dass er dem alten Janicola worte voller besorgnis um seiner
tochter ehre in den mund legt (v. 133—146) und dann durch
Grissill den ehrenhaften Charakter des Marquesse betonen
lässt (v. 147-150)?
Diesen augenscheinlichen beziehungen zwischen drama und
Chaucers erzählung steht die prosafassung mit selbständig
geänderter version gegenüber. Zwar wird hier erzählt, dass
der Marquesse die gewohnheit hatte, auf seinen jagdzügen in
dem hause des Janicola einzukehren, der obwohl von armut
und Unglück bedrängt, doch glücklich zu nennen sei im besitze
seiner überaus schönen und tugendhaften tochter (s. 8). Aber
mit keinem worte ist angedeutet, dass Grissills Schönheit vor
des Marquesse äugen gnade gefunden habe. Ihr name wird
erst mit dem seinigen in Verbindung gebracht, als es sich für
ihn darum handelt, gemäss seinem versprechen, sich eine braut
zu suchen. Und auch da bestimmt nicht etwa die aus per-
sönlicher erfahrung gewonnene Wertschätzung von Grissills
Schönheit und tugend seine wähl, sondern report muss ihn erst
darauf aufmerksam machen, meditation bringt ihn zu seinem
entschluss (s. 9).
3. Den besten beweis dafür, dass Dekkers drama nicht
auf der prosa beruht, ergiebt die darstellung des kritischen
Wendepunktes der fabel in beiden. Während das drama hier
überraschende wörtliche Übereinstimmungen mit Chaucer zeigt,
weicht die prosa vollständig ab. Die Situation ist folgende:
Grissill hat trotz der vielen grausamkeiten , die sie bereits
geduldig von ihrem gemahl ertragen hat, doch seinem geböte
in unerschütterlicher pflichttreue folge geleistet und seinen
70 OTTO BALLMANN,
palast für die ankunft der neuen braut geschmückt. Ihre
geduld wird auf die letzte probe gestellt, als Gualther sie in
gegenwart der neuen braut fragt, wie diese ihr gefalle:
Drama, y. 2454:
Marq.: How do you like my bride?
Griss.: I think her blest
To have the love of such a noble lord.
Marq.: You flatter me.
Griss.: Indeed I speak the truth,
Onely I prostrately beseech your grace,
That you consider of her t ender yeares,
Which as a flower in the spring may soone be nipt,
With the least frost of colde adversity.
cf. Chaucer E. 1030:
"Grisilde", quod he, as it were in bis pley,
"How lyketh thee my wyf and hir beautee?*'
"Right wel", quod she, "my lord; for in good fey,
A fairer say I never noon than she ....
1037: 0 thing biseke I yow and warne also
That ye ne prikke with no tormentinge
This tendre mayden, as ye hau don mo;
For she is fostred in hir norishinge
More tendrely, and, to my supposinge,
She coude nat adversitee endure
As coude a povre fostred creature;"
cf. prosa s. 39. You see the lady is here I mean to marry,
and the Company gloriotisly prepared to witness the same; are
you therefore contented that I shdll thus dispose of my seife,
and do quietly yeeld to the alteration? ....
Betrachten wir nun noch die gründe, welche Hübsch zur
stütze seiner ansieht angeführt hat (s. XVII). Der eine der-
selben soll sich aus der ähnlichkeit der Schreibung des namens
der heldin ergeben. Bei den neun verschiedenen in England
verbürgten formen des namens der heldin*) wird jedoch die
ähnlichkeit von Dekkers Grissill mit Grisscl der bailade und
Grisel der prosa nur eine ganz zufällige sein. — Auch der
andere grund scheint mir wenig beweiskräftig zu sein. Hübsch
sagt, dass des dieners treue und Verschwiegenheit in der prosa
wie im drama betont werde, während Petrarca nur von seiner
>) Chaucer hat drei formen des namens Grisilde, die angaben der
Stat. Reg. (cf. Wheatley I.e. einleitung) enthalten vier und die beiden
Versionen der fabel in Percy Society HI noch zwei weitere formen.
CHAUCERS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 71
treue spreche. Aber hat nicht auch Petrarca wenige zeilen
später des dieners Verschwiegenheit mit grossem nachdruck
hervorgehoben in den werten: quasi crudele ministerium si-
lentio exprimens?^) Ebenso betont auch Chaucer in seiner
feinen weise die Verschwiegenheit des dieners (cf. E 532, 534,
573 f.). — Viel wichtiger ist der dritte grund, den Hübsch für
seine ansieht beigebracht hat. An einer stelle stimmen drama
und prosa gegen Chaucer und Petrarca miteinander überein.
Dem Marquesse, der ihre hand begehrt, antwortet Grissill
im drama:
y. 321 : Oh my gracions Lord,
Hnmble not your high State to my low birth,
Who am not worthy to be held yonr slave
Much lese your wife.
In der prosa lautet ihre antwort (s. 13): My gradous lord,
I am not Ignorant of your greatnesse and know mine owne
basenesse: there is no worth in me to be your servant, there-
fore there can be no desert to be your wife, Chaucer ist hier
kürzer :
E. 359 : ... Lord, undigne and nnworthy
Am I to thUke hononr that ye me bede.
Er bringt aber denselben gedanken, Petrarca folgend, an
späterer stelle und in anderem Zusammenhang ebenfalls aus
Grisildens mund:
E. 818: I ne held me never digne in no manere
To be your wyfe, no, ne your chamberere.
Dieser letzte von Hübsch angeführte grund lässt sich
nicht beiseite schaffen. Er vermag aber auch nicht die von
mir gegen die prosa vorgebrachten gründe aufzuheben, welche
mir nach anzahl und beweiskraft vollständig auszureichen
scheinen, um die prosa als quelle für Dekkers drama endgiltig
abzulehnen. Hinzugefügt sei noch, dass die möglichkeit einer
anderen herkunft, als aus der prosa, für jene gegen Chaucer
sprechende stelle des dramas dadurch bewiesen ist, dass das
französische „Mistere de Griselidis" aus dem jähre 1395 *)
^) Petrarcas text ist leicht zugänglich in den Veröffentlichungen der
Chancer Society, SeriesII: Originals and Analogues of some of Chaucer's
Canterbury Tales 1872—87 ; cf . daselbst s. 160.
•) Gedruckt bei Jehan Bonfons, Paris 1550. Neudruck von A. Pinard,
Paris 1832.
72 OTTO BALLMANN,
eine genaue parallele zu derselben bietet. Dieser umstand
darf schon deshalb nicht übersehen werden, weil Chaucers
„Clerkes Tale" trotz obiger ausführungen noch keineswegs als
quelle betrachtet werden kann. Denn die als parallelen zu
dem drama aus Chaucer erwähnten punkte gehören dem aus
Petrarcas lateinischer Version vererbten material der Griseldis-
sage an — mit ausnähme des unter 1. besprochenen schwures,
der sich nur bei Chaucer und Dekker findet, soweit ich sehe —
und finden sich sowohl in dem erwähnten Griseldis-mysterium,
als auch in einer französischen prosaversion ') in ganz ähn-
licher ausführung. Die möglichkeit einer französischen quelle
ist deshalb nicht ausgeschlossen. Nur soviel ist betreffs
Chaucers mit gewissheit zu sagen, dass seine erzählung von
allen erhaltenen englischen fassungen der Griseldis - sage
Dekkers drama am nächsten steht. *^)
Zum schluss sei noch erwähnt, dass Pavias werte
(V. 361 f.) :
What will ye world say when the tmmp of fame
Shall Bonnd yoor high birth with a beggers name?
an die trompete des Aeolus in Chaucers „House of Fame"
erinnern. Doch muss diese ausdrucksweise bei den drama-
tikern jener zeit sehr beliebt gewesen sein. Sie findet sich
so häufig, dass ich es unterliess, stets darauf hinzuweisen.
Denn wenn auch ihr Ursprung aus Chaucer vielleicht als sicher
anzunehmen ist, so ist doch eine bewusste beziehung auf ihn
bei ihrer jedesmaligen anwendung ganz ausgeschlossen. Bei-
spielsweise sei hier aus der anonymen komödie „Lingua"
(erster druck 1607)3) ^ij^ weiterer fall citiert: Her laws . . .
had been altogether unjmblished, tier will unperformed, her
illustrious deeds unrenowned, had not the silver sound of
0 cf. Mironer des femmes vertueuses. Ensemble la patience Griselidis.
Neudruck in: Collection de Po4sies, Romans ... des XV« et XVI« siteles.
Paris ; Silvestre, Libraire. Dies ist eine genaue Übersetzung von Petrarcas
text. Ob A. W. Clauston's citierter auszug hieraus gemacht ist, ist nicht
ersichtlich.
>) Vgl. hiermit die bemerkung von Ward bd. I s. 429: „No immediate
influence of Chaucer is recognisable in the composition of the play under
notice."
») cf. Dodsley-Hazlitt bd. IX s. 332.
CUAUCBRS EDTFI-iUSS AUF DAS ENGLISCHE DKAMA ETC. 73
my trumpet filled the whole circuit of the universe with her
deserved fame (act IH sc. 5 s. 395).
Zwei andere dramen Dekkers ') enthalten auch noch an-
spielungen auf Chaucer'sche werke. Eine stelle aus „North-
ward Hoe" (aufgeführt 1605, gedruckt 1607)») giebt uns
Zeugnis von der beliebtheit der „Canterbury Tales". Maybeiry
sagt: Ä Comedy, a Canterbury Tale smells not hälfe so
swcete OS the Comedy I have for thee, old Poet (act IV sc. 1
s. 52). — Und in „The Wonder of ai Kingdom" (aufge-
führt 1623, gedruckt 1636) ») heisst es mit beziehung auf die
„Marchantes Tale":
Old Jannarj goes to lie with May (Act 11 s. 245).
Seine nahe bekanntschaft mit Chaucer aber beweist Dekker,
wenn er in der prosaschrift „A Strange Horse-Race" (ge-
druckt 1613)4) die schlimme Winterszeit, in welcher sich
Hospitality besonders thätig zeigt, mit versen aus Chaucers
„Frankeleyns Tale" beschreibt:
And thifl is (as the Book doeth remember)
The cold frosty season of December:
PhoebuB waxed old, and hewed like Latonn
That afore in bis bot Declination
Shone as the burned gold, with streames bright,
Bat now in Capricome adowne he Ught:
Whereas he shone fall pale, I dare well seyne,
The bitter frostes with the sleet and raine
Destroyed hath the greene in every yerd:
Janas sitteth by the fire with double berd,
And drinketh of bis Bagle-horn the wine,
Before him standeth the Brawne of the tasked swine (s. 336).
Hierzu vergleiche man Chaucer F 1243 — 1254. Die geringen
abweichungen dieser verse von ihrem original — afore in
zeile 4 ist jedenfalls aus metrischen gründen eingeschoben — ,
sind wohl daraus zu erklären, dass Dekker einen schlechten
») The Dramatic Works of Thomas Dekker (ed. by R. H. Shepherd);
in Pearson's Beprint, 4 vols, London 1873.
«) cf. Ward bd. n s. 469; Fleay bd. I s. 131 n. n s. 270; Pearson's
Reprint bd. ü.
») cf. Ward bd. II s. 466; Fleay bd. I s. 136 n. 112; Pearson's Re-
print bd. rv.
*) The Non-Dramatic Works of Thomas Dekker ed. by Alex. B. Grosart,
Hnth Library, 4 yols, London 1885 ; bd. HL
74 OTTO BALLMANN,
druck von Chaucers werken benützte. — Der Vollständigkeit
halber möge hier noch eine stelle aus Dekkers schrift „ A Rod
for Run-awayes" (1625, bei Grosart bd. IV) platz finden.
Daselbst will Dekker eine erzählung geben, die wahrer sein
soll, als diejenigen Chaucers: Ä Kentish Tale, but truer than
those of Clmucer (s. 302).
B.
Thomas Middleton.
c. 1570 — 1627.
Auch in dieses dichters „romantischen" dramen^ finden
sich vereinzelte spuren der nachwirkung Chaucers. Die an-
spielungen haben keinen einfluss auf die handlung der stücke
und sind an sich verständlich:
„The Old Law« (aufgeführt c. 1599, gedruckt 1656):«)
Simonides: Be of comfort lady;
Yon shaU no longer bosom January
For that I wiU take order, and proyide
For you a lusty ApriL
Eugenia: The month that ought, indeed,
To go before May. (Act 5 sc. 1 s. 218.)
In „The Family of Love" (aufgeführt 1607 , gedruckt
1608)3) sagt Gerardine zu Maria:
Hear me exemplify love's Latin word
Together with thyself:
As thus: — hearts join^d, Amore: take A from thence
Then more is the perfect moral sense,
Phiral in manners, which in thee do shine
Saint-like, immortal, spotless and divine:
Take M away, ore in beauty*s name
Craves an eternal trophy to thy fame;
Lastly, take 0, in re Stands all my rest,
Which I, in Chaucerstyle, do term a jest;
(Actm sc. 1 V. 46ff.)
eine der damals auch nicht seltenen unschmeichelhaften er-
wähnungen des dichters, dessen stil und witz den feinen lesem
zu derb waren.
») The Works of Thomas Middleton ed. by A. H. BuUen. In 8 vols.
London 1885.
») cf. Ward bd. U s. 501; Fleay bd. 11 s. 90; BuUen 1. c. bd. IL
») cf. Ward bd. U s. 517; Fleay bd. H s. 94; Bullen bd. UL
CHAUCEBS EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 75
„No Wit, no Help like a Woman's" (aufgeführt 1613,
gedruckt 1657).*) Lady Goldenfleece spricht: Thus it is siill,
wlien a man^s simple meaning lights among wantons: how many
honest words have suifered corruptton since Chaucer's days!
a virgin would speak those words then, that a very midtvife
tvould hlush io hear now, if she have so much blood left to
mdice up an ounce of grace (act IL sc. 1 zeile 79).
In 9^ore Dissemblers besides Women^^ (aufgeführt
1622, gedruckt 1657),^) warnt Dondolo den schönen pagen
seines herm eindringlich vor dem lügen, da er sonst plötzlich
zur strafe seine spräche verlieren könnte und fügt bei: 'Tis
not good io jest, as old Chaucer was wont to say, that broad
famous English poet (act I sc. 4 zeile 36). Ich habe weder
einen derartigen ausspruch in Chaucer zu finden vermocht,
noch eine stelle, auf welche er sich beziehen könnte. — Be-
merkt sei noch, dass ein von der herzogin gebrauchtes bild
stark an eine Chaucer-stelle erinnert: Act 1 sc. 3 v. 55:
.... The World shall witness,
That, like the snn, my constancy can look
On earth's corrnptions, and shine clear itself,
cf. Chaucer, Persones Tale I § 76, 910: But though that holy
writ speke of horrible sinne, certes, holy writ may nat been
defouled, na-more than the sonne that shyneth on Üie mixen,
9,Women beware Women" (gedruckt 1657). ») Nach
Ward (a. a. o.) hat Charles Lamb in der hofdame Silvia ähn-
lichkeit mit Chaucers „Wyf of Bathe" konstatieren wollen.
Doch wenn sich überhaupt eine ähnlichkeit zwischen beiden
auffinden lässt, so ist sie jedenfalls nur äusserst gering. Die
kupplerin Livia, die ihre band zu den unsaubersten geschäften
herleiht, die selbst vor den grössten verbrechen gegen ihre
eigenen blutsverwandten nicht zurückschreckt, lässt sich keines-
wegs mit der frau von Bath vergleichen. Und dass eine ähn-
lichkeit von dem dichter auch nicht beabsichtigt war, zeigen
Livias worte:
I'ye bnried my two husbands in good fashion
And neyer mean more to marry.
0 cf. Ward bd. n ß. 523 ; Fleay bd. n b. 96 ; Bullen bd. IV.
«) cf . Ward bd. H s. 507 ; Fleay bd. n b. 103 ; Bulle bd. VI.
») cf. Ward bd. H b. 513; Fleay bd. H s. 97; Bullen bd. VI.
76 OTTO BALLMANN,
Ist es doch der hervorstechendste zug im Charakter der frau
von Bath, dass sie bis an ihr lebensende nie ohne einen
gatten sein wül.
John Webster.
(1580? -1625?)
Webster, den man zu den bedeutendsten dramatikem
seiner zeit rechnet, zeigt keinerlei einfluss von Chaucer. Denn
abgesehen von einer rühmenden erwähnung desselben in einem
gedieht der ,,Slonainent8 of Honor^^ (gedruckt 1624) :i)
Beneath these, five learn'd poets, worthy men
Who do etemise brave acta by their pen,
Chaucer, Gower, Lidgate, More, and for our time
Sir Philip Sidney, glory of our clime .... (1. c. s. 237)
Hesse sich höchstens der ausdruck: ihe builder oak in ^^The
White Devil, or Vittorla Coromba*^ (aufgeführt 1607/8,
gedruckt 1612)2) auf Chaucer zurückführen, der diesen aus-
druck geprägt hat:
The bilder ook, and eek the hardy asshe
(The Parlement of Fonleg v. 176).
Doch ist dabei zu berücksichtigen, dass auch Spenser denselben
ausdruck in seiner „Fairy Queen" (1 1, 8) bringt, so dass nicht
entschieden werden kann, ob Webster die betreffende Wendung
direkt aus Chaucer oder durch die vermittelung Spensers über-
nommen hat. Erwähnt sei noch, dass Webster in seiner tra-
gödie ,^Appiu8 and Virginia" (gedruckt 1054) ») einen stoff
behandelte, der uns aus Chaucers „Phisiciens Tale" bekannt
ist. Dass jedoch Chaucer nicht als quelle für Websters drama
gedient hat, ist schon längst festgestellt. Webster geht auf
die fünfte novelle des ersten bandes von William iPainter's
„Palace of Pleasure" (1594) zurück, welche eine Übersetzung
aus Livius darstellt.^)
1) cf. Fleay bd. 11 s. 273. Ausgabe: The Dramatic Works of John
Webster ed. by William Hazlitt, 4 vols. London 1857 ; bd. III.
«) cf . Ward bd. m s. 56 ; Fleay bd. U s. 281 ; HazUtt bd. H s. 52 anm. 2.
») cf . Ward bd. m s. 62 ; Fleay bd. H s. 272.
*) cf. Otto Rumbanr : Die Geschichte von Appins nnd Virginia in der
englischen Litterator. Diss. Breslau 1890. S. 28 f.
CHAUCER8 EINFLUSS AUF DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 77
Thomas Heywood.
(c. 1575 — c. 1650.)
Eine offenbare anspielung auf Chaucers „Nonne Prestes
Tale** enthält das drama „Fortune by Land and Sea" (auf-
geführt zwischen 1607—9, gedruckt 1655).») Daselbst heisst
es act m sc. 1 (s. 393) :
Clown : We are going, as they sag, to remove, or according
to the vulgär, to mdke clean, where Chanticlere and Damepartlet
tlie kenne have had some doings.
An einer stelle (act 11 s. 39) des „English Traveller"
(entstanden c. 1627, gedruckt 1633)^) könnte Heywood an die-
selbe Canterbury-erzählung gedacht haben. Bei Chaucer er-
zählt Chauntecleer zur bekräf tigung seiner ansieht, dass träume
viel zu bedeuten haben, seiner Dame Pertelot eine wohl ver-
bürgte geschichte, in welcher der geist eines ermordeten, über
und über mit wunden bedeckt, seinen gefährten im schlafe
heimsucht, den hauswirt des mordes und rauhes zeiht und
sühne heischt. Im drama bedient sich der parasitical serving-
man Reignald, um seinen heimgekehrten herrn von dem ein-
tritt in das übel verwaltete haus abzuhalten, der lüge, dass
der geist eines ermordeten darin umgehe, der seinen söhn in
der letzten nacht mit von wunden entstelltem leib heimgesucht
und den früheren besitzer des hauses des mordes und rauhes
beschuldigt habe. Der gedanke an Chaucer liegt hier nahe,
doch erinnert die ganze Situation viel mehr an die „Mostellaria"
des Plautus und an Ben Jonsons Wiederholung dieses motivs
im „ Alchemist" (cf. Koeppel I s. 12 f.).
John Marston.
(1576—1634.)
Nur in eines seiner dramen hat Marston eine anspielung
auf Chaucer eingeflochten, in die komödie „The Malcontent"
(aufgeführt 1601, gedruckt 1604) :3) Malevolo fragt Bianca:
And how does Janivere, thy hushand, my Utile peritvinJde (act I
>) cf. Ward bd. U b. 569; Fleay bd. I s. 294; ausgäbe: The Dramatic
Works of Thomas Heywood, m Pearson^s Beprint. Jn 6 vols. London
1874; bd. VI.
«) cf. Ward bd. 11 s. 565; Fleay bd. I s. 297; Pearson's Reprint, bd. IV.
») cf. Ward bd. n s. 483 ; Fleay bd. n s. 78. Ausgabe : The Works of
John Marston ed. by A. H. BoUen. In 3 vols. London 1887; bd. I.
78 OTTO BALLMANN,
SC. 2 s. 238). Auch eine seiner Satiren ') enthält eine stelle,
welche man auf Chaucers „Nonne Prestes Tale" deuten kann :
Poor Gallos now (whilom to Mars so dear)
Is tnmed to a crowing Chaunticlere.
Aber die wichtigste auslassung Marstons über Chaucer steht in
dem prosavorwort zu „TheScourge of Villainy"*): Persius
is crabby, because ancient and his jerkes dusky, Juvenal seems
to our judgement gloomy. Yet both of them go a good seemly
pace, not shumbling and shuffling, Chaucer is hard even
to our understandings : who knows not tlie reason? In-
dem Marston hier Chaucer neben Persius und Juvenal stellt,
legt er, seiner eigenen Veranlagung gemäss, das hauptgewicht
auf die satirischen elemente in Chaucers werken. Ein gewisses
recht dazu kann man ihm nicht absprechen ; und wenn er sein
bedauern über die erschwerte Verständlichkeit Chaucers, deren
grund er jedenfalls in dessen veralteter spräche sieht, in seinen
Worten durchblicken lässt, so thut er es wohl im hinblick
darauf, dass die feine satire Chaucers im prolog und in einigen
der Canterbury-geschichten noch ebenso gut auf die Verhält-
nisse um 1600, als um 1400 passte.
Robert Greene.
(1560—1592.)
Als dramatiker kann der vielseitige Greene hier nicht
unmittelbar in betracht kommen, da seine dramen keinen
Chaucer-einfluss aufweisen. Seine prosaschriften *) zeigen je-
doch, dass auch er seinen tribut an Chaucer entrichtet hat,
weshalb die bezüglichen stellen zur Vervollständigung des ge-
samtbildes hier ihren platz finden.
Eine geringschätzige beziehung auf die „Canterbury Tales"
ist in der „Arcadia" zu finden (1. c, bd. VI s. 86): Whosoever,
Samela, descanted of that love, tolde you a Canterbury Tale — ;
doch ist dies nicht etwa als ein urteil Greenes über die
„Canterbury Tales" im allgemeinen anzusehen (cf. unten).
1) Bullen 1. c. bd. IE sat. V v. 127.
«) Bullen 1. c. bd. m s. 305.
') cf.: The Life and Complete Works in Prose and Verse of Bobert
Greene, ed. by Alex. B. Grosart. In 12 yols. (Huth Library); London 1881—66.
CHAUCERS EINFLUSS AUF DAS EKaLISCHB DBAMA ETC. 79
Etwas unklar ist die stelle in „Concordia or the Royall
Exchange" (bd. VII s. 321):
„Olde men (saifh Sir Jeffrie Chaucer) are then in their
right vaine, when they have In diebus Ulis in their mouth:
telling what passed long agoe, what warres they have seene,
what charitie, what cheapenes of victuals, always blaming the
time present, though never so fruitful" — Einen solchen aus-
spruch habe ich in Chaucer nicht zu finden vermocht. Greene
scheint es aber damit auch nicht so genau zu nehmen, da er
in seiner „Vision" dasselbe auch in bezug auf Chaucer und
Gower sagt. In der beschreibung der beiden alten dichter
heisst es hier: In diebus Ulis hung upon their garments
(bd. Xn s. 209). Der ausdruck gilt allgemein für alle die-
jenigen, welche gern von alten verflossenen zeiten reden, und
kann demnach ebenso gut auf Chaucer und Gower, wie auf
obige olde men passen ; nur hat sich Greene die grosse freiheit
genommen, seine worte Chaucer selbst in den mund zu legen.
Für sich verständlich ist die stelle in „A Quippe for an
üpstart Courtier" (bd. XI s. 255): For the sumner it
bootes me to say little more against him, than Chaucer did
in his Canterbury taUs, who said he was a knave, a briber,
and a bawd : but leaving that authority, although it be authen-
ticall, yet etc. ; cf. Chaucer A 623 ff.
Von grossem Interesse ist uns Greenes „Vision" (bd. XII
s. 187 ff.). Chaucer spielt darin neben Gower die hauptrolle
und ist mit sehr charakteristischen zügen, wenn auch einseitig,
gezeichnet Von tiefster reue über seine love-pamphlets er-
griffen und doch wieder im zweifei, ob er nicht recht daran
that, sie zu schreiben, lässt Greene sich Chaucer und Gower
im träume erscheinen und seine zweifei lösen. Die wirkungs-
volle gegenüberstellung von merry Chaucer und moral Gower,
von denen ersterer Greenes Schriften verteidigt und durch
hinweis auf den rühm Ovids und den seiner eigenen Schriften
zu rechtfertigen sucht, letzterer dagegen sie als verderblich
für die leser und trotz der guten lehren, die daraus zu ziehen
seien, als unmoralisch verwirft, findet ihren höhepunkt in den
beiden erzählungen, welche Chaucer und Gower vortragen.
Beide wollen, jeder in seiner weise, die unvemünftigkeit der
eifersucht und ihre schlimmen folgen an einem beispiel be-
weisen, und aus der Wirkung der erzählung soll die über-
80 OTTO BALLMAKN,
legenheit der einen darstellungsart über die andere sich er-
geben, und danach Greenes schritten beurteilt werden. Greene
giebt schliesslich Gowei* den Vorzug; der überdruss an seinem
unstäten zügellosen leben und die ernste absieht, ein neues,
würdigeres leben zu beginnen, lassen diese entscheidung er-
klärlich erscheinen. Und doch ist nach Greenes darsteUung
die dichterische Überlegenheit Chaucers über Gower zweifellos.
Gowers erzählung, durch moralische betrachtungen übermässig
in die länge gezogen, lässt reinen poetischen genuss nicht auf-
kommen und muss unbedingt abfallen gegen die Chaucer in
den mund gelegte geschichte. Diese bietet in ihrer anschau-
lichen darstellung, in der künstlerisch bemessenen ausdehnung,
in dem lebendigen fluss der handlung und in ihrem drastischen
ende ein meisterstück der nachahmung von Chaucers erzäh-
lungskunst. Die geschichte von Tomkins und Kate soll
gleichsam den abschluss der bisherigen richtung von Greenes
schriftstellerischer thätigkeit bilden, einer richtung, welche
Greene nur ganz allgemein und, aus rücksicht auf den be-
sonderen zweck seiner „Vision", mit starker betonung des
erotischen Clements, als diejenige Chaucers bezeichnen konnte :
„For now I perceive, Father Chaucer, that 1 followed too long
your pleasant vaine in penning such Amourous writings^
(s. 272). — Einseitig nannte ich oben die Zeichnung von
Chaucers dichterpersönlichkeit aus dem gründe, weil uns aus
der „Vision" eine auffassung von ihm entgegentritt, die ihn
eigentlich nur noch als dichter von liebesgeschichten gelten
lässt.
Thomas Nashe.
1567-1601.
Was für Greene galt, gilt auch für Nashe: seine dramen
zeigen keinen Chaucer- einfluss, wohl aber seine prosaschriften,
welche verschiedene bemerkungen über Chaucer enthalten.*)
In „Pierce Penilesse" spricht Nashe zuerst allgemein
über das verdienst der dichter als sprachreiniger, als mahner
zur tugend und warner vor dem laster ; dann, nach rühmender
erwähnung von Sir Phillip Sidney, Sir Nicholas Bacon, Sir
*) The Complete Works of Thomas Nashe ed. by Alex. B. Grosart
In 4 vols. (Huth Library) London 1883/4.
CHAUCERS EINFLUSS kV¥ DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 81
Thomas Moore als the chief pillers of our English speech,
fährt er fort: „Not so much hut Chaucer's host,- Baly in
Southwarke, and his wife of Bath, he keeps such a stirre with,
in his Canterbury tales, shalhe taikt of whilst tlie Bath is used,
or tlhere he ever a bad Iwuse in Southwarke (1. c. bd. II s. 62).
Gegen Gabriel Harvey's Chaucerisms richtet Nashe seine
spitzigen spottpfeile mehr als einmal. In der Epistle Dedica-
tory zu „Strange News of the Intercepting certaine
Letters" heisst es z. b.: / am holde instead of new unne,
to carouse to you a cuppe of newes : which if your worship
(according to your wonted Chaucerisme) shäll accept in good
part (bd. II s. 180).
Ebenso geisselt Nashe Harveys sucht nach lateinischen
und französischen fremdwörtern , wobei er Chaucer ausdrück-
lich in schütz nimmt, dessen autorität gewöhnlich als deck-
mantel für solchen missbrauch dienen musste: Chaucer' s
authoritie, I am certaine, shalhe alleadgd against me for many
of tliese balduchems, Had Chaucer liv'd to this age, I am
verily persuaded hee would have discarded the tone hälfe of
the harsher sort of them .... Art like young grosse in the
spring of Chaucer' s florishing was glad to peepe up through
any slime of corruption („Four Letters Confuted", bd. II s.263).
Aus „Nashe's Leuten Stuffe" bleibt noch eine stelle
zu erwähnen: „Had I my topickes hy me instead ofmy learned
counsell to a>ssist me, I might haps marshall my termes in
better aray, and bestow such costly coquery on this Marine
magnifico oä you would preferre him before tart and galin-
gale, whicJi Chaucer praeheminentest encomionizeth above all
iunqueteries or confectionaries what soever,^ (Bd. V s. 233).
Dies bezieht sich auf Chaucers verse:
A 379 : A Cook they hadde with hem for the nones,
To hoille the chiknes with the mary-bones,
And pondre-marchant tart, and galingale.
Freilich hat Nashe irrtümlich Chaucers tart als substantivum
verstanden, statt als adjektivum (== scharf, beissend), ein
Irrtum, welcher die früher erwähnten bemerkungen anderer
dichter über die erschwerte Verständlichkeit Chaucers bestätigt.
Ein kurzer rfickblick auf das gesagte zeigt uns, dass im
laufe unserer Untersuchung alle grösseren werke Chaucers er-
AngUa. N.F. XIII. 6
82 OTTO BALLMANK,
wähnung finden mussten', und dass selbst von seinen kurzen
gedichten zwei zu nennen waren. Der grösste einfluss ging
naturgemäss von den „Canterbury Tales" aus; inhaltlich am
meisten benutzt wurde „Troilus and Criseyde". Wenn die
stofflichen entlehnungen der dramatiker aus Chaucer der zahl
nach gering ei'scheinen gegenüber den zahlreichen wörtlichen
entlehnungen und anspielungen auf ihn und seine werke, so
düi-fte diese thatsache daraus zu erklären sein, dass Chaucer
in den letzten Jahrzehnten des 16. und in der ersten hälfte
des 17. Jahrhunderts allgemein bekannt und im geiste der zeit
lebendig war. Ein drama, dessen handlung aus Chaucer
stammte, konnte daher wenig neues Interesse mehr erwecken.
Andrerseits aber beweist die beträchtliche zahl der dramatiker
und dramen, welche ihrer Chaucer -beziehungen wegen be-
sprochen wurden, die echte Volkstümlichkeit Chaucei*s und die
hohe Wertschätzung seiner persönlichkeit als dichter in jener
zeit. Die erwähnung seines namens und die citate aus seinen
werken hatten ja nur da sinn, wo sie vor einem verständnis-
vollen Publikum geschahen, und sie würden sich nicht so
häufig wiederholt haben, hätten sie nicht die gunst des Publi-
kums gefunden. — Aber diese gunst für Chaucer war keine
ganz allgemeine. Es machte sich damals bereits eine richtung
gegen Chaucer geltend — wir hatten schon oben gelegenheit
darauf hinzuweisen — , welche ihm seine lockeren erzählungen
verargte und deshalb ihm den sittlichen ernst überhaupt ab-
sprach. Eine zeitgenössische darstellung dieser Chaucer feind-
lichen partei haben wir in der besprochenen „Vision" von
Robert Greene zu sehen. Ihr Vertreter Gower veinirteilt mit
aller härte die in Chaucer's pleasant vaine geschriebenen werke
des Robert Greene. Um seiner fiktion möglichst viel Wahr-
scheinlichkeit zu verleihen, musste Greene in seiner „Vision"
Chaucer und Gower, die richter über seine Schriften, in dem
lichte darstellen, in welchem seine zeit sie sah. In der Schil-
derung der beiden spiegelt sich also weniger Greenes sub-
jektive anschauung, als vielmehr die allgemeine auffassung
jener zeit wieder; und so dürfen wir in der meinung, welche
Greenes Gower von Chaucer hat, die meinung der erwähnten
Chaucer-feindlichen partei erblicken. Wie diese über Chaucer
dachte, wird uns durch einige worte aus Gowers mund ver-
deutlicht: But my maister Chaucer brings in his workes for
CHAUCEBS EINFLUSS AUE DAS ENGLISCHE DBAMA ETC. 83
an instance, {hat as his, so thine [Greene's] shdlbe famoused:
HO, it is not a promise to conclude upon : for nten honor his
more for the antiquity of the verse, the english andprose, than
for any deejye love to the matter : for proofe marke how they
weare out of t^e (s. 218). Ob diese Chaucer missgünstige
partei oder die ihm günstig» gesinnte das übergewicht hatte,
lässt sich nicht sagen; die angeführten dramatischen belege
beweisen jedenfalls, dass man sich noch in weiten kreisen mit
ihm und seinen werken beschäftigte. Konnte doch Francis
Meres in „Wits Treasury" ihm das überschwängliche lob
zollen : Äs Home^- is reputed the Prince of GreeJc Poets, and
Petrarch of Italian Poets: so Chaucer is accounted the
God of English Poets — ein lob, welches als urteil von
allgemeiner gültigkeit ausgesprochen ist. 9
Tabelle der anspielangen auf Chaacer
und seine werke.
I. Canterbury Tales.
1. Im allgemeinen:
Shakespeare, Lucretia s. 13.
Dekker, Northward Hoe s. 73.
„ A Rod for Run-awayes s. 74.
Cartwright, The Ordinary s. G3 ff.
Greene, Arcadia s. 78 f.
2. Prolog:
Ben JoDBon, Bartholomew Fair s. 21.
„ Magnetic Lady s. 21 u. 24 f.
„ New Inn b. 23.
„ The Sad Shepherd s. 25 f.
Greene, A Quippe for an Upstart Courtier b. 79.
Nashe, Lenten Stuffe s. 81.
3. Knightes Tale:
Rieh. Edwards, Palamon and Arcite s. 3.
Shakespeare, Mids. Night's Dream s. 5 ff.
„ Love's Laboor Lost s. 13.
„ The Passionate Piigrim s. 13.
„The Two Noble Kinsmen" s. 36 ff.
*) cf. Shakspere Allusion-Books, Part I s. 156 ; New Shakspere-Society
Series IV no. 1. London 1874.
6*
84 OTTO BALLMANN,
4. Reves Prologue:
Retnrn from Pamassns IL s. 48.
5. Nonne Prestes Tale:
Shakespeare, Tempest s. 13.
„ As you Like it s. 13.
„ Winter's Tale s. 14.
„ Henry IV. s. 14.
Thom. Heywood, Fortnne by Land and Sea s. 77.
„ The English TraveUer s. 77.
John Marston, The Malcontent s. 78.
6. Phisiciens Tale:
„TragicallComedie of Apins and Virginia" by R.B. 8.4.
7. Wyf of Bathe:
a) Prologue : „Every Woman in her Humour" s. 57 f.
b) Tale : Shakespeare : Richard IL s. 11.
Beaumont and Fletcher, Women Pleased s. 31 flf.
8. Clerkes Tale:
Dekker, Patient Grissill s. 66 ff.
9. Marchantes Tale:
Marmion, The Antiquary s. 56 ff.
Beaumont and Fletcher, AVit without Money s. 31.
„ Woman's Prize s. 35 f.
Middleton, The Old Law s. 74.
Marston, The Malcontent s. 77.
Dekker, The Wonder of a Kingdom s. 73.
10. Frankeleyns Tale:
Beaumont and Fletcher, Four Plays in One s. 29/30.
Dekker, A Strange Horse-Eace s. 73.
11. Chanaunes Yemannes Tale:
Ben Jonson, The Alchemist s. 16 ff.
12. Persones Tale:
Middleton, More Dissemblers besides Women s. 75.
IL Troilus and Criseyde:
Nicol. Grimoald s. 3.
Shakespeare, Troilus and Cressida s. 9 f.
„ Merchant of Venice s. 12 f.
Ben Jonson, New Inn s. 23.
Will. Cartwright, The Ordinary s. 65.
George Chapman, May-Day s. 48/49.
„Retom from Pamassns'' I. s. 45 f.
„Sir Giles Goosecappe*' s. 49 ff.
CHAUCERS EINIiliüSS AUP DAS ENGLISCHE DRAMA ETC. 85
in. House of Farne:
Ben Jonson, The Staple of News b. 21 ff.
„ Masque of Queens s. 26 ff.
„ w of News from the New World s. 28.
„Retarn from Pamassus" I. s. 45 ; ü. s. 47.
Marmion, The Antiquary s. 63 f.
IV. Legend of Good Women:
Shakespeare, Mids. Night's Dream s. 8.
„ EApe of Lucrece s. 10.
Beaumont and Fletcher, The Lover's Progress s. 35.
V. Parliament of Foules-
John Wehster, The White Devil s. 76.
VI. Ballade de bon Conseil:
Beaumont and Fletcher, The Coxcomh s. 31.
VII. Apostrophe an den Schreiber:
Jonson, Bartholomew Fair s. 21.
VIII. Romaunt of the Rose:
Will. Cartwright, The Ordinary s. 66.
IX. Boethius „ „ s. 65.
X. Chaucer als Persönlichkeit:
Ben Jonson, Grammar s. 14 f.
Beaumont and Fletcher, The Faithful Shepherdess s. 30 f.
Retum from Pamassus I. s. 47 ; ü. s. 47.
Middleton, The Family of Love s. 74.
„ No Wit (Help) like a Woman's s. 75.
„ More Dissemhlers hesides Women s. 75.
Wehster, Monuments of Honour s. 76.
Marston, The Scourge of Villainy s. 78.
Greene, Concordia s. 79.
„ Vision s. 79 f. und s. 82.
Nash, Pierce Pennyless s. 80.
„ Strange News of the Intercepting certain Letten s. 81.
„ Four Letters Confuted s. 81.
Strassbürg. Otto Ballmann.
APHRA BEHNS
GEDICHTE UND PROSAWERKE.
I. Einleitnng.
Aphra Behn lebte in einer zeit, die zwar eine der inter-
essantesten Perioden der englischen kultur ist, die aber durch
ihre schreckliche Sittenverderbnis in einen üblen ruf gekommen
ist Wenn nun gar noch das leben und die werke einer frau,
die ein echtes kind dieser zeit war, einer näheren Untersuchung
unterzogen werden, so mag dies sehr gewagt erscheinen.
Aphra Behn gilt für viele nur als die „übelberüchtigte".
Hettner kennzeichnet sie als verderblich wirkende Schrift-
stellerin und hat kein wort für OroonokoJ) Ward ist zwar
fast noch mehr sittlich entrüstet über sie als Hettner ; er weist
aber wenigstens auf den Oroonoko als „good in many respects"
hin. 2) Aber mit solchen urteilen kann man doch eine Schrift-
stellerin von der bedeutung Aphra Behns nicht abthun. Schon
die thatsache, dass sie diejenige gewesen ist, welche der er-
zählungslitteratur wieder zu grösserer bedeutung verhalf und
ge Wissermassen das bindeglied zwischen dem 17. und 18. Jahr-
hundert in bezug auf die erzählungslitteratur ist, lässt es als
notwendig erscheinen, ihre bedeutung für das genannte litte-
rarische gebiet einmal näher zu untersuchen. Dass Aphra
Behn grössere bedeutung auf dem gebiete der erzählenden
als auf demjenigen der dramatischen litteratur besitzt, darauf
weist Wülker in seiner englischen litteraturgeschichte hin.')
Seitdem haben auch andere litterarhistoriker die bedeutung
Aphra Behns als novellistin betont, so vor allem Rudolf Fürst, ^)
*) Hettner, a. a. o. p. 120. *) Ward, a. a. o. p. 570.
3) Wülker, a. a. o. p. 358. ^ Fürst, a. a. o. an yerschiedenen stellen.
P. SIEOEL, APHRA BEHN8 GEDICHTE UND PB08AWERKE. 87
L. Gross 0 etc. — Das leben Aphra Behns bietet des inter-
essanten soviel, dass eine kurze biographie als zweckmässig
erscheint.
IL Aphra Behns leben und werke.
So allgemein bekannt wie Aphra 2) Behn zu ihrer zeit
war, so wenig sind uns wirkliche thatsachen aus ihrem leben
überliefert. Die biographie von einer ihrer freundinnen 3)
enthält nur wenig positives und lässt uns schon bald im stich.
Andere biographische werke wiederholen in der hauptsache
niu' das, was in dieser biographie steht. Wir haben uns also
in der hauptsache an letztere zu halten.
Ueber die vorfahren Aphra Behns wird nur gesagt, dass
der vater Johnson hiess und in engen beziehungen zu Lord
Willoughby gestanden habe. 4) Es ist nicht ganz sicher fest-
gestellt, wann und wo Aphra Behn geboren wurde. Die
biographie sagt nur, dass „Astrea (der dichtemame A. B.s)
was a Gentlewoman by Birth, of a good Family in the City
of Canterbury in Kent."^) Dagegen nimmt E. Gosse ^) an,
dass Aphra im jähre 1640 in dem orte Wye in Kent geboren
sei. Er stützt sich dabei auf eine handschriftliche notiz der
Lady Winchilsea in einem in seinem besitze befindlichen buche.
Diese notiz gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass, wie
E. Gosse mitteilt, in dem taufregister von Wye die taufe eines
mädchens Ayfara, der tochter des John und der Any Johnson,
aufgezeichnet ist und zwar am 10. Juli 1640. Lady Winchilsea ')
giebt ausserdem noch an, dass John Johnson ein barbier ge-
wesen sei. Wie er aber als einfacher barbier in so nahe
beziehungen zu Lord Willoughby gekommen sein und die
hohe Stellung eines gouverneurs von kolonien erreicht haben
sollte, ist nicht recht klar. E. Gosse ^) sagt nur, dass dieser
bekannte und freund Willoughby's ein verwandter Aphras
gewesen sei, den sie vater genannt habe. Liegt so schon auf
*) Gross, a. a. 0. an verschiedenen steUen.
•) Der name kommt in den formen Afra, Aphra, Aphara, Ayfara vor.
') The Hißtory of the Life and Memoirs of Mrs. Behn. Written by
one of the fair Sex. Works V, 1 ff. (abgekürzt : L. and M.).
*) L. and M. p. 2. ») L. and M. p. 2. •) E. Gosse im D. N. B.
'') E. Gosse a. a. 0. <>) E. Gosse a. a. 0.
88 P. SIEGEL,
der herkunft unserer Schriftstellerin ein gewisses abenteuer-
liches dunkel, so ist ihr lebenslauf erst recht abenteuerlich.
Ihr vater oder verwandter wurde von Lord Willoughby zum
generallieutenant über sechsunddreissig inseln in der nähe von
Surinam in Südamerika ernannt.') Surinam ist die heutige
holländische kolonie Guyana im nordosten von Südamerika;
sie wird durchflössen von dem flusse Surinam, an dessen
mündung die bekannte Stadt Paramaribo liegt. Die besiedelung
einiger der inseln, die unter dem namen Westindien bekannt
sind, erfolgte durch Lord Francis Willoughby zu anfang der
fünfziger jähre des 17. Jahrhunderts. Willoughby kam am
2. April 1650 nach der insel Barbados. 2) Die famüie Johnson
kann also nicht vor 1650 nach der neuen weit übergesiedelt
sein, sodass Aphra noch in sehr jugendlichem alter stand.
Daher mag die biographin in ihrer begeisterung für ihre
freundin übertrieben haben, wenn sie erzählt, Aphra habe bei
ihrer abreise viele betrübte freundinnen und anbeter mit
„gebrochenen herzen" zurückgelassen. '0 Der neuernannte
generallieutenant erreichte den ort seiner künftigen Wirksam-
keit nicht, sondern starb wähi-end der reise. Trotzdem setzte
seine familie die reise foit und liess sich in Surinam nieder.^)
Aphra giebt uns selbst eine beschreibung ihres Wohnsitzes, die
wegen ihrer anschaulichkeit hier wiedergegeben seL^)
As soon as I came iuto the Country, tbe best House in it was
presented me, caird St. John's Hill: It stood on a vast Rock of white
Marble, at the Foot of which, the River ran a yast Depth down, and
not to be descended on that Side; the little Waves stiU dashing and
washing the Foot of this Rock, made the softest Mnrmurs and Tnrliu^
in the World ; and the opposite Bank was adom'd with such yast Quantities
of different Flowers etemally blowing, and every Day and Honr new,
fenc'd behind'em with lofty Trees of a thousand rare Forms and Coloors,
that the Prospect was the most ravishing that Fancy can create. On
the Edge of this white Rock, towards the River, was a Walk, or Grove,
of Orange and Lemou-Trees , about half the Length of the MaU') here
whose flowery and Frnit-bearing Branches met at the Top, and hindernd
the Sun, whose Rays are very fierce there, from entring a Beam into
the Grove; and the cool Air that came from the River, made it not only
») Oroonoko, works V, p. 152.
») D. N. B. sub Francis Willoughby und Humphrey Walrond.
«) L. and M. p. 3. *) Oroonoko, works V, p. 154.
*) Oroonoko, works V, p. 154—156.
«) In St. James's Park (Biogr. Brit.).
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 89
fit to entertain People in, at all the hottest Honrs of the Day, bnt refresh
the sweet Blossoms, and made it always Bweet and charming; and sure,
the whole Globe of the World cannot shew so delightfnl a Place as this
Grove was: Not all the Gardens of boasted Italy can produce a Shade
to out-vie this, which Nature has join'd with Art to render so exceeding
fine; and 'tis a Marvel to see how such vast Trees, as big as English
Oaks, could take Footing on so solid a Rock, and in so little Earth as
cover'd that Rock: But all Things by Nature there are rare, delightful,
and wonderfal.
Während des aufenthaltes in Surinam lernte Aphra den
mann kennen, dessen leben und Schicksale sie in ihrem um-
fangreichsten und besten prosawerk, in „The History of the
Royal Slave", erzählt. Sie berichtet uns in diesem werk,
dass sie mit dem negerhäuptling Oroonoko, dem beiden der
erzählung, in regem verkehr gestanden und dass derselbe sie
„his great Mistress" genannt habe. ^ Infolge der lebhaften
Schilderungen, die die Schriftstellerin von dem neger und ihren
beziehungen zu demselben giebt, entstand das gerücht, Aphra
habe in mehr als freundschaftlichem verkehr mit Oroonoko
gestanden. Die biographin bemüht sich, dieses gerücht zu
widerlegen; sie meint, Aphra hätte ihr einmal nichts davon
mitgeteilt, obgleich sie ihr sonst alle liebesaffären anvertraut
hätte, dann sei Oroonoko von den reizen seiner farbigen ge-
mahlin Imoinda viel zu sehr eingenommen gewesen. 2) An und
für sich ist es durchaus nichts ungewöhnliches, dass weisse
frauen zu männern anderer rassen wirkliche liebe empfinden.
Allein es ist unwahrscheinlich, dass das erwähnte gerücht be-
gründet war. Denn einmal war Aphra noch sehr jung und
kaum schon einer tieferen sinnlichen neigung fähig, dann
entsprach das urbild des negers wohl kaum den romanhaften
Schilderungen, die uns Aphra von ihm giebt.
Der aufenthalt Aphras in Surinam war nur kurz. Sie
kehrte schon mit einem der nächsten schiffe nach England
zurück. 3) Jedoch wird es damals ziemlich lange gedauert
haben, ehe ein schiff aus der weit entfernten kolonie zurück
kam. Ueber England brausten inzwischen die stürme der
restauration. Karl II. stieg auf den thron Englands, der ein
Jahrzehnt hindurch verwaist war. Es war eine bewegte zeit.
0 Oroonoko, works V, p. 149. *) L. and M. p. 4.
') Oroonoko, works V, p. 152.
90 P. SIEOEL,
in der Aphra ihre heimat wiedersah. Sie kam selbst bald in
nähere beziehungen zu dem hofe des „merry king". Es ist
nicht ganz klar, durch wen Aphra an den hof und in die
unmittelbare nähe Karls ü. kam. Cibber^ behauptet ohne
nähere begründung, dass dies durch den holländischen kauf-
mann Beim geschehen sei. Aber sollte nicht schon ihre nahe
bekanntschaft mit Lord Willoughby, der ein anhänger des
königs war, genügt haben? Die beste empfehlung für die
elegante, frivole hofgesesellschaft mögen wohl die Schönheit und
der lebhafte geist Aphras, eigenschaften, die die biographiii
mit rühmen hervorhebt, gewesen sein. Aphra unterhielt den
könig und seine Umgebung mit ihren erlebnissen in Südamerika,
vor allem mit der geschichte Oroonokos, die sie so gut er-
zählte, dass sie der könig zur Veröffentlichung derselben auf-
forderte.^) Inzwischen hatte sich Aphra mit dem oben er-
wähnten Holländer Behn, der sich in London aufhielt, ver-
heiratet. Diese ehe war jedoch nur von kurzer dauer. Nach
den ansichten über die ehe, die sich in den verschiedenen
werken, besonders in den lustspielen, der Schriftstellerin finden,
kann man kaum annehmen, dass Aphra ein musterhaftes zu-
sammenleben mit ihrem gemahl geführt hat. Bei jeder ge-
legenheit wird über die fesseln der ehe gespottet ; betrügerische
und betrogene ehegatten spielen eine hauptroUe in den lust-
spielen. Ganz besonders aber sind das phlegma und die
Schwerfälligkeit der Holländer beliebte gegenstände des spottes
für Aphra Behn, wie wir gelegentlich noch sehen werden.
Die Holländer lernte Aphra noch näher kennen, aber erst
nacli ihrer ehe. Aphra muss sich an dem hofe Karls IL
durch ihren beweglichen geist ausgezeichnet haben, denn der
könig betraute sie mit einem wichtigen diplomatischen auf-
trage in dem kriege mit Holland, der 1667 durch den frieden
von Breda sein ende erreichte. Die junge dame wurde von
Karl 11. nach Antwerpen geschickt, um die kriegspläne der
Holländer zu erforschen. 3) Dies gelang ihr auch sehr gut,
allerdings in einer weise, die charakteristisch für jene sitten-
lose zeit ist und die beweist, dass Aphra durch den einfluss
des englischen hofes zwar eine schlaue diplomatin, aber auch
«) Cibber, a. a. o. p. 18. *) L. and M. p. 5.
') L. and M. p. 5.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PBOSAWERKB. 91
eine weltgewandte, intrigante abenteurerin geworden war.
Ein junger holländischer kaufmann, Van der Albert, hatte
sich bei seinem aufenthalt in London vor dem kriege in die
schöne gattin seines landsmannes Behn verliebt.') Als er
erfuhr, dass Aphra nach Antwerpen gekommen war, eilte er
sogleich in diese Stadt. Die diplomatin benutzte nun die liebe
des jungen mannes, der eine wichtige Stellung in seinem vater-
lande einnahm, um dem bethörten die wichtigsten geheimnisse
zu entlocken. In seiner Verblendung entdeckte er der ge-
liebten frau den kühnen plan der Holländer, die englischen
schiffe in der Themse zu verbrennen. Sofort benachrichtigte
Aphra die londoner regierung von ihrer wichtigen entdeckung.
Allein die regierung, an deren spitze der bekannte minister
Clarendon stand, nahm keine notiz von der mitteilung. Man
lachte über den eifer der diplomatin, die an so abenteuerliche
plane glauben konnte. Einem freunde, der ihr dies mitgeteilt
hatte, schrieb sie folgenden brief, aus welchem hervorgeht,
dass sie eine klare einsieht in die kleinliche, egoistische politik
der leitenden Staatsmänner besass.'-*)
My dear Friend,
Your Hemarks upon my politick Capacity, tho' they are sharp, touch
me not, but recoil on those that have not made Use of the Advautages
they might have drawn from thence, and are donbly to blame : First, In
sending a Person, in whose Ability, Sense, and Veracity, they could not
confide; and next, Not to nnderstand when a Person indifferent teils 'em
a probable Story, and which if it come to pass, would siifficiently punish
their Incredulity; and which, if follow'd, would have put 'em ou their
Guard against a vigilant and industrious Foe, who watch'd every
Opportunity of returning the several Repulses, and Damages, they had
met with of late from them. But I have often observ'd your busy young
Statesmen, so very opinionated of their own Designs, that they are so
far from encouraging those of another, if good, that they cannot forgive
their Proposal, and sacrifice a publick Good to their particular I'ride.
Die strafe folgte denn auch bald diesem leichtsinn der
englischen regierung. Im Juni 1667 segelte eine holländische
flotte unter ihrem kühnen führer de Ruyter in die Themse
und setzte die auf dem ströme befindlichen englischen schiffe
in brand. ^) So war es der unermüdlichen frau nicht gelungen.
») L. and M. p. 7. ') Der brief ist abgedruckt in L. and M. p. 11.
3) 0. Jäger, Weltgesch. m, p. 369.
92 P. SIEGEL,
die gefahr von ihrem vaterlande abzuwenden. Van der Albert
scheint für seinen dienst nicht nach seinem wünsche belohnt
worden zu sein; darauf deuten die folgenden worte in der
biographie: „Astrea could not doubt but Van der Albert had
sufficient Grounds for what he had told her, and scarcely
allow'd that little Time that Albert staid, to the Civilities
due for a Service of that mighty Consequence." 9 Aphra
scheint die liebe des Holländers nur geduldet zu haben, um
diesen auszunutzen; im übrigen behandelte sie ihn als einen
gegenständ ihres spottes, ebenso wie einen seiner verwandten,
namens Van Bruin. Ihr verkehr mit diesen beiden männern
ist ein charakteristischer beweis für ihr abenteuerreiches leben
in Antwerpen. Aphra hat Van der Albert eines abends in
ihre wohnung geladen. Aber sie bleibt nicht selbst zu hause,
sondern schickt eine frühere geliebte Alberts in ihre woh-
nung. Albert bemerkt den betrug erst am nächsten morgen.
Um sich dafür zu rächen, besticht Albert die gesellschafterin
Aphras und legt sich in deren kleidern im Schlafzimmer seiner
angebeteten, die den abend bei „play and mirth" in einer
bekannten kaufmannsfamilie zubringt, nieder. Aphra be-
schliesst bei ihrer heimkehr, ihre alte gesellschafterin dadurch
zu erschrecken, dass sie den jungen mann, der sie nebst seinen
beiden Schwestern nach hause begleitet, allein in ihre wohnung
schickt. Zum grössten erstaunen findet man aber nicht die
alte dame, sondern Van der Albert im bett, der zur strafe für
seine that Aphra die ehe versprechen muss ! Aber schon bald
darauf starb Albert in Amsterdam am fieber während der
Vorbereitungen zur reise nach England. 2)
Das erzählte abenteuer war nicht das einzige, das Aphra
in Antwerpen erlebte. Man musste auch schon in London an
ihre pikanten erlebnisse gewöhnt sein, denn einer ihrer freunde
schreibt ihr, sie solle sich von der politik abkehren und lieber
„divert her Friends with some pleasant Adventures of Ant-
werp, either as to her Lovers or those of any other Lady of
her Acquaintance : that in this she would be more successfnl
than in her Pretences of State, since here she would not fail
of pleasing those she wi'ote to".^) Diesem wünsche ihrer
freunde kam sie denn auch nach. Durch ihren misserfolg
0 L. and M. p. 9. ') L. and M. p. 38. ^) L. and M. p. 10.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 93
entmutigt, gab sie ihre politische thätigkeit auf und beschäf-
tigte sich mit litterarischen dingen ; so sammelte sie in Holland
den Stoff zu einer ihrer gewandtesten erzählungen, zu „Tar-
quin und Miranda", und berichtete ihren freunden in der
heimat über ihre erlebnisse. Von diesen will ich noch eins
hier anführen, da es für den Charakter unserer Schriftstellerin
bezeichnend und für ihre schriftstellerische thätigkeit wichtig
ist. Aphra schildert in ihren briefen aus Antwerpen die
Niederländer als geizige, gewinnsüchtige, hartherzige menschen,
deren sinn nur auf geld und alkohol gerichtet sei. Um so
mehr glaubt sie sich rühmen zu dürfen, dass sie die herzen
zweier dieser geldjäger bezwungen habe, nämlich die Van der
Alberts und Van Bruins. — Letzterer muss eine art bankier
für Aphra gewesen sein, denn er versah sie im auftrage
Alberts mit dem nötigen geld. — Schon nach den ei-sten be-
gegnungen verliebt sich Van Bruin, ein schon bejahrter mann,
in die schöne abenteurerin. Die leidenschaft reisst ihn aus
seinem stumpfen phlegma. Er vei'sucht sogar witzig zu sein
und schreibt an die geliebte frau einen liebesbrief in affek-
tierter, schwülstiger spräche, worin er einen ausführlichen
vergleich zwischen Aphra und einem schiffe macht. Aphra
schreibt in demselben lächerlichen stil eine scheinbare zusage,
worauf Bruin seine Werbungen in ebenso manierierter spräche
mündlich in ihrer wohnung vorbringt, zur grossen belustigung
Aphras. Schliesslich wird ihr die sache zu langweilig; sie
benachrichtigt Van der Albert von dem verliebten treiben
seines verwandten. Wie der alte narr sieht, dass er nur zum
spotte dient, zieht er sich von Antwerpen zurück und lässt
sich dort nicht wieder sehen.
Die gestalt des alten verliebten geizhalses, der zum schluss
der dumme ist, kehrt oft in den werken Aphra Behns wieder;
es haben ihr sicher dabei ihre erlebnisse in den Niederlanden
vor äugen geschwebt. In den briefen macht sich auch schon
das talent für lebhaftes erzählen bemerkbar.
Die erzählten erlebnisse Aphras hatten sich gegen ende
des Jahres 1666 zugetragen. >) Kurz darauf kehrte Aphra
über Ostende und Dünkirchen nach England zurück. Auf der
fahrt über den kanal wurde das schiff von einem stürm über-
*) L. and M. p. 8.
94 P. SIEGEL,
rascht, an die kiiste gesclileudeit und zertrümmert. Die schiff-
brüchigen, unter ihnen Aphra Behn, wurden von küstenbe-
wohnern an das land gerettet.
„Our Astrea arrived safe, tho' tird, to London, from a Voyage that
gain'd her more Reputation than Profit. The rest of her Life was
entirely dedicated to Pleasnre and Poetry; the Snccess in which gain'd
her the Acqnaintauce and Friendship of the most sensible Men of the
Age, and the Love of not a few of different Characters." *)
Von hier an verlässt uns die hauptquelle für Aphra Behns
leben, die biographie. Es werden nur noch acht briefe mit-
geteilt, welche die Schriftstellerin an einen freund, den sie
Lycidas nennt, geschrieben hat.') Nach dem ton der briefe
zu urteilen, scheint mit dem namen Lycidas ein mann aus
höheren kreisen gemeint zu sein, der ihr nicht die gegenliebe
schenkte, die sie erwartete. Die briefe lassen in Aphra Behn
einen leidenschaftlichen, unruhigen Charakter erraten. Sie
nennt sich selbst „a Woman violent in all her Passions",
dann wieder eine „stolze und trotzige" natur. 3) Wie sie
zwischen stolz und liebe kämpft, möge die folgende stelle aus
Letter VII 4) zeigen:
My Soul is ready to burst with Pride and Indignation ; and at the
same Time, Love, with all his Softness, assails me and wiU make me
write: 80 that between one and the other, I can express neither as I
ought. What shall I do to make you know I do not use to condescend
to so much Submission, nor to teil my Heart so freely? Tho' you think
it Use, metliiuks I find my Heart swell with Disdain at this Minute, for
my beilig ready to make Asseveration of the contrary, and to assure you
I do not, nor never did love, or talk at the Rate I do to you, since I
was boru : I say, I would swear this, but something roUs up my Bosom,
and checks my very Thoiight as it rises. You ought, Oh Faithless, and
infiuitely Adorable Lycidas! to know and guess my Tenderness; you
uught to see it grow, and daily increase upon your Hands. 1£ it be
troublesome, 'tis because I fancy you lessen, whilst I increase, in Passion;
or rather, that by your ill Judgment of mine, your never had any in
your Soul for me. Oh unlucky, oh vexatious Thought! Either let me
never see that cliarming Face, or ease my Soul of so tormenting an
Agony, as the cruel Thought of not being belov'd. Why, my lovely
Dear, should I flatter you V Or, why make more AVords of my Tenderness,
1) L. and M. p. 40.
') Love-Letters to a Gentleman. By Mrs. A. Behn. Printed from the
Original Letters. Works V, 54 ff.
•) L. and M. p. 56. *) Works V, 66 f.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWEBKE. 95
than another Woman, that loves as well, would do, as once jou said?
No, you onght rather to believe that I say more, becaose I have more
than any Woman can be capable of: My Soul is form*d of no other
Material than Loye.
Die Love Letters können nicht vor beginn der siebziger
jähre geschrieben sein, denn in dem einen 9 spricht sie davon,
dass sie einen akt aus ihrem neuen stück vorgelesen habe.
Ihr erstes stück wurde aber erst 1671 auf geführt. 2)
Seit ende des Jahres 1666 weilte also Aphra Behn in
London. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sie für ihre der
Politik geleisteten dienste belohnt worden ist, im gegenteil
lachte man nur über sie, wie wir gesehen haben. So musste
sie versuchen, auf eine andere art ihren lebensunterhalt zu
erwerben. Diese reale forderung war jedenfalls der haupt-
anlass zu der schriftstellerischen thätigkeit Aphra Behns.
Langbaine*) berichtet, dass sie selbst der weit bekannt habe,
sie hätte, wenigstens die erste zeit, für brot schreiben müssen.
Dass sie gerade Schriftstellerin wurde, ist bei ihrem lebhaften
temperament sehr begreiflich. Die oben genannte materielle
forderung erklärt auch die ungemeine fruchtbarkeit, die Aphra
Behn im dichten entwickelte; sie verfasste ausser anderen
werken allein siebzehn dramen. Die litterarische Produktion
war besonders auf dem dramatischen gebiete in der restau-
rationszeit ausserordentlich rege. Dichten gehörte in der
feinen gesellschaft zum guten ton. Es gab unter den aristo-
kraten viele dichter, die ohne rücksicht auf pekuniären erfolg
die bühne mit dramen versahen und die nur dichteten, um
sich einen berühmten namen zu erwerben ; z. b. leute wie Sir
G. Etherege, Sedley, Rochester etc. Dadurch thaten sie ihren
ärmeren kollegen, die von dem ertrag ihrer dichterischen er-
zeugnisse leben mussten, in pekuniärer hinsieht grossen ab-
bruch. Ausserdem brachten die aufführungen den dichtem
selten grossen gewinn; denn der autor hatte erst an dem
gewinn der dritten Vorstellung seines dramas anteil.*) Das
Publikum scheint auch nicht gern viel für das theater aus-
gegeben zu haben, denn es begegnen uns in den dramen
Aphra Behns öfter klagen über die geringe teilnähme der
*) Letter VI, works V, p. 63. *) cf. p. 98 f. *) Langbaine, a. a. 0.
*) Be\jame, a. a. 0.
96 P. SIEGEL,
theaterbesucher. *) Die Unterstützung, die man von dem lebens-
lustigen hof erwailen könnte, war, wie wir nach verschie-
denen Zeugnissen wissen, nicht gerade ansehnlich. Nicht einmal
die dichter, die für das königtum eintraten, konnten sich einer
besonderen Unterstützung von selten des hofes rühmen, wie
das beispiel Butlers beweist, der, obgleich er der „lieblings-
dichter Karls IL war, halb verhungert in London starb". 2)
Aphra Behn war also wohl gezwungen, viel zu schreiben, um
etwas zu verdienen. Dass sie bei dieser massenarbeit keine
originalen dramen dichtete, sondern hauptsächlich nur bear-
beitungen von werken der heimischen und ausländischen
litteraturen, ist nicht zu verwundem. Dieses verfahren hatten
schon vor ihr manche dichter eingeschlagen, so Davenant,
Wilson und auch Dryden. 3) Man hielt es also durchaus nicht
für nötig, originale werke zu dichten. Erstens brauchte man
zu viel stücke füi* die Vorstellungen, und dann lebte in dieser
zeit kein genialer dichter, der ähnlich wie Shakespeare
selbständige werke hätte schaffen können. Selbst Dryden
war nur ein dichter zweiten ranges, so sehr er auch von
seinen landsleuten gepriesen wird.
Der Zeitpunkt der ersten dichterischen thätigkeit Aphra
Behns lässt sich nur annähernd feststellen. Nach dem berichte
ihrer biographin dichtete sie schon als kind „the prettiest,
soft, engaging Verses in the World". ^) Von diesen versen
wird wohl wenig oder gar nichts übrig geblieben sein. Die
zeit und gedanken Aphras wurden ja schon in ihrer Jugend
für ganz andere dinge in anspruch genommen, zunächst für
ihre grosse reise über das meer und ihren aufenthalt in
Surinam. Nach ihrer rückkehr nach London muss sich unsere
Schriftstellerin durch ihr erzählertalent ausgezeichnet haben,
wie der erfolg, den sie mit dem bericht ihrer abenteuer in
Surinam bei dem könig erntete, beweist. Ob sie freilich dessen
auff orderung , die geschichte Oroonokos zu veröffentlichen,
sogleich befolgt hat, ist, wie sich später zeigen wird, nicht
wahrscheinlich. Wir können aber annehmen, dass sie nach
der Sitte der feinen gesellschaft, in der sie in London verkehrte,
*) Epiloge zu The Rover, part n, Dntch Lover, The Faign'd Curtesans.
«) WtUker, a. a. 0. p. 346. •) WiÜker, a. a. 0. p. 351 ff.
*) L. and M. p. 3.
APHRA BEHN8 GEDICHTE UND PROSA WERKE. 97
kleinere gedieh te, wie sie sie später veröffentlichte, verfasste.
Erst nach ihrem aufenthalt in Antwerpen wird sie dann
ernstlich an die schriftstellerei herangegangen sein. Hatte
sie aber die absieht, den beruf einer Schriftstellerin zu er-
greifen, so musste sie zunächst auf dramatischem gebiete
thätig sein; denn das hauptinteresse der zeit wandte sich der
bühne zu, die sich nach den für sie so schweren Zeiten der
puritanerherrschaft wieder kräftig entwickelte. Allerdings
war der neue geist, der auf der bühne zu herrschen begann,
gänzlich verschieden von dem der shakespeareschen zeit. Das
theater wurde zum Schauplatz frivoler, sittenloser lustspiele
und pomphafter , rhetorischer dramen , ^ der von Dryden be-
sonders gepflegten, aus Frankreich gekommenen „heroic plays".
Beiden arten der dramatischen dichtung wandte sich Aphra
ßehn zu, mit besonderer Vorliebe aber dem lustspiel. Und
was dieses anbelangt, so stand Aphra Behn ihren männlichen
kollegen in nichts nach. Ihre lustspiele sind von einer er-
schreckenden frivolität und sittenlosigkeit erfüllt. Trotz der
gewandten spräche und der lebhaften, pointierten dialoge wäre
eine aufführung der lustspiele Aphra Behns jetzt ganz un-
denkbar; dazu gehörte eine in der sitte so verderbte zeit wie
das restaurationszeitalter. Es wäre nun sicher verfehlt, eine
ehrenrettung Aphra Behns für ihre lustspiele zu unternehmen
und die in letzteren enthaltenen unflätigkeiten entschuldigen
zu wollen. Aber andererseits ist man zu weit gegangen, wenn
man wie Ward ») die ganze dramatische Produktion der Schrift-
stellerin mit sittlicher entrüstung abthut. Denn in Aphra
Behn lag ganz unstreitig ein tüchtiges talent. Hire lustspiele
sind nicht unsittlicher als die ihrer Zeitgenossen Etherege,
Wycherly etc. Allerdings wäre der einwurf, dass Aphra Behn
als angehörige des zarten geschlechts die pflicht gehabt hätte,
die frauenwttrde zu bewahren, nicht unberechtigt. Aber auf
der andern seite bewährt sie einen männlichen mut — wie
wir bei der besprechung von Oroonoko sehen werden — , dem
wir unsere Sympathie nicht versagen können. Dazu kommt,
dass sie den f orderungen der zeit nachgeben musste, wenn sie
erfolg haben wollte, und es hat doch viel gi-össere dichter
gegeben, die sich dem geschmack des publikums, auch wenn
0 Ward, a. a. o. p. 570.
▲nglU. N. V. XIII. 7
98 P. SIEGEL,
sie ihn nicht billigten, gefügt haben. Wir werden weiter
unten noch näher nachzuweisen versuchen, wie Aphra Behn
nicht von vorn herein der verderbten zeitströmung folgte;
doch es sei schon hier eine stelle aus ihren werken citiert,
die beweisst, dass Aphra Behn nur widerwillig sich nach dem
Publikum richtete : *)
The scanted Tribute is so slowly paid,
Our Poets must liud out another Trade;
They 've try'd all Ways th' insatiate Clan to please,
Have parted with their old Prerogatives,
Their ßirth-right Satiring, aud their just pretence
Of judging even their own W^it and Sense;
Aud write against their Consciences, to show
How dull they can be, to comply with you.
Im lustspiel si)iegelt sich am besten das tägliche leben
wieder, und dass die lustspiele der restaurationszeit in ihren
darstellungen der sittenlosigkeit nicht übertreiben, dafür zeugen
belege 2) aus dem leben hoher aristokraten. Denn diese waren
es, die in einem pfuhl der ärgsten Sittenverderbnis versunken
und die das massgebende publikum im theater waren. Von
der aristoki'atie aus verpflanzte sich die Sittenverderbnis in
weitere ki-eise, die nach der strengen puritanerherrschaft mit
ihren asketischen tendenzen für ein ausschweifendes leben
empfänglich geworden waren. Einem solchen publikum stand
Aphra Behn gegenüber. Schwer wii'd es ihr allerdings nicht
geworden sein, diesen leuten die rechte wäre vorzusetzen;
denn sie kannte das leben am hofe und hatte selbst schon
nicht unbedenkliche abenteuer hinter sich. Nichtsdestoweniger
werden wir in ihren erstlingswerken ernste, sittliche tendenzen
finden. ^)
Als ersten dramatischen versuch, für den sich kein Ver-
leger und theaterdirektor fand, bezeichnet E. Gosse*) das
drama „The Young King, or, The Mistake". ''^) Es ist ein
*) Epilog zu The Rover, part ü, works I, p. 185.
^) Beljame, a. a. 0. ; Pepys, Diary etc., dazu Aronstein, a. a. 0.
') Da die behandlung der dramatischen werke Aphra Behns nicht in
den bereich meiner aufgäbe fällt, so kann ich nur insoweit auf dieselben
eingehen, als sie für die entwickelung des Charakters und für den lebens-
lauf der dichterin in betracht kommen.
0 E. Gosse, a. a. 0. ») Works ü, p. 88ff.
APHRA BBHNS GEDICHTE UND PROSA WERKE. 99
romantisches drama im stile Drydens. Auch das nächste stück
ist ein romantisches, es heisst „The Forc'd Marriage, or, The
Jealous Bridegroom" >) und wurde aufgeführt und gedruckt
im jähre 1671. Noch in demselben jähre brachte Aphra Behn
ihr erstes lustspiel auf die bühne, nämlich „The Amorous
Prince".2) Trotz der bezeichnung „a Comedy" ist die haupt-
handlung eine ernste; nur einige episoden sind lustspielartig.
Erst das folgende stück, „The Dutch Lover",^) 1673, ist ein
echtes lustspiel. Wie der titel schon besagt, ist der held ein
Holländer. Es ist dies deshalb von besonderem interesse, weil
England im jähre 1672 an Holland den krieg erklärt hatte.
Aplira Behn hat gewiss nicht ohne absieht gerade den vor-
liegenden Stoff gewählt. In dem titelhelden wird ein reicher,
aber schwerfälliger und ungebildeter, dem trunk ergebener
Holländer dargestellt. Das lustspiel sollte wohl dazu dienen,
die Holländer lächerlich zu machen, ähnlich wie sie Dryden
in seinem drama „Amboyna, or, the Cruelties of the Dutch
to the English Merchants" in den äugen der Londoner herab-
setzen wollte.^)
Während der nächsten drei oder vier jähre hören wir
nichts von der aufführung behnscher dramen. Aphra muss in
dieser zeit trotzdem sehr thätig gewesen sein, denn 1677 gab
sie mehrere dramen zugleich heraus. Zuerst ist zu nennen
„Abdelazar, or, The Moor's Revenge".*) Es ist dies die
einzige tragödie Aphra Behns; sie wurde im jähre 1676 auf-
geführt, ö)
Mit Abdelazar müssen wir einen abschnitt in der dich-
terischen thätigkeit Aphi-a Behns machen. Die dramen der
folgenden periode sind gekennzeichnet dui'ch die eigenschaften,
durch welche sich die Schriftstellerin ein zwar bleibendes,
aber zweifelhaftes andenken erworben hat, nämlich durch
frivolität und sittenlosigkeit. Allein in den bisher genannten
werken tritt Aphra Behn mutig den lästern ihrer zeit ent-
gegen und schont dabei auch nicht den adel. Zum beweise
dafür müssen wir kurz auf das bemerkenswerteste drama der
ersten periode eingehen, auf „The Amorous Prince". Der
held, ein ritterlicher aber unbeständiger prinz, hat sich in ein
0 Works m, p. 253 ff. «) Works IV, p. 257 ff. ») Works I, p. 186 ff.
*) Wülker, a. a. o. p. 354. ») Works U, p. 3 ff. •) E. Gosse, a. a. o.
7*
100 P. SIEGEL,
in einsanikeit und Unschuld lebendes mädclien von hohem
Stande, das als anne hirtin verkleidet ist, verliebt, und findet
die zärtlichste gegenliebe. Er vei^spricht der geliebten, sie
trotz ihres scheinbar niederen Standes zu seiner gemahlin zu
erheben. Seiner Unbeständigkeit aber und den böswilligen
ratschlagen eines feilen höflings folgend, verlässt er die ge-
liebte und verfolgt die braut seines freundes, der zugleich der
bruder des vom prinzen verlassenen mädchens ist, mit liebes-
anträgen. In letzterem kämpfen die gefühle des beleidigten
bruders und liebhabers gegen die pflichten als freund und
unterthan des prinzen. Es kommt aber nicht zum ausbruch
des tragischen konflikts, da der prinz sich die klagen und
mahnungen des beleidigten freundes zu herzen nimmt und auf
den weg der pflicht zui'ückkehrt, indem er sein eheversprechen
einlöst, vor allem nachdem er erfahren hat, dass die vermeint-
lich arme hirtin von hohem stände ist. Diese gewaltsame
lösung mit dem deus ex machina ist ein beweis für die grosse
kluft zwischen den verschiedenen ständen der damaligen zeit;
die arme hirtin wäre sicher dem elend verfallen, wenn sie
sich nicht noch als aristokratin entpuppt hätte. Der ausgang
des dramas entspricht also ganz den anschauungen der zeit.
Trotzdem ist dieses stück ein beweis für den mut Aphra Behns ;
denn die Verfasserin nimmt öfters gelegenheit, für den stand
der unterdrückten, besonders für hilflose fi-auen einzutreten
und den kavalieren vor äugen zu führen, w^elches elend sie
mit ihrem leichtsinn anrichten können. Als Vertreter der
aristokratie wälilt Aphra Beim einen prinzen. Es wird im
stücke zwar immer gesagt, dass einem prinzen mehr erlaubt
sei als einem andern sterblichen ; aber es wird ihm auch klar
bedeutet, dass er seine macht nicht dazu missbrauchen darf,
schutzlose frauen in kummer und elend zu stürzen und seine
besten freunde zu betrügen. So ruft ihm der bruder des ver-
lassenen mädchens zürnend zu : ')
First, Sir, yoii have debauch 'd my lovely Sister,
The only one I had;
The Hope and Gare of all our noble Family:
Thou Prince didst ravish all her Virtue firom her,
And left her nothing but a desperate sense of Shame.
») Akt V, BC 3, works IV, p. 331 f.
t. i
APHRA BEHNS OEDICHTE UND PBOSAWERKE. 101
Next, (Oh how unlike a brave and generons Man!)
Withont a Cause, jou cast me from yoor Bosom;
Withdrew the Honour of your promis'd Friendship,
And made me Partner in my Sister's Fate;
Next, Sir, you ravish'd Laura (seine braut) from me,
And under a pretence of sacred Friendship,
You prov'd your seif the worst of Enemies.
Aphra Behn hat sogar die kühnheit, einen diener, also
den Vertreter eines untergeordneten Standes, den leichtfertigen
lebenswandel des prinzen ironisch kritisieren zu lassen. Der
bediente des prinzen hat von seinem henn einen auftrag in
einer zweideutigen liebesaffäre erhalten; bevor er denselben
aber ausführt, ruft er:') „Well, even Frederick (der prinz),
I See, is but a Man, but his Youth and Quality will excuse
him ; and 'twill be call'd Gallantry in him, when in one of us,
'tis lU-nature and Inconstancy."
Den Übergang zu der zweiten periode bildet das lustspiel
„The Dutch Lover". Es finden sich hier schon recht pikante
scenen. Die männer sind ausschweifend und frivol, aber sie
werden bekehrt durch liebende, ehrenhafte und mutige frauen.
Es ist in der that noch kein Baudy A-la-Mode, wie die Ver-
fasserin im epiloge 2) sagt. Aber mit dem folgenden lustspiel,
„The Rover, or, The Banish'd Cavaliers",^) 1677, beginnt die
reihe der unsittlichen komödien. Das genannte stück ist voll
von schamlosen scenen und Charakteren; auch die frauenge-
stalten haben jeden anspruch auf achtung verloren. Es seien
hier nur einige aussprüche des beiden angeführt, die für das
niveau dieses und der folgenden lustspiele charakteristisch
sind. „A virtuous Mistress! Death, what a thing thou hast
found out for me! why what the Devil should I do with a
virtuous Woman ? — a sort of ill-natur'd Creatures, that take
a Pride to torment a Lover. Vir tue is but an infirmity in
Women, a Disease that rendei-s even the handsom ungrateful;
whilst the ill-favour'd for want of Sollicitations and Address,
only fancy themselves so."*) In derselben scene äussert sich
dieser „held" über frauenehre folgendermassen : „Honour! I
teil you, I hate it in your Sex; and those that fancy them-
selves possest of that Foppery, are the most impertinently
0 Akt n, sc. 1, works IV, p. 280. ») Works I, p. 283.
») Works I, p. 1 ff. *) Akt IV, sc. I, works I, p. 60.
102 P. SIEGEL,
troublesom of all Womankind." Ganz und gar verhasst aber
ist ihm die ehe: „Priest and Hymen! prithee add Hangman
to 'em to make up the Consort." ^) — Aphra Behn war sich
wohl bewusst, was für ein unweibliches produkt sie geschaffen
hatte, denn sie liess das lustspiel anonym erscheinen. ^) Allein
sie hatte damit den geschmack ihrer zeit getroffen; die ko-
mödie errang grossen beifall; der herzog von York selbst
hatte besonderes gefallen daran. 3) Durch diesen erfolg er-
mutigt, lies die Verfasserin vier jähre später einen zweiten
teil zu dem lustspiel erscheinen, wobei sie sich als autor zu
erkennen gab. Sie widmete diesen zweiten teil dem herzog
von York. 4)
Zwischen dem ersten und zweiten teil des Rover liegen
noch vier andere lustspiele, „The Debauchee", *) „The Town
Fop, or, Sir Timothy Tawdrey" «) und „Sir Patient Fancy". ')
Das erste ist nicht mit Sicherheit Aphra Behn zuzuschreiben ;
es findet sich weder bei Langbaine noch in anderen biblio-
graphischen werken verzeichnet ; nur E. Gosse «) nennt es ein
anonymes werk der dichterin. Alle drei genannten lustspiele
erschienen 1677. Bis zum jähre 1681 veröffentlichte Aphra
Behn nur noch eine komödie ausser dem zweiten teil des
Rover, nämlich „The Feign'd Curtezans, or, A Night's In-
trigue",^) 1679. Gerade um diese zeit wirkte die gestaltung
der politischen Verhältnisse ungünstig auf das theater. Gegen
ende der siebziger jähre des 17. Jahrhunderts hatten sich die
gegensätze zwischen dem hof und dem volke scharf zugespitzt.
Es waren Streitigkeiten zwischen Parlament und könig aus-
gebrochen über die thronfolge Jakobs, des katholischen herzogs
von York. Letzterer hatte sich entschliessen müssen, London
mehrere male zu verlassen, um die aufgeregte feindliche partei
zu beschwichtigen. Im ganzen lande hatten sich zwei grosse
Parteien gebildet, die whigs und tories, die gegner und an-
hänger des herzogs. Zu letzteren gehörte vor allem die
aristokratie, die sich um den könig scharte. Die schriftsteiler
waren gezwungen, sich für eine der beiden parteien zu ent-
scheiden und ihre kunst in den dienst der politik zu stellen.
») Akt V, sc. 1, works I, p. 87. ') E. Gosse, a. a. o. *) E. (Josse, a. a. o.
*) Langbaine, a. a. o. ^) Fehlt in den works. •) Works III, p. 3 fif.
») Works IV, p. 3 ff. •) E. Gosse, a. a. o. ») Works ü, p. 264 ff.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSA WEBKE. 103
Aphra Behn war schon frühzeitig in beziehungen zu dem hofe
getreten, und sie blieb demselben auch zeitlebens treu. Sie
trat für die tories mit ihrem schriftstellerischen talent kräftig
ein. Ein Zeitgenosse rühmt sie gerade wegen ihres treuen
festhaltens an der königlichen sache:^)
Long maj ehe (A. B.) scourge this mad rebellious Age,
And stem the torrent of Fanatick rage,
That once had almost overwhelm'd the Stage.
O'er an the Land the dire contagion spread,
And e'en Apollo's Sons apostate fled:
But while that spnrious race imploy'd their parts
In studjing stratagems and subtile arts,
To alienate their Prince's Subjects hearts,
Her Loyal Muse still tun'd her loudest strings,
To sing the praises of the best of kings.
Schon im Rover dient die Schriftstellerin der „Royal
Cause" insofern, als sie darin englische kavaliere darstellt,
die wegen ihrer Parteinahme für den könig ihr Vaterland ver-
lassen und, ihres eigentums beraubt, in der fremde herumirren
müssen. Die geschilderten Verhältnisse beziehen sich zwar
auf die zeiten der revolution ; aber es drohten wieder ähnliche
Verhältnisse einzutreten wie 1649. Ueberall glaubte man
Verschwörungen gegen das königshaus auf der spur zu sein.
In dieser allgemeinen politischen aufregung fand man keine
zeit für das theater. Aphra Behn lässt einen Schauspieler
folgendermassen klagen: 2)
The DevU take this cursed plotting Age,
'T has ruin'd all our Plots upon the Stage;
Suspicions, New Elections, Jealousies,
Fresh Informations, New Discoveries,
Do so employ the busy fearful Town,
Our honest CaUing there is useless grown:
Each Fool tums Politician now, and wears
A formal Face, and talks of State-aifairs;
Makes Acts, Decrees, and a new Model draws
For Regulation both of Church and Laws;
Tires out his empty Noddle to invent
What Rule and Method's best in GoTemment:
But Wit, as if 't were Jesuitical,
Is an Abomination to ye all.
1) To the Lovely V^Titty Astraea, on her ExceUent Poems; in den
Poems von 1684; der Verfasser des gedieh ts nennt sich nicht.
») Prolog zu The Feign'd Curtezans, works n, p. 264.
104 P. SIEGEL,
Die dinge nahmen aber schliesslich eine günstige wendung
für die tories. Die whigs wurden unterdrückt und verfolgt.
Diese gestaltung der dinge spiegelt sich deutlich in der gleich-
zeitigen litteratur wieder, besonders in der dramatischen, für
die man wieder mehr interesse zu zeigen begann, wenn auch
nie wieder in dem hohen masse wie vorher. Die toryistisch
gesinnten dichter fanden jetzt günstige gelegenheit, dem hof
ihre treue anhänglichkeit zu beweisen. Auch Aphra Behn
schrieb drei lustspiele im dienste der „Royal Cause", nämlich
„The City Heiress, or, Sir Timothy Treat-all", 0 „The Round-
heads, or, the Good Old Cause" 2) und „The False Count, or,
A new way to play an Old Game". 3) Alle drei stücke er-
schienen 1682; das letzte hatte sie in fünf tagen verfasst.^)
In diesen lustspielen schleudert Aphra Behn ihren ganzen
spott und höhn auf die whigs. Die männer sind feig, be-
schränkt, heuchlerisch und lüstern, ilire frauen ebenso heuch-
lerisch und betrügerisch; sie betrügen mit den kavalieren,
d. h. den anhängem des königtums, ihre männer. Die kava-
liere dagegen sind ebenso tapfer wie witzig, galant und ritter-
lich, der Sache des königs treu ergeben. Aphra Behn lässt
sich dabei die gelegenheit nicht entgehen, das lob ihres königs
zu singen, ohne sonderlich auf die Situation rücksicht zu
nehmen. Bezeichnend dafür ist eine stelle in der zweiten
scene des vierten aktes von The Eoundheads. Loveless, ein
„kavalier", befindet sich beim zärtlichen rendez-vous mit Lady
Lambert*') in deren zimmer. Da sieht er auf einem tische
die königlichen insignien liegen, die ihn zu einer begeisterten
rede hini'eissen : «)
Hah-a Crown and Scepterl
Have I been all this while
So near the sacred Relicks of my King,
And foxind no awful Motion in my Blood,
Nothing that mov'd sacred Devotion in me?
— Hail sacred Emblem of great Majesty,
Thou that has circled more Divinity
Than the great Zodiack that surrounds the World.
I ne'er was blest with sight of thee tiU now,
») Works n, p. 3 ff. «) Works I, p. 284 ff. ») Works lü, p. 88.
*) Epilog, Works HI, p. 162: 'T is a slight Farce, five Days brought
forth.
^) Die gemahlin des puritanergenerals Lambert. ') Works I, p. 338.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSA WERKE. 105
But in mach reverenc'd Pictures — [Rises and bows].
There's such Divinity i' th' very Form on *t,
Had I been conscious I 'd been near the Temple,
Where this bright Relick of the glorious Martyr (Karl I.)
Had been enshrin'd, 't had spoil'd my soft Devotion.
— 'T is Sacrilege to dally where it is;
A rüde, a saucy Treason to approach it
With an uubended knee: for Heav'ns sake, Madam,
Let US not be profane in oor Delights,
Either withdraw, or hide that glorious Object.
Das lustspiel, das voll ist von lasciven scenen, schliesst
mit den frommen Worten:^)
Then let 's all home, and to the Powers Divine
Pray for the King, and aU the sacred Line.
Mit den letztgenannten lustspielen findet die dramatische
thätigkeit Aphra Behns einen vorläufigen abschluss. Die
gründe dafür lagen, wie wir schon gezeigt haben, in den zeit-
verhältnissen. Es trat eine allgemeine reaktion nach der
einseitigen betonung des dramas ein, über die nicht nur Aphra
Behn , sondern auch andere dichter , z. b. Dryden , klagen. 2)
Durch den mangel an teilnähme der leute an dem theater
wurde Aphra Behn gezwungen, ihren unterhalt durch arbeiten
auf andern litterarischen gebieten zu erwerben. Sie wandte
sich der lyrik und novellistik zu. Die zeit zu beginn der
achtziger Jahre muss für unsere Schriftstellerin sehr ernst ge-
wesen sein. Ausser den klagen in den prologen und epilogen
über mehr materielle sorgen scheinen sie auch traurige ge-
mütsstimmungen verstimmt zu haben, wie ein gedieht, betitelt
„To Mrs. W. On her Excellent Verses (Writ in Fraise of some
I had made on the Earl of Kochester). *^) Written in a Fit
of Sickness", bezeugt. Da der tod des grafen Rochester in das
jähr 1680 fällt, so muss das gedieht in dem genannten jähre
oder darauf entstanden sein. Vielleicht bewog Aphra Behn
das Schicksal Rochesters, der im schönsten mannesalter den
folgen eines ausschweifenden lebens erlegen war, zu den
') Works I, p. 359.
') In dem prolog zu dem hehnschen lastspiel The Widow Ranter,
works IV, p. 106.
') Diese verse, woranf A. B. hier anspielt, stehen in The Poetical
W^orks of the Earls of Rochester, Roscomon etc., p. LXVI, und sind ttber-
schriehen On the Death of the Earl of Rochester. By Mrs. A. Behn.
106 P. SIEGEL,
ernsten gedanken und melancholischen betrachtungen , die in
dem gedieht enthalten sind. Daraus spricht ein gefühl der
einsamkeit und trauer, das in grellem gegensatz zu der fri-
volen laune der lustspiele steht. 0
Im jähre 1683 sammelte Aphra Behn ihre gedichte und
gab sie ein jähr darauf heraus unter dem titel: „Poems upon
Several Occasions", 1684. In demselben jähre veröffentlichte
sie auch ihre erste novelle: „The Adventure of the Black
Lady". 2) In den nächsten jähren folgten nun noch andere
gedichte, erzählungen und Übersetzungen; zunächst 1685 eine
zweite Sammlung von gedichten verschiedener autoren, u. a.
von Sir George Etherege, Henry Crisp, Aphra Behn selbst etc. 3)
Den tod Karls II. beklagte die Schriftstellerin in einem Pin-
darick Poem. ^) — Auf Karl II. folgte sein bruder Jakob (11.),
der herzog von York. Die toryistisch gesinnten dichter hofften,
dass der neue fürst die erwartungen, die man in bezug auf
die Unterstützung der kunst und ihrer jünger von Karl 11.
vergebens gehegt hatte , erfüllen würde. Auch A. Behn ver-
suchte noch einmal ihr glück und veröffentlichte zwei lust-
spiele : „The Emperor of the Moon" *) und „The Lucky Chance,
or, an Alderman's Bargain",*) beide 1687 gedruckt. Von
Interesse ist der epilog zu dem ersten stück. In demselben
klagt die dichterin wieder über die geringe anteilnahme und
Unterstützung von selten des publikums, dem nichts recht zu
machen sei, und wendet sich dann an den könig;')
Look back on flourishing Rome, je proud Ingrates,
And see how she her thriving Poets treats:
Wisely she priz'd 'em at the noblest Rate,
As necessary Ministers of the State,
And Contributions rais'd to make 'em great.
They from the publick Rank she did maintain,
And freed from Want, they only writ for Fame.
Not Rome in all her happiest Pomp cou'd show
A greater Caesar than we boast of now;
Augustus reigns, but Poets still are low.
May Caesar live, and while his mighty Hand
Is scattering Plenty over all the Land;
With God-like Bounty recompensing all,
») Das gedieht steht in Poems von 1684, p. 57. *) E. Gosse, a, a. o.
3) Biogr. Brit. sub Behn. *) E. Gosse, a. a. o.
^) Works IV, p. 189 ff. «) Works IH, p. 164 ff. ') Works IV, p. 256.
APHRA BEHN8 GEDICHTE UND PB08A WERKE. 107
Some fruitfnl drops may on the Moses fall;
Since honest Pens do his just cause aiford
Equal Advantage with the useful Sword.
Auch in dem prolog») des anderen lustspiels begegnen
uns die bekannten klagen. Diese anspielungen beweisen, dass
der versuch zu einer neuen dramatischen thätigkeit bei Aphra
Behn nicht mit erfolg gekrönt war. Die Schriftstellerin ver-
öffentlichte denn auch keine dramen mehr, sondern sie schrieb
prosaerzählungen und Übersetzungen. Im jähre 1688 erschienen
die beiden besten prosawerke Aphra Behns, „The History of
the Royal Slave (Oroonoko)" und „The Fair Jilt"; ein jähr
darauf zwei kleinere novellen, „The History of the Nun, or,
the Fair Vow-breaker" und „The Lucky Mistake".^) Diese
Veröffentlichungen waren die letzten litterarischen thaten
Aphra Behns. Am 16. April des Jahres 1689 setzte der tod
der unermüdlichen thätigkeit der Schriftstellerin ein ende. 3)
Aphra Behn \^nirde in der Westminster- Abtei beigesetzt.*)
Auf dem schwarzen marmorstein über ihrem grabe findet sich
folgende Inschrift:*)
Mrs. Aphra Behn clied Aprill the /6, 1689.
Here lies a proof that wit ean never he
Defence enough against mortolity.
Great Poetess, 0 thy stupendous lays
The tcorld admires, and the Muses praise.
lievived hy Thonms Waine in respect to so bright a genious.
Nach ihrem tode wurden noch zwei unveröffentlichte
dramen herausgegeben: „The Widow Kanter, published by
one G. J. her Friend",^) wozu Dryden einen prolog dichtete,
und „The Younger Brother" mit einem prolog „by an un-
known Hand".")
Der Vollständigkeit halber müssen hier noch die Über-
setzungen, resp. bearbeitungen Aphra Behns genannt werden.
0 Works III, p. 164.
*) Langbaine, a. a. o. ; the Fair Vow-breaker ist uns leider nicht er-
halten ; ebenso habe ich nichts über die Love Letters between a Nobleman
and his Sister, in three Volumes, London 1684, die Langbaine als ein werk
A. B.s anfuhrt, erfahren können.
») L. and M., p. 72: ... her Death, occasion'd by an unskilful Ph^'sician.
*) Ebenda. *) Biogr. Brit. »») Works IV, p. 106 flf.
') Works IV, p. 341 ff.
108 P. SIEGEL,
Im jähre 1680 lieferte die dichterin einen beitrag zu dem
werke „Ovid's Epistles, translated by several Hands, with the
Addition of three Epistles etc., London 1680."') Von Aphra
Beim stammt das gedieht „A Paraphrase on Ovid's Epistle
of Oenone to Paris", das sie in die Sammlung ihrer gedichte
von 1684 aufgenommen hat. In dieser Sammlung steht auch
die bearbeitung eines französischen Werkes, welches heisst:
„Le voyage de Tisle de l'amour, k Licidas; par Paul Talle-
mant, Paris 1663, zweiter teil 1664."*) In diesem werke be-
richtet Lisander an seinen freund Licidas von seiner reise
nach der insel der liebe und von seinen erlebnissen auf der-
selben. Die Schrift ist eine gekünstelte allegorie in preziösem
Stil, die an abgeschmacktheiten wie die carte de tendre des
fi'äulein von Scuderi erinnert; sie ist teils in prosa, teils in
Versen abgefasst. Aphra Behn hat in ihrer Übersetzung auch
die prosa in verse verwandelt und hier und da erweitert, ohne
aber etwas neues hinzuzubringen. Dieser Übertragung folgt
1686 eine ähnliche bearbeitung eines anderen preziösen fran-
zösischen Werkes, betitelt „La Montre; par Monsieur de Bonne-
corse; k Cologne, 1666; seconde partie, contenant La Boäte,
et Le Miroir, k Paris 1671." Es ist gleichfalls in einer
mischung von prosa und versen abgefasst. Aphra Behn hat
hier die prosa nicht in verse gebracht, aber die verse vielfach
wieder erweitert, sodass man das ganze eher als eine be^ir-
beitung als eine Übersetzung ansehen kann. ^) Die Übertragung
des zweiten teiles durch Aphra Behn erschien erst 1697.'*)
^lit den beiden erzählungen „Oroonoko" und „The Fair
Jilt" veröffentlichte Aphra Beim eine novelle „The History
of Agnes des Castro".^) Die Schriftstellerin giebt sie selbst
^) Lowndes, a. a. o. III, p. 1746.
'•') Siehe auch Recueil de qnelqnea pieces nouvelles et galantes, Paris
1684 und 1685, vol. I u. II (nicht II u. III, wie Langbaine angiebt).
^) Nach meiner ansieht ist die ausführliche besprechung, die Besame
diesem werke in seinem schon erwähnten buche zuteil werden lässt, nicht
am rechten ort; denn es ist ein französisches werk, gehört also in eine
französische litteratnrgeschichte ; nicht der englischen dichterin, sondern
dem französischen antor sind die „albemheiten^ und „abgeschmacktheiten*'
vorzuwerfen; allerdings heisst sie Aphra B. auch gut, indem sie sie übersetzt.
«) Beide teile finden sich in Works VI, p. 73 ff.
») Works VI, p. lit
APHRA B£HNS GEDICHTE UND PBOSAWERKE. 109
als ihr werk aus, und man hielt dieselbe auch immer für ein
selbständiges werk Aphra Behns. Allein es ist nichts weiter
als eine wörtliche Übersetzung der französischen novelle „Agnes
de Casto, Nouvelle Portugaise ; par M^^'' ****** (j g ^e Brilhac) ;
ä Amsterdam, 1688." Eine andere Übersetzung aus dem Fran-
zösischen, „Lycidas, or, the Lover in Fashion, 1688", 9 ist uns
nicht erhalten. Ebenso war es unmöglich, drei andere Über-
setzungen ausfindig zu machen, nämlich „Eocliefoucaulds R6-
flexions morales" unter dem titel „Seneca Unmasked", 2) „Fon-
tenelles Entretiens sur la pluralit6s des mondes, 1688" 3) und
endlich „The History of Oracles des Holländers Van Dale,
1699",*) jedenfalls nach der französischen Übertragung von
Fontenelle, die 1687 erschien.^) Endlich ist noch zu erwähnen,
dass Aphra Behn ein lateinisches werk des englischen dichters
Cowley übersetzte, und zwar das sechste buch von Cowleys
werk „Of Plauts".»)
IIL Aphra Behns gedichte.
Die gedichte Aphra Behns ragen zwar nicht über die-
jenigen der Zeitgenossen hervor, allein sie bilden doch einen
charakteristischen teil des poetischen Schaffens der Schrift-
stellerin, sodass es geboten erscheint, dieselben in den kreis
unserer betrachtung zu ziehen.
Aphra Behn gab ihre gedichte 1684 heraus; ausserdem
finden sich einige in der 1685 veröffentlichten anthologie, wie
wir oben gesehen haben. '^) Die folgende betrachtung stützt
sich auf die wichtigste ausgäbe vom jähre 1684.*) Die ge-
0 Laugbaine, a. a. o. ') Biogr. Brit. ») Biogr. Brit.
*) Sharp, a. a. o. ^) Höfer, a. a. o. XVin, p. 120.
*) The Poetical Works of Abraham Cowley. In Fonr Volum es. Edin-
burg. Anno 1777. Vol. IV, p. 5ff.: Of Plants. Book VI: Of Trees. Trans-
lated by Mw. A. Behn. Es ist jedenfalls dieselbe Übersetzung, die Hazlitt
verzeichnet ; cf. Carew Hazlitt, Collections and Notes. 1867—1870. London
1876. p. 106, sub Cowley : A Translation of the Sixth Book of Mr. Cowley's
Plantamm. Being a Poem upon the late Rebellion, the Happy Kestoration
of his Sacred Majesty, and the Dutch War Ensuing . . . London 1680.
^ p. 106. Gerade in bezug auf die gedichte macht sich der mangel
an zugänglichen ausgaben unliebsam geltend; die Originalausgaben sind
schwer erreichbar, und in die „Works" sind die gedichte leider nicht auf-
genommen; die ausgäbe von 1685 ist mir nicht zugängUch gewesen.
0) Abgekürzt »PoemB 168^".
110 P. SIEGEL,
dichte sind gewidmet „to the Right Honourable, James, Earl
of Salisbury, Viscount Cramborn, and Baron of Islington-O
Abgeschlossen muss die Sammlung schon 1683 gewesen sein,
denn ein lobgedicht auf Aphra Behn, das mit noch mehreren
anderen den Poems 1684 voransteht, ist datiert vom 25. No-
vember 1683.2) Die entstehung der einzelnen gedichte er-
streckt sich über eine reihe von jähren. Als sicher können
wir feststellen, dass Aphra Behn schon vor 1671 verse ge-
schrieben hat, denn schon in ihrem ersten drama findet sich
eins ihrer besten gedichte. 3) Auch in den meisten anderen
dramen sind gedichte eingestreut, wovon mehrere in die Poems
1684 aufgenommen sind.
Die dichterin scheint ursprünglich nicht die absieht gehabt
zu haben, ihre gedichte zu veröffentlichen. Dafür spricht
einmal die geringe anzahl derselben, noch mehr aber eine
äusserung in dem Epistle Dedicatory, welche lautet: „Be
pleased then, my Lord, to accept this Little Piece, which lazy
Minutes begot and hard Fate has oblig'd me to bring forth
into the censuring World." Was wir unter dem „hard Fate",
das sie zur Veröffentlichung der gedichte zwang, zu verstehen
haben, lässt sich mit Wahrscheinlichkeit vermuten. Wir haben
oben (p. 106 f.) gesehen, dass die dramatische thätigkeit eine
beschränkung erlitten hatte. Dies musste für Aphra Behn
auch eine pekuniäre einbusse bedeuten, die sich wohl um so
fühlbarer machte, als die dichterin von einer krankheit heim-
gesucht worden war. Durch die herausgäbe der gedichte
wollte sie jedenfalls ihrer pekuniären läge aufhelfen.
Die angeführte stelle aus dem Epistle Dedicatory deutet
auch an, wie und zu welchem zwecke die gedichte entstanden.
Abgesehen werden muss hierbei von den liedem, die schon
deshalb, weil sie in dramen stehen, für die öffentlichkeit be-
*) Cecil, James, fourth Earl of Salisbury, gestorben 1693 ; et D. N. B.
IX, p. 397.
*) To Mrs. Behn, On the Publishing her Poems; by J. Cooper.
') Love Arm'd, Poems 1684, p. 45. Dasselbe gedieht steht auch in
Chambers's Cyclopaedia etc. I, p. 325 ; femer, ohne nennung der Verfasserin,
in The Loyal Garland: A Collection of Songs of the Seyenteenth Century,
Beprinted from a Black-Letter Copy Supposed to be Unique. £d. by J. 0.
Htdliwell. London 1850, Percy Society. Vol. XXIX, p. 7 unter dem titel:
Tyrannick Love, or, The Cruel Mistress.
APHRA BEHKS GEDICHTE UND PROSA WERKE. 111
stimmt waren; sie sollten zur belebung der theaterstücke dienen.
Dies gilt aber durchaus nicht von der hauptmasse der Poems
1684. Aphra Behns hauptsächlichste dichterische thätigkeit
bewegte sich zunächst auf dem gebiete der dramatischen kunst.
Die gedichte sind nur nebenbei entstanden ; sie sind erzeugnisse
müssiger stunden (of lazy hours), kleinigkeiten (little pieces),
die für einen intimen kreis bestimmt waren. Das versemachen
gehörte in den feinen kreisen zum guten ton; es war ein ge-
sellschaftliches Unterhaltungsspiel, dem sich niemand, der für
einen Schöngeist („Wit") gelten wollte, entziehen durfte, und
bei dem man sich gegenseitig mit Schmeicheleien bekompli-
mentierte oder seine fingierte liebespein klagte. Aphra Behn
hat sicher einer der schöngeistigen, galanten salongesellschaften,
der sogenannten coteries, die man nach französischem muster
einrichtete, angehört. Sie selbst giebt in einem gedieht „Our
Cabal" •) galante beschreibungen , ähnlich den bekannten
porträts, der einzelnen mitglieder, natürlich unter namen, die
man sich nach berühmten romangestalten beilegte. 2) Diese
namen kehren fast alle in den einzelnen gedichten wieder,
sodass wir sehr wohl annehmen können, dass letztere für einen
bestimmten kreis geschineben waren. Diese gesellschafts- oder
salonpoesie, wie wir die gedichte Aphra Behns bezeichnen
können, hat die englische litteratur aus Frankreich über-
nommen. Es ist die galante poesie, unter deren einfluss die
bedeutendsten dichter der restaui'ationszeit , Dryden, Waller,
Philips, etc., standen.
Der stoffkreis, in dem sich diese gedichte bewegen, ist
kein grosser. Die liebe, wie sie in einer äusserlich galanten
und gezierten, innerlich frivolen und lüsternen gesellschaft
hen-scht mit ihrer lust und ihrem schmerz, ist zum grössten
teil der anlass und inhalt der gedichte Aphra Behns. Sie sind
nach der sitte der zeit in das gewand schäferlicher idylle
gekleidet, wodurch sie von vornherein etwas geziertes, un-
natürliches für uns erhalten. — Gehen wir etwas näher auf
den inhalt ein. An der spitze der Sammlung steht eine lang-
atmige ode, die uns in das milieu einführt, in welchem sich
») Poems 1684, p. 33.
*) Z. b. Alexis, Dämon, Amoret, Thyrsis, Amyntas, PhUocless, PhiUis,
Lysidas, Philander etc.
112 P. SIEGEL,
die meisten gedichte bewegen; sie ist betitelt: „The Golden
Age. A Paraphrase on a Translation out of French." Ein
ewiger frühling mit wolkenlosem, lachendem himmel und immer-
blühenden, duftenden bluraen in stillen hainen heiTSchte einst
auf der erde. An den ufern der murmelnden flüsse lagen
noch nicht liebekranke schäfer und nymphen, um die pein
unglücklicher liebe zu bejammern. Junge zephire fächelten
sich sanfte lüfte zu. Die bewohner der schattigen haine
konnten sich ungestört dem zarten spiel der liebe und dem
genusse sanfter musik hingeben. Die rauhen töne des kriegs
erschreckten die weit nicht. TjTannische könige erliessen
keine gesetze, um sie selbst zu brechen, und keine götter
narrten die erdbewohner mit religionen. 0 Jeder war sein
eigner herr; die Unschuld war religion und gesetz. Recht
und eigentum waren unbekannte begriffe ; das gut gehörte der
gemeinschaft. Ehi-geiz, stolz, ruhmsucht und alle die anderen
leidenschaften des menschlichen herzens streuten ihr gift noch
nicht aus. Vor allem aber war es eine goldene zeit der liebe,
denn diese war frei und noch nicht an strenge, eheliche ge-
setze gebunden, die erst von gelehrten, langweiligen narren
erfunden wurden. Die ausführung des letzteren gedankens
nimmt in bezeichnender weise über die hälfte des gedichtes
in anspruch. Gleich das nächste gedieht, „A Bailad on Mr.
J. H. to Amoret, asking why I was so sad", 2) handelt von der
liebe der modernen zeit. Astrea {= A. B.) ist so traurig, dass
ihre freundin Amoret sie nach der Ursache ihres kummers
fragt. Da erzählt ihr Astrea, wie sie bei einem tanzfest im
schatten des haines den liirten Amyntas gesehen hat. Er
wandelte wie der herr des Maies unter den hirtinnen und
hirten, die ihre herden auf dem plane weideten. Sein herr-
licher körper war geschmückt mit feinen kleidern, auf deren
ärmeln rote liebesbänder gestickt waren. An der seite
hing ihm eine silberne brieftasche. Das schönste und ge-
fährlichste an ihm aber waren seine äugen, mit denen er
die herzen aller nymphen verwundete. Dabei konnte er
sich vei-stellen, um daduixh nur desto sicherer sein ziel zu
erreichen :
^) The Gods by teaching us Eeligion first, first set the World at odds.
«) Poems 1684, p. 29.
APHRA BEHN8 GEDICHTE UND PROSA WERKE. 113
He well con'd feign an Innocence,
And taught his Silence Eloquence;
Each Smile he us'd, had got the force,
To conquer more than soft Discourse:
Which when it serv'd his Ends he'd use,
And subtily thro* a heart infose.
Ueber alles erhaben aber war sein witz, mit dem er alles
durchschaute und vor dem keine einwürfe gegen die liebe
bestehen konnten. Mit allen diesen reizen begegnete Amyntas
den verliebten hirtinnen. Und wie die hirtenflöte ihr spiel
begann und der liebliche schäfer Astrea zum tanz aufforderte,
da bemühte sie sich vergebens, ihr herz seinen zärtlichen
Seufzern und flehenden äugen zu verschliessen : Ehe die ein-
tretende nacht der lustbarkeit ein ende bereitete, war Astrea
gänzlich „verloren und gewonnen". Und nun ist sie melan-
cholisch und traurig, und sie warnt Amoret vor den unwider-
stehlichen reizen des eroberers Amyntas. — Doch es bleibt
nicht immer nur bei einer traurigen gemütsstimmung ; die
Wirkungen der allgewaltigen liebe sind meist tragischer. So
legt sich Amyntas an das ufer eines flusses und klagt den
mitleidigen fluten sein schweres leid:*) Die reizende falsche
Sylvia wendet anderen ihr lächeln und ihre küsse zu, die sie
ihm schuldig ist, und achtet nicht seines Schmerzes. Das echo
selbst hat mehr mitgefühl mit seinem kummer, denn es wieder-
holt seine klagerufe. Ein andermal liegt der schäfer wieder
am flussufer, wo er eine solche menge thränen über Sylvia's
„cold Disdain" vergiesst, dass die fluten anschwellen. 2) Er
ruft die schatten des haines zu zeugen ihrer falschen schwüre
an, die sie mit demselben atem gesprochen, mit dem sie jetzt
sein todesurteil ausspricht — denn nur der tod kann solch
schreckliche liebesschmerzen enden. Ehe der hirte aber stirbt,
prophezeit er Sylvia fürchterliche räche: Zerbrechen wird er
sein grab und der untreuen zur mitternacht als geist mit
blutender brüst, den wunden der liebe, erscheinen. — Natürlich
beklagt auch umgekehrt die hirtin oder nymphe sich über den
grausamen schäfer. Die arme Serena sitzt ebenfalls am fluss-
ufer und betrauert ihr hartes Schicksal. ^) Ihr kummer ist zu
>) Song. The Complaint. Poems 1684, p. 46.
>) Song. To Pesibles Tiine. Poems 1684, p. 86.
•) The Reflection. A Song. Poems 1684, p. 83.
AnglU. N.F. ZUI. 8
114 P. SIEGEL,
gross, als dass er sich in einer flut von seufzem und stammen
thränen auflösen könnte ; „she must speak or dye". Die dich-
terin lässt nun Serena sich ihres Schicksals erinnern : Sie muss
denken an alle die mittel — die sanften reize der beredsam-
keit, die blicke der äugen, die eine stille spräche der liebe
redeten, die Schmeicheleien, an denen ihre lauschende seele
hing, die geschenke, die lieder, der geist — mit denen der
untreue schäfer ihre kalt« Zurückhaltung und die scheue Un-
schuld ihrer seele überwand. Doch je mehr sie ihm gab, je
mehr er die entzündeten flammen in ihr anfachte, um so kälter
ward seine glut, bis er ihr die treue brach. — Auch den
schmerz des abschieds kleidet Aphra Beim in witzige verse.
Jemray, der lustigste und lieblichste schäfer, mit dem sie oft
auf der weide getändelt hat, vertauschte seinen hirtenstab mit
dem Schwert und liess seine nymphe einsam und trauernd
zurück. ») Allerdings scheint Jemmy in seinen ehrgeizigen
planen herbe enttäuschung erlitten zu haben, denn in einem
andern gedieht'^) beklagt er es bitter, dass er die idyllische
ruhe seines schäferlebens aufgegeben habe, und warnend ruft
er seinen jugendgenossen zu:
Ye noble Youths beware,
Shun ambitious powerful Tales:
Distnictive, false and fair,
Like the Ocean's iiattering gales,
Like blasted Flowers i* th* Spring.
Ein beliebtes thema der gedichte ist auch der gedanke,
dass die liebe sich nicht ungestraft beleidigen lasse. Niemand
vermag ihr zu entrinnen, und wer sie verachtet oder sich ihr
zu entziehen strebt, verfällt einem schlimmen geschick. So
glaubte Phillis^) berechtigt zu sein, alle huldigungen der
schäfer spröde zurückweisen zu können; keine seufzer und
thränen vermochten ihr kaltes herz zu rühren. Da erblickte
sie eines tages den schäfer Strephon, der im schatten des
haines schlief. Sogleich ergriff ihr herz ein ungewöhnlicher
schmerz; die liebe hatte sie verwundet; aber vergebens flehte
sie nun die wälder und das echo um linderung ihrer liebes-
1) Song. Poems 1684, p. 84.
>) Song. To a new Scotch Time. Poems 1684, p. 123.
s) Song. The Sniprise. Poems 1684, p. 91.
APHRA BEHNS OBDICHTE UND PROSA WERKE. 115
qual an. Ebenso erging es Celinda; •) auch sie verachtete die
liebe, bis sie auf der weide einen schönen hirt^n sah:
At first she langht, but gaz'd the while,
And soon she lessen'd to a Smile;
Thence to Surprize and Wonder came,
Her Breast to heav% her Heart to flame:
Then cry'd she out, Now, now I prove,
Thou art a God, Almighty Love.
Während die bisher besprochenen gedichte mit ausnähme
des einen (A Bailad on Mi\ H., p. 112 f.) sich wenig auf die
person der dichterin selbst beziehen, sind die folgenden sub-
jektiver, weshalb sie Schlüsse auf galante abenteuer der
autorin zulassen. Es betrifft dies vor allem vier gedichte,
die fast unmittelbar aufeinanderfolgen. Aus dem ersten, „To
Lysander, who made some verses on a Discourse of Loves
Fire",2) geht hervor, dass Astrea eine tiefe Zuneigung zu
Lysander gefasst hat. Allein eine andere hirtin, Amynta, hat
schon vorher Lysanders herz entzündet. Trotzdem begehrt
Lysander von Astrea befriediguug seiner wünsche; letztere
will jedoch eher sterben, als die „known and sacred Laws of
Love" übertreten,
For 'tis a Maxime in Love's leamed School,
Who blows the Fire, the Flame can only rule.
Aber Lysander lässt sich scheinbar dadurch nicht zurück-
schrecken, sondern er geht sogar noch weiter, worauf sie ihn
nochmals zurückweist in dem gedieht „To Lysander, on some
Verses he writ, and asking more for his Heart, then 'twas
worth.3) Sie beklagt sich, dass er trotz seiner liebesbe-
teuerungen schon wieder eine andere, nämlich Adraste, liebe,
worüber ihre eif ersucht entbrennt:
Whilst like a glimering Taper still I burn,
And waste my seif in my own Flame,
Adraste takes the welcome rieh Retum:
And leaves me aU the hopeless Pain.
Im dritten gedieht erzählt Astrea, wie sie Lysander bei
einem Musick-Meeting *) gesehen hat. Dieses gedieht ist für
*) Love reveng*d. A Song. Poems 1684, p. 122.
«) Poems 1684, p. 101
») Poems 1684, p. 109.
*) To Lysander at the Musick-Meeting. Poems 1684, p. 118.
8*
116 P. SIEGEL,
die ganze art der beschreibuiig und ausmalung charakteristisch,
sodass es hier teilweise folgen möge:
I saw the Softness that compos'd your Face,
WTiile your Attention heighten'd every Grace:
Your Menth all füll of Sweetness and Content,
And your fine killing Eyes of Languishment :
Your Bosom now and then a Sigh wou*d move,
(For Musick has the same Effects with Love.)
Your Body easy and all tempting lay,
Inspiring Wishes which the Eyes betray,
In all that have the Fate to glance that way:
A careless and a lovely Negligence,
Did a new Oharm to every Limb dispence:
So look young Angels, listenin^ to the Sound,
When the tun'd Spheres glad all the Heav'ns around:
So raptur'd lie amidst the wondering Crowd,
so charmingly extended on a Cloud.
Solchen reizen vermochte Astrea nicht zu widerstehen,
besonders
Since Hannony, like Fire to Wax, does fit
The softned Heart Impressions to admit.
Das vierte liierher gehörige gedieht endlich ist überschiieben :
„An Ode to Love". ') Es ist nicht etwa eine Verherrlichung
Amors, sondern Lysanders. Die dichterin fordert die liebe, die
stets personifiziert erscheint, auf, bogen und pfeile zu zer-
brechen; denn diese nützen doch nichts mehr, seitdem die äugen
Lysanders alle herzen verwunden. Ein gott selbst, der sich
an dem gott der liebe rächen wollte, hat den reizenden Jüng-
ling Lysander in einer glücklichen stunde geschaffen und ihn
mit göttlichen kräften ausgestattet. Die dichterin bleibt aber
vor lauter witzigen und geistreichen einfallen nicht logisch
in der fortführung des gedichtes. Denn obgleich die liebe
nach der aufforderung zu anfang des gedichtes noch im besitze
von bogen und pfeilen sein muss, wird doch in den folgenden
Strophen erzählt, dass Lysander dem liebesgott, als dieser im
i^ schatten der myrte schlief, die waffen raubte. Gerade in
diesem gedieht macht sich die sucht, möglichst geistreich und
pointiert zu dichten, unliebsam bemerkbar, indem sie die klar-
heit stört. Der zweck liegt klar zu tage : es ist eine schmeich-
lerische huldigung füi* den geliebten. Die galanterieen gehen
0 Poems 1684, p. 120.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 117
herüber und hinüber. So erhält Astrea eines morgens, als sie
noch im bett liegt, ein huldigungsgedicht von Amyntas, das
dieser im träume verfasst hat. Ganz entzückt darüber preist
sie nun ihrerseits den „witz" des galanten Schäfers in über-
schwänglichen versen.i) Dann wieder bringt sie einen brief
von Amyntas in verse^) und schickt ihm eine poetische ant-
wort.3) Auch andere zarte aufmerksamkeiten ihres Schäfers
begeistern Astrea zum dichten. So schreibt sie ein weit-
schweifiges gedieht über „eine in einen liebesknoten verschlun-
gene haarlocke".*)
Die veranlassungen und Ursachen, die Aphra Behn zum
dichten begeisterten, sind, wie wir sehen, nicht besonders tiefer
art. Es ist eine gezierte, tändelnde poesie, die auf uns den
eindruck der geschraubtheit macht. Aber diese ganz unlyrische
lyrik war die modepoesie zu der zeit Aphra Behns. Waller,
einer der angesehensten dichter jener zeit, auch Dryden haben
gedichte derselben art in menge geschrieben.
Weit schöner als diese gezierten, galanten gedichte muten
uns diejenigen an, die wir als horazisch-anakreontische be-
zeichnen können. Damit sind die gedichte gemeint, die einer
sinnlich -heiteren lebensauffassung entspringen und im Ver-
hältnis zu den besprochenen sentimentalen, idyllisch -manie-
rierten gedichten natürlicher und frischer erscheinen. Sie sind
zwar auch mit dem schäferlichen gewand umgeben — die
Personen sind auch hirten und hirtinnen., die Situation bewegt
sich auch in schattigen hainen und an murmelnden Aussen — ,
aber dieses gewand ist hier ganz äusserlich. Die menschen
in diesen gedichten sind lebensfroh und erschöpfen sich nicht
in rührseligen klagen oder umständlichen, schmeichlerischen
huldigungen. Der inhalt dieser gedichte variiert meistens den
gedanken, das leben müsse in der Jugend genossen werden und
um das ende dürfe man sich nicht kümmern. Anakreon und
Horaz sind im altertum die hauptvertreter dieser genussfrohen
richtung in der lyrischen dichtkunst. Beide wurden unter den
antiken dichtem neben Virgil und Ovid in der englischen
0 On a Copy of Verses, made in a Dream, and sent to me in a
Moming, before I was awake. Poems 1684, p. 63.
*) The Sence of a Letter sent me, made into Verse. Poems 1684, p. 61.
») The Retiim, Poems 1684, p. 62. *) Poems 1684, p. 77.
118 P. SIEGEL,
litteratur am meisten verehrt und nachgeahmt. Aphra Behn
kannte diese dichter auch; sie hat selbst gedichte von Horaz
und Ovid übertragen, bez. nachgeahmt. Ebenso musste ihr
Anakreon bekannt sein, wenn auch jedenfalls nicht in der
Ursprache, da Cowley, dessen gedichte sie sehr hochschätzte,
anakreontische gedichte übersetzt hatte. ^) Während nun bei
den gleichzeitigen dichtem liebe und wein in gleichem masse
gefeiert werden, singt unsere dichterin nur den preis der liebe,
zu deren genuss sie auffordert:-)
A Pox upon this needless Scorn:
Sylvia for Shame the Cheat give o'er:
The End to which the Fair are born,
Is not to keep their Charms in störe:
Bat lavishly dispose in Haste
Of loys which none but Youth improve;
loys which decay when Beanty's past;
And who, when Beauty's past, will love?
Trotzdem die liebe das grundthema der gedichte Aphra
Behns bildet, also ein echt lyrisches, so fehlt doch dieser poesie
das eigentlich lyrische moment, das echte gefühl. Die auf-
fassung der liebe ist äusserlich und oberflächlich, dabei aber
charakteristisch für die zeit. Die liebe ist kein impulsives,
tiefwurzelndes gefühl der hingäbe, sondern eine verstandes-
mässige tändelei, die nichts mit wahrem gefühl zu thun hat,
trotz des scheinbaren gefühlsüberschwanges. Man disputiert
über das feuer der liebe, schickt sich einander schmeichlerische
gedichte und erweist sich sonst galante aufmerksamkeiten, um
die tiefe seiner neigung zu beweisen. Je äusserlicher man die
liebe auffasst, desto mehr worte werden verschwendet, um sie
zu schildern. Ueberall begegnen wir der Übertreibung. *In
überschwänglicher Sentimentalität jammern die schäfer und
nymphen ; die lüfte sind mit einem übermass von Seufzern er-
füllt. Bei den mädchen rühren uns die klagen noch eher, und
Aphra Behn findet wohl auch töne, die wirklichen gefühlen
entspringen; 3) um so feiger erscheinen die männer mit ihren
thränenfluten und kindischen klagen. Die grosse rührseligkeit
ist zum teil der thatsache zuzusclu'eiben, dass wir eine dichterin
vor uns haben. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass gerade
1) Cowley, a. a. o. ») The Connsel. Poems 1684, p. 89.
«) The Reflection, p. 113 unten.
APHRA BERNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 119
die Sentimentalität in den beliebten idealromanen , dann vor
allem in den romanen des 18. Jahrhunderts, ein charakteristisches
merkmal ist. Wir werden nicht anzunehmen brauchen, dass
es die unglücklich liebenden so ernst mit ihren erbarmungs-
würdigen klagen meinten und thatsächlich so schnell in den
tod eilten, wie man nach ihren reden annehmen müsste. Es
liegt vielmehr darin eine indirekte huldigung der oder des
geliebten ; die dichterin will in geistreicher weise zeigen, welche
ungeheure macht die liebe besitzt, die die angebetete person
einflösst. Diese schönrednerische tendenz steht in widersprach
zu dem gewählten milieu. Man kann sich kaum einen grösseren
gegensatz denken als denjenigen zwischen den schöngeklei-
deten, geistreichen, in allen feinen und galanten künsten er-
fahrenen „Schäfern" und einer wirklich naiven, bedürfnislosen,
natürlichen hirtenweit. Dieser gegensatz wirkt um so greller,
als wir uns unter den sentimentalen, gezierten schäfera und
hirtinnen sinnliche genussmenschen des restaurationszeitalters,
die sich an den sittenlosesten, rohesten komödien ergötzten,
zu denken haben. Ihr wahrer Charakter kann sich trotz des
künstlichen gewandes der unschuldigen Idylle nicht verleugnen.
Auch in diesen zärtlichen, „verliebten" gedichten blickt sehr
oft die frivolität hervor, die in den lustspielen so offen und
frech ihr haupt erhebt. Gerade dui'ch die hülle scheinbarer
naivetät müssen die gedichte um so pikantere wii*kung bei
der feinen leserweit ausgeübt haben. Ein beispiel dafür haben
wir schon oben kennen gelernt. >) Die pikante Schilderung
der äusserlichen reize des geliebten sind darauf berechnet,
sinnliche en*egung hervorzuraf en ; geradezu abstossend muss
es auf uns wirken, wenn die dichterin dabei noch eine fromme
miene aufsetzt, indem sie vergleiche mit unschuldigen engein
zieht. Doch oft bemüht sich die dichterin nicht einmal, we-
nigstens äusserlich den schein der guten sitte zu bewahren;
sie scheut sich nicht vor kecken, lüsternen andeutungen und
schlüpfrigen detaillierten Schilderungen. Es finden sich bei
Aphra Behn gedichte, welche zu lesen eine gesittete frau sich
schämen würde. '^) Es ist auch darin keine entschuldigung zu
0 Siehe p. 116.
*) On a Jnniper-Tree cnt down to make Bnsks. Poems 1684, p. 19;
The willing Mistress, a. a. o. p. 44; The Disappointmenti a. a. o. p. 70.
120 P. SIEGEL,
sehen, dass gerade die beiden bedenklichsten gedichte möglicher-
weise nicht von Aphra Behn sind;») denn dadurch, dass sie
dieselben in ihre Sammlung aufgenommen hat, giebt sie ja ihre
billigung zu erkennen. Allerdings müssen wir auch hier auf
die moralisch zerrütteten Verhältnisse der zeit rücksicht nehmen.
Es gab auch in Deutschland zu jener zeit dichter, welche in
ihrer poesie in bezug auf frivolität und Unmoral der Eng-
länderin nichts nachgeben; gerade eins der schlüpfrigsten ge-
dichte Aphra Behns wurde ins Deutsche übertragen.^) Die
frivolität ist mehr oder weniger ein Charakteristikum der
leichten, galanten poesie. Aphra Behn bewegt sich auch sonst
innerhalb der grenzen dieser dichtungsart. Die Wirkungen der
liebe werden durch die üblichen mittel geschildert: schnelles
erröten, zärtliche seufzer, schmachtende äugen, sentimentale
klagen etc. Die liebe erscheint stets personifiziert als „Gk)d
of Love" oder einfach als „Love", ausgerüstet mit bogen und
pf eilen, mit denen sie die herzen der menschen verwundet.
Eine ganz besondere macht wird den äugen zugeschrieben.
In ihnen spiegelt sich die seele und sie geben die spräche
des herzens wieder:
My wounded Soul monnts to my Eyes,
As it would prattle Stories there.')
Auch das streben nach „witzigen", d. h. pointierten, durch
ihren antithetischen sinn überraschenden gedanken und aus-
sprüchen kennzeichnet die behnsche lyrik. So flösst die er-
scheinung des geliebten sowohl furcht wie wünsche ein: „I at
once both wish and fear" ;^) oder der verschmähte schäfer klagt
den göttem, dass in der falschen nymphe himmel und höUe
vereinigt sind,^) und von dem trefflichen Amyntas heisst es gar:«)
Yen do not only kill at sight,
Bnt like a Parthian in your Flight;
Wether you rally or retreat,
Yen still have Arrows for Defeat.
Mythologische anspielungen , vergleiche mit gestalten aus
der antike, die in der galanten poesie sehr beliebt sind, finden
sich zwar auch bei Aphra Behn, aber nur in geringem masse ;
') Siehe p. 126 f. *) Siehe p. 128.
3) Song. Poems 1684, p. 92. *) Ebenda.
») Song. To Pesibles Tune. Poems 1684 p. 86. «) Siehe p. 117, a. 1.
APHBA BEHN8 GEDICHTE UND PB08AWEBKE. 121
sie war doch nicht so bekannt mit dem klassischen altertum
wie ihre männlichen kollegen. Dagegen ist in ihrer poesie
ein anderes element besonders ausgebildet, die beseelung der
natur mit menschlichen empflndungen und gefühlen. Aller-
dings ist die betrachtung der natur ganz konventionell. Die
natur ist für die dichterin — darin berührt sie sich gleich-
falls wieder eng mit der galanten dichtung — nur ein mittel
zum zwecke, nicht der endzweck selbst. Sie ist nicht das
höchste Vorbild für den menschen, sondern sie steht unter
diesem und ist verbesserungsfähig, i) In dem gedieht „On the
Death of Mr. Grinhil, the famous Painter" ^) rühmt die autorin
von dem maier:
Great Master of the noblest Mysterie,
That ever happy knowledge does inspire;
Sacred as that of Poetry
And which the wond*ring World does eqnaUy admire.
Great Natures Work we do contemn,
When on his glorions Births we meditate:
The Face and Eies, more Darts receiv'd from him,
Than all the Charms she can create.
The Difiference is, his Beanties do heget
In the inamour'd Sonl a vertnous Heat:
\\Tiile Natures grosser Pieces move,
In the coarse Road of common Love.
Was nun von der natur gezeigt wird, das beschränkt sich
in Aphra Behns gedichten auf blumige wiesen, schattige, dunkle
haine und murmelnde kühle flüsse. Zu diesen platzen werden
die liebenden mit Vorliebe geführt, um den blumen, bäumen
und dem wasser ihr leid zu klagen, oder ihre lust zuzujubeln.
Die bäume, blumen, quellen etc. verstehen auch die spräche
der menschen; sie stellen sich in ihren dienst:^)
Then with a Stream he (Dämon) holds Discoorse:
0 thou that hend'st thy liquid Force
To lovely Thames! upon whose Shore
The Maid resides whom I adore!
My Tears of Love upon thy Surface hear:
And if upon thy Banks thou seest my Fair:
In all thy softest Murmurs sing,
From Dämon I this Present hring;
1) Diese auffassnng von der natur steht im gegensatz zu derjenigen
im Oroonoko , wo A. B. die natur als grösste meisterin preist.
«) Poems 1684, p. 24. «) La Montre ; works VI, p. 202 f.
122 P. SIEGEL,
My e'ery Gnrl contains a Tear!
Then at her Feet thy Tribute pay:
Bnt haste, Oh happy Stream! away;
Lest charm'd to much, thon shonldst for ever stay.
And thou, Oh gentle, murm'ring Breeze!
That plays in Air, and wantons with the Trees;
On thy young Wings, where gilded Snn-beams play,
To Iris my soft Sighs conyey.
Diese beseelung der natiir würde nicht unnatürlich, viel-
mehr belebend wirken, wenn sich die dichterin vor Übertreibung
hütete. Bei ihr wird diese belebung der natur nur ein mittel
mehr zur verhen-lichung der verehrten person. Aphra Bebn
geht darin so weit, dass sie Irland die glückliche insel mit
ihren grünen wiesen und schönen blumen, mit ihren dunklen
hainen und perlenden quellen, mit ihren Wäldern und hügeln
und wandernden bächlein beglückwünscht, dass „Celladon, the
great godlike Celladon", ihr die gnade erweist, sie zu be-
suchen. ^) Ja die natur verhält sich nicht nur passiv, indem
sie mit dem menschen fühlt und leidet und deren klagen an-
hört, sondern sie wird selbst von der macht der liebe ergriffen.
Die sanften winde küssen die hängenden zweige; der wacholder-
baum erzählt, dass, als sich Philocles und Cloris in seinen
schatten gelagert hatten, er seine zweige so tief gebeugt hat,
dass sie den schäfer küssen konnten. 2) Diese „witzige" art,
die natur zu verwenden, findet ein sehr anschauliches beispiel
in den folgenden versen aus dem gedieht „On Mr. J. H. In a
Fit of Sickuess";'^ (d.h. J. H. = Amyntas ist krank, nicht
Astrea) :
Forsaken looks th'enameld May:
And all its Wealth uncourted dies;
Each little Bird forgets its wonted Lay
That sung good Morrow to the welcome Day,
Or rather to thy lovely Eies.
The cooling Streams do backward glide:
Since on their Banks they saw not thee,
Losing the Order of their Tide,
And murmuring chide thy Cnielty:
Then hast to lose themselves i' th' angry Sea.
Wir müssen noch kurz auf die gelegenheitsgedichte Aphra
Behns eingehen. Es sind einige huldigungsgedichte , die die
») A Farewel to CeUadon, On his going into Ireland. 'Poems 1684, p. 13.
*) On a Juniper-Tree etc. Poems 1684, p. 19. ») Poems 1684, p. 106.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSA WERKE. 123
gefeierten in allen tonarten der Schönrednerei preisen. Es sei
besonders auf eins dieser gedichte, das wegen seines mutigen,
aufmunternden tones sympathisch berührt, hingewiesen: „To
the Honourable Edward Howard, on his Comedy called the
New Utopia". *) Aphra Behn ruft dem autor zu, wenn ihm
auch von der menge nicht der verdiente beifall gezollt würde,
so sei er dennoch unerreicht in seiner kunst, ja er übertreffe
sogar den ;,mächtigen, grossen Jonson". Sie fordert den
dichter auf, sich nicht durch das ungünstige urteil der unge-
bildeten, beschränkten menge einschüchtern zu lassen, sondem
dem ansturm der missgünstigen zu trotzen und der blöden
menge zu beweisen, dass er ihr nicht unterliege; denn auch
der grosse Ben Jonson sei nur um so satirischer geworden,
je mehr ihn die menge verurteilte. Wie sehr die dichterin
die unwissende menge verachtet, mögen folgende verse aus
dem besprochenen gedichte zeigen:
Your Soul of Thought you may imploy
A nobler Way,
Than in Eevenge upon a Mnltitnde,
Whose Ignorance only makes 'em rüde.
Should you that Justice do,
You must for ever bid adieu,
To Poetry divine,
And ev'ry Muse o' th' Nine:
For Malice then with Ignorance would join,
And so undo the World and you.
Zum Schlüsse wollen wir noch einen blick auf Über-
tragungen resp. bearbeitungen fremder gedichte werfen.
Eigentliche Übersetzungen schrieb Aphra Behn nicht, sondern
Paraphrasen und nachahmungen. Von antiken dichtem hat
sie Ovid und Horaz nachgeahmt. Eine paraphrase über eine
ovidsche epistel haben wir schon oben genannt (p. 108). Dem
gedichte ist zum Verständnis für den leser folgendes „argument"
vorausgeschickt: „Hecuba, being with Child of Paris, dream'd
she was delivered of a Firebrand: Priam Consulting the
Prophets, was answer'd the Child shou'd be the Destruction
of Troy, wherefore Priam commanded it should be deliver'd
to wild Beasts as soon as born ; but Hecuba conveys it secretly
to Mount Ida, there to be foster'd by the Shepherds, where
») Poems 1684, p. 106.
124 P. SIEGEL,
he falls in Love with the Nymph Oenone; but at last being
known and own'd, he sails into Greece, and carries Helen to
Troy, which Oenone understanding, writes him this Epistle."
Oenone ruft Paris die geschichte ihrer zärtlichen liebe ins
gedächtnis zurück; sie klagt in rührenden tönen über seine
untreue und bittet ihn, sich nicht von der falschen Helena
bestricken und in das ehejoch zwingen zu lassen, sondern
wieder zu ihr zurückzukehren. Uebertriebene Sentimentalität
und das streben nach geistreichen gedanken kennzeichnen
dieses gedieht.
Horaz ist in zwei kleineren gedichten vertreten. Das
eine überschreibt die dichterin „In Imitation of Horace" ; *)
es ist ein elegisch gehaltenes liebesgedicht. Das andere, „A
Paraphrase on the eleventh Ode out of the flrst Book of Horace",*)
besitzt den heiteren Charakter wie die oben als horazisch-
anakreontisch bezeichneten gedichte; sein inhalt lässt sich
kurz durch die beiden verse wiedergeben:
Give me but Love and Wine, TU ue'er
Complain my Destiny's severe.
Am ende der gedichtsammlung steht noch ein gedieht, das
die Verfasserin einfach „A Translation" ») nennt. Der inhalt
stimmt genau mit dem eines gedichtes des Earl of Rochester
überein, welches betitelt ist „ A Lyric. In Imitation of Cornelius
Gallus".*) Die beiden gedichte untei-scheiden sich nur durch
ihre länge, das erstere hat sieben, letzteres nur fünf, im übrigen
gleichgebaute, Strophen. Das original ist eine lateinische elegie
aus dem fünfzehnten Jahrhundert, die fälschlicherweise dem
berühmten römischen redner und Staatsmann zugeschrieben
wurde ;^) die elegie heisst „Lydia bella puella".
In bezug auf die form, die spräche, den stil, entsprechen
die gedichte Aphra Behns den anforderungen der galanten
poesie. Die dichterin giebt selbst einmal eine bezeichnende
Charakteristik für gute verse in dem gedieht „On a Copy of
Vei-ses made in a Dream etc., ") wo sie die verse des Amyntas
mit folgenden worten rühmt:
Soft ev'ry Word, easy each Line, and true;
Brisk, witty, manly, streng and gay;
1) Poems 1684, p. 98. *) Poems 1684, p. 126. *) Poems 1624, p. 127.
*) The Poetical Works of the Earls of Rochester, Roscomon etc. p. 137.
'^) Grässe, a. a. o. p. 643. «) Poems 1684, p. 63.
APRBA BEHN8 GEDICHTE UND PBOSAWERKE. 125
The Thonghts are tender all, and new,
And Fancy ev*ry where does gently play.
Also sanfte worte, witzige verse, zarte, neue gedanken
und lieblich spielende phantasie. Die spräche der gedichte
Aphra Behns ist leicht verständlich, nicht hochpoetisch, aber
anmutig und beweglich. Umschreibungen und vergleiche sind,
im Verhältnis z. b. zu dem schwulst in der gleichzeitigen
deutschen dichtung, weniger häufig; wenn sie vorkommen,
so sind es die allgemein üblichen und konventionellen. So wird
das reich der toten mit ewigen, schweigenden hainen, mit
ewiger dämmerung verglichen ; das herz der geliebten ist eine
festung; die äugen heissen lichtsterne; die wangen gleichen
rosen, die von kristallschauern, den thränen, betaut werden.
Das streben nach neuen gedanken verleitet die dichterin zur
geschraubtheit und zum Wortschwall, die sich durch die häufung
charakteristischer attribute kennzeichnen ; so nennt sie Celladon
„the gi-eat, the brave and good, the piain and noble Character",
oder Dämon „the honest, brave and young", oder die verse des
Amyntas „brisk, witty, manly, strong, and gay". Doch trotz
der vielen worte ist der Wortschatz ziemlich beschränkt; es
kehren immer dieselben ausdrücke wieder, die „sighing, lovely,
true-hearted, witty, gay Swains" und die „weeping, love-sick,
pittyless, amorous, charming, blushing Nymphs", die „kindling
Flames", die „almighty, sacred, hopeless Love", die „fine, starry,
soft warring, killing Eyes", die „conquered, broken, yeilding
Hearts", die „coral Lips", die „soft, lucky, silent Hours", die
gloomy, shady Groves", die „broken Vows", etc. etc. Am
besten, auch in bezug auf die form, spräche, sind der dichterin
die heiteren gedichte wieder gelungen ; sie zeichnen sich durch
leichtigkeit und anmut aus. Wegen dieser Vorzüge eignen sich
diese gedichte, die Aphra Behn „Songs" nennt, sehr wohl zur
komposition, die einigen von ihnen zuteil geworden ist. >)
Leider ist gerade eines dieser lieder, „The willing Mistress",
ebenso frivol und schlüphig im inhalt, wie anmutig und ge-
wandt in der form ; die letztere eigenschaf t hat jedenfalls den
deutschen dichter zur Übersetzung gereizt. 2)
0 A Song on her loving Two equally und The Counsel set by Capt.
Pack. The Sorprize set by Mr. Farmer. The Complaint set by Mr. Banister.
>) Siehe p. 128.
126 P. SIEGEL,
Was die rein äussere form betrifft, so sind bei weitem
über die hälfte der gedichte Aphra Behns in Strophenform
abgefasst. Die länge der Strophen ist eine sehr verschiedene;
sie schwankt zwischen vier und dreiundzwanzig versen. Die
längeren Strophen sind naturgemäss in den gedichten ange-
wendet, in denen der ton feierlich, pathetisch sein soll Dabei
ist selbst innerhalb eines gedichtes die länge der einzelnen
Strophen nicht immer gleich ; z. b. wechseln in der tranerode
„On the Death of Mr. Grinhil" Strophen von vierzehn, neunzehn,
zweiundzwanzig und dreiundzwanzig versen mit einander. In
den Songs sind die Strophen immer gleich lang, da dies schon
die melodie fordert. Die verse kommen auch in den verschie-
densten längenmassen vor. Am zahlreichsten sind drei-, vier-
und fünf hebige verse mit einer Senkung am anfang, also jam-
bische verse. Längere , d. h. sechs- bis achthebige verse sind
wieder in den feierlichen gedichten angewendet. In den Songs
wechseln vielfach drei- und vierhebige verse regelmässig mit
einander ab. Das metrum ist in den weitaus meisten fällen
jambisch, selten trochäisch und nur in ganz wenig fällen dak-
tylisch. Die verse sind ausnahmslos durch den reim gebunden.
Die reimstellung bewegt sich in den mannigfachsten arten;
wir begegnen paarweisen, gekreuzten und verschlungenen
reimen. Auf die reinheit des reimklanges hat die dichterin
keine besondere Sorgfalt verwendet ; oft sind die reime nur für
das äuge vorhanden, z. b. vow'd : show'd, move : love, all-cabal,
tum : sun, vow : subdue, Seen : him, set : great, etc.
Die unstrophischen gedichte sind aus versen zusanmien-
gesetzt, deren länge zwischen vier und sechs füssen schwankt.
Es sind meist zwei, manchmal drei verse durch den reim ge-
bunden. Die nachahmungen antiker gedichte weichen in der
form nicht von den anderen gedichten ab; sie sind also auch
entweder strophisch oder unstrophisch und stets gereimt
Aphra Behn beherrscht diese einfachen formen sehr gut.
Die verse sind glatt und leicht gebaut. Man merkt, dass ihr
das verseniachen leicht fiel. Ein beweis dafür liegt ja auch
darin, dass sie die „Voyage to the Isle of Love", deren original
zum grösseren teil in prosa geschrieben ist, in leichte, fliessende
verse gebracht hat.
Wir müssen hier noch auf zwei gedichte eingehen, die
nicht mit Sicherheit Aphra Behn zugeschrieben werden können.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 127
Es sind die beiden frivolsten in der Sammlung: „On a Juniper-
Tree"*) und „The Disappointment".^) Diese beiden gedichte
stehen merkwürdigerweise auch in Rochesters gedichten. Es
lässt sich nicht sicher feststellen, wer der autor der beiden
gedichte ist ; jedoch sprechen einige gründe für die autorschaft
Aphra Behns, wenigstens in bezug auf das zweite. Lowndes ^)
sagt von den gedichten des Earl of Rochester : „In this (aus-
gäbe von 1680) and several other editions, are contained many
poems füll of obscenity, which arel said to be falsely attributed
to Lord Rochester." Ausserdem spricht noch ein umstand
gegen Rochester. In seinen Poems ist das gedieht, welches
Aphra Behn „The Disappointment" nennt, betitelt: „The In-
sensible";*) dagegen steht unmittelbar vorher ein anderes ge-
dieht mit dem titel „The Disappointment", welches dieselben
gedanken wie das Behnsche gedieht mit der gleichen Über-
schrift behandelt, nur in anderer form. Daraus könnte man
schliessen, dass Rochester und Aphra Behn zu gleicher zeit
denselben stoff behandelten und dass vielleicht Rochester auch
das gedieht Aphra Behns an sich nahm und in seine gedicht-
sammlung einfügte. Einen direkten beweis, dass die beiden
autoren zusammen gleiche Stoffe bearbeiteten, besitzen wir in
dem oben erwähnten gedichte Aphra Behns „A Translation".^)
Wenn wir nach den lobgedichten, die in den Poems 1684
vor den eigentlichen gedichten Aphra Behns stehen, urteilen
wollten, so müssten wir annehmen, dass die dichterin mit ihren
„Little Pieces" grossen anklang gefunden hat. Denn in diesen
lobgedichten wird der dichterin von verschiedenen autoren, die
aber nur zum teil ihren vollständigen namen nennen, die über-
schwänglichste huldigung gespendet. Alle stimmen darin
überein, dass es nie vorher eine so geniale dichterin gegeben
habe wie Astrea und dass sie nie übertroffen werden würde.
Diese panegyrischen ergüsse kommen von befreundeten Schrift-
stellern und sind natürlich nicht massgebend. Aphra Behn
selbst urteilt ziemlich bescheiden über die kinder ihrer muse,
wie wir oben gesehen haben. Allein die gedichte müssen doch
») Poems 1684, p. 19. •) Poems 1684, p. 70.
») Lowndes, a. a. o. Part Vm, p. 2114.
*) The Poetical Works of the Earls of Eochester etc. p. 116.
») Siehe p. 124.
128 P. SIEGEL, APHBA BEHN8 OEDICHTE UND PR08AWBBXE.
einen guten erfolg gehabt haben, denn Aphra Behn veran-
staltete schon ein jähr darauf wieder eine ausgabeJ) Sie
wurden sogar über England hinaus bekannt, vor allem in
Deutschland. Hagedorn schreibt: „Der grosse Philip Sidney,
der herzog von Buckingham, der graf Dorset, Sedley, der zärt-
liche Waller, die zärtlichere Aphra Behn, etc., sind die besten
liederdichter der Engländer." ^) Ein anderer deutscher dichter
jener zeit, Johann Burkard Mencke, bekannt unter seinem
dichternamen Philander voir der Linde, hat ein gedieht Aphra
Behns übersetzt und zwar „The willing Mistress" ^) („das
willige Frauenzimmer"). In der vorrede zu seinen Über-
setzungen „verliebter" gedichte finden sich folgende aner-
kennende Worte über Aphra Behn: „Die unter dem Nahmen
der Astreea in Engeland allzu bekannte Afara Behn hätte
weder anderen Pei^sonen ihrer Zeit so viel verliebte Ge-
danken inspiriret, noch die erdichtete Reise nach der Insul
der Liebe in so anmutigen Reimen beschreiben können : wenn
sie nicht nebst ihrer ungemeinen Schönheit auch eine unge-
meine Empfindung gehabt." Die Übersetzung des genannten
gedichtes ist ziemlich frei und der sinn öfters nicht richtig
wiedergegeben. Der ausdruck ist bei Aphra Behn knapper
und gedrängter; in der Übersetzung musste er schon deshalb
weitschweifiger werden, weil der Übersetzer alexandriner an-
wendete, während das original in abwechselnd drei- und vier-
hebigen versen gedichtet ist.
0 Siehe p. 106.
*) Hagedorns poet. werke; dritter teil; öden u. lieder; vorrede, p. IX.
") Philanders von der Linde galante Gedichte, p. 51.
(Schluss folgt.)
Leipzig. P. Siegel.
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD.^)
Jedes litterarische erzeugnis wird umsomehr kunstwerk
sein, jemelir die drei quellen, aus denen es entsprungen ist,
das übernommene, das erlebte und das eigene durch die macht
der persönlichkeit des dichters zu einer einheit verschmolzen
worden sind. Es ist klar, dass es ein vergebliches bemühen
sein würde, etwa in der fertig vor uns tretenden dichtung
die drei quellen wieder scheiden zu wollen: lässt sich auch
einzelnes als entlehnt oder erlebt nachweisen, das werk ist
vielzusehr ganzes, trägt vielzusehr den Stempel der eigenart
des dichters, als dass eine 'völlige Zergliederung in drei teile
möglich wäre.
Anders, wenn keine wuchtige persönlichkeit vorhanden
st. Werke solcher art haben zumeist, wenn überhaupt einen,
so doch nur einen zeiterfolg gehabt, weil man bald das ihnen
innewohnende missverhältnis erkannt hat. Wenige bücher
nur kann es geben, die so viele generationen in so hohem
masse über das missverhältnis zwischen übernommenem einer-,
erlebtem und eigenem anderseits, sowie überhaupt zwischen
Stoff und dichterischer kraft hinweggetäuscht haben, wie
Goldsmiths Vicar of Wakefield.
Ich will in der vorliegenden arbeit den versuch machen,
die Wertschätzung dieses romans auf das nach meiner ansieht
richtige mass zurückzuführen, indem ich, was hier sehr gut
möglich ist, das werk nach seinen quellen auseinanderlege und
dann zeige, wie Goldsmith gearbeitet hat. Die aufgäbe bringt
es mit sich, dass ich mein hauptaugenmerk auf das richte.
*) Die beschäftigfang mit Goldsmith verdauke ich einer anregung von
herm dr. Saran.
▲agUft. N. F. xiu. 9
130 WILLI FISCHER,
was der dichter seinen Vorgängern verdankt, also auf die
erste der drei quellen, während das erlebte und erdichtete, an
sich schon unbedeutender, nur im zusammenhange mit jenem
zu behandeln ist.
T.
Als Goldsmiths Vicar of Wakefield 1766 erschien, nach-
dem er schon zwei jähre vorher vollendet worden war, lag
ihm eine reiche entwicklung auf dem gebiete des romans
voraus. 1740 hatte Eichardson seine Pamela veröffentlicht,
und dann waren schlag auf schlag die grossen romane von
Fielding, Eichardson, SmoUett und Sterne gefolgt. Es ist ganz
natürlich, dass Goldsmith durch das gewaltige emporkommen
einer neuen litteraturgattung beeinflusst werden musste, dass
er nur zu begreifen ist als der letzte dieser reihe von dichtem.
Wie weit seine abhängigkeit von den Vorgängern geht, will
ich im ersten teile meiner arbeit genauer feststellen. ^)
Im jähre 1766 war eine sympathische pfarrei^estalt in
der englischen romanlitteratur nichts neues mehr. Fielding
hatte seinen Adams, später in der Amelia den Harrison,
Eichardson in der Klarissa Dr. Lewen, im Grandison Dr. Bart-
lett, Sterne seinen Yorik. Bei Fielding und Eichardson, die
mit gleicher verliebe eine solche liebenswürdige persönlichkeit
verwandt haben, ist die rolle des pfarrers stets die des be-
schützers und freundes der jugendlichen beiden und heldinnen.
Nirgends aber vor Goldsmith nimmt er eine so hervorragende
Stellung ein wie im Joseph Andrews. Fielding selbst sagt in
der vorrede dazu, Adams sei die bedeutendste gestalt des
^) Ich muss hier bemerken, dass ich, nachdem ich meine ergebniaee
in der hauptsache beisammen hatte, über eine beeinflossang Gtoldsmith«
folgende andentungen vorfand: Hettner („Geschichte der engl. Literatur"
Seite 488) , nach ihm Erich Schmidt („Richardson , Ronssean nnd Gk>ethe*',
Jena 1875, seite 67) und andere haben gesagt, der pfarrer Primrose sei ohne
zweifei von Fieldings pfarrer Adams beeinflusst, was Forster („The Life
and Times of Oliver Ooldsmith", Leipzig, Tanchnitz 1873. I, seite 315 ff.)
heftig bestreitet. Erich Schmidt behauptet weiter (s. 63), Richardsonscher
einfluss sei unverkennbar, und es beständen gewisse ähnlicbkeiten mit der
Klarissa, besonders im Verhältnis von Olivia zu ThomhiU.
GOLDSMITHS VIGAB OF WAKEPIELD. 131
ganzen, und er rechnet sich die einführung dieser völlig neuen
figur als besondres verdienst an, gewiss mit recht ! Eichardsons
pastoren sind von diesem so verschieden, dass von beziehungen
zwischen ihnen nicht die rede sein kann.
Wenn beide ihre geistlichen als gute menschen zeichnen,
so bedingt das an sich eine ähnlichkeit nur in sehr geringem
masse, sie ist keine andre als die zwischen zwei irgend jemals
dargestellten guten oder schlechten menschen. Es sind un-
endlich viel Charaktere geschildert worden, obwohl man sie
zum grossen teil unter den kategorien von guten und schlechten
zusammenfassen könnte. Fieldings Adams hat aber nun etwas
so charakteristisches, so ganz eigenes, dass man ihn unter
hundert guten pastoren auf den ersten blick herauskennen
würde. Das ist es, was uns notwendig darauf führt, ihn mit
Goldsmiths Primrose zu vergleichen.
Adams und Primrose sind menschen, die sich im augen-
blick aller herzen erobern. Beide sind arme landprediger mit
zahlreicher familie, vielfachen anfeindungen einer schlimmen
herrschaft ausgesetzt. Doch weder im glück noch im leid
verleugnet sich ihre natur, ihre herzensgute, ihi* reines wohl-
wollen gegen jedermann, sie gehören zu denen, die wahrhaft
einfältigen herzens sind und die darum gar nicht in die weit
hinein passen. Wie sie keinem etwas zu leide thun, so ver-
sehen sie sich von keinem einer bösen absieht, und dieser
gänzliche mangel an misstrauen, diese rührende kindliche
arglosigkeit setzt sie überall den angriffen klügerer mit-
menschen aus, in deren schlingen sie rettungslos fallen. Ich
brauche nicht all die unangenehmen lagen aufzuzählen, in die
Adams durch seine leichtgläubigkeit gerät, sie sind bekannt
genug, und Primi'ose lässt sich ebenso unfehlbar von Thomhill,
den beiden „damen" und Jenkinson betrügen. Es besteht für
gescheite leute überhaupt keine Schwierigkeit, die beiden in
jede beliebige ansieht hineinzutäuschen. Als Adams in dem
hause des possenliebenden Squires (buch III, kap. 7) auf das
tollste misshandelt worden ist, lässt er sich doch sofort von
der ehrlichkeit des doktors überzeugen, der gegen Ober-
flächlichkeit und leichtfertigkeit herzieht, um den pfarrer
durch eine solche gesinnung zu ködern. Auch Primrose
glaubt an die ehrenhaftigkeit der beiden „damen", als
diese ihm, für jeden andern durchsichtig, nach dem munde
/
/
/
132 WILLI FISCHBB,
reden, damit ihre plane desto besser gelingen (kap. EX 40). *)
Alle täuschungen und kränkungen machen sie nicht bitter,
sie bleiben sich stets gleich und sind schnell zur Versöhnung
bereit. So vergisst Adams, der dem erwähnten Squire mit
recht grollt, sofort seine q zom, als jener wenig plausibel die
Vorkommnisse entschuldigt, und Primrose, der entrüstet ist
über einen gemeinen verschlag, den ihm Thomhill inbezug
auf Olivia gemacht hat, verzeiht diesem, ja er bereut sogar
seine heftigkeit, als der junge gutsherr seinen eben gespro-
chenen werten eine andie auslegung giebt.
Sie sind eben in jeder hinsieht wahre Christen. Ihre
hilfsbereitschaft unglücklichen gegenüber beschränkt sich nicht
auf tröstende worte, sie geben auch wo sie können. Adams
zögert nicht, Joseph aus dem Wirtshaus zu lösen (1 14), ob-
gleich dadurch seine reise unmöglich gemacht wird , und
Primrose befreit den ihm gänzlich unbekannten Burchell aus
derselben notlage (III 13). Freilich kann es ihnen auch
passieren, dass die leidenschaft einen augenblick lang die
christliche ergebung zurückdrängt, wie das ja menschlich ist
Adams preist einmal Selbstbeherrschung (IV 8), da wird ihm
plötzlich gemeldet, dass sein söhnchen ertrunken sei: seine
lehren vergessend, bricht er in die wildeste Verzweiflung aus,
so dass Joseph Andrews trotz seines eignen Schmerzes ihn
schliesslich an seine früheren ermahnungen erinnern muss.
„Child", antwortet der pfarrer, „do not go about impossibi-
lities". Hier scheint ihm keine beherrschung möglich, und
Josephs tröstungen lassen seinen schmerz nur ungestümer
wüten.
Dieser zug, so einfach und natürlich, hat Goldsmith sehr
gefallen, er hat ihn dreimal kopiert. Als die familie (XVn 78)
fröhlich beisammensitzt und der alte Primrose das glück
seiner häuslichkeit rühmt, da kommt wie ein donnerschlag
aus heiterm himmel die nachricht, dass Olivia mit Thomhill
entflohen sei. Auch hier bricht beim pfarrer der schmerz
ungestüm hervor. „Father", ruft Moses, „is this your Forti-
tude?" „Fortitude, child!" sagt Primrose, er versteht gar
nicht, was Moses will und vermag sich nicht zu fassen, er
überlässt sich ganz dem zom und der Verzweiflung.
*) Ich eitlere nach der Tauchnitz-ausgabe.
GOLDSMITHS >ICAB OP WAICEFIELD. 133
Aehnlich ist es im gefängnis (XXVIII 146), als er von
Sophiens entführung hört, wo weib und solin seinen schmerz
zu lindern sich bemühen und ganz ebenso gleich nachher (149),
als Georg mit ketten beladen erscheint und ihn mahnen muss,
genau wie vorher Moses.
Es ist zu beachten, dass Primrose zwar in eine andre
handlung versetzt wird als Adams, dass er aber auf die
schlimmsten prüfungen dreimal hintereinander genau so reagiert
wie Adams, dass also Goldsmith bei den lagen, in die sein
pfarrer gerät, ohne dass sie im Joseph Andrews ein vorbild
fänden, sich doch desselben mittels b(idient, das Fielding ein-
mal anwendet.
Adams und Primrose sind auch sonst nicht frei von
allerlei kleinen schwächen. Sie sind tüchtige gelehrte, aber
ziemlich einseitig, denn ihre bildung ist fast ausschliesslich
klassisch und für moderne zeiten haben sie weder Verständnis
noch Interesse. Ihre Unwissenheit in dieser hinsieht ist
geradezu erstaunlich : Adams kennt von der neueren litteratur
nur Addisons Cato und die Conscious Lovers (HI 11 ; HI 2 usw.)
und Zeitschriften sind ihm völlig unbekannt (II 17). Primrose
weiss von der gegenwart gar nichts (XVIII 83), ebensowenig
von Zeitungen (XIX 85) , und Shakespeare versteht er nicht
(XVni 84). Da sie beide kaum je über den kreis ihrer familie
hinausgekommen sind, innerhalb deren sie natürlich immer
als autoritäten gelten, so sind sie ein klein wenig pedantisch
und eitel geworden. Wo es irgend möglich ist, zeigen sie ihre
gelehrsamkeit, sie lassen keine gelegeuheit vorübergehen eine
belehrung anzubringen.
Dabei kommt es denn unglücklicherweise auch vor, dass
sie etwas tadeln und Vorschriften geben, bald darauf aber
selbst gegen ihre regeln handeln. Um nur einiges anzuführen,
so ergeht sich Adams einmal in philosophischen betrachtungen
über die thorheit, sich bei einem streite zu erhitzen, an dem
keiner der streitenden Interesse hat und gerät in kurzem in
einen ergötzlichen streit gerade dieser art, den er äusserst
hartnäckig führt (HU), oder er empfiehlt Joseph in dem
schon angeführten falle christliche ergebung und standhaftig-
keit und lässt sich gleich nachher vom schmerze völlig über-
mannen (IV 8).
Primrose aber lässt sich von Jenkinson trotz seiner ein-
134 WILLI FISCHER,
gebildeten weltklugheit ebenso betrügen wie vorher Moses
(XIV 62) und muss sich von diesem und Georg mangel an
seiner gerühmten Charakterstärke vorwerfen lassen (X VII 79 ;
XXVni 149). Nichts jedoch kann sie in der meinung von
sich selbst irremachen. Sie glauben vortreffliche menschen-
kenner zu sein und mit ihrer buchweisheit überall auszu-
kommen (Adams 11 16 usw., Primrose XIV 58), dann aber hat
jeder noch ein besondres Steckenpferd. Adams hält den schul-
meisterstand für den höchsten aller stände und sich selbst für
den grössten Schulmeister (HI 5): Das ist ein punkt, in dem
Widerspruch ihn unangenehm machen kann, hieran darf nie-
mand zweifeln. So glaubt Primrose, niemand könne ihn im
disputieren überwinden (VI 24) und ist sehr unwillig, als das
bestritten wird. Ausserdem ist er ein Vorkämpfer der mono-
gamie und hat sich völlig in diese ansieht verrannt. Leider
finden seine bücher keine käufer, die von Adams nicht einmal
einen Verleger.
Aus beider harmloser eitelkeit und eingebildetheit erklärt
es sich auch, dass sie die kunst, zur rechten zeit zu schweigen,
nicht verstehen, sie fördern ihre ansichten zu tage, ob es klug
ist oder nicht. Adams dem wirt (II 17) und Peter Pounce
(III 13), Primrose dem Butler gegenüber (XIX) reden, trotz-
dem sie die ansichten dieser leute, denen sie noch dazu ver-
pflichtet sind, kennen, so unklug und^ unbedacht, dass sie sich
ihre freundschaft verscherzen. Ganz unmöglich ist es ihnen,
eine erzählung ruhig anzuhören, sie unterbrechen immer, sei
es um zu belehren, oder zu fragen, oder sonst eine bemerbmg
zu machen (Adams II 4; HI 3, Primrose XVI 112/3 ; XX 95 ft).
Doch alle schwächen haben ihre grenzen. Da, wo es
sich um irgend etwas handelt, das in ihre pflichten eingreift»
ist plötzlich keine spur mehr von lächerlichkeit vorhanden,
es tritt uns eine ernste, entschlossene persönlichkeit entgegen,
die keine macht der weit bewegen kann, auch nur einen zoll
breit vom wege des rechten abzuweichen. Als Lady Booby
von Adams die einstellung des aufgebots von Fanny und
Joseph verlangt und ihm bei ungehorsam ihre Ungnade und
viele Unannehmlichkeiten drohen, als frau und tochter ihn
auffordern nachzugeben, da weist er, der sonst so nachgiebige,
diese aufforderung ruhig zurück und folgt unerschüttert der
Pflicht (IV 8).
60LDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 135
Primrose soll seine Zustimmung zur Verheiratung von
Miss Wilmot mit Thomhill erklären, der aber nach seiner
Überzeugung bereits mit seiner tochter Olivia vermählt ist.
Trotzdem er das grösste elend für den fall einer Weigerung
voraussieht, trotzdem frau und kinder ihn bestürmen, bleibt
er fest und lässt lieber alles leid über sich ergehen (XXIV).
Soviel achtung beide auch sonst vor höherstehenden haben,
so wenig stehen sie an, diesen gründlich die Wahrheit zu
sagen, sobald ihr amt es verlangt. Das gute gewissen ist
ihnen alles. Sie ertragen jedes leid geduldig, wenn sie auch
die leidenschaft nicht immer unterdrücken können.
Als Adams im wirtshause ist, ohne geld und ohne aus-
sieht loszukommen, als Primrose hoffnungslos im gefängnis
liegt, da schlafen sie beide so friedlich und fest, als ob sie
keine sorge kennten (Adams in 9 schluss ; Primrose XXV 133).
Nach allem ist es kein wunder, dass sie von ihren pfarr-
kindem in rührender weise verehrt und geliebt werden (Adams
IV 1 ; Primrose XXV 128).
Aus dem gesagten geht hervor, dass die gestalt des
pfarrers im Vicar of Wakefield nicht nur von Fieldings Adams
beeinflusst ist, sondern dass beide ihrem Charakter nach eine
und dieselbe person sind. Dass sich bei der ganz verschie-
denen handlung in beiden romanen trotz genauer Überein-
stimmung der Charaktere kleine unterschiede herausstellen,
ist klar. Primrose kommt in manche lagen, in die Adams
nicht kommt: hier aber handelt er so, wie Adams es thun
würde. Primrose hat allerdings manche züge des Adams nicht,
er ist nicht so zerstreut, nicht so neugierig, nicht abergläu-
bisch und kein so rüstiger kämpe») wie dieser. Aber man
*) Aber Forster hätte nicht sagen sollen (I 315): „There was in
Mr. Adams . . . a capacity ... for beating and being beaten which would
ül have consisted with the simple dignity of Doctor Primrose." Es thut
Adams dorchans keinen abbmch) wenn er zu seiner Verteidigung zum
stocke greift Als Primrose von Oliviens entführung erfährt, greift er zu
semen pistolen (XVII 79) und später sagt er zu ThomhiU (XXTV 124) ;
„There was a time when I would have chastised your insolence", er ist nur
jetzt zu alt dazu. Es mag freilich nobler erscheinen, dass Primrose an
ein dnell denkt, während Adams waffe nur der stock ist, wenn aber Forster
Adams daraus einen Vorwurf macht, ist es nicht eines pfarrers würdiger,
in ehrlichem zome mit dem stocke drein zu schlagen als (in der ftied-
136 WILLI FISCHBB,
ist sehr im irrtum, wenn man wie Forster in seiner sonst
vortrefflichen biographie glaubt, daraus folgern zu dürfen,
die beiden gestalten seien einem „verwandten genius" ent-
sprungen (1 315). Man braucht nur daran zu denken, wie
ausserordentlich bezeichnend die einzelnen züge sind, die über-
einstimmen, wie viel bezeichnender noch gerade in dieser
Zusammensetzung. Alles was Forster darüber sagt, erklärt
sich aus der grossen liebe, mit der er betrachtet, was von
Goldsmith stammt und aus dem grossen mangel an liebe, mit
dem er dagegen alles andre betrachtet. Nur so kann man
verstehen, wenn er sagt, es scheine fast unglaublich, dass
zwei solche geschichten wie Joseph Andrews und der Vicar
of Wakefield nur 20 jähre auseinanderlägen, wenn man ihre
spräche und handlung vergleiche.
Man kann Charaktere nicht beurteilen nach unbedeutenden
unterschieden, sondern nach grossen ähnlichkeiten : was Adams
besondres hat, das könnte ihm fehlen, oder Primrose zuge-
schrieben werden, ohne dass sich ihre Charaktere wesentlich
ändern würden. Was hat es zu sagen, dass dieser in einer
etwas andern weise lächerlich gemacht wird als jener, dass
jener eine kleine schwäche hat, die dieser nicht besitzt? Man
muss bedenken, dass das wesen beider völlig das gleiche ist:
Was uns diese Charaktere lieben, was sie überhaupt erst zu
dem macht, als das sie in unserm geiste leben, das ist ihre
reine menschlichkeit. Menschlichkeit insofern, als sie im
wahrsten sinne des worts gute menschen sind, menschlichkeit
auch insofern, als sie wirkliche und wahrhafte menschen sind,
mit schwächen wie jeder sie hat. Diese echte menschlichkeit,
deren Wirkung eine so unverkennbar eigenartige und so wohl-
thuende ist, sie ist es, die uns Adams und Primrose in der
gleichen weise nahe bringt, und in diesem sinne sind beider
Charaktere dieselben.
Eins ist dabei nicht zu vergessen. Dass Primrose einige
lächerliche eigeuschaften des Adams fehlen, das hat einen sehr
guten grund. Goldsmith übernahm ja aus Joseph Andrews
in der hauptsache nur diesen Charakter, aber keine handlang.
liebsten gegend von der weit!) ein paar pistolen beständig in seinem hause
zu baben? Dass Adams gern scblägt, ist durcbans nnricbtig (11 14 schluM;
m 4).
GOLDSMITHS VICAR OP WAKEFIELD. 137
Er nahm also Adams als Primrose herüber und setzte ihn in
eine andre handlang hinein. Während Adams uns entgegen-
tritt auf einer langen reise, auf der sich sein unpraktischer
sinn stündlich zeigen kann, tritt uns Primrose im familien-
kreise entgegen. Es ist aber doch klar, dass Adams auf einer
reise, die ihm etwas gänzlich ungewohntes und fremdes ist,
ein andrer sein muss, als Adams im familienkreise. Das heisst,
die Charaktere bleiben sich immer gleich, aber dort zeigen
sich einige eigenschaften, die sich hier gar nicht zeigen können.
Sobald Primrose auf weltliche geschäfte auszieht, da wird
auch er jämmerlich übertölpelt. Fielding, dessen eigentum
diese gestalt völlig ist, brachte sie später noch einmal in der
Amelia, als den pfarrer Harrison. Das ist ganz derselbe
mann, von derselben gute und reinheit, von derselben leicht-
gläubigkeit, durch die er ohne widerstand eine beute schlechter
menschen wird, kurz, er ist eben eine echt Fieldingsche figur.
Dieser Harrison macht keine reise vor unsern äugen, er kommt
in keine ihm fremde läge und — dieser Harrison hat auch
jene lächerlichkeiten nicht, die Adams hat, die aber Primrose
fehlen. Primrose ist also Adams im familienkreise. Wenn er
sonst etwas weltklüger erscheint, so erklärt sich das daraus,
dass er als der erzähler dargestellt ist. Fielding spricht also
seine persönlichen ansichten selbst aus, während Goldsmith
seine nicht sehr bedeutende weltklugheit dem pfarrer in den
mund legen muss.
Ich bestreite nicht, dass zwischen den beiden gestalten
sich so ein leichter unterschied herausgestellt hat, doch glaube
ich ihn zum grössten teile erklärt zu haben. Ich bestreite
femer durchaus nicht, dass Goldsmith das leben und treiben
des pfarrers in der familie vortrefflich geschildert hat, ich
habe nur zeigen wollen, dass der Charakter selbst nicht sein
eigen ist, dass wir ohne einen Adams nie einen Primrose ge-
habt haben würden.
Die gestalt des Adams hat jedoch Goldsmith so gefallen,
dass er auch mancherlei von dem lächerlichen, das er bei
Primrose nicht anbringen konnte, anderswo verwertete. Er
zerlegte sozusagen Adams in zwei teile, in Primrose und sein
jüngeres abbild Moses.
Moses unterscheidet sich thatsächlich in keinem punkte
von seinem vater, nur hat er mehr den gi'otesken teil der
138 WILLI FISCHER,
rolle äbernommen. Er ist der gleiche gutmütige , einfache
und weltunkundige mensch, ebenso vollgepfropft mit gelehr-
samkeit, ebenso begierig sie zu zeigen (V 23; VI 26; Vin 32;
XVII 77/78). Man vergleiche etwa scenen wie die (VII 28),
wo Thomhill ihn in ein gelehrtes gespräch verwickelt, um
ihn dem gelächter preiszugeben, mit der (1 14), wo der doktor
Adams ebenso behandelt, oder der (in 1), wo der Squire und
seine genossen ihn aufziehen und man wird erkennen, dass
hier Adams das vorbild für Moses gewesen ist. Auch sonst
wird der arme junge lächerlich gemacht, so bei der hochzeit
(XXXII 179), dann durch das ergötzliche missgeschick mit
dem pferdeverkauf und dem erwerb der brillen (XII 53). Wie
Adams hört er gern geschichten erzählen (XXVI 136), von
ihm hat er auch die liberalsten, tolerantesten auslebten über
religion geerbt (VII 30; Adams 1 17).
Moses ist übrigens ganz und gar nebenperson.
Wenn Goldsmith die gestalt des pfarrers aus Joseph
Andrews entlehnte, so liegt von vornherein die Vermutung
nahe, dass er auch andre personen und episoden, die mit jenem
verknüpft sind, zugleich übernahm. Solcher kleinigkeiten finden
sich auch wirklich genug.
Da ist vor allem die pfarrerin, die unser dichter in den
hauptzügen frau Adams nachbildete. Diese wird geschildert
(IV 8) als eine gescheite frau, die ganz in der soi^e für ihre
familie aufgeht, für die sie alles zu thun bereit ist, genau
wie frau Primrose. Sie hoffen beide, ihre kinder durch die
gutsherrschaft vorwärts zu bringen, jene will ihre tochter
als kammermädchen (IV 8), diese ihre mädchen als gesell-
schafterinnen anbringen (XI 48). Bei der ausführung ihrer
hochfliegenden plane haben sie mit dem widerstände des be-
scheidneren mannes zu kämpfen, sind aber entschlossen, ihre
absiebten durchzusetzen. Vor höherstehenden haben sie einen
gewaltigen respekt und erwarten von ihnen alles heil. Dass
der pf arrer sich gegen die herrschaft auflehnt (Adams IV 8 ;
Primrose XXIV 126), ist ihnen unbegreiflich, und sie ver-
suchen, ihn zum zwar unrechten, aber klügeren verfahren zu
bewegen. Eigentlich sind die beiden pfarrersfrauen recht gut-
mütig, aber ihr übergrosser familiensinn macht sie gegen andre
menschen, wenn sie arm sind und ihnen irgendwie bei der
herrschaft schaden können, lieblos und hart, so frau Adams
GOLDSMITHS VICAB OF WAKEFIELD. 139
gegen Fanny und Joseph (IV 8 ; 9) , f rau Primrose gegen
Burchell (Xn 53). Die art, wie diese gegen die unglückliche
Olivia auftritt (XXII 118), lässt sich nur als roh bezeichnen,
genau wie das verhalten der Adams gegen Fanny. Sie sind
beide gleich hausbacken und nüchtern und ohne Verständnis
für die gelehrsamkeit ihrer männer. Sie haben ja nur eine
einfache erziehung genossen, ihre stärke liegt auf dem gebiete
der hauswirtschaft.
Es ist klar, dass Goldsmith alles etwas weiter ausführen
musste, weil seine pfarrerin von anfang an auftritt, die Fiel-
dings erst gegen den schluss. Um ein wenig unterscheiden
sich die beiden frauen, wie ihre familien überhaupt dadurch,
dass die pekuniäre Stellung der Primroses fi'üher besser war
und darum ihre bestrebungen und ansichten um eine nüance
höher sind. Ein thatsächlicher charakterunterschied ist aber
nicht vorhanden, und es ist besonders zu betonen, dass ab-
gesehen von den bis ins kleinste gehenden Übereinstimmungen
das ganz eigenartige Verhältnis zwischen pfarrer und pfarrerin,
dieser köstliche gegensatz zwischen dem geistlichen herm
und der stark weltlichen frau in beiden romanen ganz
gleich sind.
Die Adams haben sechs kinder, die Primroses auch.
Einige davon hat Fielding gar nicht erwähnt, weil sie für
seinen zweck gleichgiltig sind, andre mit wenigen strichen
gezeichnet Die paar striche aber haben für die kinder
Primroses den umriss gegeben. Da wird zuerst ein älterer
söhn erwähnt (11 8) als sehr gelehrt (wenn auch ohne univer-
sitätsbildung) und von untadeligem lebenswandel. Zwar hat
er bisher kein glück gehabt, aber sein vater hoftt, dass die
gute erziehung, die ihm zuteil geworden, ihn veranlassen wird,
stets rechtschaffen zu handeln.
In ganz ähnlichen worten spricht Primrose über seinen
ältesten, Georg, als dieser nach seinem unglück das Vaterhaus
verlässt (HI 11). Auch er betont sein wissen, seine rechtlich-
keit und die Überzeugung, dass er seinen weg schon finden
werde.
Weiter tritt im Joseph Andrews eine erwachsene tochter
auf, für die bezeichnend ist das zusammenhalten mit der
mutter gegen den vater (IV 11) und die die einzige ist, die
Fanny nicht hübsch findet. Dass im Vicar of Wakefield
140 WILLI FISCHEB,
tochter und mutter immer geschlossen gegen den vater stehen,
ist bekannt, dann aber wird auch ausdrücklich gesagt, dass
die beiden töchter allein die Schönheit von fräolein Wilmot
nicht anerkennen wollen (11 8).
Endlich erwähnt Fielding den kleinen Dick, den liebling
des vaters. Er tritt wie seine geschwister wenig hervor:
einmal zeigt er seine kindliche liebenswürdigkeit, indem er
Fanny all sein brot geben will (IV 11). Sein vater lobt ihn
dafür, knüpft seine christliche lehre daran und würde ihn be-
lohnen, wenn er geld hätte. Goldsmith hat das kind sogar
mit demselben namen übernommen: Dick bietet einmal Burchell
sein bett an (VI 24). Auch hier freut sich der pfarrer über
die gefälligkeit des kleinen, knüpft gleichfalls eine belehnmg
daran und lässt ihm ein stück zucker geben.
Im Joseph Andrews muss Dick, als besuch da ist, eine
geschichte vorlesen (IV 10). Im Vicar of Wakefield muss er,
auch als besuch gekommen ist, eine gelesene geschichte er-
zählen (XIII 54). Sogar soweit geht die Übereinstimmung,
dass beide scenen mit einem streite endigen, der sich während
des Vortrags entsponnen hat. Der kleine Dick ist also
ebensowenig Goldsmiths eigentum, wie sein vater und seine
mutter.
Die kinder Adams haben sozusagen für die Primroses das
thema gegeben: unser dichter übernahm einige andeutnngen
für den ältesten söhn, die töchter und dann Dick, mehr nicht
Und warum nicht mehr ? Einfach, weil nicht mehr vorhanden
war. Für die entwickelung der Charaktere konnte ihm Joseph
Andrews nichts bieten, auch nicht für die handlung, denn es
ist eigentlich keine vorhanden. Konnte Goldsmith hier nicht
selbständig sein, so musste er sich danach anderswo umsehen.
Zunächst habe ich jedoch noch über eine anzahl episoden zu
sprechen, die aus Joseph Andrews stammen.
Nahezu zwei drittel des Fieldingschen romans werden
von einer reise des pfarrers eingenommen, auf der er seine
vielfachen aben teuer erlebt. Goldsmith, der doch eine ganz
andre handlung hat, hat trotzdem ebenfalls eine reise Prim-
roses gebracht, die die kapitel XVIII bis XXI umfasst und
im kleinen eine nachbildung von Adams grosser Pilgerfahrt ist
Er bleibt einmal, als er schon auf der rückreise ist, die
wie bei Adams allein in betracht kommt, ohne geld in einem
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 141
wirtshause liegen (XVm 81), was Adams öfter begegnet
(z. b. n 15) , und beide werden durch einen zufällig vorüber-
reisenden ausgelöst. Neben allerlei missgescliick treffen unsre
reisenden natürlich auch angenehmes: so wird Adams einmal
(n 17) von einem wirt freigehalten und noch zu einem glas
bier eingeladen. Eine Unterhaltung entspinnt sich und Adams
bringt es durch seine taktlosigkeit und seine wunderlichen
ansichten so weit, dass ihm der gastgeber die thür weist.
Primrose wird von einem haushofmeister , der sich für den
herm ausgiebt, freundlich aufgefordert bei ihm vorzusprechen
(XIX). Auch sie beginnen eine längere Unterhaltung und
Primrose, dessen ansichten freilich vernünftig sind, redet sich
so in eifer und spricht soviel länger als der gute ton es er-
laubt, dass der andre wütend ihm gleichfalls die thür zeigt.
Adams findet später gute leute, die Wilsons (III 2), die
ihn bei sich aufnehmen. Trotzdem er mit ihnen unter so
ungünstigen umständen zusammentrifft, dass er anfänglich mit
misstrauen betrachtet wird, fühlt er sich gar bald äusserst
wohl. Diese begegnung ist sehr wichtig, denn hier findet
Joseph seinen vater, wenngleich er ihn noch nicht kennt.
Der gastgeber erzählt darauf ausführlich seine wechselvollen
Schicksale. Auch Primrose trifft unter den verdächtigsten
anzeichen mit vortrefflichen leuten, den Arnolds, zusammen
(XIX 90). Auch er fühlt sich hier ganz glücklich, und auch
für ihn wird diese begegnung bedeutungsvoll, da er hier seinen
söhn Georg findet, der darauf sehr ausführlich seine erlebnisse
schildert. Die Wilsons wie die Arnolds leben in grösster
behaglichkeit, bei beiden wird ausdrücklich der schöne garten
erwähnt, der zum hause gehört (nur ist bei Arnolds alles etwas
vornehmer, was sich später noch erklären wird).
Das letzte reiseabenteuer Primroses ist wieder in einer
schenke.
Wirtshausscenen sind sozusagen eine Spezialität Fieldings.
Wir haben gesehen, dass Goldsmith schon eine übernommen
hat, indem er den pfarrer im gasthause liegen bleiben lässt.
Er lässt diesen ferner die bekanntschaft Burchells durch be-
freiung aus derselben unangenehmen läge machen (11 13).
Das charakteristischste aber ist folgendes : Joseph liegt krank
und hilflos in einer dorfschenke (1 12). Es entsteht ein streit
zwischen wirt und wirtin. Mr. Tow-wouse rät, den jungen
142 Wn^LT FISCHER,
mann gut zu behandeln, seine frau aber will ihn hinauswerfen.
Sie disputieren lebhaft, doch für das weib giebt es keinen
grund zum mitleid, wenn der arme teufel nicht bezahlen kann.
Endlich kommt Adams hinzu, und als er an der livree des
kranken sieht, es müsse ein bekannter sein, befreit er ihn and
erkennt zu seinem staunen Joseph.
Primrose kommt in ein wii'tshaus, wo er einen streit
zwischen den wirtsleuten anhört (XXI 110). Mr. und Mrs.
Symmonds sind die umgetauften Mr. und Mrs. Tow-wouse.
Auch hier vertritt der mann die menschlichkeit, die frau die
geldgier. Sie hört nicht auf die einwendungen des mannes
und ist entschlossen, das junge mädchen, um das es sich han-
delt, aus dem hause zu jagen. Als Primrose die stimme der
unglücklichen hört, erkennt er seine tochter Olivia und befreit
sie. Damit enden seine reiseerlebnisse.
Wiederholt finden sich in Joseph Andrews jagdscenen.
Adams sitzt mit seinen Schützlingen im grünen (1114), da
sehen sie einen hasen von hunden verfolgt, der schon sehr
erschöpft ist. Fanny ist entrüstet über die rohheit der Jäger,
ohne dem tierchen helfen zu können.
So sitzt Primrose mit seiner familie auf dem lieblings-
platze im freien (V 21), als sie einen von Jägern und banden
verfolgten hirsch erblicken, der allgemeines mitleid erregt
Wie Fielding durch diese scene einen rohen landedehnann
einführt, so ist sie für Goldsmith das mittel zur einführang
Thornhills geworden.
Während Adams aufenthalt bei Wilsons sitzt man in
äusserster behaglichkeit und Zufriedenheit beisammen (UI 4),
wird aber plötzlich durch einen scliuss erschreckt: das hünd-
chen der tochter Wilsons ist von dem gutsherm der gegend
böswillig erschossen worden.
Auch hierfür ist eine entsprechung im Vicar zu finden.
Die ganze familie und Burchell sind glücklich und friedlich
beieinander (Vni 36). Man beobachtet zwei amseln und er-
freut sich an ihrem zierlichen spiel: da gerät alles in Ver-
wirrung, denn ganz in der nähe ertönt ein schuss und eine
der amseln fällt tot nieder.
Schliesslich ist noch eine kleinigkeit zu erwähnen. Adams
muss bei der trauung von Fanny und Joseph den Mr. Booby
und Pamela tadeln, weil sie lachen: das ist natürlich ein
GOLDSMITHS VICAR OP WAKEFIELD. 143
kleiner hieb Fieldings gegen Richardson. Goldsmith verstand
das nicht recht und übernahm auch diesen Vorfall, bei ihm
tadelt Primrose die brautpaare wegen ihrer unmässigen heiter-
keit vor der trauung (XXXII 178).
Es bleibt jetzt die frage zu erörtern, ob Goldsmith auch
das milieu seines landpredigers aus Joseph Andrews ent-
nommen hat.
Ueber Adams leben zuhause und seine Umgebung ist aber
so wenig gesagt, dass hiervon nicht viel entlehnt werden
konnte, während leben und treiben der pfarrersfamilie in
unserm roman ausgangspunkt und hintergrund des ganzen
bilden. Eine anregung hat Joseph Andrews dennoch gegeben.
Adams kommt, wie ich schon erwähnte, auf seiner reise zu
den Wilsons. Wilson hat sich mit frau und kindern aufs land
zurückgezogen und hat hier das glück gefunden. Die Schil-
derung, die von diesem idyllischen treiben gegeben wird, hat
Goldsmith sicherlich beeinflusst (lEE 3 ; 4) :
„We pnrchased this little place whither we retired . . . from a world
of bnstle, noise, hatred, enyy, and ingratitnde, to ease, quiet, and love."
Zum hause gehört ein gärtchen:
„No Parterres, no fonntains, no statnes, embellished this little garden.
Its only Ornament was a short walk, shaded on each side by a filbert
hedge, with a small alcove at one end, whither in bot weatber the
gentleman and bis wife nsed to retire and divert tbemselves with their
children, wbo played in the walk before them. But thougb vanity bad
no votary in this little spot, bere was variety of fruit and everything
nsefnl for the kitchen.''
Wilson selbst erzählt dann weiter:
„Whatever you see bere, is the work solely of my bands. Wbilst
I am providing necessaries for the table, I likewise procure myself an
appetite for them. In fair seasons, I seldom pass less than six hours of
the twenty-four in this place, wbere I am not idle . . . Hither I generally
repair at the dawn and exercise myself wbilst my wife dresses the children
and prepares onr breakfast; after which we are seldom asonder during
the residne of the day . . . ., for I have experienced that calm, serene
happiness, which is seated in content, is inconsistent with the hurry and
bnstle of the world."
Man wird zugeben, dass mit diesen worten auch das
treiben in Wakefleld geschildert ist, alles wesentliche ist vor-
handen: bei warmem wetter sitzen die eitern in der laube,
vor ihnen spielen die kinder, während der vater auf dem felde
oder im garten arbeitet, bereitet die frau das frühstück. Zum
146 WILLI FISCHER,
Das weitere Verhältnis zwischen Olivia und Thomhill ist
in der hauptsache das zwischen Klarissa und Lovelace.
Lovelace wendet gegen Klarissa einmal das mittel an,
zwei dirnen, die er einst verführt hat, und die nun in seinem
dienste stehen, als vornehme damen aufzuputzen und sie dem
unglücklichen mädchen als solche vorzustellen (III 328 ff.)-
Ihre aufgäbe ist, Klarissa nach London zu locken, wo er sie
völlig in seiner gewalt hat. Die „damen" werden genannt
Lady Betty Lawrance und Miss Montague.
Thornhill wendet ganz das gleiche mittel an (IX 37 ff.),
um Olivia (und Sophia) nach London zu bringen, wo er sie
zugrunde richten will. Auch hier ist es eine Lady, Lady
Blarney und eine Miss, Miss Carolina Wilhelmina Amelia
Skeggs. Alle vier sind zwar reich gekleidet, werden aber
von Klarissa und Olivia weit überstrahlt. Sie benehmen sich
äusserst tugendhaft und auch Lovelace und Thomhill bemühen
sich, das zu thun. Als die beiden liebhaber einmal ihre wahre
natur durchblicken lassen, stellen sich die „damen" sehr ent-
rüstet. Wie aber sie selbst in der Klarissa einmal aus der
rolle fallen und dadurch fast die entdeckung herbeiführen, so
thun sie das auch im Vicar of Wakefield und lassen sich ein
paar recht ordinäre ausdrücke entschlüpfen, die ebenfalls fast
verdacht erwecken. In der Klarissa sollen die beiden frauen-
zimmer tante und base von Lovelace sein, im Vicar wird von
Verwandtschaft zuerst gar nichts erwähnt. Aber so voll-
kommen getreu kopiert Goldsmith, dass er am Schlüsse des
elften kapitels ganz nebenbei die eine Thomhill ihren vetter
nennen lässt! Die Übereinstimmung ist also bis ins kleinste
vorhanden.
Klarissa verabredet mit Lovelace ohne wissen der familie
die flucht aus dem eiternhause, Olivia ganz ebenso. Klarissa
liebt freilich Lovelace nicht recht, dass Olivia es thut, erklärt
sich daraus, dass, wie ich schon sagte, anfänglich Pamela
für sie das Vorbild war. Wie Klarissa zuletzt zurückbebt
(I brief 93) und bleiben will, so schrickt auch Olivia im letzten
augenblick zurück (XVII 78: she was for Coming back).
Das motiv der scheintrauung , die sodann im Vicar vor-
genommen wird (XXI 113), stammt wieder aus Pamela (U 7).
Dort wird sie freilich nicht ausgeführt wie hier, schliesslicli
aber ist auch diese keine scheintrauung, sondern eine wirkliche^
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 145
London 1785. I 187) ist das ein einfacher, rechtschaffener
mensch, der sich zwar seiner äusseren Stellung nach nicht
mit seinem patron vergleichen kann, ihm aber an herzensgute
und ehrlichkeit unendlich überlegen ist. Mr. Williams ist ein
pfarrer, noch ohne Stellung, der Pamela seine liebe erklärt
und entschlossen ist, Mr. B. zu trotzen. Pamela hat gegen
ihn nichts einzuwenden, vielleicht würde er ihr sogar recht
gut gefallen, wenn eben nicht der andre da wäre. Ihre eitern
raten ihr, den armen zu nehmen und sie ist schliesslich dazu
bereit, aber nur für den fall, dass sie den vornehmen nicht
bekommt. Natürlich geht am ende der arme teufel leer aus.
Im Vicar of Wakefleld tritt eine ganz ähnliche gestalt
auf (XVI, XVn 73) : ein ehrlicher f armer, in bescheidnen um-
ständen, ebenfalls sittlich viel höher stehend als der vornehme
rival. Auch er trotzt seinem gutsherm ohne bedenken und
Olivia steht zu ihm genau so wie Pamela zu Williams. Sie
kann nichts gegen ihn einwenden, lässt sich aber von Thorn-
hills stand und reichtum zu stark beeinflussen. Zuletzt ver-
spricht sie ihrem vater, den bescheidnen f armer zu nehmen,
aber nur, wenn Thomhill sie nicht nimmt. Man sieht, dass
diese gestalt im Vicar genau dieselbe eigentümliche rolle
spielt wie in der Pamela, und noch dazu heisst der mann auch
hier Williams. Wir empfinden unwillkürlich für beide Sym-
pathie, umsomehr als wir sehen, dass ihre Werbung vergeblich
sein muss.
Jemehr Thornhill Olivia seine liebe zeigt, um so begie-
riger erwartet die familie seine offizielle erklärung. Da sie
nicht erfolgt, beschliesst man, zu allerhand mittelchen seine
Zuflucht zu nehmen. Dafür gab die veranlassung eine stelle
in der Klarissa (Tauchnitz-ausgabe I seite 11). Lovelace macht
dort Klarrissens Schwester den hof, auch ohne sich zu erklären.
So gebraucht man mancherlei kunstgriffe, damit er aus seiner
Zurückhaltung herausgehen soll. Wie hier die taute es recht
klug anzufangen glaubt, so im Vicar of Wakefleld die mutter.
Das bezeichnendste aber ist, dass man hier wie dort das aus-
bleiben der erklärung in lächerlicher Selbsttäuschung ange-
borener „Schüchternheit" (bashfulness) zuschreibt (V. of W.
XVI 69). Einem Lovelace oder Thomhill Schüchternheit zu-
zutrauen, ist so charakteristisch, dass dies allein die entlehnung
zweifellos macht
AngU». N.F. XUI. 10
146 WILLI FISCHER,
Das weitere Verhältnis zwischen Olivia und Thomhill ist
in der hauptsache das zwischen Klarissa und Lovelace.
Lovelace wendet gegen Klarissa einmal das mittel an,
zwei dirnen, die er einst verführt hat, und die nun in seinem
dienste stehen, als vornehme damen aufzuputzen und sie dem
unglücklichen mädchen als solche vorzustellen (III 328 ff.).
Ihre au^abe ist, Klarissa nach London zu locken, wo er sie
völlig in seiner gewalt hat. Die „damen" werden genannt
Lady Betty Lawrance und Miss Montague.
Thornhill wendet ganz das gleiche mittel an (IX 37 ff.),
um Olivia (und Sophia) nach London zu bringen, wo er sie
zugrunde richten will. Auch hier ist es eine Lady, Lady
Blarney und eine Miss, Miss Carolina Wilhelmina Amelia
Skeggs. Alle vier sind zwar reich gekleidet, werden aber
von Klarissa und Olivia weit überstrahlt. Sie benehmen sich
äusserst tugendhaft und auch Lovelace und Thomhill bemühen
sich, das zu thun. Als die beiden liebhaber einmal ihre wahre
natur durchblicken lassen, stellen sich die „damen" sehr ent-
rüstet. Wie aber sie selbst in der Klarissa einmal aus der
rolle fallen und dadurch fast die entdeckung herbeiführen, so
thun sie das auch im Vicar of Wakefield und lassen sich ein
paar recht ordinäre ausdrücke entschlüpfen, die ebenfalls fast
verdacht erwecken. In der Klarissa sollen die beiden frauen-
zimmer taute und base von Lovelace sein, im Vicar wird von
Verwandtschaft zuerst gar nichts erwähnt. Aber so voll-
kommen getreu kopiert Goldsmith, dass er am Schlüsse des
elften kapitels ganz nebenbei die eine Thomhill ihren vetter
nennen lässt! Die Übereinstimmung ist also bis ins kleinste
vorhanden.
Klarissa verabredet mit Lovelace ohne wissen der familie
die flucht aus dem eltemhause, Olivia ganz ebenso. Klarissa
liebt freilich Lovelace nicht recht, dass Olivia es thut, erklärt
sich daraus, dass, wie ich schon sagte, anfänglich Pamela
für sie das Vorbild war. Wie Klarissa zuletzt zurückbebt
(I brief 93) und bleiben will, so schrickt auch Olivia im letzten
augenblick zurück (XVII 78: she was for Coming back).
Das motiv der scheintrauung , die sodann im Vicar vor-
genommen wird (XXI 113), stammt wieder aus Pamela (11 7).
Dort wird sie freilich nicht ausgeführt wie hier, schliesslich
aber ist auch diese keine scheintrauung, sondern eine wirkliche,
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 147
wie sich herausstellt (XXXI 173). Die bethörten mädchen
werden nachher in ein schlechtes haus gebracht (Klarissa^II
187; Olivia XXI 113): sogar Sally und PoUy der Klarissa
finden sich wieder in den beiden „unglücklichen frauen'', die
dort leben. Das ist umsomehr zu beachten, als Goldsmith
natürlich, da er den hauptinhalt der Klarissa in seinem werke
anbringen wollte, ausserordentlich kürzen musste. Man sieht,
alles charakteristische ist vorhanden, wie es in einem guten
anszuge sein muss.
Lovelace und Thomhill führen ihren plan aus und zeigen
sich in ihrer wahren gestalt. Klarissa wie Olivia entfliehen
zuletzt, jene gegen Lovelaces willen, diese, ohne von Thomhill
gehindert zu werden. Die härte der familie gegen Klarissa
findet ihren reflex in der der mutter gegen Olivia (XXII 118),
endlich ist auch das langsame hinsiechen Oliviens ähnlich ge-
schildert wie das Klarissens, nur insofern verschieden, als es
bei dieser nur in dem gefühl ihrer schmach begründet ist, bei
jener ausserdem in dem schmerz getäuschter liebe.
Was den Charakter der Olivia angeht, so hat er manche
Züge der Pamela, so die eitelkeit, koketterie und Oberflächlich-
keit, alles etwas schärfer ausgeprägt. Einzelnes stammt von
Klarissa und im übrigen hat Olivia die Primrosische familien-
ähnlichkeit, sie ist herzensgut und leichtgläubig.
Eine weit ausgesprochnere Persönlichkeit ist die ihres
partners Thomhill. Wir haben bereits gesehen, dass er zu-
meist die rolle des Lovelace spielt. Vergleicht man nun die
beiden näher, so zeigt sich eine erstaunliche ähnlichkeit.
Lovelace und Thomhill, beides landedelleute , sind trotz
ihrer jugend vollendete lebemänner. Weit und breit sind sie
als mädchenjäger gefürchtet, kein mädchen kann ihnen wider-
stehen, keins findet seine hingäbe belohnt. Mit bewunderns-
werter erbarmungslosigkeit und list entwerfen sie ihre plane,
die, von einer reihe elender in ihren diensten stehender men-
schen unterstützt, immer gelingen.
Trotzdem ihr sittlicher Charakter überall bekannt ist,
öffnet ihre hohe Stellung ihnen jede thür, ihre gesellschaft-
lichen talente machen stets wieder eindruck. Denn sie sind
von bezaubernder liebenswürdigkeit und gefälligstem äussern,
sie wissen nichts gründlich und können doch über alles an-
ziehend reden, anziehend wenigstens für mädchen dieser art.
10*
148 WILLI FISCHER.
Endlich sind sie ausserordentlich eitel und verlangen durchaus,
anerkannt und bewundert zu werden : es ist bekannt, wie iin-
vei'söhnlich Lovelace gegen jeden ist, der ihm zu trotzen ver-
sucht, wie sehr es ihm schmeichelt, wenn man seine Über-
legenheit willig zugesteht und Thomhill verlangt Schmeichelei
ebenso dringend, wie Greorg erzählt (XX 98).
Man sieht hieraus, Goldsmith hat nur eine kleine umtaufe
vorgenommen, hat Lovelace Thomhill genannt und so diese
berühmte gestalt, deren erfolg sicher war, direkt entlehnt. 0
Somit war für die älteste tochter des pfarrers gesorgt.
Goldsmith eignete sich das Verhältnis zwischen Lovelace und
Klarissa, den Charakter des Lovelace und verschiedne kleinig-
keiten aus Pamela an, während der Charakter Oliviens nicht
völlig einem vorbilde entspricht.
Es handelte sich für Goldsmith weiter darum, für die
jüngere tochter ein vorbild zu finden. Goldsmith wählte dazu
ein mädchen, das mit seinem geliebten zusammen das gegen-
stück zu dem ersten paare bildet. Was Richardsons trotz
vieler mängel bewundernswerte gestaltungskraft als sein bestes
der weit geschenkt, das übernahm der gewandte Goldsmith
und drückte ihm den Stempel — nicht seines geistes, sondern
seiner feder, das heisst seines glänzenden stils auf. Das Ver-
hältnis zwischen Sophia und Burchell (so will ich der einfach-
heit halber den älteren Thomhill inmier nennen) stammt aus
Sir Charles Grandison.
Das wichtigste äussere ereignis, das sich zwischen Miss
Byron und Grandison abspielt, ist folgendes: Miss Byron wird
von einem vornehmen liebhaber zweifelhaften sittlichen Cha-
rakters, den sie verachtet, gewaltsam entführt (7. ausgäbe.
London 1781. I 229). \Vähi*end sie in einem wagen fortge-
schafft wird, bemüht sich der entführer, sie am schreien zu
verhindern. Da erblickt sie Grandison mit seinem gefilhrt
und ruft laut um hilfe. Grandison ist sofort bereit zu helfen,
ein kurzer kämpf entspinnt sich und Miss Byron ist befreit.
1) Man wende nicht ein, dass Thomhill sich doch in einem wesent-
lichen punkte Ton Lovelace unterscheide. Einen solchen punkt giebt es
allerdings, der aber hier durchaus nicht in betracht kommt und den ich
später befriedigend zu erklären hoffe.
GOLDSMITHS YICAR OF WAKEFIELD. 149
So lernen sich beide kennen und lieben. Im Vicar of Wake-
field kennen sich Sophia und Burchell schon, die veränderten
umstände bringen es hier mit sich, dass letzterer im hause
des pfarrers bekannt ist. Die rolle des entführers muss hier
natürlich Thornhill spielen, da Groldsmith unmöglich eine neue
person dafür einführen konnte. Anderseits darf Thornhill
nicht persönlich mitwirken, er muss seine kreaturen dazu be-
nutzen, weil ja der befreier Burchell sein Onkel ist und ihn
erkennen würde, was zu dieser zeit noch nicht geschehen darf.
Im übrigen verläuft die entführung wie im Grandison
(XXX 156/7). Sophia bemüht sich im wagen verzweifelt zu
schreien, bis sie endlich Burchell sieht und ihn anruft. Auch
hier wird widerstand geleistet, aber bald überwunden, auch
hier ist die befreiung für das Verhältnis zwischen beiden ent-
scheidend.
Die entführungsscenen, die Groldsmith so aus Elarissa und
Grandison entlehnt hat, sind jede in ihrer art so charakte-
ristisch, dass ein zweifei über ihre abstammung nicht ent-
stehen kann. Diese wird noch deutlicher, wenn ^vir jetzt die
beiden handelnden personen selbst betrachten.
Sophia sticht bemerkenswert von ihrer Schwester Olivia
ab. Sie wird zu anfang gekennzeichnet als ein mädchen, das
mit der eroberung eines mannes zufrieden ist (I 6) , ihr fehlt
alle koketterie, ganz wie Miss Byron. Sie sind beide ruhig,
bescheiden und liebenswürdig. Erscheint Olivia etwas ober-
flächlich, so ist Sophia tief und innig. Von Miss Byron wird
immer ihre klugheit hervorgehoben: obwohl Sophia keine ge-
legenheit hat, viel davon zu zeigen, wird sie doch (XXVin 146)
fast ein engel an Weisheit genannt und Burchell rühmt ihren
verstand (XXXI 176). Besonders bezeichnend ist die art, wie
beide mädchen zu dem geliebten stehen. Es ist eine liebe in
altertümlicher weise: das mädchen liebt zuerst, der mann ist
seines erfolgs sicher und spricht sich nicht aus, sodass sie in
ängstlicher Spannung verharrt. Im Grandison wird wieder-
holt gesagt (besonders VI 74) , dass man gegen den helden
einiges misstrauen hegt, man fürchtet, er wolle Miss Bjrron
nicht, oder er bilde sich ein, mit ihr spielen zu dürfen. Gtenx
so denkt man im Vicar von Burchell, der, als ihm Sopbia
angeboten wird, gar nicht antwortet, wie wenn er das
chen verschmähe (XXX 158). Der leser ist dabei von i
150 WILLI FISCHER,
an von der Hebe des mannes überzeugt, nur zögert dieser bis
zum letzten augenblick, sie zu bekennen.
Dieses so eigentümliche Verhältnis hat seinen innersten
grund in der grossen vortrefflichkeit des liebhabers. Das
mädchen soll ja recht deutlich einsehen, welch ein glück ihm
beschieden ist, wenn es einen solchen mann bekommt. Bur-
chell ist niemand anders als Sir Charles Grandison.
Beide sind noch jung, Grandison ist 26, Burchell noch
nicht 30 jähre alt, dennoch sind sie durch ernste erfahmngen
gereift, sie haben schon weite reisen gemacht und sind in
jeder hinsieht gebildete männer von bedeutendem gesellschaft-
lichem rang. Ihre liebe ist die des verständigen mannes, nicht
weniger innig als die des leidenschaftlichen Jünglings, aber
ruhiger und dauernder. Hier giebt es kein schmachten nnd
anbeten, sie suchen ein mädchen, das sie nur um ihrer
geistigen Vorzüge willen liebt und vertrauen auf ihren sieg,
nicht mit der hochmütigen Sicherheit des eingebildeten, son-
dern mit dem berechtigten selbstbewusstsein des tüchtigen
mannes. Grandison und Burchell stellen den englischen Gentle-
man vor, wie er sein sollte. Ihre herzensgute macht sie
allgemein beliebt, wohin sie kommen, verbreiten sie frohsinn.
Es scheint erstaunlich, dass man sich zwar viel über Gran-
dison lustig gemacht, nie aber an Burchell etwas ausgesetzt
hat. Es erklärt sich aber ganz einfach daraus, dass Grandison
immer im Vordergründe steht und seine Vorzüge unaufhörlich
gepriesen werden, dass aber Burchell nur eine figur von
vielen ist und seine vortrefflichkeit danim nicht so sehr
gerühmt werden kann. Er ist aber thatsächlich derselbe
Charakter, gerade so vollkommen gut wie Grandison. Georg
nennt ihn (XX 98) einen mann, „whose character for every
virtue was universal". Er selbst erklärt, alle seine leiden-
schaften seien auf der seite der tugend (m 14), und Gran-
dison sagt, wenn er gutes thue, so folge er nur seiner vor-
herrschenden leidenschaft (DI 60). Wenn Burchell davon
spricht, dass er „carried benevolence to an excess" (UI 14),
so redet Grandison von seiner „overreadiness, even to rash-
ness" im gutthun (H 57). Eine grössere Übereinstimmung
kann man wohl nicht verlangen.
Beider naturell ist lebhaft, sie können sich wohl- auch
für einen augenblick fortreissen lassen und heftige worte
GOLDSMITHS VICAR OF WAJCBFIBLD. 151
brauchen, aber stets nur, wenn es sehr begreiflich und ent-
schuldbar ist, und nicht gerade oft. Denn im allgemeinen
verstehen sie es sehr gut, sich zu beherrschen, so dass die
kühle ruhe, mit der sie Provokationen gegenüberstehen,
geradezu charakteristisch für sie ist. Sie lassen sich durchaus
nicht reizen, sie stehen immer über dem, der sie angreift.
Man weiss, wie oft Grandison diese Überlegenheit bewährt,
und Burchell zeigt sich so den wiederholten angriffen der
pfarrersleute gegenüber (XV 63 ff.).
Grandisons ansichten weichen in einem bemerkenswerten
punkte von denen seiner standesgenossen ab: er ist gegner
des duells. Es ist bekannt, wie oft er sich dagegen aus-
spricht, und welch ein hervorstechender zug seines Charakters
dies ist. Wäre nun Goldsmith zufällig auch ein feind des
duells gewesen, und hätte er seine meinung im Vicar dar-
legen wollen, so hätte er sie sicherlich dem pfarrer in den
mund gelegt, dessen Standpunkt sie vortrefflich entsprochen
haben würde. In Wirklichkeit aber scheint niemand weniger
den Zweikampf zu verurteilen als gerade Primrose, der ja
pistolen im hause hat und fast direkt für das duell eintritt
(XXIV 124).
Goldsmith hat vielmehr auch hier getreulich übernommen,
und so hat Burchell auch diesen zug. Er spricht sich mehr-
mals sehr scharf gegen das duell aus: Georg schickt er fort,
ohne ihm in seiner schlimmen läge zu helfen (XX 90) , nur
weil dieser einen Zweikampf ausgefochten hat, und Thornhill
wird zuletzt fast gerettet, als er darauf hinweisen kann, dass
er ein duell abgelehnt hat (XXX 163).
Es muss ausdrücklich betont werden, wie auffallend es
ist, dass ein junger mann aus den vornehmsten kreisen und
ein vollendeter gentleman eine solche ansieht hat: das allein
schon würde eine entlehnung wahrscheinlich machen, auch
wenn nicht so vieles andre sie bewiese.
Endlich ist noch anzuführen, dass, während sonst in den
romanen dieser zeit die diener grosser männer meist als
sehr unliebenswürdig und geldgierig geschildert werden, die
diener Grandisons und Burchells sich durch grosse freund-
lichkeit und gef älligkeit auszeichnen (Grandison n 8/9 ; Bur-
chell XX 98).
Es ergiebt sich also, dass Goldsmith für die zweite tochter
152 WILLI FISCHER,
sehr genau nicht nur das Verhältnis zwischen Miss Byron und
Grandison übernommen hat, sondern auch ihre Charaktere bis
ins einzelne. Natürlich ist immer zu beachten, dass sich ge-
wisse kleine unterschiede herausstellen, weil eben die mädchen
im Vicar einer andern familie angehören, als die der vorläge,
weil sie pfarrerstöchter sind und Goldsmith manche kleine
scene, die sich ergab, selbständig entwickeln musste. Wo sich
eine irgendwie bedeutende abweichung findet, komme ich später
noch darauf zurück.
Nächst Lovelace und Elarissa, Grandison und Miss Byron
ist das berühmteste liebespaar in den romanen vor Goldsmith
Tom Jones und Sophia Western, und dies ist es auch, das
unser dichter als drittes paar verwertete.
Dem Tom Jones entspricht im Vicar of Wakefield Georg,
der älteste söhn des pfan'ers. Tom und Georg lieben ein
reiches mädchen, jener Sophia Western, dieser Arabella Wilmot,
Trotzdem beide mädchen die liebe erwidern, ist sie unglück-
lich, denn Sophiens vater, Mr. Western, will seine tochter
keinem armen manne geben, und Mr. Wilmot zieht sich un-
mittelbar vor der hochzeit zurück, als Georg durch den ver-
mögensverlust seines vaters plötzlich arm geworden ist. Die
trostlosen liebhaber gehen darauf in die weite weit Tom
macht eine Irrfahrt durch England, auf der er die mannig-
fachsten abenteuer erlebt, Georg kommt sogar ins ausländ,
da Goldsmith die gelegenheit wahrnahm, manches von seinen
eignen reiseerlebnissen einzuflechten.
Natürlich muss bei Goldsmith wieder alles gedrängter
ei-scheinen, weil im Vicar diese handlung nur eine von vielen
ist. Das fällt besonders auf, wenn wir uns den beiden mäd-
chen zuwenden. Diese sind mit ihres vaters entscheidnng
durchaus nicht einverstanden, sie lieben ihre anbeter trotz
ihrer armut von ganzem herzen. Während aber bei Fielding
die Schilderung von Westerns verhalten gegen seine tochter
einen breiten räum einnimmt, erfahren wir von Goldsmith
gar nichts darüber, wie es Arabella Wilmot ergeht. Das er-
klärt sich freilich sehr gut daraus, dass eben des Stoffs gar
zuviel wurde und die handlung immer um die pfarrerfamilie
konzentriert bleiben muss. Sophiens vater will sie zur heirat
mit einem andern zwingen, und er wird dabei von einer tante.
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 153
Mrs. Western, unterstützt. Es taucht nämlich plötzlich ein
neuer bewerber auf. Blifil, der neffe Allworthys, macht Sophia
den hof , wird aber von ihr verschmäht; Thornhill, Burchells
neffe, thut das gleiche der Arabella gegenüber, die ihn eben-
sowenig liebt Aber diese freier, soweit sie auch sittlich hinter
den armen zurückstehen, sind reich und angesehen und werden
darum von den vätem mit offnen armen aufgenommen.
Schon vorher hat im Tom Jones Blifil seinen nebenbuhler
bei dem onkel Allworthy in misskredit gebracht, als beide
noch bei diesem onkel lebten. Wenn Goldsmith hier genau
folgen wollte, so musste also Thornhill Georg bei Burchell
schaden. Wie das aber möglich sein soll, ist schwer einzu-
sehen. Die Verhältnisse sind hier durch die andern entleh-
nungen völlig verschieden von denen im Tom Jones: Georg
steht ja Thornhill ganz fem, noch viel mehr aber Burchell.
Für Goldsmith war das keine Schwierigkeit. Er lässt einfach
Georg Thomhills universitätsfreund sein, später in dessen
dienste treten und ihm einen empfehlungsbrief an Burchell
geben: durch diesen brief jedoch zieht sich Georg Burchells
zom zu, dieser treibt ihn, wie Allworthy den Tom, ohne mit-
leid in die weit hinaus, und Georgs hauptsächlichste abenteuer
folgen erst jetzt.
So hat Goldsmith dasselbe erreicht wie Fielding: der
reiche bewerber schadet dem armen bei seinem oheim. Tom
Jones also muss fort, weil er durch Blifil bei Allworthy ver-
leumdet worden ist und weil Western seine liebschaft mit
Sophia nicht billigt. Georg muss fort, weil aus seiner liebe
zu Arabella nichts werden kann und muss seine Wanderung
fortsetzen, weil durch Thornhill Burchells unwille gegen ihn
erregt ist. Man sieht, so weit es die veränderten umstände
nur erlaubten, ist die Übereinstimmung gewahrt.
Die arme Sophia weiss sich nicht anders zu helfen, als
dass sie ihren bedrängem, Blifil, dem vater und der tante,
entflieht und zu einer andern tante, Lady Bellaston geht.
Arabella ist nach dem abbrechen der beziehungen zu Georg
spurlos verschwunden, aber dann taucht sie erstaunlicher
weise ebenfalls bei einer tante , Mrs. Arnold , auf (XIX 90).
Wie die tante Sophiens, Mrs. Western und später auch die
Lady Bellaston für eine vemunftheirat ist, so tritt im Vicar
of Wakefield die tante Mrs, Arnold für Thornhill ein. Bei
154 WILLI FISCHER,
dieser tante treffen dann die liebenden ganz unerwartet und
zwar durch eine theateraufführung wieder zusammen. Das
mädchen aber zeigt sich nicht so entgegenkommend, wie man
denken sollte, und diese Zusammenkunft verläuft, ohne im
geringsten die sache des armen liebhabers zu fördern.
Im gegenteil, weiteres unglück bricht über ihn herein,
er wird bei der geliebten verläumdet. Im Tom Jones ge-
schieht das durch die eifersüchtige tante Bellaston : Goldsmith
konnte natürlich auch hier keine neue handlung einführen,
diese Schlechtigkeit wird dem schon viel belasteten Thomhill
zugeschoben, wie wir ähnliches auch früher gesehen haben.
Die aussiebten sind jetzt sehr ungünstig. Blifil wird von
AUworthy, der von dem wahren Charakter des neffen keine
ahnung hat, unterstützt, Thomhill von Burchell, der ihn ebenso
wenig kennt, vater und tante der mädchen sind gleichfalls
für die reichen bewerber, und für Tom und Georg scheint
jede hoffnung verschwunden. Bezeichnend ist bei allem, dass
Blifil wie Thornhill gegen das opfer ihrer ranke äusserlich
den schein der freundschaft aufrecht erhalten, und dass beide
keine liebe empfinden, sondern die mädchen nur um ihres
geldes willen heiraten wollen. Sie verfolgen zwei plane zu-
gleich, sie wollen die mädchen erlangen und ihren onkel, von
dem sie völlig abhängig sind, in der irrigen meinung von ihrer
strengen rechtlichkeit erhalten, beides bedingt auch ihr ver-
halten gegen den rivalen.
Tom und Georg sind noch nicht genug gedemütigt. Bei
Fielding tritt weiter ein edler Lord Fellamar auf, der eben-
falls Sophien liebt und Georg dadurch entfernen wiU, dass er
ihn pressen lässt. Im Vicar of Wakefield spielt natürlich
Thomhill diese roUe, der unter dem vorwande der freundschaft
Georg eine kapitänstelle in Westindien verschaffen will.
Darauf erscheint im Tom Jones im zusammenhange mit der
früheren handlung jemand, mit dem Tom ein duell ausficht:
Tom siegt zwar, wird aber dabei von den Schergen des Lords
überfallen und ins gefängnis gebracht. Auch diese episode,
die sich bei Fielding aus ganz besondern umständen erklärt,
die Goldsmith nicht übernehmen konnte, auch diese hat unser
dichter in seinen roman angenommen. Hier fordert Gteorg
Thomhill, der aber ein paar seiner diener schickt, die Georg
nach heftigem widerstände festnehmen.
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 155
Das ist die schwerste prüfung unsrer beiden beiden.
Fälscblicb heisst es bier wie dort, der verletzte gegner sei
schwer verwundet und dem tode nahe. Blifil und Thombill
haben schurken bestochen, die gegen Tom und Georg aus-
sagen. Das Unglück beider hat den gipfel erreicht, ein schmäh-
licher tod durch henkershand scheint unvermeidlich.
Die nun folgende, oft und mit recht gerühmte lösung des
Tom Jones ist völlig auch die des Vicar of Wakefield, wo sie
in die gefängnisscene zusammengepresst ist.
Die beiden unglücklichen fühlen sich frei von schuld und
sehen dem tode fest entgegen. Jetzt treten AUworthy und
Blifil, Burchell und Thombill wieder in den Vordergrund.
AUworthy hat von Toms freunden allerhand mitteilungen über
dessen und Blifils wahren Charakter erhalten, so dass man
eigentlich erwarten sollte, er müsse aufgeklärt werden, doch
Blifil redet sich geschickt heraus. So auch im Vicar of Wake-
field, nachdem Burchell von den pfarrersleuten die schand-
thaten Thornhills erfahren hat. Man hält es hier einfach für
selbstverständlich, dass Bui'chell nun weiss, mit wem er es in
Thornhill zu thun hat, doch er lässt sich von diesem wieder
überreden. Kurz vor der entscheidung kommt es Blifil sehr
zu statten, dass er AUworthy von dem duell erzählen kann,
in dem Tom jemanden getötet haben soll: das ist auch die
hauptstütze Thomhüls, der BurcheU plötzUch gar nicht mehr
so schuldig erscheint, weü er ja dem Zweikampf ausgewichen
ist. Gerechtigkeitsliebe und herzensgute verzögern die lösung
im Tom Jones wie im Vicar, AUworthy und Burchell wollen
nicht auf blosse anschuldigungen hin ihre neffen verdammen,
von denen sie bisher eine so hohe meinung gehabt haben.
Frühere bekannte bemühen sich nun um die gefangenen: im
Tom Jones ist es Nightingale, im Vicar Jenkinson. Sie be-
kommen heraus, dass der verwundete gar nicht in lebensgefahr
ist. Die helfershelfer der beiden schurken, der advokat
Dowling hier und dort die diener ThornhiUs geben ihre herren
preis, als sie sehen, dass alles verloren ist. AUworthy und
Burchell erfahren mit entsetzen die Wahrheit. Heftig ist der
zom dieser vielgetäuschten gegen BUfil und Thornhill, die,
nachdem sie ausgespielt haben, nicht etwa bereuen, sondern
in eine widerliche demut verfallen.
Zuletzt kommt noch eine Überraschung, die aber in beiden
156 WILLI FISCHER,
romanen verschieden sein muss: hier wird Toms gebnrt, dort
Oliviens heirat entdeckt. Allworthy und Burchell wenden
natürlich nun Tom und Georg ihre gunst zu und treten fftr
die heirat mit Sophia und Arabella ein, sie selbst übernehmen
es, die mädchen über Ihre vornehmen bewerber aufzuklären.
Auch die väter ändern ihre frühere ansieht und zwar ganz
plötzlich, ohne jeden Übergang, und sind mit der vorgeschla-
genen neuen partie einverstanden. Die beiden oheime machen
sich zuletzt noch einen kleinen scherz: Allworthy bietet mit
verstelltem ernst Sophien einen seiner verwandten an, womit
er Tom meint, dessen Verwandtschaft mit ihm aber Sophia
noch unbekannt ist. Natürlich weist sie ihn entschieden
zurück. So schlägt Burchell seiner Sophia den Jenkinson vor,
für den diese sich ganz entsetzt bedankt. Blifll und Thomhill
werden auf bitten der vorher von ihnen bedrängten wenigstens
nicht ganz hilflos ins elend gejagt, und es herrscht eitel freude
und glück.
Deutlicher als hier kann eine entlehnung wohl kaum sein.
Um das recht scharf hervortreten zu lassen, gestatte man mir,
die hauptpunkte noch einmal hervorzuheben. Ich erzähle kurz
die fabel des Vicar of Wakefield, soweit sie hier in betracht
kommt und füge in klammern die entsprechenden namen aus
Tom Jones hinzu. Liest man diese statt jener, so hat man
den hauptinhalt des Fieldingschen romans.
Georg (Tom) liebt die reiche Arabella (Sophia), die seine
liebe erwidert. Deren vater, Wilmot (Western), will Georg
(Tom) nicht, weil er arm ist. Der unglückliche freier geht
in die weite weit. Darauf bewirbt sich um das mädchen
Thomhill (Blifil), der neffe des landedelmanns Burchell (All-
worthy). Er wird unterstützt vom vater Mr. Wilmot (Mr,
Western), von der tante Mrs. Arnold (Mrs. Western), schliess-
lich auch vom onkel Burchell (Allworthy), der des neffen
wahren Charakter nicht kennt. Arabella (Sophia) aber liebt
ihn nicht, ihre Zuneigung gehört noch immer Georg (Tom).
Diese liebenden treffen einmal bei gelegenheit eines Schauspiels
zufällig zusammen, ohne dass ihre sache dadurch gefördert
wii'd. Georg (Tom) wird bei Burchell (Allworthy) und Ara-
bella (Sophia) verläumdet. Thomhill (Blifil) versucht ihn aus
dem wege zu räumen. Durch ein duell, bei dem er überfallen
wird, kommt Georg (Tom) ins gefängnis, Thomhill (Blifil)
OOLDSIOTHS VICAR OF WAKEFIELD. 157
bringt falsche zeugen gegen ihn, um ihn sicher loszuwerden
und er scheint dem tode verfallen zu sein. Aber ein freund
beweist, dass der im duell verwundete, der für tot ausgegeben
wurde, nur wenig verletzt ist. Die gewandtheit Thornhills
(Blifils) verzögert die entdeckung seiner Schurkerei eine Zeit-
lang, schliesslich aber werden Burchell (Allworthy) die äugen
geöffnet. Er giebt seinen neffen völlig auf und tritt für die
heirat zwischen Arabella (Sophia) und Georg (Tom) ein, mit
der dann sofort auch Wilmot (Western) einverstanden ist.
Soweit es also die äusserlich verschiedenen Verhältnisse
nur irgend erlaubten, hat Goldsmith die handlung des Tom
Jones nachgeahmt. Nicht nur alle grossen züge sind getreu
wiedergegeben, sondern auch die charakteristischsten einzel-
heiten, so, dass die mädchen sich bei der tante aufhalten, die
im duell verwundeten fälschlich für tot erklärt werden, dass
die beiden schurken nach der entdeckung sich so widerlich
kriechend benehmen, dass sich zuletzt der onkel einen so eigen-
artigen scherz macht und vieles andre.
Ich begnüge mich jedoch vorläufig mit der feststellung
dieser thatsachen, ohne weitere kritik zu üben und komme
nun nach der darlegung der Identität der handlung zu den
einzelnen personen.
Der ausgangspunkt ist natürlich Tom Jones, Goldsmiths
Georg. Tom ist eine mit der grössten liebe gezeichnete gestalt,
in der Fielding sich selbst porträtierte. In ihr ist seine
ganze lebensanschauung verkörpert, all seine lebensweisheit
zusammengefasst. Goldsmith war freilich eine etwas ähnliche
natur, doch war er ohne den freien, heitern mut Fieldings,
er hätte eine figur wie Tom alias Georg aus sich selbst heraus
nie schaffen können. Für Tom und Georg ist dieser frische
unternehmungslustige sinn bezeichnend. Sie sind beide noch
jung und lebhaften temperaments, leicht hastig und aufbrausend,
aber nur aus ihrer rechtlichkeit heraus, die sie gegen jedes
unrecht partei ergreifen heisst, ohne die folgen zu bedenken.
Nie aber mischt sich bosheit darein; begehen sie einen fehler,
so geschieht es aus Unbesonnenheit und jugendlicher Über-
eilung, nicht aus verwerflichen motiven. Sie sind harmlos und
leichtgläubig, dankbar und versöhnlich. Sie kennen keine
furcht, weder vor einem kämpfe noch vor einem schmählichen
tode. Von beiden wird erwähnt, dass sie ausserordentlich
158 WILLI FISCHER,
hübsch sind und zwar werden sie so gerade in dem augen-
blick geschildert, als sie das gefängnis verlassen haben und
zuerst wieder schmuck gekleidet sind. Ihre liebe ist andrer
art als die Thomhills und Burchells, sie stehen gesellschaftlich
etwas unter dem mädchen und erringen es erst nach langen
kämpfen: es kann kein zweifei sein, dass diese liebe die an-
sprechendere ist, um soviel sympathischer, als uns Fielding
Richardson gegenüber erscheint.
Toms Sophia ist im Vicar of Wakefield schlecht wegge-
kommen. Arabella Wilmot ist so abgeblasst, dass man bei
ihr von irgendwelchem Charakter kaum reden kann. Ich
werde später auf sie zurückkommen.
Von grösster Wichtigkeit sind dagegen die gestalten von
neffe und onkel. Thomhill ist in seinem Verhältnis zu Georg,
Miss Wilmot und Burchell völlig gleich Blifil. ») Hierher
stammt der zug in seinem Charakter, der zu Lovelace nicht
passt: die heuchelei. Der Blifll in ihm ist es, der Burchell
systematisch hintergeht, der Arabella um des geldes willen
heiraten will und Georg verläumdet, der ihn erbarmungslos
dem tode preisgiebt, um seine zwecke zu erreichen. Hierher
stammt die rafflniertheit , mit der er sich sofort fasst, als er
schon entdeckt zu sein scheint, die Schlauheit, mit der er sich
herausredet, endlich die niedrige Zerknirschung, als alles ver-
loren ist. Am charakteristischsten ist das Verhältnis zum
onkel.
Burchell ist das getreue abbild Allworthys. 2) Das ist
wieder ein echt Fieldingscher Charakter. Ein einfacher, herzens-
guter mann, von der reinsten redlichkeit beseelt, dabei kein
menschenkenner, so dass es Blifll leicht wird, ihn zu betrügen.
Diese beiden flguren, der ehrenfeste treffliche onkel und der
hinterlistige, heuchleiische neffe in ihren beziehungen zu
einander gehören zu den vorzüglichsten, die je geschaffen
sind und diesen ohne das geringste verdienst übernommenen
gestalten verdankt Goldsmith viel von seinem erfolg. In
Allworthy und Blifll stehen sich zwei weiten gegenüber, fremd
>) Ueber die Verschmelzung von Lovelace und ßlifil — ► Thomhül vgl.
später.
*) Ueber die Verschmelzung von Grandison und Allworthy — ► Burchell
vgl. später.
GOLDSMITHS VICAB OF WAKEFIELD, 159
und unvereinbar, aber doch neben einander vorhanden, wie es
im leben jeden tag zu beobachten ist. Es kann Allworthy
und Burchell gar nicht einfallen, je an ihrer neffen ehren-
haftigkeit zu zweifeln, wie sollten sie auch auf einen so
wunderlichen gedanken kommen? Ohne es zu ahnen, werden
sie willenlose Werkzeuge der plane jener, die erst im aller-
letzten augenblick scheitern. Als die entdeckung kommt, ist
ihr schmerz und zorn ausserordentlich, und wir begreifen sehr
gut, dass sie die Verbrecher ohne gnade aus dem hause jagen
wollen und sich nur mit mühe besänftigen lassen. Allworthy
und Blifil, mochten sie gut oder schlecht reproduziert werden,
sie mussten unbedingt wirken.
Ueber Wilmot -Western habe ich hier nicht viel zu sagen.
Man erfährt von seinem Charakter nur, dass er geldgierig
ist, was zu Western stimmt. Seine handlungsweise ist da-
gegen nur zu verstehen, wenn man immer Western dabei vor
äugen hat.
Ebensowenig worte genügen über Mrs. Arnold. Ich sagte
früher, dass die Arnolds die Wilsons aus Joseph Andrews
vertreten. Mit Mrs. Arnold ist dann die Mrs. Western und
Lady Bellaston verquickt worden, weshalb sie gesellschaftlich
etwas höher gestellt werden musste als die Wilsons, ohne
dass diese gestalt bedeutung oder interesse beanspruchen
könnte. ^
Abgesehen von der haupthandlung finden wir auch in
Tom Jones einige kleinigkeiten, die Goldsmith benutzt hat.
So ist die bekannte scene im Vicar, wie der pfarrer mit
einem haushofmeister , der sich für den herm ausgiebt, zu-
sammentrifft (XIX 90) , vielleicht veranlasst durch eine ähn-
liche im Tom Jones (Tauchnitz- ausgäbe II 169). Hier über-
rascht Nightingale seinen diener, der mit einigen andern
zusammen während seiner abwesenheit in seinem zimmer
schmaust und zecht.
Georg erzählt einmal (XX 97), eines tags, als er in London
ohne hil&mittel ratlos auf einer bank gesessen habe, sei er
plötzlich von einem alten bekannten aus seiner universitäts-
zeit angesprochen worden. Dieser, nämlich Thomhill, habe
ihn in seinen dienst genommen und ihm eine wenig ehrenvolle
beschäftigung zugewiesen. Im Tom Jones erzählt der mann
vom berge eine ähnliche episode aus seinem Wanderleben (1 400).
160 WILLI FISCHER,
Er sei einst in London ganz verzweifelt gewesen, da habe ihn
unerwartet ein alter universitätsfreund angeredet, der ihm
zwar geholfen habe, aber ebenfalls in recht zweifelhafter weise.
Das sind natürlich nur kleinigkeiten , aber die einzelnen
umstände sind so bezeichnend, dass ich an beeinflussung glaube.
Ich habe früher gezeigt, dass die rührende kindergestalt
des kleinen Dick von unserm dichter nicht selbständig ge-
schaffen worden ist. Auch hierbei muss man wieder sagen,
dass solche figui^en ganz und gar Fieldingisch sind. Im Joseph
Andrews, im Tom Jones und in der Amelia, überall kommen
solche reizende kinderscenen vor. Man vergleiche etwa die
folgende (11 228) mit denen im Vicar of Wakefield : In der
familie der frau Miller herrscht grosses Unglück. Tom be-
schäftigt sich mit der kleinen Betsy und fragt sie, ob sie sich
vor dem sterben fürchte. „Yes", answered she, „I was always
afraid to die, because I must have left my mamma, and my
sister; but I am not afraid of going anywhere with those
I love". Als die beiden kleinen des pfarrers bei ihm im ge-
fängnis schlafen sollen (XXVI 132), fragt er sie, ob sie sich
vielleicht fürchteten hier zu bleiben. „No, papa", says Dick,
„I am not afraid to lie anywhere where you are*^. „And I**,
says Bill, „love every place best that my papa is in". Man
hat die kleinen lieblinge des vaters mit recht bewundert, aber
man sieht, auch wenn man eine direkte beeinflussung bestreitet,
ein besondres verdienst hat Goldsmith nicht daran, Fielding
hatte längst gleich schönes erdacht.
Forster (I 314) hat die kerkerpredigt des pfarrers be-
sonders gerühmt als erstes beispiel dafür, dass das gefängnis
als etwas andres betrachtet wird denn als eingang zum galgen.
Er sagt, Goldsmith habe zuerst die Insassen eines gef&ng-
nisses als menschen angesehn, als wesen, die es verdienten,
dass man sich um sie bemühe. Es liegt mir fem, jener
kerkerscene ihr verdienst bestreiten zu wollen, denn es ist
wirklich vorhanden, dass aber Goldsmith zuerst derartiges ge-
dacht, das ist nicht richtig. Tom Jones verzeiht sogar einem
strassenräuber (II 149), worüber der pedantische Partridge ent-
setzt ist, in der Amelia hatte sich Fielding über das willkttr-
liche treiben der richter beklagt und die unglücklichen opfer
geschildert, ferner Smollet in Roderick Bandom, Peregrine
Pickle und vor allem in Sil* Lancelot Greaves.
GOLDSMITHS VICAR OP WAKEFIELD. 161
Die entlehnung aus Tom Jones ist die bedeutendste aller.
Im anschluss an Georg und seine geliebte übernahm Goldsmith
eine reihe andrer wichtiger personen und weiter mit der lösung
des Tom Jones die seines Vicar of Wakefield.
Goldsmith hat auch aus andern werken, als den bisher
erwähnten, denen er seine hauptpersonen und haupthandlungen
entnahm, kleinigkeiten benutzt. Da er gerade in unbedeu-
tendem mancherlei eignes hat, so ist es nicht immer leicht
zu sagen, ob dies oder jenes originell ist oder nicht. Es ist
aber auch nicht so wichtig wie das andere und immerhin
giebt es einiges, das angeführt werden muss. Zweifelhaftes
will ich mich bemühen auszulassen und nur erwähnen, was
nach meiner ansieht als entlehnung wahrscheinlich ist.
Ich habe zunächst von dem bereits genannten pfarrer
Harrison in der Amelia zu sprechen. Ich betone noch einmal,
dass er eine Wiederholung des Adams ist, doch ohne dessen
komische selten. Man könnte Primrose eiaen Adams mit der
nuance Harrison nennen. Harrison ist gleichfalls der Schützer
eines jungen paares und wohnt wie Primrose in einer idyllischen
gegend, sein haus nennt er sein irdisches paradies (buch II,
kap. 12). Aufopfernd sorgt er für seine gemeinde und ist
allgemein beliebt. Er preist ausdrücklich das landleben,
empfiehlt es seinen Schützlingen, und diese finden völlige be-
friedigung darin. Zweifellos war das Goldsmith gegenwärtig,
eine kleinigkeit zeugt dafür. Wie im Vicar of Wakefield
(X 43) die familie wider Primroses willen auf den beiden
ackergäulen zur kirche reitet, so fährt kapitän Booth einmal
mit seiner familie im kutschwagen und bespannt ihn mit zwei
ackerpferden. Auch hier erregt das den lebhaften tadel des
pfarrers.
Später verliebt sich ein oberst James, der sich Booth
gegenüber als freund ausgiebt, in Amelia. Um freie Bahn
zu haben, will er Booth dadurch entfernen, dass er ihm eine
kapit ausstelle in Westindien verschafft. Durch dasselbe mittel
aber will ja Thornhill Georg aus dem wege räumen. Man
erinnert sich, dass Lord Fellamar Tom pressen lassen will:
Goldsmith passte dieses mittel nicht, weil Thornhill nicht
gewaltsam vorgehen kann, denn gerade in dieser zeit ist er
immer mit Primrose zusammen. Da in der Amelia eine ganz
AngUa. N.F. XUI. ±±
162 WILLI FISCHER,
ähnliclie Situation vorlag, so kam Goldsniith darauf, dieses
motiv zu übernehmen. Wie Primrose und Georg dabei fest
an Thomhills gute absiebten glauben, so auch Harrison und
Booth an die aufrichtigkeit des James.
Das Steckenpferd Primroses, die monogamie, war gleich-
falls schon litterarisch verwertet worden. In der Amelia
kommt ein pf arrer vor (VII 2) , der religiöse zweifei darüber
gehabt hat , und seine tochter , Mrs. ßennet (VI 7) , ist eine
eifrige Verfechterin seiner ansieht.
Der kleine söhn Booths und Ameliens heisst Bill und
auch hier findet sich eine prächtige kinderscene (IX 2) der
art, dass das kind die liebe zu seinem vater zeigt, als dieser
im gefängnis ist. Man könnte vielleicht einfach sagen, dass,
wie der kleine Dick aus Joseph Andrews stammt, so Bill ans
Amelia und angesichts der sonstigen entlehnungen Goldsmiths
ist das sehr möglich. Doch ich will auf solche kleinigkeiten
nicht zuviel gewicht legen und nur wiederholen, dass von
einem selbständigen verdienst Goldsmiths hinsichtlich der
beiden kindergestalten keine rede sein kann.
Was Thornhill angeht, so habe ich hier nachzutragen,
dass er, wie er überhaupt von schlechten menschen aUerhand
eigenschaften übernommen hat, sicherlich auch von Smolletts
Ferdinand Count Fathom beeinflusst ist. Thornhill hat von
ihm seine erbarmungslosigkeit gegen die verführten mädchen
und seine feigheit. Hierher stammt auch das motiv der tot-
erklärung Oliviens. Ferdinand Count Fathom verfolgt Mo-
nimia, die von ihren freunden, um sie vor ihm zu schützen,
für tot ausgegeben wird (kap. 63), dann aber, als die ge&hr
vorüber ist, plötzlich gesund wieder auftritt. In unserm roman
wird Olivia für tot erkläi-t, um Thornhills rachsucht die spitze
abzubrechen (XXVin 143) ; als dieser unschädlich gemacht ist>
taucht sie wieder auf.
Wie so eine reihe von Schurken auf die schildemng
Thornhills \virkten, so hat auf Burchell wohl Smolletts Sir
Lancelot Greaves einfluss gehabt. Dieser zeigt sich in dem
romantischen umherwandern Burchells, das ein reflex der noch
viel romantischeren Donquixotterien Lancelot Greaves ist
Ich komme nun zu einer reihe von motiven, die vor
Goldsmith ausserordentlich oft verwandt worden sind. Georg
erzählt unter anderm von den erfahrungen, die er mit einem
GOLDSMITHS VICAR OF WAKKFIELD. 163
grossen herrn gemacht hat (XX 99/100). Es kommt gar nicht
darauf an, ob Goldsmith selbst solche erfahmngen gesammelt
hat oder nicht, er durfte etwas so abgedroschnes auf .keinen
fall wiederbringen ! Fielding und Smollett haben solche scenen
mehrfach geschildert. Der verlauf ist etwa folgender: der
hilfebedürftige geht zu dem grossen herrn, dem er empfohlen
ist und von dem er alles erwartet. Doch es macht ungeahnte
Schwierigkeiten, zu ihm zu gelangen, er muss zuvor alle diener
bestechen. Grelingt es ihm schliesslich, den edlen zu sehen,
so fertigt ihn dieser entweder kurz ab, oder er giebt ihm
Versprechungen, die nie erfüllt werden. — So stellt es Grold-
smith dar, so hatten es Fielding im Joseph Andrews und der
Amelia, Smollett in Eoderick Random und Peregrine Pickle
gethan. Man vergleiche etwa Amelia VII 5 oder Roderick
Random XV und man wird von der ähnlichkeit überrascht sein.
In Georgs erzählung spielt weiter eine rolle die erwähnung
falscher kunstkenner und angeblicher dichter und des elends
wahrer dichter (XX 95, 96, 97, 104). Auch das war vorher
ausführlich behandelt worden, besonders von Fielding im Joseph
Andrews (TII 10) in den personen des Schauspielers und des
dichters, von Smollett in Roderick Random (kap. 62 ff.) in dem
dichter Melopoyn, im Peregrine durch das auftreten des doktors
und des maiers (kap. 42 ff.), die der held in Frankreich trifft
und der gesellschaft von autoren (93 ff.).
Noch auffälliger ist die beeinflussung Goldsmiths bei der
gefängnisscene. Solche scenen kommen besonders vor in Ro-
derick Random, Peregrine Pickle, Amelia, Ferdinand Count
Fathom und Jonathan Wild. Zumeist ist es so, dass die ein-
kerkerung des beiden wegen einer geldschuld seine letzte
Prüfung ist, und dass mit der befreiung zugleich der konflikt
sich löst. Die erste beobachtung , die der neuankömmling
macht, ist, dass wunderbarer weise die gefangenen alle lustig
und ausgelassen sind, während er das gegenteil erwartet hat.
Er muss dann einen teil seines geldes oder was er sonst hat,
zum Willkomm herausgeben. Bald tritt jemand auf ihn zu,
der manchmal sogar ein früherer bekannter ist, ihn mit grosser
freundlichkeit begrüsst und dazu beiträgt, dem beiden das
leben im gefängnis erträglich zu machen.
Smollett und Fielding hatten diese art von scenen bereits
ausgebildet, und Goldsmith übernahm sie ganz getreu. Wenn
11*
164 WILLI FISCHER,
man hintereinander die romane der Vorgänger Groldsmiths liest,
dann ist einem diese scene so gelänfig, dass man genau vor-
hersagen kann , was geschieht , als Primrose (XXV 129) das
gefängnis betritt.
Das führt mich auf Jenkinson, den der pfarrer hier trifft,
Ein direktes vorbild für ihn giebt es nicht und doch ist er
nicht ganz Goldsmiths eigen. Es sind in dieser gestalt drei
andre vereinigt:
1. die eines gewöhnlichen gauners, als den sich Jenkinson
zuerst zeigt;
2. die des mannes, den der held im gefängnis antrifft;
3. die des helfershelfers eines vornehmen Wüstlings.
Für die erste figur waren vor Goldsmith sehr viel Vertreter
da, wiederum bei Fielding und Smollett. Ich erinnere hier
nur an eine scene in Roderick Random (kap. X). Da begrüsst
ein Schulmeister, ein alter, anscheinend ehrwürdiger mann mit
langem grauem haar, dem seine tochter als helferin dient,
Roderick und seinen genossen lateinisch, flösst ihnen grosse
ehrfurcht ein und betrügt die dadurch geköderten jämmerlich
mit der rechnung. Hiermit vergleiche man die art, in der
Jenkinson Primrose betrügt (XIV). Auch er erweckt durch
scheinbare gelehrsamkeit vertrauen, auch er hat einen jungen
menschen als helfer und trägt einen langen weissen hart, der
ehrerbietung fordert.
Ueber die zweite figur habe ich schon gesprochen- Ich
möchte nur auf Ferdinand Count Fathom verweisen, dem
(XXXIX), als er ins gefängnis kommt, jemand entgegentritt
und ihn mit klassischen floskeln bewillkommnet, sowie auf
Roderick Random (LXI), der den Beau Jackson, einen alten
bekannten zweifelhaften Charakters im gefängnis wieder findet.
Zu nummer drei ist zu sagen, dass in jedem roman
Richardsons ein mann vorkommt, der zuerst dem Wüstling be-
hilflich ist, das betreffende mädchen zu verführen. Das ist in
der Pamela Arnold, in Klarissa Joseph, im Grandison Wilson.
Keiner von diesen ist eigentlich ein schlechter mensch, daioun
folgt nach der that bald die reue: dem entspricht in der
hauptsache die rolle, die Jenkinson Thornhill und Olivia gegen-
über spielt.
Den ersten anstoss für diese gestalt aber scheint mir ein
gewisser Robinson in der Amelia gegeben zu haben. Das ist
60LDSM1THS VICAB OF WAKEFIELD. 165
ein Spieler, aber ein gutmütiger mensch, dem es wie Jenkinson
eben an sittlicher kraft gefehlt hat. Er ist Booth im gefängnis
durch seine freundlichkeit willkommen (I 3), entspricht also
der nummer zwei. Später (XII 6) stellt sich unerwartet heraus,
dass er beteiligt gewesen ist bei der Unterschlagung von
Ameliens vermögen. Er selbst gesteht alles, giebt seine mit-
schuldigen preis und befreit so Booth aus aller not. Die
ähnlichkeit ist unverkennbar: ein liebenswürdiger betrüger,
der zuletzt die opfer seines schlimmsten betrugs glücklich
macht. So rettet ja Jenkinson das vermögen Arabellens und
Olivien obendrein. Dieser zug Robinsons würde etwa zu
nummer drei stimmen. Rechnen wir hinzu, dass Robinson zu
auf ang (I 5) anscheinend Booth betrügt , so wären in dieser
person die drei wesentlichen punkte vereinigt. Das eine ist
jedenfalls ersichtlich, dass Goldsmith den Jenkinson nicht fi-ei
erfunden hat. Wie er ihm geglückt ist, darüber später.
Primrose büsst bekanntlich sein geld ein und erhält es
erst zuletzt unerwartet zurück: Peregrine Pickle ergeht es
genau so (CI). Bei dieser kleinigkeit scheint mir die beein-
flussung sicher, der zug ist aber zu unbedeutend, als dass man
die entlehnung scharf beweisen könnte, es wäre auch der mühe
nicht wert.
Für die berühmte predigt des pfarrers ist kein vorbild
vorhanden. Nur der Vollständigkeit halber möchte ich er-
wähnen, dass im Roderick Random (LXI) ein Schauspieler den
gefangenen lehrreiche vortrage hält, allerdings gegen eine
kleine entschädigung. Es ist ein einfältiger, guter mensch,
der den unglücklichen manchen dienst leistet. Im Peregrine
Pickle wird ein pfarrer genannt (XCVlll), der sich im ge-
fängnis wohlthätig zeigt. Auf alle fälle bleibt Goldsmith das
verdienst dieser predigt ungeschmälert.
Politische kannegiessereien wie die des haushofmeisters
(XIX), waren bei Fielding und SmoUett ein sehr beliebter
gegenständ ergötzlicher satire.
Die dichter, die einen pfarrer auftreten lassen, haben eine
besondre Vorliebe dafür, diesen zum beiden oder zur heldin
in das Verhältnis des lehrers zu setzen. Sie wollen dadurch
zeigen, bis zu welchem grade der Vollkommenheit ein unschul-
diger mensch durch die lehren eines wahrhaft guten manne»
gebracht werden kann. So hat Adams Joseph Andrews unter-
166 WILLI FISCHER.
richtet und dr. Bartlett Grandison, zuletzt auch Miss Byron,
so vor allem dr. Lewen die Klarissa und Harrison Amelia.
Gern wird immer wieder besonders das Verhältnis zwischen
dem gütigen, allbeliebten geistlichen und dem reinen mädchen
oder weibe hervorgehoben. Bei Goldsmith erfahren wir nichts
darüber, dass Primrose Arabella, das einzige mädchen ausser-
halb seiner familie, das einzige also, das gemäss den Vorbildern
in frage kommen könnte, erzogen habe: da ganz plötzlich
(XIX 91 und XXXI 167) wird sie seine Schülerin genannt,
deren geist unter seiner leitung gebildet sei. Diese erwäh-
nung ist weder begründet noch nötig: aber so vollkommen
lebte Goldsmith in dem, was er gelesen, dass es ihm ganz
selbstverständlich erschien, dass Arabella des pfarrers Schülerin
sein musste. Das ist wieder sehr unbedeutend, aber ich glaube,
es kann nichts bezeichnenderes geben.
Zum schluss will ich noch ganz nebenbei bemerken, dass,
wenn im Vicar of Wakefield öfter geschichten erzählt und
lieder gesungen werden, dies bei Eichardson, Fielding und
Smollett durchaus üblich ist und Goldsmith also auch in dieser
hinsieht im alten gleise sich bewegt.
Am ende dieses ersten teils meiner arbeit will ich nun
die gefundenen ergebnisse zusammenstellen.
Die hauptgestalt unseres Werkes, der landprediger Primrose,
ist in der hauptsache gleich dem pfarrer Adams, mit
einigen durch die Verhältnisse bedingten änderungen.
Moses ist zwar eine neuschöpfung Goldsmiths, aber nur eine
Verjüngung Adams.
Deborah, die pfarrerin, ist frau Adams. Ihre rolle ist natur-
gemäss etwas grösser, da sie von anfang an handelnd
auftritt, ihr Charakter weicht nirgends vom vorbilde ab.
Dick und Bill treten nicht viel hervor und sind ohne
eignen wert.
Olivia hat züge von Pamela und Klarissa, entspricht keinem
Vorbild ganz.
Sophia ist Miss Byron.
Georg ist Tom Jones.
Thornhill ist eine zusammenschweissung von Lovelace und
Blifil.
GOLDSMITHS VICAB OF WAKEFIELD. 167
Burchell eine Vereinigung von Grandison und AUworthy.
Arabella ist Sophia Western, aber stark abgeblasst.
Von nebenpersonen ist noch zu erwähnen:
Mr. Wilraot, ein schwacher reflex von Mr. Western,
Die Arnolds sind die Wilsons aus Joseph Andrews, ausserdem
Mrs. Arnolds entspricht Mrs. Western und zum teil Lady
Bellaston.
Mr. Williams ist Williams aus der Pamela.
Mr. und Mrs. Symmonds = Mr. und Mrs. Tow-wouse.
Lady Blarney = Lady Lawrance.
Miss Skeggs == Miss Montague.
Jenkinson ist aus verschiedenen personen zusammenge-
flossen.
Die handlung des Vicars besteht aus drei haupthandlungen,
die geeint sind durch die person des pfarrers. Die erste ist
die zwischen Thornhill und Olivia, mit wenigen zügen aus
Pamela, in der hauptsache aber ein getreues abbild der zwi-
schen Lovelace und Klarissa.
Die zweite handlung spielt zwischen Burchell und Sophia
and entspricht der zwischen Grandison und Miss Byron.
Die dritte endlich zwischen Georg und Arabella ist gleich
der zwischen Tom Jones und Sophia Western. Sie ist die
verzweigteste und bringt wichtige nebenhandlungen mit sich,
die zwischen Burchell und Thornhill, Burchell und Georg,
Thornhill und Greorg.
Neben all diesen handlungen läuft das thun des pfarrers,
der bei jeder beteiligt ist und mit jeder der handelnden per-
sonen in berührung kommt.
Durchweg zeigt sich das bestreben, möglichst viel unter-
haltendes auf die hauptpersonen zu vereinigen. Was ein
schlechter mensch gethan, wird auf den schlechten menschen
des romans übertragen, was gute thun, auf den guten menschen,
besonders natürlich, wenn an eine gestalt angeknüpft werden
kann, die an sich schon einer des Vicars ähnelte. Etwas der-
artiges ist uns ja nichts fremdes, wir können etwa die alt-
fi-anzösischen Chansons de Geste zum vergleich heranziehen,
wo auch einem besonders beliebten beiden im laufe der zeit
die thaten vieler andern zugeschrieben wurden, so etwa dem
168 WILLI FISCHER,
berühmten Wilhelm von Orange die vieler andrer Wilhelme.
Ich will diese methode noch einmal kurz illustrieren.
Blifil hat Tom Jones viel unrecht gethan, solange er mit
ihm zusammen im hause Allworthys war. Nachdem Tom
einmal fort ist, kann ihm der tugendsame neffe nicht mehr
schaden. Wenn aber später ein Lord Fellamar auftritt, der
ebenfalls, weil er Sophien haben möchte, sich gegen Tom
feindselig verhält und Goldsmith die interessanten vorfalle,
die sich hier ergeben, verwerten wollte, so musste es not-
wendig Thomhill sein, der des Lords Schurkereien aufgebürdet
bekam. Das duell, das im Tom Jones von einer nebenperson
ausgeht, wird hier direkt mit Thomhill in Verbindung ge-
bracht. Wird Tom dabei von Fellamars Schergen überfallen,
so muss das wieder Thornhill übernehmen: wenn nun aber
der Lord sein unrecht einsieht, also von der schlechten zur
guten Seite übergeht und Tom aus dem gefängnis befreit, so
fällt das im Vicar of Wakefield natürlich Burchell zu.
So ist es noch in sehr vielen fällen. Doch es ist nicht
nötig, weiter ins einzelne zu gehen, kurz, alles mögliche
interessante, das Goldsmith gelesen, stopfte er in sein buch
hinein. Wahrhaft eine Verkörperung dieses prinzips ist Jen-
kinson, in dem so ziemlich alles gute, das in den andern
romanen über derartige zweifelhafte existenzen gesagt worden
war, zusammengefasst ist.
Blicken wir jetzt zurück, so sehen wir vor nnsern äugen
ein ganz überraschendes Schauspiel. Einer der glänzendsten
und erfolgreichsten dichter der weit, dessen roman, in alle
kultursprachen und meist mehr als einmal übersetzt, neben
Defoes Bx)binson Crusoe der bekannteste englische roman über-
haupt geworden ist, entpuppt sich als einer, der in unerhörter
weise überlegenen Vorgängern ihre vorzüglichsten gestalten
und handlungen entlehnt hat, der diese Vorgänger wenigstens
für die grosse masse der gebildeten vollständig verdunkelt und
allein den platz in der sonne behalten hat. Er hat weder eine
figur geschaffen noch eine handlung erdacht, als eigen bleibt
ihm nichts als der nachbar Flamborough und seine töchter,
dann viele kleinigkeiten, die sehr ergötzlich und vortrefflich,
aber doch eben nur kleinigkeiten sind! Dabei beruht seine
so ausserordentliche beliebtheit fast ausschliesslich auf diesem
roman, seine selbständigen werke haben zumeist das Schicksal
GOLDSMITHS VICAE OF WAKEFIELD. 169
derer seiner Vorgänger geteilt ! Angesichts solcher thatsachen
liegt ein scharfes urteil nahe, dennoch wollen wir vorläufig
jede kiitik unterlassen und den dichter erst noch in andrer
weise prüfen.
Wenn man übrigens meinen sollte, die Übereinstimmung
sei ja hier und dort nicht ganz vollkommen, so ist das sehr
richtig. Aber es liegt mir durchaus fern, etwa ein System
aufbauen, eine theorie durchführen zu wollen und somit alles
zu meinem zwecke passende darzulegen, entgegenstehendes zu
ignorieren oder zu gunsten der theorie zu verdrehen, ich habe
einfach die wirklichen Verhältnisse aus dem Vicar of Wake-
field herausgelesen ! Es ist einleuchtend, dass angesichts einer
so vielfach veränderten gruppierung des Stoffs, wie sie hier
nötig war, es selbst bei der denkbar grössten Unselbständig-
keit ein wunder wäre, wenn nicht kleinigkeiten sich geändert
hätten, manches hinzugekommen, andres weggelassen wäre.
Natürlich wird jeder, der sich mit einem gegenständ befasst,
allerlei gedanken darüber haben, wie viel mehr ein dichter
wie Goldsmith, in dessen Innern manches von dem über-
nommenen lebhaften anklang fand ! Darum habe ich mehrfach
darauf hingewiesen, dass dies und das bei Goldsmith der quelle
gegenüber änderungen zeige, auch wo ich es nicht notwendig
zu sagen brauchte: es handelt sich eben gar nicht um eine
herabsetzung unseres dichters, sondern um seine richtige be-
urteilung.
II.
Im zweiten teile dieser arbeit will ich nach erledigung
einiger sehr wichtiger punkte, nämlich der darlegung der ent-
stehung des romans und Goldsmiths arbeitsweise , sowie der
erklärung der ausserordentlichen Wirkung, die er geübt, zu
einer kritik Goldsmiths als romanschriftsteller gelangen.
Seit 1757 war unser dichter mit litterarischen arbeiten
beschäftigt, freilich anfangs nur mit lohnschreibereien für
Grif fiths, später machte er sich selbständig. Alber welch eine
traurige existenz hatte er dabei! Er lebte buchstäblich von
der band in den mund, kam nie über die sorge ums tägliche
brot hinaus. Sein hauptziel war immer und musste es sein,
etwas zu schreiben, was ihn aus der not reissen würde. Schon
170 WILLI FISCHER,
früher in der Schweiz hatte er seinen Traveller begonnen,
der 1764 fertig wurde, aber es war klar, dass ihm das koi'ze
gedieht nicht entscheidend würde nützen können. Wenn er
daran dachte, wie Kichardson, Fielding, SmoUett und gerade
in diesen tagen Sterne mit ihren romanen so grossen erfolg
gehabt hatten, wie zum beispiel Fielding allein für seine
Amelia 1000 £ bekommen hatte, wie nahe lag da der gedanke,
gleichfalls mit einem roman sein glück zu versuchen, so fremd
ihm dies gebiet auch war! In seiner Jugend hatte er verse
gemacht, auch einmal ein trauerspiel geschrieben, auf der reise
den Traveller angefangen und viele Essays verfasst, nur an
einen roman hatte er nie gedacht, die not erst brachte ihn
dazu. Natürlich kannte er die werke seiner Vorgänger sehr
gut, manchmal hatt« ihn ihre lektüre über sein trauriges los
getröstet. Von all den gestalten, die er da gefunden, war
ihm keine sympathischer gewesen als die des pfarrers Adams.
Sie erinnerte ihn unwillkürlich an seinen vater und an seinen
bruder Heinrich in der irischen heimat. Wenn er an das
Vaterhaus oder an das ruhige leben seines bruders dachte
und damit das sorgenvolle dasein verglich, das er seit jähren
führte, so musste ihm dies als verfehlt erscheinen und die
Sehnsucht nach dem stillen frieden des landlebens in ihm
wach werden. So schwebte ihm Adams vor, ohne dass er ihn
wirklich als diese Fieldingsche gestalt erkannte, in der Um-
gebung, die er bei den Wilsons gesehen und bewundert hatte,
er schien ihm so vertraut und verwandt, dass er die kraft in
sich fühlte, einen solchen mann, in einer solchen Umgebung
darzustellen. Es waren ja seine Jugenderinnerungen, sein
heimliches sehnen und träumen, das was er als trost und Zu-
flucht vor der weit, die ihn abstiess, in seiner brüst trug, sein
eigenstes und bestes konnte er hinein verweben.
Das war sein ausgangspunkt , bis hierher fühlte er sich
der aufgäbe gewachsen, aber er hatte damit noch keinen
roman. Er musste die landschaft mit menschen bevölkern und
die menschen durch eine handlung verknüpfen. Da er aus
sich selbst heraus dafür nichts geben konnte, so kamen ihm
seine lieblingsgestalten ins gedächtnis, für die er sich oft be-
geistert, die das entzücken der ganzen zeit waren, Lovelace
und Klarissa, Grandison und Miss Byron, Tom Jones und Sophia
Western, AUworthy und Blifil. Goldsmith ahnte nicht, dass
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 171
sie gar nicht sein eigentum seien, sie ergaben sich ja so leicht
und natürlich, er glaubte sie frei zu schaffen, alles kam ihm
zugeflogen, er konnte gar nicht anders, als den Thomhill
gerade in dies bestimmte Verhältnis zur Olivia setzen, es
schien wie gegeben, dass Burchell und Thomhill so eigenartig
zu einander standen, denn diese dinge waren ihm völlig ge-
läufig. Das gab dann eine wahre idealf amilie , deren glieder
lauter wunderbar berühmte personen und unserm dichter so
vertraut und lieb waren, dass er der prosaischen veranlassung
zu seinem ronian ungeachtet doch mit ganzem herzen bei der
arbeit war.
Für die beurteilung Goldsmiths kommt es nun noch darauf
an, was er aus dem übernommenen zu machen verstanden hat.
Es leuchtet ein, dass Goldsmith trotz oder vielmehr eben
wegen seiner Unselbständigkeit eine ernste aufgäbe vor sich
hatte, er musste unbedingt versuchen, das von überall her
zusammengeborgte zu einem harmonischen ganzen zu ver-
einigen.
Ich habe gezeigt, dass es in der hauptsache drei hand-
lungen sind, die er entlehnte,
1. die zwischen Lovelace und Klarissa,
2. die zwischen Grandison und Miss Byron,
3. die zwischen Tom Jones und Sophia Western.
Hierbei stellte sich nun etwas sehr unangenehmes heraus.
In der ersten handlung kommt nämlich ein junger landedel-
mann vor, der ein Wüstling schlimmster sorte ist, in der
zweiten ein ein klein wenig älterer junger besitzer, ein muster
aller tugenden : die dritte aber brachte noch einen alten, ganz
vortrefflichen landedelmann und seinen ganz schlechten neffen.
Nun war es aber doch ganz unmöglich, in dei-selben gegend
drei oder gar vier gutsherrn nebeneinander auftreten zu lassen,
denn die pfarrersleute kommen nicht aus ihrem kirchspiel
heraus, sie können nur mit einem patron zu thun haben!
So ergab sich mit zwingender notwendigkeit eine Ver-
schmelzung: da im ganzen zwei gute und zwei schlechte
männer da sind, so musst^n die beiden guten zu einer person
gemacht werden und die beiden schlechten zu einer andern!
Also wurde der etwas ältere gute mensch in 2. zugleich der
172 WILLI FISCHER,
gute onkel in 3., der etwas jüngere schlechte in 1. zugleich
der böse neffe in 3.
So erklärt es sich, dass Burchell in sich Grandison und
Allworthy, Thornhill aber Lovelace und Blifll enthält. Es
fragt sich nun, wie diese Verschmelzung gelungen ist.
Was zuerst Thornhill angeht, so scheint er nicht übel
geraten. Aber es ergiebt sich ein wahrhaftes ungeheuer, gegen
das Lovelace wie ein engel erscheint. Thornhill hat ja, wie
ich gezeigt habe, auch von andern schlechte* eigenschaften
übernommen und das hat einige Verwirrung erzeugt. Lovelace
verführt zwar mädchen, aber er lässt sie nachher nicht ganz
hilflos, er giebt ihnen wenigstens unterhalt. Thornhill thut
das nicht, es wird öfter (III 12; XXI 109) erwähnt, dass er
alle verführten mädchen erbarmungslos ins elend jagt: da
passt es nicht recht, wenn wir erfahren, dass auch er zwei
dimen als damen verkleidet hat, ganz wie Lovelace. Dieser
freilich hat solche von ihm abhängigen geschöpfe, er mnss
sich gerade bei der rolle, die sie spielen, fest auf sie verlassen
können, aber Thornliill liat ja gar keine in seinem dienst.
Noch weiter aber: Lovelace hält ein haus mit dimen, wenn
das aber auch von Thornhill berichtet wird (XXI 113), dem-
selben, der alle mädchen mitleidlos dem elend preisgiebt, so
ist das ja etwas ganz undenkbares ! Man sieht deutlich, dass
Goldsmith hier immer Lovelace vor sich hatte und darüber
ganz vergass, dass er doch Thornhill einige eigenschaften ge-
geben hatte, die gerade diesen zug unmöglich machten.
AVenn wir den ausgang der Klarissa und des Tom Jones
mit dem des Vicar of Wakefield vergleichen, so fällt auf, dass
weder Lovelace noch Blifil wahrhaft bereuen und zum frieden
gelangen, dass aber Thornhill verziehen und er, das sagt die
andeutung am schluss (XXXII 179) ganz bestimmt, zuletzt
wieder in gnaden angenommen wird. Es wäre verfehlt, hier
etwa von der grösseren menschlichkeit und der christlichen
gesinnung Goldsmiths zu sprechen. Auch in Ferdinand Count
Fathom wird freilich diesem schurken verziehen, aber das ist
hier viel plausibler gemacht und berührt duixhaus wohlthuend.
Das Thornhill verziehen wird, könnte man ein zurückschrecken
vor einem konflikt, vor einem grellen ausklang nennen, ^der
doch unbedingt nötig war. Lovelace und Blifil werden nicht
gerettet, Thornhill, der beider Schlechtigkeit in sich vereint,
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 173
wird es. Man stelle sich doch einmal vor, wem Olivia eigent-
lich verzeiht, wer der mann ist, den sie noch immer liebt und
mit dem sie zusammenleben will. Sie verzeiht also einem
menschen von rohem Charakter, der durch und durch falsch,
herzlos und feig ist, der vieler unschuldiger mädchen existenzen
für immer vernichtet hat, Schuldner im gefängnis zugrunde-
gehen lässt, der sie selbst, die fest auf ihn vertraut, elend
betrogen und ohne gnade dem untergange ausgesetzt hat, der
ihrem bruder die braut abwendig gemacht, sein vertrauen
getäuscht und ihn schliesslich kalten blutes fast zu einem
schmählichen, unverdienten tode gebracht hat, der ihren alten
vater erbarmungslos hat in den kerker werfen lassen, der
nach all diesem ihre Schwester aus woUust hat schänden
wollen, der auch zuletzt noch seine ganze Verwerflichkeit zeigt
und trotzt, weil er Arabellens vermögen zu haben glaubt und
als alles verloren ist, in widerliche kriecherei verfällt! Das
ein solches Scheusal einen guten ausgang nimmt, wäre wahr-
haft unsittlich, wenn es sich nicht sehr einfach erklärte : auch
hier schwebte Goldsmith eben nur Lovelace vor, von dem ja
einst die schönen leserinnen gewünscht hatten, dass er gerettet
werden möchte und diesem Lovelace verzieh unser dichter,
nicht Thornhül!
Durch die zusammendrängung (Thornhül allein führt ja
an schandthaten aus, was in den vorlagen eine ganze reihe
von bösewichtern thut, deren jeder schon ein reichliches
quantum Schlechtigkeit hat) ist ausserdem eine überaus grosse
unWahrscheinlichkeit entstanden. Dass es zum beispiel Thorn-
hill sein muss, der mit Georgs früherer braut zusammenkommt
und sie heiraten will und dass derselbe nach all dem leid,
das er der pfarrerfamilie angethan hat, auch noch die andre
tochter raubt, das ist wirklich nicht mehr zu glauben. Jeden-
falls sieht man jetzt ganz deutlich, woher diese grosse un-
wahrscheinlichkeit stammt.
Wir können also Thornhül nicht als eine durchaus ge-
lungene gestalt bezeichnen.
Weit schwieriger war die Verschmelzung von Grandison
und Allworthy. Natürlich mussten beide, um dieses verfahren
zu ermöglichen, viele züge gemeinsam haben, die die grundlage
für BurcheU gaben. Die hauptunterschiede sind, dass AUworthy
ein alter mann ist, Grandison aber ein junger, der selbst noch
174 WILLI FI8CHRR,
als liebhaber auftritt und dass AUworthy, arglos und leicht-
gläubig, seinen neffen nicht durchschaut, was einem Grandison
nie hätte passieren können.
Grandison ist 26 jähre alt, Bui-chell noch nicht 30, ein
wenig älter musste er gemacht werden. Er ist also der onkel
Thonihills, der ein alter von höchstens 22 jähren hat: dieses
Verhältnis, das an sich sehr möglich ist, ist gewiss nicht das,
was wir erwarten, wenn wir von onkel und neffen sprechen
und wäre nicht Burchells alter wiederholt angegeben, so würde
man ihn nach seinem auftreten sicher für älter halten.
In der that hat Goldsmith die entstehende Schwierigkeit
nicht immer lösen können. Wenn Burchell (m 14) davon
spricht, dass seine leidenschaften stark gewesen seien als er
jung war, so ist das für einen mann von noch nicht 30 jähren
lächerlich! Ferner ist die art, in der Burchell Georg wegen
des duells tadelt, nur zu verstehen, wenn man dabei bedenkt,
dass in Wirklichkeit der alte AUworthy zu Tom spricht : denn
hier (XXX 159) redet der dreissigjährige den ältesten söhn
des pfarrers mit „unthinking boy^^ an! Am schlagendsten
aber ist folgende stelle (Tom Jones II 411): als Blifils wahrer
Charakter entdeckt wird, da spricht AUworthy entsetzt von
ihm als „that wicked viper which I have so long noorished
in my bosom". Das ist sehr verständlich, er hat ihn wirklich
an seiner brüst aufgezogen. Was soll man aber dazu sagen,
wenn Goldsmith Burchell in demselben falle in wörtlicher
nachahmung inbezug auf Thomhill sagen lässt (XXXI 165) :
„AVhat a viper have I been fostering in my bosom!"? Als
Thornliill geboren wui-de, war Burchell etwa acht jähre alt.
Goldsmitli hat also auch diese Verschmelzung nicht glatt
durchgeführt. Eigentlich sind ja solche versehen schon ein
wenig stark, aber welch eine dichtung gäbe es wohl, in der
sich nicht dieser oder jener kleine Widerspruch fände. Es
wäre pedantisch, darauf viel gewicht legen und Goldsmith
verurteilen zu wollen.
Die zusammenschweissung der drei handlungen brachte
aber noch eine andre Schwierigkeit mit sich, gegen die die
bisherigen völlig zurücktreten. Die dritte hatte, wie ich oben
ausgeführt habe, den dichter gezwungen, die beiden liebhaber
aus 1. und 2. in das Verhältnis von neffen und onkel zu setzen.
Da nun die beiden mädchen aus derselben famiUe Ueben, aber
GOLDSMITHS VICAE OF WAKEPIELD. 175
ihrem Charakter nach antipoden und todfeinde sind, denn der
eine ist ganz schlecht, der andre ganz gut, so ergab sich
mit denkbar schärfster konsequenz, dass der gute
von den absiebten des bösen nichts wissen darf!
(Die Sachlage war eine ganz andre geworden als im Tom
Jones, denn dort beschränkt sich ßlifils Schlechtigkeit auf das
Verhältnis zu Tom und die art, in der AUworthy getäuscht
wird, ist die natürlichste, die man sich denken kann.)
Wie aber war das möglich zu machen? Beide leben in
derselben gegend, die der eine mit seinen frevelthaten , der
andre mit seiner wohlthätigkeit erfüllt, beide gehen in der-
selben familie aus und ein, mit der dieser es so gut meint,
die jener elend machen will!
Man sieht, welch eine schlimme läge sich hier für Gold-
smith herausgebildet hatte. Die not war um so grösser, als
dies gerade der springende punkt des ganzen romans ist. In
diesem punkte hängt ja alles! Werden die beiden liebhaber
nicht auseinandergehalten, so hört die handlung auf ehe
sie angefangen hat. Dann bleiben die verschiednen hand-
lungen ohne Verbindung nebeneinander stehen, wie in den
werken, aus denen sie stammen, dann kann natürlich Thomhill
Olivia gar nicht entführen, ihren vater nicht ins gefängnis
werfen lassen, Georg kann sein mannigfaches missgeschick
nicht erleben, Sophia nicht geraubt werden — kurz, dann ist
nichts von dem möglich, was thatsächlich geschieht.
Hierauf also musste Goldsmith sein hauptaugenmerk
richten, hier musste er zeigen, was er aus sich selbst bieten
konnte, hier, wo er nichts entlehnen konnte.
So verfiel er auf das mittel der Verkleidung des älteren
Thornhill, der darum als Burchell auftritt, befördert gewiss
ausserdem durch das Vorbild des Sir Lancelot Greaves. Nur
nebenbei will ich erwähnen, dass die einführung einer Ver-
kleidung in den lustspielen der zeit durchaus üblich war,
dies motiv ist ja überhaupt uralt und abgebraucht. Oft ist
Goldsmith wegen dieses so einfachen und doch so wirksamen
mittels gelobt worden, doch man erkennt, man hat ihm da
mehr ehre erwiesen als er verdiente: denn gerade seine Un-
selbständigkeit, gerade sein zusammenborgen von überall
her versetzten ihn in die Zwangslage, die Verkleidung anzu-
wenden.
176 WILLI FISCHER,
Alles kommt nun darauf an, wie Goldsmith die Verklei-
dung durchgeführt hat, ob sie das richtige mittel war. Hettner
hat in seiner englischen litteraturgeschichte darauf hinge-
wiesen, wie unwahrscheinlich es doch sei, dass Burchell und
Thomhill nie im hause des pfarrers zusammenträfen. Dass
eben ist ja die Schwierigkeit, die sich herausstellte, die Gold-
smith vermeiden musste! Da nun Hettner ganz gewiss recht
hat, da unser dichter trotz seiner bem Übungen, die gefährliche
klippe zu umschiffen, eine unwahrscheinlichkeit zurückgelassen
hat, so scheint es von vornherein, dass sein mittel doch nicht
ganz genügt hat.
Es ist wirklich eine recht heikle sache, dass an diesem
punkte etwas unwahrscheinliches vorhanden ist, da keiner
dringender der Wahrscheinlichkeit bedurft hätte. Gestehen
wir aber trotzdem einmal dem Verfasser das recht zu, auch
unwahrscheinlich zu sein, die möglichkeit, dass onkel und
neffe zufälligerweise im hause Primroses nicht zusammen-
kommen, ist ja nicht zu bestreiten und halten wir uns an
diese möglichkeit. Nur eine direkte undenkbarkeit wäre ver-
nichtend für den roman. Prüfen wir ihn daraufhin.
Als Thomhill die beiden töchter des pfarrers durch ver-
kleidete dirnen nach London bringen will, wird dieser plan
bekanntlich durch Burchells brief (XV 64) vereitelt, den ich
seiner Wichtigkeit halber hier abdrucken muss:
„Ladies,
The bearer will sufficiently satisfy you as to the person from whom
this coiues; one, at least, the friend of iunocence, and ready to preyent
its being seduced. I am informed for a truth, that you have some in-
ten tion of bringing two young ladies to town, whom I have some
knowledge of, uuder the character of companions. As I wonld neither
have simplicity imposed upon, nor yirtue contaminated , I muBt offer it
as my opiuion, that the impropriety of such a step will be attended
with dangerous consequences. It has never been my way to treat the
infamous or the lewd with severity; nor shonld I now have taken this
method of explaining myself, or reproving folly, did it not aim at gailt.
Take, therefore, the admonition of a friend, and serioosly reflect on
the consequences of introducing infamy and vice into retreats where
peace and innocence have hitherto resided."
Dieser brief wird nach Thomhill Castle geschickt und
hat die gewünschte Wirkung , da man am Überbringer den
absender erkennt. Hieraus geht unwiderleglich hervor, dass
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 177
1. Burchell weiss, dass die beiden dirnen von
seinem neffen benutzt worden sind, dass dieser
also die denkbar gemeinsten absiebten gegen
die pfarrerstöchter hat und
2. Thornhill sehr gut weiss, dass sein onkel seine
ganze Verworfenheit erkannt hat!
Da also die beiden sich nun kennen, verliert die Ver-
kleidung ihren zweck, der vorher erwähnte fall tritt ein: die
gesamte handlung des Vicar of Wakefield ist auf
etwas unmöglichem aufgebaut!
.Das war Goldsmiths eigen, das war es, was er aus sich
selbst heraus leisten konnte. Das urteil über den Vicar of
Wakefield als roman ist hiermit gesprochen.
Es findet sich übrigens noch eine andre stelle, aus der
die entdeckung sich ergeben musste. Im achten kapitel (37)
kommt Burchell mit Thornhills kaplan zusammen. Dass der
kaplan des neffen den onkel nicht kennt, ist ausgeschlossen.
Gerade bei dieser gelegenheit zeigt Sophia ihre neigung zu
Burchell, Thornhill musste also erfahren, wie sein onkel mit
dieser familie stand und sich hüten, ihm die geliebte zu rauben.
Jedoch hätte Burchell Thornhill schon erkennen müssen, ehe
überhaupt Primrose in die gegend kam. Er hat allerdings
die leichtgläubigkeit Allworthys, und so ist es wahrscheinlich,
dass er den neffen nicht durchschaut, der neben ihm lebt.
Ällworthy kommt ja kaum aus seinem hause heraus und kann
von den Schlechtigkeiten Blifils, der stets um ihn ist, nichts
erfahren, um so weniger, als die weit gar nichts weiss von
dieser Schlechtigkeit, die sich ja nur auf den abwesenden Tom
erstreckt, der sich nicht verteidigen kann. Aber in Thornhill
steckt ja auch Lovelace und das ändert die Sachlage, denn
Lovelaces thaten sind überall bekannt. Immerhin hätte es
noch angehen mögen, wenn Burchell einfach Ällworthy wäre,
aber er ist ja auch Grandison, bleibt also durchaus nicht
innerhalb seiner vier wände und tritt obendrein verkleidet
auf! Es wird wiederholt (HI 12; XXI 109) gesagt, dass
Thornhill alle farmerstöchter verführe und allgemein verhasst
sei. Das erfährt der pfarrer ohne sich darum zu bemühen,
ebensogut wie jedermann und Burchell, der verkleidet im
ganzen land umherzieht und überall hilft, der sollte nie ein
▲ngUft. N. F. xin. 12
178 WILLI F18CHBB,
solches mädchen gefunden haben, nie mit einem entrfisteten
vater oder überhaupt mit irgend jemand der davon weiss (und
wer wüsste es nicht ?), gesprochen haben ? Die ganze gegend
hallt wieder von den thaten jenes Schurken und Burchell er-
führe es nicht? Das ist absolut ausgeschlossen!
Goldsniiths gerühmtes mittel, die Verkleidung, sollte über
eine Schwierigkeit hinweghelfen und dieses selbe mittel be-
wirkt eine andre, von ihm gar nicht bemerkte Schwierigkeit,
für die es keine lösung giebt.
Nur nebenbei brauche ich zu erwähnen, dass die bewohner
des landes sicher vielfach mit dem älteren Thornhill zusammen-
treffen und ihn also auch als Burchell bald erkennen müssen.
Die handlung geht aber ruhig weiter, als ob der oheim
keine ahnung hat. Wenn Hettner fragt, warum denn Burchell
nur alle schändlichkeiten des neffen zulasse nnd kein macht-
wort spreche, das alles lösen würde, so verkennt er, dass eben
bei Goldsmith die Aktion fortbesteht, fortbestehen muss, dass
Burchell von Thomhills wahrem Charakter nichts weiss. Er
darf ja nach dem vorbild nichts davon wissen, der unterschied
ist nur der, dass die täuschung AUworthys verständlich und
erklärlich, bei Burchell aber unmöglich ist. Wenn Allworthy
von der gerechtigkeitsliebe Blifils überzeugt ist, so ist das
ganz natürlich, er kann \\irklich nicht anders denken, wenn
aber Burchell entsprechend von seinem neffen sagt (XXXI 165),
er habe immer an seine rechtlichkeit geglaubt, so ist das
lächerlich. Im Tom Jones bleibt der onkel auch gegen allerlei
Verdächtigungen Blifils taub, folglich muss es mit ihm auch
im Vicar of Wakefield so sein. Das führt zu der unglaub-
lichen absurdität, dass Burchell in der schlussscene (XXXI 163/4),
als er das unglück Oliviens und des pfarrers bereits kennt
und gegen Thornhill aufgebracht ist, sich durch redensarten
des neffen, die nichts sagen und nichts abstreiten können,
plötzlich wieder überzeugen lässt, jener habe gar nicht unrecht
gehandelt! Jetzt müsste wahrlich die entscheidung fallen,
aber es darf ja nach Tom Jones noch nicht geschehen, sie
muss durchaus verzögert werden, wenn auch auf kosten aller
denkbarkeit.
Ich betone noch einmal: um die handlung möglich zu
machen, muss Goldsmith die Aktion fest aufrecht erhalten,
dass Burchell seinen neffen nicht durchschaut. Und nun lese
GOLDSMITHS VICAK OP WAKEPIELD. 179
man die scene im 21. kapitel (112), in der Olivia Primrose
ihre erlebnisse berichtet: auf die ansieht, Burchell sei ihr
entführer, erwidert sie: „My dear papa, you labour under a
Strange mistake; Mr. Burchell never attempted to deceive me.
Instead of that, he took every opportunity of privately
admonishing me against the artifices of Mr. Thorn-
hill, who, I now find, was even worse than he repre-
sented him!" Also Burchell hat Olivien vor seinem neffen
gewarnt und ihn als sehr schlecht geschildert ! Er kennt ihn
ja also sehr gut!
Das ist eine konzession an den gesunden menschenver-
stand, Goldsmith fühlte wohl, dass es unmöglich sei, Burchell
in Unkenntnis zu lassen und trotzdem geht auch von hier
alles so weiter, als ob er auch nicht die leiseste ahnung
hätte. Man sieht, ein grösserer Wirrwarr, ein wüsteres
durcheinander ist kaum denkbar, da hört wirklich alles auf.
Alles somit, was mit der Verschmelzung zusammenhängt,
ist Goldsmith missglückt, nicht nur ist eine Verknüpfung der
handlungen selbst nicht erfolgt, sondern es ist auch innerhalb
der wichtigen personen Thomhills und Burchells keine har-
monie hergestellt. Das letzte ist besonders zu bedauern, denn
wenn es auch klar ist, dass schon der Lovelace allein, der in
Thornhill steckt, sich nicht mit seinem vorbilde bei Richardson
messen kann, so ist es ebenso einleuchtend, dass der Grandison
in Burchell eher gewonnen als verloren hat. Ich habe darauf
hingewiesen, dass Burchell ganz Grandisons Charakter hat und
doch wirkt er nicht abstossend oder lächerlich wie dieser. Es
zeigt sich hier eben, welche Wirkung diese gestalt auch heute
noch üben könnte, wenn man sie nicht erst mühsam aus vielen
dicken bänden herausholen müsste und sie nicht so unerträg-
lich tendenziös wäre. Dass sie im Vicar of Wakefield wirkt,
ist nicht ganz Goldsmiths verdienst, es liegt zum grossen teil
daran, dass sie hier mehr zur geltung kommt, dass sie über-
haupt erst zeigen kann, was gutes an ihr ist, wenn man sie
nicht in der entsetzlichen weise Richardsons in den Vorder-
grund stellt.
Aehnlich ist es mit Olivia und besonders Sophia. Olivia
freilich hat Goldsmith ohne not von Klarissen ziemlich ent-
fernt Sie ist so ausserordentlich kokett (XVII 73) , dass sie
uns eigentlich nicht mehr sympathisch ist Sie setzt alles
12*
180 WILLI FISCHER,
daran, den Wüstling Thornhill zu gewinnen, ohne an seinem
Charakter den geringsten anstoss zu nehmen. Von ihr wird
gesagt (I 6), sie wünsche viele liebhaber, dabei zeigt ihr ver-
halten gegen ihren liebhaber vor und besonders nach der
entführung; dass sie doch auch innig empfinden kann, was bei
einer wirklichen kokette (und sie wird direkt so genannt
XVII 73) nicht anzunehmen wäre : hier blickt eben einmal die
Klarissa durch. Ich bin fest überzeugt, dass Goldsmith sie so
oberflächlich dargestellt hat, ist rein zufällig, einer augen-
blicklichen laune folgend. Dieses unachtsame und unklare in
Goldsmiths arbeitsweise zeigt sich gleich noch viel deutlicher.
Olivia wird mit Thornhill zum scheine getraut (XXI 113).
Da ist es doch aber ganz wunderbar, dass sie erzählt, sie
habe die ungiltigkeit der Zeremonie gekannt! Das ist etwas
rätselhaftes und Goldsmith selbst hätte dies rätsei nicht lösen
können. Wenn sie die ungiltigkeit kennt und sie giebt doch
Thornhill die rechte, die nur eine giltige tranung ihm ver-
schaffen sollte, dann ist sie eine dirne, weiter nichts. Aber,
da sie es weiss, warum lässt sie die zwecklose feierlichkeit
überhaupt vollziehen ? Wie kann sie so völlig auf Thomhills
aufrichtigkeit vertrauen, wenn sie sieht, welches gaukelspiel
er treibt? Eine antwort hierauf giebt es nicht, das ganze
ist eine Unbedachtsamkeit Goldsmiths, der diese worte schnell
niederschrieb, ohne zu bedenken, was er damit gesagt hatte.
Aber selbst das ist nicht das schlimmste versehen, das
unserm dichter mit Olivien passiert ist. Ich sagte schon
früher, dass in der lösung des Vicar of Wakefield, die natOr-
lich auch die lösung der handlung zwischen Lovelace nnd
Klaiissa, Grandison und Miss Byron enthalten muss, statt der
entdeckung der eitern Toms eine andere Überraschung gegeben
wurde, da ja hier Georg der pfarrerssohn ist. Goldsmith liess
dafür die giltigkeit der heirat Oliviens herauskommen, wo-
durch zugleich Arabellens vermögen gerettet wurde. Wenn
man versucht, sich des dichters gedankengang dabei klar zu
machen, so würde man selbstverständlich davon überzengt
sein, er habe etwa so gedacht: „Olivia wird, wie sie glaubt,
zum schein mit Thornhill verheii-atet. Diese sogenannte schein-
heirat ist aber in Wirklichkeit eine giltige und es ist äusserst
effektvoll, wenn ich erst am Schlüsse ganz plötzlich die Wahr-
heit an den tag kommen lasse.'' Es scheint unmöglich anders
GOLDSHITHS VIGAR OF WAKEEIELD. 181
ZU denken: die poetische gerechtigkeit verlangt Oliviens
restaurierung und da nach der auffassung der zeit die heirat
alles gut macht, so muss sie wirklich verheiratet sein.
Dennoch ist diese ansieht nicht richtig. Goldsmith liess
das mädchen thatsächlich zum schein verheiraten, er beab-
sichtigte nichts andres, als dass die heirat eine täuschung sein
sollte! Zuletzt aber kam ihm plötzlich der gedanke, dass es
nötig sei, auch Olivien glücklich zu machen und so musste
Jenkinson verkünden, sie sei gesetzmässig verheiratet!
Nach dem, was ich bisher über Goldsmiths arbeitsweise
gesagt habe, wird man vielleicht diese behauptung wenigstens
nicht für ganz unverständlich halten, auch wenn ich sie nicht
bewiese. Ich will aber den beweis nicht schuldig bleiben.
Jenkinson erzählt (XXXI 173), Thornhill habe ihn beauftragt,
einen falschen priester und einen falschen trauschein zu be-
sorgen, er aber habe einen richtigen priester und einen rich-
tigen schein gebracht. Man wird zugeben, dass es unwahr-
scheinlich ist, dass sich Thornhill nicht genau erkundigt, von
wem er sich trauen lässt, dass er nicht einen dazu nimmt,
den er gut kennt, umsomehr, als er diese täuschung schon
öfter ausgeführt hat, doch wir wollen kein gewicht darauf
legen. Im 21. kapitel (113) erzählt Olivia, sie sei mit Thorn-
hill getraut worden von demselben priester, der ihn
schon in derselben weise mit sechs oder acht andern
frauen verheiratet habe! Also wie zu erwarten stand,
der priester ist ein helfershelfer des neffen und steht schon
lange in seinen diensten, er ist thatsächlich ein falscher! Es
ist also unmöglich, dass Oliviens heirat giltig ist. Arabella
bekommt also auch ihr vermögen nicht zurück, in Wirklichkeit
siegt also Thornhill vollständig. Wir sehen wiederum, die
eine kleinigkeit, die Goldsmith erfinden muss, verdirbt ihm
vieles andre, die lösung des Vicar of Wakefield ist dadurch
undenkbar gemacht.
Besser ist Sophia geglückt. Miss Byron nimmt im Gran-
dison eine hervorragende Stellung ein, sie gefällt uns auch
ganz gut, aber wir können uns nicht recht für sie erwärmen.
Sie ist nicht mit der liebe gezeichnet wie Klarissa, sie erlebt
nicht viel und ist eine Richardsonsche figur im schlechten
sinne, das heisst, eine durchaus langweilige person. Sophia
hat vor ihr keinen wesentlichen vorzug und steht trotzdem
182 WILLI FISCHER,
viel höher: weniger geben als Richardson, bedeutet hier in
Wirklichkeit mehr geben. Das ruhige, liebenswürdige wesen
der Miss Byron wird allmählich unausstehlich, bei Sophia
wirkt es anmutend und wohlthuend. Sie ist von den mädchen-
gestalten des Vicar of Wakefield bei weitem die sympathischste,
sie steht uns menschlich am nächsten. Ohne ein kleines ver-
sehen geht es freilich auch hier nicht ab. Zu den ergötz-
lichsten Schilderungen gehört die der eitelkeit der beiden
mädchen. Bei der Verschiedenheit der Charaktere Oliviens
und Sophiens aber wäre es unbedingt nötig gewesen, die beiden
hier zu trennen. Schwierigkeiten hätte das wohl gemacht^
es hätte vielleicht auch weniger gewirkt, aber es ist not-
wendig. Denn Sophia, die fast ein engel an Weisheit genannt
wird, die Thornhill verachtet, diese Sophia wird sich doch
nicht für ihn putzen, alles thun ihm zu gefallen, umsoweniger,
als sie ja Burchell liebt! Für Olivien passt das alles, für
Sophien durchaus nicht.
Von den vier personen aus Richardson sind also Thornhill
und Olivia Goldsmith missglückt : Lovelace und Klarissa waren
eben Richardsons meisterschöpfungen und hier war Goldsmith
seiner aufgäbe nicht gewachsen. Thornhill schadete ausserdem
noch die Verschmelzung mit Blifil. Miss Byron und Grrandison
aber, zwei schwächere leistungen, kommen bei Goldsmith erst
recht zur geltung, die bei Burchell leider wieder durch ver-
mengung mit Allworthy getrübt wird. Immerhin braucht man
mit den bearbeitungen Richardsonscher Charaktere wenigstens
nicht ganz unzufrieden zu sein.
Rein theoretisch lässt sich nun schon sagen, dass es bei
den Fieldingschen gestalten anders sein muss. Denn Fielding
sagt kein tiberflüssiges wort, die kürzung kann hier nur schaden.
Dass Blifil und Allworthy bei Goldsmith in Thornhill und
Burchell ganz unmöglich geworden sind, habe ich gezeigt
Hat hier wieder die Verschmelzung mitgewirkt, so müssen sich
mängel ganz besonders deutlich herausstellen bei den rein
Fieldingschen figuren.
Von Primrose allein müssen wir dabei absehen, er tritt
ja bei Goldsmith noch mehr hervor als in der vorläge. Er
ist zwar als ganzes völlig unselbständig, aber doch ist seine
rolle vortrefflich durchgeführt. Ich habe ihn ja im ersten
teil ausführlich geschildert und möchte von dem, was Goldsmith
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 183
eignes an ihm hat, hier nur noch einmal an die ergreifende
kerkerpredigt erinnern, die so natürlich aus der Situation ent-
springt und den Charakter des pfarrers in seiner reinsten
menschlichkeit erkennen lässt. Absichtlich jedoch gehe ich
in diesem zusammenhange nicht auf eine anzahl grober Ver-
stösse ein, die Goldsmith leider auch hier nicht hat vermeiden
können, um nicht den eindruck zu erwecken, als sei doch
eigentlich an Primrose recht viel verfehlt. Diese Verstösse
beziehen sich zum teil auf äussere ereignisse, aber auch wo
sie andrer art sind, können sie uns seinen aus vielen präch-
tigen Worten und kleinen scenen hell hervorstrahlenden reinen
Charakter nicht trüben.
Dagegen lässt sich nicht behaupten, dass etwa Georg mit
Tom Jones wetteifern könnte. Denn Georg kann nicht die
ihm gebührende Stellung einnehmen, dazu ist kein räum vor-
handen, Goldsmith musste ja eine reihe von handlungen immer
zugleich führen. Handelt also Georg auch wie Tom, hat er
auch denselben Charakter, er ^virkt doch nicht entfernt wie
jener. Zu anfang weiss man gar nicht, ob er je etwas andres
werden soll als eine nebenperson, für lange zeit ist er völlig
verschwunden. Für alle mängel soll dann seine berühmte er-
zählung entschädigen. Betrachten wir die einmal näher.
Georg geht nach Toms muster in die weite weit. Hier
bot sich für Goldsmith eine vortreffliche gelegenheit, etwas
eignes anzubringen und so bietet die erzählung, wenn auch
manches übernommene sich darein mischt, in der hauptsache
wolil des dichters eigne, poetisch verklärte reiseerlebnisse.
Hierher also, sozusagen mitten in den Tom Jones hinein, stellt
Goldsmith etwas selbständiges. Wie hat er das eingeflochten?
Tom ist bei weitem kein jähr auf der reise, Georg dagegen,
da er ja in verschiedne fremde länder kommt, muss länger
fort sein und die zeit wird denn auch (XIX 91) auf fast drei
jähre angegeben. Diese drei jähre liegen also zwischen seiner
abreise (III 12) und dem zusammentreffen mit seinem vater
(XIX 91/2). Es wird gewiss jedermann überraschen zu er-
fahren, dass der Vicar of Wakefield sich über mehr als drei
jähre erstrecken soll, rechnen wir also nach, ob das richtig ist.
Auf Seite 12 erfahren wir, dass die familie wenige tage
nach Georg aufbricht, reichlich gerechnet also eine woche.
Der weg ist 70 meilen lang, am ersten tage werden 40 davon
184 WILLI FISCHER,
zurückgelegt, die ganze reise dauert also zwei tage. Sie muss
ende sommer angetreten worden sein, anfang herbst folgt das
zusammentreffen mit Thornhill (V 20 ff.). Bei dessen Charakter
ist es selbstverständlich, dass er die schönen pfarrerstöchter
sehr bald entdeckt, um so mehr, als er nur wenige meilen
(m 12) vom pfarrer entfernt wohnt. (In Wirklichkeit müsste
das in den allerersten tagen geschehen, denn man muss doch
eigentlich erwarten, dass sich Primrose seinem neuen patron
vorstellt, das aber hat Goldsmith ganz vergessen.) Rechnen
wir wieder reichlich, so vergehen bis zur bekanntschaft mit
dem jungen herrn vier wochen. Die zeit bis zur entfühnmg
beträgt weiter allerhöchstens zwei monate. Dann folgt des
pfarrers reise und bis zum zusammentreffen mit den Arnolds
und Georg sind es ziemlich genau vier wochen. Dass die
rechnung richtig ist, ergiebt sich obendrein daraus, dass bald
nachher (XXIV 126) erwähnt wird, es sei winter. Zählen
wir nun zusammen und runden wir stark nach oben ab, so
zeigt sich: zwischen Georgs aufbruch und dem ende
seiner Irrfahrt liegen allerhöchstens fünf monate!
Die reise Georgs ist also ebenfalls nnmöglich!
Es handelt sich nicht um einen kleinen chronologischen fehler:
Goldsmith wollte wieder einmal etwas eignes geben und war
gänzlich ausser stände, das in den Zusammenhang zu bringen,
hier wich er einmal von der vorläge ab, weil das auch gar
zu nahe lag, und sofort beging er einen schweren fehler.
Sonst ist die erzählung recht hübsch, daran ändern auch
versehen wie das folgende nichts.
Goldsmith war für kurze zeit erzieher eines jungen mannes
gewesen, mit dem er schlechte erfahrungen gemacht hatte:
dasselbe lässt er nun Georg von sich einzahlen. Sein Zögling
ist (XX 105) „noch nicht 21", das heisst doch, beinahe 21.
Georg aber ist höchstens 22 jähre alt und einem manne von
22 wird man die beaufsichtigung eines einundzwanzigjährigen
wohl nicht anvertrauen.
Tom Jones ist mit Blifil zusammen aufgewachsen, sie
müssen einander also gut kennen. Wie aber sollte Georg mit
Thornhill zusammenkommen? Auch das musste Goldsmith
möglich machen : G^org tritt in Thornhills dienst und wird als
sein universitätsfi-eund dargestellt (XX 97) !
Aber dieses verzweifelte auskunftsmittel ist nicht gut:
G0LDSMITH8 VICAR OF WAKEFIELD. 185
Georg hätte ja nun jenen gründlich kennen müssen, denn es
ist klar, einem vertrauten Jugendfreunde hätten Thomhills
leidenschaften und laster nicht verborgen bleiben können. Er
hätte ihm also nie vertrauen können, vor allem hätte er doch
seinen vater vor der abreise vor dem gutsherrn gewarnt. Es
ist schon undenkbar, dass Georg, dieser gute söhn, während
der Universitätsjahre nie daheim von seinem busenfreunde er-
zählt hat , so dass der pf arrer (XX 99) ganz überrascht ist
zu hören, dass Georg Thornhill kennt. Freilich, alle die not-
wendigen konsequenzen jener bekanntschaft duiiten nicht ge-
zogen werden, sonst konnte die handlung nicht wie im vorbild
verlaufen. Man sieht, wo immer Goldsmith ändern muss, da
entsteht heillose Verwirrung.
Am schlimmsten tritt das bei den Wilmots zu tage. Im
Tom Jones kann aus der heirat zwischen dem beiden und
Sophien nichts werden, weil Western von einem armen men-
schen nichts wissen will. Im Vicar of Wakefield wird das
etwas anders dargestellt, weil Georg kein findling, sondern
ein pfarrerssohn ist. Arabellens vater, Wilmot, ist ein guter
freund Primroses. Die hochzeit steht unmittelbar bevor, da
wird sie plötzlich abgebrochen (II 10). Warum — das erfahren
wir eigentlich nicht. Denn der pfarrer verliert zwar sein
vermögen (II 9), aber es wird ausdrücklich gesagt (II 10), dass
Wilmot schon vorher bereit gewesen sei, die partie aufzugeben.
Also wohl wegen des Streits über monogamie, etwas andres
bleibt nicht übrig. Kurz vor der hochzeit streiten Primrose
und Wilmot über diese frage. Jener hat sie in einem neuen
buche behandelt, das er dem freunde zeigt; dabei erfährt er
zu seiner Überraschung, dass dieser der entgegengesetzten
meinung anhängt, weil er sich um die vierte frau bewirbt!
Nun überlege man: Primrose ist völlig in seine ansieht ver-
rannt und dafür begeistert und er sollte nie mit seinem alten
freunde über dies ihm so naheliegende thema gesprochen haben?
Das ist unmöglich! Wilmot bewirbt sich um die vierte frau
und Primrose sollte ihm nie vorher bei der zweiten oder
dritten Vorstellungen gemacht haben? Das ist ganz und gar
unmöglich !
Dieser zug ist natürlich wieder im augenblick erfunden
und niedergeschrieben, ohne alle Überlegung, von der vierten
frau, die er doch auch endlich heiraten müsste, erfährt man
186 WILM FISCHER,
nichte wieder. Auch dieser fall ist typisch: Goldsmith will
einen Vorgang etwas anders begründen, als es in der vorlag
geschehen ist und vermag keinen plaosibeln grund anzugeben.
Dass ihm aber unter Wilmot immer Western vorschwebte und
der wahre grund Georgs armut ist, dass erfahren wir in der
schlussscene (XXXI 171). Da wirft nämlich Burchell dem
alten Wilmot seine „immoderate . passion for wealth" vor.
Unmässige geldgier? Davon weiss man ja noch gar nichts!
Man weiss es aber, wenn man bedenkt, dass Western das Vor-
bild war. Dieser ist hier sehr, sehr schlecht weggekommen:
er hat ein entscheidendes wort mitzusprechen und übt anf die
entwicklung der handlung einen sehr bedeutenden einfluss^
dennoch existiert von ihm im Vicar of Wakefield eigentlich
nur der name, der mann selbst kommt kaum vor und das ist
bei seiner Wichtigkeit ein schwerer fehler. Der vergleich mit
Western, diesem im gründe gutmütigen, aber rohen landjnnker,
der uns gewisse kreise jener tage so lebendig verkörpert, fällt
für Goldsmith sehr demütigend aus.
Westems tochter Sophia liebt Tom und widersetzt sich
ihrem vater: von Arabellen erfahren wir bei der lösung des
Verhältnisses überhaupt nichts. Sie scheint viel zu dulden
(II 10), gerade wie Sophia, aber sie widersetzt sich wohl nicht.
Da sie Georg wirklich liebt, ist das unverständlich. Es wird
aber noch unbegreiflicher, als am schluss (XXXI 171) Wilmot
sagt, er habe ihrer neigung nie zwang angethan ! Ja, warum
in aller weit ging dann die Verlobung auseinander: die jungen
leute lieben sich innig, die beiden väter haben nichts dagegen,
also warum?
Zu verstehen ist auch dies nur, wenn man an Sophia
Western denkt. Arabella ist ebenfalls von ihrem vater ge-
zwungen worden und hat sich fügen müssen. Goldsmith konnte
natürlich keine lange leidensgeschichte des mädchens bringen,
aber er sagte nicht einmal das nötigste. — Später beim zu-
sammentreffen der liebenden (XIX 92) benimmt sich Arabella
so, wie nur jemand es tliun kann, der über alles mass ver-
liebt ist. Sie liebt also Georg noch mit aller leidenschaft !
Warum, da sie mehrere heiratsanträge abgeschlagen, schenkt
sie plötzlich den Bewerbungen Thornhills gehör? Sie, ihr
vater, taute und onkel gehören auch zu jenen unschuldigen,
braven menschen, die den gi*össten halunken für einen
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 187
engel halten, denn sie haben keine ahnung von Thornhills
cliarakter.
Die Verwirrung wird aber noch grösser. Arabella hört
Georgs erzählung mit an, aus der Thornhills niedrigkeit und
f eigheit aufs deutlichste hervorgeht : das müsste auf jedes ver-
nünftige mädchen wirken, auf sie aber darf es keinen einfluss
haben, sie könnte ja sonst Georg gleich heiraten und es wäre
die im original vorgeschriebene Verwicklung nicht möglich.
Wenn sie etwa Thornhill liebte, so wäre es verständlich, dass
sie sich nicht abbringen liesse, aber sie liebt ftin durchaus
nicht. Soweit freilich durfte Goldsmith ihre naivität auf
keinen fall treiben, dass sie eine so hohe meinung von ihm
hat zu glauben (XXXI 163), er sei ins gefängnis gegangen,
um dort elend zu lindem! Also die erzählung Georgs, dieser
selbständige einschub Goldsmiths, an sich schon unmöglich,
bringt ausserdem noch die haupthandlung um den letzten rest
von Wahrscheinlichkeit. Einige male (XXXI 168, 169 mitte)
ward geheimnisvoll gesagt, sie habe ihr versprechen gebrochen,
woraus man freiwilligen abfall schliessen müsste, der freilich
auch nicht zu verstehen ist, da sie Georg inbrünstig liebt.
Einmal (169 oben) wird gesagt, sie habe ihr versprechen ei-st
für nichtig angesehen, als Thornhill ihr vorgeredet, Georg sei
verheiratet. Sie hat sich aber doch längst von ihm zurück-
gezogen! Was soll man nun erst sagen, wenn es (XXI 109)
heisst, dass Georg seine liebste, das bedeutet hier, die die ihn
liebt, zurücklasse? Hier sieht es also so aus, als sei sie noch
seine braut und er lasse sie im stich!
Auch hier ist ein widerspruchsvolles durcheinander ent-
standen, aus dem kein mensch sich herausfinden kann, wenn
er nicht das original im äuge hat. Es ist ein wahrer Jammer
zu sehen, was aus Sophia Western geworden ist. Dieses
frische, prächtige mädchen mit seinem zärtlichen und doch
auch weltklugen herzen, mit seiner bewundernswerten that-
kraft und entschlossenheit , wer sollte es in Ai-abella Wilmot
wiedererkennen? Ein wesen ohne fleisch und blut, verschwom-
men und schattenhaft, giebt uns Goldsmith statt jener gestalt,
die uns greifbar, wie das warme leben selbst entgegentritt.
Diese verballhornung ist noch weit mehr zu bedaueni als die
Westerns.
Betrachten wir nun die lösung unseres romans, so muss
188 WILLI FISCHER,
ich zunächst wiederholen, dass sie ganz die des Tom Jones ist^
aber natürlich muss auch die lösung der beiden andern hand-
lungen eingeschlossen werden. Dadurch ist eine überaus grosse
un Wahrscheinlichkeit entstanden, die Goldsmith selbst fühlte:
er fügt nämlich (XXXI 167) eine betrachtung über den zofall
ein, die uns, da wir die wahre Ursache aller dieser „Zufällig-
keiten" kennen, etwas lächerlich berührt. Ich habe auch
schon gesagt, dass Olivia in Wirklichkeit nicht mit Thomhill
verheiratet ist, also Arabella ihre mitgift nicht zurückerhält,
wodurch di^ lösung aufhcirt lösung zu sein. Ausserdem hat
sich Goldsmith zum schluss zu einer groben taktlosigkeit ver-
leiten lassen.
Am Schlüsse von Tom Jones (II 415 f.) macht sich All-
worthy, wie ich schon erwähnte, einen scherz. Er hat eben
erfahren, dass Tom sein neffe ist und schlägt Sophien vor,
einen seiner verwandten zu heiraten. Diese ahnt nicht, wen
er meint und weist sein anerbieten, so eifrig es auch gemacht
wird, zurück.
Dieses spässchen hat Goldsmith gleichfalls angebracht
(XXXI 175/6), so getreu es möglich war. Mit Arabellen ging
es nicht an, wohl aber mit Sophien, die als einzige un ver-
gebene übrigbleibt. Burchell schlägt ihr vor, sie solle Jenkinson
heiraten! Als das bestürzte mädchen ihn ausschlägt, wird
er immer dringender und verursacht der ärmsten wahres
entsetzen.
Man vergleiche diese beiden scenen : den guten AUworthy,
der einen harmlosen, liebenswürdigen scherz macht und Burchell,
der diese unglaubliche roheit begeht, die zu seinem Charakter
natürlich gar nicht passt. Man bedenke nur, er bietet diesem
trefflichsten der drei mädchen einen notorischen betrüger und
kuppler an! Und zwar seinem mädchen, das er liebt! Ver-
schlimmert wird die sache noch dadurch, dass er gesellschaft-
lich so hoch über Sophien steht und sich gegen eine tiefer
stehende um so weniger eine solche unzartheit schlimmster
art erlauben durfte. Er weiss, dass sie ihn liebt, ihr vater
hat sie ihm angeboten und öffentlich treibt er mit ihr in
dieser weise spott ! Nebenbei, warum muss Jenkinson die de-
mütigung einer so schroffen abweisung werden ? Warum muss
Sophia ihm sagen, sie möchte lieber sterben als ihn nehmen?
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD, 189
Das ist keine ermunterung für ihn, auf dem kaum betretenen
rechten wege fortzuschreiten.
Ich habe diese scene hervorgehoben, um zu zeigen, wie
kritiklos Goldsmith zuweilen entlehnt hat. Auch in eignem
hat er manchmal einen wunderlichen mangel an feingefühl
gezeigt.
Zu anfang des 24. kapitels findet sich eine kleine episode,
die sich besonders durch glänzenden stil auszeichnet und die
darum Irving in seiner biographie Goldsmiths (kap. XVII) und
nach ihm Laun (Oliver Goldsmith. Berlin 1876. S. 154) als
eine der schönsten abgedruckt hat. Da sie kurz ist, möge
man mir erlauben, sie hier zu wiederholen:
The next moming the sun arose with peculiar wanuth for the
scason; so that we agreed to breakfast together on the honeysuckle bank;
where, while we säte, my youngest daughter, at my request, joined her
voice to the concert on the trees about us. It was in this place my
poor Olivia first met her sedncer, and every object served to recaU her
sadness. But that melancholy which is excited by objects of pleasure,
or inspired by sounds of harmony, soothes the heart instead of corroding
it. Her mother, too, upon this occasion, feit a pleasing distress, and
wept, and loved her danghter as before. "Do, my pretty OliTia", cried
she, "let US have that little melancholy air your papa was so fond of;
yonr sister Sophy has already obliged us. Do, child : it will please your
old father". She complied in a manner so exquisitely pathetic as
moved me.
When loTely woman stoops to folly,
And finds, to late, that men betray,
What charm can soothe her melancholy,
What art can wash her goilt away?
The only art her guilt to cover,
To hide her shame from every eye
To give repentance to her lover.
And wring bis bosom, — is to die.
Man wird ohne weiteres anerkennen, dass eine edlere
einfachheit und rührendere empfindsamkeit der spräche sich
kaum denken lässt. Nun vergegenwärtige man sich die läge
Oliviens. Sie ist verführt zurückgekehrt. Sie hat ihren froh-
sinn nicht wiedergewonnen, sie ist immer still und sucht die
einsamkeit, sodass ihre eitern von mitleid und heimlicher sorge
erfüllt sind: und in dieser läge, da lässt ihre mutter, ihre
mutter, das mädchen ein lied singen, das lehrt, ein mädchen
in ihrer läge könne nichts bessres thun, als in den tod gehen!
190 WILLI FISCHER,
Mag das fiir möglich halten, wer seiner eignen mntter so etwas
zutraut, ich halte es für widernatürlich und undenkbar. Wie
ganz anders hätte es gewirkt, wenn Olivia etwa vorher, im
glück, das lied gesungen hätte und sich jetzt daran erinnerte !
Dies beispiel ist ein interessanter beleg dafür, wie glän-
zende äusserlichkeiten über innere Unwahrheit hinwegtäuschen
können.
Ich übergehe nun eine ganze lange reihe von Wider-
sprüchen, die zu unbedeutend sind, um angeführt zu werden
und will nur noch einiges wesentliche erwähnen.
Ich habe gesagt, dass Primrose nach dem muster Adams
auch eine reise unternimmt, auf der er mancherlei erlebt.
Adams will einen Verleger für seine predigten suchen, Primrose
seine tochter Olivia zurückbringen. Dies ist aber nur ein
scheingrund, die wahre Ursache ist keine andre, als dass Adams
eine reise macht, die musste, koste was es wolle, auch im
Vicar of Wakefield verv\^ertet werden! Adams Unternehmung
stellt sich bald als zwecklos heraus, da er all sein geld für
Joseph Andrews ausgiebt und seine predigten zudem vergessen
hat. Kaum ist die reise begonnen, so kehrt er auch zurück
und seine abenteuer erlebt er jetzt erst. Primrose hat ja nun
einen andern grund, er will Olivien und ihren Verführer finden,
wo sie auch sind {XVII 80) : „I will pursue her wherever she
is, and, though I cannot save her from shame, I may prevent
the continuance of iniquity."
Adams giebt aus triftigen gründen die reise bald auf,
daraus ist mit Sicherheit zu schliessen, dass Primrose dasselbe
thun wird. Aber wie wäre das möglich ? Man sieht ja doch,
dass er den festesten entschluss gefasst hat, nicht zu ruhen,
bis er sie gefunden ?0 Goldsmith kennt keine Schwierigkeit:
^) Ich bemerke, dass Dickens dieses motiv wiederholt
aufgenommen und ganz besonders in seinem David Copperfield
ihm die grossartige ausgestaltnng gegeben hat, deren es wert
ist, Tor der Goldsmiths schwache kraft zurückschrak. Klein
Em'ly, Steerforth und der alte Peggotty sind es, um die es
sich handelt. Steerforth entspricht Thornhilly aber er ist
uns weit näher gerückt und verständlich gemacht, er ist
viel mehr Lovelace als Blifil. Er verführt Klein £m*ly,
eine durchgeistigte Olivia und lässt sie dann schmählich im
Stiche. Der alte Peggotty, eine prächtige, unsres pfarrers
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 191
der pfarrer legt eine anzahl meilen zurück und sieht auf der
rennbahn Burchell, den er für den entführer hält. Statt aber
auf ihn loszugehen, lässt er ihn nihig verschwinden : und jetzt
heisst es plötzlich (XVIII 82) : „I now reflected, that it would
be to no purpose to continue my pursuit farther." Aber in
aller weit, warum denn nicht ? Es ist ja noch gar nichts ge-
schehen, er hat noch gar keine anstrengungen gemacht ! Frei-
lich, hätte er die Verfolgung fortgesetzt, dann hätten sich
irgendwelche neue Situationen ergeben müssen, die Goldsmith
nicht aus Joseph Andrews entnehmen konnte. Darum durfte
sie nicht weiter dauern, darum kehrt Primrose plötzlich um.
Aber man wird zugeben, es giebt keine bequemere und leicht-
fertigere art der motivierung ! Goldsmith weicht unwillkürlich
vor der Schwierigkeit zurück und lässt den pfarrer Olivia
ganz zufällig in einem gasthaus finden (XXI 111), nur weil
Adams in dieser weise mit Joseph zusammenkommt. Er be-
merkt gar nicht den grossen unterschied, der darin besteht,
dass Adams Joseph ungewollt trifft, Primrose Olivien aber
sozusagen absichtlich zufällig finden muss und wie ungeschickt
und unkünstlerisch das ist.
Die leichtgläubigkeit des pfarrers geht manchmal zu weit.
Dass er Burchell lange zeit für den entführer halten kann,
ist nicht recht glaublich, geradezu Wahnsinn aber ist es, wenn
zu anfang des 14. kapitels (57) gesagt wird, Thomhill habe
sich gütig erboten, das benehmen der beiden pfarrerstöchter
selbst zu überwachen ! So unf asslich verblendet kann ein ver-
nünftiger mensch nicht sein, das benehmen zweier trefflicher
töchter von einem jungen manne beaufsichtigen zu lassen, der
ihm als ruchloser Wüstling bekannt ist!
würdige gestalt, zieht dann wie dieser aus, sein kind zu
suchen. Sogar die art, wie er sie endlich findet, ist ziem-
lich getreu übernommen: er muss sie wie Primrose Olivien
aus den händen eines keifenden weibes befreien. Schliess-
lich wird auch EmMys leiden ähnlich geschildert wie das
Klarissens und Oliviens. Zu beachten ist auch, dass Dickens
mit richtigem gefühl Steerforth hat zugrunde gehen lassen,
wie Richardson Lovelace und Fielding Blifil. So zweifellos
Dickens hier entlehnt hat, so bedeutend ist doch das ver-
dienst seiner darstellung und gerade die behandlung dieses
motives zeigt klar die unendliche Überlegenheit von Dickens
über Qoldsmith.
192 WILLI FISCHER,
Die leute der gegend, in der Primrose wohnt, leben wie
im goldnen Zeitalter (IV 17). Entfernt von der Stadt, haben
sie noch die ursprüngliche einfachheit der Sitten und wissen
kaum, dass mässigkeit eine tugend ist. — Auch hier hat Gk)ld-
smith eine kleinigkeit übersehen: diese einfachheit und ur-
sprünglichkeit herrscht in einer gegend, in der fast alle farmers-
töchter von Thomhill verführt worden sind, in einer gegend^
die von hass erfüllt ist gegen dieses ungeheuer? Das ist
ausgeschlossen !
Jenkinson ist im allgemeinen gelungen, nur passt es nicht
recht, dass er Thornhill öfter bei seinen entführungen behilflich
gewesen ist und zwar im gegensatz zu den entsprechenden
Richardsonschen figuren mit dem vollen bewusstsein, dass ein
verbrechen verübt wird. Jenkinson ist trotz seiner betrfigereien
ein mensch, den man gern hat, aber dieser Charakter des
liebenswürdigen gauners ist unvereinbar mit dem eines men-
schen, der kalten blutes ein unschuldiges mädchen ins ver-
derben stürzen kann. Dass er Thornhill inbezug auf seine
trauung aus eigennutz hintergeht (XXXI 173), zeugt gleich-
falls nicht für wahrhafte gutmütigkeit, wie sie Jenkinson nach
Goldsmiths absieht doch haben soll. Seine leichtfertigkeit hat
dem dichter hier wieder einen streich gespielt. Zudem ist der
betrug, den Jenkinson gegen Primrose verübt (XIV 59), zwar
sehr ergötzlich, aber nicht gut möglich. Denn der pfarrer
kommt ganz zufällig durch einen amtsgenossen in ein Wirts-
haus, beide werden in ein kleines hinterzimmer geführt Dort
sitzt Jenkinson schon in seiner Verkleidung, sein helfershelfer
kommt herein und das gaunerstück wird mit unnötiger Um-
ständlichkeit vollführt. Das alles ist jedoch nur möglich, wenn
Primrose erwartet worden ist. Die ganze methode muss vorher
abgekartet worden sein und sie ist gerade auf unsem pfarrer
zugeschnitten. Jenkinson aber konnte nicht wissen, dass dieser,
den er nicht einmal kennt, zum Jahrmarkt kam, noch weniger,
ob er nicht vielleicht sein pferd schnell loswerden würde und
am wenigsten, dass er gerade in diese schenke kommen wfirde.
Ich möchte weiter noch darüber sprechen, ob Körting mit
seiner ohne gründe aufgestellten behauptung recht hat, der
Vicar of Wakefield sei unsittlich (Grundriss der G^eschichte
der engl. Litt. 3. Aufl. 1899. S. 316). Goethes urteil spricht
dagegen, er erklärt ihn für rein christlich. Im ganzen ist dss
GOLDSMITHS VICAB OP WAKEFIELD. 193
richtig, aber rein christlich ist fast jeder der vorhergehenden
romane auch: überall siegt nach manchem leiden das gute
über das böse.
Betrachtet man unsern roman genauer und hält man sich
streng an den Wortlaut, so wird man nicht umhin können,
vieles thatsächlich für unsittlich zu erklären.
Als zuerst (HI 12) ein gastwirt der pfarrersfamilie erzählt,
welch ein Wüstling Thomhill sei, da erfährt man mit staunen,
welche Wirkung dieser bericht auf die töchter hat, „whose
features seemed to brighten with the expectation of an ap-
proaching triumph"! Die pfarrerin freut sich nicht weniger:
^nor was my wife less pleased and confident of their allure-
ments and virtue!"
Man pflegt SmoUett von der reihe von dichtem, mit denen
wir es hier zu thun haben, den unmoralischsten zu nennen und
unsittlichkeit ist ihm heute wie früher vorgeworfen worden,
aber auch bei SmoUett ist der ruf eines Wüstlings einem manne
in den äugen der heldin stets schädlich, wenn nicht ein ab-
solutes hindernis, man denke nur an Peregrine Pickle und
seine Emilia ! Von Fielding oder gar Richardson brauche ich
nichts zu sagen, dem Vicar of Wakefield blieb es vorbehalten,
einen rekord aufzustellen. Hier verliert Thornhül nicht, nein,
sein ruf nützt ihm sehr, er erscheint den mädchen begehrens-
werter! Das also sind die tugendhaften pf arrerstöchter , das
ist ihre gerühmte erziehung! Statt sich voll absehen von
ihm zu wenden, beschliessen sie ihn zu erobern und zwar die
sanfte Sophia ebenso wie die stolze Olivia. Da eben auch
Thornhills treulosigkeit erwähnt worden ist, so versteht man
gar nicht, was die mädchen eigentlich bei ihm erreichen wollen,
sie wissen ja doch, was ihnen bevorsteht, wenn sie sich mit
ihm einlassen. Die brave mutter aber, sie vertraut nicht
weniger auf ihrer töchter reize! In der that, ich kann mir
nichts, weder einen gedanken, noch ein wort oder eine hand-
lung vorstellen, das ihn höherem grade unsittlich wäre als die
freude der töchter und der mutter.
Nun, wenigstens Primrose selbst scheint auf anderm Stand-
punkte zu stehen, er ist nicht erfreut. Als die mutter und
Olivia glauben, Thomhill werde diese heiraten, da hat er
schwere bedenken gegen ihn (VII 30). Aber welches sind diese
bedenken ? Natürlich seine unsittlichkeit ? Weit gefehlt, seine
AngU* N. 7. XIII. 13
194 WILLI FISCHER,
religiöse freidenkerei ! Man en^'äge, was das besagt: der
pfarrer kann schwanken, ob der gutsherr freigeist ist oder
nicht, obwohl er seine ruchlosigkeit kennt. Er sorgt sich auch
etwas wegen seiner Unbeständigkeit, seine masslose Sinnlichkeit
und herzlosigkeit aber verschlägt ihm nichts, nur seine irreli-
giosität ! Also, heuchelt er frömmigkeit (um etwas andres als
heuchelei kann es sich bei Thomhill nicht handeln), dann kann
er ein schurke sein! Standesungleichheit führt der pfarrer
wohl auch gegen ihn ins feld, nur seine unsittlichkeit nicht.
Man denke weiter : Primrose wünscht durchaus nicht, dass
Sophia Burchell heirate, weil dieser arm ist und das seinige
nicht zu rate zu halten verstanden hat. Er wirft ihm (VI 26)
seine leichtsinnige Jugend vor, trotzdem er sich allem anschein
nach gebessert hat: aber er wirft ihm den leichtsinn nur vor,
weil er arm ist. Denn Thomhills betragen ist viel schlimmer
als das Burchells, da er aber noch immer reich, das heisst,
eine gute partie ist, so wird ihm das nicht als nachteil an-
gerechnet. Bei allem aber hat der arme Burchell Sophien
das leben gerettet.
Als Thomhill mit den ;,damen" (IX 39) beim pfarrer zu
besuch ist, hat er die stirn, ihm inbezug auf Olivia einen ganz
gemeinen Vorschlag zu machen. Das muss Primrose natürlich
rügen. Aber er bereut sogleich seine wärme, als jener seine
Worte andei-s auslegt, freilich nicht gerade einleuchtend: mit
dieser entschuldigung ist der pfarrer völlig zufrieden, obwohl
sie, wenn sie nicht unmoralisch ist, doch ein recht offenherziges
eingeständnis seiner noblen passionen enthält.
Ich brauche nicht zu betonen, dass sich all diese zfige
nicht mit Primroses Charakter vertragen.
Ich muss dann hier noch an Oliviens kenntnis der schein-
trauung und an Thomhills ausgang erinnern, beides ist ja
vom sittlichen Standpunkte aus recht anfechtbar.
Lässt sich nun auf grund aller dieser thatsachen die
schwere beschuldigung, die Körting ausgesprochen hat, recht-
fertigen? Ich glaube zunächst nicht, dass schon viele leser
diese „unsittlichen^^ stellen bemerkt haben, jedenfalls muss es
von vornherein wahrhaft als Ironie erscheinen, dass gerade
Goldsmith jener Vorwurf gemacht wird. Richardsons ewige
tugendpredigten könnten, scheint mir, auf manche die ent-
gegengesetzte Wirkung haben, seine heldinnen sprechen so oft^
GOLDSMITHS VICAE OV WAKEFIBLD. 195
mit einer so intimen kenntnis von dingen, die nicht geschehen
sollten, dass ein vorsichtiger pädagog wohl fürchten könnte,
sie möchten eher reiz als absehen erwecken. Lassen sich aber
selbst gegen Richardson einwendungen machen, so ist das bei
Fielding, SmoUett und Sterne in ungleich höherem masse der
fall. Jeder unbefangne wird mir zugeben, dass zwischen diesen
vier dichtem und Goldsmith ein ganz wesentlicher unterschied
vorhanden ist: im ganzen Vicar of Wakefiel d findet sich auch
nicht eine scene, die unser heutiges sittliches empfinden offenbar
beleidigt, die uns gleich beim ersten lesen abstösst. In andern
Schriften unsers dichters, etwa im Weltbürger, erinnert wohl
manches an den ton SmoUetts, aber wir haben es hier nicht
damit zu thun. Ebenso gleichgiltig ist es, ob das fehlen grober
verletzender stellen in diesem roman absieht oder blosser zufall
ist, uns gehen nur die paar punkte an, die ich oben angeführt
habe. Wie wir Oliviens kenntnis der scheintrauung und Thom-
hills rettung zu beurteilen haben, dass daran nichts unmora-
lisches ist, habe ich schon fi'üher gezeigt. Mit dem übrigen
aber ist es genau so.
Gewiss ist das verhalten der töchter gegen den jungen
gutsherrn recht wunderlich, aber man denke sich doch einmal
in Goldsmiths läge. Es war durchaus notwendig, Thomhill
mit der pfarrerfamilie bekannt zu machen, ebenso notwendig
wie dass Burchell hier verkehrte. Der pfarrer muss ihn auch
aufnehmen, seinem eignen patron, mochte er der schlechteste
mensch sein, konnte er doch nicht gleich anfangs die thür
weisen. Nun sollte auch wieder der gegensatz zwischen Prim-
rose und den frauen hervorgehoben werden, dieser harmlose
kleine familienzwist sollte ergötzlich wirken, wie alle andern
es thun und so beachtete der dichter nicht, dass er etwas zu
weit ging. Goldsmith selbst würde wohl zugegeben haben,
dass seine Schilderung für Sophien gar nicht passt und so sicher,
wie er sich hierbei versehen hat, so sicher ist das ganze nichts
als ein versehen. Wenn endlich der pfarrer Burchell nicht
zum Schwiegersohne wünscht, weil er arm ist, so sollte das
nur eine kleine weltliche schwäche sein, die er übrigens zum
schluss wieder völlig gutmacht, indem er seine tochter jenem
freiwillig anträgt.
Diese wenigen stellen bilden eben auch einen beitrag zu
dem kapitel von Goldsmiths Unachtsamkeit, weiter nichts. Wir
13*
196 WILLI FISCHER,
dürfen nicht nach dem buchstaben urteilen, wir thäten ihm
unrecht. Goldsmith war eine durchaus sittliche persönlichkeit:
sein leben zeigt oft unbegreiflichen leichtsinn, aber nichts
unmoralisches hat sich nachweisen lassen. Enthält also der
Vicar of ^^''akefield dem Wortlaute nach einiges, das so genannt
werden muss, so ist das nicht beabsichtigt.
Zum Schlüsse erlaube mau mir noch eine kleinigkeit an-
zuführen, die ich eigentlich als gar zu unbedeutend weglassen
wollte, die mir aber jetzt wichtig genug erscheint, weil sie
ein geradezu klassisches beispiel für des dichters oberflächliche
arbeitsweise bietet. Warum hat er seinem buche den titel
Vicar of Wakefield gegeben? Natürlich weil der vicar in
Wakefield wohnt und die hauptereignisse sich hier abspielen,
sollte man meinen. Liest man was Goethe über unsem roman
sagt, so ergiebt sich mit vollster bestimmtheit, dass er dieser
ansieht war, wurde ihm doch Sesenheim ein neues Wakefield.
Ueberhaupt hat doch gewiss nie jemand daran gezweifelt, dass
dieser ort der Schauplatz der erzählung, besonders aber des
köstlichen idylls im ersten teile ist, zudem war ja auch Gold-
smith selbst davon überzeugt. Ist das aber wirklich so?
Allerdings wird uns die familie zuerst in Wakefield vor-
geführt, aber, und das hat der Verfasser später ganz vergessen,
schon zu beginn des dritten kapitels (12 oben) zieht sie nach
einem weit entfernten dörfchen. Dieser umzug ist nun gar
nicht recht begi'ündet, Goldsmith hat ihn nur geschehen lassen
in erinnerung daran, dass sein eigner vater einst von Pallas
nach Lissoy zog, was für die veimögensverhältnisse des hanses
von grosser bedeutung wurde. Im Vicar of Wakefield aber
wird der umzug ganz unverständlich, wenn wir hören, dass
die einkünfte aus der neuen pfarre nur 15 if betragen, während
doch die alte wenigstens 35 £ brachte ! Wenn ein mann mit
grosser familie eben sein bedeutendes vermögen fast ganz ver-
loren hat und dadurch in not gerät, so wird er doch diese not
unmöglich dadurch vergi'össern, dass er eine leidlich bezahlte
Stellung frei^ällig mit einer um mehr als die hälfte schlech-
teren vertauscht ! Doch das ganz nebenbei, die hauptsache ist,
dass der ort Wakefield schon auf der neunten seite des buches
für immer verlassen wird, also überhaupt nur fiüchtig erw&hnt
wird. Sowohl die eigentliche Schilderung des beschaulichen
lebens im pfarrhause als die gesamte handlung folgt erst nach
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 197
dem Wegzüge, geht weit von diesem orte vor sich, also —
der Vicar of Wakefield spielt gar nicht in Wake-
field!
Wenn wir zusammenfassen, so ergiebt sich, dass Gold-
smith nicht nur so gut wie alle personen und handlungen
entlehnt, dass er sie auch mit einem ausserordentlichen Un-
geschick bearbeitet hat. Die ganze handlung ist unmöglich
gemacht, vielfach hat ihn das vorbild zu schweren fehlem
und taktlosigkeiten veranlasst, wo er etwas eignes anbringen
wollte, da ist es meist auf kosten aller denkbarkeit geschehen.
Es ist ganz unglaublich und ganz unerhört, wie Goldsmith
verfährt. Er erzählt irgend etwas interessantes, ganz unbe-
kümmert darum, dass er eben etwas andres gesagt hat, was
dieses ausschliesst. Diese groben Widersprüche und Inkonse-
quenzen finden sich so häufig, wie wohl in keinem roman der
weit. Der Vicar of Wakefield kann gar nicht als ganzes
beurteilt werden, was daran zu schätzen bleibt, das sind
in der hauptsache kleine scenen, treffliche bemerkungen und
dergleichen. Ich verspare mir das endgiltige urteil noch für
kurze zeit, aber ich glaube jedenfalls der nach den ausfüh-
rungen des ersten teils dieser arbeit vielleicht naheliegenden
ansieht vorgebeugt zu haben: „Ja, Goldsmith hat zwar sehr
\äel übernommen, aber er hat auch etwas daraus gemacht,
er war weit geschickter als alle seine Vorgänger!" Ein sol-
ches urteil lässt sich nicht aufrecht erhalten. So sehr jeder
dichter nur zu verstehen ist als nachfolger seiner Vorgänger,
soviel jeder diesen verdankt, es muss hier doch ein unterschied
gemacht werden. Wenn Goethe den Fauststoff in der haupt-
sache im Faustbuche vorfand, so wird ihm niemand den Vor-
wurf der Unselbständigkeit machen, er schuf eben aus blossem
material ein kunstwerk. Bei Goldsmith aber handelt es sich
nicht um ein gemeingut, das benutzen durfte wer wollte: die
werke, aus denen er vielfach sklavisch treu entnahm, sind
kein rohes material, sondern ganz vortreffliche und bedeutende
Schöpfungen grosser dichter, und das, was er daraus gemacht
hat, ist durchaus kein völliges kunstwerk,
Angesichts der grossen Unselbständigkeit Goldsmiths und
seines grossen Ungeschicks di-ängt sich uns die frage auf : wie
ist es erklärlich, dass der Vic^ir of Wakefield einen so überaus
198 WILLI FISCHER,
grossen erfolg gehabt hat, dass er auch heute noch jedem
gebildeten bekannt ist, während Richardson, Fielding und
SmoUett meist nur noch vom fachman gelesen werden?
Goldsmith hatte von vornherein einen gewaltigen vorteil
vor seinen Vorgängern voraus.
Richardson war mit ausgesprochner tendenz an die Öffent-
lichkeit getreten. Alles künstlerische lag ihm zunächst fem,
und wenn trotzdem seine romane zum teil wirkliche knnst-
werke sind, so hat eben sein dichterischer genius die zwar
löbliche, aber doch höchst unpoetische und hausbackne absieht
des moralisierens überwältigt und zui'ückgedrängt. Der vor-
treffliche mensch in ihm, seine ehrliche entrüstung über die
zustände der zeit war der grösste feind des künstlers: dämm
vergessen wir heute über seiner schulmeisterei ganz, dass er
doch ein bedeutender dichter war.
Fielding war ebenso von tendenziösen absiebten beschwert.
Er trat ja als romanschriftsteller überhaupt nur auf, um
Richardson zu parodieren und es Hesse sich zeigen, wie sehr
ihm diese absichtlichkeit schadete.
SmoUett und Sterne endlich machen aus ihrer satirischen
absieht kein hehl, bei SmoUett ist sie scharf und zuweilen
sehr unangenehm ausgeprägt und macht ihn heute für weitere
kreise ungeniessbar.
Diese tendenzen, die allerdings immer der ausdrack einer
entschiednen , zielbewussten persönUchkeit waren, haben den
dichtem grossen nachteil gebracht: über den ein^ wurde in
leichtlebigen kreisen nur gelacht, an den andern nahmen prüde
oder bestimmte stände und kreise anstoss. Jeder von ihnen
musste naturgemäss heftige gegner finden, ihre anerkennung
war nicht allgemein, weil es immer eine partei gab, die sich
abgestossen fühlte.
Welche tendenz hatte nun Goldsmith? Wenn man nicht
etwa von einer pekuniären tendenz reden wUl, so hatte er
keine! Er gab wohl einen schüchternen seitenhieb auf die
grossen oder auf die kritikaster, er spielte auf manche fibel-
stände an, aber das war bei ihm ganz nebensache, es war
auch ziemlich haimlos, seine Vorgänger hatten das viel nach-
drücklicher und besser gethan. Er stiess niemand vor den
köpf: er wollte nicht moralisieren, niemand parodieren und
keine satire üben. Man rechne ihm das nicht gar zu hoch
GOLDSBOTHS VICAR OF WAKEFIELD. 199
an : Goldsmith schrieb ja seinen roman nicht aus innerem an-
triebe, sozusagen der stimme seines genius gehorchend, aus
einer machtvollen persönlichkeit heraus, sondern er schrieb
um geld zu verdienen, darum konnte und durfte er keinen
anstoss erregen. Er war aber auch zu versöhnlich und duldsam,
um ohne besondre veranlassung irgend etwas scharf zu kriti-
sieren, um gegen etwas oder jemand entschlossen front zu
machen und das kam ihm zu statten, er war allen gerecht.
Gehen wir nun auf sein werk ein, so musste vor allem
der pfarrer Primrose unwiderstehlich wirken. Freilich war
er seinem Charakter nach ganz Adams, aber es gab manche
scene, die Goldsmith mit meisterschaft darstellte. Besonders
jedoch war Adams im Joseph Andrews gar nicht so sehr
mittelpunkt des ganzen gewesen, weil Fieldings tendenz es
verlangte, dass Joseph zum beiden gemacht wurde, trotzdem
die wirkliche hauptperson Adams war. Goldsmith, der Fiel-
dings tendenz nicht hatte, setzte naturgemäss Primrose in den
Vordergrund und jetzt erst kam diese gestalt zu der gebüh-
renden geltung. Er hat sie, ich möchte sagen popularisiert,
aber popularisiert im besten sinne des worts. Diesen Charakter
darzustellen und auszumalen, dazu reichte Goldsmiths kraft,
er konnte auch an seinen vater denken und bewegte sich in
bekanntem kreise. Auch manche köstliche scene, die er viel-
leicht einmal erlebt oder gehört hatte, verwob er hinein, mit
der liebenswürdigen grazie, die ihm eigen war.
Dazu kam das milieu, in das er den pfarrer versetzt hatte.
Wieder war die anregung von Fielding ausgegangen, aber
noch mehr als bei Primrose hatte hier Goldsmith eignes ge-
geben. Ich sagte schon, die Schilderung des lebens der
pfarrei-sleute war die des Vaterhauses in Irland, so wie
erinnerung und Sehnsucht es idealisiert hatten. Bei Fiel-
ding drängen sich immer wieder andre ereignisse dazwischen,
nirgends war dies idyllische treiben so unmittelbar zu tage
getreten.
Aber der Vicar of Wakefield hatte noch andre wirksame
Vorzüge:
Der englische roman der letzten 25 jähre hatte eine reihe
von gestalten geschaffen, die nicht vergehen können. Da gab
es einen Adams, der allgemeines entzücken erregt, eine Kla-
rissa, an der man sich begeistert, die alle weit gerührt hatte,
200 WILLI FISCHER,
einen Lovelace, dessen geschick man bald mit absehen, bald
mit heimlichem bedanern, stets aber mit gespanntestem Inter-
esse verfolgt hatte, einen Grandison, von dem holde damen
mit wachsender bewnnderung nnd stillem wünschen lasen,
einen Allworthy, der jedes redlich denkenden herz gewann
und einen Blifil, gegen den man sich in tugendsamer entrüstung
ergangen, da war endlich Tom Jones mit seiner Sophia, die
für alle nicht puritanischen kreise das muster eines liebes-
paares bildeten. So hatte das litteraturfreundliche publikum
jener tage nacheinander eine reihe von genüssen gehabt, wie
sie nicht jeder zeit beschieden sind.
Groldsmith aber — der trug nichts dazu bei, er hatte
keine gestalt geschaffen, sondern er nahm alles dies beste
und bleibendste der andern und vereinigte es in seinem werke !
Es war eine wunderbar reiche entwicklung, die vor ihm lag,
mehrere grosse dichter hatten zusammengewirkt, der eine hatte
dies, der andere das beigetragen, aber alle diese herrlichen
gestalten und motive hätte nie ein mensch auf ein mal schaffen
können. Im Vicar of Wakefield aber hatte man nicht einen
Adams allein, man fand auch Lovelace und Klarissen, Gran-
dison und Miss Byron, Allworthy und Blifil, Tom Jones und
Sophien, die prächtigsten motive und scenen, die die früheren
ausgebildet, die üblichen klagen der zeit, die sicher anklang
fanden, hier war Richardson, Fielding und SmoUett zugleich,
kurz, das gesamte litterarische ergebnis einer gan-
zen fruchtbaren periode war hier in einem buche
vereinigt!
Um auf eins besonders hinzuweisen, welch eine reizvolle
abwechslung ergab sich hier in der Schilderung der drei liebes-
paare : ein Wüstling, der ein gutes, aber etwas eitles mädchen
liebt, das sich von ihm bethören und entführen lässt, ein ge-
reifter mann, der ein mädchen sucht, das ihn um seines Innern
wertes willen liebt und der ein liebenswürdiges, bescheidnes
wesen nach seinem wünsche findet und es glücklich macht,
dazu ein armer pf arrerssohn , der ein reiches mädchen liebt
und es nach Irrfahrten und kämpfen erringt.
Welches andre werk hätte da wohl mit dem Vicar of
Wakefield wetteifern können ? Hier drängt sich die fesselndste
handlung so, dass der leser gar nicht zur besinnung kommt,
er kann die verwickelten ereignisse nicht verfolgen und glaubt
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 201
darum dem dichter, es müsse alles so sein wie er sagt (wer
sollte auch von vornherein so unerhörte Widersprüche erwarten!),
sodass er über den angenehmen Überraschungen alle fehler
übersieht. Selbst die grossen unwahrscheinlichkeiten entdeckt
man nicht gleich, wenn man nicht mit der absieht liest, gründ-
lich über den Zusammenhang nachzudenken. Man kommt nicht
aus der Spannung heraus, man giebt sich willenlos dem ein-
druck hin.
Wenn an Wahrscheinlichkeit und tiefe die andern romane
viel vor dem Vicar voraus hatten, so wurde dieser vorteil
mehr als wett gemacht durch einen weiteren des landpredigers :
Richardson ganz besonders, in geringerem masse Fielding,
SmoUett und Sterne hatten dicke bände geschrieben, die man
wohl zur zeit las, wo ein neuer roman ein ereignis war, die
aber späteren geschlechtern viel zu umfangreich waren. Gold-
smith dagegen, weil er nicht viel zu sagen hatte, schrieb ein
dünnes bändchen, das man in wenig stunden lesen kann und
das darum auch immer wieder gelesen wird! Dieser punkt
ist durchaus nicht zu unterschätzen. So wenig künstlerisch
eine beurteilung nach dem umfang ist, eine so bedeutende
rolle spielt sie in Wirklichkeit und mir scheint, als ob gerade
die berühmtesten und auf die dauer gelesensten bücher immer
recht dünn gewesen seien (natürlich abgesehen von solchen
wie dem Don Quixote, von dem jeder redet, den aber wenige
lesen).
Ein kleiner band, der das beste bot, was 25 jähre her-
vorgebracht hatten, wen hätte das nicht entzücken sollen?
Dazu rechne man die wunderbarste gäbe Goldsmiths, den be-
zaubernden Stil, der uns heute ebenso entzückt wie einst die
Zeitgenossen und der auch so viel beigetragen, das man die
fehler nicht bemerkte, man rechne dazu die abwesenheit von
gröberen anstössigen stellen (ausser den erwähnten kleinigkeiten,
die man unwillkürlich richtig eingeschätzt, das heisst übersehen
hat) und man wird begreifen, dass der Vicar of Wakefield
seinen beispiellosen erfolg hatte. Man begreift auch, dass der
erfolg gerade im auslande, wo man die Vorgänger weniger
kannte, so gross sein musste, man versteht so auch den ein-
druck auf den jungen Goethe, der unsern roman ja als den
ersten modernen englischen kennen lernte. Es kann nur
wenige werke geben, bei denen der zauber des ersten ein-
202 WILLI FISCHER,
drucks (und den kann man beim Vicar of Wakefield sogar
mehrmals haben!) so sehr die kritik entwaffnet.
Bei dieser betrachtung wird unwillkürlich ein wünsch
rege: wie schön wäre es, wenn dieses verfahren, dass ein
geistreicher Schriftsteller eine ganze periode in einem werke
vereinigt, völlig geglückt wäre, wenn wir ein festes ge-
schlossnes ganzes ohne Unmöglichkeiten und un Wahrscheinlich-
keiten hätten!
Wir würden dem Verfasser zwar auch dann keine schöpfe-
rische kraft zuschreiben können, aber wir hätten dann ein
wirkliches kunstwerk dieser wunderbaren gattung, die der
Vicar of Wakefield vertritt.
Es bleibt uns nur noch die letzte wichtige frage zu er-
örtern: wie haben wir Goldsmith nach allem zu beurteilen?
Ich habe gesagt, dass die absieht geld zu verdienen den
Vicar of Wakefield veranlasst hat. Ich habe weiter gesagt,
dass keine rede davon sein kann, Goldsmith den Vorwurf des
Plagiats zu machen. Natürlich müssen wir annehmen, und
diese annähme ist über allen zweifei erhaben, dass er mit den
werken seiner Vorgänger völlig vertraut war. Die entstehung
unsres romans wäre nicht zu begreifen, wenn wii* uns etwa
vorstellten, der dichter hätte die Pamela, Joseph Andrews,
Klarissa, Tom Jones und Grandison vor sich auf dem Schreib-
tisch liegen gehabt und dann mit klarem bewusstsein den
Vicar of Wakefield daraus zusammengestellt. Ein solches vor-
haben wäre ganz ungeheuerlich gewesen, hätte solche Schwierig-
keiten geboten, dass Goldsmith sich am wenigsten daran ge-
wagt hätte. Vor allem müssten wir dann auf eine erstaunlich
grosse berechnende kaltblütigkeit schliessen und, um die be-
wahrung des gefährlichen geheimnisses zu verstehen, auf eine
so vollkommne Selbstbeherrschung, wie sie bei Goldsmith mehr
als bei jedem andern undenkbar war. Es wäre dann auch
ausgeschlossen , dass er bei der entlehnung des Mr. Williams
aus Pamela und des kleinen Dick aus Joseph Andrews sogar
die namen beibehalten hätte. Ich halte es für ganz sicher, dass
die eigenartige, zwar sehr mangelhafte zusammenschweissung,
die doch für einen leser, der nicht gerade die philologische
sonde anlegt, ganz gut gelungen erscheint, nur unbewusst
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 203
möglich sein konnte in einem köpfe, in dem alle einzelnen
elemente nebeneinander vorhanden waren.
Dagegen ist es sicher, dass er von den vielen Widersprüchen
seines romans mindestens eine ahnung gehabt hat, wie aus der
vorrede klar hervorgeht : „There are an hundred f aults in this
Thing", sagte er, „and an hundred things might be said to
prove them beauties. But it is needless." Goldsmith giebt
also zu, dass viele fehler vorhanden seien. Die könnte man
wohl auch als Schönheiten auslegen, etwas schönes haben sie
fast immer an sich, aber, meint er, die Spitzfindigkeit, aus
fehlem Schönheiten zu machen, hat gar keinen zweck, die
fehler sind wirklich da. Darauf jedoch kommt es auch nicht an!
Man sollte nun meinen, es sei doch gerade sehr wesent-
lich, keine groben versehen in einem roman zu haben, aber
Goldsmith fährt fort : „ A book may be amusing with numerous
errors, or it may be very dull without a Single absurdity."
Das giebt uns die lösung für seine anschauung : ob der roman
fehler hat oder nicht, das ist nebensächlich, wenn er nur
unterhaltend ist! Also etwas unterhaltendes wollte er
schreiben, etwas, was dem publikum gefiel, was ihm geld ein-
brachte [ Das ist ja auch klar, ein wahrer dichter würde ein
aus rein künstlerischen motiven begonnenes werk doch nicht
in die weit hinausgeschickt haben mit so und sovielen wider-
sprächen der schlimmsten art, ganz abgesehen von der Un-
selbständigkeit! Goldsmith dagegen konnte es nicht besser
machen, aber er wollte auch nicht, er war schon so zufrieden
mit dem was er geleistet, denn es war unterhaltend, wie ers
haben wollte. Wenn noch jemand zweifelt, dass es Gold-
smith nur am geldverdienen lag, so mag unser dichter selbst
sprechen. Ein dr. Farr machte ihn auf einige flüchtigkeiten
im Vicar aufmerksam, worauf Goldsmith ihm sagte, er habe
sie nicht etwa aus Zeitmangel nicht gebessert, sondern aus
einem andern gründe: „He (der buchhändler Newberry) gave
me £ 60 f or the copy ; and had I made it ever so perf ect or
correct, I should not have had a Shilling more." (!) (Forster
1 311). Von diesem Standpunkte aus brauchte er wirklich
nicht unzufrieden zu sein, denn der Vicar of Wakefleld bietet
unendlich mehr als gewöhnliche unterhaltungslektüre.
Wollen wir nun zu einem urteil über Goldsmith gelangen,
so drängt sich folgende Überlegung auf : Goldsmith hat keinen
204 WILLI FISCHER,
einzigen Charakter geschaffen, nur Primrose hat er vortrefflich
weiter ausgemalt, er hat keine einzige handlung erfunden, er
hat also nichts geleistet auf dem gebiet, das gerade das wesen
des romans ausmacht — Goldsmith ist überhaupt kein
romanschriftsteller!
Wäre er einer, dann hätte er nie so unerhört unselbständig
sein, nie so unverantwortliche fehler begehen können, er hätte
nie eine so kleinlaute vorrede schreiben, darauf verweisen
können, er wolle nur unterhalten!
Seine befähigung lag eben gar nicht auf diesem gebiet,
ausser einem glänzenden stil und gutem willen brachte er
nichts dazu mit.
Richardson, Fielding und SmoUett, die wahrhafte roman-
dichter waren, haben sich nicht begnügt, einen roman zu
schreiben, weil sie vieles zu sagen hatten und die kraft es
auszusprechen in sich spürten. Ueberhaupt, welcher grosse
romandichter (meines Wissens nur etwa Manzoni ausgenommen)
wäre je damit zufrieden gewesen, nur ein einziges kurzes
werk zu schreiben ? So wenig ein dramatiker nur ein drama,
ein lyriker nur ein gedieht macht, so wenig schreibt ein
romanschriftsteller nui* einen roman! Auf das erstlingswerk,
den ersten schüchternen versuch des genius, folgt notwendig
ein zweites, wie auf Richardsons Pamela die Klarissa, auf
Joseph Andrews der Tom Jones, auf Roderick Random Pere-
grine Pickle und auf Sternes ersten band eine lange reihe
andrer folgte. Wäre das nicht auch für Goldsmith das na-
türliche und gegebene gewesen? Es kommt nicht darauf an,
ob ein solches verfahren immer wünschenswert ist, jedenfalls
ist es eine thatsache.
Der Vicar of Wakefield hatte sofort einen bedeutenden
erfolg, wenn Goldsmith nur 60 guineas dafür bekam, so lag
es nui* daran, dass der roman vor dem Traveller verkauft
worden war. Nun erwäge man, dass Goldsmith auch nach
dem Vicar eine ganze reüie von lohnarbeiten machte, weil er
aus der geldnot nicht herauskam, so eine gedichtsammlung,
eine römische, englische, griechische und eine naturgeschichte,
dazu noch vieles andre: was, so fragt man sich staunend,
hätte ihm näher gelegen, als einen zweiten roman zu schreiben,
der dem jetzt berühmten soviel geld einbringen musste ? Aber
Goldsmith that es nicht.
GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIELD. 205
Wer sich durchaus nicht überzeugen lassen will, wird
sagen: „Goldsmith hatte eben Selbstkritik genug, um seinen
rühm nicht aufs spiel zu setzen!" Nun, Goldsmiths Charakter
lag nichts ferner als Selbstkritik, er hatte eine recht reich-
liche dosis eitelkeit, ausserdem haben auch sehr, sehr viele
besonnene dichter nicht die Selbstkritik gehabt, um einzu-
sehen, wann sie aufhören müssten zu schreiben. Schliesslich
aber darf man gar nicht erwarten, dass hier Selbstkritik nötig
gewesen sei. Soll man nicht von einem so ausserordentlich
erfolgreichen und berühmten romandichter, der doch eigentlich
ein hervorragendes talent haben musste, annehmen dürfen, er
habe auch die kraft zu einem zweiten roman?
Ein Zufall hat es gewollt, dass wir einen unwiderleglichen
beweis für die richtigkeit meiner behauptung besitzen. Wenn
ich vorhin einfach sagte, Goldsmith habe nie einen zweiten
roman geschrieben, so habe ich mich nicht genau ausgedrückt.
El' hatte nämlich einmal, ich nehme an, bald nach 1766,
unüberlegter w^eise Newberry versprochen, noch eine erzäh-
lung nach art des Vicar of Wakefield zu schreiben! Jahre
vergingen, ehe Goldsmith auch nur den versuch einer einlösung
des Versprechens machte. 1772 that er es endlich und übergab
dem buchhändler die paar kapitel, die er fertig hatte. Dieser
Verleger aber, der von einem berühmten manne wie Goldsmith
so ziemlich alles nahm, schickte ihm das manuskript als un-
brauchbar zurück! Es war nämlich nichts andres als eine
prosaerzählung seines Good-natured Man! Wenn Forster
(11 238) meint, ein französisches buch, das gleich nach Gold-
smiths tode erschien unter dem titel „Histoire de Frangois
Wills, ou le Triomphe de la Bienfaisance, par Tauteur du Mi-
nistre de Wakefield" könne mit Goldsmith nichts zu thun
haben, weil es unter aller kritik sei, so ist er in grossem
irrtum, denn dass Goldsmiths zweiter „roman" sehr schlecht
sein musste, ist aus der Zurückweisung durch Newberry deutlich
genug ZU sehen. Ob nun das französische buch wirklich den
anfang jenes verlorenen Goldsmiths enthielt, ist für uns un-
wesentlich, die hauptsache ist, dass klar hervortritt Goldsmiths
Unfähigkeit einen neuen roman zu schreiben.
Man vergegenwärtige sich was das heisst: der Verfasser
des berühmtesten englischen romans ist, obwohl es gilt, ein
versprechen einzulösen, obwohl er die sichere aussieht auf
206 WILLI FISCHER,
grosse einnahmen vor äugen hat, einfach nicht im stände, auch
nur ein einigermassen lesbares zweites werk dieser gattung
zu schreiben! Sollte es in der gesamten weltlitteratur noch
ein beispiel für einen ähnlichen fall geben? Goldsmith hat
natürlich auch nirgend anderswo versucht, seinen „roman" unter-
zubringen, er täuschte sich wohl selbst nicht über seinen wert,
und so ist er spurlos im meere der Vergessenheit versunken.
Und wir wissen warum? Goldsmith war eben kein
romanschriftsteller, um den Vicar of Wakefield zu schreiben,
hatte er überall anleihen machen müssen und doch keine
ordentliche handlung zustande gebracht, woher hätte er den
Stoff zu einem zweiten roman nehmen sollen? Alle von
andern geschaffnen gestalten, die ihm vertraut waren, alle
motive hatte er schon verwertet, dazu das, was er selbst
geben konnte.
Da er schlechterdings nichts erfinden konnte, so musste
ihm dieser weg für immer verschlossen bleiben. Ich darf
in diesem zusammenhange noch an sein grosses formtalent
erinnern, dass vor allem bewirkte, dass noch etwas leidliches
herauskam. Seine geschichtskompilationen , seine naturge-
schichte haben einen unwiderstehlichen reiz, obwohl Gold-
smith weder historiker noch naturforscher war, obwohl er
in diesen fächern nicht einmal die allernötigsten kenntnisse
besass. Der zauber seines stils aber ist so gewaltig, dass
auch diese werke mit genuss zu lesen sind!
Bekannt sind die worte, die sein freund Samuel Johnson
inbezug auf seine naturgeschichte sagte: „Goldsmith will give
US a very flne book upon the subject, but if he can distinguish
a cow from a horse, that, I belle ve, may be the extent of
his knowledge of natural history."
Halten wir den Goldsmith, den wir aus dem Vicar of
Wakefield kennen, zusammen mit dem, als den ihn seine bio-
graphen schildern, so sehen wir deutlich, dass es sich um
dieselbe merkwürdige persönlichkeit handelt. Was uns hier
in seinem wesen überrascht hat, das finden wir in seinem
leben in hundert beispielen wieder. Er hatte ebenso wenig
die kraft zu einer vernünftigen, einheitlichen lebensweise wie
zur darstellung einer künstlerisch geschlossnen handlung, er
vermochte es eben nicht, irgend etwas längere zeit hindurch
logisch und konsequent durchzuführen.
OOLDSBaTHS VICAR OP WAKEPIELD. 207
Die merkwürdige Unbedachtsamkeit, die ihn so viele ver-
sehen begehen Hess, zeigt sich besonders auffallend in folgender
episode: Er wird im klub gefragt, was er mit dem letzten
Worte der ersten zeile seines Traveller meine:
„Remote, unfriended, melancholy, slow,^
Er meine wohl langsamkeit der bewegung? Goldsmith ant-
wortet: „Ja!" Johnson aber, der dabei sitzt, ruft: „Nein,
das meinten Sie nicht, Sie meinten jene Schlaffheit des geistes,
die einen in der einsamkeit befällt." „Ah," sagt Goldsmith,
„das wars, was ich meinte!"
Das wunderbarste in seinem wesen aber enthüllt uns
ein andres wort Johnsons: „He has the art of compiling,
and of saying everything he has to say in a pleasing manner."
„Er versteht die kunst zu kompilieren!" Das ist der
springende punkt, daran hat man auch bei seinem Vicar of
Wakefield zu denken!
Der Vicar of Wakefield muss betrachtet werden als eine
kompilation, freilich ganz eigner art. Er ist ein erzeugnis
der not, wie seine andern kompilationen. So wenig der
dichter historiker oder naturforscher war, so wenig war er
romanschriftsteller. Was uns dabei so seltsam anmutet, ist,
dass wir zwar wissenschaftliche auszüge und kompilationen
ganz gewöhnt sind, nicht aber diese einzig dastehende gattung
von kompilation. Dass jemand an einem Vorgänger ein
plagiat begeht, ist uns nicht fi^emd, wohl aber, dass ein
dichter aus einer reihe bedeutender werke das beste aus-
liest, dies mit mancherlei eignem ausgestattet, in andrer
gruppierung und in einer entzückenden spräche uns dann
• als ein scheinbar ganz neues darbietet. Ganz fremd ist es
uns, dass bei so unerhörter Unselbständigkeit, bei so unglaub-
lichen mangeln dennoch bedeutende Vorzüge gefunden werden,
Vorzüge, die auf uns wirken werden, auch nun wir den Ver-
fasser gründlich kennen.
Wir kommen hier nicht aus mit den landläufigen ur-
teilen, wir können nicht, wenn wir alles nachteilige klar vor
äugen haben, sagen: das ist ein mach werk, wir können eben-
sowenig, wenn wir an die Schönheiten denken, sagen: es
ist ein kunstwerk. Zu einer richtigen Würdigung gelangen
wir, wenn wir beides zugleich betrachten, licht- und schatten-
208 WILLI FISCHER, GOLDSMITHS VICAR OF WAKEFIBLD.
Seiten. Goldsmith ist kein romanschriftsteller (er selbst
erhob ja anfänglich wohl kaum ansprach darauf, er wollte
nur unterhalten!), darum war sein werk in gewissem sinne
eine verirrung, aber eine verirrang, für die wir ihm dankbar
sein müssen. Fordern ^ir doch von ihm nicht, was er
nicht geben konnte, machen wir ihm nicht zum Vorwurf, dass
er auf einem gebiete nicht viel leistete, auf dem seine fähig-
keiten nicht lagen.
Das grosse im Vicar of Wakefield ist das, was übrig
bleibt, wenn wir ihn nicht mehr als roman betrachten. Die
prächtigen lyrischen einlagen, viele köstliche kleine züge,
die uns immer aufs neue erfreuen und rühren werden, vor
allem aber die einzig schöne schilderang des lebens und
treibens der pfarrerfamilie in den ersten kapiteln, die für
alle Zeiten ein muster bleiben und nie ihren wert verlieren
wird — das ist das grosse im Vicar of Wakefield, das ist
das grosse in Goldsmith überhaupt! Was er wirklich leisten
konnte, das zeigt sich hier aufs glänzendste und es ist das-
selbe, was seinen Traveller und sein Deserted Village wahr-
haft bedeutend macht. Das ist das bleibende, das Goldsmith
der weit geschenkt hat, worin allein wir ihn beurteilen
dürfen und dabei kommt er nicht zu kurz. So wenig wir
ihn nach seinen andern kompilationen als historiker und
naturforscher beurteilen können, so wenig gerecht wäre eine
kiitik nach dem Vicar of Wakefield als roman. Vergleichen
wir ihn nicht länger mit dichtem von so verschiedner be-
gabung, wie den romanschriftstellern Richardson, Fielding,
Smollett und auch Sterne, vergleichen wir ihn mit seines-
gleichen! Von den englischen dichtern aber, die die so
schwierige und undankbare gattung der beschreibenden und
idyllischen dichtung gepflegt haben, von denen ist keiner
grösser als Goldsmith.
Halle a/S. Willi Fischer.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY.
I. Text.
Von den geistlichen spielen, die die handwerkerzünfte von
Coventry jährlich am fronleichnamsfeste aufführten, sind uns
leider nur zwei erhalten geblieben, nämlicli: 1. das welhnachts-
spiel der tuchscherer und Schneider, 2. das hier neu gedruckte
der weber, das zwei bedeutende ereignisse aus der kindheits-
geschichte Jesu umfasst. Während das erstere bereits dreimal
veröffentlicht ist, nämlich zuerst in Thom. Sharp's Dissertation
on the Pageants or Dramatic Mysteries anciently performed at
Coventry, Co. 1825, p. 83 ff., sodann in Will. Marriott's Collection
of English Miracle- Plays or Mysteries, Basel 1838, p. 59ff.,
und neuerdings in J. M. Manly's Specimens of the Pre-Shak-
sperean Drama, vol. I, Boston 1897, p. 120 ff., liegt das andere
bisher nur in dem druck Sharp's: The Presentaiion in the
Temple, A Pageant, as originally represented by the Corporation
of Weavers in Coventry, Now first printed from the Books of
the Company. With a Prefatory Notice. Edinburgh: Printed
for the Abbotsford Club. M.DCCC.XXXVI, vor. Da diese
ausgäbe den meisten fachgenossen wohl nur schwer, wenn
überhaupt zugänglich sein dürfte, entschloss ich mich zu einem
neudrucke, der hoffentlich auch bei dem jetzt wieder erwachten
Interesse für das ältere englische drama nicht unwillkommen
ist. Eine coUation der handschrift vorzunehmen, war leider
nicht mehr möglich, da diese im jähre 1879 in Birmingham
verbrannt ist. 9 Ich musste mich daher damit begnügen, den
») Vgl. York Plays, ed. L. Toulmin Smith, Oxford 1885, 8. LXVII.
▲ngiu. N. F. xm. 14
210 F. HOLTHAÜSEN,
text Sharps wiederzugeben, habe dabei aber moderne inter-
punktion eingeführt (Sh. hat gar keine), die abkurzungen auf-
gelöst und*^clurch kursivdruck kenntlich gemacht, die verse und
Strophen numeriert und endlich in einer anzahl von fällen die
mängel der Überlieferung zu heilen gesucht, wenn eine besserung
nahe lag und einigermassen sicher schien. Alle von Sharp
oder mi];»eingesetzten ergänzungen sind in eckige klammem
eingeschlossen worden ; dabei habe ich die wenigen schon von
Sh. vorgeschlagenen in den fussnoten, die überhaupt alle ab-
weichungen von der edüw pvincepä verzeichnen, ausdrücklich
als sein geistiges eigentum hervorgehoben. Manche Strophen
sind aber so hoffnungslos verderbt, dass eine herstellung des
Originals ausgeschlossen scheint.
Die hs. stammt, wie die notiz am ende besagt, aus dem
jähre 1534, und zwar von Robert Croo. Seine Orthographie
ist eigentümlich und erschwert im anfang wohl das Verständnis
einiger worte : er setzt häufig e für i (z. b. natevete = nativity),
ey für e (z. b. eyver = ever), ivo für o (z. b. wöld, whome =
old, home) ; wo auslautendes -e für jetziges schriftenglisches -y
die lesung und erkennung eines wertes erschwert, resp. dessen
Verwechslung mit einem ähnlichen nahe legt, habe ich zur
erleichterung der lektüre e geschrieben, z. b. Mari, whole =f
Mary, holy. Die Seitenzahlen des Sharpschen druckes stehen
in eckigen klammern am rande ; die lat. citate habe ich durch
kursivdruck ausgezeichnet.
Eine darstellung der spräche und metrik, der quellen und
des Stiles der dichtung nebst erklärenden anmerkungen soll
später in dieser Zeitschrift folgen. Ich bemerke hier nur, dass
von B V. 91 ab unser stück dem entsprechenden XX. des
Yorker cyclus (s. 156 ff.) resp. dem XVIEL der sogenannten
Towneley Plays (gedruckt ib. s. 158 unten ff.) bald mehr, bald
weniger getreu folgt, was für die textkritik natürlich von
Wichtigkeit ist, und verweise im übrigen auf die bemer-
kungen Ten Brinks in seiner Geschichte der englischen Litte-
ratur II, 292 ff.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 211
THE WEAVERS' PAGEANT.
[A. Darstellung Jesu im Tempel.J
Profeta frimus. [s. 31]
1. Grett astronomars, now awake,
Ye fam«.9 fatheres of felosofy!
And in-to the oreient reyspecte ye take,
Where neuis and strangis be cum of lately,
Affennyng the seying of old profecie: 5
Thatt a star [of JacobJ schuld apere
Apon the hyll of Wawse among lius here!
Profeta 11.
2. Ye brethur all, then be of good chere,
For those tythings makyth my hart ful lyght!
We haue desiiid many a yere, 10
Of thatt Star to haue a syght,
And spesschalli of that kyng of myght,
Of whose cumyng we haue playne warnyng
Be this same star aftur profettis desarnyng. [32]
3. Yet furthur I pm[y] you, for my larnyng 15
Lett luis have sum com[m]unecacion
Of this Star be old prö[g]nostefying,
How hit aperid, and under whatt fassion!
Profeta I.
4. Sir, aftur a stränge deformacion,
As be a[u]torite reyherse I can; 20
For this same stai* be interpretacion
Syngnefyth the natevet6 of a man,
As the profett Bala[a]m
In his text af[f]armyth right well,
Seying: 'Orietur Stella ex Jacob, et exsurget honw de
Israel ' 25
5. He seyd, of Jacobe a star schuld springe,
\V[h]yche syngnefyith only this same kynge,
Thatt amongist us now ys cuwi.
And as towchyng the letter folloyng:
'Et i2)se dominabitur omni generSLcione/ 30
1 astronemars Sh. 2 ye] youre. felosefy. 9 inwyth. 14 desernyng.
IG hawe. comenecacion. 18 aperie (cf. 95). 22 syngnefyn.
212 F. HOLTHAUSEN,
Profeta ü.
6. Sir, here ma[y] be mo^äd a question
Of this nobull prince of soo hi degree,
The \v|h]yclie of all men schall haue domeneon;
Undur what maner borne he schuld be?
Profeta I.
Ase ye schall here, right wonderfull[e] 35
Be devine powar of a virgene pure,
A[fjfarmyng the profeci agenst all nature. [33]
Profeta II.
7. Where fynde you pat in wholl6 scripture
Before pro[g]nostefide this to be done?
Profeta I.
Isaee the profett wrytith füll sure: 40
'Ecce vir go condpiet, [et] pariet filium!'
Thefn] seyd Isayee, answeyring to pat question:
A man schuld spryng here in Isaraell,
*Et vocabitMY nomen eins EmanueU
Profeta II.
8. Yett haue I grett marvel, how thatt men schuld teil, 45-
Man beyng here but a mortall creature,
Off soche strangis, before the[y] feil.
Profeta I.
Be devine powar, I make you sure.
Soo to subscrybe in wholl6 scripture,
The sprete of profece to them was sent,
And yett them-selfe wyst not, whatt yt ment.
Profeta IL
9. Now laude be unto hym, )?at soche knoleyge sent
Unto hus wreychis of pore symplecet6,
Where[as] he ys Lord and God omnipotent, [34]
In thys hys wyll to make hus prev6! 55
Profeta I.
Did nott ]>ai profett-man Malach^
Resite unto hus on this same wyse,
That the sun of lyff schall spring and arise?
I^ach 41 steht bei Sh. der vers: Balaam seyng of the heyymly wyase-
dome. 42 f. bei Sh. umgestellt. 45 bei Sh. in zwei Zeilen. ißt bei
Sh. umgestellt. 49 f. bei Sh. umgestellt.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 213
10. W[h]yche cawsid Isaee, to cast up his iees
Toward heyvin with all his inward syght, 60
Seying: ^Grood Lord, a[f]farmyng thy promes,
Send downe to hus this wonly sun off myght,
Huse to reystore unto owre right
Owt of deserte, fi'om the hard stone,
Reycomfordyng ]>i doghtur dwyllyng in Sion!' 65
11. Also Jarem6, thatt whoUe monn,
Seyd, in heyvin Grod schuld make seede,
A greyne off Davith, thatt now ys cum,
W[h]yche eyver in gracjrs shall spring and spreyde
And kepe Juda owt off drede 70
And also Isaraell sett in surenes,
And he schall make jugementis of rightwesenes.
Profeta IL
12. I wonder, to here you this expres
Be a[u]ctoris hi this worthe mysterö,
And spesschalle of this virtu rightwessenes, 75
Where hit schal be usid, and in whatt part6.
Profeta I.
13. Apon the yavthe bothe with hy and loo degre.
And Rightwessenes men schall hym call, [35]
When he schall cum to sit in the see
Of kyng Davit[h], pat most riall; 80
And per schall he before the pristis all
Of Juda and Leyv6 be his powar device,
WitJi new insence to do sacrefyce
14. To God aboue for the gi-ett offence
Of the peple, and for [their] yngnorance [hi] 85
WitÄ the[ilre offeringe to make reycompence
For the lenage of Adamt« progeny.
This schall this childe by theym free
From all the offencis, thatt J?e[y] haue done,
Be cruell deyth and bitter passion. 90
Profeta ü.
15. God Sir, yett und[e]r prötestacion,
Owre feyth thereby for to incresse,
66 Jaramo. 80 riall of all. 83 nev. 91 produstadon.
214 F. HOLTHAUSEN,
Of ihis Star lett hus haue reylacion,
Yff hit wold pleyse you for to expresse,
How hitt aperid, and undur whatt fassion. 95
Profeta I.
WttA diuei-s streym/5 of grett brightnes,
16. A child l'erin of flagrant swetnes,
W[h]yche apon his ba[c]ke a Crosse did beyre;
And of an eygull hit bare the lykenes,
Beytyng his Tvyngis iuto the ejTe, 100
A voise there-in off lang[ag]e feyre,
Thatt wasse hard throgli-owt the cuntrey,
Seyinge: 'Xatus est nohis \Ji\odie rex Judeoriim,' et [oGJ
cetera,
Profeta II.
K. Of a farthur declaracion I wold you praye,
Whatt trybus the[y] were, and in whatt pa>-te, 105
The ver6 date, and whatt maner a wey
They haue made probate of this p>öfec6?
Profeta I.
IS. And thatt schall I scho you right ey vedently :
The grett lordis of the land of Caldy
Fowndid twelve masturs of astronomy, 110
For to se this star a[p]pere.
And when these masturs were eylecte,
On the hill of Wawse pe\i]r wache thefyj kepte,
And the[y] all togedder neuer sclepte
Above IX« yere. 115
Profeta IL
And dide thefyj soo longe wache [onj ]>at hill?
Profeta I.
Ye, truly, tyll hit was this kyngis will,
This seyd i>rofec6 for to fullfyll,
Thatt Strange star to send them there.
If, Whereof the|yj had intellegence, 120
That aftur the darkenes of the nyght
In the day hit schone soo bright.
$41 bei Sh, umgestellt 101 woise. feyfe. 103 oddie. cetera]
IOC were. 110 asestronemy. 115 abowe. 119 there] tili.
DAS SPIEL DER WEBEB VON COVENTRY. 215
Thatt, when the sun and the stare
In the yejre togeythur warre, [37]
Betwyxt them wasse lyttuU or non dyfference. 125
20. And soo this stare wasse a serveture,
And unto III kyngis a playn cundeture
Unto tlie mancion of a virgin pure.
Profeta ü.
But ar you sure for whatt intent?
Profeta I.
Forsothe to Bedlem streyght the[y] went, 130
Whereasse the[yj offurd to this childe reuerent
WitÄ grett omage a famt^s present:
The fürst wasse gold as most myght6 kyng,
The seycond wasse myr asse prist of pristis beyng,
The thryd wasse insence in tokyning of byriing. 135
Profeta II.
Yet wold I kno the cawse spesschally,
Whatt movid these kyngis to cum so hastely,
And whedur the[yj cam oopun or prevy?
Profeta I.
21. The Star broght them throgh eyuere cuntre.
And eyuer, as the[y] cam oopunly, 140
They dide inquere of those newis;
Eyuer the[y] axid: ^Where ys he,
Thatt ys bome, for to be
The kyng of Juys?'
22. Therefore lett hus wttÄ all delegence 145
Unto pat chyld geve honowre and reyuerence, [38]
And thatt we ma[y] cum unto his presence,
To haue fruyssion of his hi deyit6!
And, brothur, I thanke you of youre pacyence,
For now att thys tyme departe wyll wee. 150
Profeta 11.
Now, brothur, for youre swete sentence
Att all tymes welcum to me!
23. Loo, fi-yndis [dere], there may you see,
How God in man workith alwey.
135 byrring. 141 nevis. 143 f. bei Sh. als eine zeile gedr.
216 F. HOLTHAÜSEN,
Now all we, pat bis servandis be, 155
Hathe grett cawse in hym to joie,
W[h]yclie sendyth hus knoleyge, the truth to sey;
And he soo meraculosly wyrkyng perwith,
Thatt of all seycrettis we wyte \>e ver6 pyth.
24. Wherefore moche cawse haue we, to make myrth, 160
When we reymembur the gloreose birthe
Of this virgyns sun:
He, the seconde person in the trenet6,
Eyquall with bis fathur in deyit6,
Und[e]r the curteyne of owre [hjumanete 165
For hus wold man becuw.
25. Wherefore here I exs[h]orte you all,
Thatt in this place here assembulde be,
Unto this chylde for merc6 cawU,
W[h]yche schall reydeme us apon a tre, 170
And thatt gloreose blys thatt we nia[yj see,
W[h]yche he hathe ordp[i]nide for all men
In bis selesteall place to be, [39]
In secula seculornm, amen,
Here Semeon intrythe and the last profett gothe owtt.
Semeon.
26. The seylesteall soferent, owi-e hy Gode et(?rnall, 175
W[h]yche of this mervelus world ys J?e fowndatur,
Create[dJ the hy heyvyns, his one see empere[a]ll,
With sun, mone and staris for the sky and mattur.
And al for the sustenance of owre [hjumayne nature
With fysche, fowle, best and ejnere othur thyng, 180
Undur hus to haue J?e naturall cowrs and beyng.
27. Yett owre formcre parence at the begynnyng
Throgh dyssobeyd[i]ence had a grevose fawU
From the hy pales and blys eyuerlastyng
Doune into \äle and meserabuU mundall (?). 185
For the w[h]yche transgression all we ar now mortall,
Thatt before wasse infynite for eyuer to remayne,
And now schall take }>'end be deyth and cruell payne.
159 wryte. were. 165 And und[e]r. 177 And create. 178 for]
por. 185 vüe] wale.
DAS SPIEL DER WBBEK VON COVENTEY. 217
28. W[hjyche grevnse sorro ofte dothe me constrayne,
Inwardly to syghe and byttur teyris to wepe, 190
Tyll thatt I reymembur the grett comforde ageyne
Of anceant jw-ofettis wetÄ l>e[ijr sentens swete,
Whose fructUM5 syence of pröfownde larnyng depe
In the[i]re awturs a[p]perith to hus right manefestly,
Of Isaee, Sebbellam, Bala[a]m and Malache. 195
29. 0 lorde of lordis, in hart beseke I the,
Of this infinite worke to send me the tru lyght,
Truly to expownde this seyde wholl6 profec6,
And also of that kyng that I ma[y] haue a syght, [40]
The w[hjyche be reydemcion schall hus all reyles, 200
At whose cumyng the tru ounc[t]ion of Juda schall seyse.
30. Now, lord, fullfyll thatt hy tyme of pes,
For age dra[w]ith me fast apon!
Fayne wold I see thatt wholl6 of whoUenes,
Or this mortall lyff fro me were gone. 205
Now, lorde, ase thow aii; iij in won,
Grant me grace, yff thatt thy wyl [hit] be,
In my nold age that syght for to see!
31. Then at thy wyll, lorde, fayne wolde I be,
Yff thow soche grace woldist me sende, 210
To loove the, lorde, with all [hjumelyte,
And soo of my lyff then to make an ende.
Yett, lorde, J?i gi-ace to me now extende!
Suffur me rathur yett to lyve in peyne,
Then to dy, or thatt I thatt solam syght haue seyne! 215
Her6 An[n]e cumyth in to Semeon and seythe:
An[n]e.
32. 0 sufferent Semeon, mth all solemnetö,
Thatt of owre gloreose tempuU hath pe gouemance,
WttÄ all dew reuerance here beseke I the,
)?i[n] olde frynde in Gode to haue in reymewburance,
The w[h]yche hathe tarrid be a long contenuance 220
For the comyng of pe right Messee,
W[h]yche hathe byn promysid unto hus be profece.
189 grevise. 218 dev.
218 F. HOLTHAÜSEN,
33. 0 lorde, thogh pat I be nothynge worth6,
To see the fassion of \>i most presseose pyctore,
Yett, lorde, acsepte me of \>i grett marce, [41] 225
Asse thy pore servand and feythfull creature!
To se the, lorde, yff \>at I myght be sure,
No lenger on grownd wold I reyquere,
In this mortall lyff to conteneu here.
Simeon.
34. 0 feythefuU frynde and louer dere, 230
To you this text ofte haue I tolde,
That the lyght of Leyve amonge us here
In Isaraell schuld be boght and sold,
Asse aunceant profettis hereof hathe told,
That in this lande here he schuld make surenes, 235
And he to be cawlid the Kyng of Pes.
35. Asse Isaee hymselfe herein to wyttnes:
'In fade populor}xm\ this did he sey,
*Ctim venerit sanctus sanctornm, cessabit unctio vestra' ;
And soo, when oure ryght blöd schall seyse, 240
Moche vertu and grace then schall incresse
With hy jugementis of rightwessenes
Amongest hus evyn here in Isaraell.
An[n]e.
36. Yff thatt I myght abyde pat dey,
Thatt wholl6 off whoUeis for to see, 245
W[h]yche thatt I haue desyrid allwey,
In this worlde [so] well were me!
Now, lord, and yff thy wyll hit be,
Grant me my hoope longe lokid fore!
Then joie nor welthe kepe I no more. [42] 250
Simeon.
37. Now, An[n]e, systur and dere fiynde,
Lett hus bothe with a whol6 intent
In thys tru feyth owre lyvis yend,
Lawdyng thatt lorde, w[h]yche ys omnipotent!
Wherefore I thynke hyt füll expedyent, 255
In conteniall preyai* for to indure,
To kno perhy his graceose plesure.
255 eipeydent.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 219
An[n]e.
38. 0 sofferent Semeon, pi famw^ consell
Inwardely gladyth me in my hart;
No thyng contentyth my mynd soo well, 260
Wherefore at ]>is tyme wol we departe.
Simeon.
Now, An[n]e, sytli pat ye wol lience, [I] rede
Unto tlie tempull [to go] mHi all spede,
39. Owre lordis wyll for to abyde.
That lord of lordis be thy gyde, 265
And sende the pat, w[li]yche thow lovist most;
Bothe heyle and böte for the provide,
Where-eyuer thow goo in any cost!
Aii[n]e goes out.
40. Fryndis, now ys hit tyme to prey,
Before that I my rest do take; 270
My custome hathe yt byn alwey,
Asse longe ase eyuer I am awake, [43]
Intersession unto that lorde to make,
Of hym to obteyne all my reyquest.
41. Now, lorde, that madist all thjmg of noght, 275
Both hevyn and hell and eyuere creatui'e,
Asse thow knoist myn inwarde thoght,
Reycomforde [me], when hit ys thy plesure!
For I do covett no more treysure,
Then the tyme of thy natevetö 280
Wit/i my mortall yeeis thatt I myght se.
42. But asse thow wolt, lorde, all thyng mnst be,
And reysun hit ys, thatt hit be soo;
My wyll perto schall ejner agre:
My whollö desyre now dost pon kno. 285
Or thatt I unto slepe do goo,
I commytt my warkis with all the s/rcutwstance
Wholly unto thy lawis and ordonance.
There Semeon settys hym doone to rest, ase hit were,
and the AngeU seythe to hym:
262 3ede.
220 F. H0LTHAÜ8EN,
Angell I.
43. Semeon, of thy rest awake!
Owre lorde in heyvyn, he sendyth the gretyng 290
Of my message with the for to make,
With the, hys frind, a solame metyng.
Hys blessid bod6 unto thi kepyng
WrtÄin schort tyme schal be broght.
And here in thy tempuU thow schalte be soght 295
Semeon. [44]
44. Lorde, whence cam this solam noyse,
That awoke me here soo suddenly?
My spretis perwith did soo reyjoyse,
Thatt no lenger slepe cowlde I.
Me thoght, he seyde right perfettly, 300
Thatt solam sufferent thatt I schulde see,
And haue hym here in my custod6.
Angell II.
45. Semeon, thatt lorde in trenete,
Whom thow hast desirid to see alwey,
At thy tempull offurde schal be, 305
Unto thy honde this same dey.
pertore spede in all thatt thow may,
Thatt the tempull in ordur be,
Thys prynce to reyseyve with all [hjumelete!
Semeon.
46. Now, lorde of lordis, thankis be to the! 310
These gloreose tythyngis, pat here be tolde,
In my hart soo gladith me,
Thatt I am lyghtar a M-folde,
Then eyuer I wasse before.
Therefore wyll I [spede] with al my myght, 315
To se my tempull soo presseoosly pyght,
In gorgi[u]s araye thatt hyt be dyght,
This prynce for to [h]onowre.
There Semeon gothe to his Clarks and seyth:
47. Now, fryndis all, be of good chere, [45]
And to owre tempull draw we nere! 320
290 sendyght. 318 ownowre.
DAS SPIEL DEB WEBER VON COYENTBT. 221
Soche solam newis now I here,
Thatt all my spretis dothe glade:
Thatt babe ys borne of dyngnet6,
Thatt we soo long liathe desirid to see,
Oure lord and kyng, [}?at] most myght6, 325
Thatt all this world [hath] made.
Clarecw5.
Now blessid mot that lord[ing]e be,
Thatt dey and [hjowre, thatt we schall see
His gloreose bodd6 in trenet6,
Thatt flowre, that neuer schall fade! 330
Semeon.
48. No lenger, Surs, lett us abyde,
But to the tempuU witÄ all spede,
To reyseve the saueowre of this world wyde,
And hym to serue with loue and drede!
Now, Sirs, loke thatt ye take good hede, 335
To wayte and serve witA all delegence,
His grace to [hjonowre witA humble reuerence!
ClarecwÄ.
49. To serue a prjmce of soche magneffecens,
Sir, I wasse neuer wont there-to;
Sythe ye perin hathe more intellegence, 340
Instructe me, Sir, how l>at I schuld do.
Lest thatt I do off ende! [46]
For rathur then I wolde hym greive,
Thatt lord, on whom I do beleve,
Yett had I leyuer my-self reymeve 345
Unto the worldis yende.
Semeon.
50. Sith thatt ye for knoleyge dothe make sute,
Your wyttis the bettur do I reypute;
Wit/i humble hartis and [ful] meke
Won of hus must holde the lyght, 350
Ande the othur the sacrefyce,
And I on kneis, asse hyt ys right,
The offece to exsersyse
Unto thatt babe soo swette.
321 nevis. 337 ownowre.
222 F. HOLTHAUSEN,
Clarecw5.
51. Then hast we, this alter to araye, 355
And clothis off [h]onowre peron to laye,
Ande the grownde strew we with flowris gay,
Thatt of oddur swetely smellis!
Semeon.
And when he aprochis nere this place,
Syng then with me, thatt conyng hasse, 360
And the othur the meyne space
For joie rynge ye the bellis! Cantani,
There Semeon and bis Clarks gothe np to the tempull, and
Gabereil cumyth to the tempull-dore and seyth:
Gabereel. [47]
52. Heyle, Mare, make and myld!
The YtrivL in the schall neyuer fade.
Heyle, meydyn and thy chylde, 365
Thatt all this world [hath] made!
53. Thy seylesteall fadur, w[h]yche ys omnipotent,
Of his ambassaye hethur hathe me sent
Unto the, lad6 and virgyn reyuerent,
With thy sun, owre heyviil-kynge, 370
Unto the tempuU thatt J>ou schalist goo.
And t[w]o whyt turtuls with the also,
And present the chyld and them t[w]o.
All iij of them in offeryng!
Spede you forth, thatt ye were gone, 375
But leyve nott J?e wold Josoff at whome!
For nedely, lad6, he muste be won
In this sacrefyce-doyng.
Mar6.
54. With hart and wyll hit schal be done
In pleysing of that fathur of myght. 380
Thyddur wyll I bothe hast61y and sone.
And take [with] me my child soo bryght.
Gaberell.
55. Then to Josoff goo ye füll right.
And make hym prev6 of this case;
376 ye.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 223
Byd hym hast, pat he were dyght, 385
To gyd[e] you theddur into that place!
56. Now rest well, Mare, witJi moche solas! [48]
For I must thiddur, asse I cam froo.
Marö.
He, thatt ys ande eyuer wasse,
Be thy gyde, where-euer thow goo, 390
And send hus all [the gift] of his grace!
I pray here knelynge, hit ma[y] be soo!
57. Now cum heddur to me, my darlyng dere,
My myrthe, my joie and al my chere,
Swetter then eyuer wasse blossum on brere! 395
Thy swete mowthe now wyll I kis.
Now, lorde of lordis, be owre gide,
Where-eyuer we walke in cuntreyis wyde.
And these t[wJo turtuls for hus pa-ovide,
Off them thatt we do nott mys! 400
Here Mar6 goth to Josoff and seyis :
58. Rest well, Josoff, my spouse soo free!
Josoff.
Now welcum, Mar6, dame, what sey yee?
Mare.
Swet newis, husebond, I bryng to thee:
The angell of God mih me hath be,
To geve hus bothe warnyng, 405
Thatt you and I witA a wholl6 intent
Aftur the law, thatt here ys ment,
Schuld in the tempull owre chyld present.
In Jerusalem, per to make offeryng. [49]
Josoff.
59. Now, Marö, thatt woll I neuer deny, 410
But aftur my powar for to apply;
And thatt you kno, dame, asse well asse [I]:
You neuer cawll, but I am reddy.
Mar6.
Now, husebond, ye speyke füll gentyll6.
J>erfore loke, Josoff, and ye co[uJld spy, 415
403 neyifl.
124 F. HOLTHAÜSEN,
T[w]o turtyll-dovis how thatt we myght cum ny!
For ned61y turtullis off er must we:
Thatt offeryng fawlyth for owre degre.
Josoff.
öO. Nay, nay, Mar6, thatt wol not be:
Myne age ys soche, I ma[y] nott well see. 420
There schall noo duffw^ be soght for me,
Alse God me saue [so fre]!
Mar6.
Swette Josoff, fullfyll ye owre lordis bestes!
Josoff.
Why, and woldist thu haue me to bunt brid[d]is nestes ?
I pray the hartely, dame, leve thosse jestis, 425
And talke of thatt wol be!
61. For, dame, woU I neuer wast my wyttis,
To wayte or pry, where the wodkoc[k]e syttis, [50]
Nor to jubbard among the merle-pyttis,
For thatt wasse neyuer my gyse. 430
Now am I wold and ma[y] not well goo,
A small twygge wold me ouerthroo;
And yche were wons lyggyd aloo,
Füll yll then schulde I ryse.
Marfe.
02. Ye, hardely, Josoff, do nott drede! 435
Owre lorde wyll quyte right well youre mede
And att all tyme^ be youre spede,
And furthur you in youre viage.
Josoff.
Ey, dame, ey, God helpe hus all!
Me thynke youre meymorr6 vere small, 440
On mee soo whomly eyuer to call:
You mynde nothynge myne age.
But the weykist gothe eyuer to the walle.
Therefore go thyself, dame, for me thow schall,
Y^'e, or ellis get the a neu page! 445
41G dowis. 421 duffau«. 427 vast. 440 were.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRT. 225
Mar6.
63. Husebande, these be no womens dedis:
Therefore, Josoff, ye must forthe nedis,
For surely, there ys no reymedy.
Josoff.
64. Noo remedy then, but I must goo?
Now, be my trowthe, I ma[y] teil you, [51] 450
Tliosse tythingis ar but cold.
Then nedis muste, thatt nedis schall,
And now he, thatt ma[y] worst of all,
The candyll ys lyke to holde.
Mar6.
65. Now, gentyll Josoff, when wyll ye goo, 455
To make an ende of this owre jurney?
Josoff.
pat shal be, or I haue any lust thereto.
And thatt dare I boldely sey.
66. How sey ye, all this cumpany,
Thatt be weddid asse well asse I? 460
I wene, pat ye suffur moche woo.
For he, thatt weddyth a yonge thyng,
Must fullfyll all hir byddyng,
Or eis ma[y] he his handis wryng,
Or watur his iis, when he wold syng, 465
And thatt all you do knoo.
Marö.
67. Why sey ye soo, Sil'? ye be to blame.
Josoff.
Dame, all this cumpany wyll sey the same.
Ys ytt not soo? speyke, men, for schäme!
Teil you the trothe, ase you well con! 470
For the[y], J>at woll nott the[i]re wyffis plese, [52]
Ofte-tymeÄ schall suffur moche dysees.
Therefore I holde hym well at es,
Thatt hathe to doo w/t/j non.
457 thereta.
AngU«. N.F. XIII. 15
226 F. HOLTHAÜSEN,
Mare.
68. Leyre off these gawdis, for my love, 475
And goo for these fowlys, Sir, I you pray!
The fadur of heyvin, thatt ys above,
Wyll spede you well in youre jurney.
Josoff.
69. No reymede, but I must foithe nede?
Now owre lord grant me, well for to spede! 480
Loo, feyre wordis füll ofte doth leyde
Men cleyne age[i]n the[i]re mynd.
Now, Lorde God, thow sende me feyre weddur,
And thatt I ma[y] fynd those fowlis togeddui-,
Whytt or blake, I care nott wheddur, 485
So thatt I ma[y] them fynde!
Mare.
70. Füll well schall you spede, hard61y,
Yff thatt ye goo abowt hytt wyllyngly.
Josoff.
Then I woll goo by and by,
Thogh hit be not füll hastfely; 490
WitA all my hart I wol goo spy.
71. Yff any be in my wey, [53]
I wyll them fynde, and I may,
Or thatt I make an ende.
Mar6.
Now that lorde, thatt best [so] may, 495
He be your spede in youre jurney,
Ande good tythyngis of you me send!
Josoff.
Yea, he, thatt hath soche on on hym to crave,
He schal be sure, asse God me save,
Eyuer the worse yend of the staff 500
To haue att the lattur yend.
Here Josoff gothe from Mar6 and seyth:
72. I wandur abowt myself alone,
Turtulis or dovis can I non see.
475 lowe. 477 abowe. 490 Thoght. 492 f. bei Sh. in einer
Zeile, 498 hatth. crawe. 499 sawe. 501 to haue hinter staff Sh.
503 dowis.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 227
Now, kyng of heyvin, thow amend my mone,
For I tro, I seke nott where the[y] be! 505
73. My myght, my strentli ys worne fro me,
For adge I am waxiin almost blynd.
Those fowlys, the[yj ar füll far fro me,
And verie yvill for me to fynde.
74. I loke fast and neuer the nere, 510
My wynd for feynt ys allmost gone.
Lord, benedissete, wliatt make I here
Among these heggis, myself alone?
75. For-wer6 I ma[y] no lengur stond;
These buskis, the[y] teyre me on eyiiere syde. 515
Here woll I sytt apon this londe,
Oure lordis wyll for to abyde.
Angell I. [54]
76. Aryse up, Josoff, and take no thoght!
For these t[w]o fowlys, thatt thow hast soght,
Evyn to thy hond I haue them broght, 520
And therefore be off good chere!
Take them here bothe t[wJo,
And ageyne to Mar6, thy wyff, thow goo!
Yn all the hast thatt hit be doo,
Thow tarre noo lengur here! 525
Josoff.
77. 0, lawde be unto thatt lorde soo exsellent
For those t[w]o fowlis, thatt I haue soght!
Fullfyllid now ys myn intent,
My hart ys evyn, asse hyt wold be fthoght].
All care fro me ys past, 530
Now thatt Mar6, my wyff,
These birddis had [as fast]!
For to make hir hart asse blith,
To hir wyll I in hast.
78. Now rest well, Mar6, my none darlyng! 535
Loo, dame, I haue done thy byddyng,
And broght these dovis for oui*e offeryng:
Here be the[y] bothe alyve.
509 werie. 531 f. als eine zeile gedruckt. 533 blith] glad. 537 dowis.
15*
228 F. HOLTHAÜSEN,
AVomon, haue them in thy honde!
I am füll glade, I haue [them] fonde. 540
Am nott I a good husbonde?
Ye, dame, soo mot I thryve!
Mare.
79. Now the fathur of heyvin, that ys above,
He quyt you, Josoff, for this dede! [55]
And furthur I pray you for my love, 545
Unto the tempull lett us make spede!
Josoff.
80. Ey, bloo a whyle, dame, I the pray,
For soft and ess61e men goo far!
I haue laburde all this dey,
Yett am I ver6 lyttull the nar. 550
I tro, thatt I schall neyuer be war:
Soo füll of feyre wordis these wemen be,
Thatt men thereto must nedis agre.
81. And therefore, dame, alse mote I the,
Aftur my labur fayne wolde I rest. 555
Therefore goo thyselfe thow schalt for me,
Or tarr6 att whome, wheddur pon thynkist beste.
Mar6.
82. Na[y], swet husebond, ye do well kno,
To goo alone ys not for me.
Wherefore, good Sir, I pray you soo, 560
Thatt I ma[y] haue your cumpany!
Josoff.
83. Loo, fryndis [dere], here ma[y] you knoo,
The maner of my wyff ys soo,
Thatt witA hyr nedis must I goo,
Wheddur I wyll or nyll. 565
Now, ys nott this a cumbrus lyff?
Loo, Sirs, whatt ytt ys to haue a wyff! [56]
Yett had [I] leyuer, nor to lyve in stryff,
Apply evyn to hir wyll.
84. For syth pat here ys no remedfe, 570
Take up youre chylde, I sey, Marö,
543 abowe. 545 lowe. 554 alsoo. 566 cuffibus.
DAS SPIEL DER WEBER VOK COVENTRY. 229
And walke we togedur feyr and ess616!
And soo, to stynt all stryve,
I woU trusse up thys gere:
For I se well, I must hit beyre. 575
At Jerusalem I wold all we were,
Also mote I thryve!
Mar6.
85. There schall we be, when God [it] wyll;
For at bis plesure all thyng must be.
Josoff.
Dame, and thatt ys bothe reysun and skill. 580
Sett forward then, and lett me see!
Angell n.
86. Awake, Semeon, and drede the noght.
In all the hast, thatt eyuer mafy] be,
And reyseyve that lord, thatt all hathe \^T0ght,
WitA hym bis modur Mar6! 585
Make spede, Semeon, pat thow were dyght,
To reyseyve thatt chyld with all thy myght!
Now schalt thow see the blessidist syght,
Thatt eyuer thow didist see.
Semeon. [57]
87. 0 lord of lordis, this solam noyse 590
From the maker of heyvln and hell,
My hart therewttÄ soo dide reyjoise,
Thatt the myrthe peroft can noo tong teil,
Nor band wttA pen subscrybe!
I thanke pat lorde and kyng of myght, 595
Thogh all my lust throgh age be worne,
Thatt I schall see this gloreose syght.
Blessid be the [h]owre, thatt thow wast bome,
This dey J>at eyuer I do abide!
88. Now to reyseve this Kjmg of Pes, 600
Thatt owt of dangyr schall hus reles!
Owre hy (?) merrettis schall he incres
In joiye abundantly.
For here kepe I no more blis,
573 strywe. 574 And I woll. 57C ye. 577 alse.
230 F. HOLTHAUSEN,
But thatt he [mej merke for won of his; 605
And then, whan his swete wyll [hitj ys,
Am I evyn redde to dy.
89. Now, Clarkis, cum forth and do your offes,
And this awter hastfely pat ye aray!
For here schal be the solamyst sacrefyce, 610
Thatt eyuer wasse seyne in Juda.
90. Make sure, fiyndis, in all thatt ye may,
Thatt ordur be hade in eyuere place!
ClarecuÄ.
Now l?at lord of lordis, thatt best may,
To do oure deuteis, he grant us grace! 615
And for to plese hyra to his paye, [58j
Sey al you: 'Deo gracias!'
91. Loo, mastur, [now] bothe man and place
Be all redde at your byddyng.
Seraeon.
Then, Surs, cum forthe [with meJ apase, 620
And rayrrele the bellis ryng!
92. An[n]e systur, goo ye [alse] wM me,
For to reyseyve thatt pnnce of [h]onowre,
And hym to welcum reuerently,
Ase of this world lorde and governowre! 625
An[n]e.
93. Now, fathur Semeon, I am obedyent,
Youi'e gmceose pleysure for to obbey.
To scrve thatt lorde, w[h]yche ys omnipotent,
Lett US goo mete hym on the wey!
ClarecH^.
94-. Mastur, now ar the bellis rong, 680
And redde att liond ys eyuere thyng.
Semeon.
Then lett me see, with hart ayid tonge
How myrrely thatt ye can syng! Cautant.
Here the[y] cum doune wttA a prossession to mete them.
Mare.
95. Heyle, suffurent Semeon so good!
My semely sun here I bryng to the, 635
612 in] amJ. 02G obeydeut. 633 f. pressessioii Sh.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 231
To offur hym up in flesche and blöde,
Ase be the law he oght to be.
Semeon.
96. Now, wholl6 Mar6 and Josoff also,
Ye be ryght welcum unto this place!
For off God ar ye blessid bothe t[w]o, 640
Thatt hath you gro[u]ndid in soche grace.
97. And ye, Josoff, of soo grett age,
Thatt soche a bab6 forth can bryng,
In whom all owre reydemcion dothe hyng,
And off this worlde ys lorde and kyng! 645
This wase a graceose mareage.
Josoff.
98. Now, gentill bysschope, I the pray,
Evyn the verrö truth thow woldist me sey:
Ys nott this a prettö bewey,
Asse eyuer thow hast knone? 650
Now be hym, J>at made both heyvin and hell,
This lyttiül myte I love as well,
Asse thogh he were myn oone.
Mar6.
99. Reyseyre [him], Semeon, wt-tA good chere!
The law, [hit] wyll, hit schall so be; 655
For w[h]yche cawse I bryng hym here:
Here in thi hondis take hym the!
Semeon.
100. Now welcum, lord, unto my band, [60]
Now welcum, prynce, unto this place,
Welcum, owre saveowre sufferant, 660
Welcum, the grownd[elr of owre groce,
Welcum, owre joie, owre myrthe,
Welcum, owre graceose gouernowre,
Welcum to huse, thatt heyvinly flowre!
Now blessid be the dey and fhjowre, 665
[Child], of thy gloreose byrthe!
An[n]e.
101. Now welcum, kyng of kyngis all,
Now welcum, maker of all mankynd,
652 lowe. 660 sufferent saweowre. 662 welcum owre myrthe.
232 P. HOLTHAÜSBN,
Welcum to hus, bothe grett and small!
Good lord, thy sarvandis now haue in mynd, 670
That longe hath levid here
In clen[n]es pure witAowt offence,
WitA grett desyris for to be hence!
But now the syght of thy presence
Hath amendid all owre chere. 675
Clarecw5.
102. Now welcum, lord, unto all hus,
Thi none tru servandis, ase reysun ys!
Welcuw, owre God and kyng of blys,
Owre lorde, longe lokid fore!
All the profettis, thatt of the spake, 680
Seyd, thow schuldist for owre sake
Fleysche and blöd of a meydyn take, [61]
Owre joy[e]s to reystore.
Semeon.
103. On, on w/tA me, my fryndis dere,
WitA this chylde thatt we haue here, 685
Of this worlde the lanterne clere,
Of whom all lyght schall spryng!
WVtA hoole hartis now lett hus praee!
Thatt [h]owre and tyme now blesse we may,
pat ejner we abode J>e dey 690
Of this chyldis comynge! CantanL
Here Semeon goth to the awtere wttÄ pe chyld in hys
armes and seyth:
104. Now art thow cuw/, lorde, to my hande,
Thogh thatt 1 onworthe were.
Yett, lorde, forgeve J>i pore servande,
^p ^p ^p ^p
[Mar6.]
105. Whyle the weddur ys soo feyi'e. 695
And I woll cum aftur, asse I may,
For now att whome I wolde we weyre!
692 honde. G94 scrwande. Hiernach fehlte ein blatt im Ms.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 233
Josoff.
To goo before now I woll asaye,
Thogh thatt my fotemanschipe be not füll gaye.
I pray, God spede us in oure jurney! [62] 700
For I schall be wer6, or thatt I cum there.
There Mar6 and Josoff departis owt of the npper parte
of the pagand.
Semeon.
106. Loo, fryndis, how God for us hathe wroght,
And schode hymself here at this tyde!
Blessid mot he be in word and thoght,
[The] myghtefttll maker of thy[sj world wyde! 705
107. I wasse lame of fote and hond,
And now am whole, ase ye ma[yj see;
I thanke thatt [hi] lorde of his sond,
And eyuer his servande wyll I be,
Thatt lorde soo moche of myght. 710
Now lorde of lordis, that hath no pere,
\V[h]yche att this tyme wase offurd here,
Sende you all the fruyss[iJon clere
Of his heyvinly mancion soo bryght!
ClarecwÄ.
108. And of owre mys he amend us, 715
And fiom owre foys [he] defend us.
And [to] his hy trone he send us,
In secuta sectilorma! Änven,
Here gothe Semeou and his Clarkis out of tlic tempuli.
[B. Jesus bei den Schriftgelehrten.]
Josoff.
1. Now, Mar6, my wyff, here present,
Unto [God] myche bondon, dame, ar we, [63]
Thatt soo goodly a chylde here hath us sent;
In this World a feyrear }per can[n]ott be.
699 fet€-. 705 thys Sh. 706 hand.
234 F. HOLTHAUSEN,
Mar6.
I thanke pat lord omnipotent, 5
For yt dothe me good, hym for to see.
\Mierefore, Josoff, I wold, he went
Unto Jerusalem wrtA you and me.
2. For now he ys XII yere of age,
Füll well reyconid yt ma[y] be; 10
Of lymys he waxith feyre and large,
And moche he desyrith cumpan6.
Josoff.
Now, dame, he ys a prette page,
And, as ye sey, füll well cum on.
I kno non soche on of hys age; 15
I pm[y] God make hym a right good mon.
Mar6.
3. Now, Jesus, my son, mth you whatt chere?
Whatt m[y]rthe make ye, chyld, this dey?
Thow art he, thatt I love most derer
My joie, my myrthe, and all my pley! 20
Jesus.
I thanke you, my modur, in all thatt I may.
And at youre hand, [lo], I am here,
To do you serves bothe nyght and dey, [64]
And reddy alwey, to make you chere.
Josoff.
i. lioo, fryndis [dere], here doth apere, 25
Yt ys eyrly scharp, thatt wol be thonie!
How glad he ys, his mod[e]r to pleyse,
And eyuer hathe bjn, syth he wasse borne!
I^hogh thatt my uthe frome me be worne,
Yet in his dedis I have moche joie: 30
For in feythe, he woU preve a prette bwey.
5. Owni, my sun, well mot thriv[e] yee!
Thow schalt to Jerusalem w/tA \>\ modur and me,
Swm goodly syghtis, sun, for to see
Apon this owTe festevall dey. 35
17 Jfiu. 18 myrthe Sh. 24 rydde. Auf v. 24 folgt der von Sh,
eingeklammerte vers: Now Gods blyssyng haue yon mid myne. 31 evin
a prette. 32 yeej thee. 35 festefawll.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTUY. 235
Mar6.
Now truly, Josoff, as ye sey,
And merely for to pas[s]e forthe pe wey,
6. Sum virtuos cumpany I wold we had!
Josoff.
Dame, I kepe noo moo but evjm this lad;
For you nor I can[n]ot be sade 40
Thatt dey, pat we hym see.
Mary, you kno, thatt I am olde
And in cnwpany can[n]ot be soo bolde,
Asse I wasse wont to be. [05 1
7. Therefore, Mai'e, leyde ye the wey, 45
And essely lett us togedd[e]r goo,
Thogh yt be far furth on the dey!
Yett all be owre fryndis, I dare wel sey,
And neuer a won owre foo.
Mar6.
8. Now God wold thatt, w[h]yche best may [rede]! 50
And, gentyll Josoff, lett us goo!
Be the hand the chylde wyll I leyde:
I trust the bettur for to spede,
Ande ye, Josoff, alsoo.
Josoff.
9. Ye, hard61y, dame, lett hym goo [fre], 55
And, [Mar6], be nothyng afrayde!
For the best foteman of hus thre.
In good feyth, dame, thatt ys hee,
Yff he were well asayde.
Jesus.
10. I am füll redde w/tA you to goo, 60
At your bydding, in weyle and woo,
And to do you serves bothe t[w]o
In hart witA all mekenes.
Cum on, my mothur, and dred ye noght.
And on your jumey, ase you oght! 65
The fadur of heyvin, pat all hat[h] wroght.
He kepe you from dystres! [66J
Auf V. 38 folgt der vers : Ye dame, God shal be owre gyde. oO hold.
54 yo. GG hath Sh,
236 F. HOLTHAÜSEN,
Josoft
11. Now, thys ys wytt61e sayde and wall!
Now, lord, when I to mynde do call,
In uthe, when I was verre small, 70
Many winturs agone:
Lord God, benedicite,
Yong chyldur now more wyser be,
Nor wase then an olde mon.
Mar6.
12. Now welcum be owre lordis sond! 75
Therefore cum on, gentyll husbond!
The sytte ys evyn at owre honde;
Good cumpany there ma[y] we fynd.
Josoff.
Ey ey, dame, in feyth, I can noo more:
My leggis byn wer6, my fete be soore; 80
That man, thatt can[n]ot goo before,
Nedis must cum behynd.
There thefy] all goo up to the awter, and Jesus before.
pe[j] syng an antam.
13. Now, Mar6, my wyff, cum hethur to me!
All thyng ys done, ase yt schulde be,
And serves song füll sollamle 85
For Ulis owre festevall dey.
Mare. [67]
Now, liuseband, then lett us iij
Make the hast, pat [made] ma[y] be,
Whom to goo with cumpane,
To bryng us on the wey! 90
There the[y] goo do[u]ne into the for-pagauil, and
Jesus steylyth awey.
Josoff.
14. Mare, my spretis be ravisschid cleyne
And clerely cast owt off all woo
WttÄ these solam syghtys, thatt we haue seyne
In yondur tempuU, pat we cam froo.
68 wall] wyll. 70 werre. 86 festefawU.
DAS SPI£L DEE WEBER VON COVENTRY. 237
Mar6.
Now serten, Josoff, you wolde not wene, 95
Whatt myrthe I maJce witÄowt[en] woo,
Thatt my chylde mth hus hathe bene
And those solam syghtis seyne alsoo!
Josoff.
15. Then homwarde, Mar6, lett us hye,
Whyle thatt we haue the lyght off pe day! 100
For you haue eyuer lovid cumpany:
For yt dothe schorttun well youre wey.
Yett in good [h]owre, we ma[y] bothe sey,
For othur did we nejner fynde.
Mar6.
Alas, Josoff, and well-awey! 105
Now haue we lefte owre chyld behynd! [68]
Josoff.
16. Whatt? Mar6, I sey, amend thy chere!
Pardy, dame, he dothe but, as othur done:
Chyldur togedur woll draw nere.
He woll, I warrand, ouertake us sone. 110
Mar6.
17. Ouertake us sone, quoth a? nay, sertes, na[y]!
Whatt nede you me soche talis to teil?
He ys gon sum othur wey,
Or serten, Josoff, he ys not well.
Josoff.
Dame, he ys nott far awey; 115
From US no man wyll hym wyle.
Mar6.
Hyt helpyth not, Josoff, soche wordis to sey;
My chylde ys gone, alas the whyle!
Josoff.
18. We schall haue [hym], dame, or hit be longe,
Yff we serche well yondur sytte: 120
Sum chyldur there he ys amonge,
Or el[ljis, surely, whomwarde ys he.
99 hye] goo. 119 hym 8h,
238 F. nOLTHAUSEN,
Mar6.
Off sorro now schal be my songe,
My cliylde ageyne tyll I ma[y] see. [69]
Josoff.
19. Dame, of bis welfare I wold be glade, 125
And of the othur I wolde be woo.
Therefore, Marfe, no more be sade,
But age[i]ne to the sytte lett us goo!
Mar6.
20. Make hast, Josoff, thatt we were there!
For had I neuer more lust thereto. 130
Ba[c]ke aga[i]ne lett us reypeyre!
For thatt ys best for us to do.
Here Mar6 and Josofif goth downe into the tempuU-warde.
Doctor I.
21. Now, lordjTigis, lystun to me a whyle,
W[h]yche hathe the lawis undur honde!
And thatt no man fawU in soche pereil, 135
Age[i]nst any artyccuU for to stond!
For the com[m]en Statute of this londe
WoU, that all soche personys schulde be tane
And in the face of [pe] peple ooponly slayne.
Doctor n.
22. E, and the othur wholl6 decryis ageyne, 140
W[h]yche unto Moyses wonly wasse sent.
In tabulis of ston only to reymayne
Undur an hy and streyte cuwmandement.
W[h]yche at thys tyme we thynke conven[i]ent, [70]
There apon to holde dyssepu[ta]ssions here 145
Be politike syence of clarge clere.
Doctor in.
23. Wherefore, all peple, now draw nere.
And in this place geve your at[t]endence !
How ye schuld lyve here, ma[y] you lere,
Ac[c]ordyng unto your al[l]eygence. 150
For yt ys well knone unto thys presence,
129 Ueberschrift: Josoff Sh. 136 stand. 137 lande. 145 dys-
sepyssions. 146 polatike.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY. 239
Thatt doctoris we ar and of hy degre,
AnA haue the lawis in custode.
Doctor I.
34. Ley forth youre reysonis! now lett me see,
How lawe[sj of leygence oght to be lade, 155
W[h]yche of the Ebruys subscribyd be
With othur of Moyses, thatt now ys hade!
To contend herein I wold be glade
Amonge the peple here man^festly,
And the truthe [werej expoundid to them oopinly. 160
JesMs,
25. Lordis, moche love witA you be lent,
And pes be amonge this cumpany!
Doctor m.
Sun, awe[y] I wold thow went,
For othur haft in band haue wee.
Doctor n. [71]
Chylde, who-soo-eyuer the hyddur sent, 105
The[y] were not wyse, thus warne I the:
For we haue othur talis to tent,
Then with chyldur bordyng to bee.
Doctor I.
26. Good sun, thow art to yonge, to larne
The hy mystere of Mosees law; 170
Thy reysun can[n]ot yt desarne,
For thy wyttys [arj not worthe a strawe.
And no mervell, thogh thow schuldist be rawe,
In soche hy poyntis for to be reysonjmg:
For of age art thow a ver6 yonglyng. 175
Jesus,
E, surs, whatt-soo-eyuer to me you sey,
Me nedith not of you to lerne nothyng.
Doctor n.
27. This bess6 bweye, [proud] of his tong.
All secrettis surely he thynkith he kna[w]is.
Doctor ni.
Nay serten, sun, thow art to yonge, 180
Be clarg6 clere to kno owre lawis.
161 lowe. 164 hast Sh. 171 deseme. 179 knois.
240 F. HOLTHAUSEN,
Jesxis.
28. Ye doctoris all, thatt be present,
Suffyce and muse no more off me! [72]
For off your lawis the wholl intent,
Nothyng peroU ys hyde froo me: 185
For in those placls haue I be,
Wliere all [y]owre lawis fürst were wroght
[Doctor IL]
Cum, sett the here, and we schall see!
For sarten, sur, soo semys yt noght.
There the Doctoris settyth Cryst among them.
29. Now, were yt nott a wondrus thyng, 190
Thys chylde owre reysuns pat he schuld reyche?
And yett he seyth, he hath a felyng,
Owre lawis truly for to teyche.
Jesus.
Syris, the whool6 goste in me hath lyght,
Thatt my powar ys to preyche; 195
And of the Godhed, most of myght,
Most pcrfettly here ma[y] I teyche.
Doctor ni.
30. Whense cani thys chylde, I marvell soore,
Thatt speykyth to us this mystecally?
Jesus.
Surs, I wasse all you before, 200
And aftur you age[i]n schal be.
Doctor I. [73]
äl. Surs, ys nott this a wondrus thjmg.
And also a moche more mervell?
How be yt, surely, in his workyng
The actis thereof ma[y] foUo right well. 205
For ase Dauith in his salme dothe teil
Be chyldur yong, seyng of them:
'Ex ore infandum et lactancium perfecisti laudefn.'
32. Of chyldurs mo[u]this, ye kno right well,
God hath performyde [him] loving. 210
188 Ueberschr. van Sh, ergänzt. 190 wondurs. 199 myatecawlly.
202 wondurs.
DAS SPIEL DER WEBER TON GOVENTBT. 241
But of soch on hard I neuer teil,
He beyng but soo yong a thyng.
33. Yett, sun, sum-whatt thow schuldest haue let,
In this place here to speyke so large;
Where nobull doctors togeddur are met, 215
There chyldurs wordis ar at no Charge.
34. For sure, yff thow woldist neuer so fayne
Labur thi wyttis, to lerne owre lawe,
Yett art thow nodur of myght nor majme,
To perseyve thatt, ase a clark mafy] kna[w]e. 220
Jesus.
My wordis in noo wyse wole I reyfrayne,
The trowthe thereby for to debarre;
I woU them prove bothe platt and plajme
Be youre one lawis, and neuer arre.
Doctor n.
35. Mastur[s] all, whatt ma[y] this meyne? 225
I wondur soore, how t^^is can be; |74J
Soo yong a chylde haue I nott sejme,
W?tA clarkis to talke soo con[n]3mgl6.
Doctor m.
36. Ase wyde in wor[l]de, asse eyuer I went,
Saw I neyuer non soche before; 230
But I troo, amon[g]st us he be sent,
To be the saluer of owre sore.
Jesus.
Suris, I woll prove be a[uJctoris evedent
H[i]ar myster^is, pan eyuer you red or saw.
Doctor I.
Sey, sun, w[h]yche wasse the fürst cowmanderaent, 235
Thatt wasse subscribyd in Moses lawe?
Jesus.
37. Sythe all you masturs togethur be sett
And youre bokys here leyde on breyde,
Ley forthe youre reysunis, and do nott lett,
How right thatt ye can rede! 240
220 knoe. 222 trawthe. 225 Maaton Sh.
absu». n. f. xin. 16
i4ä F. H0LTHAÜ8EN,
Doctor n.
JS. 1 rede, this is the fürst byddyng,
W"[li]yche Moses dyd teche us untill:
FiU'st honor God aboue all thyng,
WftA all thy hartt and all thy wyll,
Aud asse thy seif love thy neybur, [75] 245
And in noo wyse to do hym yll.
Jesus,
tS^ Ye nede noo nodur bokis to bryng,
Hut these t[wJo pwjoitis for to insew,
In whome the whoie e[f]fecte dothe hynge
Of all [y]owre lawis, bothe olde and new. 250
Doctor m.
Syth he these t[w]o, son, hath the schoide,
Teil me the othur, chylde, I the pra[y]!
JesMs,
40, The thryd beddith the, in any wey
Thatt of thy labur thow sqjiuldyst reste
And truly kepe thy Sabett-day, 255
Thy seife, pi servande, and thy best.
[The fourthe beddith }?e, alderbest]
Thy fathur and mothur for to honowre,
And when pe[i]r goodis ar decrest,
With all thy myght thow schuldist them succure. 260
41. The tytte cuiwmandythe, for any reygur
Man nor woman pat pn schuldist kyll.
To fle adultr^ ys anothur,
And all, thatt towchis any yll.
4*i. The \ijth seyis, thow schuldyst nott steyle 265
Thy neyburis goodis more nor les.
The viij/Ä forbyddyth the, to cownsayle
Or to bere any fawls wyttnes. [76]
43. The ix^A forbyddyth, othys grett
In any wise J^u schuldist nott sweyre. 270
The last wold, )'u schuldist no[t] covett
Thy neybuins goodis, hyni to impere.
And this Mosees amonge us here
241 is| in. 242 teche] rede. 248 insev. 249 afecte. 250 iie^-
2l>8 bare, wyttines. 272 apere.
DAS 8PI£L DER WEBER VON COVENTRT. 243
Hathe declarid, ]>ai we schulde ken,
How to kepe these commandementis X. 275
Doctor I.
44. Beholde, owre lawis how he dothe expownde,
Thatt neuer larny[d] on boke to rede!
Then all we he ys moche more profownde
In all trowthis, yff we take hede.
Doctor n.
45. Brother, lett hym goo his weyis! 280
For yff {>is abrode were knone perfettly,
The peple wolde geve him more prefijse
Then us docturs, for all owre clarg6.
Doctor in.
46. Ye, fryndis bothe, sythe yt ys soo.
He knois mo farthur of owre lore. 285
But asse he cam, soo let hym goo,
For with us he schall medyll no more!
There cumy th Josoff and Mar6 sekyug \>e chylde, and Mar6 seyth :
Mare.
47. A, dere Josoff, whatt ys youre redde?
Of my grett dolor noo böte ma[y] bee; |77]
My hart ys heyv6 as any leyd, 290
My chylde agejme tyll I ma[y] see.
We haue hym soght in many a stede,
Up and downe these dejds III,
And wheythur that he be quyke or ded,
I do not kno thatt; woo ys me! 295
Josoff.
48. In sorro wasse there neyuer man more,
But momyng ma[y] nott ytt amend.
Mar6, wyff, lett us therefore
Take the groce, that God woU send!
49. Yff chyldurs cumpany he haue coght, 300
Abowt yondur tempuU he ys füll ryght.
Mar6.
A, Josoff, I see that I haue soght!
In this worlde wasse neuer soche a syght!
274 ken] lere. 279 trawthis. 283 us] we. 285 mo] no.
16*
244 F. H0LTHAÜ8EN,
See, husebond, where he syttyth aloft
Amonge yondur masturs soo moche off myght! 305
Josoff.
Now blessid be he, thatt hethur us bi-oght!
For now in hart I am füll lyght.
Mar6.
50. Josoff, ye kno the ordur well,
Goo ye and feyche youre chylde and myne!
Now I see hym owt of all petyll, [78] 310
Whom he schall with us go hjme.
Josoff.
Ey, Mar6, wyff, ye kno ryght well,
Asse I haue tolde you many a tyme,
WitA men of myght durst I nejuer mell.
Loo, dame, how the[y] sytt in the[ijre furis fyn! 315
Mar6.
51. To them, youre arand for to sey!
Therein, Josoff, per ys no perell;
The[y] haue reygardid you alwey
Because of age, this wott I well.
Josoff.
To them, wyff, whatt schulde I sey? 320
In feythe, I do nott knoo füll wele.
Surely, I schall be schamyde to dey,
For I can[n]e nothur croke nor knele.
Mar6.
52. Then goo we theddur bothe t[wJo
To them, pat sytt soo worthe in wedel 325
Yff ye woU not the arrande doo,
No rejrmedy, but I must nede.
Josoff.
E[y], dame, goo teil them pi tale fürst,
For lyke p\x art, to do thatt dede! [79]
I wold teil mjme, and I durst, 330
Also 6od me spede!
306 he] hym. 311 go hyne] ageyne. 328 troke Sh.
DAS SPIEL BEB WEBER VON COVEKTBT. 245
Mar6.
58. A, Jesus, Jesus, my sun soo swetel
Thy goojmg froo me soo suddenly
Hathe cawsid us bothe, for to wepe
With byttur teyris abundantly. 335
Thyn olde fathur here and I
For thy sake, sun, hathe lykyd füll yll;
Owre yis, the[y] were but seldum dry,
But now, thatt we ar cum the tyll.
JesvLs.
54. Modur, why did you seke me soo? 340
Hyt hathe byn oft seyde you untill:
My fathurs wyll for well or woo
In eyu6r[yj pwynt I must fullfyll.
Mar6.
Sun, these talis, thatt you me teil,
Ase yet I can[n]ot understond. 345
But my hart, this kno I well,
Ys ver6 glade, I haue the fonde.
Doctor I.
55. Now truly, dame, no mervell ys,
Thogh thow in haft were füll woo,
To lose soche a chylde asse this. [80] 350
How long, wyff, hathe he byn thee froo?
Mar6.
Syr, yt ys now these dayis m,
Syth pat he departid fürst fro me.
I am füll [glade], here hym to see
Alyve witAowt[en] woo. 355
Jesus.
56. Now farewell, masturs of myght and mayne!
For wttA my modur now must I nede,
For to reycomford hyr ageyne,
W[h]yche soo longe for me hath levid in drede.
341 unto you. 342 f. My fathurs wyU I must folUyll | In eyuf r
pwynt for weU or woo. 345 -stand. 347 were. 354 glade Sh.
246 F. H0LTHAÜ8BN,
Doctor I.
Now thatt lorde of lordis be thy spede, 360
Where-eyuer thow goo in any ehest!
But yff thow wolt tarr6, thow schalt not nede,
Any more to put thy frjmdis to quest.
Doctor ni.
57. How seyst thow, fathur, for thy goo[d] wyll?
Wolt thow grant \>i help there-tyll, 365
Awey thatt he do not goo?
Josoff.
Noo, Sir, in good feyth, pat I nyll,
Noi' neyuer forgoo hym be my wyll,
Nodur for frynde nor foo. [81]
A long whyle we haue hym myst, 370
And gone he wasse, or thatt I wyst.
But hade I hym wonis be the fyst,
He schall noo more doo soo!
Mar6.
58. Now, lordyngis, of your curtesse,
Do ye nott wyll my chylde fi^o me! 375
For witA my wyll yt schall nott be,
Whyle thatt owre lyvis last.
Doctor I.
Then yt ys noo böte, for to intreyte:
Thy chylde I see, I can[n]ot gete.
I tro yt be but wast to speyke; 380
Thatt tyme, I thynke, ys past.
Jesus.
59. Now, lordyngis all, witÄ youre lysence,
Good tyme yt ys, thatt we were hence.
I thanke [you] of youre hy sap[ijence,
Thatt I witÄ you haue hade. 385
Doctor II.
Now, sun, when eyner thow cuwyst pis wey,
Be bold of hus, I the praye!
361 qnost Sh. 362 schult. 363 cost. 364 seyhst. good Sh,
375 Do] De. 384 you Sh.
DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRT, 247
Yff thow to age lyve may,
Thy fryndis ma[y] be füll glade.
Mar6. [82]
ftO. Now farewell, lordis of hy degre! 390
I take my leyve at you all three.
Thatt lorde, thatt ys in trenet6,
He kepe you all from care!
Josoff.
And for the fjmdyng of this oure sun
In heyvynis blysse thatt ye ma[y] wone, 395
And yeve you well to fare!
61 • Now cum on, Mar6, witA myrrö chere,
And brynge youre chyld with you here!
At Nazarethe now I wold, wee weyre.
Mar6.
Sir, in good tyme wee schall cum there: 400
The wey and weddur and all ys feyre,
Whereoff am I right fayne.
Josoff.
In this place whyle we ar here,
Loke, thatt we haue all owre gere,
Thatt we cum nott agayne! 405
Mar6.
62. Josoff, husebonde, we mys[s]e nothyng
But at youre wyll lett us be gooyng,
Asse fast ase eyuer we con!
Ande now att all this cumpany
My leyve I take, and pat füll humbly: [83] 410
Unto thatt lorde most myghty
Now I betake you, eyuerfe mon.
Josoff.
63. Now farewell, my fryndis all!
For I must goo, whatt eyuer befall.
Nedis must, pai nedis schall: 415
Be me here may you kno.
395 ye] we. 408 can.
248 F. H0LTHAÜ8EN,
A, thatt all you ma[y] use thatt weyis,
At all tyme^ youre wyvis to pleyse!
Then schall you avoide moche dysees.
6od grant, thatt you ma[y] do soo! 420
Doctor I.
64. Now, ye lordis, thatt hathe the lawis to leyde,
Marke well the wordis, thatt hathe byn seyde
Be yondur chylde of wysedome grett,
W[h]yche at this tyme amonge us here
Declarid owre lawis be clarge clere, 425
W[h]yche be his actis dothe apere,
Thatt of 6od he ys eylecte!
Doctor n.
fto. Now surely, yt can no nothur be:
For he ys nott levyng, pat eyner see
Soch hy knoleyge of exsel[ljenc6 430
In soo tendur uthe.
For in owre moste hyist dysspu[taJcioni8
To them he gave tru solussionys, [84]
And also made exposysionis
Ac[c]ordyng to the truthe. 435
Doctor in.
ftft. Ys not thys a wondrus case,
Thatt pis yonge chylde soche knolege hase?
Now surely, he hath a spesschall groce,
Soo hy dowtis desamyng,
Thatt we, w[hjyche nobuU docturs be, 440
And gi^aduatis gret of antequet^,
Now on this place wttÄ infanc6
Ageyne ar sett to lamyng.
Doctor I.
67. Now, bredur bothe, be my consell
These myghtt6 matters you sett on syde, 445
And in avoidyng of more perell,
Thatt here apon myght betyde!
419 awoide. 432 dysspecionis. 438 gawe. solyssionys. 436 wondurs
438 spoBschall. 439 desernyng. 441 gradndis. of old antequete. 442 And
now. with yonge. 444 brodur.
DAS SPIEL DER WEBER VON COYENTBY. 249
Therefore lett us no lengar abyde,
In these cawsis for to contende!
For this dey ys almost at an yende. 450
Doctor n.
68. Now, brethur bothe, syth yt ys soo,
Ase ver6 nature dothe me compell,
Here my trowthe I plyght you t[w]o,
In hart for euyer with you to dwell.
Doctor m. . [85]
69. Now, masturs all, be won assent 455
All owre matters reyjurnyd be,
Tyll thatt a dey of argament
Ma[y] be apwjmtyd indy£ferentl6,
Where you [teche] all the com[m]enalt6.
You ma[y] departe on this condyssion, 460
Thatt ye at[t]ende at the next monyssion.
Doctor I.
70. Now, fryndis, tochyng owre festevall dey,
Ys there oght eis, pat I ma[y] sey?
Doctor IL
No more now, bute evyn awey!
For the nyght drawls fast apon. 465
Doctor ni.
And of youre cumpany I wold you pm[y|.
And here I take my leve at eyuarfe mon.
T[h]ys matter nevly translate be Robert Croo in the yere
of oure Lorde God MVxxxiiij**, then beyng meyre Mastur
Palmar beddar, and Rychard Smythe an[d] [Herre] Pyxley
masturs of the Wey wars. thys boke yendide the seycond day
of Marche in [pe] yere above seyde. ')
Thomas Mawdycke. [86]
1. Re Joyce, rejoyce, all that here be!
The Angell these tythyng[s] hath browght,
459 Where all you. 462 festefall.
') Die ergämungen von 8h,
250 F. H0LTHAU8EN, DAS SPIEL DER WEBER VON COVENTRY.
That Simion, before he dye,
Shalle se the Lorde, w[hjtch all hathe wrowght.
3. Wherefore now let us all prepare,
Ower temple that yn order be!
For he hathe put awey owre care,
The seconde persone in trinitye.
Bychard,
3. Beholde, how hit ys come to pas[sje,
That manye yeres before was tolde,
How i>at Christ, owre ryght Messyas,
By Jwdas scholde be bowght and solde!
4. For owre offence he man became,
His fathers wrathe to pacyfye,
And after mekely, as a lamb,
Upon the cros[s]e there dyd he dye.
5. 0 Lorde, as pu. hast bowght ns all,
And suffryd at Mownt Callverye,
Recownfort ns, bothe gret and small,
That yn thy trewth we lyve and dye!
James HewyL
5, 1 %md 3 VLs] ytM.
Kiel, Dezember 1901. F. Holthausen.
CHAUCER AS A CHARACTER IN FICTION.
The Student of the English novel now and then runs
,cross an imitation of Chaucer's felicitous device for connecting
, series of stories. As an example not too remote, may be
ited The Canterbury Tales (5 vols. Lond. 1797—1805) of
larriet and Sopliia Lee, consisting of twelve stories told by a
ompany snow-bound at a Canterbury inn. The powerful tale
elated by the German traveller and called "Kruitzner" was
he delight of Lord Byron, who dramatized it under the title
f "Werner". The coUection as a whole was also populär in
ts owTi time and it kept a place with the reading public
own to the middle of the nineteenth Century. And now just
bis last year (1901), Maurice Hewlett has ventured upon
Jew Canterbury Tales, six little novels marvellously well
old by a Company of pilgrims on the way from Winchester
0 the shrine of Thomas ä Becket. CoUections of prose tales
hus bound together in the Chaucerian manner are not rare
1 English literature. What is rare is the introduction of
Ihaucer himself as one of the characters. This however has
een done, and the curious instance that I am to describe,
rill be of interest, I trust, to Chaucer students. Chaucer in
ction is a field not yet exploited.
In 1790, James White, a graduate of Trinity College,
)ublin, published at Dublin an historical romance entitled
^he Adventures of John of Gaunt, Duke of Lancaster
2 vols. 12 mo.). The manuscript (so says the introduction) was
ompiled in Latin "by friar Hildebrand, a Cistercian, at the
eslre, and under the auspices of Geoffrey Chaucer, that
leasant poet, for the use of his neighbour the lord abbot of
leading". Disco vered by James White, as he was wandering
252 WILBUR L. CBOSS,
through "the mins of an ancient castle well known to have
been a residence of Geoffrey Chaucer", it was turned into
English for the edification of the general public. The ad-
ventures are related by John of Gaunt to Lord Edmund
Mortimer, who as the result of a mishap in a toumament is
confined to his Castle. The Duke of Lancaster Visits "his
valiant kinsman" every day and reels off a section of the
narrative. The romance is thus whimsically divided into
"Visits" instead of chapters. And now for the story. Four
of the sons of Edward III., viz., Edward the Prince of Wales
known as the Black Prince, John of Gaunt, the Duke of York,
and the Duke of Gloucester, all in disguised armour, set out
from Windsor for Warwick castle. They have not gone far
before they overtake Owen Glendower, who is on his way
from tlie English court to his castle on the river Dee. He
easily persuades them to tum away from Warwick to the
royal castle of Carnarvon that they may be present at a
"gorgeous toumament" to be presided over there by the
Countess of Salisbury — her of the beautiful garter — and
many fair damsels under her protection, including Ermenilda,
daughter to the Earl of Warwick and "fairest of the fair",
with whom the Black Prince is desperately in love. The
knights proceed, touching at Woodstock for breakfast with
Chaucer. The poet who had never visited the "romantic prin-
cipality" of Wales was desirous of taking part in the expe-
dition. His fellowship was most agreeable. Now foUows on
the road to Wales a series of adventures, the most notable of
which is the capture of the party by a band of merry outlaws.
They escape and reach Carnarvon castle just in time for the
magnificent ball given by the Countess of Salisbury and the
toumament on the following moming. The Black Prince,
discovering that the fair Ermenilda loves another, magnani-
mously resigns her, and proceeds with his Company. They
Visit the Isle of Man to liberate the lords and ladies held in
vile servitude there by a monstrous caitiff, and then they go
on by way of Carlisle to Netherby, where a sharp batüe is
fought against the Scots. After the victory, Chaucer repairs
to Donington castle, of which he had lately become possessor,
and the Black Prince retums to the South to die of a
"malignant distemper".
CHAUCER AS A CHABACTBR IN FICTION. 253
Throughout the narrative, Chaucer is represented as leamed,
hospitable, and shrewd. When his visitors arrived in early
morning at Woodstock, "Geoffrey was still abed". He soon
however made his appearance and welcomed them with courtesy
and respect. "The board was quickly loaded with invigorating
viands, and witty discourse went round. Breakfast concluded,
the bard, at my [John of Gaunt'sJ desire, recited some frag-
ments of a yet unfinished lay, the title of which was 'The
House of Farne'. Our attention was not ill bestowed; the
production was excellent, and the Black Prince, who loved to
give merit its due praise, was the foreinost to applaud the
invention and the skill which Chaucer had displayed in that
diverting and instructive poem. Yet he could not help observing
that, in some parts, the lines were incorrect as to metre."
While Chaucer stepped out to have "his best palfrey" made
ready for the joumey into Wales, his guests looked over his
books, "which, being ranged with regularity on shelves, and
clad in vellum, were equally of use and omament in the
parlour of the poet. There lay invaluable copies of histories
(transcribed with great art and beauty) which treated of the
exploits of the ancient Greeks and Romans, many Saxon poems
also, many ballads of the Troubadours; the novels of his co-
temporary Giovanni Bocaccio, and the incomparable sonnets
of the celebrated Petrarch. These two writers were personally
known to Geoffrey, who in his travels had met them at the courts
of the Italian princes. Of books of chivalry he possessed a
precious störe. Owen Glendower searched for the history of
king Arthur, affirming with a loud voice, and with vigorous
gesture, that no hero of antiquity, or of modern days, could
be justly compared to the British worthy". When the ad-
venturers were afterward beset with difficulties on their ex-
pedition, they invariably tumed to Chaucer, who was always
ready with most prudent counsel. Through his craft they
escaped from the merry outlaws without loss of blood, and
rescued from the tyrant of the Isle of Man the "majestic and
angelic damsels" who had been set to the most menial Services.
New Haven, Ct., U. S. T. Wilbub L. Cboss.
EACH—HAVE; A SCISSORS.
Prof. Alphonso Smith stellt an die spitze seiner erörtenmg
A Note on the Concord of Collectives and Indefinites
in English (Anglia, bd. XXIII, heft 2, s. 242) die Panische
begriffsbestimmnng des kollektivnms nnd knüpft daran die frage,
wie es komme, dass manche sprachen, besonders das Englische,
die pronomina nnd verbalformen, welche sich auf ein solches
beziehen, in den plural setzen, und giebt dann, Fitzedward
HaH's versuch, den Wohlklang dabei beteiligt zu sehen, zurück-
weisend, die naheliegende und natürliche erklärung, dass die
Vorstellung der mehrheit, die im koUektivum trotz dessen
singularischer form, bestehen bleibe, leicht wieder übermächtig
werde; "but as it begins to share in tlie activity of the sentence,
and as attention becomes more and more centred upon it^ dis-
integration sets in. It escapes from the thraldom of its Singular
form, and its dependencies all become plural". Dann wirft
er die frage auf, ^why do we not sometimes find a change
from plural to Singular in the concord of these words ? Why
is it always from singular to plural?" Diese stelle enthält
so wie sie ist, eine Unklarheit. Ein kollektivum, dessen wesen
es ist, äusserlich ein singular zu sein, kann, wenn es sozu-
sagen auseinanderfällt, natürlich nur zum plural werden oder
besser, syntaktisch als solches behandelt werden ; es kann also
euch, everybody, euch man nur anfangen, so viel zu gelten,
wie all mm. An einem Sammelbegriff kann sich nur dieser
eine Vorgang vollziehen, der fortschritt von der einheit zur
mehrheit. Denn wenn man das kollektivum dann wieder
streng als singular behandelte, so träte ja nur der ursprüng-
liche und von der logik gebotene zustand ein. Dies kann
A. Smith also nicht gemeint haben. Ich habe mir vielmehr
G. KRUEGEB, EÄCH—HAVE; A SOI880R8, 255
erlaubt, seine frage "warum kommt im Englischen nicht
auch der umgekehrte fall vor, dass Wörter, die der form nach
plural sind, allmählich zu singularen werden?" in dem
einzig möglichen sinn aufzufassen. Und da habe ich mich dann
bemüht aufzuzeigen, dass er thatsächlich vorhanden ist und
auf grund desselben psychologischen geschehens sich vollzieht,
indem nämlich hier die Vorstellung von der mehrheit erblasst
und sich die der einheit an ihre stelle schiebt. Ich glaube,
damit die einzige richtige auffassung seiner frage getroffen
zu haben, und tiberlasse die entscheidung dartiber ihm, der
darüber ein besserer richter ist, als herr Wilson, dem offenbar
nicht gelungen ist, einzusehen, was ich mit meiner ergänzung
zu Smith's note beabsichtigte. Der satz "If we foUow the
collective a little further into the sentence or paragraph, we
shall find that is breaks up into its constituent parts", sagt
genau das, was vorher und nachher gesagt worden ist, die
auflösung des Sammelbegriffs in seine bestandteile. Herr
Wilson hat offenbar den ganzen sinn der frage nicht ver-
standen, in folge dessen kann mir auch sein urteil, ob meine
bemerkungen bedeutungslos sind, gleichgültig bleiben. Er
hätte so freundlich sein sollen, zu bezeichnen, was davon
"must fall to the ground". Etwa die feststellung meinerseits,
dass pluralische Wörter doch i. e. zu singularen werden?
Das muss, mit seiner erlaubnis, stehen bleiben.
Eine gerade zu kühne behauptung ist die, dass "their
ose as Singulars (von Wörtern wie glass-tvorks, harraclcsy hellows)
]& not brought about by any transition". Das rätsei, wie
ein plural ohne Übergang, ohne änderung des vorstellungs-
inhalts zum Singular sich wandeln soll, mag man sich von
herm Wilson lösen lassen. Die erklärung, die er zum besten
giebt, dass sie vielleicht deshalb als singulare gebraucht werden,
weil sie ohne rücksicht auf die form wirkliche singulare an
bedeutung sind, " hello ws, for instance, meaning one thing and
not a collection of things", ist so richtig wie onkel Bräsigs
"dass die grosse armut von der grossen poverteh kommt".
Dazu war doch wohl ein Übergang nötig? Und zwar genau
so "a transition in concord", wie dort, nur umgekehrt. None
— are und the gas-works-is sind vollkommen analoge Vorgänge ;
das vorheiTschende siegt. Ganz dunkel bleibt mir "the de-
pendencies of glass-works would surely become plural, granted
256 G. KBÜEGER, EACH—HAVB; A aCiaSORS,
that it had been nsed as a singnlar. In an answer to the
question * Where is the glass works?' the pronoun wonld most
naturally be they". Für viele Engländer ist nach meiner
beobachtung es "das natürlichste", sich mit it darauf zu be-
ziehen. Wir haben hier eben ein gebiet sehr schwankenden
Sprachgebrauchs; der eine empfindet mehr die äussere plura-
lische form, der andere mehr die sachliche einheit Herr
Wilson würde sich meinen dank verdient haben, wenn er statt
seiner zur sache nichts beitragenden krittelei beitrage dazu
geliefert, wie ich sie erbat: eine auskunft über alle möglich-
keiten, denen diese plurale syntaktisch ausgesetzt sind und
wie sich das Sprachgefühl der gebildeten dazu verhält. Eng-
länder habe ich schon genug darüber befragt — ihre, sehr
verschieden ausgefallenen antworten zeigen ganz klar, dass
hier jtavxa gtl. Nun hätte ich gerne auch noch amerikanische
stimmen gehört.
Berlin. G. Krueger.
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBERSETZUNG.
Während bis vor kurzem die beschäftigung mit der alt-
englischen Übersetzung von Bedas kirchengeschichte durch den
mangel eines handlichen textes recht erschwert wurde, ist
nunmehr durch die ausgaben von Miller und Schipper der zur
erforschung dieses hochinteressanten denkmaLs erforderliche
apparat in bequemster weise zugänglich gemacht worden.
Zugleich ist uns als hülfsmittel zur vergleichung mit dem
original und zur belehrung über historische fragen, sonvie
'realien' mannigfachster art, Plummers vorzügliche commen-
tierte ausgäbe des lateinischen textes (Oxford 1896j geschenkt
worden, welche jedenfalls auf absehbare zeit als die mass-
gebende wird gelten dürfen. Ein blick in diese drei werke
zeigt dass die behandlung des altenglischen textes hinter der
des lateinischen noch weit zurücksteht. Schipper hat von
vornherein auf die herstellung einer kritischen ausgäbe ver-
zichtet, und die von ihm bei dem abdruck der hss. befolgten
Prinzipien sind gewiss nicht einwandfrei. Miller hat in rich-
tiger Würdigung des zuerst von Zupitza klar erkannten hand-
schriftenverhältnisses die Tanner-hs. (T) zu gründe gelegt und
die lücken derselben nach den nächstbesten hss. ergänzt. Auch
eine reihe verständiger emendationen .sind von dem englischen
heransgeber vorgenommen worden, wenngleich derselbe M
im ganzen noch etwas zu konservativ und im einzelnen m<
immer ganz konsequent verfahren ist. Dagegr^n hat
gänzlich von anmerkungen abgesehen, die trotz seiner h
reichen einleitongen durchaus nicht unnOtig gewesen i
Schipper hat seinem texte zwar vierzig seiten aniL-rr]
beigegeben, doch sind dieselben« der einrieb tung seiner &
gemäfis, zum grasen teile darauf gerichtet, eine &nzi
Amgom. X. V. xzn. 17
258 PR. KLAEBER,
nichtsnutzigen lesarten in B zu beleuchten. Es bleibt dem-
nach noch genug zu thun übrig, ehe wir mit der Bedaüber-
setzung als einer wirklich bekannten grosse rechnen dürfen,
und ein beitrag zum Studium des textes wird nicht äberflüssig
erscheinen.
Wir erlauben uns hier ein paar sätze aus einer der Modem
Language Association of America (Central Division) auf der
Jahresversammlung zu Nashville, Tenn., December 28, 1899
vorgelegten arbeit zu citieren (vgl. das kurze r6sum6 in Public.
of the Mod. Lang. Assoc. of America, Vol. XV, Proceedings,
pp. LXXII f.). "So far little has been done in the way of
detailed investigation. Though the Alfredian works, as a whole,
have called forth quite a crop of German doctoral dissertations,
there is only one devoted exclusively to * Bede ', written by a
pupil of Zupitza. Further, apart from Miller's valuable studies
— in his two Introductions and his monograph on the * Place
Names' — , and a number of more or less incidental observa-
tions by various scholars, only one special paper on cur text,
by Dr. Pearce, has been made public, unfortunately merely in
the form of an abstract (Public, of the Mod. Lang. Assoc. of
America , Vol. VIII , Proceedings , pp. VI ff.). How much un-
certainty still prevails regarding the mere textual Interpretation,
is evidenced by nearly all text-books which contain specimens
from the 'Bede'. What is needed, then, in the first place, is
not new theories and speculations , but patient delving into
linguistic details."
Die handschriften- und dialektfrage betreffend, schliessen
wir uns im wesentlichen an MUler an. Dass der Originaltext
anglisches gepräge trug und in den verechiedenen hss. mehr
oder weniger durchgreifend in südliche mundart umgeschrieben
wurde, darf nicht mehr bezweifelt werden. Immerhin bleibt
auch jetzt noch Sievers' alter satz (Beitr. IX 283) zu recht
bestehen, dass die spräche des Beda in mehr als einer be-
Ziehung "so viel auffälliges zeigt", und wir behalten uns
eventuell eine zusammenfassende Untersuchung über die be-
sondere Stellung des Beda unter den altenglischen denk-
malern vor.*)
^) Dem obeu erwähnten aufsatz entnehmen wir das folgende: "In
Dr. Miller's opinion, the Anglian colonng, which is fonnd, with Tiiyisg
ZUB ALTENGLISCHEN BEDACbERSETZUNG. 259
Es wird sich mehrfach gelegenheit bieten, lexikalische
eigentümlichkeiten zu besprechen, unter vergleichender heran-
ziehung der hauptmasse der uns zugänglichen litteratur. Wie
in dem genannten Vortrag von uns hervorgehoben wurde,
— "The vocabulary of our text is characterized on the one
hand, by a considerable number of rare words, more or less
distinctly Anglian vocables, and terms of poetical flavor, and
on the other hand, by ' unnatural words ' (Sweet), chiefly Com-
pounds and derivatives formed in close imitation of the Latin
original. The former class justly demands our primary atten-
tion. Several words belonging here have already been pointed
out by Miller, a few others have been incidentally recorded
by Pearce, Mather, and Helen Bartlett. But the percentage
of such noteworthy words is much higher than seems to have
been hitherto assumed." Millers liste auffälliger Vokabeln —
mit ausschluss einiger unsicherer oder uns nicht einleuchtender
fälle — umfasst die folgenden worte: ono; ac (fragepartikel) ;
in (praeposition, = on)\ leoran; fces\ *goian; meorÖ, — F. J.
Mather hat ferner auf nemne aufmerksam gemacht ('The con-
ditional sentence in Anglo-Saxon ', p. 80 ; Mod. Lang. Notes IX,
coli. 152 ff.; vgl. Napier, Mod. Lang. Notes IX, col. 318); J. W.
Pearce hat das 'poetische' dogor und rodor hinzugefügt (Public,
of the Mod. Lang. Assoc. of America, Vol. VIII, Proceedings,
p. VII); Helen Bartlett hat auf den gebrauch von sead (gegen-
über pytt) und esne (= seruus) hingewiesen ('The metrical
division of the Paris Psalter', Baltimore 1896, pp. 14ff.). *)
intensity, all through the text, has to be looked upon as a survival rather
than scribal Innovation. But a marked hesitation to accept this view is
still to be met with. It is argued in conservative quarters that the original
MS. may, after all, have been written in Alfredian WS. and later been
transformed by Anglian scribes, perhaps generations of such; and the
parallel case of Alfred's translation of Boethius could have been quoted,
which is now considered to have passed through the hands of Kentish
copyists and thus to have lost its W^S. purity. Still it is only fair to insist
Qpon the fact that all internal MS. evidence points the other way, and it
is for the opposing party to bring forth proof of that WS. original. —
Particnlarly instructive are those cases in which discrepancies between the
dififerent MSS., notably obvious scribal blunders, enable ns to settle the
archetypal reading beyond the possibility of doubt. Numerous Anglian
forms and Anglian words are thus established as unquestionably original."
^) Hein lautliche (oder flexivische) besonderheiten sind davon zu
trennen, wie ceniic (--= *angelicus'), frecemes, praet. kort (Miller). wi(g)bed
17*
260 FB. KLAEBEB,
Selbstveretändlich ist bei der beurteilung des Wort-
schatzes eine gewisse reserve geboten, und manche aufstellangen
werden nur als vorläufig richtig anzusehen sein. Einerseits
die lückenhaftigkeit der Überlieferung und die Unsicherheit in
der genauen lokalisierung nicht weniger denkmäler, andrerseits
doch wieder die Schwierigkeit, die gesamte veröffentlichte
prosalitteratui* durchzuarbeiten, müssen zur vorsieht mahnen.
Es ist weiter zu bedenken, dass ein wort, das etwa als spe-
zifisch mercisch oder northumbrisch zu bezeichnen wäre, gleich-
wohl auch einmal von einem Westsachsen gebraucht worden
sein kann; war ihm dasselbe nicht eben geläufig, so mag es
ihm doch nicht unbekannt gewesen sein. Dass sich ferner
Prosaiker gelegentlich gern poetischer redensarten oder worte
bedienten, bedarf keines be weises. Besonderes gewicht ist
demnach — für die heimatsbestimmung — auf die häufigkeit
im gebrauch der betreffenden Vokabeln zu legen. Lieblings-
worte des Übersetzers (bezw. der Übersetzer) des Beda, wie
nemne, ono, leoran, lefnes, semninga, gen(ä), sind in erster linie
in betracht zu ziehen.*)
Wir lassen ein Verzeichnis der uns bekannten Schriften
und auf Sätze folgen, welche sich mit dem Beda -texte be-
schäftigt haben.
Anzeige von Millers ausgäbe: Pearce, Mod. Lang. Notes
Vn, coli. 102 ff. — Anzeigen von Schippers ausgäbe: BtUbring,
Anglia Beiblatt X 33 ff.; Binz, Engl. Stud. XXVH 122 ff.;
Klaeber, Journal of Gmc. Philol. II 384 ff.
Thomas Miller, Place Names in the English Bede and the
the Localisation of the MSS. , 1896 (QF 78). Angezeigt von
(== weofod) (H. Bartlett) gehört ebenso wohl in die lauüehre wie etwa
heorod (= hired), heorde (= hierde), brey (= brsew), etc. — rodar (Pearce)
in 424.20, 428.25 ist nicht überraschend, da es im physikalischen sinne
'Firmament* gebraucht wird, vgl. den lat. text; Boeth. 125.31, 126.5, etc. —
haiian (Miller) wird auch im ws. angetroifen: Cura Past. 173. 20; -ElMc,
Hom. Cath. I 250. 18 (übrigens auch OE. Martyrology (ed. Herzfeld) 102. 22).
— leoran kommt ein paar mal in JSlfric's Saints vor: Vol. 1150. 752, 761;
52. 804 QUeorde); 11 352. 285 (geleorednysse). (Oft in Dial. Greg. (Bibl. der
ags. Prosa V), 175. 8, 191. 18, 192. 8, 282. 11, 291. 22, 29a 16, 325. 27, etc.)
*) "Surveying our lists, we would say that of the relatively greatest
signiücance is the habitual ose of certain words of recognized Angliau
Standing, such as the adverb gen (gena)y which is met with on nearly evexy
page*' (aus genanntem Vortrag).
zun ALTEKGLTSCHEN BEDAÜBERSETZUNG. 261
Binz, Z. f. d. PMlol. XXIX 414 ff.; Hoops, Literaturbl. XVm
226 ff.; Pabst, Anglia Beiblatt VH! 133 f.
August Schmidt, Untersuchungen zu König iElfreds Beda-
übersetzung. Diss. Berlin 1889.
J. W. Pearce, Did King Alfred translate the Historia Eccle-
mastica ? (Public, of the Mod. Lang. Assoc. of America, Vol. ViJi,
Proceedings, pp. VI ff.)
Sievers , Beitr. IX 285 f. (anglische Formen im Beda). —
(Eine kurze Übersicht über die wichtigsten sprachlichen er-
scheinungen wurde gegeben in den von uns veröffentlichten 'Old
English historical prose texts' (Minneapolis 1896), pp. 63 ff.)
Zur dialektfrage ist natürlich — ausser Sievers' Gram-
matik — die sämtliche speziallitteratur zu rate zu ziehen.
Doch heben wir als besonders nützlich hervor die arbeiten
von Zeuner (Vesp. Ps.), Brown (Rush.O, Lindelöf (Rit.); Na-
piers Chad (Anglia X 131 ff.); die Glossare von Cook (Lindisf.
Go.) und Lindelöf (Bush. 2); R.Wolffs Untersuchung der Laute
in den kentischen Urkunden, Diss. Heidelberg 1893.
An syntaktischen Untersuchungen sind zu erwähnen —
ausser Wülfings umfangreichem Sammelwerke — : M. Callaway,
The absolute participle in Anglo-Saxon, Baltimore 1889; F. J.
Mather, The conditional sentence in Anglo-Saxon, Munich 1893;
C. Pessels, The present and past periphrastic tenses in Anglo-
Saxon, Strassburg 1896 ; H. M. Beiden, The prepositions m, on,
to, for, fore^ and cet in Anglo-Saxon prose, Baltimore 1897.
(J. W. Pearce, The regimen of wyröe in the ^ Historia Eccle-
siastica ', Mod. Lang. Notes VI 1 ff.)
[Im begriff, unseren aufsatz druckfertig zu machen, werden
wir durch M. Deutschbeins gründliche arbeit ' Dialektisches in
der ags. Uebersetzung von Bedas Kirchengeschichte ' in Beitr.
XXVI, 2. heft überrascht. Wir sehen uns in folge dessen ge-
nötigt, manche von uns seit jahi^en gesammelte einzelangaben
auszuscheiden. Doch halten wir es nicht für angezeigt, be-
merkungen über lautliche und flexivische erscheinungen gänz-
lich zu unterdrücken.]
Anmerkangen.
Wir citiereu nach Millers ausgäbe und fügen die Zeilenzahl von Schippen
text (linke spalte , d. h. hs. 0 , bezw. Ca) in klammem bei. Es
versteht sich demnach, dass der Wortlaut von T angeführt wird,
262 FR. KLAEBER,
sofern wir nicht eine andere hs. namhaft machen. (Bei der er-
wähnnng von parallelstellen ist es in der regel genttgendi ein&ch
nach Miller zu eitleren, ohne anf etwaige lücken in T anfmerksam
zu machen.)
Anf Millers neuenglische Übersetzung nehmen wir hier und da bezug';
doch sind wir keineswegs darauf ausgegangen, Irrtümer oder on-
genauigkeiten derselben zu berichtigen, zumal Miller yielleicht gar
nicht die absieht hatte, eine durchaus wortgetreue Übertragung'
zu liefern.
2. 1. (Schi. 1.) Ic Beda Cristes J>eow and nuessepreost
sende gretan Öone leofastan cyning 7 halettan Ceoluulf. 7 ic
Öe sende Jxet spell , etc. (Ca). Diese recht auffällige fttgong
liesse sich als eine Vermischung zweier konstruktionen erklären :
/. Ic Beda . . . hate gretan . . . Ceolwulf (vgl. den anfang von
iElfreds vorrede zur Cura Past.), oder aber — im munde Bedas
passender — einfach : . . grete . . (vgl. den anfang von iElfrics
Sendschreiben an Wulf geat : Ic ^Ifric dbhod on disum Englis-
cum gewrite / freondlice grete mid godes gretinge j Wulfyet cet
Yltnandune; in vier seiner zahlreichen vorreden 9 gebraucht
iElfric die 8. person: ^Ifric gret), und 2. Ic Beda . . . sende
. . . Ceolwulfe gretinge (vgl. Beere tide eac swylce . . Bonefatius
papa sende Eadwini gretinge 7 gewrit Beda 124. 25).
Natürlich ist der infinitiv nach sendan herkömmlich in
beispielen wie he sende Agtistinum . . . hodian Godes toord
Ongoipeode 54. 30; Ond he Öa se cyning . . . heo sende Godes
Word hodian Eastseaxna J)eode 226. 8.
7 halettan (in B fehlend, von Miller fortgelassen) war
vielleicht in der vorläge als korrektur eingefügt und wurde
in Ca an falscher stelle in den text gesetzt. Dieselbe Ver-
bindung dieser synonymen verba begegnet 180. 24 7 mid hlide
ondwleotan hine halette 7 grette ; 342. 27 J)a stod htm sum man
cet Purh swefn 7 hine halette 7 grette.
Es ist freilich auch möglich, dass der anfang des textes
überhaupt in Unordnung geraten ist, und dass sende des fol-
genden Satzes (7 ic de sende Jxet spell) sich unberechtigter-
weise vor gretan eingeschlichen hat. B setzt erst mit
gretan ein.
^) Am bequemsten zusammengestellt in '^Elfric, a new Study of Mb
Life and Writings' by Caroline Louisa White (18d8), chapterXIIL
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBERSETZüNG. 263
2. 4. (7.) y eac on ma stowa to writanne 7 to Ueranne
(Ca). Das in dieser vorrede sehr frei behandelte lat. original
bietet einfach : ad transscribendum ; weiter unten : . . . latius
propalari. — Vgl. aus Alfreds vorrede zur Cura Past. : JElfred
kyning . . . heht him swelcra md brengan hi Öcere bisene, Öcet
he his hiscepum sendan medhte 9. 13 ; aus dem Beda : . . 7 on
bec gesette, seo in Pam ilcan mynstre oÖ pis is gehealden, ond
from monegum siÖÖan oft gehwider emb writen wces 314 23
(= a multis iam sunt circumquaque transscripta).
2. 7. (13.) ForÖon pis gewrit oÖÖe hit göd sagaÖ be godum
mannum, 7 se de hit gehyrep, hs onhyrep ]>am, oÖÖe hit yfel
sagap be yfelum mannum, 7 se de hit gehyreÖ, he flyhÖ P<Bt 7
onscunaP; for^on hit is göd godne to lierianne 7 y feine to
leanne, p<et se gedeo se Pe hit gehyre; gif se oder nolde, hu wurÖ
Ihe elles gekered ? (Ca) Diesem leitsatz getreu, kann Beda der
historiker späterhin den ausspruch thun: Ae ic, swa swa
soösagal stcerwritere, Pa ping, pe be him, oÖÖe purh hine ge-
ivordene wceron, ic awrat, 7 pa ping Pe herunge wyröe wceron,
ic Jierede 206. 5, und : Beet he Pa Eastran on hiora rihttid ne
heold . . ., ic no ne herige 206. 20. Aehnlich äussert sich der
Chronist : Bas ping we habbaÖ be him gewritene, cegöer ge göde
ge yfelCy p Pa godan men niman cefter peora godnesse 7 for[f]leon
mid ealle y feinesse A. D. 1086 E. — Im weiteren sinne könnten
solche Worte als mottos für nahezu die gesamte ae. litteratur
gelten. 0
Der hörer wird dem manne, von dem die geschichte be-
richtet, gegenübergestellt, daher: se oder. Dem sinne nach
vergleicht sich gif se oder nolde etwa mit {pa de lifigende
wceron . .) noht Pon sei woldan 50. 5. Doch ist syntaktisch
gewiss gePeon zu ergänzen (vgl. auch Wülfing 11 26).
0 Die kunst des ^Vaters der englischen Dichtung' dient ausschliess-
lich dem zwecke religiöser erweckung: Beda 342. 9£f., 16 ff.; 346. 15 ff. {In
eaüum pcem he geortüice gemde, pat he men aiuge from synna lufan 7
mdndceda, 7 to lufan 7 to geornfidnesse awehte godra dceda.)
Vgl. Boeth. (ed. Sedgefield) 101. 10 Ne fo we no on da hisna 7 oti Öa
bispel for Öara leasena spella lufan, ac forÖcemÖe we woldon mid gebecnan
pa Hodfcestnesse, 7 woldon Öcet hiticurde to nytte Öam geherendum; ib. 118.
25 ff. ; ^Elfric, Saints, Vol. n 58. 79 NimaÖ eow bysne be Öam ; Blickl. Hom.
101. 5 f. etc. — Wem klingt nicht Uta pu pe lar be pon des Beowulfliedes
in den ohren?
264 FR. KLABBER,
2. 13. (24.) forpon Öe God to cyninge geceas, pe geda-
fenaö pine peode to leeranne (Ca). Ein gegenüber der recht
allgemein gehaltenen lat. version (in notitiam . . ., ob generalis
curam salutis) durch klarheit und präcision ausgezeichneter
satz. Es liesse sich nicht leicht ein citat finden, welches
Alfreds eigene hohe auffassung von seinem königlichen beruf
als erzieher seines yolkes in gleich schlagender weise zum
ausdruck brächte. Man kann sich in der that kaum des ge-
dankens erwehren, dass diese fassung der stelle vom könig
JElfred inspiriert sei. Doch es liegt nicht in unserer absieht,
die verfasserfrage in diesem zusammenhange zu erörtern.»)
2. 14. (26.) 7 Pcet Öy l<es tweoge hwceÖer pis soÖ sy (Ca).
B 1 p Öe Py Ices tweoge etc. (Schipper druckt 7 pmtte Py kes.)
In B ist tweogan unpersönlich konstruiert — wie es scheint^
der einzige im Beda vorkommende fall (zahlreiche andere bei-
spiele in B-T). In Ca wird persönliche konstruktion — mit
auslassung des Subjekts — anzunehmen sein, die sich mehr-
fach belegen lässt, so 190. 21 ; 206. 19; 308. 26; Wülfing (1 386)
lässt es unentschieden. 2)
4. 1. (49.) . . . oÖÖe hine to me sende, oÖÖe an stafum
awrat 7 me sende (Ca) = siue litteris mandata siue ipsius
Nothelmi uiua uoce referenda transmisit. B . . mid seaftum . . .
Schippers frage, ob seaft mit scep gleichbedeutend sei, wird
wohl von niemandem bejaht werden. Wir zweifeln nicht
daran, dass seaftum für steafum steht. Zwar sind die 'nor-
malen' formen dieses häufigen Wortes im Beda herrschend, so
310. 10 stafum] 314. 23 stafum (awrdt); 328. 6 stafas; 444. 26
stafa\ doch begegnet auch einmal steafa 388. 30 T (Schreiber 2)
— stafa (stafena) B C 0 Ca. Auch findet sich in den verschie-
denen hss. eine reihe von anderen belegen für die brechung
des a durch folgenden dunkeln vokal, welche ein häufigeres
vorkommen derselben in der urhs. wahrscheinlich machen.
1) Nur verwahren wir aus gegen die auslegung dieser bemerknng in
dem sinne, dass könig iElfred als Verfasser der ganzen Bedaübenetznng, so
wie dieselbe uns vorliegt, anzusehen sei. Unsere im wesentlichen an Pearce
sich anschliessende ansieht ist kurz dargelegt in Public, of the Mod. Lang.
Assoc. of America, Vol. XV, Proceed., p. LXXm.
') fne nis tweo 64. 10 = dubium non est ; sumum fnontmm cwom m
tweon 316. 18 = quibusdam uenisset in dubium.
ZUR ALTEKGLISCHEN BEDAÜBERSETZUNG. 265
Diese brechung (Sievers' u- und o/a -umlaut, §§101 ff.; 160)
des a, wenn auch im früh-kent. nicht unbekannt, weist auf
das mercische Sprachgebiet, d. h. in erster linie auf das Ps.-
mercische (Zeuner § 8, 11; Brown I § 14; Napier, Chad, p. 136;
Zupitza, Mercisches, in Z. f. d. Alt. XXXHI 54; Wolff § 13;
Dieter, Ueber Sprache und Mundart der ältesten englischen
Denkmäler § 19 ; dazu Bülbring, Anglia Beiblatt IX 67, anm.).
Wir haben uns die folgenden belege angemerkt.
gel)eafaö 88. 4 T — gepafad BOCa — gepeafunge 224. 31 0
— gepafunge TB Ca [vgl. gedeafien, geöeafunge Vesp. Ps.; Vesp.
Hy. 7. 55 ; kent. Urkunden, s. Sweet, OET., p. 463].
gedeofanade 342. 18 T — gedafenade (gedafenode) BOCa
[vgl. gedeafenad, gedeofenaff, etc. Vesp. Ps.].
deagung 26. 24 Ca — dagung B. — deagum 410. 30 Ca
— dagum T (Schreiber 5) B C 0.
geseagone 216. 29 T — gesawene B [(<ge)s€gen, (ge)s(Bgen ^
sind durchaus die gewöhnlichen formen , so 2. 22 , 4. 3 , 4. 7,
4. 22, 96. 4 etc.].
Peacan 264.24 TB Ca, wahrscheinlich auch ureprünglich
in 0 [vgl. horddeaca Corp. Gloss. 1999].
weacemim 354. 1, 7, 8 T (Schreiber 2) — wcBCCum BOCa.
eatolice 240. 21 T — atoUic{e) B C 0 Ca [eatol Beow.
2074; 2478].
Vielleicht *beatiende 404. 1 ? In T (Schreiber 4) B bati(gy
ende, doch Ca beotiende, 0 b, otiende (mit rasur).
gelieadrod {geheaPorad) 328. 34 TO — gehaderod BCa;
hiaöoradon 364. 7 T (Schreiber 3) , hedperedon C, heaporadon
OCa, preowodon B [vgl. headeraÖ, geheadorade im Boeth.,
s. Sedgef. ; mehrere male in der poesie]. *)
andswearedon 28. 10 Ca — andswaredon ß [vgl. ond-
sweorede Rush.*; ondsweorede , etc. Vesp. Ps.; andswearedc
Chad].
efencecLsterwearan 62. 20 Ca — -waran {'tvanim) TBO
[vgl. helwearan, etc. Vesp. Ps.; hcelwearum Zupitza, Mer-
cisches 674].
Lindesfearona 4.31 C — Lindisfarena('e) CaB. Lnndes-
fearena 188. 24 TCa — Lind^sfarena BO.
^) Ob geUapadej Chron. A. D. 449 A einfacher Schreibfehler ist?
266 FB. KLAEBBB,
Heagost€aldes(ea) 156.16 OCa — Agostaldes T, Hmge-
stealdes B.
(Jxere) Beadonescan {dune) 54. 18 TB Ca.
[üeber den o/te-umlaut von a hat jetzt Deatschbein in
§ 26 seiner arbeit gehandelt.]
4. 7. (62.) Swyde fela hi me scedon fram gehwylcum bis-
copum, 7 hwylcum cyninga tidtim Eastseaxe 7 Westseaxe 7
Eastengle 7 Noröanhumbre poere gife onfengon Oristes geleafan
(Ca) = . . . a quibus praesulibus uel qnorum tempore regnm
gratiam euangelii perceperint Dass gehtoyh an dieser
einzigen stelle als * fragendes fürwort' dient, wie Wälftng
(I 431) will, ist kaum glaublich, gehwylcum ist entweder ver-
schrieben für hwylcum,^) oder (wenigstens vom abschreiber)
im sinne von *alle', 'alle möglichen' (s. Schrader, Studien zur
iElfricschen Syntax § 92) gemeint.
Die Wiedergabe des lat. textes ist in der ganzen einlei-
tenden partie sehr ungenau und stümperhaft.
4, 10. (68.) Burh Älbinus swiöost ic geÖristUehte fieet ic
dorste pis weorc ongynnan (Ca) = Denique hortatu praecipue
ipsius Albini, ut hoc opus aggredi anderem, prouocatus som.
Die besonders nachdrückliche betonung der dem Verfasser zu
teil gewordenen 'ermutigung' erinnert uns unwillkürlich an
den bescheidenen ton, der in der einleitung zu ^Elfreds ge-
setzen angeschlagen wird: foröan ic ne dorste gedrisiUecan
para minra awuht fela on gewrit settan, etc., Einl. 49. 4; auch
an die charakteristische wendung in der vorrede zur Cura Past. :
(foröy me ÖyncÖ betre,) gif iow swce dyncÖ 7. 6.
Wenn wir derselben bescheidenheit in ^Elfrics Schriften
begegnen — so in der vorrede zu den Hom. Cath. I : for pisum
antimbre ic gedyrstlwhte , on Gode truwiende, Pcet ic das ge-
setnysse undergann; im anfang von De Temporibus: Ic toolde
ßöC; 9yf i^ dorste, gadrian sum gehwcede andgyt of Öcere bec
pe Beda se snotera lareow gesette — , so ist dies gewiss zum
teil der persönlichkeit des autors zuzuschreiben (vgl C. L.
White, iElfric, p. 81), zum teil aber wohl auf rechnnng des
iElfredschen vorbilde» zu setzen. 2)
^) geJiwylc ist wohl einfach versehen in 0 Ca für gif hwyh 76. 25.
^) Dass .Elfreds manier zur nachahmung reizte^ ist nicht eu besweifeln.
Z. b. die bekannnte Vorbemerkung zur Übersetzung der Cura Past : ... da
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBERSETZliNG. 267
4. 26. (99.) mid gescegene unrim geleaffulra witena (Ca)
= fideli innumerorum testium . . . adsertione. So hutan oörum
Iwssan unrim ceastra 26. 19 = praeter castella innumera; on
unrim godum 94. 18 = innumeris . . . bonis. Während in dem
letzten beispiel allenfalls eine der vielen ungewöhnlichen und
unidiomatischen kompositionen des Bedatextes angenommen
werden kann (vgl. übrigens unrimfolc Cura Past 51. 12), so
ist in den beiden ersten belegen offenbar der partitive genitiv
nach dem subst. unrim gebraucht (vgl. Pcet rim weox Para
leafsumra 150. 30 ; letwuh oöera unrim cewyrdleana Romwara
rices 30. 29; 234. 21) und letzteres unflektiert gelassen, so dass
es aus der konstruktion fällt.
Es macht den eindruck, als ob unrim = Mnnumerus' in
gedankenloser weise nach analogie von rim = * numerus' ge-
bildet ist.
Das adjekt. unrim(e) = innumerabilis : 426. 1 mid pa
unriman (B üngerimedan) mcengo sweartra gasta = innume-
rabilis spirituum deformium multitudo ; 430. 9.
4. 27. (102.) {P(Bt we . . . geacsedon . . .) ne let ic pcet
unwriten (Ca). Vgl. Alfreds Ges., Einl. 49. 9 , . , pa pe me
ryhtoste Öuhton ic Pa heron gegaderode 7 Pa odre forlet
4. 28. (103.) pcet ic he Öam halgan fceder CuSbyrhte wrat
oöde on pysse hec oööe on odre Pa dceda his lifes (Ca) = ea,
quae de sanctissimo patre et antistite Cudbercto uel in hoc
uolumine uel in libello gestorum ipsius conscripsi. Es scheint,
dass para dceda beabsichtigt war. Am ursprünglichsten sieht
die C- Version aus : oöde on pysse hec odde on odre hec his dwda.
Ottgan ic ongemang oÖrum misUcum 7 manigfecUdum bisgum Öises kynertces
da hoc wendan on Englisc .... hwüuni word he worde, hwilum atidgtt
of amlgi[€]te etc. erscheint in sehr ähnlicher form wieder in der dem Boeth.
vorangestellten vorrede; auch findet sich wenigstens ein anklang daran in
/Elfrics lat. vorreden zu den Hom. Cath. I, Saints I, sowie zum Hirtenbrief
für Wulfstan {nee ubique (ranstulimus iierhum ex uerho, sed sensum ex
sensu, Hom. Cath. II. 11 ; etc.). ^Elfrics klage in seinen einleitenden be-
merkiingen zur grammatik : .... Pcet nan englisc preost tve cuöe dihtan
odÖe asmeagean anne pistol on leden erinnert gleichfalls an ein berühmtes
muster (Cura Past. 3. 13 ff.). Dass auf die den Dial. Greg, vorausgehende
vorrede der Cotton-hs. der schluss der vorrede zur Cura Past. nicht ohne
einfluss gewesen ist, ist leicht begreiflich, (s. auch W. Keller, Die littera-
rischen Bestrebaugen von Worcester in angelsächsischer Zeit, p. 93.)
268 FR. KLAEBER,
6. 3. (1 16.) otwite (Ca). B odwite, C oöwite (nach Schipper
odwite). Vgl. oteawu Vesp. HJ^ 7. 38 (odeatves ib. 6. 4) ; oteatau
etc. oft im Vesp. Ps. ; oteiceö Met. Boeth. 13. 60 ; otkof Cura
Past. 38. 16 C. ot- ist wohl als kreuzung von od- und (Bt-
aufzufassen (Sweet, Ags. Beader' § 46, a; doch s. Sievers § 51
u. anm.; Paul, Beitr. VI 191). Die verbalpraefixe od- und eet-
gehen recht häufig ohne bemerkbaren bedeutungsunterschied
neben einander her. Z. b. Dial. Greg. 129. 24 C o^wat — H
(etwat ; Chron. A . D. 905 B op^wde — C (D) cetywde ; Cura
Past. 39. 15 H oöhof — ib. 113. 13 mthof] Chron. A. D. 918 A
nt cetswummon , (A. D. 915) B C ut wtswymman fnihton —
(A. D. 915) D nt odsivymman mihton, — Weitere paare dieser
art sind a^t-, odf-berstan; wt-, off-fkon; (et-, oÖ-Meapan; cet-', od-
ieman; cet-, oö-trind<in; wt-, otf-feallan; cet-, oä-hregdan; (et-,
oö'beran ; (et-, oö-ferian ; (Bt-, oö-pringan, u. a. m.
6. 4, (II.) Be gesetnysse Breotene odöe Hibemia Scotta
edlandes (Ca) ^^ De situ Brittaniae uel Hibemiae. 24. 13 be
life 7 fordfore pa*s artvuröan hiscopes WilfriÖes = de uita
uel obitu Vilfridi episcopi. In beiden fällen bedeutet uel
*und'. Dieser gebrauch von uel sowie von siue lässt sich in
unserm lat. texte nicht selten belegen (s. auch die ausgäbe
des 3. und 4. buches von Mayor & Lumby, Index) ; die ae. Über-
setzung weist dafür gewöhnlich ond oder ge auf, daneben
auch odöe. Z. b.
a) uixerit uel docuerit = Iwrde 7 bodade 20.27; 4.8;
(aedificia) puplica uel priuata =^ (eal Pas getinibru , , ,) ge Pa
maran gc da nuetran 352. 25 ; uel amicitia uel ferro = oöpa
mid freondscipe odpa mid gefeohte 28. 26; uel — uel: ceghwasfer
ge mid pa^yn beotungmn gebreged ge mid p<em geofum gewemmed
126.27.
b) prionim gestis siue dictis =^ ealdra manna cwidas 7
d<eda 2. 6 ; episcopos siue doctores -^ biscopas 7 lareotoas 98.
14; et ipse rex et plurimi de plebe siue optimatibus = se
seolfa cyning 7 his aldormen 7 monige of his folce 250. 7 ; in
Hagustaldensi siue in Lindisfarnensi ecclesia = in EagosUddes
ea 7 in Lindisfarona ea 300. 8; 360. 31; uitam siue doctiinam
= lif ge lare 446. 7; apud Scottos siue Pictos = ge mid
Scottum ge mid Pehtum 152. 13.
Interessant ist die zweifache Verwendung von oöde in der
folgenden stelle : (stim eorölie de . . forlast^Ö,) pcette oÖ9e broÖor
ZUB ALTENGLISCHEN BEOA ÜBERSETZUNG. 269
odpe sweostor odde twegra gehroÖra beam oÖÖe twegea gesweostra
sunu 7 dohtor gemengde wceren in gesinscipe 70. 4 ^^ ut siue
frater et soror seu duorum fratrum germanonim uel duarum
sororum filius et filia misceantur.
Dieser gebrauch von uel und siue ist jedenfalls aus der
distributiven bedeutung herzuleiten (s. Plummer II, p. 82), die
ja in mehreren der genannten fälle noch ziemUch deutlich
hervortritt. Dieselbe erklärung wird auf ae. oJäe = ^und'
anzuwenden sein. >) Zu letzterem erinnern wir noch an Beow.
649, 2475 ; Alfreds Ges., Einl. 36 . . . anfeald hrcegl hine mid
to wreonne 7 to werianne E — ... wreonne oÖÖe to werianne
GH; ferner Salom. u. Sat. (ed. Kemble) p. 190, 45 saga me for
hwylaim pingum deos eoröe awyrged wocre, oöÖe eft gebletsod.
— Ic Öe secge, Jmrh Adam heo wees awyrged . ., and eft heo
wccs gebletsod Purh Noe. Der distributive sinn findet sich noch
stärker ausgeprägt in Exod. 208 ff. Uwfde nydfara nihtlangne
fyrst, I Peak Pe him on healfa gehwam kettend seomedon, /
mwgen oÖÖe nierestream.
6. 6. (I 154.). ßast se cerra Eomwara casere Gagius lulius
Breotene gesohte (Ca) = ut Brittaniam primus Romanorum
Gaius lulius adierit. Zu bessern: ceresta (so BC). cerra ist
offenbar verschrieben nach {]>am) cerran (bigengum) = priscis
(incolis) in der vorhergehenden zeile. (Die Übersetzung ist
natürlich in jedem falle fehlerhaft.)
6, 14. (I 221.) ß(et Seuerus se casere onfeng micelne dcel
Breotene, 7 ^one mid dice tosceadde (= distinxerit) fram oörum
unatemedum fieodum (Ca). B toscead, — 160. 25 tosced B
{= distabat), toscosgde Ca, tose, e, d. (korrigiert aus tosccegd) 0.
Ob aus diesen beiden letzten formen auf ein verbum Hoscecgan
geschlossen werden darf (B-T), ist doch sehr fraglich; viel-
leicht sind dieselben aus tosceadde (tosccedde??) verderbt. 2)
Das für 6. 14 unzweifelhaft gesicherte schwache prät. wird
sonst nur im northumbr. angetroffen (Sievers § 395 , anm. 4 ;
Cooks und Lindelöfs Glossar ; Lindelöf, Kit. § 50, 2.
^) Bugge's an&atz in Tidskrift ist uns nicht zugänglich.
*) Als ähnliche fehler wären zu erwähnen gecygde on geflite 48. 31
Ca statt gectide on(d) geflite; mceg 92. 4 C u. urspr. B für mce; vgl. Napiers
Holy Eood-Tree 28. 15 iwo^jd == masö.
270 7R. KLAEBER;
Noch ein anderes sonst nur ein paar mal im northunbr.
gefundenes schwaches praet. eines reduplic. verbmns (LindelOfis
Gloss.: forleorte, Lindelöf, Kit. §50: gileortest) ist im Beda
belegt : 424. 9 forleorte T (Schreiber 5) — forlet B Ca, forlet 0.»)
6. 31. (I 570.) Beet ricsiendum Gratiano Maximus se
casere wces on Breotone acenned, 7 eft mid myde weorede ferde
on Gallia rice (Ca) = Ut regnante Gratiano Mazimos in
Brittania Imperator creatus cum magno exercitu Galliam
redierit (Überschrift zu I, c. 9). Derselbe Schnitzer findet sich
in der Übersetzung der Überschrift zu I, c. 11 : Bast ricsiendum
Honorio Gratianus 7 Constantius w(eron on Breotene acende
6. 25 (Ca). Pearce (Public, of the Mod. Lang. Assoc of America^
Vol. VIII , Proceedings , p. VIII) nennt dies " the error of a
beginner, a blimderer", und bemerkt weiter: "it occors twice
also in the bodj^ of I, 8". Es ist richtig, dass acenned =
creatus zweimal in der ae. version von I, c. 8 vorkommt, nim- -
lieh 42. 16 und 42. 18; jedoch heisst creatus im ersteren falle ^
^geboren', im letzteren 'erwählt'. Diese doppelte bedeatong ^
wird den Übersetzer irregeführt haben. — Dass das versehen J
auch andern Lateinern begegnen konnte, sieht man ans Chron. -
A. D. 381 : Her Maximianus se casere feng to rice, he wees on -
Bretenlonde geboren. Der Sachverhalt ist richtig dargestellt
worden von Aug. Schmidt, pp. 10; 45 f. 2)
8. 12, (I 843.) gefaran (Ca) = socios. B hat die gewöhn-
liche form geferan, gefara (Kluge , Nom. Stammb. § 16) ist
uns sonst nur noch aus Rats. 80. 2 bekannt.
10. 2 t. (I 2355.) adro/* (Ca) = expulerit. B adraf. Wir
werden berechtigt sein, gelegentliche frühe verdompfiing des
ä, d. h. mindestens annäherung an den ^-laut anzmiehmeiL
Jedenfalls wagen wir nicht, über die o-schreibungen samt und
sonders den Stab zu brechen; sie lassen sich in den verschie-
densten hss. nachweisen und scheinen darauf hin zu deuten,
dass die Schreiber sich mitunter gehen Hessen und phonetisch
schrieben. Im Beda sind uns noch on 42. 20 Ca und sorgiende
*) Zur vergleichung fuhren wir an forleorte (opt. praet) 114. 21 C —
forlete TB; forkart 406. 12 T (Schreiber 4) — forlet BD, foriä Ca; far-
leorhta 116. 3 C — forlet {pa . . .) TB; forleort 112. 3 C — forki TB.
*) Gros. 78. 6 JEfter hm ricsade Darius = Post hnnc .... Darini
rex creatus est ; ib. 274. 16 pa gesetton Eomane II caseras = dno Lnpe*
ratores creati sunt.
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAfjBERSETZUNO. 271
(sorgienne, sorhgedon) 54. 4 (86. 10, 164. 1) aufgefallen (s. die
betreffenden anmerkungen) ; ferner das adv. ö (Sweet, Ags.
Reader^ § 72: "The adverb ä appears also as ö, especially in
Angl."): 186. 32 TOCa (B otviht); 250. 9 TBOCa; dazu owe^'
68. 25 TB (0 dwer, Ca ahwcer)\ owern 336. 33 TO, ower B,
ohwcpr Ca; nower 186. 16 TO, nohwcer B Ca. {nowiht, noht,
owiht, oht, etc. sind natürlich nicht weiter bemerkenswert.)
An sonstigen beispielen sind uns zur hand:
Guöl. 1303 wccterpisa for / snel under sorgum (sicherlich
- sörgum\ vgl. El. 1192 mearh under modgum). Aus anderen
poetischen denkmälern (uach Cosijn, Beitr. MII 570) : D. Vat.
Lelir. 82 mon, Gnom. Ex. 197 mon (— man); Gen. 2084 tvig-
rode; Beow. 302 sole, 2210 on.
Cura Fast. 227. 8 H sorig (C sarig).
Boeth. 42. 9 C on (B an); 43. 16 B on (C an); 78. 14 C
on (B an); 26. 6 B nonne; 34. 2 B non; 34. 6 B non,
Solil. (freilich in später hs.): woh; und (sehr oft) wot,
wost (s. W. H. Hulme , Die Sprache der ae. Bearbeitung der
Soliloquien Augustins § 13).
Chron. A. D. 879 A on (A. D. 894 on?).
Aus Urkunden von Surrey citiert R. Wolff (p. 52) one,
stone, thoten (doch wohl aus einer späten abschrift).
Rush. * 12. 44 aswopen (Brown I, p. 69).
Aus verschiedenen hss. von ^Ifrics Grammatik (abgesehen
von der ganz späten hs. W): on (5 mal), godf (Briül, Die ae.
Latein Grammatik des Jülfric § 39).
14. 20. (in 1000.) Bcetpcore ylcan stowe myl wiö (Miller,
Schipper em. nach B; Ca stowe mid) fyre wies freomigende
(Ca) = Ut puluis loci illius contra ignem ualuerit. B fremi-
ende.
a) Die Schreibung eo für o {—- fromigende; über diese
form s. anm. zu 384. 22) ist gar nicht selten anzutreffen.
[S. jetzt auch Deutschbein, pp. 187; 203 f.]
30. 28 Ca freomlices; 260. 18 Ca freom; 406. 29 Ca freom-
ung ; 436. 22 Ca freomede (korrektur über der zeile) ; dazu
330. 22 Ca feormade (T 0 froniade). [Vgl. Vesp. Ps. (Zeuner
§ 8, IV) : freamlice, freamsum, freafnsumnisse. — Bugge, Z. f.
d. Philol. IV 206 : "es wird . . . öfter freom statt from ge-
schrieben".] 408. 3 0 seomod. (14. 31 B storm (richtig) —
stream Ca?)
272 TB. KLAEBER,
26. 10 Ca geweorht; 206. 4 Ca wearhte] 346. 14 0 ge-
weorhte ; ferner gedweolda, gedweola, dtoeoligendum, s. anm. zu
42. 12. [Vgl. Boeth. 39. 18 weorhte; SoliL (ed. Hulme) 354. 3
forweorht; El. 311 gedtceolan.]
160. 17 B heorses,
122. 19 0 heoldesta [vgl. Andr. 1578 smeoU]
18. 11 Ca Ueortfeorda (B Heortforda). [Benet: feonoyräe;
leof, s. Logemans Einl. V § 10.] »)
Auch eo für ö ist belegt. 48. 24 Ca lileoöedon (B MoPedon);
wegen seotf (= söö) s. anm. zu 60. 6; 110. 33 B insweognesse
(T insuogennisse, C onswognesse) ; 26, 23 B cefengleomung (Ca
cefenglommung. Oder war der vokal verkürzt? S. N. KD. s. v.
*gloaming'; Trautmann, KjTiewulf 74 f. Allerdings ist unbe-
rechtigte doppelschreibung von konsonanten oft genug zu be-
merken; so (nach etymol. langem vokal) 216. 29 B swettnesse;
46. 20 Ca forlccttan (B forleton) ; 48. 32 Ca B mannum; 50. 8 Ca
mannes; 426. 25 T (Schreiber 4) fuUness (BO fulnes(s), Ca/iiZne^);
428. 9 T (Schreiber 4) füll (B 0 Ca fül). (174. 7 T 0 Ca
hwittra — hwitra B.) (Vgl. Lindelöf, Rit., p. 71; E. M. Lea,
The Language of the Northumbrian Gloss to the Gospel of
St. Mark, Anglia XVI 133 ; H. Füchsel, D. Sprache der northumbr.
Interlinearversion zum Johannes-EvangeUum, Angl. XXIV 57 ;
Logemans Benet, Einl. V § 73.) — In Dial. Greg. 331. 14 in
sumre glomunge) \eo für ö auch in Benet 92. 8 geleohgenne,]
Was von diesen Schreibungen zu halten ist, lässt sich
schwer sagen. Einige der genannten worte sind vielleicht als
verschrieben zu eliminieren, z. b. Heortfeorda 18. 11 Ca; (leop)
geweörhte 346. 14 0; zum teil mag analogie hineinspielen;
immerhin verdient diese erscheinung im äuge behalten zu
werden.
b) niyl (mit Sicherheit) nur iu B nachgewiesen, ist allem
anschein nach ajtas Xtyof/srov. Sonst wird puluis durch melde
wiedergegeben, 178.6; 180.18,19,25; 182.1,4; 184.16,18;
272. 8 ; 446. 17 ; ausserdem findet sich dust 374. 22 {pcet his
oder lichoma . . . wwre . . to duste geworden). — myl ist etwas
besser im me. bekannt (Stratmann-Bradley, s. v. ^ mul ') ; es ist
^) Die nmgekehrte Schreibung: 12. 5 Ca Brottne; 30. 19 Ca Brotone-f
34. 27 B geformode (Ca gefeormade).
ZUR ALTENOLISCHEK BEDAÜBER8ETZUK6. 273
ZU niederl. mul, deutsch müU, muH zu stellen. (Franck, Ety-
mol. woordenboek, s. v. ' mul '.)
Von anderen der hs. B eigentümlichen Vokabeln erwähnen
wir bei dieser gelegenheit: ge^wif 204. 32 (sceafPan T);
(cynelicum) smeaniettum 166/1 (mettum TOCa); myrgeleoÖ
94. 12 (statt hyrgenleod\ eine der nicht ungewöhnlichen lächer-
lichen entstellungen in B). — Aus 0 Ca schliessen wir an :
sprytle {sprytlan acurfan Miller II, p. 224, Schipper III 1907,
-= spönas pweoton T 204. 32); aus Ca: seaht (7 sib) 324. 27,
— ein verhältnismässig früher beleg dieses lehnwortes.
16. 13. (ni 2714.) cehta micla (Ca mila\ B, Miller: micle\
7 twelf bocland (Ca) => possessiones et territoria (aus der
Überschrift zu III, c. 24). So in der Übersetzung des kapitels :
ond swelce eac twelf boclanda (chte 234. 33 = simul et XII
possessiones praediorum ; Ond eac stvilce pa twelf boclond him
gefreode eorölices compliades .... 7 Ami tveoruldspede 7 cehte
forgeaf .... 236. 23 = donatis insuper XII possessiunculis
t^rrarum. — boclond 7 ahte 104. 28 = territoria ac posses-
siones. — Vgl. Oros. 224. 5 Homanum to boclande geseald =
traditam per testamentum Romanis (Asiam). (Ein sehr cha-
rakteristischer beleg : Wulfstan 260. 2 ff.)
16. 21. (ÜI 3213.) on Breotene (Ca; fehlt in B) ist wohl
verschrieben für of Breotene (— de Brittania).
20. 10. (IV 2209.) andweardan J>am cercebiscope Theodore
(Ca) = praesidente archiepiscopo Theodoro (aus der Über-
schrift zu IV, c. 17). praesidente, richtig übersetzt im texte
selbst durch foresittendum {Theodore) 310. 20, wurde augen-
scheinlich mit praesente verwechselt. Eine reihe ganz ähn-
licher irrtümer hat Aug. Schmidt, pp. 44 f., namhaft gemacht.
Im übrigen ist es nicht nötig, auf die zahlreichen versehen
der ae. Übersetzung einzugehen.
20. 31. (IV 4425.) Beet se ylm biscop Cupbryht his forp-
forc da ioweardan Herebyrhto pam ancran forescede (Ca) =
üt idem iam episcopus obitum suum proxime futurum Heri-
bercto anchoretae praedixerit. Das richtige iowearde, in B
erhalten, wäre in den text zu setzen. Vgl. 130. 5 se Öe pyslice
gife 7 swa miete soölice Pe toivearde foreciviJ; 14. 31 Ca Beet
se biscop Aidan pam scypfarendum pone stomi towardne fore-
scegde-, 200.21.
AngUa. N.F. XIU. 18
274 FR. KLAEBEIL
22, 19. (V 747.) swa eft his ceflerfyligend Ine da ylcan
Pcerscwaldas para ead'igra apostola estful (B) gesohte (Ca) = sed
et successor eius Ini eadem beatorum apostolorum limina de-
uotus adierit (Überschrift zu V, c. 7). Im texte dieses kapitels
finden wir als Übersetzung desselb.en lat. ausdrucks: . . to pcere
eadigra apostola stowe ferende wces 406. 12; 404. 20.
24. 12. (V 2327.) Bcette Cynred Mercna cyning 7 Offa
Eastsexna cyning on munuclicum hadum to Borne becom, 7 Peer
heora lif geendode ; 7 be lifo 7 foröfore pws arwurÖan biscopes
WüfriÖes (Ca). Zu lesen beconton (B becöman); geendodon
(B geendedon). Die Verderbnis wird dui'ch den gleichklang
der endung -on und der konjunktiqji on (= ond, s. Millers
Einl. I, pp. XXVI ff.) hervorgerufen sein.
26. 1. (I 12.) litt hafaÖ fram suödcele Pa masgpe ongean,
pe mon hatep Gallia Bellica (Ca) = Habet a meri^e Gralliam
Belgicam. Smith schreibt Belgica (nach C??). Doch ebenso
heisst es Oros. 22. 22 pa land Pe nian hcet Gallia Bellica;
ib. 24. 14.
26. 6. (I 19.) Swylce eac peos eorpe is berende missenlicra
fugela 7 scewihta, 7 fiscumwyllum wasterum 7 wyllgespryngutn
(Ca) rrr: sed et auium ferax terra marique generis diuersi;
fluuiis quoque multum piscosis ac fontibus praeclara copiosis.
Nach Schipper und (wahrsch.) Smith liest Ca fiscwyllum ; jeden-
falls wäre fiscumwyllum als einfacher Schreibfehler zu ver-
bessern; vgl. 7 hit is fiscwylle 7 fugolwylle 30. 9 Ca. Zu
wyllgespryngum vgl. Phoenix 109 of pam wilsuman wyllge-
spryngum. — Um die dative in die struktur des satzes ein-
zufügen, ist vor denselben welig on (vgl. 26. 3) einzuschalten
— schon Miller hat welig vorgeschlagen — , oder auch mcere
on, nach 30. 10 mcere on huntunge heorta 7 rana = ceruorum
caprearumque uenatu insignis. Wülfings erklärung der dative
in adverbialem sinne "zur bezeichnung des ortes, wo etwas
geschieht" (1 144) ist schwer zu verstehen. (Die zu 62. 11
besprochene incongruenz scheuen wir uns in diesem falle —
nach berende \ — anzunehmen.) — Ueber die lesart von B
hat sich Schipper verbreitet.
28. 10. (I 85.) Andswearedon Scottas, Post heora land ne
wcere to Poss mycel, past hi mihion twa peode gehabban (Ca) =
Respondebant Scotti, quia non ambos eos caperet insula. Ein
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBEKSETZTJNQ. 275
charakteristisches beispiel für den gebrauch von 4eute' statt
^land'.*) Aehnlich z. b. Pas land syndon Creca leode Oros.
22. 11; Ponne is sio eastemeste Peod haten Libia Cirimacia
ib. 24. 33. Bezeichnend ist auch pcer hcefde Cnut sige 7 ge-
fedht Mm eall Engldland mit übergeschriebenem vel Peode
Chron. A.D. 1016 E; vgl. Sweets bemerkung zu Ängel-cynn
Deira
Cura Past. 3. 4; Her feng to Dearnericc Osric . , . y to Bcern-
icum feng JEMfriöes sunu Chron. A. D. 634 E.^) — mcegd
*gens' ist ja im Beda geradezu terminus technicus für ^pro-
uincia', z. b. 52. 14, 112.24, 122.1, 122.9, 142.32, 152.7,
152. 11 (in pas twa mcegPa NorPanhymbra öeod iu geara
todceled wces = in has duas prouincias gens Nordanhymbrorum
antiquitus diuisa erat), 154.1, 158.24, 166.17, 170.14, 170.20,
210. 8, 220. 6, und sonst sehr oft; dazu fram Armoricano pcere
mcegepe 28. 4 Ca = de tractu Armoricano ; eall Breotone cyn
7 mcßgöe 164. 23 = omnes nationes et prouincias Brittaniae.
Zu beachten: in Eastengla m<Bgöe 210. 8 T (= ad prouinciam
Orientalium . . . Anglorum) — in Eastengla rice 7 mosgPe B.
— Ond he pa todcelde in twa biscopscire Westseaxna mcegÖe
170.3 = diuidensque in duas parochias prouinciam. 3)
28. 19. (I 102.) Ba gepafedon hi dosre arednesse, 7 him
wif sealdon, Pcet Öcer seo wise on tweon cyme, Pcet hi Öonne
ma of pam wifcynne him cyning curan Ponne of pam wcepned-
cynne (Ca) = . . . ea solum condicione dare consenserunt, ut
ubi res perueniret in dubium, magis de feminea regum pro-
sapia quam de masculina regem sibi eligerent.
a) C i)a gepafedon hi Öoere arednesse him wif sellan,
B Ba gepafedon hi dcere (urspr. Öosgre) arednesse p hi him
tvif sealdon. Wahrscheinlich hat C mit der sklavischen
*) Umgekehrt : Notnan hi eac swylce him wealhstodas of Franclande
mid 58. 3 = acceperunt ... de gente Franconim interpretes.
^) Ein ähnlicher Wechsel im anfang von Tacitus' Germania: Germania
omnis a Gallis Raetisque et Fannoniis . . . separatur.
3) Ausser in diesem kirchlichen sinne wird scir im Beda nicht für
'District ' gebraucht (wohl aber zuweilen für *cura', neben häufigerem gemen,
so 150. 19 ; 218. 6). Dagegen Oros. 19. 9 Ohifiere scede pcet sio scir hatte
Halgolafid pe he on bude. MUric sagt in der Homilie über Gregor : (ryt
da Gregor ius hefran, hu Öwre scire nama wcere, pe Öa cnapan of-dlcedde
wosron (Hom. Cath. II 120. 82), während es in der entsprechenden stelle der
Bedaübersetzung heisst : hwcet hatte seo ma:gÖ ... 96. 25 (= prouincia).
18*
276 FR. KLAEBER,
nachahmung der inflnitivkonstruktion das ursprüngliche be-
wahrt. B hat den satzbau geglättet und modernisiert, wie
wir dies auch sonst häufig beobachten können. So ist der
reine infinitiv gleiclifalls mit einem *dass'-satz vertauscht in:
Da bebead se biscop öeosne to htm Icedan 388. 20 — B Da
bebead se biscop p man pysne to him lasdde, — Nicht selten
ist das ^gerundium' statt des reinen Infinitivs eingesetzt worden.
74. 17 hwcBÖer alefcLÖ hire in circan gongan — B . . . . to
ganganne\ 278. 21 nosngxim heora alefed $y cenge sacerdlice
])egnunge den — B . . . /o donnc ; 76. 29 wiif forhycgad heora
beam fedan — B , , . to fedanne; 464. 10 EaldfriÖ . . . hine
forhogode onfön — B . , . to onfonne; 336. 22 ealle . . . . ge-
wunedan heo mödor cegean 7 nemnan — B , . , to hatenne 7
to nemnenne ; 386. 29 gewuniaÖ secgean — B . , . to secgenne ;
etc. — Auch tritt für das einfache verbum eine periphrastische
Wendung ein. 320. 23 pcette seo sceö^ende tvcete ut fleowe —
B . . . niihte nt flowan ; 344. 18 scegde him hwylce gife he on-
feng — B . . . onfangen hcefde. In sämtlichen aufgeführten
fällen steht B allein den anderen hss. gegenüber.
b) Die Ca -Variante ist ein interessantes beispiel loser
parataxe, wo nach unserem Sprachgefühl hypotaxe zu erwarten
wäre. Daneben lässt sich etwa stellen: for dcere tvilnunga
hie hit forleton, 7 tcoldon öcet her dy mara wisdom 6n lande
wcere dy we md geöeoda cuöon Cura Past. 5. 23. (Dagegen
mit Unterordnung: 7 swiöe ryht deÖ for dasre licettunge Öt he
licette . . . Cura Past. 121. 16; for Pcere gewilnunge Pe he tvolde
Oros. 112. 2.) Ein paar analoge fälle aus unserem text: (Pa
gehet he ... .) pcet heo moste pone geleafan 7 bigong hire
cefestnisse mid eallum hire geferum^ Pe heo mid ctcomen, Py
cristnan peawe lißan 7 pone tvel healdan 120. 19 (etwa durch
ein ptc. wiederzugeben: *living according to Christian custom')
= quin potius permissurum , ut fidem cultumque suae
religionis cum omnibus, qui secum uenissent, . . . more Christ-
iano seruaret; pa ding, pe dcsr regoUico gedemed wasronj . . .
mid Cristes rode tacne wrat 7 fcestnode 108. 14 = .... sub-
scribens confirmaret ; zu vgl. auch die konstinktion 30. 4 ff.
(s. anm.).0
1) Heiland 1284 thahtun endi thagodun, huat imo thero thiodo drohtin |
weldi . . . kutheau.
ZUB ALTEKGLISCHEK BBDAÜBEBSBTZUNG. 277
In dieselbe kategorie gehören moderne ausdrucksweisen
wie ^ril try and do it'; *he might be generous and make
them a present of it'; ^sei so gut und hilf mir'.
c) dosre arednesse ist direkte Übersetzung von: ea con-
dicione, also gleichbedeutend mit dem besser bekannten on
Pcet (Pa) gerad. (In der entsprechenden stelle der chronik
lesen wir: And pa Pyhias heom ahcedon wif cet Scottum on
Pa gerad (DE; on p forewyrd F), p hi gecuron heora kynecinn
da on Pa wif healfa Plummer, p. 3.) Dieselbe Wendung findet
sich wieder : post wif he onfeng fram hyre yldrum Posre ared-
nesse, Poßt hio his leafnesse hos f de etc. 58. 13 (= ea condicione).
Ferner : he gehöhte noht micelne dosl poes londes , , , ast sumum
gesiiöe . . . dosre aroßdnisse tocetecedre, Post 274. 8 (= ea con-
dicione addita) ; vgl. Ond hwosöre pis drceddon betweonum htm,
post . . . 254. 22 (= his tamen condicionibus interpositis, ut ...
— (Ines Ges. 62 on da rasdenne; Thorpe, Diplom. Angl., p. 484
(K. JElfreds Testament) on pa gerasdene; ib. p. 104 in das
gerednisse.)
d) da^ seo wise on tweon cyme = ubi res perueniret in
dubium. Ueber öa^ als konditionalpartikel (fast durchweg mit
dem optat., und in der regel zur bezeichnung der * unerfüllten
bedingung'), vgl. Mather, pp. 40 f. ; 79; Wülfingni43t; Grein,
Sprachsch. II 565. Öosr und gif stehen sich in den Boeth.-hss.
gegenüber: 120. 18 f. %c meahte mare reccan . . . ., pa^ ic nu
asmettan hcefde C — ... gif . . . B.
38. 28. (1 119.) Pcet cynn nu geond io dceg Dalreadingas
wceron hatene (Ca) = (a quo uidelicet duce) usque hodie Dal-
reudini uocantur. C gita (statt geond); B gyt Millers Vor-
schlag, fi\r geond: geona und für wwron: earon zu lesen, ist
verlockend.
a) geona (geana, geon) gilt als speziell northumbr. Ein
einziges mal kommt im Beda gean vor: 7 gean soöre Post ic
Drihtnes wordum spreco 338. 29 T (0 gen, B gyt, Ca g^{), in
einer durch eine reihe interessanter Schreibungen bemerkens-
werten partie. Im übrigen ist zu beobachten, dass im gebrauche
von gen{a) und gyt(a) T 0 und B Ca sich in überraschender
weise von einander abheben, indem die ersteren das (dem
westsächs. fremde) gen(a), die letzteren gyt(a) durchaus be-
vorzugen. [Belege sind nunmehr bei Deutschbein, pp. 173f.
zu finden.]
278 FB. KLAEBER,
Zu obigem passus ist allerdings zu bemerken, dass geond
auch aus einem ursprünglichen gen od verderbt sein könnte.
Vgl. z. b. nu gena od pis 110. 13, nu gen od pis 150. 13
(= hactenus) ; nu gen od to dcege 262. 9 ; od gen to dcege
274. 14; nu gena od pisne ondweardan dceg 322. 35 (= usque
hodie).
b) Die angl. form earon ist nur einmal in unserem texte
beglaubigt: Ond monig wundor moegena earon scegd 178. 14
T C (B earan) ; 0 und Ca schreiben wceron. — Zu 212. 25 hat
Miller auf die möglichkeit eines alten earon hingewiesen. Die
stelle lautet im zusammenhange : Pa frcegn he da englas, hwcet
Pa fyr wceron. Cwcedon heo: pis syndon pa fyr, pa de mid-
dangeard wceron forhcemende 7 forneomende (B der on). Der
Wechsel von praes. und praet. ist störend (vgl. Pessels, p. 65),
Hesse sich freilich aus ungeschickter Umsetzung der indirekten
in die direkte rede erklären (= Et interrogans angelos, qui
essent hi ignes, audiuit hos esse ignes, qui mundum succen-
dentes essent consumturi). Doch noch eine weitere stelle ver-
dient berücksichtigung : .... 0^ Peosne ondweardan dasg Pcet
Peer hcelo untrumra monna 7 neaia mosrsode (T mcersodon)
seondon 178. 5 (B wceron-, d. h. ursp. earon?) = usque hodie
sanitates . . . celebrari non desinunt. Millers Vermutung ge-
winnt also an Wahrscheinlichkeit. ^)
Es ist indessen zuzugeben, dass auch sonst bisweilen das
umschreibende praet. verwendet wird, wo wir das praes. er-
warten. Da onscegdnysse, Pa de fram eow deoflum wceron
(keine Variante!) agoldsne, ne magon hi dam underdeoddum
gefulltumian 36. 25 Ca = sacriflcia haec, quae a uobis red-
duntur daemonibus ....;-) mit auffallendem Wechsel : ic wat
pcette pces storm for me is cumen 7 sended wces 412. 14 (doch
fehlt is in BOCa) = propter me est tempestas haec.
28. 30. (1 121.) Hibernia Scotta ealond ge on brcedo his
stealles ge on halwendnesse ge on smyltnysse lyfta is betere
mycle Ponne Breotone land, swa Pcet dcer seiden snau leng
1) Oder ist in 28. 29 das praet. gesetzt, am die bemerknng als auf
Bedas zeit bezogen zu kennzeichnen ? Dem Übersetzer dieses teils ist jede
mögliche nnbeholfenheit znzatraaen.
') Dial. Greg. 313. 13 for hwan wceron ge in swa mycdre gnomunge
geswencte (ßayndan).
ZUB ALTENGLISCHEN BEDA ÜBERSETZUNG. 279
ligeö ])onne Öry dagas etc. (Ca). — Im Oros. heisst es: Ighemia,
])cet we Scotland hataö, hü is on celce healfe ymhfangen mid
garsecge; 7 for Jon Pe sio sunne p(Br gasÖ near on seil ponne
on oörum lande ^ Peer syndon lyöran wedera Ponne on Bret-
tannia 24. 16.
28. 84. (1 129.) Ne pcer mann cenigne snicendne wyrm
ne cetterne gesihp; ne pcer cenig ncedre Itfian ne mceg (Ca). *)
Vgl. tvyrm com snican Neunkräutersegen 31 (Gr.-Wti. I 322).
Die B-variante scinendne mag vielleicht auf ein scnicendne der
vorläge weisen {Öa creopendan & \Öa\ scnicendan Cura Past.
155. 17 H).2) C liest snacan ne wymtJ)
30. 1. (I 132.) Forpon of Breotone ncedran on sdpum
hedde wasron (Ca) =^ nam saepe illo de Brittania adlati ser-
pentes. oft ist offenbar vor of Breotone ausgefallen ; B hat
es bewahrt.
30. 3. (1 136.) Eäc neah pan ealle pa ding, de Öanon
cumad, tviö celcum attre niagon (Ca) ^r= (juin potius omnia pene,
quae de eadem insula sunt, contra uenenum ualent. — {pu
miht wip attre, Zauberspr., 6r.-Wü. I 320. 5, etc.. und ähnlich
in den *Leechdoms' passim.) — Vgl. Ba^t Pcere ylcan stowe
myl wiö fyre wces freomigende 14. 20 = . . contra ignem
ualuerit, wo nach WiUflng (II 621 f.) merkwürdigerweise wiÖ
'nur die richtung schlechthin' bezeichnet. Genau dieselbe
funktion von und in Ond hwcet elles is to secenne wid pceni
hiingre nenme ondlifen, wiö Purst drync, wiÖ hceto celnis, etc.
78. 23 (contra famem etc. etc. ; von Wülflng (11 613) ungenau
unter * richtung auf etwas' untergebracht. — lieber den ge-
brauch von mceg wid s. Koch 2 § 25; Wülflng II 616 f.; Toller
erinnert an altn. mega wiÖ, vgl. Zupitza, Anglia 1 193. lieber
nrnp als begriffsverbum s. ausserdem Wülflng II 33 ; Sohrauer,
Kleine Beiträge zur ae. Grammatik § 3, 2. — (. . . meahte to
hcelo Beda 184. 5.)
*) "That happy cUme which venom never knew" Dryden (Aid. ed.
m203).
') Ueber die sc vgl. Sievers §210; Logemans Benet, Einl. §§ 64 ff.
(woselbst litteraturangaben); Varnhagen, Aoglia VII Anz., pp. 86 f.
^) Eine äbDÜche entstellong : (mid hirt) nicendum (cilde) 144. 23 —
nacendum Ca (0).
280 FB. KLAEBERy
•
30. 4. (1 137.) Pcet to tarne is, pcet sume menn gesawan,
da pe wceron fram ncedran geslegene, pcet man scof ßara hoca
leaf, Pe of Hihernia coman, 7 Pa sceafpan dyde on tooeter, 7
sealde drincan pam mannutn ; 7 sona wces pcet atter ofemumen,
7 hi wceron gehcelde (Ca) = Denique uidimus, quibnsdam a
serpentibus percussis, rasa folia codicum, qui de Hibemia
fuerant, et ipsam rasuram aquae immissam ac potui datam,
talibus protinus totam uim ueneni grassantis. totum inflati
corporis absumsisse ac sedasse tumorem.
a) denique wird gern durch pcet is to tarne (pcet) wieder-
gegeben, so 302. 28; 334. 21 ; 446. 22; {wass Pcet sweotol tacn
Pcette 258. 16 = indicio est quod) 0 oder durch pces is {w(bs)
to tacne pcet, so 116. 16; 264. 11; 270. 33; 370. 9 (vgl Blickl.
Hom. 7. 15) — die hss. gehen öfter im gebrauch dieser zwei
ausdrucksweisen auseinander — ; daneben werden vielseitige
Partikeln, wie pa, ond, foröon verwendet (184.7; 162.18;
164. 23) ; oder es wird auch , als unbequem , gänzlich über-
gangen, z. b. 106. 28; 164, 29; 184. 7; 188. 7; 236.3.
b) sume menn gesawon etc. Millers "men have been seen"
soll vielleicht keine wörtliche Übersetzung sein. Jedenfalls ist
gesawon als 1. pers. plur. zu fassen (= uidimus) gerade so wie
334. 21 Post is to tacne, pcet we gesawon = denique ....
uidimus. Die auslassung des pronomens ist schwerlich als
idiomatisch zu bezeichnen; sie lässt sich in keine der von
Pogatscher vorgeführten abteilungen einreihen (Anglia XXIII
261 ff.).
80. 29. (1 193.) hetwiih odera unrim cewyrdleana (B oewerd-
leana) Bo^nwara rices (Ca) = inter alia ßomani regni detri-
menta inriumera. — HO. 23 cewerdlan = detrimento. 202. 20
gewyrdledon (B gecewerdledan, OCa gederede wceron), — Infes
Ges. 42 E cewerdlan (HB cefwyrdlan); iElfreds Ges., EinL*27
G H cewyrdlan (E cefwerdelsan) ; Dial. Greg. 50. 24 0 cewyrdlan
(C cefwyrdlan, H hynda), vgl. 284.5, 291.9; Rush.i, Matth.
16. 26 ewyrdlu = detrimentum; Lindisf. Go. und Bush.',
Luc. 23. 40.
^) Dcet is to tacne Öcet man endebyrölice Öone biscepdöm healde, Öcet
he hine on godum weorcum geendige Cnra Fast. 53. 21 = nnde ipsuiii quo-
que episcopatus officium boni operis expressione definitor.
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBERSETZUNO. 281
Die merkwürdige schreibnng cewyrdleana ist wohl fehler-
haft für cewyrdlana ; vgl. z. b. geferana 412. 16 T (Schreiber 5) ;
wisana 484. 25 CCa; Fresana 190. 1 0; auch dagana 152. 1 0
(dagena 406. 20) ; s. Sievers § 276, anm. 2 ; 3 ; § 237, anm. 4.
32. 6. (I 2]ti.) hced hine 7 halsade, Pcet he Purh his bebod
cristene (B cristen) gefremed wcore (Ca) = obsecrans, ut per
eius mandatum Christianus efficeretur. In Baskervill-Harrison,
Anglo-Saxon Prose Reader (New York 1898) finden wir die
unmögliche Interpretation von cristene als dat. sing., mit der
wörtlichen Übersetzung "framed or changed to a Christian".
Falls das wort nicht bloss vei-schrieben ist für cristen, wird
die schwache form anzunehmen sein (vgl. auch pis ungesellige
gear . . . gen to dcege lade wunaö 1 54. 6) ; das endungs-e (statt
-a) macht keine Schwierigkeiten, da die endvokale auch sonst
oft genug durch einander gehen. — Qxvd hine cristenne beon
6. 13; wws cristen geworden 16. 3; cristen wces geworden 34. 21.)
32. 7. (I 214.) 7 hrade Pa gefreniednesse dcere arfcestan
hene wces fylgende (Ca.). Von Wülflng erwähnt (1 190) bei
fylgan in der bedeutung 'folgen, nachgehen, ausführen' (von
Miller übersetzt: "And his pious request was quickly carried
into effect"). Indexen ist wces fylgende einfach ängstliche
Übertragung von: (effectum piae postulationis) consecutus est,
* erlangte'.
34. 1. (I 261.) Das komma nach yfeUdon ist zu tilgen
und hinter cyrican einzusetzen. So Schipper.
34. 4. (I 268.) äurh tyn winter füll (Ca) = per X annos.
(B Purh tyn winter.) Eine beliebte Verstärkung; so purh
nigon ger füll 288. 5; Preo gear ful 142. 14; preo winter ful
238. 28; preom wicum fullum 394. 17; preo dagas 7 Preo neaht
fülle 290. 11. an dagas 7 nihte fülle 462. 8. {syx ger ful =
VI annis continuis 138. 29.) — Oros. 50. 21 ; 88. 10; 102. 9. —
Chron. A.D. 1087 fülle six wu<^an\ A. D. 1123 fülle twa dagas,
— Wulfstan 14. 7.
34. 5. (I 269.) Godes cyricena hynnysse (Ca) = incendiis
ecclesiarum. B hat mit bcernesse das richtige bewahrt, hyn-
nysse (hennisse) mag durch das vorausgehende hyndon 7 her-
gedon Godes cyrican 32. 27 verschuldet sein. Vgl. 34. 7.
34. 6. (I 272.) Wces eac Bryten pa swyöe gehyned (B
gehead) on myclum wundre (B wuldre) Godes geleafan 7 ondet-
282 FB. KLAEBEB,
nysse (Ca) = Denique etiam Brittaniam tum plurima con-
fessionis deo deuotae gloria sublimauit. Miller: "Britain also
was sorely afflicted, to the great glory of the faith and con-
fession of God". Him folgen Baskervill und Harrison in der
beibehaltung und interpretation von gehyned. t- Das verkehrte
gehyned ist zu ändern entweder in gehead (106. 27 hean (j
miclian) T 0 Ca, hyn B) oder in geheed (so Smith ; vgl. Sievers
§408, anm. 18: "angl. geheed Beda"). Vgl. Schippers anm.
zur stelle.
wundre (Ca) steht irrtümlich für wuldre. Die beiden
Worte werden oft verwechselt. D. h. wuldorQk) (= gloria,
glorios(issim)us) wird ganz gewöhnlich zu wundorilic): 94. 11 B;
108.25 BCa; 146.27 OCa; 150.21 OCa; 176.1 BCa; 196.4
B; 262. 18 Ca; 288. 15 OCa; 418. 17 OCa. (OE. Martyrol.
98. 15.) Der umgekehrte fall : 216. 15 wundorlice gemete T
(= mirum in modum) — wuldorlice (Prowiende) B ; vgl. 156. 13
aan wundor {= miraculum) — an wuldor 7 an wundor B.
ä4. 15. (I 293.) on gestlidnysse onfeng (Ca) = hospitio
recepit. 60. 8 in gestliönesse onfon ; 66. 9 gesüiönesse bigonge ;
278. 21 gestliönesse 7 feorme. — So Wihtraeds Gres. 7 Gif be-
scoren man steorleas gange him an gestliönesse; Blickl. Hom.
163. 11 gastlipnes \ Vita Guthl. (ed. Goodwin) 94. 17 on gcest-
lipnesse\ Dial. Greg. 194. 12 gestliönesse y neben cumliönesse
(vgl. 76. 19, 77. 3) — letztere Komposition findet sich in iElfric
und Wulfstan — ; OE. Martyrol. 168. 24 he wces swa giestliöe.
Vgl. got. gastigops] gastigodei.
Begreiflicherweise werden lat. simplicia oft durch ae. com-
posita vertreten. Z. b. auch godgield 34. 30 (== ara) , scipherc
44. 21 (= nauibus), vgl. 50. 28 (= classis), cynegewcedum 32. 25
(== purpuram), wfengereorde 18i. 2S (= caena), Ä^rcrca/* 92. 14
(= spolia), herehyp 306. 25 (= praeda), leodhata 154. 2, 9
(= tyrannus), ^) firenlust 48. 27 (= luxuria), feondseoc 186. 6
(= daemoniosus), vgl. 184. 5, gebrcecseoc 270. 34 (= freneticns),
hyrgenleoÖ 94. 12 (= epitaphium), leoösongum 342. 9 (= car-
minibus), fulwihtstowe 140. 20 (= baptisteria), blodgyte 30. 18
(= sanguine), sigebeah 40. 5 B (= coronam; Ca beah 7 sige),
1) Boeth. 36. 29 Öces leodhatan gewuna wces ; Dial. Greg. 163. 32. Das
wort scheint aus der poesie entlehnt zu sein.
ZUR ALTENGLI8CHBN BEDAtlBERSETZUNG. 283
hereheacen mit hinzugefügter glosse id est Credo 310. 28 (=
symbolum ; vgl. Plummer II 231). ^
34. 17. (I 296.) pa wces he senininga mid Pam (B Öeere)
godcundan gyfe gesawen 7 gemüdsad (Ca). Vgl. Dial. Greg.
101. 9 pa semninga wces he gesewen 7 gemiltsod fram Pcere
upplican gife (der lat. text ist uns unerreichbar). — Das neu-
trum gif ist von Cosijn anerkannt worden (Beitr. XXI 252)
mit hin weis auf (Par.) Ps. 71. 10 eardgyfu (plur.) und Andr.
575 gif. Im Beda findet sich eine ganze anzahl von abwei-
chungen (und Schwankungen) im gebrauch des geschlechts,
z. b. hendy m. u. f. ; eöel, m. u. n. ; dwly m. u. n. ; sce^ m. u. f. ; rim,
m. 406. 21 TCOCa; wrohtas 214. 18 T; wihedas 466. 10 Ca
— weofoda B ; gen. sing, onsynes 194. 34 T 0 Ca ; pinum an-
syne 486. 6 Ca. Eine vollständige Zusammenstellung soll am
schluss gegeben werden.
36. 4. (I 333.) Foröon de du pone mangengan 7 pone
wipfeohtend 7 pone forhycgend ura goda Öu me helan woldest
swyÖor ponne minum öegnum secgean, (Ponne wite öu , . . (Ca)
= quia rebellem ac sacrilegum celare quam militibus reddere
maluisti.
a) Es ist nicht nötig, in du me helan . . . mit Miller eine
corruptel zu erblicken. Wenigstens braucht die nachlässige
Wiederholung des pronomens Öu nicht beanstandet zu werden ;
diese art pleonasmus steht keineswegs vereinzelt da. 114.22
hwcet ic fore Cristes cneohtum, pa he me in tacnunge his lufan
hebead, bende 7 stvingan 7 carcern .... ic Prowade: 378. 1 Pect
he nalas cefter miclum fcece he eac swylce to Dryhtne ferde;
42. 4 Pa cristenan men 7 da geleafsuman, Pa pe hi cer on da
frecnan tid .... hi hyddon 7 digledon. Zu vgl. auch pa
ping, da de sod 7 best gelefdon, Pcet eac swilce willadon us
/)a getmensuman 60. 6. üeber ähnlichen pleonasmus im ge-
brauch der praepositionen vgl. Sohrauer § 25 ; Einenkel , in
Pauls Grdr.U, p. 1117.
b) Doch halten wir es für wahrscheinlich, dass in me der
komparativ me {mce) steckt, und dass swydor vom Schreiber
aus missverständnis hinzugefügt wurde; letzteres fehlt in C;
in B fehlen auch die folgenden vier worte, nach Schipper
*) herehcecon = simbolam, Epin. Glosa. 919; Corp. GI088. 1873, 1971.
284 FB. KLAEBEB,
"vermutlich übei-sehen vom Schreiber wegen des zweimaligen
donne-\ d. h. wahrscheinlich stand swyöor nicht in der vor-
läge. Analoge fälle begegnen 86. 10 (forpon heo is) ma (to
sorgienne) — m^ stvyöor B ; 190. 24 ma T, fwc B 0 — me . . .
stcydor Ca. Die form me bezw. mce lässt sich in unseren hss.
nicht ganz selten belegen und scheint in der urhs. noch viel
häufiger gestanden zu haben, [mw ist die regelmässige form
in Rush. ^ (Brown I, p. 69) ; desgl. mae^ m^ im Vesp. Ps. (Zeuner,
pp. 41, 139); mae in Vesp. Hy. 3. 4 ; mcp Lindist 6o., John. 7. 31.]
mce findet sich in der ältesten der erhaltenen hss. , Z 278. 30
(TBOCa ma); sodann 410.28 T (Schreiber 5) (BCOCa ma)
und 414.24 T (Schreiber 5) (OCa ma, B svnöor); auf dieselbe
form weisen auch die Varianten der beiden folgenden stellen:
92.4 me T, ma OCa, mwg C, mceg*' B; 294. 11 ma TBCa,
mce 0. Weiterhin haben wir uns folgende belege von me
notiert. 288. 18 T; 94. 17 OCa B; 82. 26 B; 260. 31 B;
224. 19 B; 190. 24 OCaB (wo aber B den text sicherlich falsch
aufgefasst und me als pronomen behandelt hat; auch in an-
deren fällen mögen wir mit einem missverständnis in B zu
thun haben).*)
Die vertauschung von ma {mce, me) im sinne von ^potius,
amplius, magis ' mit dem nachdrücklicheren swiöor ist noch an
folgenden stellen in B zu beobachten: 102. 19, 116. 11, 162. 16,
208. 16, 264. 10, 414. 24, 454. 14; dazu 196. 7 ma T OCa —
swidor . . . mare B ; 370. 29 mu 7 wa T 0 Ca — ma ^ swifor
B.-) Auch auf andere weise ist B diesem komparativ ansge-
mchen. 134. 19 ma OCa. — betB; 44.33 {hi no) md (ne
*) Wenn mitunter die scheinbar umgelautete form mcera (mcBre) an-
getroffen wird, so kann dies auch auf vertauschung oder verwechBlnng mit
m(Er€ 'berühmt- benihen. Zweifellos in 260. 17 se w(bs md in ciriclecum
Peodscipum . . . gelcered, pon . . . TBOCa — mare B. Höchst wahrschein-
lich in 318. 21 btiton mar an symhelnessum 7 tidum (= praeter maiora
sollemnia) — buton symnessuvi py mceran tidum B. — Allerdings umge-
kehrt: 174. 2 odpe in gecorenisse lieora Peowa masrran 7 betran (= in-
signiores) T — maran 7 beteran OCa, maran 7 brcedran B; 8.5 mid Py
marran hungre (= fame famosa) Ca — maran B. (Vgl. Cura Past. 301. 12
Ac se ure Aliesend, de mara is d- mcerra eaUum gesceaftum,)
*) Cura Past. 251. 21 Öast hie stia micle ma beoÖ Godes beam, d^ he
hie sua mide ma lufaÖ sua he hie suiÖur manaÖ & suingÖ, Dial. Greg.
330. 24 swa myccle swyPor swa neal(ecende is Peos 7 wearde womid io ende,
swa mycle ma eac . . . j etc.
ZUR ALTENGLI80HEN BEDADbERSBTZUNG. 285
miJiton . . . s wende heon) CCa — l^ng B. mare erscheint dafür
176. 2 B, 370. 15 B (vgl. mara in Rush.2). Endlich steht einem
ma *plus', ^plura' ein wäre gegenüber : 132. 1 niaTO — mare
BCa; dazu 198. 14 ndlesma (ponne py twelftan dwge) TOCa
— nales mare fcec B.
c) Wie ist das merkwürdige mangenga (wahrscheinlich
cijta^ Xeydfitvov) zu erklären? Man ist versucht zu glauben,
dass von (poet.) compositis wie sceadugenga, angenga ein quasi-
suffix -genga abstrahiert wurde. Oder schwebte dem Angel-
sachsen ein man began (begangan) vor? B bietet das alltäg-
liche manfullan,
36. 15. (I 354.) Hwcet limpep Pces to öe of hwylcum
wyrtruman ic acenned si? (Ca) = Quid ad te pertinet, qua
sim stirpe genitus? 'Was geht es dich an?' So Ba frcegn
he hine, hwcet Pa^s to Mm lumpe, hwceÖer lie wacode Pe slepe etc.
128. 19 = . . quid ad eum pertineret. Ganz ähnlich im Boeth.:
Hwcet belimpd Po to hiora f(egernes[s\a? 29. 17; Hwcet belympÖ
(urspr. limpö C) his to Pe? 31. 7. Dass hier hwcet mit partitivem
genitiv {pa^s^ his, fcegernessa) konstruiert sei, wie Wülfing meint
(I 99; 426; Engl.Stud. XXVin 107), halten wir für unwahr-
scheinlich. Was sollte auch ein solcher genitiv bezwecken?
Wir glauben vielmehr, dass die genitive in der that zu {be)limpan
gehören. Die konstruktion lässt sich etwa mit der von reccean
vergleichen, z. b. hwcet rohte ic öces lyfes gyf ic ndwiht nyste
Shm. 194.2 (aus B-T). ^) An die Verbindung des unpersön-
lichen verbums mit dem genitiv dürfen wir uns nicht stossen. 2)
36. 27. (I 378.) Äc gyt sopre is = quin immo. 338. 29
7 gean sodre Pcet ic Drihtnes wordum spreco = immo ut uerbis
domini loquar; 474. 9 oPPe Pcet gen soPre is = immo.
38. 8. (I 405.) micle menigo monna ceghwceöeres hades;
7 wceron missenlicrce yldo 7 getincge men (Ca) = non paruam
hominum multitudinem utriusque sexus, condicionis diuersae et
aetatis. — Was ist getincge? Man möchte an das subst. ge-
ping{e) äeukeu, welches ^condicio' (als *bedingung' verstanden)
^) Mark. 4. 38 non ad te pertinet qoia perimus == 7ie be-UmpÖ to pe p
we foncurpab Corpus MS.; ne to de gibyreÖ foröon Öcet we deade l ne
reces du Öah we deadt sie Bush.
') ^%^' ^^ geweard Pe pces . . . Öcet iht scebeorgas secan woldes Andr.
307: geweard him 7 Pam folce . . . anes Chron. A. D. 1014 £.
286 FR. KLAEBER,
wiedergeben sollte; dann wäre freilich entweder gen. sing.
ye])in(jes zu erwarten, oder die endung -e (statt -a) als zeichen
für den gen. plur. aufzufassen. (?) — Oder ist an gePyncÖo
'dignity, honor', bezw. gedyngo (Lindisf. Go.) anzuknüpfen?*)
38. 10. (I 410.) 7 hi swa Öces streames hrycge dbysgade
wceron (Ca). Eine schülerhafte Übersetzung von : et ita [mul-
titudo] fluminis ipsius occupabat pontem — nach analogie von
fällen wie: utpote qui grauissimis eo tempore bellis cum
Blaedla et Attila regibus Hunorum erat occupatus = forpon
on öa ylcan tid he tvces ahysgad mid hefigum gefeohtum wiÖ
Blcedlan 7 Atillan Htina cyningum 48. 10 (Ca); oder 354. 1,
354. 17. tJeberhaupt gilt abysgian (gebysgian) ganz gewöhn-
lich als Übersetzung des lat. occupare ; s. Wr.- Wü., Gloss. ; Cura
Fast. 127. 15, 175. 26, 159. 10; vgl. 169. 12.
38. 25. (I 439.) ... on Pa dune ujyp , seo wces Öa tidltee
grene 7 fccger 7 mtd misenlicum blostmum wyrta afed {afcegrod
B, C?) 7 gegyred wghwyder ymbutan (Ca). Miller sieht ohne
grund die lesart afed als eine textverderbnis an. afed ent-
spricht genau dem 'depictus' der vorläge (uariis herbarum
floribus depictus), ebenso wie 58. 25 {anlicnesse Drihtnes
Hcelendes on brede) afoegde 7 awritene (0) (= imaginem domini
saluatoris in tabula depictam). lieber frühae. formen des vor-
histor. *faihjan = pingere s. Sievers § 408, anm. 18, und Pauls
Grdr.2 I, p. 251; vgl. umord. faihiöo, Noreen, Altisl. Gram.*
p, 258 ; Sweet, OET., p. 598.
e (in afed) für umgelautetes ä (germ. ai) — im allge-
meinen als kent. zu deuten — ist nicht unerhört im Beda,
jedoch abgesehen von der von dem "Kenter T ^" (Deutschbein,
pp. 194 f.) geschriebenen partie nur sporadisch anzutreffen.
Zu den von Deutschbein aufgezählten e-formen lassen sich hin-
zufügen: 112. 10 reces C (r?c5^ T, rmcest B); 72. 23 are laÖere
0 (Areela pcere \byrig] T B Ca).
Hs. B lässt in 58. 25 afcegde einfach aus, während in 38. 27
afed in afcegrod verbösert ist (letzteres, wie es scheint, eine
kontaminationsform von fcegrian und afcegan, s. Sweet, Ags,
Dict.). 2)
*) Cura Past. 411. 25 Öone had 7 Öa gedyficÖo.
*) In iElfredscher prosa: .ati(e)fred = depictus, Cura Past. 158.23;
157. 4; atefred Solu. 338. 44.
ZUR ALTEKGLISCHEN BEDAObEBSETZÜNG. 287
40, 9. (I 472.) ne tvcBS he forlwten pcet he ofer him deadum
gefege (Ca) = gaudere super mortuum non est permissus.
B geferde. Anstatt die möglichkeit der bedeutung "triumphie-
rend hinweggehen, triumphieren" für geferan ins äuge zu
fassen (Schipper), haben wir geferde ohne weiteres als ge-
dankenlose entstellung zu verurteilen. Die angl. form gefege
brachte den südlichen Schreiber zu falle. (Dial. Greg. 294. 20
hym nces na alyfed, ]mt he moste ofer hine deadne gefeon,)
40. 12. (I 479.) mid Pam (B p{) uplican mihte geöread
(Ca) = superno nutu correptus. 50. 14 mid Drihtnes mihte
gestihtad (Ca) = domini nutu dispositum. Dieselbe Übersetzung
von *nutus' in Wr.-Wü., Gloss. 1454. 19, 521.26 (ib. 454.24,
525. 26 nutum = willan). Das auffallende genus ist nicht zu
beanstanden; s. anm. zu 34. 17. Der gen. mihtes findet sich
im (Par.) Ps. 70. 18 pines mihtes prym. Der neutrale gebrauch
im northumbr. (Lindisf. Go. u. Rit.) hat nichts befremdliches
(Lindelöf, Beiträge zur Kenntnis des altnorthumbrischen, p. 17).
40. 21. (I 496.) Woes he Prowigende se eadiga Albanus
. . . neah Öcere ceastre, öe Romane heton Uerolamiufn, seo nw
fram Angelöeode Werlameeeaster oppe Wceclingaceaster is
nemned (Ca). Plummers text zeigt die form Vaeclingaccestir;
Holder druckt Vaeilingacaestif*, S. Miller, Place Names, p. 62
("Locally Wcet- with t seems preferred"). — (OE. Martyrol.
100. 26 seo stow pcer Älhanus prowade is neah Pcere ceastre
pe Bryttwalas nefndon Verolamium ond Aengla Peod nemnaÖ
nu Wostlingaceaster)
40. 24. (I 502.) Das komma gehört nach (ßfter pon, nicht
nach sona.
42. 12. (I 549.) se Ärrianisca gedweolda (Ca) = . . . Ar-
rianae uesaniae. B gedwola, — 42. 22 gedweola Ca {dwola B);
442. 2 gedweola Ca; 362. 14 dweoligendum Ca. — 42. 19 ge-
dwola B Ca. In der kapitelüberschrift: 6. 20 gedwolan B Ca. —
gedweolda (für gedwolda, wie gedweola für gedwola steht,
s. anm. zu 14. 20) wird aus Vermischung von gedwola und
gedwild (gedwyld) zu erklären sein. (Vgl. z. b. Chron. A. D. 381
(380) on pam timan aras Pelagies gedwyld,)
42. 19. (I 562.) ... 7 Pcet deadhasrende attor his getreow-
leasnysse naloes Podt on (B an) eallum middangeardes cyrican
pcet he stregde, ac hit eac swylce on pis ealond becom (Ca) =
288 FR. KIjAEBER,
. . . exitiabile perfldiae suae uirus . . . nou solum orbis totius,
sed et insularum ecclesiis aspersit. Zur form on (d. h. öh)
s. anm. zu 10. 23. Nach nalws Pcet o» mag die praep. on aus-
gefallen sein; vgl. pcet tvceter on adlige men odÖe on neat
stregdad 156. 6 (= asperseiint) ; auch 118. 12 f.
44. IL (I 617.) Ba on dcere unstünysse onsendon hi
\ cerendwrecan to Eome mid getvritum 7 wependre bene: htm
fultumes hcedon , 7 him gehetan ... (Ca). Diese unrichtige
interpunktion Millers (auch Schippers, der Semikolon nach hene
setzt) ist zu ändern: . . . mid gewritum, 7 wependre hefie him
fultumes bosdon (= lacrimosis precibus auxilia flagitabant).
So 44. 24 7 tv(e])endre stefne him fultumes hcedon (Ca).
44. 26. (I 648.) scean 7 hryhte (Ca) = claruerat. Die
B-lesart scan beorhte ist eine unverkennbare neuerung (viel-
leicht aus scan 7 beorhte verderbt). 218. 32 sdnad 7 beorhtaÖ
== claruisse (B beorhtigad)\ 364. 16 scan 7 byryhte T (Schrei-
ber 3) = effulgeret (C beorhte, B beorhiode). Ueberhaupt ist
die Verbindung dieser beiden verba sehr beliebt. — Dieselbe
metathese des r in {an eagan) bryhtm 136. 3 0 Ca (B C beorht).
Sievers § 179, 2.
44, 32. (I 658.) hlodedon 7 hergedon (Ca) = praedas . . .
cogere solebant. 48. 23 hi onhergedon 7 hUoÖedon (Ca) (B
hlopedon) = praedas . . agebant. Das verbum hloöian scheint
nur im Beda vorzukommen. Auch das subst. hlod = 'praeda'
92. 13, 150. 26 scheint unserem texte eigentümlich zu sein
(während hloö in der bedeutung ^schaai*, bände' ganz be-
kannt ist).
48. 1. (I 735.) Swylce cac his rices Py Öriddan geare eae
twentigum Aetius tvces haten mcere man, se wo^ iu mr heah
ealdorman, 7 pa wces Priddan siöe consul 7 cyning on Borne
(Ca) = Anno autem regni eins uigesimo tertio, Aetius uir
inlustris, qui et patricius fuit, tertium cum Symmacho gessit
consulatum. — Eine interessante satzfügung (erwähnt von
Wülfing I 2), auf die man sehr Tiäufig stösst. Dieselbe scheint
aus einer verquickung zweier konstruktionen hervorgegangen
zu sein, und zwar 1. eines die betr. thatsache darstellenden
Satzes : * Zu jener zeit war Aetius, ein berühmter mann, ....
konsul', und 2. der so beliebten, parenthetisch zu denkenden
bemerkung: * Dieser berühmte mann hiess Aetius' (vgl 7 Pa
■ ' ■ ■
ZUR ALTENGLISCHEN BEDACBERSETZUNG. 289
gelicode htm eallum mid heora cyninge, Wyrtgeorn wces haten,
Pcet .... 50. 12 (Ca) = placuitque omnibus cum suo rege
Vurtigerno , ut . . . . ; öa wceron cumene of Hihernia Scotta
ealonde mid heora heretogan, lieada hatte 28. 25 (Ca) = qui
duce Reuda de Hibernia progressi . . . . ; 7 o^er his sunu,
Wuscfrea woss haten (BOCa Wuscfrea hatte) 140. 3 = et
alter filius Vuscfrea ; 24. 18 f. ; etc.) ^)
Weitere von uns angemerkte beispiele sind: Da wces on
Pa tid JEdelbyrht cyning haten on Centrice 7 mihtig; he hcefde
rice ... 56. 25 (Ca) (B . . . in da tid JEÖelbyriht cyning on
Cetrice 7 se wces) = Erat eo tempore rex Aedilberctus in
Cantia potentissimus, qui . . . ; Wws se a^resta dbhud Poes ylcan
mynstres Petrus haten ma*ssepreost 90. 25; 100. 18; 406. 13.
Desgleichen im Oros. On piem dagum Finnus wcbs liaten
Stirn nwn on Africum, se wws pcer wilniende pces onwaldes
290. 6; 98. 4; 108. 15; 168.36; 222. 24.
Dial. Greg. 7 Pa gelamp hit, Pwt sum ealdornian tvces
Daria gehaten, se wces mid here cumende 14. 14; 16. 8; 130. 31 ;
305. 19.
Epist. Alex. (ed. Baskervill, Anglia IV). pa wces haten
Seferus min Pegn, funde pa wteter in anum holan stane.
Wulfstan. ac eft a^fter pam ymhe LXX geara, Pcbs pe
seo hergung wa^s, Cyrus hatte Persa cyning; se gefreode ....
14. 9. 2)
Aus den poetischen denkmälern ist etwa Gen. 1082 ff
hierher zu ziehen. Die verliebe für den gebrauch von hatan
*appellare' in der dicht ung ist bekannt.
48. 6. (I 743.) Her is Brytta geong (B gnornung) 7 geo-
merung (Ca) ^^ gemitus Brittanorum. In Ca ist yrmd (nach
Schipper yrmd) über geo7ig geschrieben. — 76. 15 (1 1759)
gooung 7 sdr = gemitus (goung OCa^ geong B). 88. 15 (I 22ü0)
goaJ 7 geomraÖ ^^ ingemiscat {hogad OCa, gced B, geP C).
88. 17 (I 2207) goinde 7 geomriende = gemebat {hogiende OCa,
seofiende B, gende C). (82. 12 geomrade =^ gemebat.) Schippers
anm. zu I 2203 (vgl. seine anm. zu 1 1756/9) stellt die ver-
*) Ond Hononua woss haten se de for hine to biscope gecoren w€es
146. 13 = et Honorius pro illo est in praesulatum effectus.
*) Brada hatte wces gebur to IlceÖfelda Thorpe, Diplom. Angl. G50. 14;
Buhe hatte was Dryhtlafes moddrige j wces afaren . . ib. 651. 3.
Angll». v.F. xui. 19
290 PR. KLAEBER,
hältnisse auf den köpf. Dass goaö, goiende, goung 'authentisch'
sind , unterliegt keinem zweifei. Miller I, Einl., p. l ; Sievers
§ 414, anm. 5, a). Ausserhalb des Beda giebt es nnseres
Wissens keine belege.
48. 19. (I 775.) Com se foresprecena hungur ecx swylce
hider on Bryttas 7 hi to öon swype wcehcte (Ca). B wddcte.
(= adficiens.) Wülfing (I 259) stellt wcehcte zu "weccan, weo
gean erregen, bewegen, erwecken", anstatt zu wcecan (u?(Bcan,
zu tväc). (ge)wwcan, gewöhnlich dem lat. 'afficere' entsprechend
(wie mehrfach in xElfric und in den westsachs. Evangelien)
findet sich noch 36. 34, 302. 27, 302, 30, 378. 29, 250. 4 wceced
(B aweht) , 294. 27 woicecl (B iveht). An den beiden letzten
stellen hat B wieder einmal einen handgreiflichen fehler be-
gangen. Die Schreibung wcelide scheint einen kompi'omiss
zwischen tvcecte und tvcehte (Sievers § 407, 2) darzustellen. *)
48. 20. (I 778.) pcet heora monige heora feondum on hand
eodan (Ca) = . . infestis praedonibus dare manus. 54. 2 Sume
for Imngre heora feondum on hand eodon = . . manus hostibus
dabant. (34. 28.) Neben dieser (z. b. aus dem Oros.) so wohl
bekannten redensart findet sich als Übersetzung von 'manus
dare' noch hy messe ge^afian 258. 11; treowe sellan 248.1;
vgl. Plummer II 200.
50. 3. (I 808.) on hra^rdnesse (Ca) = in breuL B t»
hrednesse. Mit Millers erklärung von hrcerdnesse als hrerednesse
können wir uns nicht befreunden. Ca hat übrigens hrafdnesse,
womit möglicherweise hardnesse gemeint war, vgl hdsrdlicof
( - citius) Benet 24. 6. Sonst wäre entwicklung eines un-
organischen r einzuräumen (zu vgl. auch hnergtrafum Beovr -
175?). (Dies findet sich — freilich unter anderen lautlichec*^
bedingungen — in frecernes, s. Miller I, Einl., p. l; eormcB^^
(=: Eomaer) 122. 9 CO Ca.) — Zu on hrcednesse 'in kürze' vgK>
z. b. Benet 24. 5 on hrcednesse (= in uelocitate) ; Vita OutUM^
14.23 on hrcedlicnesse; ib. 10.2 mid micle rascUicnifSse;
^) icivgan in der Chron. : pa wceron hie mid metdieste gewctgde A.
804 (— (jewcehte W), während z. b. -Elfric, Sainta 11 86. 906 tw we
yeivcehte mid gewinne 7 meteleaste.
iccegan = fallere: ne hine oiciht his geleafa waigdedSQ. 82 =
eum sua fides fefeUit.
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAUBEBSETZUNG. 291
Greg. 157. 14 mid eallre hrcednesse-, ib. 195. 28; 196. 24 mid
mycelre hrcednesse; 123. 12; 132. 8; 181. 8; vgl. 299. 15.
50. 21. (I 853.) 7 on eastdcele pyses ealondes eardungstowe
onfeng .... Pcet hi sceoldan for lieora edle compian 7 feohtan
(Ca). Die nachdrückliche antithese des lat. Originals
(. . . quasi pro patria pugnatura, re autem uera hanc ex-
pugnatura ) ist nicht nachgeahmt worden. Auch das
Wortspiel des folgenden satzes wurde (notwendigerweise) ge-
opfert: cum hostibus, qui ab Aquilone ad aciem uenerant
= wid heora gewinnan, J)e hi oft cer norÖan onhergedon 50. 24
(Ca). S. auch anm. zu 142. 25. Aehnliche in der Übersetzung
verloren gegangene lautanspielungen des lat. textes sind z. b.
fame famosa I, c. 14, Überschrift (= ae. Version 8. 5); f ames
— famam I, c. 14 (= 48. 19); sed quo vetustior est, eo solet
esse uenustior I, c. 1 (= 26. 11); autumans se uerberibus,
quem uerbis non poterat, cordis sui emollire constantiam I,
c. 7 (= 36. 32).
Andrerseits aber ist die engl. Übersetzung in sehr reichem
masse mit dem schmuck des Stabreims ausgestattet worden.
Näheres darüber am schluss.
60. 29. (I 868.) 7 him Brytias sealdan 7 geafan eardung-
stowe hetwih him Poet hi for sibbe 7 hcelo heora edles campodon
7 wunnon wid heora feondum, 7 hi him andlyfne 7 are for-
geafen for heora gewinne (Ca) = Susceperunt ergo, qui ad-
uenerunt, donantibus Brittanis, locum habitationis inter eos,
ea condicione, ut .... Dies ist das beste uns bekannte
prosabeispiel von pcet = * unter der bedingung dass', oder
* dafür dassV) vollständig parallel mit der von Cosijn (Beitr.
XXI 9) beigebrachten konstruktion : biÖ pe meorÖ wiÖ God, \
Pcet pu US on lade liöe weoröe Andr. 275 f. Der von Wülflng
(II 147) in Übereinstimmung mit Cosijn citierte beleg aus
Boethius (Card. 358. 19, Sedgef. 136. 26) erledigt sich durch die
bestätigung der lesart pcer (nicht pcet) in Sedgefields ausgäbe.
52. 2. (I 874.) Comon hi of Prim folcum dam strangestan
Germanie, pcet of Seaxum 7 of Ängle 7 of Geatum (Ca). Die
*) Deutlicher ausgedrückt 54. 2 Sume for hungre heora feondum on
hand eodon 7 ecne Peowdom geheton, wiÖpon pe him mon atidlifne
forgefe,
19*
292 FR. KLAEBER,
lesung p<vi Is {^ id est) ist mit recht von Wttlflng (I 377)
und Schipper befürwortet worden. — (Oros. 138. 3 feower pa
strengstan Öeod<i hi him hetweonum gesprcecon — Pcet wceran
Umbri, 7 iJrysci, 7 Somnite, 7 Galli — Pcet hi tcolden on
üotnane winnan, — Oros. 48. 14 Pa da Gotan caman of pcem
hwatestan monnum Germania.)
62. 13. (I 895.) of Öws strynde (Ca) = de cuius stirpe.
B setzt dem klassischen südlichen Sprachgebrauch gemäss cynne
für strynde ein. [Mittlerweile hat sich auch Deutschbein,
p. 172 über strynd ausgesprochen.]
So 194. 5 of Eadwines strynde Pws cyninges (= de stirpe
) TC — cynneiß) OCaB; 328.17 pcet he wces ceÖel(r)e
strynde (= de nobilibus) T 0 Ca — oepeles gestreones B ; 406.
10 of Öccre cynelican strynde (= de stirpe regia) T 0 Ca —
q/nelican gebyrdo B ; 452. 29 wces he of cepelre strynde Angel-
Peode {= de nobilibus . . .) 0 Ca — cepelre gebyrdo B.
(Hingegen — in der legende von Albanus — of hwylcum
wyrtrunian ic acenned st 36. 15 (Ca) = qua sim stirpe genitus.)
strynd ist sonst nur nachzuweisen in Lindisf. Go., Kush.^,
Kit., Blickl. Hom. 23. 28; ausserdem eormenstrynd SaL o.
Sat. 329.
52. 14. (I 897.) Ne wces da ylding to Pon Pcet (Ca)
= non mora ergo. — ne wces Pa elding Pcette 60. 30; 376. 31
(C nces Pa lang pte) ; ne wces Pa elden (B 0 Ca ylding) Pcette
178. 26; ne wces da celden (BOCa ylding) 400. 20; ne wces he
eidende 192. 11; pane elde he 130. 9; 130. 15; 292. 23. 7 sona
butan yldincge (= nee mora) 152. 21. pa sona buton eldnesse
(nee mora) 100. 7. 0
52. 15. (I 898.) heapmcelum (Ca) = certatim, welches mit
aceruatim verwechselt zu sein scheint (54. 2 heapmaslum (Ca)
= aceruatim) ; s. Aug. Schmidt, p. 44. — (Oros. 170. 7 hie him
heapmcelum seife on liand eodon, — Dial. Greg. 200. 28, 255,
16, 257. 8.
1) Nces pa ncetiig yldend (Verc. Fragm. ylding) to ßam Pest . . Vita
Guthl. 36. 5. Goodwins erklärung "none of them delayed" (so auch B-T)
ist verfehlt, (ncea pa nan htcü to pam pcet ib. 46. 21; 50. 11; 54. 15, 28;
96. 19.) Man könnte an die Schreibung acyldenda (i. e. , Seyldinga) Beow.
148 erinnern; doch mag ylden (elden) gemeint sein ; s. unsere Anm. su 76. 24.
ZUB ALTENGLISCHEN BEDAÜBEBSETZUNO. 293
52. 27. (I 923.) . . . Swa ponne her fram posre arlectsan
öeode, hwceffere rihte Godes dorne, neh-ceastra gehwyUe 7 land
wcps forhergiende (Ca) -- Sic enim et hie agente impio uictore,
immo disponente iiisto iudice, proximas quasque ciuitates agros-
que depopulans . . . (B forheregeode wceron) Im gegensatz zu
Miller und Pessels (pp. 64 f.) (doch vgl. Wülflng II 41) glauben
wir an die ursprtinglichkeit dieser lesart. Die Übersetzung
dieser partie reproduziert den lat. text keineswegs genau, je-
doch klammert sich die struktur des obigen satzes direkt an
die vorläge an ; die aus der unfreien behandlung des Originals
sich ergebende Unklarheit spricht nicht im geringsten gegen
die echtheit der Überlieferung, fram pcere arleasan deoöe ent-
spricht dem lat: agente impio uictore; wass forhergiende ist
= depopulans ; das Subjekt ist im lat. : ignis, was nun freilich
in der Übersetzung verwischt wird. Um den Angelsachsen
von dem vorwürfe gedankenloser glossierung zu retten, kann
man allerdings dem ae. wois forhergiende passive bedeutung
unterschieben (vgl. Schipper, Pessels), und in anbetracht des
so häufigen passiven gebrauches von partizipien und verbal-
adjektiven, wie tolysende = soluta 20. 18 Ca, (pccre) tvillendan
(jgesyntä) ^=-- cupitae (sospita-tis) 272. 11, ungeoehteiidlic = in-
estimabilis 84. 12 , ist diese erklärung immerhin als möglich
zu bezeichnen.
Smith, Miller und Schipper (Ca) schreiben neh ceastra
gehwylce 7 land, und Millers Übersetzung lautet : * almost every
city and district'. Aber neh-ceastra ist unbedingt als com-
positum zu fassen, vgl. die vorläge : proximas quasque ciuitates.
Dergleichen [composita sind sehr beliebt im Beda. So neah-
masgd 308. 10 (= proxima prouincia); nenhmcegöa 238. 12 (—
finitimae prouinciae); neahm^i 90.31, 274. 13 (= uicini); neah-
nunnmynster 2hL 10 (— uicinum uirginum monasterium) ;
neatunas 202. 2 B (T 0 Ca tunas) ; pa neahtide hire geleornesse
290. 29.
In B ist der ursprüngliche sinn verkehrt und die fügung
des Satzes geglättet worden: forneah (=- * almost *) (Schipper
for neah) ceastra gehwylc 7 Idnd forheregeode wceron.
52. 29. (I 928.) cynelico gethnbro 7 anlipie (Ca) = aedi-
ficia publica simul et priuata. (354. 24 getimhru .... ge pa
maran ge öa mcetran = aedificia puplica uel priuata.) Es ist
möglich, dass B, welches somod 7 {mnlipie) bietet, die ur-
294 FR. KLAEBEB,
sprüngliche fassung darstellt. S. 24. 19, 58. 26, 90. 8, 90. 23,
122. 11, 126. 4, 188. 28, 222. 29, 358. 32, etc.
52« 31. (I 932.) buton cenigre are sceawunge (Ca). Miller:
"without regard for mercy". Jedoch ar ist hier im sinne von
'honor, dignity' gebraucht, wie der lat. text zeigt: sine ullo
respectu honoris. 9
54. 1. (I 937.) monige Öosre earman lafe (Ca) «■ nonnulli
de miserandis reliquüs. Erinnert an das poet. weälaf Beow.
1084, 1098, Met. Boeth. 1. 22 (auch in Wulfstan 133. 13). Dazu
A. S. Cook, ^A Latin poetical idiom in Old English', in The
American Journal of Philology VI 476 ff.
54. 4. (I 942.) sume ofer sce sarigende gewiton (T) = alii
transmarinas regiones dolentes petebant. Die Varianten sarg-
iende Ca, sorhgende B weisen auf eine form sörgiende, bezw.
angl. (Sievers § 412 , anm. 11) sorgende. (S. anm. zu 10. 23.)
Ebenso 86. 10 r^ ... ^o sorgienne T, sargienne B, sarigenne 0,
sarianne Ca (= dolendum est); 164. 1 sargedon TBO —
sorhgedon Ca (= dolentes). [Dial. Greg. 104. 18 hipa sorgodon
(H besargodon), Post hi sceoldon heora gewunan forUetan,] sar,
sargian ist genauste Übersetzung von: dolor, dolere, s. auch
76. 14 ff., 402. 6, 322. 29, 322. 31, 96. 18 (sarlic).
Dagegen sorg{i)ende (= sollicitus, gewöhnlich mit dem
praet. von hidan * warten' verbunden): 268. 7, 186. 23, 130. 22,
186. 9. (In den drei ersten stellen hat T die angl. form
sorgende) sorgiende (B sorhgende) mode 54. 6 Ca = suspecta
mente.
Natürlich ist die berührung zwischen den beiden verben,
durch die beliebte alliteration der stamme unterstützt, 2) eine
so nahe, dass unter umständen auch einmal eine vertauschung
eintreten konnte.
54. 5. (I 946.) Pearfende lif . . . dydon = pauperem uitam
. . . agebant. 332. 21 munuclif dyde = monachicam . . uitam
agebat ; 480. 28 7 siöpan ealle tid mines lifes on Pces ilcan
mynstres eardunge ic wass donde (C) = cunctumque ex eo
') sine respectu pietatis uel dioini timoris = buton gesihÖe arfcestnesse
oÖpe Godes egsan 298. 15.
*) Vgl. aus der prosa z. b. sorgum and sarum Vita Guthl. 66. 14; /mi
aorga and da samesaa Wulfst. 89. 13; sorgtmg 7 sargung ib. 114. 4; sorhful
and sarigmod ib. 133. 13.
ZUR ALTEN6LISGHEN BEDAÜBERSETZUNG. 295
tempus uitÄe . . . peragens . . . ; 412. 18 7 monig gear he in
Iltbernia elipeodig dncorliif dede = . . anchoreticam . . uitam
egerat. Dieser zweifellos aus dem Archetypus stammende
Latinismus ist zuweilen in B, einmal auch in Ca beseitigt
worden ; z. b. an der letztgenannten stelle liest B : . . . on
dncorlife drohtode.
54. 7. (I 953.) se here =-- hostilis exercitus. So 200. 21 ;
204. 14; 156. 1 om pone here =^ in hostem; 356. 22 seo here-
hand = manus hostilis. Auf diese dem gebrauch in der
(Jhronik entsprechende bedeutung von here hat schon Aug.
Schmidt (p. 60) aufmerksam gemacht, sciphere ist die natür-
liche Übersetzung von classis, naues 50. 28, 44. 21, vgl. 46. 7.
54, 7« (I 954.) 7 heo hoefdon utamcerede J>a bigengan
pisses edlondes =r exterminatis dispersisque insulae indigenis.
7 iostencte vor Pa bigengan (in BCa) wäre in den text zu
setzen, üt afcerde B, ut afcerede C ist offenbare neuerung.
In Ca ist das idiomatischere adrifene über amcerde geschrieben.
— Dieselbe wortgetreue nachbildung (vgl. gemcere ^= terminus)
findet sich 92.9 utamcerde-^ 306.21 %it amcerian (amerian B,
amceran OCa).
54. 8. (I 956.) da ongunnon heo sticcemmlum mod 7 mcegen
monian {niman B Ca) ^= coeperunt et Uli paulatim uires
animosque resumere. Schipper: "wmaw, welches B und Ca
haben, scheint den Vorzug vor monian (T) zu verdienen". Ja,
und nein. Wir zweifeln nicht daran, dass in der vorläge
neoman (nioman?) stand, welches von T zu monian verderbt
wurde, genau so wie 100. 25 '^neomaö (nimad T B 0 Ca) von C
in monap. Zum ausdruck ist zu vgl.: modes strengöo naman
46. 1. Belege für diese in T gut erhaltene w/o-brechung sind
jetzt bei Deutschbein (§ 27) zu finden. (Zur form ongeneman
278. 11 wäre auf Napiers anm. zu Chad 233, Anglia X 153 zu
verweisen.)
54. 10. (I 960.) 7 ealra (ealre Ca, ealle B) anmodre ge-
pafunge heofonrices Qieofonlices B) fultomes him wceron bid-
dende =^- et unanimo consensu auxilium caeleste precantes . . .
Weshalb Schipper ealle und heofonrices als das allein richtige
erklärt, ist nicht ersichtlich. Es ist an ealra festzuhalten, da
der gen. plur. hier ebenso wohl am platze ist wie in mid an-
modre gepafunge ealra 310. 8 ; mid anmodre gepafunge ealra
Öara weotena 368. 5; mid anmode willan heora ealra 368. 16;
296 FB. KLAEBEB,
auch in Ond ]>a heora eälra dorne gedemed wces 164. 11; pBt
ealra heora dorne gecoren wasre 344. 22; 336. 11; 458. 27; vgl.
400. 5. — Andrerseits steht natürlich heofonlices dem gnmd-
texte am nächsten.
64. 19. (I 977.) J>a heo micel wcel on Ongolcynne geslogon,
ymb feower 7 feowertig tvintra Ongolcynnes cymes in Breotane.
Die Angelsachsen spielen mit Vorliebe auf den beginn ihrer
geschichtlichen laufbahn an. Beda 54. 29 ymb fiftig wintra 7
hundteontig Ongolcynnes hidercymes in Breoione; 258. 18 Ne
wceron her cefre, seopffan Ongolcyn Breotone gesohte, gesceligran
tide ne fcegeran. In den gedichten der Chronik: Ne wearö
wcel mare / on pys eglande cefre gyta / folces afylled . . . .,
syPpan eastan hider j Engle 7 Seaxe upp becoman . . . A. D.
937 (Brunnanb.); Ne wearff Ängelcynne nan wcersa dced gedon, /
Ponne peos woss, / syÖÖon hi cerest Brytonland gesohton A. D.
979 DE F. — So schiebt auch iElfred in den bericht von
Ohtheres reisen die bemerkung ein : On pcem landum eardodon
Engle, cur hi hider on land conian Oros. 19.28. Vgl. Beda
408. 21 f.
54. 21. (1 1031.) ymb fifhund wintra 7 twj hundnigonUg
wintra = anno . . . D^LXXXöIX». Eine der leicht erklärlichen
Verlesungen von zahlen. S. George Hempl , Mod. Lang. Notes
XI, coli. 402 ff. ; Plumer H 167.
54. 30. (1 1048.) ffcet he sende Ägtistinum = misit seruam
dei Augustinum. Godes Öeow (in BCa erhalten) ist in T aus
versehen ausgefallen. Vgl. 58. 2.
56. 3. (I 1060.) pohton Pcet him tvislicra 7 gehceledra
{gehaldre B, gehyldre CCa) wcere . . ., 7 pis geniasnelice him to
rmde gecuron -- hoc esse tutius communi consilio decemebant
Aehnlich Ond pa to rced^ fundon mid gemcenre gepeahte, Pcet
him selre 7 gehceledrc {gehealdre B, gehceldre C) wcere 112, 28
= decretumque est communi consilio, quia satius esset. —
Vgl. me pynced nislic (* weise') 134. 20; cwmdon pcet him wis-
leere puhte Oros. 154. 18; Öy wislicor d- dy rcedlicor Cura Past.
131. 17. — a^ him gepuhte Pcet . . ., 7 him to roede genom Oros.
166. 26 ; hi him da eac to rcede 7 to frofre fundon Beda 46. 2.
Das schwierige geh(el{e)dra , das sich ausserdem noch
102. 32 findet : in geh^ldran stowe (gehceldran 0 Ca, gehealdre B),
ist von Deutschbein, p. 218, anm. — B-T, gefolgt von Clark
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBER8E1ZÜN0. 297
Hall, zeigt sich schwankend — als komparativ von gehceled (zu
hcelan) gedeutet worden, welches von den Schreibern z. gr. t.
missverstanden sei. Dadurch wird man allerdings am glattesten
mit den formen fertig. Jedoch wäre dies eine selbst für den
Beda selir auffällige glossierung. Sodann fällt ein weiterer
beleg, Epist Alex. 118 pcem gehyldrum wegum (nach B-T =
tuta itinera) schwer ins gewicht.*) Wir können uns nicht
entschliessen , das adjekt. von dem subst. gehwld (gehyld) zu
trennen, zu dem er der bedeutung nach vortrefflich passt;
das letztere übersetzt, ausser: obseniantia, obseruatio, auch:
custodia 72. 18, 334. 10, 364. 18. üebrigens haben wir auch
das subst. zweimal in der form gehceled bemerkt, 364. 18TB;
292. 5 B. — Freilich morphologisch bleibt der fall etw^as
unklar.
56, 9. (I 1073.) geu'inftdne. Ca gewinnfullicne, B gewinnes.
Den von Schipper gesuchten aufschluss über die B-lesart geben
die folgenden stellen: 44. 33 gewinnfullicum Ca, gewines-
fulliaimB] 98.26 gewmnesfullan T, gewin(n)fullan BOCa;
192. 23 gewinnesfullice T (u. wahrsch. urspr.) 0, geivin(n)fullice
B Ca. S. Koch III, teil I § 152.
56. 11. (I 1077.) ßost heo eaömodlice ferde in pcet weorc
])(Bs Godes wordes 7 getreowde in Godes fultum, Schippers
anm. "Der plural ferdon (Ca), ferdan (B) ist hier jedenfalls
richtig, nicht ferde, wie Miller mit manuskript T druckt,
ebenso bezüglich der anderen verba dieses und des nächsten
Satzes" verkennt den sprachlichen Charakter des Beda.
Der Verlust des w im opt. plur. — wenngleich im früh-
westsächs. nicht unerhört (Cosijnll §77, vgl. Sweets lehr-
reiche bemerkung über die w-losen Schreibungen, (-ura Past.,
l)p. xxxii f.) — ist besonders charakteristisch für das north-
umbr. (Lindelöf, p. 80; E. M. Lea §§ HO, 121; H. Füchsel
gg 53, 63) , auch in Bush. » ziemlich häufig (Bro\\Ti II §§ 28,
36, 39); das spätwestsächs. sträubt sich noch durchaus da-
gegen. In der Bedaübersetzung sind die formen ohne n recht
gewöhnlich, besondei-s in T; doch auch in den anderen hss.
erscheinen sie oft genug bewahrt. Die folgenden belege
') Dial. Greg. 348. 10 p(rt se weg is myceJe (jesundlicra, 7 /xtt /s myccle
yefiyldelicre Uf.
298 FR. KLAEBEB,
werden genügend sein, um diese wichtige erscheinung in das
rechte licht zu setzen.
a) 60.11 gedeode 7 gecyrre TBOCa.
80. 34 ongete 7 haUe T B 0 Ca.
112. 21 gemcensumede {-ode) TBC.
b) 102. 15 bodi(g)e TOCa — bodtan B.
98. 18 on(d)fenge TOCa — onfengon B.
158. 9 onsende TOCa — onsendon B.
08. 19 wcere TOCa — tvceron B.
64. 27 mwge TOCa — magon B; so 86. 17.
64. 8 scyle (sceole) T 0 Ca — sculon B.
64. 16 scyle (sceole) TOCa — sceoldon B.
70. 10 scyle T, sceole OCa; ausgelassen in B.
c) 136. 20 forbcerne T, forbcerne'' 0 — forbceman B, for-
bcemon Ca.
d) 82. 4 cweöe T 0 — cwedan B Ca.
224. 25 leomode 7 worhte T 0 — kornodon 7 worhion
BCa.
164. 9 meahte (mihte) T 0 — mihton (mihten) B Ca.
e) 122. 3 asprunge T — asprungon (-en, -an) BOCa.
120. 23 funde T — fundon B 0 Ca.
56. 9 ])orße T — fiorfton (-an) B Ca.
56. 5 scolde T — sceoldan Ca, ausgelassen in B.
212. 16 forsette 7 forty nde T — for setton 7 fortyndon B.
112. 30 peowede T — ]>eowodon (-edon) BC.
212. 30 abeige T — abylgean B.
Dass die gekürzten formen aus dem archetypus stammen,
geht ausserdem noch aus bezeichnenden fehlem verschiedener
hss. hervor. 56. 11 pect heo . . . ferde ... 7 getreowde T, p hi
. . . ferdan ... -j p hi getriwdon B — p hi , , , ferdon ... 7 ä €
getreowode Ca. 110. 28 P(ßt heo hwurfe T, p hi hwurfon B —
p he hwurfe OCa. 154. 10 pcet heo onweg adyde TOCa —
p(pt he . . . atieg adyde B.
Sogar im indic. ist mitunter das n abgeworfen; in meh-
reren beispielen ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob der
indic. oder opt. vorliegt. S. anm. zu 92. 2.
Dagegen in dem folgenden satze:
56. 13. (I 1082.) 7 Pcet heo ne fyrhte pcet gewOn ßcBs
siöfcetes ne wyrgcweodulra (T) monna tungan ne bregde (Ca)|
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBERSETZÜN6. 299
(Ca hat p hi no afyrhte, B p hi ne forhtgean) ist fyrhte absolut
regelrechter sing., gewiin ist Subjekt, und heo Objekt {= nee
labor uos ergo itineris nee maledicorum hominum linguae de-
terreant). Schipper ändert afyrhte (in Ca) in afyrhten (sowie
hreyde in bregden); aber {d)fyrhtan heisst doch nicht * fürch-
ten V) sondern, wie bregan, 'schrecken'. Auch Millers ne.
Version (*be afraid, dread') — falls es wirkliche Übersetzung
sein soll — ist zu vei'werfen. Vgl. ... 7 legete 7 Punorrade
eoröan 7 lyfte hrcegden 7 fyrhten 268. 21 (= terrerent); peak
de heo me swa bregden 7 fyrhten 428. 13 (= tametsi terrere
praesumebant). Femer das ptc. : Mid py ic da wces . . . stviffe
gefyrhted 7 gebreged 426. 6 (= perterritum) (vgl. Dial. Greg.
222. 15 afyrhted 7 abreged); stvype gedrefed 7 gefyrhted 40. 17;
pti sceolde to swiÖe gedrefed 7 afyrhted beon 354. 30 ; heo ealle
afyrhte omveg flugon 202. 20; mid micle ege afyrhted 340. 16;
434. 6.
Es verdient erwähnung, dass sonst im ae. fast nur das
ptc. praet. von afyrhtan, und seltener von fyrhtan im ge-
brauch ist ; ausserdem gefyrhtadon = terinierunt, Lindisf. Go.,
Luc. 24. 22.
56, 28. (I 1121.) p(Bt is syx hund hida micel cefter Angel-
cynnes ashte (0) == id est magnitudinis iuxta consuetudinem
aestimationis Anglorum , familiarum sexcentarum. 306. 28 Is
Pces ilcan ealondes gemet cefter Ongolcynnes eahte ttvelf hund
hida --=,., iuxta aestimationem Anglorum. (B C 0 Ca a*hte.)
— Merkwürdigerweise ist dies mht als (Bht - possessio auf-
gefasst worden in Baskervill - Harrison , Anglo-Saxon Prose
Reader 74. 14. Freilich selten genug ist das subst. Es findet
sich in den gesetzen: and sydöan wexe be pms ceapes whte
Eadweards Ges. I 1 § 4 (die lat. Version : et postea crescat
secundum captalis aestimaticum). In der poesie dreimal (eht
(besittan), daneben einmal eaJit — (Beda 398. 18 to eahtienne
aestimare; 84. 12 ungecehtendlic =-- inaestimabilis. — Dial.
Greg. 90. 29 seo söffe c^htung pces inannes lifes)
58. 8« (I 1143.) Da he pa se cyning Pas tvord gehyrde
pa het he hi bidan on Pcmi ealonde, pe hi upp comon, 7 A/m,
*) Rit. 102. 11 fyrhta = tremere (aus B-T) wird man nicht für diese
bedeutung anführen wollen.
I
300 FB. KLAEBER,
]nder hiora pearfe forgeafon (T ; 0 : urspr. forgeafan, dann a
ausradiert und y darüber geschrieben) ; Chforgyfan; Bforgeaf)y
od pcet he gesawe hwa^t he hini don tvolde (0). forgeafon ist
von Miller fälschlich als praet. plur. behandelt worden ("they
provided them what they needed"), trotzdem der lat text und
die Varianten-Verhältnisse unzweideutig für einen echten in-
^itiv mit o-brechung sprechen. Belege für die w/o-brechung
des e und i zu geben ist nicht mehr nötig; s. Deutschbein
§ 27. Wir möchten allerdings forgeofan erwarten. Doch die
ganz analoge form ongeaton (inf.) kommt 386. 18 vor; auch
ist zu beachten, dass in 60. 13 (swa swa he geheht, htm ond-
lifen) forgeaf (7 weoruldpearfe) (T) in B 0 Ca zu forgifan
(forgyfan) geändert ist. Man wird an das northumbr. (Lindisf.
Go., auch Rit.) geafa erinnert. — (Infinitive in -on z. b. auch
190.15; 100.22; 144.27; 202.21; 264.24 (mit interessantem
fehler).)
68. 19. (I 1167.) het Ägustinnm mid his geferum pider
to his sprcece ciwian (0) *zu einer Unterredung mit ihm' = ad
suum . . . coUoquium. So 98. 14 {Agustinus . . .) gelaöode to
his sprcece . . .; 226. 14 fore sprqce Finano pces biscopes. —
Vita Guthl. 48. 20 pcer com sum man to Pces Juilgan weres
sprasce\ ib. 54. 4; 62, 7; Chron. A. D. 1123 cer hi mihte cumen
to pes papes sprcece; altsächs. Gen. 77. — Dazu Guöl. 978 and
pa in eode eadgum to sprcece ; Heiland 700. — Beda 72. 25
hafa du mid pone ilcan hiscop sprece 7 gePeahte\ 248.3; vgl.
134. 7 ; 184. 12 Mid py heo pa to Pere cwene cwom, 7 heo ge-
S2)recen hcefdon.
58. 20. (I 1169.) Warnode he him py Ices hie on hwylc
hiis to htm ineodan; breac edldre healsunge, gif hie hwylcne
drycrceft hxefdon pcet hi hine ofcrswiÖan 7 beswican sceolden (0)
^^ ( 'auerat enim, ne in aliciuam domum ad se introirent, uetere
usus auguiio, ne superuentu suo, siquid maleficae artis ha-
buisseiit, eum superando deciperent. — Die obige Interpunktion
ist diejenige Millers und Schippers; und Miller übersetzt die
zweite hälfte de^ satzes: "employing an old counter-charm, in
case they had any magic arts to overpower or delude him".
Indessen ist nicht recht zu verstehen, was der "counter-charm"
soll, und jedenfalls ^ird durch diese auffassung der Zusammen-
hang des (zunächst interpretationsbedürftigen) satzes der lat.
vorläge zerrissen. Der leitende gedanke ist augenscheinlich:
ZUR ALTENGLISCHEN BEDACbEBSETZUNG. ' 301
*üer könig will die fremden unter freiem himmel empfangen,
nicht in einem hause, da er fürchtet — uetere usus augurio — ,
dieselben möchten sonst Zauberkünste gegen ihn gebrauchen.
Aber die glaubensboten kamen nicht mit t^ufels-, sondern mit
gotteskraft ausgerüstet, usw.' Der sinn der parenthetisch zu
fassenden worte breac ealdre healsunge = uetere usus augurio
scheint zu sein "making use of, i. e., acting according to an
old auguiy (prophecy)" (wohl nicht geradezu ''according to an
ancient superstition", wie Giles in Bohn's Antiquarian Library
den lat. text \\iedergiebt). Dass die stelle leicht missver-
standen werden konnte, zeigt die hs. Ca, in welcher wmd^
über breac geschrieben ist (d. h. wende, er war auf Zauberei
von Seiten der fremdlinge gefasst). — Die Interpunktion ist
demnach zu bessern : Warnode he htm py Ices hie on hwylc hus
to him ineodan — breac ealdre h^alsunge — gif hie hwylcne
drycrceft hopfdon . . .
F. J. Mathers jedenfalls auf Millers Interpretation be-
ruhende erklärung von gif als gleichbedeutend mit Py Iws
(a. a. 0. p. 59) ist mit recht von Wülfing (II 128) zurückge-
wiesen worden.
60. 4, (1 1196.) Ac foröon pe ge hider feorran elpeodige
cwomon . . . . , nellaö we forÖon eow hefige beon. Als fremde,
die aus fernen landen mit guter absieht gekommen sind, haben
sie anspruch auf höfliche behandlung. So sagt Beowulf : Ic Pe
nu pa I . . . biddan wille, / eodor Scyldinga, anre bene, j post
pu me ne forwyrne . . . , nu ic Pus feorran com . . . Beow. 426.
— fearran cuman ist eine beliebte Wortverbindung in der
dichtung, vgl. Beow. 361, 825, 1819; Andr. 24; Gen. 1836, 2821;
Kreuz 57. — Ueber den feorran-cumen man (Wihtr. 28, Ine 20,
^Eöelr. VI 48 , Cnut II 35) in gesetzlicher hinsieht handelt R.
Schmid im Glossar unter * fremde'.
60. 5. (I 1198.) pies pe me gepuht is 7 gesetven. Dies
von Wülfing für den gebrauch von pa*s Pe in der bedeutung
* nachdem' angeführte beispiel ist zu streichen (II 115); denn,
selbst abgesehen vom lat. texte: ut ego mihi uideor per-
spexisse , kann die Verbindung — auch 424. 20 pies de me
öuhte 7 yesegn wois — keinen anderen sinn haben als z. b. in
pces ic ivene ; pces pe bec secgcuf, etc. ; s. auch Wülfings eigene
angaben, I 381 f.
302 FR. KLAEBER,
60. 6. (I 1199.) {Ac fordon ]>e gc . , . cwomon ond . . . .)
ßa J>ing, da Öe soÖ 7 hetst gelefdon, ]>(Bt ectc swüce wiUadan
US ßa gemcensuman = ea, quae uos uera et optima credebatis
.... Die Varianten Pa ])e y^^geseoö 0 , Öa Oe ge geseoO Ca,
1)6 ge leseoö B führen auf ein Öa Öe ge seoö . . . der vorläge;
seoö = söö, s. anm. zu 14. 20. Unentbehrlich ist das pro-
nomen ge nicht ; s. anm. zu 66. 26.
60. 18. (1 1226.) gehleoörc stefne =^ consona uoce. Das
adjekt. gehleoöor (= consonus, wie hleoöor = sonns) scheint
an keiner anderen stelle nachgewiesen zu sein. Das sahst
hleoöor findet sich im Beda : 340. 5 cuöne sweg 7 hleoffor heora
clucgan ^= notum campanae sonum; das verbum hleoörian:
212. 9 hleoörian 7 singan\ 268. 30; 268. 19.
hleoöor nebst ableitungen hat poetische färbung (vgl
swhisung 344. 26); s. Padelford, Old English musical terms,
p. 80. Abgesehen von der poesie (und den glossen) sind uns
folgende belege bekannt. Dial. Greg. 52. 23 (stefn ...) seo
forögclceddum hleoöre stva gecleopode; 99. 5 for pa^re beüan
hleoöre ; 144. 33 in Jja^s earum hleopredon (H stcegdon) eae
swylce pa Word Ims mxmeces gepohtes] 208.21; 234.26; 286.13;
282. 15; 284. 24; 286. 2; Vita Guthl. 36. 4; Epist. Alex. 304;
Vesp. Ps. u. Vesp. Hy. (s. Sweet, OET. , p. 619) ; Chron. A. D.
1036 CD foröan hit hleoÖrode pa swiÖe toward Haraldes]
JEMric, Hom. Cath. I 38. 7.
60.24.(11243.) Drihtne peodon = seruienAo. Opeoudon,
Ca Peoivdon, B peowedon. Die form peodon ist ohne zweifei
am ursprünglichsten, wie die folgenden parallelen beispiele
zeigen.
134. 20 peodde 0 B, pödde Ca (T fehlt).
240. 13 öeodon C, peoddon 0 — Peowodon T; dydon B.
288. 1 peodde T , pco'^.de (urspr. d ausradiert) 0 — ßec-
tvode B, Öeoivode Ca.
294. 15 peowdc"". (w auf ausrad. d) 0 — peowde T, Öeow-
don Ca — Peotvedon B.
302. 1 peo^'.don 0 — peowdon T C Ca — peowedon B.
338. 19. peotvde (w auf rad. d) 0 — Öeowde Ca — Peo-
wedon B (T defekt).
348. 20 peode T , peoivde (w auf radur) 0 — Peowde Ca
— peowode ß.
ZUR ALTEKGTJSCHEN BEDA ÜBERSETZUNG. 303
190. 24 ic ma synnum . . Peowde Joanne Godes hehodum T ;
me . . peod/'e 0; nie . . Öeodde swyÖor Ca; me
. . underöeodde (!) B.
Feraer 352. 7 ; 452. 8 ; etc.
Während peowode als die westsächs. normalform anzu-
sehen ist, findet sich die form ohne mittelvokal (Sievers § 416,
anm. 17; Beitr. X 492) gelegentlich in ^]lfric; Blickl. Hom.
185. 29 ; Vesp. Ps. {Öeawde, Öeowdiin ; Zeimer § 53, 2) ; der Ver-
lust des IV erinnert an analoge fälle im northumbr. (Sievers
§ 174, 3; Beitr. IX 214 f.; 299).
62. 11. (I 1282.) ongon lustfullian Pcet clcenoste lifhaligra
7 (B mid) heora pam swetestan gehaium = delectatus uita
mundissima sanctorum et promissis eorum suauissimis. jVIiller
und Schipper erklären sich für die lesart mid, welche aller-
dings die störende Ungleichheit der casus beseitigt. Indessen
kommt uns dieser ersatz für *et' in der Bedaübersetzung von
vornherein unwahrscheinlich vor; ebenso wäre alsdann die
verirrung von mid zu ond sehr sonderbar. Die inkongruenz
muss in den kauf genommen werden; so anstössig dieselbe
auch für das moderne Sprachgefühl ist, die Angelsachsen er-
laubten sich so etwas oft genug. Es ist dies eben eine der
zahlreichen formen, in denen das prinzip der Variation sich
entfaltet. *)
Parallele fälle sind z. b. : Wihtraeds Ges. 12 lie sie ealra his
whtan [cehta'^] scyldig 7 healsfange; Vita Guthl. 18. 20 Pcet he Pa
ongan wilnian westenes 7 sundorsetle (wozu Goodwins anm.).
Aehnlich auch : Beda 482, 4 . . jc diaconhade onfeng, 7 py
dritigodan mcessepreosihade , 7 ceghwcefferne Purh penunge Poes
arnyrpan bisceopes lohannes (C).
Boeth. 10. 18 heo preat Pa unscildigan 7 nauht ne Öreap
pam scildigum (auch bei Wülfing I 77).
Beda 162. 5 mid ane (B dnum) oöde mid tivam his preosta
(0). — Vita Guthl. 56. 1 f.
Zu vgl. auch Beda 14. 4 btscope (B biscop) onfeng Äida-
num on naman gehaienne (Ca).
Wie Schipper dazu kommt, den akkus. nach lustfullian
als die normale konstruktiou aufzustellen, ist nicht zu ver-
>) Vgl. Bernhardt, Vulfila, p. XXXIV. Pachaly, Die Variation un
Heliand u. in d. alts. Genesis, p. 6 ; Behaghel, Literatnrbl. XXI 274.
304 FB. KLAEBEB,
stehen. Auskunft über die rektion Yon lustfullian giebt Wfll-
fing ; auch B - T, und Sweet, Ags. Dict.
62. 14. (1 1288.) Pa ongunnon monige doeghwamlice efstan
7 scyndan to gehyranne Godes word = coepere plores ad
audiendum uerbum confluere. 362. 15 ofesttan (varr. ef{e)8Um)
7 scyndon = concurrebant. (98. 29 hwelcum tvegum to efe-
stenne sy to ingonge his rices; 428. 20 hrcUfe to me woes
ef{e)stende.)
Dieselbe Verbindung kommt in der Vita Guthl. vor, die
überhaupt zahlreiche Übereinstimmungen mit dem Beda im
wort- und phrasenschatz zeigt: 66. 9 hi ceghwonan to him
efston and scyndon ; 14. 25 to ßam ende efstan and styndan.
Sonst trifft man scyndan in intrans. bedeutung 'eilen' (vgl
altnord. shynda) nur noch in poet. denkmälem an, sowie in
Blickl. Hom. 115. 19 J^eos world is scyndende & heononweard;
195. 23 Manna freondsdpe hip swipe hwüwendlic, & stcipe
scendende (von Morris ungenau mit *illusory' übersetzt). —
In der westsächs. prosa wiid scyndan trans. 'antreiben, er-
mahnen' gebraucht. —
In der lis. Ca ist über scyndan das im westsächs. (Cora
Fast. ; Boeth. ; Solil. 347. 28 ; übrigens auch Dial. Greg. 98. 19,
99. 20, 154. 12, 178. 2, etc.) geläufige higian geschrieben
worden.
62. 24. (1 1310.) gerisne stowe 7 seil J^eora hade = locnm
sedis eorum gradui congi'uum. Die fehlerhafte lesart epd {eäel)
OCa ist nur aus einem seÖ(e)l der vorläge zu erklären; diese
angl. form (Sievers § 196, 2) gehört ohne zweifei dem arche-
typus an. Es genüge, nur ein paar weitere beweiskräftige
belege zu geben. 224. 22 (p(Fs) seöel T, seid B, setl C, epeUJ)
OCa. 220. 5 {pmt) seöl T, seid B, setl C, epel OCa. 262. 11
{bisceop)seÖl T, epel B, setl OCa.
64. 11. (1 1357.) Pces eadgan Faules ejyistola ßone he wrdt
Mit beibehaltung der lat. form wrd epistola hier als (schw.)
mask. behandelt, neben dem gewöhnlicheren (Pogatscher § 279)
pistol, epistol. So a'nnc epistolan Epist. Alex. 432. (oit his
epistolan Cura Past. 117. 7.) — Vgl. on Öoem ende pisses capi-
tulan Boeth. 73.14. {se ceresta capitul Beda 278.5; 278.2;
10. 24 f. B.)
64. IS. (1 1372.) Äc fordonpin hroöorlicnes is in mynsires
regolum getyd 7 gela^red. In der B-version Äc far^on ^ tu
ZUR ALTENGLISCIIEN BEDAÜBEBSETZUNG. 305
hrodorlicnesse is ... lässt sich hroöorlicnesse aus dem fälsch-
lich geschriebenen in erklären (Schipper) — die Verwendung
von brodorlioies als titel (= tua fraternitas) mag an dieser
stelle nicht begriffen worden sein — ; doch können wir ebenso
gut annehmen, dass die vorläge pin hroöorlicnesse las und von
B nach seiner weise ^verbessert' wurde. Der nomin. -nisse der
feminina auf -nis ist in unserem t^xte keineswegs unbekannt '
Z. b. 6. 19 seo ehtnysse Ca — seo ehtnes B.
34. 3 seo ehtnysse Ca — seo ehtnes B.
78. 17 untrymnesse T, untrumnesse B — untrumnes 0,
untrumnys Ca.
84. 8 clamnisse (asoht) T, closnnessa (gesoht) B.
344. 4 Jxjfire endebyrdnesse Jns is T Ca ; {Pe he ncefre cor
ne gehyrde) ne heora endebyrdnesse B — Para
efidebyrd/^es Öis is 0.
192. 8 seo godcufide arfivstnisse T — ... arfiestnes (-nys)
BOCa.
242. 34 untrymnis T, untrumnes B — untrumnesse (-nysse)
OCa.
Das interessante bei der saclie ist, dass die nominative
mit unorganischem -e auf die vorläge zurückzuführen sind.
Diese erscheinung wird mitunter im spätwestsächs., sehr oft
im spätesten westsächs. beobachtet (Napier, Ueber die Werke
des altengl. Erzbischofs Wulf stan, p. 65 ; Napier , Holy Rood-
Tree, Einl, pp. Lllf.; R. Märkisch, Zum altengl. Apollonius
von Tyrus, p. 11), ist aber ganz besonders im northumbr.
(LindLsf. Go., Rush.^) ausgebildet (Lindelöf, Beiträge zur
Kenntnis des altnorthumbr., pp. 57 ff.). —
Daneben begegnet die umgekehrte analogiebildung der
casus obliqui ohne -e, z. b. 180, 17, 118. 31, 350. 24; auch 90. 2.
Bei den femininis in -ung finden sich bisweilen die pa-
rallelen erscheinungen. Auch sonst fehlt es ja nicht an zeichen
beginnender Unsicherheit in der flexion.
66. 9. (I 1413.) mildhcortnesse fyllen (vgl. Schippei'S
anm.). Die lesart 0 niid heornesse lässt auf ein entstelltes
mildheornessc schliessen. Vgl. mildheornesse Blickl. Hom. 87. 33;
mildhvornes Solil. 339. 32; sceornesse Benet 39. 13; etc.
(JG. 10. (I 1415.) arf(tstum 7 gödum is to reccenne 7 to
sellenne = . . erogaudum est. 160. 15 Pearfum r^hte (B roehte)
▲sgU«. N. F. xui. 20
306 FR. KLAEBER,
7 scaldc = pauperibus . . erogare (gaudebat). *) {Forhtcon ne
rqcsi ßu us ])onc hwitan hlaf 112. 10 == Quare non et nobis
porrigis panem nitidum.)
66. 26. (1 1448.) ])a Pe (BOCa jwi pu) cefest 7 good 7
riJU geceose, fia du togcedre gesomna, (Schippers angaben über
die lesarten stimmen nicht ganz mit denen von Miller.) Es
liegt keine nötigung vor, mit Miller die lesart von T zu
gunsten der Variante pu aufzugeben ; das pronomen darf hier
fehlen wie in einer reihe anderer fälle, die im hinblick auf
Pogatschere Untersuchung ('Unausgedrücktes subject im alt-
englischen', Anglia XXIII 261 ff.) nicht mehr anzuzweifeln sind.
Z. b. 158. 9 hwd he Pmt heo him biscop onsende, pces lare
7 pegnunge Ongolpeode, pe (BCOCa pe he) rehte,
pces Drihtenlecan geleafan gife leomade.
148. 20 Ond he . . , on his mode Pohte 7 preodode, post
(B 0 Ca p he) wolde eal Ongolcyn of Breotone ge-
mcerum aflyman. 438. 11 puhte him seolfum 7 him
gesegen w(es, pcet (B C 0 Ca j5 he) heardlice 7 strong-
lice sprwce, 92. 7 Ne wces cefre cenig cyninga ne
aldormonna, Pcette md heora londa utameerde (von
Wtilfing, I 407 bei den relativen fürwörtem ange-
führt).
258. 6 7 he lustlice from eallum onfongen wces, 7 (B 7 hi)
his Word geomlice geherdon,
106.23 pa he Öa Laureniitis cercehiscophade onfefig , da
ongon (BOCa ongan{n) he) fromlice pa stafolus
pcere cyrican, pe he eaöelice alegde geseah, ecan.
Ferner 2. 14 ; 60. 6 ; 122. 21 ; 156. 27 (Pogatscher, p. 263).
68. 4. (1 1466.) wosöelnesse. Es ist interessant zu be-
obachten, wie diese angl. form unzweifelhaft für den arche-
t3'pus gesichert wird : B cepelnessa^ 0 w^delnesse (d auf rasur),
Ca weöelnysse, 298. 25 wceöelnesse (B gifemesse) , C weopel-
ncsse, 0 wepebiesse, Ca weöelnysse, 388. 12 woedelnisse T
(Schreiber 2), ß tvedle, C tvipelnesse, 0 wepelne^se, Ca wedel-
nesse. Sievei-s § 201, 3; Sweet, OET., p. 601.
^) In den westsächs. Evangelien werden für erogare die verba dcelan,
fordaHan gebraucht, in den Lindisf. Go. u. Eash. seUo. fr am-, far-seüa.
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBERSETZUNG. 307
68. 5. (1 1468.) Nach dem lat. texte und den übrigen hss.
ist in T stime mid siving(T)tim einzuschieben (vgl. 36. 32 ; 114. 17).
68. 11. (1 1484.) and liwceöre ]>a seolfan, pe heo mid ])am
wiiium preagaJ 7 swencaÖ, lufiaö eac 7 wilniaö Mm to cerfe-
weardum to Iwbhenne; 7 heora tveoruldgod, pa heo dgan, Mm
^leaMaÖ Pa de heo geare (B 0 Ca yrre) gesegene heo ff eahtan 7
witnian = . . . quos irati insequi uidentur. — Was es für eine
bewandtnis mit geare hat, wird durch Schippers anm. ver-
dunkelt, geare — das ja vom (1.) Schreiber der hs. T als
adv. geare ("they have clearly been seen" Miller) aufgefasst
sein kann — setzt ein gearre < earre, eorre = iratus voraus ;
an stelle des * dialektischen' eorre (Sievers § 100, anm. 2;
Zeuuer, p. 23 ; Grein, Sprachsch. I 262) ist in den anderen hss.
las westsächs. yrre getreten. — Das adjekt. eorre (B 0 Ca yrre)
findet sich noch 416. 27 T (schreiber 5); das subst. eorre
;BOCa yrre) 350.3; 350,19.
Die vorsetzung des g (in gear{r)e), welche an das spät-
ient. erinnert (Sievers §212, anm. 3), ist auch an einigen
mderen stellen belegt. So 74. 24 geagum T — eagum B 0 Ca.
112. 20 (wahrsch. urspr.) geagati T — eagan B. 254. 9 ge-
feamunge T — geearnunge BOCa. 212.6 gegearnode T —
wearnode B. — In B : 300. 13 Geadgar — Eadgar T C 0 Ca.
— (Auch das umgekehrte kommt vor : eornlice 334. 1 T ; eom-
unge 372. 6 T; edra 106. 11 B; middaneard (so 18. 23, 34. 4)
st natürlich nicht auffällig.)
eac (in OCa; in B fehlend; in T fehlt ausserdem lufiad)
[rückt einen gegensatz aus: * andrerseits ' (vgl. *at the same
ime '). (Aehnlich z. b. Boeth. 13. 8.)
68. 25. (I 1517.) pcette pisse frignesse wcerword sy gesegen
= quod huic capitulo contradicere uideatur. B wiöerword,
) Ca wiperword. wmrword wird statt wiöcerword verschrieben
ein. {wiöerivord = contrarius 74. 4, 102. 9, 102. 16, 120. 18;
cet wiöerworde yfel = malum quod aduersatur 72. 3. — con-
radicere: wldciceden heon 76. 5; widcwedan 7 wiöwmnan
02. 8.) Die Schreibung m für e in end- und mittelsilben (vgl.
Iweet, Ags. Eeader' §28, note; Napiers Holy Rood-Tree, Einl.
»p. Li f.; Logemans Benet, Einl. § 15; etc.) ist ziemlich häufig, z. b.
n T: {un)gem(enne 1'90. 13, 118.3, 116.27, 106.28, 204.21,
:10. 29, 232. 17, 348. 28, etc.; pendodn 188. 4; cuöm 230. 16;
mrehtces 82. 20. — In 0 : a) freondce 164. 15, hcepces 226. 8,
20*
308 FR. KLAEBER,
f
lareowdomois 94. 24, Öeowces 192. 19, lapass 128.6, fundcen
182. 10; b) onytinnwne 226. 20, ongunncenesse 232. 10, itiid-
Iwstan 334. 30, arwyöiesta 276. 17, unscep]>amdan 62. 1 (mit
ausnähme der beiden letzten belege ist in sämtlichen Worten
das a der ligatur (in 0) ausradiert worden). — In der ältesten
hs., Z 280. 5 gegeadriw, S. auch anm. zu 86. 29.
70. 12. (1 1547.) Hefig nuidn is 7 godfrecnis = graue
est facinus. B godwrecnes, Ca godes wrecnys. — OE. Martyrol.
64. 2 sun^ godwrece men ; Blickl. Hom. 75. 26 ; Malchus (ed.
Hulme, Journal of Gmc. Philol. I) p. 440, 15 godtvrecan. —
Dial. Greg. 232. 13 ])am unalyfdan 7 godwroeclican niete, —
Glossenbele^e : Wr.-Wü., Sweet, OET., p. 602.
Zu der einerseits als kenticismus, andrerseits als schreiber-
verselien bezeichneten Schreibung mit f vgl. Kluge, in Pauls
Grdr.2 1, p. 1013; Reimann, Die Sprache der mittelkent Evan-
gelien, p. 31; Logeman, Benet, Einl. V § 48; doch ganz be-
sonders Napier, Old English Glosses, p. 104.
Die umgekehi-te vertauschung ist uns aufgefallen 158. 8
tculluhies Ca.
70. 23. (1 1570.) pwt him alyfed ncere J)cet he his hrodor
wiif hrolite 7 hiefde (ohne entsprechung in der lat. vorläge).
Diese zweifellos echte lesart von TCO ist geändert zu hruce
7 lujßfde in Ca, zu underfenge to hahbanne in B (Schippers
angäbe der Varianten ist anscheinend nicht ganz genau). —
168. 19 Pendan swustor, ])a he hcefde cer him to toife broht
(= . . quam duxerat) ; 316. 12 Brohte heo cer offer wer htm to
wife (= quam et alter ante illum uir habuerat uxorem). —
Vgl. iEöelberhts Ges. 31 . . . and oder wif his agnum sccette
legete and pami oörum a^t ham gehrenge ; 50. Ps. (kent.) 23
. . . and Bezdbc brohte to wife-, Napier, Old English Glosses
I 1265 ne hi ne heo]) ham gehrohte, geoswnede = neque nnbentnr.
(Oros. 246. 1 he htm het to wife gefeccan Cleopatron ^a cwene.
— Heliand 301 te hrudiu . . . halon)
74. 14. (1 1690.) geryne (. . fulwihtes hodöes) = sacramenta.
74. 18 geryne (. . . pcere halgan gemoinsumnesse) = sacra-
menta. — 74. 20 geryne (Pa^^e halgan gemcensumnesse) = my-
sterium . . ; 70. 3 geryne = mysterium ; 76. 23. etc. — 142. 25
wfter pwm geryne his noman = iuxta sui nominis sacramentum.
— Den gebrach von ^sacramentum' bei Beda erörtert Plummer
I, p. LVIL
ZUR ALTENGLISCHEN BEB A ÜBERSETZUNG. 309
74. 29. (1 1722.) pcem menn undeaölicnesse onweg aJwf
ofer his synne = immortalitatem homini pro peccato suo ab-
stulit. ahof ofer ist gewiss versehen für ahof for (so 0 ; B ?)
und demgemäss zu verbessern.
76. 4. (1 1734.) (bid . .) grundinga adwcesced = funditus
exstinguitur. Ca grundlinga, — Vgl. allinga adwcescan =
funditus exstinguere 74. 28, 118. 14, 324. 24. — Ob die form
grundinga sonst belegt ist? (Kluge, Nom. Stammb. § 159.)
76. 24. (1 1779.) buton cenigre celdenne = sine ulla dila-
tione. BCa yldinge (0 yldenne). elden (celden) — in den
Wörterbüchern fehlend — , augenscheinlich aus dem archetypus
stammend, wird in T viermal gebraucht, während B 0 Ca ylding
dafür schreiben; weiter in 178. 26, 254. 13, 190. 30 (T yldenne)
(nur in 76. 24 0 yldenne, und 190. 30 B ylde, 0 yldincff*).
In analoger weise wird das häufige gemen (ungemen) in
B gern mit gytning vertauscht: gemcenne 116. 27 (B gyminge),
190. 13, 210. 29, 232. 17, 256. 28, 118. 3, 288. 8. Dazu (his)
gyman {dyde) 326. 19 (s. Cosijn, Altwestsächs. Gram. IT, p. 48)
— B gyminge — 0 Ca gymenne, (Auch B gynian 246. 21 ;
ganten (!) 94. 25).
Ferner sei hier erwähnt hccrcedon (i. e., hecrCBden) 264. 14.
S. Anm. zur stelle.
78. 12. (1 1827.) pcet fces his hrcegles = uestimenti eins
fimbriam. B hat das westsächs. fnoid (0 fes, Ca fces), fces
ist im Angl. bekannt (s. Miller I, p. L): Lindisf. Go., ßush.^,
Bush.', Vesp. Ps. Auch Dial. Greg. 111. 28 be ])am fcesce (0
fn(vde) his hrcegles C. — (Par. Ps. 44. 15 mid gyldnum fnasum.)
78. 18. (I 1839.) J>as wiif bi pcem we sprecaö, gelonUic
gewuna getiiö = has . . . consuetudo constringit. — Vgl. Vesp.
Ps. 31. 9 geteh ^^ constringe. Zur angl. form getid sei auf
Sievers § 374 verwiesen.
78. 20 f. (1 1843 ff.) Schippers (und Smith's) interpunktion
ist der Jlillers vorzuziehen.
82. 21. (1. 1996.) Wir werden in Übereinstimmimg mit B
OCa und der lat. vorläge in T beama for to streonne ein-
schalten müssen.
84. 4. (I 2035.) {he ]>a a^rest bcbead, pa^i) heo heora
hropgl woosce 7 clcensode 7 Qieo front tviifum ahwfde). Die
nicht eingeklammerten worte sind vom Übersetzer (vielleicht)
310 FR. KliAEBER,
selbstÄudig nach der Bibel hinzugefügt worden. S. Aug.
Schmidt, p. 31.
Die praeteritalform wosc scheint ajta^ Xhy6(iBvov zu sein
(vgl. Sweet, Ags. Dict.). B liest wocson, 0 i4^ocse, Ca weocsan.
— wascan {ivaxan) — nebst compositis — \iird im allge-
meinen von äusseren gegenständen wie hrcegl, ckUfaSy reaf
gebraucht {wcesc-ern = laundry), während pwean auf per-
sonen resp. körperteile bezogen oder metaphorisch verwendet
wird. Daraus erklärt sich das ungleich häufigere vorkommen
von Pwean.
Beispiele aus dem Beda. a) pcet he wolde his reon 7 his
hwitlas . . . in sce wcescan 7 feormian 378. 17. — b) 7 heo
Jtwöh 7 hire feax germdde 180. 9; ])onne wolde heo ealra nylist
hy bapian ^ pwean 318.20; 242.26; 396.5; 84.18; 84.26;
Ond heopa Öa badn onpwögon 182. 31; 184. 3; 322. 1; 176. 18;
dazu ptveal 184. 17. — mid wcetere fulluhtes bcepes apwegen
40. 14; 86. 1 f.; 112. 12; 140. 14; 168. 1.
84. 16. (I 2063.) Der sinn erfordert ergänzung von ne
vor moston : pa heo eallinga onfoon ne Pycgan ne mosten, (er
Pon Dauit ondete. Wahrscheinlich liegt Schreibfehler vor.
84. 18. (I 2067.) apwegen. B ahwegen. — 84. 26. (I 2088)
aöivcgen, B ahwegen. Schipper scheint ahwegen nicht gelten
zu lassen, den beide male ändert er es in apwegen. — Dazu
108. 4 B gchwaredon; 360. 30 B mannhtvcere; 382. 28 B tin-
gehic(cran (von Schipper durclnveg normalisiert zu -pw-). —
Diese (vielleicht kent.) erscheinung ist erörtert von Napier,
Holy Kood-Tree, p. 81; Napier, Old English Glosses, p. XXX,
p. 3; Sievei>; § 201, aniii. 6. — Weitere notierte beispiele sind:
Solil. 335. 34 thigehivcerc; Boetli. 62. 10 B nngcwayt^ne (?), 9. 11
B ungcphcenicssa (anscheinend eine art kompromissschreibung)
(Dial. Greg. 33. 22 grpwwredc — C gehwceprede); Chron. A. D.
1083 (E) ungehivcernes.^)
86. 25. (I 2149.) mid gyfunge pcere synne = peccati
consensu. Statt gyfunge (nach B.-T = *a giving, granting,
consent, assent') ist jedenfalls gepa fange (so B) zu lesen. VgL
86. 27, 86. 33 ; 54. 10 ; gepafode 86. 31, etc. ; gepafunge sealde
134. 23.
^) Zu beachten die merkwürdige Schreibung gedwasöere Beda 178. 29 B
{(BghwaHre T).
ZUR ALTENGLISCHEN BEDAÜBEK8ETZUNG. 311
86, 25 ff. (I 2150 ff.) Diese Unterscheidung der drei stufen
in der genesis der sünde {seo scynis hiÖ Purh deoful, seo last-
f'ulncs hid ])urh lichoman , seo geÖafung ]>iirh gcist) wird von
Gregor in der Cura Past. gelehrt; vgl. die ae. Übersetzung
417. 19 ff. {Beet gespan hiÖ Öurh diofiil, Sio lusfbcernes hid
öurh Öone lichoman. Sio geöafung lAÖ Öurhtogcn Öurh Öone
gcBsi.)
86. 29, (I 2160.) ond Euae (B 6n euan) Pa swa swa
lichoma wfvs histfulliende = Ena uelut caro delectata est.
Dazu bemerkt Schipper: "Man wäre versucht, hier Eva zu
setzen statt Evce (Evan), Der Übersetzer scheint aber de-
lectata est als passiv gefasst zu haben statt als deponens."
Die Schreibung Euae statt des normalen Ena ist nicht
besonders anstössig. Vgl. Ercongot<e 172. 10 T; Gregorice
106. 12 T; Fursioe 214. 26 T; Hodwice 218. 16 T; Oswioi
220. 24 T; Oswi§ 222. 26 T (Osuna 224. 12). Sodann ist die
B- Variante 6n euan eine leicht erklärliche Verderbnis, vgl.
anm. zu 24. 12; die auffassung von on als praepos. führte
direkt zur Schreibung euan.
Die lesarten ywde OCa, eotvode C (nach Smith) statt
cua{e) ])a zeigen, dass letzteres als eawde, cotvde (praet.) miss-
vei-standen und dann in die westMchs. form ywde umgesetzt
wurde. — Kin ähnliches beachtenswertes missverständnis ist
in necde gesetum 130. 33 T — on ytide gcscttan B; das subst.
wurde als das noithumbr. (Lindisf . Go., Rush. \ Kit. ; s. Sievere
§ 174, 3) ede = 'gvex' gedeutet.
8«. 31 ff. (I 2164 ff.) Millers konjektur mid gescead ist
unwahi-scheinlich. Durch Umstellung von pcettc Hesse sich eine
brauchbare fassung herstellen : Ond miccl nedpearfnis is Jxjet
gescead, pwtte . . . (leicht aus der vorläge zu erklären : et ne-
ce.ssaria est magna discretio, ut . . .). Es könnte freilich der
lat. text auch ganz falsch verstanden worden sein, so dass
gescead als das erste Subjekt des folgenden nebensatzes zu
betrachten wäre (so Schipper).
88. 5. (I 2181.) Oyid in scynisse synne, gif Jxßt mod hiÖ
in lustfulnesse, pwt hid fosdnis. Diese (recht ungenügende)
fassung erklärt sich weder aus der von Holder gedruckten
Version: In suggestione igitur peccati initium est, in delec-
tatione fit nutrimentum, noch aus der von Schipper (Plummer)
312 FB. KLAEBEB,
gebotenen emendation: ... peccati semen est ..., sondern
aus der Variante: In suggestione igitur peccati si mens est,
wie schon von Aug. Schmidt gesehen ist (pp. 14 t). S. auch
Plummer I 61.
So z. b. auch 148. 1 of ]>cere tide geht nicht auf eo tem-
pore (Holder, Schipper) zurück, sondern auf ex eo tempore
(so Plummer 1 124). — Femer s. anm zu 178. 22. — lieber
die der ae. Übersetzung zu gründe liegende fassung des lat.
textes handelt Plummer I, einleitung, besonders pp. CXXVlilf.;
vgl. Schipper, einleitung, pp. XXX ff.
88. 28. (I 2236.) Jxjette her wcere (Millers emendation nach
BOCa; he Öcere T) micel rip onweard 7 fea worhton (BOCa
wyrhtan) = multam quidem ibi esse messem, sed operarios
paucos (Matth. 9. 37). — Am einfachsten erklärt sich worhton,
wenn man annimmt, dass der Schreiber den Zusammenhang
missverstand und die stelle in Verwirrung brachte {worhton
praet. plur.). — An beeinflussung des subst. durch weorc^ worc
ist schwerlich zu denken, da T die form worc wohl nicht ge-
braucht. — Ein Wechsel zwischen umgelauteter und umlauts-
loser form ist übrigens recht oft in den verschiedenen hss. zu
beobachten. Wir werden am schluss darauf zurückkommen.
(In iEdelreds Ges. VIII 27 finden wir J>eofa gewita 7 ge-
weorhta), *)
90. 8. (I 2267.) in missenlicum mcegwlitum = in diuersis
speciebus. 2) — 482. 9 to mcegwlite andgit^ 7 gastlicre gere-
cenesse -= ad formam sensus et interpretationis. — mcegwlite
ist ein für den Beda charakteristisches wort anglischer (und
poetischer) färbung. Ausser in der dichtung begegnet mcegwlite
(megwUt) im Lindisf . Go., Eush.^, Rit. ; Blickl. Hom. 127. 19.
Der ei-ste teil diases wortes ist sehr ansprechend als
lehnwort imago erklärt worden (s. Kluge, in Pauls Grdr.* I
p. 839 , Avährend J. Grimm , anm. zu Andr. 856 an nueg =
genus, cognatio dachte). Die hybride komposition vergleicht
*) Andrerseits die participialform foncyrht: Dial. Greg. 820. 1 ßam
foncyrhtum mmmum (0 forworhfum).
^) 426. 11 vemnc p<et seo amien scan 7 pa hrcegl höht toasron, se Öe
mcec Icedde = excepta duintaxat specie et ueste eins qui me dncebat. —
(62. 24 7 pcer to secdde heora nydÖearfe in misse^üicum cefttum = ... et
necessarias in diuersis speciebus possessiones conferret.)
ZUR ALTENOLISCHEK BEDAÜBEBSETZUNO. S13
sich demnach der von coren-heag (Anglia XI 173; Z. td. Alt.
XXXIII 65).
90. 15. (12287.) ]>a cirican, J>e he cer geara geo geleor-
nade ealde Romanisce tceorce geworhte beon = ecclesiam, quam
ibidem antiquo Romanorum fidelium opere factam fuisse didi-
cerat. — Die ^Vorvergangenheit' ist sehr nachdrücklich her-
vorgehoben (vgl. iElfrics Grammatik 140. 11 ic wces gefym ge-
lufod = amatus eram vel amatus fueram). cer mit dem praet.
zui' bezeichnung des plusquamperf. ist selbstverständlich sehr
gewöhnlich.
90. 28. (I 2314.) in uncyinre hyrgenne geseted = ignobili
traditus sepulturae. 196. 18 monig oder uncymre hors = equos
uiliores plurimos. {un)cyme ist eine äusserst seltene, alter-
tümliche Vokabel. Selbst in der dichtung ist cymc (cymlic)
auf ganz wenige texte beschränkt. Aus der prosa ist uns
nur noch ein weiteres beispiel bekannt : Blickl. Hom. 227, 12
sume uncyme streownesse,
90. 33. (I 2325.) heo Öa aspyredon Pcet y htvonan he wcere.
pcet ist in hw(ßt (so B 0 Ca) zu bessern (== inuestigantes, unde
uel quis esset). Vgl. 344. 22 pcet ealra h^ora dorne gecoren
wcere, hwcet oÖÖe hwonon pcet cumett wcere] 130.22 geornlice
Pohic, hwcet se woere oöpe hwonan he cwomc.
92. 2. (I 2329.) (genonmn pa his lichoman ond in Bonagia
pa ceastre . . .) in cyrican gcsette 7 hcbyrged tvccs = .... in
ecclesia posuerunt. B dsctton 7 bebirgdon, OCa geseiton 7
hcbyrigdon. Es sielit so aus, als ob in der vorläge gesette 7
hchyrgcle stand, welches auf verschiedene weise 'gebessert'
wurde. — Sonstige bemerkte formen des praet. ind. plur. ohne
n: 7 hi sona wiö heorci fcondum gcfuhton, 7 sige hcefdon, 7
niUe .... ofer done sce norÖ afhjmde 44. 29 Ca B ; gcsyndge
windas Surh Jone smyltestan sce usic cet londe gebrohte 386. 13
T (Schreiber 2) BCOCa; (mit dem pron. der 3. pers. unmittelbar
nach dem verbum:) Pa heo pa pcer gestaÖolade 7 gcsette wceron,
pa HC rneahte heo betiveoh him gepwcerigan 7 geweoröan 272. 31
T B 0 Ca ; swa sua me sum broöor scecjde of pmn pe nie in
nreotum tyde 7 Icerde (BOCa tyd(d)on 7 Icerdon) 268.12 T
(was freilich auf kontamination beruhen kann wie das bekannte
para pe + sing, des verbums) ; ferner 266. 8 (s. anm.) : übrigens
auch zu vgl. anm. zu 24. 12.
314 FR. KLAEBER,
92. 4. (I 2339.) Se me (C nicBg, 0 md, Ca fna, B mceg'O
allum Ongolcynnum 7 aldormonnum Bretta Peode fomom 7
forhergade ^- qui plus Omnibus Anglorum primatibus gentem
uastauit Brettonum. — Smith und Schipper (im 0-text) schrei-
ben Angelcyningum (nach C?), unserer meinung nach ohne
nötigung. Schippers hinweis auf 92. 7 (I 2346) ne wcbs cefre
a*nig ajninya ne aldormonna ist nicht stichhaltig, da diese
Worte genau dem lat.: nemo enim in tribunis, nemo in regi-
bus . . . entsprechen. 1) — Schipper druckt (im B-text) nuesty
was syntaktisch unmöglich ist. {modst eallum könnte nur
heissen 'almost air.) Es liegt auf der band, dass mos (nie)
der vorläge mindestens zwei Schreiber irre geführt hat. S. anm.
zu 36. 4.
92. 9. (I 2349.) he to gafolgyldum heo gesette Ongolpeode.
110. 4 se eac swylce Peohtu ])eode 7 Scotta , , . to gafolgyldum
gesette. — Vgl. Oros. 176. 22 ... 7 hie oferhergeade, 7 to ga-
folgieldum gesette; 170. 6, 26; 124. 6 ealle J)a oÖre }>eoda . . .
he to gafolgieldum gedyde ; 122. 24.
92. 12. (I 2356.) Beniamin is risende wulf = Beniamin
lupus rapax. 184. 24 pa wces he semninga fram deofle gerisen
--- subito a diabolo arreptus (B gerinen ^ 0 gegripen (urspr.
gerisen), Ca gegripen), 320. 28 sona tvccs gerisen 7 genumcn
of middungcarde — - rapta confestim de mundo (B Ca gehritien,
0 gcJ'rincn). — risan wird als regelrechtes starkes verbum
anzuerkennen sein (das in g 382 von öievers' Grammatik seinen
platz finden würde). Sonst — abgesehen von den glossen:
\\'r.-\Vü. 1 497. 5 rapaci = dwre risendun; ib. 516. 12 rabula
- si risenda — unseres Wissens nur noch in Rush. ^ und
IMickl. Hom. belegt: Kush.' Matth. 7. 15 wulfas riscende t
wocdende (=^ lupi rapaces); ib. 13. 19 geriseö = rapit; ib. 11.
12 gerisa]) -= rapiunt; ßlickl. Hom. 225.17 ctimaÖ arisendc
wulf (IS (Morris' Übersetzung "There will come and rise up
wolves" ist unannehmbar; vgl. ib. 63. 10 hi heo]) betuh htm
sylfum sUtendc wulfas \ ob arisende irrtümlich statt risende
steht??).
1) Zu 92. 4 f. v^l. Tacitus, Germania, c. I: nuper cognitis quibusdam
geutibus ac regibus.
ZUK ALTENGLISCHEN BEDAÜBER8ETZUN6. 315
Dazu geris = rabies, Corp. Gloss. 1707; sodann in der
Vita Guthl. 78. 4 on gerisne woruldlicra J)inga {= (non) in
praeda nee in rapina).
Vermutlich ist hierzu das nicht seltene verbum arasian
zu stellen, welches u. a. in der Cura Past. zur wiedergäbe von
^corripere' verwendet wird: 143.9,19; 145.1; 245.11; dazu
451. 19 (= deprehendere) , vgl. 39.21; femer arasod = de-
prehensus : Benet. 64. 6, 65. 3.
92. 14. (I 2359.) for his fromsclpe ^= eins profectibus.
C for])scype\ nach Schipper ist auch in Ca forö über fromscypc
geschrieben. — fromian (in T) ist übliche Übersetzung von
proficere ; dazu fromung 406. 29 == profectus. — Epist. Alex.
755. 759 from^dpe\ Vesp. Ps. 104. 38 fordfromungc = profec-
tione. — S. 160. 6, 146, 29, u. anmerkungen.
92. 15. (I 2362.) teah hine pa ferd on, i. e., tcah ßa fcrd
on hine. 30. 21 Öeos fyrd wcbs gelogen, 208. 17 Penda . .
teah here 7 fyrd tvid EastengU 7 pider to gefcohte civom.
168. 20 pa teah Penda hine fyrd on 7 here.
92. 19. (I 2368.) lytestne (0) = pene. (In B unterdrückt,
in C zu lytle mr verfälscht.) Ein für den Beda charakteristi-
sches wort, lytcsnc (lytcsna), mit der nebenform lytestne (Sievers
§ 196, anm. 4), = pene, prope, eigentlich "by a little not"
(Sweet), d. h. Mittle short of ' begegnet noch — mit einer aus-
nähme st^ts vor cal — in: 182. 28 TO; 194. 35 TO; 230. 12 T
0 Ca; 252. 21 T 0 (nuest (eaUe) Ca, wie z. b. Oros. 170. 3, mehr-
fach in der (-hronik); 438. 33 T (seh reiber 4) 0('a. — Ausser-
dem nur noch in Ei)inal (-Erfurt) Gloss. 200 lytisna ----- con-
cedam, Corp. Gloss. 519 lytesna = concedam; Wr.-Wü. 1 364. 45;
und einmal in der dichtung (Jul. 10 lytcsna ofer calne yrnienne
gntnd).
Gemeinaltengl. erscheinen dafür forncah, fulneah; {swiöe)
ncah, etc. Beda 30. o neahpan Ca {neah dam B); 38. 12 ncah
don Ca {forneah öan B).
(Fortsetzung folgt.)
University of Minnesota, im Mai 1901.
Fk. Elaeber.
INTERPRET ATIONS AND EMENDATIONS
OF EARLY ENGLISH TEXTS.
In Specimens of Early English, Part I, Second edition,
edited by R. Morris, A. L. Mayhew, and W. W. Skeat,
Oxford 1887—1898, the following passages occur:
1. Unwraste man wat macede ^eu an alle mire rice Pat
^ie hatrede and wid^rwardnesse a^^es me ^e-winlne] sceolde.
and to mine fd ^ehugon 1 : 27—29 (page 2; E. E. T. S. 34,
p. 233). In these terms the kingly host addresses those of
his guests whom he recognized as his enemies (^efo). Morris
has Substitut ed macede for the lacede of the MS., and in his
note on line 29 (page 289) he explains ^ebugon : "lit tum to,
bow to; hence be obedient to". But the reading of the MS.
should beretained; lacede means "lacked" and gives excellent
sense: "What lacked to you (what reason for complaint was
there) in my whole country, that you should etc." Through
Morris's alteration, an alle mire rice has come to appear
rather out of place. Further, ^ebtigon in this context means
something more than "were obedient to". The idea of com-
pulsion not being nßcessarily excluded from obedience to
powerful enemies of one's lawful prince, such obedience would
scarcely be mentioned as the last link in a chain of crimes.
Much more forcible is the accusation of wilful, traitorous
desertion. And that, indeed, is here the Import of the verb.
Cf. Be (kr fr am him gebogene wceron (who had formerly
turned from them) Orosius (Bosworth-Toller 377 a). Hi
gebugon (transfugerit) to losue and to Israhela beamum
KOCK, INTEBPRET. AND EMEND. OP EARLY ENGLISH TEXTS. 317
Joshua (Ib.). Thus tliese subjects of the king had not only
hated him and shown themselves refractory, but positively
riin over to bis enemies.
2. ])a wes sancte paul stoiöe «? a 3 A 72 — 73 ; Ofte hadde
hörn beo wo Äc neure wurs pan him was ])0 19: 115 — 116.
Similarly: Ilys clerk was wo to do J)at dede Spec. 11 5: 5771.
The editore, in part I, p. 533 b, 544 b, part ü, 479 a , explain
the wa, tvo of these sentenees as an adj. meaning "sorrowful",
"sorry", whereas wa, wo, in the other registered instances in
the same volumes is a subst. meaning "woe". There is no
foundation for such a distinction. Wo was never an adj.
Adjectives formed from the word are: woeful, woesome, etc.
Sancte paul, hom, and Hys cl&i'k, as well as the corresponding
nouns in Will^ham was wa he had na wappynis thar Spec.
III 6: 401, for Wetharryngton my harte tvas wo, that euer
he slayne shulde he HI 7: 111, etc., are not the subjects of
the sentenees, but datives dependent on the phrase wa wes etc.
Cf. ße hyp cefre wa Nicod. (BosAVorth-Toller 1147a); J)eh
heom beo wo Spec. I 17 A: 181; Spec. II 7: 176; III 7: 80,
123; also: Wo worpe ^ou, wy^tes III 1: 492; wo mote ^ou
worjten 1: 493; the modern Woe worth the day! the Icel.
vei er mer; vei verör honom; the M. H. Genn. we ist mir;
WC wirt im, and so forth.
There is more "woe" to come in no. 4.
3. tve uinded in halie hoc. pet ieremie pe prophete stod
in ane putte, and pet in Pe uenne up to his muöe (missus
est ieremias in puteum et stetit ibi usque ad os) 3 B: 6 — 7.
Morris observes: ^Änd pet, and (also); Pet hardly seems
wanted". Morris has not grasped the meaning of and pet
C'ertainly it does not mean "and also", which would give as
poor seuse as the German Er ist in England und auch in
Essex gewesen. What it means is exactly the same as und
zivar in Er ist in England und zwar in Essex gewesen.
The additional Information is, logically, not co-ordinade, pa-
rallel, to the one already given, but subordinate, defining.
ßy those two Avords the latter part of the sentence is joined
to the former in a more impressive manner.. Cf. Ue made a
fortune in a short time (where generally so much stress falls
318 ERNST A. KOCK,
on a fortune, that tlie adjunct cannot be particularly emphasized)
witli: Ifc madc a fortune, and that in a short titne, Similarly:
/ tokle (counted) hem, koth hc, not fülle longe ago, And J)at
as rvdily as that I coiide Spec. III 2 : 616. It should be
noticed that and pet in 3 B: 7 conesponds to the Lat. "et
stetit ibi".
4. 7?67t ])e understanded fiat holi husel unwuräliche he
understant him seinen eche pine, and e^idelese wowe 4 B:
112 — 114. On p. 546 a the last word of this sentence is
rendered bj' "wrong", which, indeed, is a suitable word, not
for 4 B: 114, but for the whole article tcowe in the Glossar}^
Of course the word heie means "Avoe" and reflects the 0. Engl.
wäwa, not 0. Engl. tvöh. The same signification is evident in
ut of helle tvoive 4 B: 64 (not mentioned in the Glossarj^) and
Pu singest so dop hen[ne] a snowe, AI ßat heo (i. e. such a hen)
singep hit is for wowe 16: 414 (cf. Bosworth-Toller 1170b).
Quite differently, again, the word should be interpreted in:
Lvtel loh is gode leof pat cumep of gode wille. And lutel
he let on miichel icowe, per Pe heorte is ille 17 A: 72 — 73.
The explanation giA^en in the Notes is : "And he little esteems
much offered wrongfuUy where the heart is evil". The
Glossary says: "on tvoive, wTongfully". The former explana-
tion is a failure, the latter tempts me to say something
wicked. Woive, however, Stands for vowe, parallel to the
preceding lo/c, "offering", "gift", and corresponding to the ^ieue,
"gift", of the Trinity MS. : "And little He esteems a great vow
(votiA-e offering), where the heart is evil". Cf. Belonging to
this church is a World of plate ,., besides tlie cosÜy vowes
hung np, some of gold Evelyn Diary (Century Dict.).
5. vmbe fiftene ^ert pat folc him isomned 6A: 71 — 72.
This is the reading of the MS. For him, however, Morris
deenied it necessary to Substitute is. Such an alteration was
suggested also by F. Madden (1847) in his edition of La^a-
mon's Brut. Certainly the B-text has his (is) i-somned, but
him isomned gives the same sense. The verb isomnen, 0. Engl.
gesomnian, is both transitive (congi'egare, colligere) and in-
transitive (congregari, convenii-e). Him is the same kind of
dative as in: Ihc . . se pat gras him springe, "I see the grass
INTEBPRET. AND EMEND. OF EABLY ENGLISH TEXTS. 319
spring up", 19: 130; cf. Swedish hau gick sig ut en morgon-
stund, "he went out of a morning". In isomned tlie find -d
is meant for -Ö; cf., three lines further down, hit fdled for
hit fallet,
6. p hcod an u^ feolet ])at we fceren scolden 6 A: 89 —
90. In his translation of the first of these lines, "So that
there be many among us", Morris differs from Madden, who
took feole to be the past participle of fallen. It is true, that
fvole seems a stränge participle. But the verb fallen presents
itself in a gi-eat variety of forms (see Morris's and Mad-
den's Glossaries). L vor II we had in faled (see no. 5).
Eo for a may have slipped over into tlie participle from the
other preterite fonns. The other MS. has: yat lot on vs ful
Altogether I consider Madden's acceptation preferable to
Morris's.
7. ])at ha leare ham mete. pat nie meosure hat ]>e middel
of tiva iiueles. for ])at is peaw in euch stude ant tuht forte
halden 7: 50 — 52. Morris renders the latter part of this
sentence thus: "for in every place it is a virtue to observe
moderation (or discipline)", and adds: ^Änt before tuhte seems
supei-fluous". But the sentence means: "that she may teach
them measure, what people call moderation, the middle of
two evil things, for that is, in each place (r= for in this
golden medium consists, in each case), virtue and the obser-
vance of propriety".
8. ^ef we as treowe tresures witeÖ wel his tresor Pat is
hitaht US to halden 7: 200—201. An E. E. T. S. 34, p. 264
(1868), the correct translation is given: "if we as true
treasurers guard well his treasure which is entrusted to us
to be kept". But both in the Glossary of Spec. I (1887),
where this passage is expressly mentioned, and in Mayhew
and Skeat's Concise Dictionary of Middle English (1888)
only the translation "treasure" is given, the editors thus
having guarded that treasure badly. Evidently treasures
Stands for tresureres,
9. hire feader feng 07i earst feire on; to lolcin s^f he
maJUe wiö eani luue speden 8 B : 64 — 65. The difficulty here
320 ERNST A. KOGK,
lies in the double on, Morris, disregarding the semicolon,
translates: "began first kindly to look upon her". New, in
the first place, tliis gives a weak sense: persuasion and
coaxing, not looks, were wanted on this occasion. Further
the analogy of A 50 — 51 {he feng feire to fondin — try,
tempt — his dohter) and B 86 — 87 (Affrican feng eft on. d:
to fondin ongon $ef he mähte . . wenden hire heorte) teaches
US that to lokin means "to see", "to try". Finally the re-
petition of a particle that fits in easily both immediately after
the verb (cf. Hire feader feng on to wreaÖÖin B 100) and
at the end of the clause (cf. Pa feng eft hire feder on wiö
olhnunge to fondin $ef . . A 67 — 68) is a more natural mistake
(which, in my own experience, will happen any day) than
the Insertion of a big stop between two words so closely
connected, particularly as in the present text stops seem to
be used very sensibly. Thus: "her father began first kindly,
to see if he could gain anything by love".
10. A ihesu hwa mihte nmre Jwlen cristen oder heaöent
])en mon him for scJiendlac i ])e heard spitted 10: 40 — 42.
In E. E. T. S. 34, p. 278 , the passage is rendered thus : "Ah,
Jesu! who might endui^e more, Christian or heathen, than
when one spitteth in scorn upon his beard?" This is not
quite correct. In the Glossary of Spec. I, Pen is explained
by "when, since", which is entirely wrong. The sentence
means : "Ah, Jesu ! who might, [whether] Christian or heathen,
endure more than [that] one spat in scorn upon his beard?"
11. per-of US yeft ensample po prie hinges of hepenesse.
pet comen fram verrene londes ure louerd to seche, and htm
makie offrinke. And he pet hi offrede gold, pet i$ cuuenable
yeftte to kinge: seawede pet lie was sothfa^t king . . And
be pet hi offrede Mine, pet is biter ping. signefieth Pet
hi hedde biliaue pet he ivas diadlich 13: 37 — 45. The Notes
contain the Information: '^Be pet, so that, because". This is
not correct. It literally means "by that", by being a pre-
position which governs the whole fAa<- clause; cf. after that,
before that, etc., in Shakespeare. Prepositions before that-
clauses are still used in Swedish ; thus "genom att de offrade",
coiresponding to the German "dadurch, dass sie . . opferten"
INTERPRET. AND BMEND. OF EARXA ENOLI8H TEXT8. 321
or "durch das opfern von", modern Engl, "by offering". —
Moreover, the verbs yeft and signifieth are *'pr. pl." (present
tense plural), not. "pr. s.'', as is wrongly stated in the Glos-
sary. Likewise seawede is "pt. pl.'' (Cf. the plurals habbeth,
an-uret, an-urede in 11. 22, 23, 29.) Thus the passage should
be rendered: "Thereof the three kings of heathendom give
US an example, who came from far away countries to seek
our Lord and to make offering to Hirn, and by offering gold,
which is a fit gift to a king, showed that he was a true
king, . . and by offering myrrh, which is a bitter thing, signify
that they believed that he was mortal."
12. losep hem knete dl in hin dhogt Als he let he hnew
hem noyt 15: 2167 — 2168. Morris Senders Als (< also < eal
swd) by "also'\ But it means "although". Cf. Swd he Jmrh
feöndscijje to cwale monige denide, s^iid peah him Dryhten
eft miltse gefremede Elen. Kmbl. (Bosworth-Toller 940b).
etlich tolle prclaten meyncn, wen ., ein yeglicher .. ein fest
macht, hab gar ein gut werck than, sso (although) er viel ein
besser s thet, wo ehr . . ein wercket tag macht Luther An den
chi'istl. Adel 52. Ok svd sem hon er sterk, ])a mun hon
brotna 8non'a Edda ed. Jönsson 22: 3.
13. Spies icere ive neuer non, Oc alle tve beti on faderes
sunen, For hunger dodes hider cumen 15: 2174 — 2176. "For
hunger compels them to come hither", says Morris. This
explanation labours with two difflciüties: 1. That Joseph's
brothers, after declaring: "We are all one father's sons",
should immediately add: "For hunger compels them", seems
entirely unreasonable , seeing that, in this case, no formal
considerations — rhjTne, rhythm, alliteration — can have
induced the poet to such a shift. 2. The explanation, or proof,
introduced by for would, in a somewhat confusing manner, be
severed from the thing to be explained or proved. — There-
fore 1 believe that -s must mean us, and that for is a pre-
position, not a conjunction: "No spies we ever were, but all
we are one father's sons : for hunger's sake he makes us here
repair." Then dodes Stands for doÖ e's = doÖ he u^. E for
Jie occurs in the same song 1. 2341 (so e gret, so he wept)
and 2708 (LUo egypte etvente, into Egypt he went, E. E. T. S. 7,
AugllA. M. F. XIU. 21
322 ERNST A. KOCK,
p. 77). Bod hes = doö he's = dod he {h)eSj "does he . . her
(i. e. it)", is to be found in 17 B: 56, mes = me (h)es 17 B:
259, has = ha es 15: 78, haze = ha{ue) vs Spec. UI, p. 269,
and so on. Don, "make, cause (one to do a thing)'' meets as
in I 15: 2351 {Änd dod htm to me cumen), 2438, 2441. Far
hunger would be analogoos to for nede, which, relating to the
same fact, the famine in Canaan, occurs twice on that same
page (1.2161, 2165). To sum up, I believe there are fairly
strong reasons for taking the passage so as I have done. And
even if my explanation should not be the right one, I still
believe that Dr. Morris's is wrong.
14. So hreöere seckes hauen he filt, And in euerilc Oe
siluer pilt Öat Öor was paid for de coren, And bunden Oe
müdes Öor hi-foren 15: 2213 — 2216. Morris, in the notes
(p. 339), explains the last two words by "there as before".
This is impossible. After the sacks belonging to Joseph*»
brothers had been fiUed with com, the money was thrust into
the sacks, and the mouths were tied up over it (literally:
"before there"). Morris refers us to a following passage,
where the Egyptian coren is again attended by this hapless
Öor bi'foren, but where no support is to be found for the
explanation given by him : BereÖ dat siluer hol agon, dat heni
dor-ofne wante non, And oder siluer dor hi-foren, for to bigen
wid oder coren 2243—2246. The sons of Jacob, before setting
out on their second journey to Egypt, had to take the money
found in their bags, but before that they were to provide
themselves with money to buy com with. As the restoring
of the old money was decidedly considered quite as important
as the new business, the words dor hi-foren cannot be said
to be particularly well chosen. "Therewithal" or "besides''
would have been more to the point. But the exactions of
rhyme have done more mischief than that. Ct. the other
places where, in this extract, hi-foren rhymes with coren
(2103, 2133, 2308) or with other words (1920, 2283, 2291,
2379, 2429, 2475, 2503, 2505, 2517) — hi-foren thus, in a local
or temporal sense, but often more expedientially than.appro-
priately, being brought in as a rhyme -word 14 times in
18 pages!
INTEBPRET. AND BMEKD. OF EARLY ENGLISH TEXTS. 323
15. Of losep wot ic ending non, And bondes ben leid
on symeon 15: 2229—2230. Thus lacob bewails the loss of
liis two sons. Ending is in the Glossary rendered only by
•*death'\ This may be right enough, in a way. Yet it does
not express adequately the particular shade of thought. En-
ding is here used in a wider and at the same time more
literal sense. In modern English we should say: "What has
become of Joseph, I do not know".
16. And qtianne losep hetn alle sag, Kinde Öogi in his
herte tvas 15: 2253-2254. Here the rhyme is missing, and
Morris (p. 163, 340) suggests the emendation: Kind Sogt was
in his herte äag, ^Natural thought in his heart was still".
This emendation implies: 1. an alteration of the word-order;
2. the addition of a word ; 3. the placing of that word in an
unusual position (for "though" at the end of a clause, however
common in modern every day parlance, is hardly to be found
at that early period), 4. a contrastation wliich appears far-
fetched. (For Morris cannot have meant that Joseph thought
in a brotherly way of his father's sons, although he saw
them; he must have meant: Joseph did so notwithstanding
what they had done to him in Dothan. Now it was
the second time that they met in Egypt, and a remark
about Joseph's disposition towards his brothers with regard
to that outrage would have been more appropriate in the
description of their ftrst encounter after the event.) — However,
considering the way in which the rhyme is dealt with in this
song, we have a right to suppose something to be amiss in
this passage. Although only reluctantly and hesitatingly
venturing on the wide field of emendatory guesses, I will
propose a simple alteration of the manuscript reading, by
which we avoid the above difficulties. Any certainty for its
correctness, can, of course, not be arrived at; I only say:
it seems more likely than Dr. Morris's. Instead of was I
propose to read stag: "And when loseph saw them all, kind
thought arose in his heart."
17. Pc^ we ne beon at one acorde, We muge bet mid
fayre worde, Wit-ute eheste, and bute fi^te, Plaidi mid fo^e
and midriste 16: 181—184. ^ Plaidi mid foge, plead (debate)
21*
324 BiRKST A. KOCK,
with (mutual) consent. For fose Jesus MS. has so^e (truth)."
^Fo^e . . mutual consent. A. S. fog, gefög, a joining." Thus
Notes and Glossary. To me, however, this appears to be a
mere guess. In German, Swedish, and Danish the corresponding
words (Fug, fog, feie), or their derivates, mean a "joining",
hence ^something fitting" and, in a secondary and abstract
application: "reason", "reasonableness", "justice and modera-
tion". This gives excellent sense and corresponds to the
reading of the other MS. (sope), Besides, plaidi mid foge and
mid rtgte re-echoes in mid rigte segge and mid shile two lines
further down.
18. Mid ivi grene dl bi-growe, Pat evre stont i-lidie
i'blowe, And his heou never ne vor-leost 16: 617 — 619. The
last clause is translated in the Notes: "And its (the ivy's)
colour never loses (fades)". I can see no reason for thus
making vorleosen an intransitive verb and, at the same time,
the construction less simple. In all probability the line means:
"and never loses is colour".
19. Pe nigtingalc at pisse worde Was wel nes ut of rede
i'worpe 16: 659—660. The translation "out of patience"
offered in Notes and Glossary is wrong. Bed means "advice",
"good or expediential advice", "expedient", "way out of the
difficulty"; cf. Icel. kann veit eigi sitt rdÖ hvat kann skal
gjera, Swed. icke veta sig nägon räd, Otit of rede means "at
a loss (what to say or do to help oneself)", "at one's wits'
end"; cf. Icel. rdälatiss, Swed. rädlös. The foUowing lines
(661 — 666) describe no outburst of impatience, but an eager
inward search for a plausible argument, which the nightingale
hardly knew where to get hold of. Cf. no. 21.
20. Heo miste speke hwar heo walde, To-vore pe king
Pah heo scholde 16: 1727 — 1728. Here the editors are entirely
on the wrong track, the Glossary containing the foUowing
item: "^o/i, conj. (for Jl^a), when(?), 16: 1728". Pah is not
written for pa, and does not mean "when". It has its usual
meaning, and the sentence should be translated: "He might
speak wherever he liked, even though he should do so before
the very king." With regard to the word-order, et in the
INTBAPBET. AND EllEND. OF EARLT ENOLISH TEXT8. 325
same poem: Mid püse worde forp hi f erden, AI hüte here and
hüte verde[n\ (troops), To PorteshoAn Pat heo bi-come (untill
they reached Portisham) 1789 — 1791 (correctly explained in
the Notes p. 349) , in the preceding : It sal, quaS he, ben soö,
bi-foren Öat god haÖ (what God has previously) ure eldere
sworen 2505—2506.
21. Hwi nullep hi nimen heom to rede, Pat he were
mid hsom i-lome For {tö] teche heom of his wisdome 16: 1764 —
1766. Again (cf. no. 19) we meet the Substantive red, which,
like the M.H.Germ, rät, Icel. rdö, etc., occurs in a great
variety of combinations. Morris's explanation, "Why will
they not betake themselves to counsel? i. e. why will they
not take thought together", is not correct. In Nimen heom
to rede, heom is a reflective dative, and the phrase literally
means: "take for themselves as advice", i. e. "decide for them-
selves", "make up their minds". Cf. Icel. taka to rdöa, "make
up one's mind", "undertake something". Analogous is also the
phrase: Wat shal me to rede? 18: 693, literally: "What shall
for me [be] as advice, or help? i. e. "What shall, or can, I
do?" (Was soll ich anfangen? Que faire? Hvad skall jag
taga mig tili ?) Cf . finally M. E. avise him (refl.). Fr. s'aviser.
22. Mony monnes sore iswynk ofte habbej) vnholde
17 A: 37. "Many a man's sore toil often hath ungracious
ones, i. e. a man often receives no return for his hard work",
Notes p. 350. Very likely this is right. Yet we might think
of a different Interpretation. We might take iswynk to mean
not the activity itself , but its fruit ; cf . 1. 58 , Vre swynk and
vre tylehpe. is iwuned to swynde, and the modern work,
meaning partly "labor", partly "opus'\ Further we might
take habbej) to be the 3d person plural, vnholde being the
subject and iswynk the object. Thus: "(Do good as long as
life laste; it is no use hoarding up for others, for the fruit of)
many a man's toil often ungracious ones receive."
23. Pe mon pat neuer nule do god . ne neuer god lif
lede . Pat dep cume to his dure . he may sore a-drede . Pat
he ne muwe bidden ore . for pai i-tyt ilom 17 A: 123 — 125.
Here the four pafs all have different meanings. According
326 EBNST A. KOCK,
to the Glossary, the second would mean the same as the third,
in which case we should have before us an extremely weak
period. In the Not^s an emendation is proposed: "Pol is
perhaps an error for pan, when". — In 1. 246 — 263 we find:
Par-lnne beop . . Pe Pat . . teeren al to gredi , of seoluer .
and of golde. And luueden vntrewnesse , Pat heo schulden
beon holde. And Uten Pat hi scolden da . and duden Pat heo
ne scholden. Again an emendation is offered: ^Pat, to which.
See 1. 253, p. 212. Or read pan, the dat. case." In both in-
stances I believe pat to mean "when". (In the second sentence
I render vntretvnesse by "unfaithfulness", not by "untruth",
as is given in the Glossary.) Thus: "The man who never
will do good, never lead a good life — when Death comes
to his door, he may be sore afraid, that he cannot obtain
mercy, for that often happens." "In there are those who
loved unfaithfulness, when they ought to be faithful."
24. Pis heop Pe, Pat weren her mid hwom me heold
feste. And peo Pat gode bi-heyhte wel . and nolden hit ileste
17 A: 237—238. "This Une", it is said in the Notes, «is
evidently corrupt. Perhaps we ought to read Pis beop pe .
Pat weren her hwom me ne heold feste, or nie heold vnfeste.
These were they that were here whom one esteemed onstead-
fast". Morris, it seems, took it, without further consideration,
as a matter of course, that 1. 237 must, in itself, contain a
finished thought. This, however, is not necessary. The ex-
l)ression me heold may, like e. g. he wende in 18: 374, be
placed in Opposition to reality, so that what those people
were believed to be and what they promised to Qod was the
opposite of what they actually were and did. Therefore,
although I do not entirely dispute the corruptness of the line,
seeing that ite original shape, very likely, was more or less
different (cf. the B-text), I maintain — particularly as the
emendation suggested by Morris is nothing beyond a cheap
guess — that the text, such as it is, may have appeared
satisfactory enough both to the scribe and to his reader:
"These were such as were here with (amongst) those whom
one considered firm and such as promised well to God, but
would not carrv it out."
INTERPRET. AND EHEND. OF EABI^T ENOLI8H TEXT8.
327
25. Heo schullep wunyen in helle . ])e ueondes onwolde
17 A: 264. Morris says: "For pe read in ^e". Such an
emendation does not seem necessary. If we compare an mine
anwalde, in min anwolde 6: 166 with in here wold 15: 1958,
and consider that prepositions were often written in one word
with their nouns, we may declare the latter part of 17 A: 264
equal to pe ueondes on wolde. Nor is it necessary to look
on Pe ueondes as gen. sg.; it may be the dat. pl.; cf. ^at him
a pance hefell 1: 4.
As I have, in this first set of Interpretations and Emen-
dations, dealt almost exclusively with the first part of Spe-
cimens of Early English, I will, by way of a supplementary
note, especially with regard to an eventual new edition, give
a combined list of the passages dwelt upon here and of other
passages in the same volume requiring further attention.
**No. 1" etc. refers to the above paper; "ERP'' to my essay
on The English Relative Pronouns, Lund 1897. "Notes" in-
dicÄtes, in cases where Notes and Glossary, notwithstanding
the revision (cf. Mayhew and Skeat's Preface to the second
edition , p. XVI) , are still at variance , that I consider the
Glossary wrong; "Gloss.", in similar cases, that I consider
the Notes wrong. In the remaining instances, the desirable
alteration is fully stated.
l : 4. wa is an interrogative, not a
relative, pronoun.
- 27, 29. No. 1.
— 77. See above, 1: 4.
3 A : 73. No. 2.
— B: 7. No. 3.
4B: 64, 114. No. 4.
h: 1611. biggenn is the Scaud.
Jfyggjay "build", "dwell", notO.
E. bycgauy "buy" (correct in
Mayhew and Skeat's Concise
Dict. of M. Engl.).
6 A : 72. No. 5.
— 89. No. 6.
~ 426. ERP.
7: 52. Nr. 7.
— 73. Gloss.
— 200. No. 8.
8 B : 65. No. 9.
9: 18. EJRI>.
— 90. Gloss.
— 139. Notes (bud means "buys",
not "is").
10: 7. cMeUche not in the Glos-
sar}'.
— 41. No. 10.
- 54. ERP.
13: 37, 40, 41, 44. No. 11. — Er-
roneons Statements with regard
to the number of verbs are
freqnent {hupe 13: 17, drinked
13 : 129, etc., so that the whole
Glossary requires a revision also
in that respect.
14: 6. Gloss.
— 411. Glo«.
328 KOCK, INTERPRET. AND BMBND. OF EARLY ENGLI8H TBXT8.
15: 2168. No. 12. ~ 237. No. 24.
— 2176. No. 13. - 262. No. 23.
— 2216. No. 14. — 264. No. 25.
— 2229. No. 15. — B: 392. Gloes.
— 2245. No. 14. 19: 115. No. 2.
— 2254. No. 16. — 580. emdinge not in the Glos-
16: 184. No. 17. sary.
— 267. Glosß. P. 317. The end of the note on
— 414. No. 4. 8: 6 shonld be expimged.
— 616. Gloss. P. 360. 304 wrong for 324 (to be
— 619. No. 18. placed after 315).
— 660. No. 19. P. 361. 651—63 wrong for 651—53.
— 1728. No. 20. P. 496a. Seien, 4b. 44, tobe placed
— 1764. No. 21. at the beginning of the article.
17 A: 37. No. 22. P. 514 a. Tewten, wrong for tehien,
— 73. No. 4. P. 544 b. too is not to be fonnd in
— 93. ERP. 17 B: 142. — 18: 115 wrong
— 124. No. 23. for 19: 115.
LuND in October 1901. Ernst A. Eock.
APHRA BEHNS
GEDICHTE UND PROSAWERKE.
n.
IT. Inhaltsangabe der erzUilnngen Aphra Behns.
1. Oroonoko, or, The Royal Slave.^)
Oroonoko ist mit einer anzahl schwarzer^ afrikanischer
Sklaven nach Surinam gekommen, wo ihn Aphra Behn kennen
gelernt hat. Er erzählt selbst Aphra seine lebensgeschichte.
Oroonoko ist der enkel des königs von Coromantien, einem
lande an der küste Afrikas. Da alle söhne dieses königs in
den kriegen, welche die benachbarten negerstämme beständig
miteinander führen, gefallen sind, so ist Oroonoko der thron-
f olger. Sein leben, das in einer schlacht in grösster gefahr
schwebte, wurde nur durch den opfertod des obersten generals
gerettet, indem sich dieser vor Oroonoko warf und den pfeil
auffing, der für den prinzen bestimmt war. Oroonoko bringt
Imoinda, der tochter des generals, die schmerzliche künde von
dem tode ihres vaters. Dabei verliebt er sich sogleich in das
schöne mädchen. Beide vermählen sich nach heimischer sitte.
Der nif von der ausserordentlichen Schönheit Imoindas erfüllt
das ganze land, sodass auch der alte könig auf sie aufmerksam
wird. Trotzdem dieser erfährt, dass Imoinda bereits eine
innige liebe mit Oroonoko verbindet, schickt er ihr auf den
rat schmeichlerischer höflinge den königlichen schleier; dies
bedeutet, dass sich Imoinda sofort ohne jeden widerstand in
den otan, d. h. den harem des königs begeben muss. Oroonoko
ist erst ausser sich vor schmerz über den vertust seiner ge-
») Workfl V, p. 75—200.
330 P. SIEGEL,
liebten; auf das zureden seiner freunde hin verhält er sich
dann ruhig, um den könig zu täuschen. Diesen lässt seine
heimtückische gewaltthat nicht recht zur ruhe kommen, zumal
ihm Imoinda fortwährend die bittersten vorwürfe macht. Eines
tages begleitet Oroonoko seinen königlichen grossvater in den
otan, um sich an den spielen und tanzen der frauen, unter
ihnen Imoinda, zu ergötzen. Sogleich erwacht in Oroonoko
bei dem anblick der geliebten die ganze zurückgehaltene leiden-
Schaft. Er beschliesst, sich gewaltsam zu seinem rechte zu
verhelfen. Zu diesem zwecke bewegt er seinen treuen diener
Aboan, einen schönen jüngling, den liebeslockungen der zwar
alten aber noch liebebedürftigen Onahal, der auf Seherin Imoindas,
nachzugeben. Onahal öffnet ihrem geliebten eines nachts das
thor des gartens, der zu dem otan führt; bei dieser gelegen-
heit dringt Oroonoko in das gemach seiner geliebten Imoinda,
die ihn mit grosser freude empfängt. Allein Oroonokos schritte
waren von königlichen dienern bewacht und verraten worden.
Die beiden liebenden werden von häschem überrascht. Oroonoko
kann nur mit mühe entkommen. Er begiebt sich als heer-
führer in den kiieg gegen einen benachbarten stamm. Nach-
dem sich bei dem könig der erste zorn gelegt hat, sieht der
fürst sein unrecht ein. Trotzdem will er Imoinda nicht frei-
geben. Die gesetze des landes verbieten ihm aber, eine frau
zu lieben, die bereits das weib eines blutsverwandten gewesen
ist ; deswegen verkauft er Imoinda als Sklavin. Aus furcht vor
dem zom Oroonokos lässt er diesem mitteilen, sie sei zur strafe
ihrer missethat getötet worden. Oroonoko überlässt sich zwei
tage lang einem unthätigen kummer und weigert sich, sein
heer gegen den feind zu führen. Die Soldaten aber sind ohne
ihren geliebten führer unfähig zum widerstände; sie weichen
vor dem siegreich vordringenden feinde zurück. Da rafft sich
Oroonoko im gefährlichsten augenblick noch auf, feuert seine
leute durch seine tapferkeit an und trägt einen glänzenden
sieg davon. Nach hause zurückgekehrt, sucht sich Oroonoko
durch die beschäftigung mit den Wissenschaften, vor allem mit
mathematik und astronomie, zu zerstreuen. Er tritt in leb-
haften verkehr mit einem englischen schiffskapitän und Sklaven-
händler, den er wegen seiner mathematischen kenntnisse lieb
gewinnt. Allein dieser Engländer ist ein feiger, hinterlistiger
betrügen Er ladet Oroonoko und hundert der edelsten des
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 831
landes auf sein schiff ein und bewirtet diese äusserst glänzend.
Als die schwarzen gaste von der gewalt des ungewohnten und
zu reichlich genossenen weines überwältigt sind, lässt sie der
kapitän fesseln und als Sklaven fortführen. Oroonoko und seine
freunde wollen sich den tod durch verhungern geben. Der
betrügerische kapitän weiss sie durch falsche Versprechungen
davon abzubringen und verkauft sie schliesslich in Surinam
an die kolonisten. Oroonoko kommt in den besitz eines vor-
trefflichen, gebildeten edelmannes, namens Trefry, der dem
plantagenbezirk vorsteht, wo sich Aphra mit ihren bekannten
aufhält. An der schönen gestalt und dem edlen benehmen des
negers erkennt man sogleich, dass dieser hoch über den ge-
wöhnlichen Sklaven steht. Oroonoko fasst vertrauen zu seinem
herrn und vor allem zu Aphra und berichtet ihnen seine her-
kunft und Schicksale. Er darf frei schalten und walten und
ist nur dem namen nach ein sklave. Zur Vervollkommnung
seines glückes und zur freude seiner freunde trifft er seine
gattin Imoinda, die zufällig in denselben bezirk gekommen
wai\ Beide erhalten ein eigenes hauswesen und die Zusicherung
ihrer baldigen befreiung. Allein die erfüllung dieses Ver-
sprechens wird durch den stellvertretenden gouverneur der
kolonie, Byam, hinausgezogen. Trotz aller Vergünstigungen
und freiheiten, die man Oroonoko gewährt, ist dieser überzeugt,
dass ihn Byam nui- mit trügerischen Versprechungen hinhalten
will, um auch noch das zu erwartende kind Imoindas der
Sklaverei verfallen zu lassen. Daher beschliesst er, sich und
zugleich seine mitsklaven gewaltsam zu befreien. An einem
Sonntag, als die Engländer einen vorteilhaft abgeschlossenen
Sklavenhandel mit einem derben Zechgelage feiern, ruft Oroonoko
alle Sklaven des bezirks zusammen und überredet sie mit be-
geisterten Worten, der Sklaverei zu entfliehen. Die flucht wird
sogleich ins werk gesetzt. Allein die flüchtigen werden durch
das unwegsame land und durch das mitgenommene gepäck am
schnellen vorwärtsdringen gehindert und bald von den ver-
folgeiTi eingeholt. Nach kurzem kämpf ergeben sich die feigen
Sklaven, nur Oroonoko und Imoinda kämpfen verzweifelt weiter ;
sie ergeben sich erst, nachdem ihnen durch ein schriftliches
versprechen des gouverneurs Straflosigkeit zugesichert worden
ist. Aber der letztere hält sein versprechen nicht, sondern er
lässt Oroonoko peitschen und fürchterlich foltern. Wie Aphra
332 P. SIEGEL,
und ihre freunde den verrat an ihrem Schützling erfahren,
nehmen sie sich des armen an und lassen ihm die sorgfältigste
pflege angedeihen. Oroonoko schwört seinem peiniger grimmige
räche. Ehe er diese ausführt, tötet er seine Imoinda, um sie
nicht in die hände der feinde fallen zu lassen. Acht tage lang
bleibt der unglückliche im walde an der leiche seines weibes
liegen, ohne etwas zu gemessen. Als man ihn endlich auf-
findet, will er seinem leben dadurch ein ende machen, dass er
sich den leib aufschlitzt. Aber wieder wird er durch die ge-
schicklichkeit eines arztes geheilt. Da lässt ihn Byam, der
stellvertretende, verräterische gouvemeur, während der ab-
wesenheit Aphras und ihrer freunde ergreifen und unter
schrecklichen martern töten: Oroonoko wird an einen pfähl
gebunden ; dann wird ihm glied für glied vom körper getrennt
und ins feuer geworfen; bei dem Verlust des zweiten armes
senkt der unglückliche das haupt und stirbt. — An diese er-
zählung, die im mittelpunkt des ganzen steht, schliesst die
Schriftstellerin mehrere episoden und beschreibungen an, in
denen manches interessante enthalten ist. So führt sie uns
zu anfang land und leute von Surinam vor. Wir erfahren,
dass die kolonie ein von der natur reich gesegnetes land ist.
Die englischen kolonisten suchen in gutem einvernehmen mit
den eingeborenen zu leben, da die letzteren durch ihre grosse
zahl den kolonisten sehr unbequem werden können. Die ein-
gewanderten treiben mit den eingeborenen lebhaften handel
in fischen, wild, büff elf eilen , federn und vielen anderen
exotischen tieren und gegenständen. Da die kolonisten die
eingeborenen nicht als arbeiter auf den plantagen heranziehen
können, so müssen erstere Sklaven aus anderen ländem, be-
sonders aus Afrika, einführen. Die betrachtungen über die
Sitten der eingeborenen werden uns weiter unten beschäftigen.
Anknüpfend an die Schicksale des beiden zeigt uns die autorin
auch eine Indianerstadt mit ihren einwohnern. Ein andermal
erzählt sie uns ein abenteuer Oroonokos mit einem seltsamen
fisch, der alle diejenigen personen, die mit ihnen in berührung
kommen, zu boden wirft ;0 dann wieder werden eine tigerjagd
und noch andere abenteuer erzählt.
0 Jedenfalls ein sogenannter elektrischer fisch.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PBOSA WERKE. 333
2. The Fair Jilt.O
Diese erzählung führt uns in ein ganz anderes milieu ; sie
spielt in der feinen lebeweit Antwerpens. In Antwerpen be-
findet sich (zui' zeit Aphra Behns) ein kloster des beguinen-
ordens der „Galloping Nuns", d. h. solcher nonnen, die durch
kein gelübde gebunden sind, sondern das kloster jederzeit ver-
lassen können. In diesem kloster hält sich auch Miranda, ein
reiches und schönes mädchen von hohem stände, auf, um welche
sich die gesamte galante herrenweit versammelt; denn kein
mann kann der Schönheit dieses mädchens widerstehen. Aber
Miranda erhört keinen ihrer bewerber, da sie die fesseln der
ehe verachtet und nur darauf bedacht ist, ihre eitelkeit zu
befriedigen. Da rächt sich die liebe an dem leichtfertigen
mädchen. Miranda wird von einer glühenden aber unerwiderten
leidenschaft zu dem schönen kordeliermönch Franciscus erfasst,
den sie in der kirche gesehen hat. Dieser mönch ist ein
deutscher prinz, der sich aus kummer über eine unglückliche
liebe in das kloster zurückgezogen hat. Wie Miranda erfährt
dass unter den mönchskleidem ,.a person of high Quality"
verborgen ist, wird ihre neigung noch heftiger. Alle vemunft-
gründe wirft sie bei seite; sie kennt nur noch ein ziel: den
besitz des geliebten mannes. Sie bekennt dem mönch in zahl-
losen briefen ilire liebe; sie schickt ihm kostbare geschenke,
um ihn zur erhörung ihrer wünsche zu bewegen, aber alles
vergebens. Da geht sie zuletzt selbst zu ihm in die Sakristei
mit dem vorwande, beichten zu wollen. Aber in Wirklichkeit
fleht sie den mönch an, ihre rasende leidenschaft zu stillen.
Aber Franciscus bleibt standhaft. Er bittet die rasende, ihre
sündhafte neigung zu unterdrücken. Von wahnsinniger leiden-
schaft und grimmer wut über die Zurückweisung ergriffen,
schmäht Miranda den mönch, wirft sich auf ihn und stösst
gellende hilferufe aus. Den herbeieilenden mönchen klagt sie
unter thränen, Franciscus habe ihr ein unglück anthun wollen.
Da Franciscus in seiner demut nichts auf diese anklage er-
widert, wird er für schuldig erkannt und ins gefängnis ge-
worfen. Trotzdem er schliesslich auf die bitten seiner Ordens-
brüder die briefe Mii-andas veröffentlicht, glauben die richter
»; Works V, p. 201—287.
334 P. SIEGEL,
nicht an seine Unschuld. Die männer der massgebenden kreise
stehen alle unter dem einflusse der schönen Sünderin. Diese
führt inzwischen ihr altes, leichtfertiges leben weiter, während
ihr opfer im gefängnis schmachten muss. — Da kommt ein
reicher abenteurer, der sich „Prinz Tarquin" nennt, nach
Antwerpen. Miranda macht sich sogleich mit ihm bekannt.
Tarquin verliebt sich in sie und heiratet sie trotz der War-
nungen des bischofs und anderer hochgestellter männer der
Stadt. Tarquin und Miranda führen nun ein glänzendes leben,
das nicht nur ihr grosses vermögen in kurzer zeit aufzehrt,
sondern auch dasjenige Alcidianens, der Schwester Mirandas.
Da Miranda nicht weiss, wie sie das vermögen ihrer Schwester
ersetzen soll, beschliesst sie, dieselbe aus dem wege zu räumen.
Sie versteht es, ihren pagen, dessen herz sie bethört hat, zu
bewegen, Alcidiane zu vergiften. Der page erreicht aber sein
ziel nicht vollständig; das gift wirkt nicht tötlich. Der page
wird ergriffen ; er entdeckt alles. Er wird gehenkt, während
Miranda zwei stunden lang an demselben galgen angebunden
stehen muss. Da man natürlich nun erst recht auf die heraus-
gäbe von Alcidianens vermögen dringt, entschliesst sich Tarquin
selbst, „aus liebe zu seiner frau", zu einem mordversuch auf
Alcidiane. Dabei wird er ebenfalls ergriffen und mit Miranda
in dasselbe gefängnis gesperrt, in welchem Franciscus
schmachtet. Tarquin wird zum tode, Miranda zur Verbannung
verurteilt. Da legt endlich Miranda ein umfassendes geständnis
von ihrem leichtfertigen lebenswandel ab. Franciscus wird
nach zweijähriger, unschuldig verbüsster gefangenschaft be-
freit. Tarquin wird auf den richtplatz geführt, um mit dem
Schwerte gerichtet zu werden. Allein der streich des Scharf-
richters ist nicht tötlich. Tarquin wird durch die kunst ge-
schickter ärzte wieder hergestellt. Er geht nach Holland,
seiner heimat. Trotzdem er seinen rettem versprochen hat,
Miranda für immer zu verlassen, lässt er sie doch sogleich zu
sich kommen. Tarquins reicher vater nimmt sie freundlich
auf, da er ihr vorleben nicht kennt. Tarquin stellt seine ehre
dadurch wieder her, dass er kriegsdi^nste im französischen
beere nimmt und sich durch grosse heldenthaten auszeichnet.
Nach hause zurückgekehrt, zieht er sich mit Miranda auf ein
landgut zurück, where, with his Princess, he liv'd as a private
Gentleman, in all the Tranquillity of a Man of good Fortune.
APHRA BEHKS GEDICHTR UKD PROSAWERKE. 335
They say Miranda has been very penitent for her Life past,
and gives Heaven the Glory for having given her these
Afflictions that have reclaim'd her, and brought her to as
perfect a State of Happiness, as this troublesome World can
afford.
3. The Nun, or, The Perjur'd Beauty.O
Der Schauplatz dieser novelle ist nach Spanien verlegt.
Don Sebastian will seine Schwester Elvira, die mit Don Hen-
rique verlobt und von diesem verlassen worden war, an Don
Henrique rächen. Als letzterer eines nachts von einem liebes-
abenteuer heimkehrt, wird er von Sebastian und dessen ge-
sellen überfallen. Don Antonio kommt dazu und steht seinem
freunde Henrique bei. Sebastian wird schwer verwundet
Antonio und Henrique fliehen nach Sevilla, um der räche
Sebastians zu entgehen. In Sevilla lebt Ardelia, Antonios ge-
liebte. Die feindschaft der beiderseitigen familien hindert aber
eine Vereinigung der beiden liebenden, und Antonios versuche,
Ardelia zu entführen, sind bisher missglückt. Henrique soll
nun vermittelnd eingreifen. Er erlangt zutritt zu dem hause
von Ardelias vater, der den jungen kavalier als einen mann
von hohem stände, feiner bildung und ausgezeichneten Charakter-
eigenschaften bereitwillig aufnimmt und die vermeintlichen
Werbungen desselben um seine tochter Ardelia gern zulässt.
Während nun Henrique mit Ardelia von den entführungsplänen
Antonios spricht, wodurch er oft mit ihr zusammenkommt,
erwacht in beiden eine tiefe neigung zu einander. Ardelia
gesteht Henrique ihre liebe und ihren entschluss, Antonio auf-
zugeben. Aber Henrique sucht seine neigung zu unterdrücken
und beredet Ardelia, Antonio eine Zusammenkunft zu gewählten,
um die entfühining ins werk zu setzen. Antonio empfängt
Ardelia mit grösstem entzücken, aber diese weist ihn zurück
und teilt ihm ihre liebe zu Henrique mit. Antonio glaubt
sich von seinem freunde ven-aten. Ardelia wird -nach einem
nahen kloster gebracht. Antonio fordert Henrique zum Zwei-
kampf heraus; in demselben ^drd ersterer tötlich verwundet.
Noch ehe er stirbt, bittet er seinen freund um Verzeihung
dafür, dass er ihn verdächtigt habe, und warnt ilm vor der
0 Works V, p. 288-324.
336 P. SIEGEL,
falschen Ardelia. Auf die nachricht von Antonios tode ver-
fällt Ardelia in Schwermut; sie beschliesst, ins kloster zu
gehen. Aber kaum hat sie diesen entschluss ausgeführt, als
sie ihn bitter bereut. Ihre liebe zu Henrique erwacht mit
erneuter kraft. Auch Henrique, der vor den freunden Antonios
nach Italien geflohen ist, erfüllt die Sehnsucht nach der ge-
liebten. Er kommt verkleidet nach Sevilla und lässt Ardelia
mitteilen, dass er sie aus dem kloster entführen wilL In-
zwischen ist Sebastian, der immer der spur Henriques gefolgt
ist, nach Sevilla gekommen. Er besucht seine Schwester Elvira,
die sich in demselben kloster aufhält, in welchem Ardelia weilt.
Diese hatte schon als zehnjähriges mädchen eine leidenschaft-
liche neigung zu Sebastian gefasst. Wie sie ihren früheren
geliebten sieht, vergisst sie sogleich Henrique wieder. Se-
bastian beschliesst ebenfalls, Ardelia zu entführen und zwar
in derselben nacht, die Henrique schon bestimmt hatte, nur
eine stunde früher. Elvira, die den plan ihres bruders er-
fahren hat, teilt denselben Henrique mit, den sie immer noch
liebt. Zu der bestimmten stunde (nachts elf uhr) treffen
Henrique und Sebastian mit ihren gesellen an der kloster-
mauer zusammen. Sebastian will Henrique erstechen, durch-
bohrt aber Ardelia, die herbeigeeilt und von Henrique um-
schlungen worden war. Die beiden nebenbuhler töten einander
im Zweikampfe. Elvira fällt bei der nachricht von diesen
schreckensthaten in ein fieber und stirbt wenige tage darauf.
4. The Lucky Mistake.«)
Auch diese novelle spielt in einem fremden land, nämlich
in Frankreich. In Orleans lebt ein verarmter adliger. De Pais,
mit seinen zwei töchteni Atlante und Charlot, von denen sich
die erstere durch hervorragende Schönheit auszeichnete. In
dem hause des De Pais, der sich sonst ganz von der weit
abschliesst, verkehrt ein schon älterer, hässlicher, aber reicher
graf Vernole, der die absieht hat, Atlante zu heiraten, wozu
er schon die einwilligung von seinem freunde De Pais erhalten
hat. In unmittelbarer nachbarschaft des De Pais wohnt eben-
falls ein hoher aristokrat, namens Bellyaurd, mit seinem ein-
zigen und ausgezeichneten söhn Einaldo. Bellyaurd warnt
1) WorkB VI, p. 224-291.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWBRKE. 337
seinen söhn vor der schönen aber armen Atlante; allein die
beiden jungen leute, die sich in der kirche gesehen haben,
verlieben sich erst recht in einander. Bellyaurd belauscht
eines abends die Unterhaltung, welche die liebenden von den
fenstern der beiden benachbarten häuser aus führen. Er lässt
sich aber nichts davon merken, sondern schickt Rinaldo auf
ein jähr nach Paris unter dem vorwand, dessen bildung ver-
vollkommnen zu lassen. Rinaldo kann die trennung nicht er-
tragen; er reitet jeden monat einmal heimlich nach Orleans
zu seiner geliebten. Da erhält er eines tages die nachricht
von Atlante, der graf Vernole habe um ihre hand angehalten ;
Rinaldo möge sofort kommen. Die liebenden entdecken ihren
Vätern ihi-e gegenseitige liebe; Atlante weigert sich, Vernole
zu heiraten. Ihr vater ist darüber so wütend, dass er sie mit
dem Schwerte, durchbohien will. Im gefährlichsten augenblick
kommt Vernole dazu und verhindert die grausame that.
Vernole ist zwar schi'ecklich erregt über sein missgeschick,
aber er ist zu feige, um seinem rivalen ehrlich zu begegnen;
darum lässt er diesen durch gemietete Schweizer und Spanier
überfallen. De Pais hört den lärm des Überfalls, der vor
seinem hause stattfindet, eilt hinzu und rettet den bedrängten
Rinaldo in sein haus, wo Atlante selbst die wunden des Über-
fallenen verbindet. Rinaldo hat sich durch sein tapferes be-
nehmen die gunst des De Pais erworben, der ihm seine zweite
tochter Oharlot zur frau geben und so den streit schlichten
\^ill. Da sich Atlante weigert, Vernole zu heiraten, wird sie
ins kloster gebracht, wo sich schon Oharlot aufhält. Rinaldo
sucht sich durch ('liarlot, die ihm schon früher behilflich ge-
wesen ist, Zugang zu Atlante zu verschaffen. Er teilt der
geliebten in einem briefe seine absieht mit, sie zu entführen.
Charlot, die den brief überbringen soll, behält diesen für sich.
Sie hofft Rinaldo, den ihr ihr vater als zukünftigen gemalil
bezeichnet hat, selbst zu gewinnen. In der bezeichneten nacht
begiebt sich Rinaldo an die klostermauern. Vernole kommt
zufällig dazu. Er holt seine gesellen und lässt Rinaldo, der
nur zwei diener bei sich hat, überfallen und Charlot, die sich
unerkannt an stelle Atlantes eingestellt hat, zu De Pais
bringen. Dort angelangt, klärt Charlot die Verwirrung auf
und giebt zugleich zu erkennen, dass sie auch Vernole heiraten
würde, um nicht im kloster ihre Jugend verfrauein zu müssen.
AngUa. N. V. XUI. 22
338 V. SIEGEL,
Da Vernole einsieht, dass Atlante nie in eine Verbindung mit
ihm einwilligen würde, hält er gleich am nächsten tage hoch-
zeit mit Charlot. Kurz dai-auf findet auch die Vermählung
Atlantes mit Einaldo statt.
Die beiden letzten erzählungen führen uns in das leben
und treiben der londoner gesellschaft.
5. The Adventure of the Black Lady. >)
Bellamora flieht vor ihrem onkel, der sie zur heirat mit
einem zwar wohlhabenden aber ungeliebten manne zwingen
will, nach London, um bei ihrer verwandten Mrs. Brightly
schütz zu suchen. Nach vergeblichem suchen nach dieser
verwandten findet Bellamora aufnähme bei einer verarmten
adligen dame, in deren hause zufällig die Schwester von
Bellamoras geliebten Fondlove wohnt. Diese benachrichtigt
ihren bruder von der läge seiner geliebten. Fondlove eilt
sogleich herbei und trifft mit Bellamora Vorkehrungen zur
hochzeit. Inzwischen haben die „Overseers of the Poor"
kenntnis von dem auf enthalt des fremden, unverheirateten
mädchens erhalten. Wie sie in das haus kommen, ,,to search
a young blackhair'd Lady (for so was Bellamora)", ist diese
gerade nicht anwesend. Die wirtin Bellamoras zeigt den
„Overseers" alle zimmer und zuletzt eine kleine stube, in
welcher eben eine schwarze katze junge geworfen hatte.
6. The Court of the king of Bantam.*)
Valentine Goodland, der söhn eines reichen geizhalses,
liebt Philibella, die niclite seines freundes Sir Philip Friendly.
Sein vater will aber nur in die heirat willigen, wenn Phili-
bellas mitgift eine genügende ist. Man schafft nun diese mit-
0 Works VI, p. 324—336.
*) Work» VI, p. 293—324. Die erzählung beruht auf einem in der
zweiten hälfte des 17. jahrh. sehr beliebten brauche am hohneigahrsfest
(Twelfthday). An diesem tage, der wie die ganze Weihnachtszeit dem
scherz und jubel geweiht war (und noch ist), spielte man allerlei lustige
spiele, worunter das beanfeast sehr beliebt war. Das spiel bestand darin,
dass man einen kuchen verteilte, der eine bohne enthielt. Deijenige, dem
die bohne zufiel, wurde zum sogenannten bohnenkönig ernannt. Auf die-
selbe weise wählte man auch eine bohnenkönigin. Vgl. Aronstein, a. a. X).
und The Century Dictionary, bd. IX.
APHRA BERNS GEDICHTE UND PROSA WERKE. 339
gift auf folgende weise herbei. Ein reicher, eitler narr, namens
Would-be King, verliebt sich in Philibella und Lucy, „a
quondam Mistress to Sir Friendly", welche Friendly aber für
seine ältere nichte Would-be gegenüber ausgiebt. Zu den
festlichkeiten, die am hohneujahrstage bei Friendly stattfinden,
wird auch Would-be King eingeladen. Bei der vei-teilung der
bohnenkuchen richtet es Friendly ein, dass Would-be und Lucy
die bohnen erhalten, also könig und königin werden. Would-be
steigt seine neue würde zu köpf. Alle anwesenden, besonders
die damen, schmeicheln ihm, und der wein thut sein übriges.
Nur Valentine Goodland will den Vorschriften des „königs"
nicht gehorchen; er reizt denselben durch beständigen Wider-
spruch. Es entsteht ein allgemeiner streit, der damit endet,
dass Goodland scheinbar sehr aufgeregt aus der gesellschaft
fortgeht und die damen sich zur ruhe begeben. Would-be
beschliesst auf den rat Friendlys, sich auf folgende weise zu
rächen. Da Friendly ihm erzählt hat, dass Goodland von
seinem vater gezwungen werde, Lucy zu heiraten, obgleich er
Philibella liebe, so will er (nämlich Would-be) Lucy verführen
und Philibella 3000 j^' schenken, damit sie ihren (vermeint-
lichen) geliebten Flygold heiraten könne. Dieses geld würde
er, wie ihm Friendly vei-sichert, dem leichtsinnigen Flygold
im spiele bald wieder abgewinnen. Ehe sich Would-be und
Friendly zu bett legen, spielen sie noch einige partien piquet.
Friendly gewinnt dem „könig" 3200 £ ab , worüber der letz-
tere einen Wechsel ausstellt. Am nächsten tage findet eine
vei-söhnung zwischen den beiden gegnern statt, wodui*ch
Would-be in die rosigste laune gerät Er feiert mit seinen
bekannten die festtage durch ausgelassene Zechgelage und
tanzfeste und schliesst mit Goodland enge freundschaft. Wäh-
rend Would-be mit Lucy zusammen ist, um seinen „freund"
Goodland zu betrügen, verheiratet sich dieser mit Philibella,
die inzwischen die versprochenen 3000 £ von Would-be er-
halten hat. \\ie Would-be merkt, dass er von seinen freunden
betrogen worden ist und Avie er auch noch deren spott zu
leiden hat, geht er mit Lucy auf das land, aber vierzig meilen
Von dem ort entfernt, an dem sich seine frau aufhält. Dort
erfreut ihn Lucy mit der geburt eines „prinzen", der den
namen Hayoumore cake Bantam erhält.
22*
340 P. SIEGEL,
y. Die entstehungszeit der erzählungen Aphra Behns.
Ehe wir näher auf die erzählungen Aphra Behns eingehen,
müssen wir die frage nach der zeit ihrer entstehung zu be-
antworten suchen.
Die beiden ersten erzählungen erschienen zusammen, wie
schon erwähnt, im jähre 1688, also über dreissig, resp. über
zwanzig jähre nach der zeit, in welcher sie spielen. Aus der
zeit vor 1688 lässt sich keine ausgäbe nachweisen. Beljames *)
ansieht, dass Oroonoko schon während der regierungszeit
Karls IL entstanden sei, dürfte, wenigstens in bezug auf die
erhaltene fassung, daher nicht zutreffen. Beljame stützt sich
auf eine anspielung im Oroonoko auf das drydensche drama
The Indian Queen, *0 das im jähre 1664 aufgeführt wurde. 3)
Allerdings scheint aus der anspielung hervorzugehen, dass die
aufführung des genannten dramas noch in frischer erinnerung
war, dass also Oroonoko nicht sehr lange darnach niederge-
schrieben sein kann. Allein das fehlen einer ausgäbe vor
1688 und vor allem eine andere anspielung weist die abfassung
in eine weit spätere zeit. Aphra Behn bemerkt nämlich,
nachdem sie die Schönheit der kolonie Surinam gepriesen hat :
Had his läte Majesty, of sacred Memory, but seen and
known what a vast and charming World he had been Master
of, in that Continent, he would never have parted so easily
with it to the Dutch. *) Mit diesem verstorbenen könig kann
nur Karl II. gemeint sein, denn unter seiner regierung, im
frieden von Breda 1667, wurde Surinam von den Engländern
an die Holländer abgetreten. Die uns vorliegende fassung des
Oroonoko kann also nicht vor 1685, dem todesjahre Karls II.,
entstanden sein. Dies widerspricht nicht der thatsache, dass
die erzählung schon viel früher bekannt war durch den münd-
lichen bericht der Schriftstellerin. Southern ^) sclireibt in dem
Epistle Dedicatory zu seinem drama Oroonoko, dass A. Behn
^) 6e\jame, a. a. o. p. 15.
*) A. B. erzählt (Oroon. p. 77) , dass die kolonisten einen lebhaften
handel in federn mit den eingeborenen treiben und setzt hinzu: I had a
Set of these Feathers presented to me, and I gave 'em to the king^^s
Theatre ; it was the Dress of the Indian Queen, infinitely admir'd by Persons
of Quality.
») Wülker, a. a. o. p. 353. *) Oroonoko, p. 153.
^) Southern, Oroonoko 1696, Epistle Dedicatory.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 341
die Schicksale des negerfürsten mündlich noch besser erzählt
habe wie schriftlich.
Aehnlich steht es mit der zweiten erzählung The Fair Jilt.
Die geschilderten ereignisse trugen sich anfang der sechziger
jähre zu, wie aus der folgenden stelle hervorgeht: We had
heard that some Years before, Tarquin being about Eighteen
Years of Age, in tlie Time when our king Charles, of blessed
Memory, was in Brüssels, in the last Year of his Banishment etc.
(also 1659); after that Tarquin travell'd for about six
Years up and down the World, and then arriv'd at Antwerp,
about the Time of my being sent thither by king Charles
(also etwa 1665). ^) Aus den Worten „king Charles of blessed
Memory" geht hervor, dass auch diese erzählung erst nach
dem jähre 1685 ihre endgiltige fassung erhielt.
Ueber die entstehungszeit der novelle The Nun, or, The
Perjur'd Beauty fehlt jeder sichere anhaltspunkt. Die andere
novelle, The Lucky Mistake, ei-schien 1689, also im letzten
lebensjahre Aphra Behns.
Die kleinere ^) von den beiden letztgenannten erzählungen
erschien 1684. Die entstehungszeit der andern 3) können wir
mit Sicherheit zwischen die jähre 1683 und 1685 verlegen.
Bei einer der festlichkeiten werden lieder gesungen aus den
„last new Plays, being then in the Year 1683." *) Andrerseits
muss Karl II. bei der abfassung noch gelebt haben, denn es
heisst von ihm: You know, he (Charles II) is a wonderful
good-natur'd and welbred Gentleman.*^)
VI. Kritik der prosawerke.
Zur besseren Übersicht können wir die prosawerke Aphra
Behns in drei gnippen einteilen, in erzählungen, deren Inhalt
die Verfasserin selbst miterlebt hat , novellen , d. h. erdichtete
erzählungen, und humoristische erzählungen. Zu der ersten
art gehören Oroonoko und The Fair Jilt, zu der zweiten The
Nun, or, The Perjur'd Beauty und The Lucky Mistake, zu
der dritten The Adventure of the Black Lady und The Court
of the King of Bantam. Mit dieser einteilung soll nicht gesagt
») The Fair Jilt, p. 243. •) The Adventure of the Black Lady.
3) The Court of the king of Bantam.
«) Court of the E. of B., p. 299. *) Ebenda, p. 313.
342 P. SIEGEL,
sein, dass sich die einzelnen gruppen scharf von einander
unterscheiden ; im gegen teil berühren sie sich sehr oft, wie es
durch die einheit des Verfassers ganz erklärlich ist. Gleich
hier will ich den bemerkenswertesten zug, den alle prosawerke
Aphra Behns gemeinsam haben, hervorheben : Sie schöpfen alle
ihren Stoff aus den höheren kreisen der gesellschaft. Es ist
daher ein Irrtum, wenn Aphra Behn eine dichterin des vierten
Standes genannt wird. •) Sie dichtete mit voller absieht gerade
für die „oberen zehntausend" ; nirgends bemerken wir bei ihr
etwas von dem Umgang mit dem viei1;en stand. Auch Oroonoko
ist nicht, wie man vielleicht erwarten könnte, ein Vertreter
der verachteten, wie wir später sehen werden.
1. Oroonoko und The Fair Jilt.
a) Die Stoffe.
Wir müssen zunächst die frage kura erörtern : Wie stand
es eigentlich um die erzählungslitteratur , die wir bei dem
auftreten Aphra Behns vorfinden? Es herrschten in der
hauptsache zwei grosse richtungen. ^) Die erstere wurde ver-
treten durch die französischen heroischen idealromane. Diese
romane weisen alle besonders zwei eigenschaften auf, die für
den geschmaek der Engländer des restaurationszeitalters nach-
teilig wirken mussten. Erstens war dies der ungeheure um-
fang der romane, zweitens die thatsache, dass die Stoffe einer
fernliegenden, phantastischen weit entlehnt wurden. Die
schnelllebende aristokratische englische leserweit hatte gar
keine zeit, die vielbändigen romane zu lesen. Ausserdem
konnten die^e abenteuerlichen, phantastischen geschichten, die
jeder realen grundlage entbehrten, die nerven der englischen
aristokraten nicht mehr reizen, mochten die thaten und leiden
der beiden noch so ungeheuerlich sein. Die heroischen romane
wirkten in anderer beziehung auf die englische litteratur ein ;
man entlehnte ihnen vielfach den stoff zu den heroic plays.
Dieser französischen idealisierenden richtung trat im
letzten drittel des 17. Jahrhunderts eine zweite richtung ent-
gegen, vertreten durch die Schelmen- und abenteurerromane,
in denen taugenichtse und sonstiges gesindel die beiden sind.
0 Fürst, a. a. o. «) Wülker, a. a. o., p. 370 ff.
APHRA BEHN8 GEDICHTE UND PROSA WERKE. 343
Wichtig für uns ist, dass in diesen romanen erlebnisse in
fremden ländern geschildert werden. Auch diese romane sind
von gi'ossem umfange und ihrem inhalte nach nicht für die
höheren kreise geeignet. Das interesse für romane war ausser-
dem infolge der einseitigen betonung des dramas erlahmt.
Aus diesen er wägungen heraus werden wir anhaltspunkte für
die beurteilung der arbeiten Aphra Behns gewinnen können.
Aphra Behn wollte keine romane, d. h. willkürlich von der
Phantasie erdichtete geschichten, schreiben, sondern wirklich
geschehene ereignisse berichten. Sie spricht diese absieht
im Oroonoko aus : I do not pretend, in giving you the History
of this Royal Slave, to entertain my Reader with the Ad-
ventures of a feign'd Hero, whose Life and Fortunes Fancy
may manage at the Poet's Pleasure ; nor in relating the Truth,
design to adorn it with any Accidents, but such as arriv'd in
Kämest to him: And it shall come simply into the World,
recommended by its own proper Merits, and natural Intrigues ;
they being enough of Reality to support it, and to render it
diveiting, without the Addition of luven tion. ») Ganz ähnlich
heisst es in The Fair Jilt : I do not pretend here to entertain
you with a feign'd Story, or any Thing piec'd together with
romantick Accidents; but eveiy Circumstance , to a Title, is
Truth. 2) Aphra Behn stellt sich also in bewusst^n gegensatz
zu der bisherigen prosadichtung. Die Wirklichkeit, ohne jeg-
liche ausschmückende zuthaten der dichterischen phantasie,
soll an die stelle von phantastischen, unwahrscheinlichen aben-
teuern gesetzt werden. Blosse, realistische berichte will die
Schriftstellerin geben. Allein sie hat diese absieht nicht folge-
richtig duichgeführt, und wir werden weiter unten sehen, dass
sie in Wirklichkeit fast zu viel „fabuliert" hat, sodass ihre
erzählungen nui* zu romanhaft erscheinen. Aber es ist von
Wichtigkeit, dass Aphra Behn prinzipiell den dichtem viel-
bändiger, phantastischer romane entgegentritt.
Ausser dieser betonung des realen, wirklich geschehenen
kommt noch ein zweites hinzu, was die bedeutung Aphra
Behns erhöht. Als Verfasserin des Oroonoko bereichert die
scluiftstellerin das Stoffgebiet zunächst der englischen litte-
ratui\ Gerade zur zeit Aphra Behns brachte man in England
0 Oroon., p. 75. ») Fair Jüt, p. 205.
344 P. SIEGEL,
den kolonien ein reges Interesse entgegen. Diesem Interesse
hatte man auch schon in der englischen litteratnr rechnmig
getragen. 1) Aber die ereignisse sind in diesen erzengnissen
auch nur mehr oder weniger aus der phantasie des dichters
geschöpft. In Oroonoko wird eine kolonie, ein exotisches land,
und das leben in demselben von einer person beschrieben,
welche selbst mitten darin lebte, und zwar mit ganz nea^
tendenz.en, über die wir unten mehr erfahren werden. Dorch
den Oroonoko wird das exotische ländergebiet gewissennassen
litteraturfähig gemacht. Der Oroonoko ist ein Vorgänger des
Robinson, in welchem die darstellung exotischen lebens ihre
Vollendung erreicht.
b) Behandlung.
Wir wollen nun sehen, ob die behandlung die fordemiig,
nur wirklich geschehenes objektiv zu berichten, in Wirklich-
keit ei^lt. Zu diesem zwecke müssen wir zunächst auf die
Charaktere, die Aphra Behn in ihren erzählungen darstellt^
eingehen.
Das hauptintere^e nimmt in der ersten erzählong natnr-
gemäss Oroonoko in anspruch, der im mittelpunkt des ganzen
steht. 0. ist ein afrikanischer negerhäuptling, also ein wilder.
Aber es ist unmöglich, uns einen wilden söhn des schwarzen
erdteils so vorzustellen, wie ihn Aphra Behn darstellt. 0. ist
ein echter romanheld, das ideal eines gentleman. Ton jngend
auf im kriegshandwerk erzogen, ist er mit siebzehn jähren
,.one of the most expert Captains and bravest Soldiers that
ever saw the Field of Mars: so that he was ador'd as the
Wonder of all that World, and the Darling of the Soldiers." *)
Im gegensatz zu seiner „gloomy Eace" ist er ein wunder an
körperlicher Schönheit. Gross, schlank, von einer gesichtsfarbe
wie elfenbein, besitzt er achtunggebietende, durchdringende
äugen, eine römisch gebogene nase anstatt einer flachen
afi'ikanischen. Seine lippen sind schön geformt und nicht
wulstig und aufgeworfen wie diejenigen seiner landslenta
Kurz ,,there was no one Grace wanting, that bears the
Standard of true Beauty".^) 0. hält auf sein äusseres wie
*) The English Rugue des Richard Head, etc. vgl. Wfllker, a.a.O.
p. 370. •) Oroonoko, p. 81. ') Ebenda, p. 87.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PBOSAWEBKE 345
ein Salonstutzer ; ganz besondere Sorgfalt wendet er z. b. darauf,
dass seine haare schön auf die schultern herabfallen! — Den
körperlichen reizen entsprechen die bedeutendsten geistigen
fähigkeiten und die feinste, gelehrteste bildung. Dieser neger
spricht englisch, französisch und spanisch. Er hat nicht nur
von den Römern gehört, sondern ist auch über die jüngsten
ereignisse in Europa, so über den bürgerkrieg in England und
den beklagenswerten tod Karls I., unterrichtet. Er beschäftigt
sich mit Vorliebe mit mathematik und astronomie. Auf dem
gebiete der politik ist er ebenso bewandert wie ein europäischer
prinz, der am feinsten hof erzogen worden ist. — Auf gleicher
stufe mit seinem hochgebildeten geist steht O.'s Charakter.
Als der söhn eines unwissenden, naiven naturvolkes weiss 0.
nichts von religion, von einem strafenden gott und einer an-
deren weit, in der nach dem tode die thaten der menschen
vergolten werden. Das einzige und höchste kriterium für sein
sittliches handeln ist ihm das urteil seiner mitweit. Eine
ehrenhafte, geachtete Stellung in der menschlichen gesellschaft
ist ihm das idealste ziel. Um dieses zu erreichen, muss man
nach den grundsätzen der ehre handeln. In diesem punkte
denkt 0. wie ein held Comeilles: „Honour is the first Principle
in Nature to be obey'd." >) 0. ist eine Verkörperung des
^heroic temper". Dass dazu die grösste ehrerbietung vor den
frauen gehört, ist selbstverständlich ; 0. ist den damen gegen-
über ein echter, galanter kavalier. Er entzückt sie durch
seine sanfte, anmutige Unterhaltung und ist ihr erklärter
liebling. Seinen grundsätzen läuft es zuwider, mehr als eine
frau zu besitzen, obgleich es die gesetze seines landes erlauben.
Er ist das muster eines treuen, ehrenhaften gatten, der sein
weib lieber tötet, als dass er es der Sklaverei und schände
überlässt. — So wenig diese Charakterzeichnung unseren au-
slebten von einem wilden Afrikas entspricht, so sehr bemüht
sich doch die Schriftstellerin, genau zu motivieren und psycho-
logisch wahr zu sein. Sie fühlt wohl selbst, wie unwahr-
scheinlich die hohe bildung O.'s ist; sie sucht sie dadurch zu
motivieren, dass sie erzählt, ein hocligebildeter Franzose habe
0. erzogen. Freilich wird nicht gesagt, wie dieser Franzose
sich nach dem abgelegenen negerland verirrt haben soll.
') Oroonoko, p. 93.
346 P. SIEGEL,
Daun kann man sich gar nicht erklären, warum 0. im gegen-
satz zu allen seinen landsleuten eine römisch gebogene nase
und feine lippen besitzt. Diesen historischen Widersprüchen,
d. h. solchen zwischen Wirklichkeit und darstellung , stehen
solche in der ausführung gegenüber. Trotz der bemühung,
alle thaten O.'s durch seinen Charakter zu motivieren, ist
Aphra Behn nicht konsequent geblieben. Das verhalten O.'s
seinem grossvater und könige gegenüber lässt sich durchaus
nicht mit seinen ehrenhaften grundsätzen vereinigen. Denn
obgleich der könig unrecht an seinem enkel gehandelt hat,
durfte ihn dieser dennoch nicht mit Imoinda betrügen. Aller-
dings müssen wir bedenken, dass für Aphra Behn und ihre
zeit der eheliche betrug nichts verweiüiches war, wenn es
sich zumal selbst um einen alten betrüger handelte. Dennoch
ist 0. trotz aller Versicherungen der autorin ein wilder, der
seine rohe natur nicht verleugnen kann. Aphra selbst traut
ihrem „edelmütigen" liebling nicht recht, wenn sie erzählt:
„We were possess'd with extreme Fear, which no Persuasions
could dissipate, that 0. could secure himself tili Night and
then would come down and cut all our Throats!"^) Seltsam
muss uns aber die motivierung dieser mordlust vorkommen:
„0. resolv'd not only to kill Byam, but all those he thought
had enrag'd him; pleasing his great Heart with the
fancy'd Slaughter, he should make over the whole Face
of the Plantation." 2) Diese freude am blutvergiessen ent-
spricht in der that eher einem neger. Hier ist Aphra Behn
unwillkürlich der Wirklichkeit gefolgt. Im ganzen aber ist
die Schriftstellerin noch zu sehr ein kind ihrer zeit, das unter
dem einfluss der herrschenden romanlitteratur steht. Sie
vermag es nicht, einen ungebildeten, rohen, wilden söhn der
natur zum beiden einer erzählung, die für die hofkreise be-
stimmt war, zu erheben. Sollte etwa gar der könig von Eng-
land einen negerhäuptling mit dicken wulstlippen und platter
nase bewundern?!
Die anderen Charaktere treten gegen 0. bedeutend zurück.
Andere männer, die in den verlauf der handlung eingreifen,
werden nur kurz charakterisiert. Es sind entweder böse-
wichte, auf die Aphra Behn ihren hass geworfen hat — so
0 Oroonoko, p. 184. *) Ebenda, p. 190.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PBOSA WERKE. 347
der englische kapitän, der 0. geraubt hat, und der stellver-
tretende gouvemeur Byam, der 0. foltern und töten Hess —
oder hervorragend ehrenhafte Charaktere — wie Trefry, der
herr O.'s, der jedenfalls ein naher bekannter Aphra Behns war.
Von frauengestalten kommt nur Imoinda in betracht.
Ihr Charakter ist nur wenig ausgeführt; er entspricht den in
romanen üblichen frauengestalten. Imoinda ist natürlich die
schönste Jungfrau des lande^s, züchtig und rein, fast preziös
geschildert; wie 0. aus dem ei-sten kriege an den hof zurück-
kehrt, bemerkt er, dass „nothing eise was talk'd of, no other
Sound was heard in every Corner where there were Whispers, ^
but Imoinda! Imoinda!"*) Doch trotz ihrer Zartheit und
Schüchternheit 2) ist Imoinda heldenhaft wie ein junger krieger ;
sie kämpft an der seite ihres 0., nachdem sich die anderen
schon längst ergeben haben und verwundet den gouvemeur
mit einem vergifteten pfeil. Sie bewahrt ihrem 0. die gelobte
treue und giebt den drolienden Werbungen des königs nicht
nach. Die Sklaverei erträgt sie mit mutigem ernste. Alle
kolonisten sind von leidenschaft zu dem schönen negerweib
erfüllt, selbst der hochsinnige Trefiy ; aber niemand wagt der
stillen Sklavin zu nahe zu treten; alle achten die stumme
trauer der jungen frau. Im punkte der ehre denkt sie ganz
wie 0. Wie dieser ihr seinen entschluss mitteilt, sie zu t^ten,
ist sie keinen augenblick verzagt; sie bittet im gegenteil den
geliebten, die that sofort zu vollbringen. — Der Charakter
Imoindas ist zwar idealisiert, aber durchaus konsequent ge-
zeichnet. Belebend wirkt an ihm ein echt weiblicher zug,
eine naive eitelkeit : sobald Imoinda den prinzen 0. sieht und
bemerkt, dass sie ihm nicht gleicligiltig ist, ist sie darauf be-
dacht, die gute partie nicht aus den äugen zu lassen, und sie
trägt ihre reize geschickt zur schau, um 0. festzuhalten.
Dieser zug der eitelkeit, der uns hier harmlos erscheint, da
er hinter besseren eigenschaften zurücktritt, wird uns bei
anderen fi*auengestalten Aphra Behns in ganz anderem masse
begegnen.
*) Oroonoko, p. 90.
'^) Sie lebt „8o retir'd, as if she fear'd a Rape eveu from the God of
Day, or that the Breezes woold steal kisses from her delicate Mouth".
Siehe Oroonoko, p. 143.
348 P. SIEGEL,
In der erzählung „The Fair Jilt" ist die heldin eine
kokette. Miranda ist ein glied „jener langen reihe ausschwei-
fender abenteurerrinnen, die sich im englischen roman bis auf
Defoe's Moll Flanders und Roxane herab, ja noch weiter ver-
folgen lassen, und deren vorbild „La Picara lustina" des
Francisco Lepez de Ubeda ist." ») M. ist entschieden eine der
lebendigsten gestalten aus dieser reihe; sie ist der Schrift-
stellerin von allen Charakteren am besten gelungen. Die
grundeigenschaften M.'s sind leidenschaftlichkeit, eitelkeit und
übermütiger stolz. Scheinbar unzugänglich für tiefere regungen
der liebe, spielt sie mit derselben solange, bis sie von einer
heftigen leidenschaft erfasst wird und zwar zu einem manne,
der sie nicht wdederlieben darf. M. weiss dies ganz genau.
Mit grosser kunst, die eine tiefe menschenkenntnis verrät,
legt Aphra Beim die gedanken und gefühle in M. dar; sie
zeigt mit giosser geschicklichkeit , wie in M. allmählich die
stimme der vemunft von derjenigen der leidenschaft übertönt
wird. Gerade alle hindemisse, die die klare Überlegung einer
Verbindung mit dem mönch in den weg legt, lassen in dem
stolzen weibe, das die männer nur als huldigende und seufzende
Sklaven kennt, die leidenschaft noch wachsen. Diese leiden-
schaft kennt nur ein ziel, das sie um jeden preis zu erreichen
sucht, den genuss. M., das stolze, siegesgewohnte weib, ver-
gisst jede weibliche Zurückhaltung, jede regung des stolzes
und erklärt einem manne selbst ihre liebe. Erst wie sie
zurückgewiesen wird, wird sie sich ihrer emiedrigung klar.
Aber anstatt umzukehren und der warnenden stimme des
mönches zu gehorchen, lässt ihre rasende leidenschaft und ihr
schlechter Charakter jede bessere regung ihres gewissens ver-
gessen: „She swells with Pride, Love, Indignation andDesire;
her burnig Heart is bursting with Despair, her Eyes grow
fierce, and from Grief she rises to a Storm ; and in her Agony
of Passion, with Looks all disdainful, haughty, and füll of
Rage, she began to revile him (Francisco), as the poorest of
Animals." '^) Ihr schlechter Charakter offenbart sich in seiner
ganzen verruchtheit und bosheit. Nachdem sie erst einmal
den weg der sünde betreten hat, schreitet sie frech auf dem-
selben fort, unterstützt von ihrer teuflischen Schönheit Sie
1) Eollmann, a. a. o. <) Fair JUt, p. 234.
APHRA BBHK8 GEDICHTE UND PBOSA WERKE. 349
wird zur lügnerin und gar zur mörderin. Das tragische dabei
ist, dass M. durch ihre Schönheit alle diejenigen mit ins ver-
derben reisst, welche mit ihr in berührung kommen. Sie
bethört die richter, sodass sie Franciscus verurteilen. Ihre
Schönheit macht den prinzen Tarquin taub gegen die War-
nungen seiner freunde. Dem jungen pagen flösst sie eine sinn-
bethörende leidenschaft ein, die ihn zum mörder werden lässt.
Alle diese greuelthaten verübt M. ohne die geringsten spuren
von reue. Diese stellt sich erst ein, als M. keinen ausweg
mehr aus ihrer verzweifelten läge findet und für die härteste
strafe reif ist. Aber anstatt, dass sie nun endlich die ver-
diente strafe ereilt, wird M. nebst ihrem Tarquin auf aben-
teuerliche art und weise gerettet. Dieser schluss passt ganz
und gar nicht zu der sonst so konsequenten entwickelung.
Dasselbe gilt von dem anfang. Da wird M. als eine hoch-
gebildete, feine dame, die in allen künsten und gesetzen der
guten gesellschaft erfahren ist, geschildert; sie besitzt einen
ausgezeichneten verstand, sie hat viel gelesen, sie singt ent-
zückend, tanzt vorzüglich, spielt auf der flöte, kurz sie hat
eine feine erziehung genossen. „She had an Air so modest,
so nobly reserv'd, without Formality or Stiffness." *) Aber
wie passt diese feine erziehung, dieses edel zurückhaltende
wesen zu ihrer wirklichen inneren gemeinheit? Aphra Beim
will hier durch gegensätze wirken. Sie will zeigen, welche
Verheerungen die beleidigte liebe anrichten kann: „I'U prove
to you the strong Effects of Love in some unguarded and
ungovern'd Hearts; where it rages beyond the Inspirations of
a God all soft and gentle, and reigns more like a Fury from
Hell." 2) Aus diesen werten erklärt sich auch der merkwür-
dige schluss. Die autorin nimmt M. gar nicht als schuldige
an; M. handelt unter der macht eines Schicksals, das ihi' die
erlebnisse als prüfungen auferlegt, wofür sie ja am schluss
dem hinmiel dankt. 3) An sich wäre die thatsache, dass ein
unsittlicher mensch in den mittelpunkt einer erzählung ge-
stellt wird, nicht unmoralisch; aber die absieht der Schrift-
stellerin, unsere Sympathie für ihre heldin gewinnen zu wollen,
ist verwerflich. „Am unmoralischsten ist der moralisch ge-
dachte schluss, denn nachdem M. den tod ihrer Schwester und
») Fair Jilt, p. 208. *) Ebenda, p. 205. ») Siehe p. 335.
350 P. SIEGEL,
ihrer drei ehemänner veranlasst hat,*) zieht sie sich von der
weit zurück, bereut ihre Sünden und bringt ihre jähre in
einer so grossen glückseligkeit, als die schlechte weit gewähren
kann, zu." 2) In diesem schluss liegt ein gewisser zug, der
den rührseligen romanen des 18. jahi'hunderts eigen ist. In
diesen muss der oder die heldin auch erst alle möglichen
schicksalsschläge ertragen, ehe sie zum schluss noch glücklich
werden. Allerdings sind die beiden in den genannten romanen
ausgemachte tugendhelden , während M. ein böses weib ist.
Von grösserer bedeutung ist die thatsache, dass in der Fair
Jilt der versuch gemacht wird, eine entwickelung eines Cha-
rakters zu geben, psychologisch zu begi'ünden, wie die heldin
zu ihrem verhalten durch ihren Charakter getrieben wird.
Wir haben hier ein beispiel von psychologischer detailmalerei,
die wir nicht einmal im Oroonoko und erst in den werken
der folgenden zeit antreffen. — Um so weniger und wahr-
scheinlicher sind die anderen Charaktere in The Fair Jilt
ausgeführt. Der mönch Franciscus ist ein überaus demütiger,
passiver Charakter, trotzdem er von fürstlicher herkunft ist;
er ist so weich und sentimental, dass er sich wegen einer
unglücklichen liebe zui' thatenlosigkeit im kloster zurückzieht.
Das gegenteil von ihm ist der prinz Tarquin, eine merkwür-
dige abenteurergestalt. Er tritt auf wie ein echter kavalier
und leitet seine herkunft von dem berühmten römischen
fürsteugeschlecht ab. Die meinungen über ihn sind sehr
geteilt ; die einen halten ihn für den abenteuernden söhn eines
reichen holländischen kaufmanns, die andern glauben wirklich
an seine hohe abkunft. Bei allen aber ist er wegen seines
tapferen, ritterlichen wesens äusserst beliebt, selbst dann
noch, als er einen mord versuch auf Alcidiane gemacht hat,
was uns freilich sehr absonderlich erscheinen muss. Tarquin
ist im gründe genommen weiter nichts als ein umherschwei-
fender abent eurer, der auch einen mord nicht scheut. Wir
können uns nicht erklären, wie ein solcher mensch die Sym-
pathien der ein wohner von Antwerpen gewinnen sollte. Es
ist keine entschuldigung, welche die Schriftstellerin anführt,
^) Diese ungenauigkeit wird man nach unserer inhaltsangabe leicht
verbessern können.
») Wülker, a. a. 0. p. 37a
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSA WERKE. 351
dass nämlich Tarquin unter der macht der liebe, also gerade
wie M., gehandelt habe.
Nach dem, was wir gesagt haben, selien wir, dass die
Personen wohl wirklich existiert haben können, dass sie aber
so, wie sie Aphi^a Behn dargestellt hat, sehr romanhaft er-
scheinen. Dieser widersprach zwischen Wirklichkeit und dar-
stellung macht sich aber nicht nur bei den Charakteren geltend,
sondern auch in der übrigen darstellung. Gehen wir zunächst
näher auf Oroonoko ein. Sclion bei der Inhaltsangabe wird
aufgefallen sein, dass die erzählung in zwei deutlich getrennte
teile zerfällt. Der Inhalt des ei-sten teiles ist die Schilderung
des landes Coromantien und der erlebnisse Oroonokos in seiner
heimat. In diesem ersten teil vermisst man bei der autorin
jeglichen historischen blick. Aphrä Behn hat die Situationen
und ereigiiisse im ersten teil nicht selbst gesehen; die dar-
stellung ist infolgedessen romanhaft im sinne des phantastischen
und unwahi-scheinlichen und steht im widei*spruch mit that-
sächliclien Verhältnissen. Coromantien, die heimat Oroonokos,
mutet uns nach den Schilderungen Aphra Behns wie ein ge-
misch von modern englischem und morgenländischem Staats-
wesen an, während es doch in Wirklichkeit nur ein unkulti-
vierter negerstaat Afrikas ist. An der spitze dieses reiches
steht ein könig, der über hundeil jähre alt ist und einen
grossen harem besitzt, worin „the Women-Royal made Antick
Postures to divert the King". Der fürst wohnt in einem
prächtigen palast, worin schmeichlerische höfliuge ihr in-
trigantes spiel treiben, wie es am hofe Karls II. geschehen
sein mag. Dieser negerhof war zugleich eine pflanzstätte der
humanität, „where 'twas Oroonoko got that real Greatness of
Soul, those refined Notions of true Honour, that absoluta
Generosity, and that Sof tness, that waü capable of the highest
Passions of Love and Gallantry". ^ Aphra Behn weiss, dass
die afiikanischen negerstämme beständig im kämpfe mit ein-
ander liegen. Aber sie schildert diese nicht einfach als Über-
fälle von raublustigen wilden, sondern als systematische kriege
wie zwischen kulturstaaten. Es sind nicht wilde horden,
sondern geübte Soldaten, angeführt von hochgebildeten, kriegs-
gelehrten generäleu, wie z. b. Oroonoko selbst, die gegen-
V Oroonoko, p. 85.
352 P. SIEGEL,
einander kämpfen. — Es ist einleuchtend, dass diese Schil-
derungen lediglich der phantasie der Schriftstellerin ent-
sprungen sind; Aphra Behn hat hier in der that sehr
„fabuliert", wie Fürst ^ sagt.
Die örtlichkeiten, die im zweiten teil der erzählung in
betracht kommen, kennt Aphra Behn aus eigener anschauung ;
die ereignisse hat sie zum teil selbst miterlebt. Die dar-
stellung ist infolgedessen weit glaubwürdiger und wahrschein-
licher als im ersten teil. Trotzdem erinnert auch hier manches
an die lust der Schriftstellerin, ihre phantasie spielen zu
lassen. So gleicht die reise Oroonokos nach der plantage
seines herrn Trefry einem triumphzug. Von allen selten
strömen die eingeborenen scharenweise herbei, um den könig-
lichen Sklaven zu sehen. Oroonoko lässt sich gewöhnliche
Sklavenkleider geben, um das aufsehen zu vermeiden, allein
„tlie Royal Youth appear'd in spite of the Slave, and People
could not help treating him af ter a diff erent Manner ; as soon
as they approached him, they venerated and esteemed him." 2)
Der ganze Charakter Oroonokos und auch Imoindas ist, wie
wir gesehen haben, in romanhafter weise dargestellt. Die
Schilderung der liebe zwischen Oroonoko und Imoinda erinnert
uns an die gedichte Aphra Behns ; es ist eine ritterlich galante
Spielerei, die allerdings hier durch die wirkliche treue der
beiden liebenden einen ernsteren Charakter erhält. Aber sonst
finden wir alle die konventionellen mittel der galai^ten dich-
tung wieder: die sanfte spräche der äugen, schnelles erröten,
eine unmasse seufzer, rührselige klagen etc. Charakteristisch
ist die Schilderung des ersten Zusammentreffens der beiden
liebenden: 3) „When Oroonoko came, attended by all the young
Soldiers of any Merit, he was infinitely surpriz'd at the Beauty
of this fair Queen of Night (Imoinda), whose Face and Person
were so exceeding all he had ever beheld, that lovely Modesty
with which she receiv'd him, that Softness in her Looks and
Sighs, upon the melancholy Occasion of this Honour that was
done by so great a Man as Oroonoko, and a Prince of whom
she had lieard such admirable Things; the Awfulness where-
with she receiv'd him, and the Sweetness of her Words and
Behaviour while he stay'd, gain'd a perfect Conquest over his
») Fürst, a. a. 0. «) Oroonoko, p. 138. *) Ebenda, p. 89.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 353
flerce Heart , and made him f eel, the Victor could be subdu'd.
So that having made his first Compliments, and presented her
an hundred and fifty Slaves in Fetters, he told her with his
Eyes, that he was not insensible of her Charms."
Die darstellung in der erzählung The Fair Jilt entspricht
ebenfalls nicht immer den anforderungen der Wirklichkeit.
Echt romanhaft ist die eingeschobene episode, in welcher die
geschichte des mönches Franciscus erzählt wird. Sie erinnert
an das thema von den feindlichen briidem. Zwei prinzen
lieben dasselbe mädchen, das nur dem jungem seine neigung
schenkt. Der ältere gewinnt seine mutter für sich; diese be-
wirkt bei ihrem gemahl, dass der jüngere söhn auf reisen
gesckickt wird. Inzwischen vermählt sich der ältere mit dem
mädchen, das nur unter dem zwang der Verhältnisse seine
einwilligung giebt. Bei seiner rückkehr findet der jüngere
bruder seine hoffnungen zerstört. Der ältere glaubt grund
zur eifersucht zu haben und lässt seinen bruder auf der jagd
überfallen. Aber der letztere wird durch einen förster, der
ihn schwerverwundet auffindet, gerettet. Nach seiner Wieder-
herstellung zieht er sich in ein kloster zurück, um seinen
schmerz durch ein frommes leben zu lindern. — Diese ge-
schichte steht ja eigentlich ganz ausserhalb der erzählung.
Sie passt auch gar nicht in den rahmen der übrigen ereignisse.
die sich alle durch Sensation und aussergewöhnlichkeit aus-
zeichnen. ' Allerdings ist damit nicht gesagt , dass sie nicht
auf Wirklichkeit beruhen könnten. Solche zweifelhafte aben-
teurer wie Tarquin und Miranda werden wohl in der damaligen
zeit mehrfach existiert haben, besondere in den Niederlanden,
die als das eigentliche „pays de d6bauche" galten. ^ Wider-
sprechend ist nur die eigentümliche behandlung, die Aphra
B§hn den pei-sonen zuteil werden lässt, worauf schon weiter
oben hingewiesen worden ist.
Aphra Beim verfolgt in der that gar nicht in erster linie
den zweck, die ereignisse photographisch getreu darzustellen,
trotzdem sie dies betont, sondern ihr hauptinteresse richtet
sich vor allem darauf, begebenheiten zu schildern, welche
recht sensationell wirken. Dabei kommt es sehr oft vor, dass
die Schriftstellerin noch übertreibt; denn die nerven der eng-
1) Körting, der frauzös. roman im 17. jahrh.
Angli*. N. F. XUI. 23
354 p. stegeij,
lischen leser waren an starkes auftragen gewöhnt; es mussie
stark aufgetiagen werden, um sie zu reizen. Die enthüllongen
aus den feinen kreisen, wie sie in The Fair Jilt gemacht
werden, mussten einen pikanten kitzel bei den lesem ausüben.
Dabei durften natürlich pikante scenen selbst nicht fehlen.
Selbst in (Jroonoko, also in einem wirklich ernsten werke mit
hohen sittlichen tendenzen, fehlen sie nicht. 0 Harmloser
wirkt ein anderer charakteristischer zug, d. i. die grosse Vor-
liebe, mit welcher Aphra Behn glänzende aufzüge darstellt.
Ich habe bei Oroonoko schon gelegentlich darauf hingewiesen.
Noch mehr tritt dieser zug in The Fair Jilt hervor. Da
stehen diese aufzüge oft in seltsamem gegensatz zu der Situa-
tion. So ei-scheint Miranda vor dem gerichtshof „in Glory,
led by Tarquin, and attended according to her Quality".*)
Selbst in den eniiedrigendst^n Situationen darf die „high
Quality" nicht vernachlässigt werden; Miranda schreitet wie
eine f üi*stin zu dem galgen ; sie ist geschmückt mit glänzenden
gewändern und kostbaren edelsteinen; ein langer zug ihres
gefolges, mit Tarquin an der spitze, begleitet sie; vor ihr wird
ein feines samtkissen hergetragen, worauf sie sich bei der
abbüssung ihrer strafe stellt. — Diese Vorliebe für äusserliche
pracht erinnert an die romantischen dramen jener zeit, die
sich auch mehr durch pomphafte aufzüge und prächtige aus-
stattung als durch künstlerischen wert auszeichnen. Aphra
Behn kann ihien sinn für dramatische, wirkungsvolle effekte
nicht verleugnen. Aehnlich wie in jenen „heroic plays" treten
auch die beiden in Aphra Behns erzählungen auf; sie be-
nehmen sich, als stünden sie auf der bühne. So stürzt sich
Oroonoko im letzten moment, als schon seine Soldaten fliehen
und alles verloren scheint, dem feindlichen beer entgegen,
nachdem er eine kurze rede über die verderblichkeit und
nutzlosigkeit der unthätigen melancholie gehalten hat, und
überwindet durch seine ausserordentliche tapferkeit den feind.
Wir haben schon oben gesehen, dass Oroonoko überall wie ein
könig erschien. Er vergisst die würde seiner „high Quality"
^) Z. b. die scenen im Otan zwischen dem könig, Oroonoko und Imolnda,
p. 94, p. 102; vor allem die lascive geschichte zwischen Onahal und Aboan,
p. 104 f. und 107 f.
*) Fair JUt, p. 259.
APHBA BEHKS GEDICHTE T7ND PROSAWERKE. 355
nie und erträgt die schicksalsschläge mit würdevollem ernst
und stoischer ruhe. Wortlos erduldet er die schrecklichsten
schmerzen ; nur seine äugen sprühen f euer der Verachtung und
des Zornes gegen seine peiniger. — Wie ein echter bühnen-
held geht Tarquin zum schaffot. Er nimmt erst rührenden
abschied von Miranda und seinen freunden, die so zahlreich
sind, dass sein diener wegen der vielen besuche den ganzen
morgen zum ankleiden seines herrn braucht. In vollkommener
ruhe steigt Tarquin auf das blutgerüst ; er bittet seine freunde,
für sein weib und seine diener zu sorgen und giebt dann dem
henker zwanzig Louis d'Ors, „to do his Office well". ^ Noch
einmal ruft er seinen freunden kurze abschiedsworte zu und
giebt dann dem Scharfrichter selbst das zeichen zu dem ver-
hängnisvollen streich. Wie ein gefeierter held geht er zum
tode: „The People with one common Voice, as if it had been
but one entire one, pray'd f or his Soul ; and Murmurs of Sighs
were heard from the whole Multitude, who scrambled for some
of the bloody Saw-dust, to keep for his Memory." ^) — Aus
der absieht, sensationell zu wirken, erklärt sich auch ein
eigentümlich naturalistischer zug in den erzählungen, der sich
in der darstellung gi'ausiger scenen äussert. Es wird genau
berichtet, wie Oroonoko seiner Imoinda die kehle durchschneidet
und „severed her yet smiling Face from her delicate Body". *)
Auf die spur Oroonokos und Imoindas wird man durch den
üblen geruch, der von der leiche der letzteren ausgeht, geführt.
Mit grösster ausführlichkeit erzählt Aphra Behn, wie dem
neger glied für glied vom körper getrennt und ins feuer ge-
worfen wird. In The Fair Jilt vergisst die autorin bei dem
genauen bericht von den Vorbereitungen zur hinrichtung nicht,
hinzuzufügen, dass das schaffot „was strewed with some Saw-
dust, about the Place, where Tarquin was to kneel, to receive
the Blood." *) Geradezu abstossend aber ist der Vorgang nach
dem Schwertstreich des henkers.^) Es muss eine gewisse ge-
mütsrohheit und gefühlsabstumpfung dazu gehört haben, an
solchen scenen gefallen zu finden. Gerade dass eine frau der-
ailige scenen schildert, muss unzart auf uns wirken; auf die
») Fair Jilt, p. 280. >) Ebenda.
«) Oroonoko, p. 192. *) Fair Jüt, p. 279.
») Ebenda, p. 281.
28^
356 P. SIEGEL,
leser der damaligen zeit wirkte dies jedenfalls nur um so
pikanter. »)
Füi* die form an sich, d. li. ohne rücksicht anf den inhalt^
giebt uns Aphra Behn selbst wieder einen anhaltspnnkt zur
bestimmung. Sie nennt Oroonoko und The Fair Jilt nidit
„Romances" oder „Novels", sondern „Histories". Den namai
roman können die erzählungen schon deswegen nicht erhalten,
weil sie zu kurz dazu sind. Novellen haben wieder spezifisch
erdichtetes zum Inhalt, während den erzählungen Aphra Behns
wirkliche ereignisse zu gründe liegen. Allerdings sind diese
ereignisse mehr oder weniger roman- oder noyellenhaft dar-
gestellt, wie wir gesehen haben. Aber zunächst sind es blosse^
fortlaufende berichte. In Oroonoko nimmt die beschreibimg
des milieus einen gi*ossen teil des Interesses ein. In die
Schilderung von land und leut«n der kolonie Surinam ist dann
die ziemlich romanhafte geschichte eines oder zweier merk-
würdiger menschen eingeflochten. Daraus erklärt sich auch
die halb beschreibende, halb erzählende foim des Werkes. Die
Verfasserin beginnt nicht gleich mit der eigentlichen geschichtet
sondern schickt erst eine grössere einleitung voraus, in welcher
eben eine beschreibung des landes Surinam gegeben wirf.
Darauf folgt der erste teil, in welchem nur selten der gang
der handlung dui^ch kurze betrachtungen aufgehalten wiri
Daran schliesst sich der eigentliche hauptteil, d. h. der bericht
von eigenen erlebnissen. In diesem abschnitt schreitet der
gang der handlung nicht regelmässig fort, sondern er wirf
durch abschweifende episoden unterbrochen. Aber immer
stehen diese episoden dui^ch die person des beiden mit der
^) Raleigli (The Euglish Noyel) will iu diesen schüdemngen des gm"
sigen Vorläufer der romantischen romane des 18. jahrh. erblicken. ADfl^
dings liegt in den erzählungen A. B.'s und den genannten romanen &
gleiche absieht , bei dem leser ein mehr oder minder leises gruseln n c^
regen. Aber schon mit dem namen naturalismos ist der unterschied te-
zeichnet, der zwischen den beiden richtungen besteht: A. B. wiU auf den
verstand wirken, indem sie grausige handlungen und Situationen detaiÜitft
und mit einem gewissen cynischen, kalten realismus beschreibt; ronu-
schriftsteller wie Anne Eadclift'e aber wollen auf die phantasie wirkeB,
indem sie übernatürliche, geheimnisvolle abeuteuer ers&hlen und swar bW
kühl realistisch, sondern phantastisch und in reichen färben; es ist ronaitikr
nicht naturalismus.
APHRA BEHKS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 857
haupthandlung in Verbindung. Aphra Behn reiht die einzelnen
ereignisse nicht nur äusserlich aneinander, sondern sie bemüht
sich, dieselben zu motivieren und sie folgerichtig aus einander
hervorgehend darzustellen. Allerdings spielt der zufall, oder
vielmehr das „geschick", eine nicht unbedeutende rolle. So
ist es doch ein ausserordentlicher zufall, dass Oroonoko gerade
in die kolonie und wieder in den bezirk kommt, in welchem
sich Imoinda aufhält. — Die Schilderungen der kolonie und
ihrer bewohner sind in form von handlung gegeben , d. h. es
sind nicht blosse trockene aufzählungen von personen und
Sachen, sondern es wird alles in lebendige beziehung zu den
menschen und der natur gebracht. So lässst uns die Schrift-
stellerin die landschaften mit dem beiden durchschreiten und
beschreibt, wie die natur und die bewohner des landes auf
Oroonoko wirken.») Die Indianer jagen in den Wäldern und
Savannen und ersetzen durch Schnelligkeit die Jagdhunde; im
Wasser leben sie, als wären sie flussgötter; sie schwimmen
schneller und tauchen gewandter wie die bewohner der fluten;
im schiessen sind sie unübertrefflich: „they will shoot down
Oranges, and other Fruit, and only touch the stalk with the
Dart's Point, that they may not hurt the Fruit." 2) Aphra
Behn trennt zwar noch eine grosse kluft von Defoe, aber ihre
beschreibungen exotischen lebens zeichnen sich doch schon
durch grosse lebendigkeit aus. Man merkt, dass Aphra Behn
mit grösstem Interesse an ihrem Stoffe hängt. — Dasselbe gilt
auch von The Fair Jilt. Hier ist die form insoweit besser,
als sie gedrängter und regelmässiger ist. Allerdings ergeht
sich die Schriftstellerin auch hier in einer grösseren einleitung,
worin sie das bild eines Stutzers sehr anschaulich zeichnet,
was eigentlich gar nicht zu dem ganzen gehört, ebenso wie
die ausführliche erzählung von den Schicksalen des mönches. ^)
Abgesehen von diesen beiden abschweifungen finden sich keine
nebenperioden und ausführlichen betrachtungen in der erzählung,
*) Ganz vorzüglich ist z. b. der ausflug Aphras und ihrer freunde
mit 0. nach einer im innem des landes gelegenen indianerstadt geschildert;
s. p. 162 ff.
*) Oroonoko, p. 82.
') A. B. verfolgt hier eine ähnliche technik wie die französischen
romanschriftsteUer, die auch von jeder person eine ausführliche lebensge-
schichte erzählen ; vgl. Körting, a. a. 0.
358 P. SIEGEL,
die infolgedessen einheitlicher erscheint als Oroonoko. Die
ereignisse gehen einen unaufhaltsamen gang und folgerichtig
dem ende zu. In dieser beziehung ist The Fair Jilt die ge-
wandteste prosadichtung Aphra Belms. Auszunehmen ist davon
nur der schluss, der in ganz inkonsequenter weise dem ganzen
aufgedrungen ist, wie sich oben gezeigt hat
Obgleich nun die erzählungen mit interesse und begei-
sterung geschrieben sind, so lässt sich doch Ober den Stil kein
günstiges urteil fällen. Der stil ist zum teil noch ungeschickt
und schwerfällig; der satzbau ist oft plump und lässt an
leichtigkeit und durchsichtigkeit zu wfinschen übrig. Die
spräche ist bisweilen geziert und erinnert noch manchmal an
die gekünstelte redeweise der euphuisten. *) Allerdings giebt
es auch stellen, wo sich die spräche über den gewöhnlichen
durchschnitt erhebt; so besitzt die rede Oroonokos an seine
mitsklaven zweifellos eine nicht unbedeutende rhetorische
kraft. 2) Femer treffen wir auch schon ausätze zu hübschen
detailschilderungen, die für ein gewisses stiltalent zeugen; so
z. b. ist das zusammentreffen Oroonokos mit Imoinda in Surinam
ganz reizend geschildert.^) Es macht sich hier wieder das
bemerklich, was ich schon weiter oben betont habe: Aphra
Behn lag es vor allem an der Sensation und weniger an der
künstlerischen form, die sie sicher vernachlässigte und welcher
sie eine höhere Vollendung hätte verleihen können, wenn sie
sich mehr mühe gegeben hätte.
^) Siebe das citat p. 352 unten. Ich schliesse mich hier dem urteile
Fili'st« an; nur möchte ich darauf hinweisen, dass Fürst nicht recht hat,
wenn er »agt, dass die spräche „besonders im mnnde der Miranda kon-
ventionell sei^' ; einmal spricht M. verhältnismässig sehr wenig, sodass man
kaum von einer spräche speziell „in ihrem munde^ reden kann, zweitens
zeichnen sich aber gerade die wenigen reden, welche M. direkt spricht,
durch ihre lebhaftigkeit aus. Nach der eigentümlichen inhaltsangabe , die
Fürst von The Fair Jilt giebt, zu urteilen, scheint er die erzählung zum
mindesten sehr flüchtig gelesen zu haben; denn diese Inhaltsangabe ist
zum teil ganz falsch, wie ein vergleich mit der in dieser abhandlong ge-
gebenen deutlich zeigen wird. Ich will bei dieser gelegenheit gleich noch
auf einen andern Irrtum in dem buche von Fürst hinweisen; dort wird
gesagt: „dies (Oroonoko) ist der hässliche(?X von keinem weih geliebte (?)
neger" ; gerade das gegeuteil ist der fall, wie wir oben gesehen haben.
*) Oroonoko, p. 172.
s) Ebenda, p. 144 f.
AFHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 859
c) Tendenzen.
Die erzählung Oroonoko erlangt noch eine höhere be-
deutung in der litteratur durch ihre sittlichen tendenzen.
Aphra Behn kam sehr jung nach der kolonie. Sie kannte die
demoralisierte gesellschaft am hofe Karls U. noch nicht. Um
so mehr musste ihr der himmelweite unterschied zwischen den
naiven naturkindem Amerikas und den raffinierten, unsitt-
lichen genussmenschen am englischen hofe, den sie aus eigener
anschauung kennen leinte, auffallen. Sie musste sehen, wie
diese aristokraten trotz religion und Staatsgesetzen ausschwei-
fende Wüstlinge waren. Wir werden uns hier des gedichtes
erinnern, worin Aphra Behn ein goldenes Zeitalter preist, 0
d. h. eine zeit , in welcher die menschen nichts wussten von
den schranken der religion, der gesetze etc. und gerade des-
wegen unschuldig und zufrieden waren. In Oroonoko begegnen
wir denselben gedanken. Aber während das gedieht nur ein
träum von einem künstlich konstruierten, nur in der phantasie
der dichterin existierenden idealreich ist, sind im Oroonoko
die anschauungen der dichterin auf die Wirklichkeit gegründet,
wodurch sie bestimmter werden und eine praktischere be-
deutung erlangen. Aphra Behn hat die schreckliche Sitten-
verderbnis ihrer zeit erkannt. Dagegen kennt sie nun ein
Volk, das zwar in seiner Unwissenheit nichts von religion und
gesetzen weiss, aber naiv und tugendhaft ist. Dieses volk
erkennt als alleinige lehrerin die natur an: „These People
represented to me an absolute Idea of the flrst State of
Innocence, bef ore Man knew, how to sin : And 'tis most evident
and piain, that simple Nature is the most harmless, inoffen-
sive and virtuous Mistress. 'Tis she alone, if she were per-
mitted, that better instructs the World, than all the Inventions
of Man: Religion would here but destroy that Tranquillity
they possess by Ignorance; and Laws would but teach 'em
to know Offences, of which now they have no Notion." *0
Diese worte müssen in der that sogleich an die bestrebungen
Rousseaus erinnern. Indem Aphra Behn auf die hohe sittliche
stufe des naturvolkes hinweist, erhebt sie zugleich eine an-
klage gegen die herrschende kultur der weissen Völker: „They
(die eingeborenen) have a native Justice, which knows no
») Siehe p. 60 ff. ') Oroonoko, p. 79 f.
360 P. SIEGEL,
Fraiid; and they imderatand no Vice, or Cunning, but when
tliey are taught by the White Men." 0 Diese anklage
ist an den höchsten Vertreter dieser verderbten kultur, den
könig, dem sie ja die geschichte erzählt, gerichtet! Bezeich-
nend ist es, dass Aphra Behn im gegensatz zu der lüsternen,
ausschweifenden Sinnlichkeit ihrer Zeitgenossen die nacktheit
und dabei sexuelle reinheit der Indianer rühmend hervorhebt ;
trotzdem die eingeborenen wie die ersten menschen umher-
gehen, kann man nie eine indezente handlung bemerken. Das
grösste verbrechen an einer frau ist bei ihnen „to tum her
off, to abandon her to Want, Shame and Misery: such ill
Morals are only practis'd in Christian Countries, where they
prefer the bare Name of Religion; and without Virtue and
Morality, think that sufficient." 2) Allerdings gerät die Schrift-
stellerin mit ihrer tendenz selbst in Widerspruch; denn ihre
erzählung ist nicht frei von pikanten, lüsternen stallen, wie
oben gezeigt worden ist; Aphra Beim konnte sich also auch
hier nicht vollständig von dem geschmack ihrer zeit frei
machen. — In ganz auffälliger weise richtet die Schriftstellerin
ihre angriffe gegen die ehrlosigkeit und lügenhaftigkeit , die
sich unter den mantel der religiosität versteckt. Sie hasst
diejenigen, die ihre Schlechtigkeit unter fromme reden ver-
bergen und den namen gottes recht oft in den mund nehmen,
um ihre bösen absiebten zu verheimlichen. Der englische
kapitän, der Oroonoko geraubt hat und der einen feigen, bos-
haften Charakter besitzt, ruft immer gott zum zeugen seiner
schwüre an, die er niemals hält. Im gegensatz zu diesem
frommen heuchler steht der vortreffliche Trefry, der nicht bei
gott, sondern bei seiner ehre schwört. Am ehrenhaftesten
aber ist Oroonoko, der überhaupt keinen gott anerkennt, we-
nigstens nicht den der Christen. Durch den mund des Oroonoko
spricht Aphi-a Behn ihre ansichten von der religion aus. Die
Schriftstellerin ist eine kühne freidenkerin; sie spricht schon
gedanken aus, die ihren klarsten ausdruck durch Locke ge-
funden haben. Oroonoko will nichts von belehrung wissen.
Die lehre von der dreieinigkeit ist ihm ein mystisches rätsei,
und niemand kann ihn verstehen lehren, was glaube seL Die
religion ist nicht die Offenbarung eines höchsten wesens,
») Oroonoko, p. 80. *) Oroonoko, p. 91.
APHRA BEHKS QEDICHTE UND PROSAWERKE. 361
sondern ebenso wie die gesetze des staAtes eine blosse er-
findung der menschen, i) Darum hindert sie auch nicht die
menschen, böse zu sein, wie die verbrecherischen handlungen
des englischen kapitäns beweisen; bei den naturkindern zer-
stört sie nur die friedliche ruhe, in welcher sie infolge ihrer
Unwissenheit leben. 2) Diese naturvölker besitzen eine natür-
liche tugend. Die moralische tüchtigkeit ist Aphra Behns
ideal. Dieses ideal wird nicht erreicht durch die religion,
sondern durch angeborene ehrenhaftigkeit und durch hohe
bildung, die allerdings erst in zweiter linie dazu kommt; das
erste erfordemis ist Sittenreinheit und ein ehrenhafter sinn.
Aphra Behn führt folgendes beispiel für den gewissenhaften
Charakter der Indianer an : „The Indians once made Mouming
and Fasting for the Death of the English Govemor, who had
given his Hand to come to 'em, and neither came nor sent;
believing, when a Man's Word was past, nothing but Death
could or should prevent his keeping it: And when they saw
he was not dead, they ask'd him what Name they had for a
Man who promis'd a Thing he did not do? The Govemor
told them, Such a Man was a Lyar, which was a Word of
Infamy to a Gentleman. Then one of 'em reply'd, Govemor,
you are a Lyar, and guilty of that Infamy". 3) — Oroonokos
französischer erzieher besitzt zwar wenig religion, aber dafür
„admirable Morals, and a brave Soul." *) Oroonoko selbst ist
der idealmensch, in welchem sich Sittenreinheit und hohe bil-
dung vereinigen. In ihm verkörpern sich alle eigenschaften
eines „galant homme", des bildungsideals der feinen, aristo-
kratischen gesellschaft , wie es von Frankreich ausgegangen
war. Das charakteristische dieses ideals ist die betonung der
praktischen brauchbarkeit für die weit, wozu eine ausbildung
der praktischen Wissenschaften und künste, in den modemen
sprachen, der mathematik, physik, geschichte, politik und
kriegskunst, nötig ist; dazu kommt nach aussen hin ein mu-
tiges, ehrenhaftes und, den damen gegenüber, galantes be-
nehmen. Aphra Behn vertieft dieses ideal durch die forde-
rungen der naiven Sittenreinheit und tugend und, in religiöser
beziehung, einer rein menschlichen, vernunftgemässen an-
0 Siehe das citat p. 160. >) Ebenda.
») Oroonoko, p. 80. *) Ebenda, p. 124.
362 P. SIBGSL,
schaaungs weise, dadurch an die ^free-thinkere'* erinneriid.
Am klarsten sind diese beiden fordemngen der tfichtigkeit
nnd vemnnftreligion in den folgenden wort^i Qroonokos aus-
gesprochen. Der englische kapitän lässt Oroonoko sagen, er
habe bei gott geschworen nnd würde die grtesten qnalen im
jenseits erleiden, wenn er seinen eid brechen würde; darauf
antwortet Oroonoko: „Is that all the Obligations he has to be
jnst to his Oath? Let him know, I swear bj mj Hononr,
which to violate. wonld not only render me contemptible and
despised by all brave and honest Men, and so gire my seif
perpetnal Pain. bat it wonld be etemaUy offending and dis-
pleasing to all Mankind. Bat Pamshments here after are
snffer'd by one's seif, and the World takes no Cognizance
whether this God has reveng'd 'em or not, 'tis done so secretly,
and deferr'd so long; while the Man of no Hononr snffers
every Moment the Scom and Contempt of the honester World,
and dies every Day ignominionsly in his Farne, which is more
valnable than Life. I speak not this to move Belief, bnt to
shew yon how yon mistake, when yon imagine, that he who
will violate his Hononr, will keep his Word with his Gods." >)
Aphra Behn kämpft so nicht nnr gegen die allgemein sitt-
liche Verderbnis ihrer knltur, sondern sie wendet sich auch in
ironisch satirischen worten gegen einzelne kleinere fibelst&nde.
So verspottet sie den byzantimsmus der „Conrt-Flatterers",
die ihren forsten nnr zum bösen verführen.*) Sie weist auf
die misstände in der kolonie hin: die kolonisten sind aus-
schweifende, feige Wüstlinge, die den revolten der Sklaven
schlecht gerüstet gegenüberstehen;') wie sie die flüchtigen
Sklaven verfolgen wollen und zu diesem zweck ihre waffen
hervorsuchen, sind diese verrostet und unbrauchbar.^) Auch
in The Fair Jilt zeigt sich, allerdings in harmloserer weise,
die satirische ader der Schriftstellerin. In der einleitung wird
der eitle modenarr (Fop in Fashion) verspottet, welcher glaubt,
„that Affeetation in his Mein and Dress, that Mathematical
Movement, that Formality in every Action, that a Face manag'd
with Gare, and soften'd into Ridicule, the languishing Tum,
the Toss, and the Back-shake of the Periwig, is the direct
0 Oroonoko, p. 130 f. *) Ebenda, p. 93 o. 105.
») Ebenda, p. 177. *) Ebenda, p. 172.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PBOSA WERKE. 363
Way to the Heart of the flne Person he adores; and instead
of curing Love in his Soul, serves only to advance his FoUy." J)
Oroonoko ist nicht ganz mit recht ein sklavenroraan ge-
nannt worden, denn die Sklaven nehmen weniger interesse in
ansprach, als man erwarten sollte. Sie tragen zwar ein hartes
joch, und Aphra Behn hat dies auch erkannt, wie die be-
geisteraden worte, die Oroonoko an die Sklaven richtet, be-
weisen. Allein ein eigentliches mitleid mit den armen ge-
schöpfen bekundet sich sonst nirgends. Aphra Behn weiss
offenbar nicht, wie dem Übelstande abgeholfen werden sollte.
Die kolonisten brauchen arbeiter; da die eingeborenen sich
nicht dazu hergeben, so ist es ganz natürlich, dass Sklaven
eingeführt werden. Oroonoko, der edelste aller menschen, hat
selbst ausgedehnten Sklavenhandel vor seiner gefangennähme
getrieben. Das mitleid konzentriert Aphra Behn ausschliess-
lich auf ihren beiden, also auf einen einzelnen menschen, nicht
auf einen ganzen stand, d. h. den der Sklaven. Oroonoko giebt
sich zwai' die grösste mühe, seine mitsklaven zu befreien, aber
sein plan scheidert an der feigheit derselben. Das werk ver-
liert aber deshalb nicht in seiner bedeutung; es sind darin
trotzdem die ersten anregungen zur lösung der Sklavenfrage
enthalten; denn mit der Schilderung von Oroonokos leiden
mussten auch reflexe auf das leben der Sklaven fallen. In
diesem sinne ist der Oroonoko thatsächlich „das urbild der
neger- und Sklavengeschichten, die später, nachdem Rousseau
durch seine Schriften die begeisterung für die naturvölker
geweckt hatte, beliebt wurden und ihre kräftigste blute in
Amerika, in Beecher-Stowes Onkel Toms Hütte entfalteten." 2)
2. The Nun, or, The Perjur'd Beauty, und
The Lucky Mistake.
a) Stoffe.
Aphra Behn nennt die beiden prosawerke The Nun und
The Lucky Mistake novellen. Damit ist angedeutet, dass sie
nicht blosse berichte wii^klich geschehener ereignisse sind,
sondern erdichtete erzählungen. Von romanen, die man aller-
dings im englischen ebenfalls „Novels" nennt, unterscheiden
0 The Fair Jüt, p. 202. ») Wülker, a. a. 0. p. 372.
364 P. SIEGEL,
sie sich schon ganz äusserlich durch ihre kürze. Die schrift-
stellerin lernte diese art von prosadichtungen jedenfalls durch
die französische litteratur kennen, die sie von Spanien über-
nommen und in reichem masse gepflegt hat. Grerade aus der
zeit des 17. Jahrhunderts stammen eine menge von novellen-
sammlungen aller art. Die behnschen novellen gehören zu
der art der sogenannten galanten novellen. Sie spielen in
ritterlich-aristokratischen kreisen. Die motive sind die allgemein
beliebten : Verratene liebe, blutrache, eifersucht, entführungen,
Zweikämpfe etc. Der Stoff, den Aphra Behn in der ersten
novelle behandelt, ist an motiven und Verwickelungen ausser-
ordentlich reich. Aehnlich wie in The Fair Jilt ist die be-
leidigte liebe das erste und treibende motiv: Henrique hat
seiner braut die treue gebrochen. Er muss deshalb vor den
racheplänen Sebastians, des brudere der verlassenen braut
fliehen, bis er am ende noch seine unritterliche that mit dem
tode büsst. Diese geschichte verquickt die Schriftstellerin mit
einer anderen, in welcher eine frau ähnlich der Miranda die
die heldin ist. Ardelia reisst erst einen freundesbund durch
ihre Unbeständigkeit auseinander und wird schliessUch der
anlass zu dem gewaltsamen tode aller auftretenden personen;
sie wird zu dem Werkzeug in der band des Schicksals, das die
einzelnen personen und sie selbst beleidigt haben. Wie in
The Fair Jilt Miranda, so stürzt hier Ardelia alle diejenigen,
die mit ilu' in berührung kommen, ins verderben.
Noch mehr hat die zweite erzählung, The Lucky Mistake,
den Charakter einer echten novelle. Zwei junge, schöne men-
schen lieben einander. Eine schwatzlustige Schwester macht
den vermittelnden liebesboten. Die väter sind gegen eine Ver-
bindung. Die liebenden werden durch einen dritten, einen
alten, hässlichen, feigen aber reichen freund des vaters der
geliebten, getrennt. Sie bleiben sich aber treu und setzen die
Vereinigung schliesslich doch durch. Im gegensatz zu der
ersten novelle endet die zweite zur allgemeinen Zufriedenheit
aller wie in den meisten geschichten dieser romantisch ritter-
lichen art jener zeit. Dagegen haben beide novellen wesent-
liche Züge gemeinsam, so gewaltsame entführungen, nächtliche
Überfälle und Zweikämpfe, die sehr oft durch zufalle herbei-
geführt werden, die flucht in das kloster und die entftthrung
aus demselben; die Situationen stimmen am ende beider
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSA WEBKE. 365
novellen ganz auffällig überein, nur ist der ausgang in beiden
fällen ein entgegengesetzter.
b) Darstellung.
Ueber die darstellung der Charaktere ist nicht viel neues
zu sagen. Die männer sind durchweg ritterlicli, leidenschaft-
lich, tapfer und bisweilen auch sentimental. Einen gewissen
humor besitzt die gestalt des alten Vernole in The Lucky
Mistake. Er ist ein heimtückischer, eingebildeter pedant, der
seiner angebeteten duixh würdevolles, gespreiztes benehmen
imponieren will, dabei aber nur lächerlich wirkt. Während
er andere hintergehen will, ist er zum Schlüsse selbst der
betrogene und muss froh sein, dass er überhaupt noch eine
frau bekommt. Diese gestalt wird uns noch drastischer in
einer der humoristischen erzählungen begegnen. Von den
fi-auengestalten gleicht Ardelia, wie schon hervorgehoben
worden ist, vielfach der Miranda. Sie ist ein schönes, leiden-
schaftliches und intrigantes weib, in welches sich alle männer
verlieben, um an ihr zu gründe zu gehen. Im gegensatz zu
ihr steht die sanfte, duldsame Elvira, die verlassene braut, die
den geliebten auch noch zu retten sucht, nachdem sie von ihm
beleidigt worden ist, und dabei das leben des eigenen brudera
aufs spiel setzt. Atlante, die heldin in The Lucky Mistake,
ist ganz typisch dargestellt. Sie ist schön, liebenswürdig,
tugendhaft und treu, in jeder beziehung vollkommen. Ein zug,
der uns schon an den personen der beiden erzählungen Oroonoko
und The Fair Jilt begegnet ist, ist in den beiden novellen noch
ausgeprägter, besonders wieder in The Nun: Die personen
benehmen sich wie auf dem theater. Ehe sie zu sprechen be-
ginnen, nehmen sie eine effektvolle Stellung ein, die von der
Schriftstellerin wie in einem drama genau vorgeschrieben wird ;
dafür nur ein beispiel: In The Nun heisst es von Antonio,
nachdem ihm Ardelia ihre liebe zu Henrique bekannt hat:
„Here, with folded Arms, and Eyes flxed steadfastly on Hen-
rique, he stood like a Statue, without Motion ; unless sometimes,
when his swelling Heart raised his over-charged Breast." »)
In bezug auf die Verbindung und motivierung hat es sich
Aphra Behn sehr leicht gemacht: sie schreibt alles einem
0 The Nun, p. 807.
366 p. siEaEL,
höheren Schicksal zu, das, besonders in The Nun, noch eine
gi^össere rolle spielt wie in The Fair Jilt. So rechtfertigt
Henrique seine liebe zu Ardelia, der braut seines freundes,
mit den Worten: „I say again, my Soul loves Ardelia: And
liow can it be otliei-wise? Have we not both the selve-same
Appetites, the same Disgusts? How then could I avoid my
Destiny, that has decreed that I should love and hate just
as Antonio does? Oh, hard Necessity!" ^ Auch Ardelia wird
auf dieselbe weise gereclitf ertigt , wodurch wir wieder an
Miranda erinnert werden: „It was her Fate, that brought
this Mischief to her. 2) In The Nun leidet überdies die be-
handluug unter der reichhaltigkeit des Stoffes. Aphra Behn
hat es nicht verstanden, die beiden geschichten, in die die
novelle zerfällt, geschickt miteinander zu verbinden. Die dar-
stellung ist infolgedessen etwas schwerfällig und nicht recht
dui*chsichtig und klar. In The Lucky Mistake dagegen ist
sie einfach und gewandt; die ereignisse sind httbsch und an-
mutig erzählt ; nur gegen den schluss hin wird die darstellung
etwas verwickelter. Es fehlen vor allem fast gänzlich die
breit ausgeführten gespräche, die in The Nun hemmend und
ermüdend wirken. Beiden novellen ist wieder die thatsache
gemeinsam, dass der zufall eine grosse rolle spielt; auf zu-
fallen beruht sowohl der glückliche ausgang in The Lucky
Mistake wie der tragische in The Nun.
3. The Adventure of the Black Lady and The Court
of the King of Bantam.
a) Stoffe.
Die beiden humoristischen erzählungen erfüllen am besten
die f orderung, wii'klicli geschehene ereignisse in realistischer
darstellung zu erzählen. Es ist zu verwundern, dass die beiden
erzählungen bis jetzt keine beachtung gefunden haben. Sie
sind zwar nur klein, aber in ihrer art doch nicht ohne be-
deutung, da wii* in ihnen schon hinweise auf die hohe kunst
der grossen humoristen des 18. Jahrhunderts finden werden.
Die Stoffe sind dem täglichen leben entnommen und zeichnen
sich nicht durch ausserordentlichkeit aus. Sie beruhen auf
1) The Nun, n p. 812.
APHRA BEHNS GEDICHTE XTKD PROSAWERKE. 367
wirklichen erlebnissen, wie die genanen angaben über ort und
zeit beweisen. Die erste erzählung beginnt mit den werten:
„About the Beginning of last June (as near as I can remember)
Bellamora came to Town from Hampshire, and was obliged
to lodge the flrst Night at the flrst Inn, where the Stage-
Coach set up."0 Ebenso genau sind die örtlichkeiten in der
zweiten erzählung angegeben. So dinieren die herren bei
„Locket's" ; die Verfasserin erinnert sich sogar noch der stücke,
die im theater gegeben wurden, als Would-be King mit seinen
freunden dasselbe besucht; es waren „A King and no King"^)
und „The London Cuckolds".^)
Die beiden erzählungen behandeln für die damalige zeit
echte lustspielstoffe. In der ersten kommen vor ein alter,
giausamer onkel, eine in misslichen Verhältnissen befindliche
heldin, zwei schlaue freundinnen, ein verschmähter und ein
glücklicher liebhaber. Es fehlt auch eins der wichtigsten
elemente des damaligen lustspiels nicht, das pikante und an-
stössige. Komisch muss vor allem der schluss wirken; die
strengen hüter der öffentlichen Ordnung, die „Overseers of the
Poor", werden hinters licht geführt. Ebenso komödienhaft ist
die zweite erzählung: die beschränktheit und eitelkeit eines
reichen narren wird benützt, um zwei liebende zu vereinigen
und glücklich zu machen.
b) Behandlung.
Die Personen, welche Aphra Behn in den beiden humo-
ristischen erzählungen darstellt, sind wie die begebenheiten
dem alltäglichen leben entnommen. Es sind normale menschen,
wie sie wirklich existieren in der alltagsweit; sie zeichnen
sich nicht duich ausserordentliche eigenschaften aus wie die
Personen der anderen prosawerke. Dadurch erhalten die er-
zählungen schon den Charakter des realistischen und natüi*-
lichen. Von ausgeführten Charakteren kann man in der ersten
ei-zählung, The Black Lady, nicht sprechen, da diese viel zu
kurz dazu ist. In der anderen sucht Aphra Behn wie in
ihren späteren lustspielen die eigentümlichkeiten der einzelnen
>) Black Lady, p. 325.
^ Von Beaumout und Fletcher, siehe Wülker, a. a. o. p. 300.
>) Von £dw. Eavenscroft, siehe HaUiweli, Oid Eng. Plays p. 144.
368 P. SIEGEL,
Personen schon durch charakteristische namen anzndentCB, irie
z. b. Would-be King, Friendly, Groodland, Lady Fl^paat
(plappermund, vorlaut), etc. In diesen bezeiehnongea renit
sich schon die humoristische tendenz der schriftsteUerm. Der
humor liegt hauptsächlich in der darstellang der gestalt des
Would'be King. Diese gestalt ist von der aatorin sdir git
gezeichnet worden. Would-be King ist ein reicher, aber ein-
gebildeter, beschränkter dununkopl Trotzdem er y^lieiratet
ist, unterhält er einen regen damenverkehr, während sich seine
frau auf dem lande befindet. Von seinem vermögen macht er
einen ausgiebigen gebrauch, indem er alle seine bekanntia,
besondei'S die damen, reich beschenkt : „to see a Present made
today of a diamond Ring, worth two or three hondred Ponnds^
to Madam Flippant; to morrow, a large Chest of the finest
China to my Lady Fleecewell ; and next Day, perhaps, a rieh
Necklace of Oriental Pearl, with a Locket to it of Saphires,
Emeralds, Rubies, etc., to pretty Miss Ogle-me, for an amorous
Qlance, for a Smile, and for the mighty Blessing of one Single
kiss. ßut such were his Largesses, not to reckon bis Treats,
his Balls, and Serenades besides, tho' at the same time he had
marry'd a virtuous Lady, and of good Quality : But for a Man
of his Humour and Estate, can no more be satisfy'd with one
Woman, than with one Dish of Meat; and to say Truth, 'tis
sometliing unmodish." *) Diese freigebigkeit entspringt aber
nicht etwa einem grossmtttigen sinn, sondern Would-be King
will damit nur protzen und sich ein ansehen verschaffen.
Dies gelingt ihm scheinbar auch bei seinen freunden, die ihm
die königswürde verleihen. Um zu beweisen, dass er dieser
Stellung würdig sei, sucht Would-be King ein ritterliches,
galantes wesen den damen gegenüber an den tag zu legen;
aber dies fällt ihm sehr schwer, denn er kann seine lüstern-
heit und ungeschliffenheit nicht verleugnen. Die achtung der
herren will er durch herrisches auftreten gewinnen, sein könig-
liclier stolz verwandelt sich aber sogleich in furcht, wie ihn
Valentine Goodland zum Zweikampf herauszufordern droht^
und er ist froh, dass er sein ansehen auf friedlichem wege
wiederherstellen kann. Er ladet seine freunde, darunter den
vei^öhnteu gegner, zum diner ein, führt sie ins theater, wo
i) King of Bautam, p. 294.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 369
er allen seine ernennung zum könig mitteilt. Er giebt ein
grosses ballfest, auf dem er seinen ganzen reichtum entfaltet
und sich in seiner königlichen würde sonnt. Dabei merkt er
nicht, wie ihn seine „freunde" betrügen; er glaubt vielmehr
Goodland betrügen zu können; zu seiner beschränktheit ge-
sellt sich also noch hinterlistige bosheit. So ist Would-be
King ein durchaus schlechter Charakter, in der that ein
„original", wie ihn die Schriftstellerin humoristisch nennt,
„since nothing in Humanity was ever so vain, so haughty, so
profuse, so fond, and so riduculously ambitious, as Mr. Would-be
King." 9 Es ist klar, dass Aphra Behn der gestalt des
Would-be King die niedrigen eigenschaften beilegt, um diesen
lächerlich und unsympathisch zu machen. Aber auch die
anderen Charaktere sind in sittlicher beziehung nicht rein.
Friendly and Goodland haben zwar das recht, den eitlen
thoren zu verspotten, aber nicht ihn zu betrügen und auszu-
beuten; denn Friendly gewinnt das geld, das er füi* seine
nichte braucht, durch hohes und, wie aus der darstellung her-
vorzugehen scheint, falsclies spiel, und ausserdem betrügt er
King noch durch seine ehemalige geliebte Lucy. Wir müssen
hier wieder rücksicht auf die damaligen leser nehmen, denen
nur derartige „spässe" vergnügen bereiten konnten. — Was
die Zeichnung der Charaktere, abgesehen von dem des Would-be
King, anbetrifft, so unterscheidet sie sicli zunächst wenig von
derjenigen in den anderen prosawerken. Goodland ist ein
vornehmer gentleman, der erbe einer rente von 1500 if jähr-
lich, „which, however, did not so much recommend him, as
the Sweetness of his Temper, the Comeliness of his Person
and the Excellency of his Parts." 2) Friendly ist ein fein
erzogener, schöner, tapferer und witziger herr, der die reiche
witwe eines bankiers geheiratet und sich mit deren gelde in
den ritterlichen stand eingekauft hat. Die frauen sind natür-
lich schön, witzig und im besitze aller tugenden. Diese
Charakteristik ist gleichsam schematisch und steht nur auf
dem papier; die personen handeln in Wirklichkeit gar nicht
dem Charakter entsprechend, den ihnen die Schriftstellerin zu
anfang der erzählung giebt. Die gute erziehung und „excellent
Parts" hindern die männer nicht an lug und trug, an unehr-
») King of B., p. 296. *) Ebenda, p. 202.
AngUa N. F. XIII. 24
370 P. 8I1SGEL,
licliem spiel und wiister Völlerei. Mit der togend neli]ii6ii es
die franen in Wirklichkeit nicht so genau. Friendly's gattin
duldet es ruhig, dass die ^quondam Mistress" ihres mannes in
ihi'em hause verkehrt, und sie findet es durchaas nicht be-
denklich, sich durch das spiel mit dem dummen Wonld-be
King zu bereichem: „The Lady Friendly understanding thit
Would-be King was with Sir Philip in the Parlonr, came in
to 'em, in Hopes to make up a Purse of Guineas toward the
Purchase of some new flne Business that she had in her Head,
from his accustom^d Design of losing at Play to her.** >) Auch
Philibella findet nichts darin, sich mit jener „quondam Misfaress"
und ihrem onkel Friendly dui*ch kartenspiel zu ergOtzen und
sich von dem thörichten Would-be King fflr einen diamant-
ring im werte von 300 £ küssen zu lassen. Selbst Lucy, die
gefallene kokette, wird durchaus nicht verachtenswert dar-
gestellt. Man rechnet mit diesen franen wie mit anderen
selbstverständlichen dingen. Lucy ist das mittel, dessen man
sich zu dem unsauberen betrug bedient.
Die humoristischen erzählungen werfen interessante re-
fiexe auf die zeit, in welcher sie entstanden sind. Es ist dne
genussfrohe, ausgelassene gesellschaft mit manchen bedenk-
lichen, sittlichen mangeln, in die uns die Schriftstellerin fBhrt
Das eheleben lernen wir nicht gerade von der besten seite
kennen. Friendly lässt seine ehemalige geliebte in seinem
hause verkehren, trotzdem er verheiratet ist; die gattin scheint
auch nichts dagegen zu haben. Would-be King treibt es noch
schlimmer; er hat seine frau auf das land geschickt^ am sich
ungenierter amüsieren zu können. Er giebt grosse festUdi-
keiten, bei denen „die geister des weines durch alle winkel
des hauses fliegen "". 3) Goodland und Would-be zechen, nadi-
dem sich die übrigen zur ruhe begeben haben, noch bis nem
uhr vormittag zusanmien, um dann den ganzen tag zn ver-
schlafen. — Das kartenspiel ist bei damen und herren be-
liebt; die einsätze sind ungewöhnlich hoch: Friendly ud
Would-be King spielen mit einsätzen von 40 und 100 X\ der
letztere verliert an einem abend 3200 H ! Diese summen sind
von der Schriftstellerin durchaus nicht zu hoch gegriffen, wie
uns andere überlieferte Zeugnisse beweisen.') — IntorosaaDt
0 King of B., p. 295. >) Ebenda, p. 815. *) ArautalB, a a oi
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 371
sind auch die anspielungen auf die lektüre jener gesellschaft.
Lucy entgegnet Would-be King, als ihr dieser seine liebe be-
teuert: „I fear your Majesty will forget the unhappy Statira,
when you return to the Embraces of your dear and beautiful
Roxana. *) Die beiden genannten frauengestalten sind zwei
hauptpersonen in einem roman des Franzosen De La Calpre-
nfede.2) Neben diesem autor gezierter, idealistischer romane
wird der realist und cyniker Eabelais genannt. 3) Also die
grössten gegensätze in der lektüre jener zeit begegnen uns
hier in der kurzen erzählung.
Die form der humoristischen erzählung ist wieder die des
fortlaufenden berichtes. Entsprechend dem einfachen Inhalt
ist sie einfach und natürlich, wodurch sie sich von derjenigen,
der anderen prosawerke, in denen ja ausserordentliche ereig-
nisse erzählt werden, vorteilhaft untei-scheidet. Die darstellung
ist reich an einzelzügen, besonders an humoristisch gehaltenen
stellen; dadurch gewinnt das ganze einen lebhaften, realisti-
schen zug. So hebt die Schriftstellerin die neugierde und
schwatzsucht der frauen gem hervor. Dafür möge ein beispiel
genügen, das zugleich das talent Aphra Behns für detail-
schilderungen kennzeichnet: Would-be King eilt auch an den
fürstlichen hof, um der zum empfang beim könig versammelten
gesellschaft seine emennung zum bohnenkönig mitzuteilen ; er
wendet sich zuerst an Madam Tattlemore, die sofort für wei-
tere Verbreitung sorgt: „How wondrous hasty was she to be
gone, as soon as she heard it! Twas not in her Power,
because not in her Nature, to stay long enough to take a
civil Leave of the Company ; but away she flew, big with the
Title of a fantastick king, proclaiming it to every one of her
Acquaintance, as she pass'd through every Room, tili she came
to the Presence- Chamber, where she only whisper 'd it; but
her Whispers made above half the honourable Company quit
the Presence of the King of Great-Britain, to go make their
Court to his Majesty of Bantam : some cry'd, „God bless your
Majesty!'' Some, „Long live the King of Bantam!" Others,
„AÜ Hau to your Sacred Majesty!" In short, he was con-
») King of B., p. 303.
*) Der titel des fraglichen romans ist Cassandre, s. Körting, a. a. o.
p. 242 ff. ») King of B., p. 314.
24*
372 P. SIEGEL,
gratulated on all Sides. Indeed I don't hear that bis Majesty
King Charles II. ever seilt an Ambassador to compliment him;
tho' possibly, he saluted him by his Title the first time he
saw him af terwards ; For, you know, he is a wonderful good-
natui-'d and wellbred Gentleman." *)
Die spräche ist in den beiden humoristischen erzählnngen
einfacher und natürlicher als in den anderen prosawei-ken.
Der grund mag darin liegen, dass hier einfachere erlebnisse
erzählt werden ; es fehlen die grosse leidenschaft und die ausser-
ordentlichen thaten, die die Schriftstellerin in den anderen
Schriften auch in gehobener spräche darzustellen versucht
Niu' in den mund des Would-be King legt die autorin eine
geschraubte spräche, um seinen eitlen, aufgeblasenen Charakter
zu kennzeichnen. So ruft er aus, wie ihm Friendly gezeigt
hat, auf welche weise er sich an dem ungehorsamen Gk>od]and
rächen könne: „Oh, thou niy better Genius than which was
given to me by Heaven at my Birth! What Thauks, what
Praises shall I return and sing to thee for this!"*)
YIl. Weitere geschichte der prosawerke Aphra Behns«
Die prosaschriften Aphra Behns wurden gesammelt und
herausgegeben von Mr. Charles Gildon unter dem titel: „All
the Histories and Novels. Written by the Late Ingenions
Mrs. Behn. Intire in two Volumes. London 1698." Die achte
aufläge vom jähre 1735 liegt der in dieser abhandlnng be-
nutzten ausgäbe der „Works" von 1871 zu gründe. Diese
acht auflagen innerhalb eines Zeitraumes von siebenunddreissig
jähren sprechen am besten für den beifall, den die Schriften
Aphra Behns gefunden haben müssen. Die grösste Wirkung
übte naturgemäss die erzählung von Oroonokos Schicksalen
aus. Wir haben gesehen, dass selbst der könig dieser erzäh-
lung ein grosses Interesse entgegenbrachte. Allerdings fasste
man den Oroonoko nicht als ein in sozialer beziehong wich-
tiges werk auf, sondern man interessierte sich hauptsächlich
für den romanhaften teil , für die an Verwickelungen und in-
triguen reiche geschichte Oroonokos und Imoindas. Der dichter
Southerne hielt das heldenpaar recht für die bfihne geeignet
») King of B., p. 312. ") Ebenda.
APHRA BEHN8 GEDICHTE UND PROSA WERKE. 373
und clramatisierte die geschichte mit grossem erfolgJ) Es
wird dadurch bestätigt, was ich von dem eigentümlich dra-
matischen zug an den personen Aphra Behns sagte. Bezeich-
nend sind die worte Southernes in dem „Epistle Dedicatory"
zu dem drama: „Mrs. Behn had a great Command of the
St^ge; and I have often wonder'd that she would burry her
Favourite Hero in a Novel, when she might revive him in
the Scene. She thought either that no Actor could not re-
present him; or she could not bear him represented: And I
believe the last, when I remember what I have heard from
a Friend of hers, That she always told this Story more
feelingly, than she writ it." — Für die popularität des
Oroonoko führt Beljame 2) folgendes zeugnis an : „John Bunde
trifft ein junges mädchen, das er einst geliebt hat: „Wie,
sagte ich, Miss Wolf de Ralineskay? 0 meine Imoinda! und
ich schloss sie in die arme etc." (Life of John Bunde Esq.,
vol. II., p. 183.) — Das werk wurde sehr bald im ausländ be-
kannt. Schon im jähre 1709 liegt eine wörtliche deutsche
Übersetzung vor. 3) Charakteristisch ist übrigens für den
deutschen Übersetzer der moralische zweck, den er dem werke
beilegt : „. . . es diene dergleichen Traktätlein unvergleichlich
zum Beweiss | dass wie schon von undenklichen | ja etlich
tausend Jahren | also noch jetzo | durch Falschheit | Meyn-
Eyd I Aergerniss | Verfolgung | Rachgier | Grausamkeit u. s. f. |
(ich erschrecke ob dieser unläugbahren Wahrheit | ) ein Mensch
des andern Teuffei." Der deutsche autor fasst das werk also
als eine moralische erzählung auf. — Eine französische Über-
tragung erfolgte erst im jähre 1745.*) Es ist dies keine ge-
naue Übersetzung wie die deutsche, sondern, wie in der zweiten
*) Oroonoko: A Tragedy. As it is Acted at the Theatre-Royal , By
bis Majesty's Servants. Written by Tbo. Southerne. London 1696.
*) Beljame, a. a. 0. p. 15.
•) Lebens- und Liebes-Gescbichte des Königlichen Sklaven Oroonoko
in West -Indien. Mit ihren wahrhaflFten und merkwürdigen Umständen.
Duch die sinnreiche Feder der berühmten Engelländerin Mrs. Aphra Behn.
Verteutscht durch M. V.** Hamburg. Im Jahre 1709.
*) Oronoko. Traduit de L'Anglois, De Madame Behn. A Amsterdam.
1745. Der französische autor teilt in richtiger erkenntnis die erzählung in
zwei teile in der weise, wie es in dieser abhandlung geschehen ist.
374 P. SIEGEL,
ausgäbe 0 richtig bemerkt ist, eine nacbahmuiig. Der fran-
zösische autor hat viel geändert, teils gekttrzt, teils hinzu-
gefügt. Was an dem original noch nicht romanhaft war, das
ist in der französischen bearbeitung noch dazn geworden.
Dies betrifft vor allem den schluss, der yersöhnlich ansklingt
Oroonoko wird im letzten angenblick gehindert, Lnoinda m
töten. Beide werden gerettet, nachdem Imoinda noch -einige
merkwürdige abenteuer erlebt hat, und sie kehren reich be-
schenkt in ihre heimat zurück. Oroonoko kommt gerade noch
zur rechten zeit, um seinem sterbenden grossyater die angen
zuzudrücken und die regierung zu übernehmen. Eingeschoben
ist u. a. auch eine pikante sensationsscene zwischen dem
gouverneur Byam und Imoinda. Der Übersetzer hat also eben-
sowenig die wahre bedeutung des werkes erkannt und sich
vielmehr nur für das abenteuerlich - romanhafte interessiert
Das wahre Verständnis für die reinheit der natnr und die
naivetät ihrer kinder wurde erst durch Bonsseau erweckt
Interessant sind die gründe, mit denen der französische be-
arbeiter die grossen Veränderungen motiviert; er schreibt:
„Mon Intention n'a pas 6t6, d'entreprendre nne Tradaction
litt^rale, ni de m'astraindre scrupuleusement au texte de mon
Auteur. Oronoko a plü k Londres, habillö äl'Angloise: Ponr
plaire k Paris, j'ai crü qu'il lui fallait un habit Frangois. Je
ne sgais meme, si cette mani^re de tradnire les Oavrages, de
pur amusement, n'est pas la meilleure. Je crois, du moins,
([ue je ne manquerois pas de raisons solides, ponr jnstifler
cette opinion."2)
Die anderen prosaschriften bleiben in bezng auf ihre
])ach\\ärkung weit hinter Oroonoko zurück. Es lassen sich mit
einer ausnähme keine Übersetzungen nachweisen. Die erzkh-
lung „The Fair Jilt" hat R. Eduard von Bttlow (f 18S3) ins
Deutsche übertragen und in sein bekanntes „novellenbach"
aufgenommen. ^)
») Oronoko, Imit^ de L'Aiiglois, Nouvelle Edition , revue et eorrig^
Par M. De La Place. A Paris 1756.
*) Preface du Traducteur.
3) Dieses novellenbuch erschien in vier bänden. Leipiig 1894—36;
am bequemsten zugänglich ist die erzählnng in der ausgäbe des noTeUesr
buchcs, die in Mcyei-s Volksbüchern als no. i^78. 474. (Leipdg v. Wio^
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERK& 875
YIII. Urteile der Zeitgenossen. Wflrdigong.
Aphra Bahn muss als Schriftstellerin unter ihren Zeitge-
nossen eine sehr geachtete Stellung eingenommen haben. Sie
stand in nahem verkehr mit den bedeutendsten schriftsteilem
ihrer zeit wie Rochester, Etherege, Dryden, Shadwell, Wycherly,
Settle, Lee, Otway, Crown etc. Der erstere scheint sie aller-
dings besonders wegen ihrer weiblichen Vorzüge geschätzt
zu haben; in seinem gedichte „A Session of Poets">) sagt er
von ihr:
The Poetess Afra next shew'd her sweet Face,
And swore by her Poetary, and her black Ace (= Eyes),
That the Laurel by a donble Right was her own,
For the Plays she has writ, and the Conqnests she 'ad won.
ApoUo acknowledg'd 'twas hard to deny her;
But yet, to deal frankly and ingennously by her,
He told her, were Conqnests and Channs her Pretence,
She onght to have pleaded a dozen Years since.
Mit diesem Wüstling Rochester muss Aphra Behn min-
destens in näheren litterarischen beziehungen gestanden haben,
wie ihr gemeinschaftliches dichterisches arbeiten beweist. 2)
Etherege hatte, wie wir oben gesehen haben, gedichte zu der
Sammlung vom jähre 1685 beigesteuert. Dryden und Otway
schrieben prologe zu ihren lustspielen. 3) Dryden spricht sich
anerkennend besonders über ihr talent zum übersetzen aus,*)
und Otway beruft sich sogar auf ihr urteil; man hatte letz-
terem aus damenkreisen vorwürfe über die Unschicklichkeiten
in seinem lustspiel „The Soldier's Fortune" gemacht; er ant-
wortet darauf mit den werten Aphra Behns : „she wonders at
the impudence of any of her sex who would pretend to an
opinion in such a matter." ^) Auch noch nach ihrem tode wird
Aphra Behn von denen, die sie gekannt und mit ihr verkehrt
haben, günstig beurteilt. In der Übersetzung von Cowley's
Bibliogr. Institut) erschienen ist. Ein genauer abdruck dieser Übersetzung
ist die folgende ausgäbe: Aphra Behn, Miranda. Leipzig, Gressner u.
Schramm. Dieses buch wird noch heute auf der messe verkauft!
>) The Poems of the Earls of Rochester etc., p. 133.
*) Siehe p. 126 ff.
•) Dryden zu dem Widow Rant«r und Otway zu The City Heiress.
*) Allibone^s Dictionary etc., sub Behn.
») D. N. B. sub Otway, bd. XLII.
376 P. SIEGEL,
„Of Plauts" ') finden sich folgende anerkennende verse eines
gewissen S. Wesley (die verse sind die antwort auf die frage,
wer sich der schwierigen aufgäbe, Cowley's yerse zu fiber-
setzen, unterziehen dürfe):
Soft Afra, who led our shepherds long,
Who long the nymphs and swains did gnide,
Our envy, her own sex*8 pride,
When all her force on this great theme she 'ad try'd,
She strain*d a while to reach th* inimitable seng,
She strain*d a while, and wisely dy*d.
Ueberaus anerkennend und begeistert ist das urteil, das
der herausgeber ihrer werke, Charles Gildon, über die Schrift-
stellerin fällt; es wird uns sehr übertrieben erscheinen, wenn
er schreibt:-) „The following CoUection of Plays needs no
other Eecommendation , than that they were writ by the in-
comparable Mrs. A. Behn; a Person whose Character is so
universelly known, and whose Performances have met with
such a general Applause, that 'tis needless to bespeak the
Reader's Favour on her Behalf. Her Poems, Novels, Trans-
lations, and several other Composures, both in Prose and Verse,
have gain'd her a lasting Esteem among the Masters of Wit
and Sense. — Those who had the Happiness to be personaUy
acquainted with her, were so charm'd with her Wit> Freedom
of Temper, and agreeable Conversation, that they in a manner
ador'd her." Noch wärmer sind die worte in dem „Epistle
Dedicatory" zu den „Histories and Novels" gehalten : ») „. . . our
Admiration of Mrs. Behn, whose Genius was of that Force,
like Homer's, to maintain its Gaiety in the midst of Disap-
pointments, which a Woman of her Sense and Merit ought
never to have met with: But she had a great Strength of
Mind, and Command of Thought, being able to write in the
midst of Company, and yet have her Share of the Conver-
sation; which I saw her do in writing Oroonoko, and other
Parts of the following Volume: in every Part of which, Sir,
you'U lind an easy Style, and a pecular Happiness of thinking.
The Passioiis, that of Love especially, she was Mistress of;
and gave us such nice and tender Touches of them, that
0 Siehe p. 109. «) Praface zu den Works, bd. L
») Works V, p. XI.
APHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 377
\vithout her Name we might discover the Autlior; as Pro-
togenes did Apelles, by the Stroke of his Pencil." — Mit den
moralischen bestrebungen des 18. Jahrhunderts änderte sich
naturgemäss auch die beurteilung Aphra Behns. Richard
Steele sagt ironisch von ihr, „that she understood the practic
part of love better than the speculative" ; 0 im „Spectator" 2)
nennt er sie unter den „luscious Writers". Pope schreibt mit
bezug auf Behn's dramen über sie:»)
The Stage how loosely does Astrtea tread.
Who fairly puts all charact^rs to bed.
Wir haben schon weiter oben gesehen, dass Aphra Behn
sehr bald in Deutschland bekannt und geschätzt wurde; ich
weise daher auf die zitierten stellen aus Hagedorns und
Menckes gedieh ten. *) Der französische Übersetzer des Oroonoko
sagt in seiner Preface: „L'Ouvrage, que je donne an Public,
est de la composition de Madame Behn, c'est-ä-dire, d'une
plume aussi c61febre, en Angleterre, que celle des Villedieu, des
Scudöri, et des Lussan, Test en France."
Durch die Verurteilung Aphra Behns dui'ch Steele, Pope
u. a. geriet die Schriftstellerin in Vergessenheit. Gänzlich ver-
gessen freilich wurde sie nie. Noch im 19. Jahrhundert wurde
sie von einer deutschen Schriftstellerin, einer massenschreiberin,
zur heldin eines „historischen" romans gemacht.*) Von der
beurteilung Aphra Behns durch moderne litterarhistoriker ist
schon in der einleitung die rede gewesen.
Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, dass Aphra
Behn als mensch zweifellos sittliche mängel besass, die nicht
gerechtfertigt werden können ; sie war in jeder beziehung ein
echtes kind ihrer verderbten aber interessanten zeit. Aber
diese erwägungen interessieren uns erst in zweiter linie; wir
müssen sehen, was für bedeutung Aphra Beim als Schrift-
stellerin besitzt, und diese ist in der that nicht gering. Aphra
Beim ist vor allem die frau, die zuerst den mut besass, den
beruf einer Schriftstellerin zu ergreifen und damit ihren
*) Granger's Biogr. History of England, vol. IV, p. 59.
*) Spectator, ed. Morley, No. 51, p. 84 f.
•) Grauger, a. a. 0.
*) Siehe p. 128.
") Aphra Behn, Roman in 3 Bdn. von Luise Mühlbach^ Berlin 1849.
378 P. SIEGEL,
lebensunterhalt zu yerdienen. ^ Wie schwer ihr das wurde»
darauf ist schon yerschiedentlich hingewiesen worden. Es gab
zwai* vorher auch schon litterarisch thätige frauen in England,
z. b. Magarete , die herzogin von Newcastle , aber diese dich-
teten nur zu ihrem vergnügen und waren ihres erfolges schon
durch ihre hohe abkunft sicher. Aphra Behn stammte da-
gegen aus gewöhnlichen bürgerlichen ki*eisen und musste sich
aus eigner kraft in die höhe arbeiten, was ihr als frau gewiss
nicht leicht fiel. Denn waren die schulbildnngsverhältnisse in
den bürgerlichen kreisen in der damaligen zeit schon an sich
recht dürftige, so wurde noch dazu auf die bildong des weib-
lichen geschlechts wenig gewicht gelegt; Aphra Behn klagt
selbst einmal über die schlechte Schulbildung der mädchen.')
Um so erstaunlicher ist das bestreben unserer Schriftstellerin^
sich eine hohe bildung anzueignen, was ihr auch gelungen ist
Sie kennt sowohl die lateinische als auch moderne sprachen,
vor allem Französisch; wahrscheinlich war sie auch des Spa-
nischen mächtig. In den litteraturen dieser sprachen ist sie
ebenso bewandert wie in der heimischen, wie ihre vielen ent-
lehnungen aus denselben in den dramen bezeugen. Allein
Aphra Behn interessierte sich nicht nur für die schöne litte-
ratur, sondein auch für das gebiet der Philosophie und natnr-
wissenschaften; dafür sprechen ihre Übersetzungen von werken
des Fontenelle, Van Dale, Rochefoucauld etc.*) Sogar der
Politik widmete sie ihre thätigkeit mit grossem diplomatischen
geschick, wenn auch mit geringem oder keinem praktischen
erfolg. Ziehen wir noch ihre ausserordentlich fruchtbare
litterarische thätigkeit in betracht, so müssen wir mindestens
zugestehen, dass Aphra Behn eine mutige und fleissige frau
war, die ihr leben zwar nicht in ganz unanfechtbarer weise,
aber doch in reichstem masse ausfüllte und ihr talent in aas-
gedehnter weise verwendete, im gegensatz zu m&nnem wie
Etherege und Rochester, die ihre poetische begabung in einem
ausschweifenden leben untergehen liessen.
Als Schriftstellerin war Aphra Behn auf allen gebieten
der schönen litteratur thätig, auf dem dramatischen, lyrischen
') Dies wird mit recht auch bei Beljame, a. a. o., betont
'•) To Mr. Creech etc. siehe Poems 1684, p. 50.
») Siehe p. 109.
APRBA BEHNS GEDICHTE UND PB08AWERKE. 879
und epischen gebiete. Auf dem dramatischen und lyrischen
gebiete ist sie wenig originell; dagegen ist sie von grösserer
bedeutung auf dem gebiete der erzählenden litteratur. Ueber-
blicken wir unsere ausführungen noch einmal, so erhalten wir
etwa folgendes resultat. In Aphra Behn als Schriftstellerin
treffen neue bestrebungen mit alten Überlieferungen zusammen.
Von grösster Wichtigkeit ist das auftreten Aphra Behns für
die Stoffe der erzählungslitteratur. Zum ersten mal seit langer
zeit wird wieder die Wirklichkeit betont im gegensatz zu den
blossen phantasieprodukten der französischen romanschrift-
steller. Zunächst sind es ausserordentliche ereignisse, die
Aphra Behn erzählt ; in den humoristischen erzählungen greift
sie aber unmittelbar in das tägliche leben, wodurch sie eine
vorläuferin der realisten des 18. Jahrhunderts wird. Sodann
führt sie ein ganz neues Stoffgebiet, das exotische, in die
litteratur ein und bereitet so auf Defoe und seine vielen nach-
ahmer vor. In den novellen folgt die Schriftstellerin den
vorhandenen Stoffen der französischen und spanischen galanten
no vellenlitteratur , aus der sie einige erzeugnisse übersetzt
Als beweis, dass sie durch französische und spanische Vor-
bilder zu ihren novellen angeregt ist, kann man anführen,
dass die ereignisse in Spanien und Frankreich spielen und
das ganze kolorit diesen ländern angepasst ist. Bestimmte
vorlagen für die beiden novellen zu finden, ist so gut wie
unmöglich; denn einmal fehlen jegliche anhaltspunkte, dann
sind uns auch viele der kleinen novellen, die damals bekannt
gewesen sein mögen, nicht überliefert, und die ausgaben der-
jenigen, welche erhalten sind, sind zum teil so selten und
verstreut, dass man sie nicht alle zur band bekommen kann. >)
Doch die novellen Aphra Behns sind ja auch von geringerer
bedeutung. Für die entwickelung der erzählungslitteratur
kommen hauptsächlich die erzählungen in betracht, und für
diese können keine quellen in betracht kommen, da sie eigene
erlebnisse der Verfasserin berichten.
Als zweites dement, das Aphra Behn neu in die litteratur
eingeführt hat, sind die tendenzen im Oroonoko zu nennen.
Allerdings ist die Schriftstellerin hierbei insofern nicht ganz
0 Am reichhaltigsten in bezng auf firanzös. litteratur des 17. jahrh.
ist in Deutschland die herzogliche bibliothek in WolfenbOttel
380 F. SIBOETi,
selbständig, als die Sehnsucht nach einem naiven Zeitalter
schon öfters ihren ausdruck in der damaligen litteratur ge-
funden hatte; aber Aphra Behn führt zum ersten mal für
diese Sehnsucht ein praktisches beispiel vor äugen; sie ver-
sucht eine lebendige Verkörperung des ideals zu geben. In-
sofern sie mit diesen tendenzen eine moralische absieht ver-
bindet, weist sie wiederum auf das 18. Jahrhundert hin.
Was die behandlung anbetrifft, so ist Aphra Behn im
wesentlichen noch in den alten Überlieferungen stecken ge-
blieben. Es sind zwar ausätze zu realistischer darstellung
vorhanden, aber diese treten doch hinter dem schablonenhaften,
das sich besonders in der Charakteristik zeigt, und dem kon-
ventionellen der form fast ganz zurück. Aphra Behn hat
sich noch nicht von der überlieferten technik frei gemacht.
Sie steht unter dem einflusse des herrschenden idealromans
und der novelle und der technik des dramas. In der äusseren
form sind die prosaschriften Aphra Behns den novellen eines
Prechac, Scarron etc. ganz ähnlich. Ein besonders auffallender
zug ist die gewohnheit, an die spitze des werkes einen allge-
meinen satz zu stellen, der nun bewiesen werden soll durch
die folgende geschichte. Meist handelt es sich darum, irgend
eine oder mehrere eigenschaften der liebe zu beweisen, wie
z. b. in The Fair Jilt. i) In The King of Bantam will die
Verfasserin zeigen, dass „this Money certainly is a most
devilish Thing! I am sure the Want of it had like to have
ruin'd my dear Philibella, in her Love to Valentine Good-
land etc." 2) In dieser weise beginnen viele der französischen
novellen; einige beispiele werden dies näher zeigen. So be-
ginnt eine novelle von Prechac: 3) „L'amour, qui donne de
Tesprit k ceux qui n'en ont pas, et qui trouve toujonrs de
nouvelles inventions pour rendre sensibles les personnes les
plus sevferes," etc.; diese werte sind dem sinne nach ganz
ähnlich denjenigen, die zu beginn von The Fair Jilt stehen:
„How many Idiots has it (:= Love) made wise! How many
Fools eloquent! How many Cowards brave!" <) Oft gehen
*) Siehe p. 349 : TU prove to you etc.
») King of B., p. 292.
>) Prechac, nonvelles galantes etc., La severe Angevine.
*) Fair Jilt, p. 202.
AFHBA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWEREE. 381
die novellen auch ohne einleitung gleich in medias res, indem
sie mit einer Charakteristik des helden beginnen. Auch dafüi*
findet sich bei Aphra Behn ein beispiel in The Nun:*) „Don
Henrique was a Person of great ßii-th, of a great Estate, of
a Bravery equal to either, of a most generous Education, but
of more Passion than Reason" ; ganz ähnlich heisst es z. b. in
der novelle „La Precaution inutile" von Scarron:^) „Dom
Pedre estoit fort hardy de son naturel, grand aventurier, et
homme k tout entreprendre pour une aventure extravagante."
Die Charakterzeichnung Aphra Behns ist die gleiche wie in
den fi'anzösischen und spanischen novellen, wie die beiden
letzten zitate schon zeigen. Die personen sind alle nach einem
typischen schema entworfen: die männer sind tapfer, galant,
witzig, leidenschaftlich, die frauen schön, witzig, sanft und
tugendhaft. Wir haben gesehen, in welche Widersprüche die
Schriftstellerin mit diesem Schema geraten ist; sie zeichnet
unwillkürlich die personen anders, zum teil wahrer, als sie
beabsichtigt. Von einfluss ist bei Aphra Behn besonders in
der Charakterzeichnung das drama, sowohl das ernste als das
heitere. Der einfluss des ersteren hatte sich geltend gemacht
in dem pathetischen benehmen und der rhetorischen redeweise
der personen. Das letztere hat Aphra Behn die beliebte ge-
stalt des alten, reichen, eingebildeten und beschränkten pe-
danten geliefert. Would-be King trägt die hauptzüge des-
jenigen lustspielcharakters , den Molifere in seinem „bourgeois
gentil homme" geschaffen hat. Mr. Would-be King und M.
Jourdain möchten beide einem höheren stände angehören;
beide werden durch eine farce ihrer bekannten scheinbar in
den ersehnten höheren stand versetzt; beide veranstalten
gi'osse gelage, wobei sie ihre frauen hintergehen wollen, was
freilich dem Molifereschen helden nicht gelingt. Bei Aphra
Behn ist allerdings das ganze roher und unsittlicher als bei
Moli^re ; doch Behn musste auch auf roheres und unsittlicheres
Publikum rechnen.
In bezug auf spräche und stil ragt Aphra Behn nicht
hervor. Sie besass nicht die kraft und die ausdauer, und
auch nicht die zeit, um eine besondere Sorgfalt darauf zu
verwenden.
') The Nun, p. 288. *) Scarron, Noayelles etc.
882 P. SIEGEL,
Aphra Behn ist kein litterarischer stem erster grosse;
ihre zeit brachte kaum einen solchen hervor.* Allein sie ist
doch von grosser bedeutung für die entwickelnng der eng-
lischen erzählungskunst ; sie ist ein bindeglied zwischen dem
17. und 18. Jahrhundert, d. h. zwischen der alten und modernen
prosadichtung , die mit den grossen novellisten und roman-
schriftstelleiTi des 18. Jahrhunderts einsetzt
IX. Litteratur.
a) Verzeichnis der werke in chronologischer reihenfolge.
1. Forc'd Marriage, er, The Jealons Bridegroom, a Tragi-Comedy.
Acted at his Highness the Duke of York's TheatrCi and printed in qoarto.
London 1671.
2. The Amorous Prince, or, The Gurions Husband. A Comedy. Acted
at his Eoyal Highness, the Duke of York's, Theatre , printed in qoarto.
London 1671.
3. Abdelazar, or, The Moores Revenge, a Tragedy. Acted at his Boyal
Highness the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1671. (So Lang-
baine ; £. Gosse setzt 1676 an, Beljame 1677.)
4. The Dutch Lover, a Comedy. Acted at the Duke's Theatre, printed
in quarto. London 1673.
5. The Eover, or, The Banish'd Cavaliers. A Comedy. Acted at his
Royal Highness the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1677.
6. The Debauchee. (Zweifelhaft, nur von E. Gk)8se erwähnt)
7. The Town-Fopp, or, Sir Timothy Tawdrey. A Comedy. Acted at
his Royal Highness the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1677.
8. Sir Patient Fancy. A Comedy. Acted at the Duke's Theatre,
printed in quarto. London 1678. (So Langbaine, nach Besame 1681.)
9. The Feign'd Curtizans, or, A Night's Intrigue. A Comedy. Acted
at the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1679.
10. The Second Part of the Rover. Acted by the Seryants of his
Royal Highness, printed in quarto. London 1681.
11. The Roundheads, or, The Good OM Cause, a Comedy. Acted at
his Royal Highness the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1682.
12. The City-Heiress, or, Sir Timothy Treatrall. A Comedy. Acted at
his Royal Highness his Theatre, printed in quarto. London 1682.
13. The False Count, or, A New Way to play an Old Game. A Co-
medy. Acted at the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1682.
14. The Young King, or, The Mistake, a Tragi-Comedy. Acted at
the Duke's Theatre, printed in quarto. London 1683.
15. Poems upon Several Occasions. London 1684.
16. The Adventure of the Black Lady. London 1684.
17. Miscellany, being a CoUection of Poems, by several Hands. Lon-
don 1685.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PB08AWEBKB. 383
18. Emperor of the Moon, a Farce. Acted bj Their Migestj's Servants,
at the Qneen's Theatre, printed in qnarto. London 1687.
19. The Lucky Chance, or, An Alderman's Bargain. A Comedy.
Acted by Their M^jesty's Senrants, printed in quarto. London 1687.
20. Three Historiea: Oroonoko, or, The Royal Slave, The Fair Jilt,
er, Tarquin and Miranda, and Agnes de Castro, or, The Force of Generons
Love. London 1688.
21. History of the Nnn, or, The Fair Vow-breaker. London 1689.
(Nicht erhalten.)
22. The Lncky Mistake, a Novel. London 1689.
23. The Widow-Ranter, or, The History of Bacon in Virginia, a Tragi-
Comedy. Acted by Their Majesty's Servants, printed in qnarto. London 1690.
24. The Yonnger Brother, or, The Amorons Jilt. A Comedy. Edited
by Gildon. London 1696.
Die dramatischen nnd prosawerke nnd die ttbertragnng von La Montre
des Bonnecorse sind vereinigt in:
The Plays, Histories and Novels of the Ingenions Mrs. Aphra Behn.
With Life and Memoirs. Complete in Six Volnmes. London 1871.
b) Hülfsmittel.
Allibone^s Dictionary of English Literatnre; snb Behn.
Ar her, Eward, The Dryden Anthology. 1675—1700. London 1899; snb Behn.
Aronstein, Samuel Peppys nnd seine zeit. In Die Neueren Sprachen,
Zeitschr. f. Neusprachl. Unterricht, herausgeg. v. Wilhelm Victor. Bd. VU.
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Beljame, Le public et les hommes de lettres en Angleterre an 18« siöcle.
Paris 1881.
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Seconde Partie. A Paris 1671.
B ri 1 ha c , J. B. de, Agnes de Castro, nouvelle portugaise. A Amsterdam 1688.
Büchner, Alexander, Geschichte der englischen Poesie. Zwei Teile. Darm-
stadt 1855.
Bülow, Novellenbuch. Englische Novellen. Leipzig u. Wien. Meyers
Volksbücher.
Chambers's Cyclopoedia, A Critical Dictionary of English Literatare.
Philadelphia u. London, 1877. Sub Behn.
Cibber, The Lives of the English Poets. 1753. Sub Behn.
Cowley, Poetical Works of Abraham C. In Four Volnmes. Edinburgh.
Anno 1777.
Cross, Wilbur L., The Development of the English Novel. New York
and London. 1899.
Dnnlop's Geschichte der Prosadichtungen. Aus dem Englischen über-
tragen von Felix Liebrecht. Berlin 1851.
Fontenelle, Entretiens sur la plaralit6 des mondes. Amsterdam 1701.
Fürst, Rudolf, Die Vorläufer der modernen Novelle im 18. Jahrhundert.
Halle a. S. 1897.
384 P. SIEGEL,
Gosse, A History of Eighteenth Century Literatare. London 1889.
Gosse, A. Behn, im Dictionary of National Biography. Bd. IV, 1885.
Grässe, Johann Georg Theodor, Lehrbuch einer Literärgeschichte der be-
rtthmtesten Völker der alten Welt. Dresden n. Leipzig 1837.
Granger's Biographical History of England. With a Supplement. 5 Vols.
1709—74. Vol. IV; sub Behn.
Hagedorn, Friedrichs von, Poetische Werke ; herausgeg. von Joh. Joachim
Eschenburg. Hamburg 1825 in fünf Teilen.
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Seventeenth Century. London 1850. Percy Society, vol. XXIX.
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Ilazlitt, Carew, Collections and Notes. 1867 — 76. London 1876.
Hettner, Hermann, Geschichte der englischen Litteratur von der Wieder-
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1660—1770. Fünfte Aufl. Braunschweig 1894.
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Leipzig 1894. 3. Bd.
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enlarged, by H. G. Bolm. 11 parts. London 1857 — 64. Sub Behn.
Pepys, Samuel, The Diary of S. P. Esq., F. R. S. With Memoir edited by
Lord Braybrooke. London 1891.
Philanders von der Linde Galante Gedichte, darinnen sowohl eigene
verliebte Erfindungen, als allerhand auswärtiger Poeten übersetzte Liebes-
gedichte. Leipzig 1710.
Prechac, Nouvelles galantes du temps. 1681.
Raleigh, Walter, The English Novel, being a short Sketch of its history
from the earliest times to the appearance of Waverley. London 1894.
Recueil de diverses pieces, comiques, gaillardes, et amoureuses
Suiv. la Copie impr. de Paris. Leide 1690.
Recueil de diverses pieces curieuses et nouvelles, Tant en Prose qu'en
Vers. La Haye, 1694—96.
Recueil de diverses pieces curieuses pour servir k Thistoire [Par
Didier Viard]. Cologne, 1664.
Recueil de pieces en prose, Les plus agreables de ce temps. Comp, par
divers Autheurs. Paris 1658.
Recueil de quelques pieces nouvelles et galantes, Tant en Prose qu'en
Vers, Cologne, 1663.
Dasselbe P. L n. Cologne 1667.
APHRA BEHNS GEDICHTE UND PROSAWERKE. 385
Rochester, The Poe tical Works of the Earls of R., Roscomon, and Dorset.
With Memoirs of their Lives. In two Vols. London 1739.
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Leipzig 1894.
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English Language. New York. 10 Vols.
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Deutschland und Fr. v. Hagedom. Habilitationssch. Leipzig 1889.
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Ziegler, Geschichte der Pädagogik. München 1894. Bd. I von Bau«
meisters Handbuch der Erziehuugs- und Unterrichtslehre.
Leipzig. P. Siegel.
Anglia. N. F. XIII. 25
zu ALT- UND MITTELENGLISCHEN
DENOIÄLERN.
XVI.
65. E 1 e n e.
V. 30f. ist fiberliefert:
lungre scynde
ofer burgenta headupreata mdbst
Dass eine der zahlreichen erklämngen oder emendationen des
merkwürdigen Wortes burgmta überzeugend sei, wird schwer-
lich jemand behaupten wollen. Weder bürg enta oder Burg-
endas, -dan (Grimm), noch bürgeatu oder burggeatu (EttmflUer),
noch Burgenta (Grein) dürften besonderen anspruch auf glaub-
würdigkeit machen, und Zupitza versieht daher im glossar
zu seiner ausgäbe das wort mit zwei fragezeichen. Ob Kent
in seiner ausgäbe oder Gamett und J. Menzies in ihren Über-
setzungen etwas neues zu dieser stelle vorbringen, ist mir nicht
bekannt, da mir diese bücher hier nicht zugänglich sind; ans
demselben gründe muss ich auf eine einsieht in die recensionen
und abhandlungen in Le Moyen Age 2, 186 , Mod. Lang. Notes
5, 39 und 166, Athenaeum nr. 3236, 595, Mod. Lang. Notes
1892, 123 und 193, Museum 7, 12 verzichten. In der stillen
hoffnung aber, dass noch kein anderer die von mir hier yor-
zuschlagende besserung veröffentlicht hat, möchte ich burgenta
in burglocan * bürgen' ändern. Die entstehung dieser textver-
derbnis denke ich mir so, dass zuerst ein abschreiber burgocan
— also mit auslassung des l — geschrieben hat, was bei der
ähnlichkeit von o mit e und von c mit t wieder leicht zn
bur getan entstellt werden konnte; aus letzterem machte dann
der vei*fertiger unsrer handschrift schliesslich durch umstellimg
burgenta, Burgloca kommt zwar sonst in den erhaltenen
dichtungen Cynewulfs nicht vor, wohl aber dreimal bei seinem
nachahmer und schüler, dem dichter des Andreas (y. 940,
1038, 1065).
F. HOLTHAUSEN, ZU ALT- U. MITTELENGL. DENKMALEBN. 387
66. Zu alt- und mittelenglischen Glossen.
1. Im 24. bände s. 428 ff. dieser Zeitschrift veröffentlicht
Manitius eine anzahl medizinischer, hauptsächlich aber pflanzen-
glossen aus Dresdener hss., die teils ae., teils me. lautform
zeigen, und mancherlei interessantes bieten. Leider hat jedoch
der herausgeber offenbar so wenig kenntnis von altenglischer
Schrift und spräche, dass sein abdruck von den elementarsten
fehlem wimmelt. Besonders durch die beständige Verwechs-
lung von p (=w)j p und p, von n und u, t und c sind die
englischen Wörter oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt. >) Ob
der herausgeber im übrigen den text getreu wiedergegeben
hat, entzieht sich meiner beurteilung. Ich suche im folgenden
die fehler, soweit dies auf grund andrer glossen und glossare
möglich ist, zu verbessern, um dadurch die Publikation we-
nigstens einigermassen benutzbar zu machen.
8. 429. 7 a, 2 ent 1. et — ib. 6 blaucsel 1. blancsel —
Sa, 1 aveu 1. avero[ine], — 18, 19 mugpurt 1. mugwurt —
18, 27 veteris 1. ventris\ heavocpurt 1. -wurt
8. 430. 19 a, 4 J>egbrade 1. weg-, — ib. 13 suthernePuda 1.
'Wuda, — ib. 27 haispurt 1. -wurt — ib. 30 supheme^uda 1.
suj>hernewuda. — 21 a, 13 mascitur 1. nascitur, — 30 a, 31 phic
1. whit — ib. 38 pip 1. tvip. — 30 b, 1 pi^phoste 1. wip whosie,
8. 431. 30 b, 42 pip 1. wipi pyve 1. wyve. — 32 b, 4 pip
1. wip, — 33 b, 21 pyP 1. wyp, — 34 b, 3 colicos] rop perc L
colicas] rop'Werc, — ib. 10 pip 1. wip, — 35 b, 5 pip cyrules 1.
tvip cyrneles. — ib. 8 penne 1. tvenne. — ib. 42 pip sydperc 1,
wip sydwerc. — 36 a, 9 pip 1. wip, — ib. 11 pip lugene 1. wip
lungene. — ib. 14 pip 1. wip. — 37a, 3 liverpurt 1. -wurt]
feldpurt 1. 'Wurt; lungepurt 1. -wurt. — ib. 11 sprincpurt 1.
'Wurt — ib. 14 pude 1. wude.
8. 482. 28 a, 9 smerepyrt 1. -wyrt. — 33 b, 29 hisceoppirt
1. 'Wirt. — 39 a, 8 simaringuuerc 1. -uuert (= smeringwyrt
WW. 135 a, 1). — ib. 9 alferthinguerc 1. -uert. — ib. 31 stmae-
ringport 1. -wort. — ib. Ihenep 1. senep.
8. 438. 174, 9 pid 1. wid (= wiÖ). — unterrand: nedMer-
pyirt 1. -wyirt. — leo pyrt 1. wyrt — 177, 13 puduclate 1.
wudu'. — 178, 2 ope 1. oye (frz. oie < lat. auca). — haldsmife
>) In einzelnen fällen könnten drnckfehler vorliegen, diese annähme
erklärt aber längst nicht alle versehen!
388 F. HOLTHAÜSEN,
ist wohl = balsminte, — heofbrembel 1. heop-, — 185, 12
cneopholen 1. cneow-, — 189, 17 angem 1. angorem; toangbreoste
1. thrang- (vgl. schwed. trängbröstad). — 190, 19 ein L an. —
216, 3 ^ude 1. wude. — 219, 17 brunepurt 1. -wurt
8. 434. Z. 1 f. gekruugen 1. gepruugen, pari prt. von
Pweran ? — 274, 10 mild 1. milt — Sub IV : artemisia] mogwed
1. -wert, — ahrotanum] hibernewode 1. supeme-, — urtica] miete
L netele. — eruca] blancpenre 1. -peure (cf. WW. 580, 38), —
de caulibiis etc.] conel 1. cotiel, — verbena] berneyne I. berueyne.
— morella] atterlobe 1. -lope.
2. Im selben bände dieser Zeitschrift veröffentlicht herr
Schlutter s. 525 ff. einen „Zur Steuer der Wahrheit" über-
schriebenen aufsatz, in welchem er meine in der Anglia 21,
231 ff. gedruckte kritik seiner leistungen auf dem gebiete der
altenglischen glossenlitteratur als „ganz unqualiflzierbare an-
griffe" bezeichnet und s. 531 von fehlem spricht, die ich bloss
dafür ausgebe bez. „aus eigener Unkenntnis" falsch beurteile.
Nebenbei hält er es nochmals für nötig, Sweet wegen der aus-
lassung verschiedener glossen resp. der fehler in deren wieder-
gäbe oder erklärung scharf zu tadeln und versteigt sich sogar
(s. 531 unten) zu der behauptung, Sw. habe es „fast ge-
flissentlich ... vermieden ... die beitrage deutscher ge-
lehrten seinem gegenstände zu gute kommen zu lassen." Dieser
angriff auf den hochverdienten gelehrten, der so neidlos
deutsche forscherarbeit anerkannt hat (man lese nur sein Vor-
wort zur History of English Sounds !), ist ebenso hässlich wie
ungerecht.
Da Sweet die angriffe Schlutters mit schweigender Ver-
achtung bestraft hat und ein kenner der altenglischen glossen
wie Sievers in P. Br. B. XXIV, 551 f. von dessen „elaboraten"
urteilt, dass sie „in bezug auf Unkenntnis und methodelosig-
keit bisher unerreicht" daständen, so könnte ich vielleicht auch
schweigen. Jedoch, damit dies von herm Schlutter selbst nicht
etwa falsch aufgefasst werde, möchte ich doch jenem auf-
satze noch einige worte widmen und zeigen, wie, selbst nach-
dem Hart (in den Mod. Lang. Notes XIV) und ich a. a. o. ihm
so viele grobe fehler nachgewiesen, er „mit der ihm eigenen
Unverfrorenheit" (Sievers) immer wieder die geduld der leser
und die spalten unserer philologischen Zeitschriften missbraucht.
Gelernt hat er inzwischen offenbar vom altenglischen mclLt8.
zu ALT- UND MITTELENGLISCHEN DENKMÄLERN. 389
S. 526. Zu ageanhwerfende fehlt die Seitenangabe: 469b.
ageanhworfennys steht nicht s. 469 b sondern 470 a.
dlaöian hat nichts mit unserm 'laden' zu thun, und intentahat
ist also nicht als invitdbat gelesen, sondern ist ableitung
von lad 'leid', also dlaöian zu schreiben, das Sweet übrigens
verzeichnet! Für tyhtet ib. 1. tylite, t, (= vel) und statt
523 1. 519. Im übrigen vgl. Napier, 0. E. Gl p. 127, 4958.
dsivcepe ist vielmehr dswcepe zu schreiben und die glosse bei
Bouterwek s. 420 b lautet ceswcepe, nicht aswcepe !
dwcetan: 1. begledednm statt begleddedum.
beclypping: die gl. 521 lautet beclipungum, nicht beclypyngum.
S. 527. besceaiwurpan: die gl. steht s. 511b.
bladesian (d?) steht 419b, nicht a.
borgiend: warum mir diese glosse „zu ganz besonderer be-
achtung empfohlen" wird, entgeht mir. Ich hatte doch
Anglia XXI, 236 bloss Schlutters erklärung borhhand =
borhand (particip!) zurückgewiesen und das bekannte borgian
nicht in abrede gestellt ! Uebrigens ist die gl. zu unrecht
besternt : N. thut dies nicht, da borgiendre doch einfach das
flektierte part. prs. von dem bei Sw. verzeichneten borgian ist.
briostgyrd steht s. 483b, nicht a. Da dasselbe kompositum
auch bei Napier 2, 188 erscheint, wo noch uiminibus als
lat. glosse daneben steht, ist an eine Verlesung von scep-
trinae als pectrinae nicht zu denken. Ersteres wird über-
dies, was Schi, verschweigt, an erster stelle durch tcenene
(Nap. 3303) glossiert! Warum virga, vimen 'gerte, stab,
rute' durch breostgyrd wiedergegeben ist, weiss ich aller-
dings nicht sicher zu erklären; vielleicht ist hier doch an
das verbum breotan zu denken, vgl. mhd. brieten 'hervor-
brechen, aufschwellen (von knospen und ausschlagenden
zweigen)', ahd. mhd. bro^ 'knospe, sprosse', mhd. bro^^en
'knospen treiben, sprossen'. Ist das richtig, so bedeutete
brcost-gyrd einfach 'sprössling'!
cwfing : 1. cdefing ; eorpreonas 1. ear-,
gecroced: an der betreffenden stelle steht gecrocedere, nicht
gecrocedre. Zu dieser gl. wäre auf Napier 1, 5204 : rubenti,
deage, gecrogede hinzuweisen gewesen. N. bemerkt in der
fussnote, dass die form mit innerem -g- die bessere sei
Ueberdies ist das o lang !
390 r. HOLTHAUSBN,
feohleastncs: aus gehceftfceste [feasce\aftnys , wie Napier über-
zeugend ergänzt, macht Schi, mit seinen bekannten yer-
wandlungskünsten gchcvft feacleastnys, was = feoMeastnys
sein soll!! Das * ist übrigens falsch, da N. das wort gar
nicht verzeichnet, und Sw. hat in seinem wSrterbuche
fcohlcasnes !
fanhyrd steht 477 b, nicht 476 b.
S. 528. geondreman hat Sweet wohlweislich ausgeschlossen,
da gewiss für das geondremedre der hs. = lat. matre can-
sentiente mit Napier s. 106, 4000 getmnendre medre zu lesen
ist. Schi, sagt hiervon kein wort!!
gitvettan: flagitäbat Aus dem nach Bouterwek überlieferten
l^ette macht Schi. [gt\tvette. Nun steht aber nach Haus-
knechts coUation der Brüsseler hs. Anglia VI, 96 ff., die
Schi, offenbar nicht kennt, an der betr. stelle (fol. 47 B, 14)
petic, wofür doch wohl petit (lateinisch!) zu lesen ist! Also
gitvettan ist mal wieder blauer dunst.
gyrran fehlt nicht bei Sw., wie Schi, behauptet, sondern steht
richtig unter der aws. form gierranl Das * ist zu tilgen.
1i(cmedrim: 1. hckmcdrim.
hütmece steht 424 a, nicht 426 a. Napiers besserung des über-
lieferten hiltine als hiltinc = hilting ist viel einleuchtender
als Schlutters *hütmece. Wozu dies kompositum nach vor-
hergehendem mece?
hlafordgiftes: 1. hldford-.
hleian: Schi, erwähnt nicht, dass Napier s. 113, 4337 in diesem
Worte eine entstellung aus bletan = blcbtan erblickt, was
gewiss richtig ist.
horhlic: 1. horxUc, horsclic (vgl. Napier 1789).
Iwrsymes steht 476 b. Nach Napier könnte auch hors-em
*pf erdehaus' darin stecken, vgl. yppodromi : J>cbs hüses bei
Wr. Wü. Schlutters horsryne ist also gar nicht so sicher !
hreonian: der Lib. Scint. hat hrenige : redoleat , fragtet, nicht
hreonian (so hat es nur Bhodes im glossar angesetzt)!
Die glosse ist von Napier als fragwürdig bezeichnet.
gehwceriend: Schi, weiss immer noch nicht, dass die ae. part
präs. auf -ende auslauten!
S. 629. ofdscoren steht s. 510 a, nicht 570 a.
Zu onbelcedan : B. bietet inrogaret (nicht -rit) ; intuleris, ahbeUet
ist mit N. 4764 in onbeldtst zu bessern !
zu ALT- UND MITTELENGLISCHEN DENKMÄLERN. 391
onhesettan: warum soll für impingere denn imponere gelesen
sein ? Daneben steht ja noch die gl. inmittere (Nap. 4229).
onbesencan: onhesettan kann nicht onhesScton gelesen werden,
weil die ags. schritt bekanntlich diese abkürzung für n
nicht gebraucht.
ongeanhlöwan: remugiat 1. remugiet
onhetting: onhettinga 1. onhettincga,
onhigian: onhige steht 487 a, nicht 478 a.
plegestre : plegestr[en]a ist gl. zu luctatorum, nicht zu palaestram.
plihtere steht ganz deutlich bei Sweet!
gerynelic : die richtigkeit dieser gl. wird von N. s. 70 mit fug
bezweifelt. Er vermutet, dass geornlic gemeint sei. Ich
habe auch an gerisenlic gedacht.
8. 630. steor-mearcung und -reonung sind aus der angezo-
genen glosse nicht zu erschliessen !
swcepig steht s. 474 a, nicht b.
tdngedropa: steht 417 b, wo es dactylicum, nicht dactylum
heisst I
töwritan: an der betr. stelle steht nur towrl
üpdbrecan am Schlüsse 1. 522 a statt 488 a.
updliöan muss natürlich updliöian heissenl
updlyman ist nach den ausführungen Napiers zu 4784 eher
updmylan zu lesen.
updspringan: 1. exortam,
8. 531. ütdflyman : 1. utaflemendum,
ütdleonian: es ist dlynnan (resp. -lynian) anzusetzen, vgl.
Napier zu 1134.
wesing: 524a steht in-, nicht conficerel
tcocige: 489 b steht noch catenarum und wociga statt wocige.
Da 429a wocie der acc. sein muss, kann der nom. natür-
lich nicht ebenso lauten!
wuduhyrpra: 427 a steht calo,
ymbhlemman , -hlednian ist nach N. anmerkung zu 1, 24 viel-
mehr als ymbhlennan zu fassen.
J>^este : 1. Jtenestre = ^egnestre ! Mit ^^nan, ^^ian ' dehnen'
hat es doch nichts zu thun. Zum überfluss verzeichnet
Sweet dies angeblich bei ihm fehlende wort als pegnestre \ 1
Man sieht, wohin blinde leidenschatt unsem kritiker führt.
Herr Schi, hat durch seinen aufsatz, wie ich genügend
dargelegt zu haben glaube, bloss von neuem bewiesen, dass
392 F. HOLTHAUSEN, ZU ALT- U. MITTELENOL. DENKMÄLERN.
ihm zur erfolgreichen mitarbeit an der ae. glossenforschnng
die nötigsten Voraussetzungen fehlen: genauigkeit, kenntnisse,
methode. Ich werde in zukunft auf etwaige neue anzapfungen
nicht mehr antworten. — Zu meinem aufsatze in dieser zs.
XXI, 231 ff. habe ich nur folgendes zu berichtigen: s. 232 ist
iesen wohl in lesca zu bessern ; s. 236 : hyrgan existiert , vgl
Napier, 0. E. Gl. p. 101, 3812; s. 238 unten: nach Glogger ist
figl als fi(jnraliter aufzulösen. Das sind m. w. die fälle, die
ich „aus eigener Unkenntnis falsch beurteilt" habe, wie herr
Schi. XXIV, 531 sagt. Und nun genug von diesem neuesten
„ Schlutterskandal " .
Kiel, 2. Januar 1902. F. Holthausen.
DIE VOKALE
DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS.
Einleitung.
I.
In den angelsächsischen Urkunden liegt ein ausgedehntes
material verborgen, das bis jetzt seitens der Sprachforscher
nur teilweise beachtung gefunden hat. Der grund hiervon ist
gewiss in der beschaffenheit dieses materials zu suchen. Nur
verhältnismässig wenige jener Urkunden sind uns im original
erhalten, weitaus die meisten in sammelhandschriften auf uns
gekommen, die erst nach der normannischen eroberung ent-
standen, und demgemäss nui' mehr oder weniger sorgfältige
kopien älterer dokumente aus der angelsächsischen zeit bringen.
Gerade in solchen Schriftstücken könnte der eine oder der
andere versucht sein, ein für sprachliche zwecke sehr unzu-
längliches material zu finden. Aber wenn wir das auch zu-
geben möchten, selbst dann kann es keinem zweifei unterliegen,
dass es bei dem heutigen fortgeschrittenen stand der Sprach-
wissenschaft erforderlich wird, auch das anscheinend minder-
wertigste material einer genauen betrachtung zu unterziehen.
Es ist sicher, dass hierbei manche interessante einzelheit zu
retten ist, die sonst spurlos verschwinden würde. Von diesem
Standpunkt ausgehend befasst sich vorliegende arbeit mit einer
Sammelhandschrift obenangedeuteter art, nämlich dem Addi-
tional Manuskript 15350, dem sog. Codex Wintoniensis im
Britischen Museum. Folgende beschreibung dieses Ms., die der
List of Additions to the Department of Manuscripts 1845 ent-
nommen ist, verdanke ich der gute von herm F. G. Kenyon
vom Britischen Museum : " Ancient Cartulary of the Priory of
St. Swithin, Winchester, containing a large collection of royal
AngUa. N.F. XUL 26
394 B. A. WILLIAMS,
and other charters, in Anglo-Saxon and Latin, from the reign
of Ceadwalla of Wessex, a. d. 668, to the reign of Edward the
Confessor, a. d. 1046; with the addition of a few others of
later date, granted by William I, Stephen and Henry L The
volume is very finely written throughout, with omamental
initial letters, and was probably compiled in the time of
Henry de Blois, Bishop of Winchester (brother of King Stephen)
between the years 1130 — 1150." Die in diesem cartulariam
enthaltenen Urkunden, abgesehen von den nach der regienmgs-
zeit Eadwards des Bekenners entstandenen, finden sich abge-
druckt in folgenden zwei werken, die ich meiner arbeit zu
gründe gelegt habe : W. de Gray Birch, Cartularium Saxonicum.
3 Bde. London 1885—1893 und J. M. Kemble, Codex Diplo-
maticus Aevi Saxonici. 6 Bde. London, 1839 — 1848. Das
Cart. Sax. bringt eine diplomatisch genaue wiedergäbe der
texte, reicht aber leider nur bis zum jähre 975 herunter. Für
die nach diesem jähre datierten Urkunden war ich daher auf
das Eemble'sche werk angewiesen. Eemble ist seinem material
gegenüber freier verfahren als de Gray Birch. Nach eigener
angäbe hat er versucht, den text aller nicht im original vor-
liegenden Urkunden zu normalisieren (cf. Cod. Dip. I Efnl,
s. cxiv). Dass er jedoch hierin nicht sehr weit gegangen ist^
wenigstens was Add. Ms. 15350 anbelangt, beweist ein ver-
gleich der Urkunden vor 975 mit denselben in der gestalte
wie sie sich bei de Gray Birch finden. Er hat die hand-
schriftlichen akzente weggelassen und eigene zur bezeichnmig
der vokallänge eingeführt. Femer rückt er komposita zu-
sammen, die im Codex vom Schreiber auseinander gehalten
sind, verbessert offenkundige Schreibfehler, liest gewöhnlich
^öel oder ^If statt Aöel bezw. Eöel oder Alf bezw. Elf,
und ähnliches. ^ Solche kleinigkeiten jedoch sind von wenigem
^) Znr Yeranschaulichung seien hier die ergebnisse eines Vergleiches
der texte von etlichen Urkunden bei den beiden herausgebem beigegeben.
Ich hebe nur wichtigeres hervor. (Die zahlen beziehen sich auf die num-
mem bei Birch. Bei jedem beispiel setze ich die form des wertes bei
de G. B. voran.)
27 witan wyröe — piian wyröe; ende — csnde; fies fiwyrea — der
fiwyres; landsccere — landscecere; Cynewalc — CyneuiuUc; Ceolof — Ceoiue;
Vnwana — ünuuana; Lvüing — Luütng; Vibäld — ütbäld. 102. ford
(adv.) — ford; inon — m on; Fartheres — FarÖeres, 168. I^ridogifda —
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 395
belang und ich glaube seinen text als im wesentlichen zu-
verlässig ansehen zu können.
n.
In vorliegender arbeit soll versucht werden, das im Codex
Wintoniensis vorhandene material zwecks einer darstellung
der lautverhältnisse der tonsilben mit möglichster Vollständig-
keit heranzuziehen. Ich will dabei in erster linie präzisieren,
inwieweit die angelsächsische Urkundensprache in der form,
in der sie uns grösstenteils überliefert ist, für solche zwecke
ausreicht. Daneben kommt es darauf an, die einheitlichkeit
des dialekts, sowohl zeitlich wie örtlich, und sein Verhältnis
zum Früh- und Spätws. zu prüfen. Da die Überlieferung nicht
direkt ist, wird es auch erforderlich, solche späte formen, die
die Schreiber aus ihrer eigenen spräche eingestreut haben
FriÖogyÖa; üping ford — ücingford; more — mör; wiÖig üede — toi^-
sUde; wiÖig leagdte — wiÖiglia gate; hcsriht gimcere — bce rihtgemctre ;
gyrd wig — gyrdweg; cecSras — ceceras; gata forÖ — gdtaford; Frydo-
gydce — FryÖogyÖce, 594. Ueberschrift To Hyssebuman bei K. wegge-
lassen. Alfred — Alfred; Orferd — OsferÖ; gi erian — ge-erian; gerawan
— gesawan; gauol heerer — gauolboeres ; afid hiora agenre fhjwile — on
htora agenre hwile; ecUa sceapan — eald sceapan; and (Schreibfehler) —
an; ganddagan — Gangdagan; lang gemero — landgemSro; bitan cnoüe
— bican ctwüe; tciwindlan — pitcinölan; Off erb — OsferÖ. 595. AÖeiundf
— JEÖelwtdf; Wvlhere — Wulfhere; dissa — Öissa; Beorstan — Beomstan;
JEdelferd — JEddferÖ; Ocea — Occa, 599. ared — äned (fehlerhafte
yerbessemng ! ared = praet. zn ärotdan); agyfeÖ — agyfed; to hynÖ — tö
hyrÖ; fol — folc; dara — Öara; standad — standaÖ; acennesse — acen-
nfednjesse; .^kielstan — ^Öelstan, 605. crinig — einig; Dentdfe —
Deneulfe; stotnne — sUtnnene; däpem — sUbpern; twodcdanne — tö-
ddblanne; Donne is 9i8 se eaca — Donne is bisse edca; beoÖoem — be-
orboprn; sttÖstrete — siibstrctte; bas simbganges — bas imbganges; driu
— priu; EaÖwearb — Eadweard; Deormob — Deormod; Adelsian —
jEbelstan. 611. Epelweard — JEbeltceard; Osferd — OsferÖ; Byrhnelm
— Byrnhelm; Withbord — Wiöbord; Elfred — Alfred; Elfstan —
^Ifstan; Eperic — JEberic. 948. Eadgi — Eadwi; Eadvvig — Eadutäg;
fieow waJi — heoppah; Alfwold — ^Ifwold; ^Öelgearb — JEÖelgeard;
Byrhtferd — Byrhiferb, 959. AÖelwold — jEÖelicold; well piü — toelwiü;
weüpyUce — welioyüce; wrostlan wyl — prostlan wyl; genespom — genes
pom; scypeladiBS pyllce — Scypeladces tcyüa:; of pam pyücB on mer pyü
of pam pyücB — of bäm wylke on mencyü of bdm wyüce; well pyü —
wellwyll; Alfwold — alfwold; Byrhtfert — Byrhiferb; JEperced —
.^CÖelrced; Byrhferö — Byrhtferd,
26*
396 R. A. WILLIAMS,
können, sorgfältig auszuscheiden, um so ein reineres bild der
ursprünglichen Verhältnisse zu gewinnen. Diese letzte auf-
gäbe wird dadurch einigermassen erleichtert, dass einige von
den Originalurkunden, die bei der herstellung des Codex Win-
toniensis wahrscheinlich benfitzt wurden, uns noch erhalten
sind, obwohl leider in sehr geringer zahl. Diese müssen dann
natürlich zur yergleichung sorgfältig herangezogen werden.
m.
Die direkte vorläge des Codex Wintoniensis ist eine an-
dere handschrift ähnlicher art gewesen; d. h. seine Schreiber
haben nicht etwa die im Cod. enthaltenen Urkunden zusammen-
gestellt und so zu sagen redigiert, sondern sie haben eine schon
fertige Sammlung vor sich gehabt, die sie einfach abgeschrieben
haben. Dies geht aus folgenden erwägungen klar hervor : ein
teil des Cod. sticht vermöge eines besonderen merkmals vom
rest der hs. deutlich ab. Dieses merkmal besteht nämlich in
der überaus häufigen anwendung der ligatur ce, nicht nur in
ton- sondern auch in unbetonten Silben, an stellen, wo nach
der gewöhnlichen regel nur e berechtigt ist. Allein durch die
regelmässigkeit, womit in allen ein e enthaltenden flexions-
enduDgen und mittelsilben , sowie in den unbetonten prokli-
tischen Partikeln wie he, Öe, ge etc., dieses ce fär e wieder-
kehrt, kann man diesen teil der hs. mit der grössten leichtigkeit
vom rest des Codex absondern. Wir könnten also vermuten
wollen, dass der besagte abschnitt nicht von demselben Schreiber
herrühre wie die übrigen teile, mit anderen werten, dass er
von einer anderen hand geschrieben sei. Dies ist jedoch nicht
der fall. Wie ich von meinem gewährsmann erfahre, ist am
anfang dieses teils des Codex kein Wechsel in der hand des
Schreibers erkennbar. Sowohl dieser teil wie der vorher-
gehende rührt also von ein und demselben Schreiber her. Es
ist jedoch nicht möglich, dass dieser Schreiber, als er am anfang
des in betracht kommenden abschnitts angelangt war, alle
seine gepflogenheiten bezüglich die Setzung von (e und e
plötzlich umänderte, wir müssen vielmehr annehmen, dass er
eine vorläge vor sich hatte, worin der entsprechende teil schon
diese Verschiedenheit aufwies, folglich, dass diese vorläge von
mehreren Schreibern herrührte, deren eigentümlichkeiten in
der späteren abschrift entweder mit absieht oder durch gleich-
DIB VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 397
giltigkeit bewahrt wurden. Wir ersehen zum weiteren daraus,
dass oben genannter Schreiber (des Cod.), der übrigens fast
den ganzen Codex geschrieben zu haben scheint, denn es tritt
nach herrn Kenyon erst gegen ende der hs. ein merklicher
unterschied in der hand ein, in einem völligen abhängigkeits-
verhältnis zu seiner vorläge stand. Sonst hätte er ja nicht
diese merkwürdige abweichung in der orthogi-aphie herüber-
genommen, ohne, soweit wir beurteilen können, irgend welchen
versuch zu regeln. Hieraus geht weiter hervor, dass der anteil
dieses Schreibers an der gestaltung der Orthographie unseres
Cod. sehr gering war, so gering, dass wir ihn ausser acht
lassen dürfen. Insofern ein gegensatz zwischen den Schreibern
in betracht kommt, ist dieser gegensatz zwischen den Schrei-
bern der vorläge nicht des Cod. selbst. Auch die oben er-
wähnte zweite hand im Codex scheint ganz ohne besondere
characteristica zu sein.
Anmerkung. Das Verhältnis der verschiedenen bände in
der hs. des Cod. selbst wird von herrn Kenyon wie folgt dar-
gestellt (ich schicke die bemerkung voraus, dass nach meinem
gewährsmann "the main body" des manuskripts zwischen
blatt 6b— 116b enthalten ist. Auf blatt 3b — 6 und dann
wieder 116 b — 120 sind verschiedene Urkunden nachgetragen.
Diese nachtrage sind teilweise aus der vorläge des Codex,
teilweise sind sie die schon erwähnten jüngeren Charters, die
für unsere zwecke nicht in betracht kommen): "The main
body of the MS was certainly written at one time, though
several scribes seem to have been employed on it; it is im-
possible to say exactly how many. There is a marked change
of hand in the middle of f. 111b, but the new hand (which is
smaller than those which precede) is still of the 12th Century."
Wie gesagt, fallen diess unterschiede für unsere zwecke nicht
ins gewicht. Im folgenden habe ich nur den oben dargestellten
unterschied der bände in der vorläge berücksichtigt. Den
Schreiber, dessen hauptcharakteristicum ich schon angedeutet
habe, nenne ich im weiteren verlauf der arbeit X. Wo die
ihm zugehörigen belege hervorzuheben sind, geschieht dies
durch vorsetzung eines Sternchens vor der Seitenzahl.
398 B. A. WILLIAMS,
IV.
Um das Verhältnis der Schreiber des Cod. Wint. zu ihrer
vorläge in klares licht zu setzen, erachte ich es f&r ratsam,
hier eine Zusammenstellung der hauptsächlichsten arten von
schreibfehlem, welche ihnen untergelaufen sind, mitzuteilen.
Bemerkt sei, dass, obwohl Schreibfehler, buchstabenverwech-
selungen usw. häufig wiederkehren, dies keine besondere eigen-
tümlichkeit unseres denkmals ist, sondern von den meisten hss.
aus derselben epoche geteilt wird. Die erscheinungen auf
diesem gebiet bilden für sich eine spezielle frage, die noch
der lösung harrt, obwohl durch Schröer in der einleitung zu
seiner ausgäbe der Winteney -Version der benediktinerregel
etwas vorgearbeitet worden ist. Eine eingehendere Unter-
suchung ist aber wohl dem paläographen von fach zuzuweisen.
Für den Codex charakteristisch sind folgende klassen von
fehlem: Auslassung von buchstaben (bei jedem beispiel setze
ich den fehlenden buchstaben in klammem) : suil{c) IE 162, 28,
s{c)(et n 135, 17 , meol{c)forda HI 247, 4, Mare{d) H 77, 27,
Äreo(d)m(B(fe m 607, 16, Or(d)?a/'n207, 11. 234,18, ^l(f)wold
n 305, 8, ^Hf)stan I 594, 6, ^l(f)red U 164, 19. 289, 16,
El(fyed n 305, 9, Wul(f)here U 243, 23, Wul(f)sige U 252, 85,
beaddi{n)gbr6c 11 74, 16 , Beor{n)stan U 244, 28 , Beor{n)sige
ebda. 32, Fear{n)ham U 98, 25, slaMfor(n)toeg HL 632, 10,
h(Bbba(n) ini32,2S, Wi{h)ibrordJI 298,d9, Tri(A)^ar H 380, 86,
Ead(h)eage HI 227, 2 , Eal(h)stan II 381, 1 , Eai(h)mund JI
170, 22, WealtQi)am Jl 299, 20, JEscbyr{h)t II 359, 24, geQiy
wylcum m 501, 23, {h)(efed {= hcefd) I 544, 10, HeHfn)8tanus
I 594, 24, Wighel{m) II 274, 7, Pa{m) JH 446, 19, P(B{m) TR
305, 21, Beorh{t)sige II 380, 18, Byrh{t)sige II, 383, 16, on ge-
riUfyna I 548, 20, te{r)sian H 164, 13, hromhy{r)ste m 632, 16,
cyrog{r)afum HI 417, 6, Ädelwo{T)d UI 292, 38, Eadu([)f 11
290, 35.
Einschiebung : lyt(h)lan III 520, 8, gese{h)tnesse JH 417, 5,
gewit{h)ne$$e II 207, 28, HI 306, 22 , Bur(h)ghardu8 I 541, 25,
wyr{h)ttruman III 305, 36, Beor{h)nstan II 302, 7, Byr{h)nelm
II 271, 30, jE(l)öelnod lU 4 fussnote 2, Ceo(i[)seldene 11 240, 24,
middelc(l)nolim,lS, Ea{l)nulf II 64, 6, hea{T)mfneresI14S,31j
c{r)img II 262, 1, cy{r)twara m 655, 37, Wlf{r)ard I, 545, 20,.
Win{d)sige II 252, 31, cra{d)wancrundul 1 47, 21, Cynewdl{w)ho
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIENSI8. 899
n 286, 8, Wul(w)ßere II 71, 20, t(w)odcelanne 11 262, 10,
BruJi(t)ham I 257, 29, (e{c)scfald TR 849, 27, s{c)l€ede U 456, 29,
in{g)on I 229, 8 u. ö.
Doppelsetzung; Icecce HI 655, 88, micclan TU 188, 9. 855, 81,
iccenan HI 117, 15, eescce H 413, 2, hrocces H 549,81, hanggran
m 478, 15, ge^aßncge, -a m 432, 2. 83, Wynsicge k m 177, 16,
Ecblertus, -i I 543, 21. 35, deoppan II 288, 10, ibihttan U 171,
34, Beorhttanwille 11 568, 3, hlidgeattce 11 288, 4, bcecwedden
m 432, 31, Orddulf H 172, 14, beoddcem Jl 296, 83, 2>äet IH
296, 24, nordJ>eweardne U 442, 33, llullan 11 171, 85, Ticcest-
stede n 530, 1, swua IH 172, 14.
Metathese: mcersic III 356, 3, dies IH 482, 11, drihtnes
111502,3, ÖeowresJll&hh,!^, 1539,32, wigtSe, wigiff- (= wifftg)
m 296, 19. 655, 21, Ticcetesde U 529, 6. 21, Ferhnam I 452, 26,
Cuderö n 381, 4; metathese von h und t in der Verbindung ht
ist überaus häufig in eigennamen : Beorth- 11 99, 30. 33, Egc-
byrth H 292, 7, Ecgbrith H 238, 16, JEpelbyrth H 290, 30,
F^Äred H 380, 24, üthred I 549, 13, Wühbrord H 289, 17. 293,
21 etc., Wethelmes I 555, 16. Hier bemerke ich, dass die Ver-
bindung öh gewöhnlich durch th ausgedrückt wird in dem
namen Swithun H 64, 3. 71, 16. 72, 10 etc.
Verwechselung. Das runenzeichen für w führt ziemlich
häufig zu missverständnissen seitens der Schreiber, z. b. es er-
scheint dafür das ^orn in 2>iö I 515 mehrere male, stoöce H
282, 25 , umgekehrt wonon = ^onon U 492, 20 und ähnlich
cradwancrundul I 47, 29; femer erscheint Pulfsie H 295, 17
statt Wulf-, und umgekehrt Äwceldran I 229, 11, wofür B. und
K. mit recht Apceldran einsetzen; auch r begegnet: driores
I 515, 29. 35 , und f in fyröe I 545, 7. Andere fälle von Ver-
wechselung sind: J^om statt g: beord DI 632, 32, ^eradigod
m 417, 5, statt c : Upingford 1 228, 25 ; t statt c : bitan 1 540, 6 ;
c statt g: WiJ^iclea III 142 letzte zeile, Eadwic HI 145, 11,
beorcleage IE 413, 1; m statt n: lufandum U 76, 37, Carintum
III 501, 7, smede II 529, 32, myöerweardne III 655, 34 ; n statt
m : ynbos II 282, 22 ; nn statt m : Pann 11 533, 29 ; s statt m :
pas in 520, 7. 9; d statt t: hid II 103, 6, wridwale U 444, 15,
stradford I 545, 16; r statt ^: ä?r I 542, 27; t statt d: watdcene
n 409, 31; Ä statt c: hlinh JR 296, 29, buchanforda U 74, 23;
ß statt c : /er^e 11 290, 2 ; i statt 5 : hü III 654, 2 ; r statt 5 :
gauoU)cerer II 241, 27, statt l: mercfrot U 164, 13; n statt r:
400 B. A. WILLIAMS,
to hynd n 252, 4; s statt t: Ms Stoce U 171, 12, statt r: Ses
n 135, 17, statt d: Milres II 74, 37. Durch eine art assiini-
lation kommt d statt g vor, und umgekehrt: ganddagan 11
241, 34, andland dune U 304, 31, langgemero U 241, 35, lang-
gemcero TU 62, 21. Ziemlich häufig ist h statt 2>om: farh III
607, 14, Wighegni, -o 1 540, 24. 542, 1; einmal h statt s: heo
n 208, 4. Ein immer wiederkehrender fehler ist die Setzung
von d statt tf und umgekehrt. Hierfür begegnen fast auf jeder
Seite beispiele, mit der beschränkung jedoch, dass ff statt d
fast durchgehends im silbenauslaut vorkommt, df&r ff dagegen
im silbenan- und -inlaut.
Ziemlich häufig erscheint im silbenanlaut ein unberech-
tigtes Ä : hryct = ryht II 341, 17, bce hrihton gemcere TL 288, 22,
on gehriUe III 476, 22, hriscsteorte IL 409, 36, hriscmere HL
478, 10 [ich halte es für verfehlt, wenn Binz in einer be-
sprechung von Sweets Wörterbuch E. St. bd. 24 s. 269 einer
Urkunde unseres Codex zufolge ein hrysc ansetzen wilL Allen
analogieen nach ist dies ein blosser Schreibfehler für ri$c]j
heälßeages (zu JSlfheah) III 651, 23, hafuchcdras IL 76, 28,
healdan U 504, 24, /^cr = c§r H 568, 36, hut HL 655, 14, hup-
pan ebda. z. 33.
Zuweilen werden buchstaben aus einem wort zum vorher-
gehenden herübergezogen und umgekehrt: J>e sgares = Pces
gares I 555, 2, ]>ast ret = ]>d strebt LH 117, 14, peth wite =
poet hwite III 145, 27 , twegroem et gyrda = ttoegra metgyrda
m 416, 28.
Aehnlich entstanden ist dces simbganges IL 262, 20.
Ein häufiger Schreibfehler ist of statt off. Statt pane
acsm. von se wird auch ponne gesetzt, z. b. DI 62, 32. 157, 17.
655, 39. 40. wofür auch ffonon III 292, 21.
Gelegentlich fällt ein wort aus : Stigandes bisceopes (cUeg)
n 80, 24, on ffone mylensteall cet ( ) stve IL 163, 27, bae
Pcere (....) ofer ffona HL S05, 26, ffonan (pn) wulfstanes mearce
in 632, 28, pys sinff ffa { ) ffen into HI 649, 28.
Wiederholung eines ganzen Satzteiles kommt 11 242, 15 vor.
Es kommt noch eine menge anderer Schreibfehler hinzu,
welche sich nicht so leicht in den rahmen einer klassifizierong
zwingen lassen, und die später, wo es darauf ankommt, bei
der lautlehre berücksichtigung finden werden.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 401
Zur vergleichung mögen hier eine reihe Schreibfehler ans
gruppe 2 (siehe unter VI) mitgeteilt werden:
Auslassung: Byrh{t)ferd HI 298, 19, an{ä) Cot. Ch. X 17,
t€%d{ig)Uagate II 436, 35, Cy{n)red H 366, 17, Bur(g)herd U 365
letzte zeile, JSl(f)red U 285, 32, JEde{Tyred H 449, 4, JEde^l)-
stan Harl. Ch. 43 C 8, JEd{elh)elm H 366, 4, JEtä(elh)elm 11
365, 26, Sig{h)elm U 365, 5, Ord{h)eah U 449, 6, Ord(h)eh U
437, 23. (Uebrigens ist zu bemerken, dass die auslassung eines
anlautenden h in nebentoniger silbe sehr gut auf der wirk-
lichen ausspräche beruhen kann.)
Vereinfachung einer geminata : hric TU 3, 35, hricweges 11
448, 9, bacegeate U 284, 34.
Einschiebung : berghe JIS63,27, gehrihtum IL 284,31, ingon
n 436, 27, ing to HI 4, 30, ^tdelm H 365, 26.
Doppelsetzung: donne (acs.) III 3, 34, klinge 11 437, 1,
ucingcford II 436, 36.
Verwechselung: hardacnudes C. C. X 17, gehyret JH 105, 5,
wwa (swa) U 437, 1.
V.
Die buchstaben im Codex sind die gewöhnlichen, w wird
fast durchgehends durch das runenzeichen wyn wiedergegeben.
Gelegentlich erscheint statt dessen uu, u, vv (cf. bd. I nr. 27,
377). Statt des vokalzeichens u kommt auch v vor. Das u
schwindet zuweilen nach w, z. b. wlf ziemlich häufig in eigen-
namen. f als bezeichnung des tönenden labialen reibege-
räusches wechselt gelegentlich mit u, v, b ab, z. b. kaue, loue,
seluan (11 96), reve I 514, 23, ober, ubanweardne (I 515). Wie
gewöhnlich wechselt J> regellos mit Ö ab ; diesen Wechsel habe
ich bei der anführung der belegstellen ausser acht gelassen —
ich gebrauche durchgehends ö. Statt ]> oder Ö steht vereinzelt
ih. Auch nicht unbekannt ist das zeichen k statt c. Statt ae
erscheint ein paar mal ae, ebenso j statt i. Das weitere
hierüber bei der lautlehre.
Anmerkung. Akzente sind im Codex Wintoniensis häufig
verwendet. Diese behandle ich später in einem anhang zu
der lautlehre.
VL
Bei der darstellung der lautlehre habe ich die von mir
behandelten Urkunden in zwei gruppen eingeteilt, von denen
402 B. A. WILLUMB,
die erste und gleich weitaus umfangreichere die aus ags. zeit
stammenden Urkunden des Codex Wintoniensis enthält Wie
aus dem schon mitgeteilten bericht des herm Kenyon ersicht-
lich, umfasst das manuskript einige Urkunden aus jfingerer
zeit (regierungszeit Wilhelms des Eroberers etc.); diese in
lateinischer bezw. französischer spräche aufgezeichneten Schrift-
stücke waren mir nicht zugänglich, weil sie ausserhalb des
rahmens des Eembleschen sowie des Birchschen Werkes liegen,
und demgemäss dort nicht gedruckt sind, üebrigens haben
sie mit dem ursprünglichen Codex nichts zu thun gehabt, der
offenbar ein cartular derselben art ist, und dieselben zwecke
verfolgte, wie das am ende des 11. Jahrhunderts in Worcester
von Hemming verfasste (vgl. Keller, Die litterarischen Be-
strebungen von Worcester Q F LXXXIV s. 77 ffg.). In gruppe 2
habe ich, zwecks vergleichung der spräche, eine kleine anzahl
sog. Originalurkunden aufgenommen, für deren verlässlichkeit
die thatsache bürgt, dass sie in den facsimiles des Britischen
Museums einen platz gefunden haben. Für diese gruppe habe
ich mit einer ausnähme nur solche Urkunden aus Winchester
herangezogen, die im Codex selbst in derselben oder doch
wenig veränderter form erscheinen, was wohl den beweis
liefert, dass sie zur direkten vorläge des ursprünglichen ma-
nuskripts des Codex gehört haben. Die eine ausnähme ist die
Urkunde Cotton Charter X 17, die an und für sich selbst schon
deswegen beachtung verdient, weil ihre entstehung an der
grenze der Übergangszeit liegt; leider ist das zeugnis dieser
Urkunde aus palaeographischen gründen kein ganz verläss-
liches. Ich habe es dennoch für zweckmässig erachtet, ihre
formen in den kreis meiner betrachtung zu ziehen. Ausser
der letztgenannten befinden sich alle diese Urkunden bei Birch
und Kemble abgedruckt, Harley Charter 43 C 8 jedoch bei K
nach einer modernen kopie. Diese Urkunde habe ich daher
ebenso wie Cot. Ch. X 17 nach eigener abschrift aus den
facsimiles benutzt (zum abschreiben war ich genötigt, weil
das werk mir nur auf einige tage zugänglich war). Für die
anderen beziehen sich meine belege auf den abdruck bei B.
bezw. K. Beide herausgeber drucken nach den Chartera In
zwei fällen teilt B. die form der Urkunde im Codex getrennt
mit, und in drei fällen giebt er in fussnoten Varianten aus
demselben. In der einen Urkunde, die ich nach K. citiere^
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM OODEX WINT0NIEN8IS. 40S
stimmt seine wiedergäbe vollständig zu den facsimiles, etwaige
abweichungen des Cod. werden jedoch nicht berücksichtigt.
Nur wo diese Urkunden von Birch getrennt gedruckt sind,
habe ich sie für gruppe 1 verwertet; in anderen fällen habe
ich mich damit begnügt, unter gruppe 2 in klammem auf die
Varianten des Cod. zu verweisen. Statistische angaben unter
gruppe 1 beziehen sich daher lediglich auf die hiemach unter
diese gruppe zusammengefassten nummem von B. und K
Folgendes ist ein Verzeichnis dieser nummem, mit angäbe des
entstehungsjahres jeder Urkunde nach den herausgebem. Wo
zwei nummem durch ) verbunden sind, deutet dies in jedem
fall an, dass nach Birch die zweite der so zusammengezogenen
nummem eine „andere form" der vorhergehenden Urkunde
ist, vermutlich von demselben datum. Die mit einem kleinen
X bezeichneten Urkunden stammen aus dem von X geschrie-
benen teil der vorläge.
(i^roppe 1.
478
Birch.
Bd.
I.
479
x491
493
Nummer.
Jahr.
27
ante 672
495
53
680
x508
72
688
520
102
701
543
158
737
544
179
749
549
180
550
324
803X
805
565
377
824
566
389
825
590
390
—
592
391
826
594
392
—
595
x393
—
599
398
ohne jahreBzahl
605
423
838
611
612
Band U.
613
x468
854
614
473
617
474
—
x618
475 \
x619
476 1
621
477
—
622
I
1043-53
856
nach 856
858
863
868
871x877
877
880
882
ohne datum
901
902
901x904
904
905
879x908
901x906
909
14 •
B. A. Wn<T<UM0,
623
^_
905
955
x624
931
956
625 \
626 1
9381
939 1
—
627
x948
—
628
—
x953
—
629
circa 909
x959
—
663
928
960
—
674
931
962
—
679
—
x969
—
689
932
974
—
690
circa 932
976
—
x705 \
x706
x979
„^
934
x980
ante 1051-1062
x707
935
982
956
713
937
983
—
729
938
987
957
730
—
1004
-^
731
938
1027
958
740
939
1037
—
x742
—
X1042
—
x758
940
1051
959
763
—
1054
960
764
1068
961
765
941
1071
—
770
1076
—
786
943
1077
—
787
1078 0
••••
788
1114
968
x796
i/'x.*JL
1118
—
810
945
1119
—
819
946 X 955
1146
0. d.
830
947
1147 \
1148 1
831
.
^^
832
—
1149
—
1150
^^
Band 111.
1151
..
863
948
1152
~—
864
^—
1153
—
865
1154
—
875
949
1155
—
x902
953x955
1156
—
>) Von Birch nicht datiert; die Urkunde wiederholt jedoch in gekflntar
fassung und ags. spräche die hestimmungen von 1077 und ist jedenidli it
derselben zeit ausgestellt worden, wenn sie nicht etwa, wie mir ans ianncm
gründen wahrscheinlich, einen teil davon gebildet hat.
DIE VOKALE BEB TONSILBEN IM- CODEX WINTONIBNSIS. 405
1157
—
648
985
1158
650
—
1159
—
652
—
1160
655
986
1161
0. d.
x658
987
1163
—
664
988
X1174
965x971
x673
990
1183
circa 956
698
997
1199
967
712
0. d.
1200
—
713
—
1217
968
717
996-1006
1219 \
1220 J
720
1012
^^^
x721
—
1230
969
722
0. d.
1292
973
1302
974
Band IV.
1307
973x974
x739
1023
1314
975
743
1026
1315
—
750
1033
1316
752
1319
0. d.
753
1035
763
1042
Eemble.
Bd. IM.
768
1038-1044
774
1044
611
977
775
—
622
979
776
1045
x624
980
780
—
626
783
1046
633
982
786
1049
636
983
x820
1060-66
638
—
891
0. d.
x639
897
—
640
—
9220
—
642
circa 984
943
0 Diese nammer wird yon Eemble der band sowie den spracbformen
nach als jünger als der rest der handschrift bezeichnet. Auch dem inhalt
nach gehört sie kaum in den Codex hinein, dessen Urkunden sich fast ohne
ausnähme auf ländereien im besitze der kirche bezieheUi während diese ein
brief eines alten mönches an seinen bischof gewesen zu sein scheint Sie
hat nur das mit dem Codex gemein, dass sie eine kopie eines viel älteren
dokumentes ist, und auf die zwei klöster in Winchester bezug nimmt:
dcet ealde und Öcet niwe Mynster. Weil diese Urkunde aber im wesent-
lichen ein anderes und zwar ein viel jtLngeres gepräge aufweist, habe ich
ihre formen in die lautlehre nicht angenommen. Bei der darstellung der
lautyerhältnisse des Codex konnte ihre aufnähme nur den ttberblick er-
schweren.
406
B. A. WILLIAMS^
Band IV.
Band TTT.
1284
1291
1347
circa 988
996
0. d.
862 948
926 956
1072 961
Gruppe 2.
Eemble. Band IV.
620
Birch. Band 11.
909
781 lOiß
677
678
931
Charten.
727
734
938
939
Farley 43 G 8 1042
B. M. Cotton X 17 1061-6&
Von obigen Urkunden ist nr. 734 nicht ganz voUstSiidig.
Das mangelnde hat B. aus dem C!odex ergänzt ausser in einem
fall, wo sowohl der Codex wie die Urkunde eine Iftcke auf-
weist. Letztere thatsache beweist den engen Zusammenhang,
der im einzelnen zwischen dem Codex und den Urkunden be-
steht. Die palaeographische kritik stellt nicht alle diese wt-
künden auf gleiche linie: die nummem 620, 727 sowie Oot
Ch. X 17 unterliegen dem verdacht, kopien zu sein. Wie dem
auch sei, bilden die Urkunden dieser gruppe, mit ansDahne
vielleicht des Cot. Ch. X 17, sprachlich gegenüber dem Oodez
ein geschlossenes ganze. Sie bieten daher in manchen stflcken
feste anhaltspunkte für die erschliessung der Verhältnisse der
vorläge, aus welchen das ursprüngliche manuskript des Codex
hervorgegangen ist.
Terzeichnis der gebrauchten litteratnr,
W. deGrayBirch, Cartnlarinm Saxonicum. 3 Bde. London 1885— IW
(Cart. Sax.) Hierzu, Index Saxonicus. Lond. 1899.
J. M. Kemble, Codex Diplomaticus Aeyi Saxonici. 6 Bde. London ISS^
1848. (Cod. Dip.)
E. Sieyers, Angelsächsische Grammatik. 3. Auflage. HaUel898. (Sier.Or.)
P. J. Cosijn, Altwestsächsische Grammatik. 1. und 2. Hälfte. Ougltt
(Cos. Gr.)
L. Morsbach, Mittelenglische Grammatik. Halle 1896. (Monb. Or.)
A. Pogatscher, Zur Lautlehre der griechischen, lateinischen und vmtr
nischen Wörter im Altenglischen. Strassbnrg 1888. (PogmtMher.)
H. Sweet, A History of English Sounds. Oxford 188a (RES)
H. Sweet, The Oldest English Texts. London 1885. (OET)
H. M. Chadwick, Studies in Old English. Transaotiou of tlMGuaMIg»
Philological Society. Vol. IV 189rt— 99. (Ch. S 0 E)
DIE VOKiliB DER TOKSILBEN IH CODEX WTNTONIEK8I8. 407
F. Kluge, Nominale Stammbildungslehre der altgermanischen Dialekte.
2. Auflage. Halle 1899. (Kluge, Stammb.)
M. Beimann, Die Sprache der mittelkentischen Evangelien. Diss. Berlin
1883. (Reim.)
W. H. Hulme. Die Sprache der altenglischen Bearbeitung der Soliloquien
Augustins. Diss. Darmstadt 1894. (Hulme.)
H. Meyer, Zur Sprache der jüngeren Teile der Chronik von Peterborough.
Diss. Jena 1889. (P. C.)
B. Müller, Abriss der Lautlehre des northumbrischen Liber Yitae. Basler
Diss. Berlin 1900. (L V)
B. Wolff, Untersuchung der Laute in den kentischen Urkunden. Diss.
Heidelberg 1893. (Kent Urk.)
E. M. Brown, Die Sprache der Bushworth Glossen Matthäus und der
merclBche Dialekt. Diss. GKSttingen 1891. (Brown B 0
B. Zeuner, Die Sprache des kentischen Psalters. Halle 1881.
G. Schmidt, Ueber die Sprache und Heimat der "Vices and Virtues".
Diss. Leipzig 1899.
H. Leyin, Das mittelenglische Poema Morale in kritiBchem Text Halle
1881. (Enthält sprachliches in der Einleitung.)
B. Carstens, Zur Dialektbestimmung des mittelenglischen Sir Firumbras.
Diss. Kiel 1884.
Pabst, Die Sprache der mittelenglischen Beimchronik des Bob. von Glou-
cester. L Lautlehre. Diss. Berlin 1889.
K. D. Bülbring, Geschichte des Ablauts innerhalb des Südenglischen.
Strassburg 1889.
A. Schröer, Die Winteney-Version der Begula S. Benedicti. Halle 1888.
H. Logeman, The Bule of S. Benet London 1888.
A. Schröer, Die angelsächsischen Prosabearbeitungen der Benediktiner*
regel. Bibl. der ags. Prosa. Bd. 11. Kassel 1885—88.
W. Keller, Die litterarischen Bestrebungen von Worcester in angelsäch-
sischer Zeit. Strassburg 1900.
B. Wülker, Grundriss zur Geschichte der angelsächsichen Litteratur.
Leipzig 1885.
Kluge and Lutz, English Etymology. Strassburg 1898.
An Wörterbüchern und lexikalischen arbeiten habe ich die bekannten
Yon Sweet (StD), Leo, Bosworth-T 11er (B-T), Stratmann-Bradley, Skeat,
sowie Förstemanns altdeutsches Namenbuch (woraus ich alle zum vergleich
angeführten ahd. namen eitlere) benutzt. ^) Des weiteren habe ich bei der
Untersuchung der zahlreichen zeugennamen verschiedene namenregister zu
ausgaben altnordischer denkmäler (Lslendlnga Sögur etc.) herangezogen.
Dazu kommen noch mehrere aufsätze etc. in Zeitschriften, worunter ich
diejenigen von Bülbring in der Anglia hervorheben möchte. Diese sind im
weiteren verlaufe der arbeit genügend gekennzeichnet.
*) Hier seien auch erwähnt Kembles einleitung zu seinem dritten bände
und der index zu dem ganzen werke, sowie A. Holder, Altceltischer Sprach-
schatz, bd. I, Leipzig 1896.
408 B. A. WILLIAMS,
Vokalismiis der tonsilbeiL
Vorbemerkung. Bei der darstellung des vokalismns der
tonsilben gehe ich vom lautstand des Altwestsächsischen ans,
so wie er vorzugsweise in den grammatiken von Sievers and
Cosijn dargestellt ist Ich behandle daher die entwickelang
folgender vokale im dialekt des Cod. Wint. , nämlich ä, ä, g,
t, S, ü, ij und der diphthonge ea, ea, eo, eo, ie, ie. Dies hat
zur folge, dass ich gewisse historische unterschiede ausser acht
lasse. Es ist z. b. für meine zwecke gleichgiltig, ob ein (b auf
tonerhöhung eines wg. a in geschlossener silbe oder auf t-am-
laut genannten vokals beruht, usw. Der ausgangspunkt ist
für mich in jedem fall die form des Wortes, die für das Alt-
westsächsische der ^Ifredschen denkmäler und der Parker
handschrift der chronik charakteristisch ist. Dass also das te
in cUeg geschichtlich auf anderem wege zu erklären ist als das
ce in cesc, brauche ich nicht in betracht zu ziehen. Es genügt,
dass beide Wörter aws. ein ce haben.
Die belegstellen citiere ich nach band- und selten- sowie
Zeilenzahl. Die römischen Ziffern I, ü, m beziehen sich auf
die bände des Cart. Sax. , IV, VI auf diejenigen des Cod. Dip.
Ein vorgesetztes K unterscheidet den dritten band des Cod.
Dip. vom dritten des Birchschen Werkes.
Beim eitleren der beispiele habe ich es öfters als unwesent-
lich unterlassen, den Wechsel zwischen einem e und cb u. dergL
in unbetonter silbe zu bezeichnen.
In jedem Paragraphen führe ich zuerst ohne besondere
bezeichnung der gruppe die belegsteilen aus gruppe 1 an, und
lasse dann darauf diejenigen aus gruppe 2 folgen. Weil letz-
tere sehr viel weniger zahlreich, war es nicht immer zweck-
mässig, die gleiche einteilung des Stoffes in beiden fällen ein-
zuhalten.
Kapitel I. Kurze vokale.
§ 1. Aws. a.
Aws. a erleidet keine beeinträchtigung seines gebiets,
sondern bleibt in vollem umfange erhalten. Hie und da
tritt ausserdem eine kleine erweiterung seiner geltung auf.
Vgl. I. b).
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 409
I. a in offener silbe.
a) Vor ursprünglich gutturalem vokal einer ableitungssilbe :
stapol I 47, 27. II 81, 12. 295, 41. IH 145, 28. 478, 17; stapul
11305,2. in5,6. K III 302, 4; Stapel II i94:,22i stapoleU 80,24.
485, 16. in 651, 21 ; stapöle II 304, 14. 19 ; stapolwege U 495,24;
stapolÖom in 303, 34; fineesstapel HI 176, 18 ; hicanstapol K HI
337, 29 (einmaliges stopul 11 382, 17 ist wohl als Schreibfehler
anzusehen); gafole II 251, 35. 280, 7; gauoltininga II 241, 30;
gauolbcerer (= -bceres) H 241, 27; gauolmcede ebda. z. 28; gauol-
wyda ebda. z. 29; hafoces III 519, 26. 520, 10; hafeces 11 444, 19
Aa/ocÄKwcIII204,21; hafocwylleI2i3,S4; hafuclilinceIb45,U
afocanlea II 296, 27 ; hafucalras II 76, 27 ; hafucford 11 77, 18
apoldre U 242, 18. 357, 27. 413, 3. III 164, 21 ; awceldran (Schreib-
fehler) I 229, 11 ; apoldran II 303, 35 ; apeldran IV 34, 13, 93, 3;
apelduran IV 90, 25; dpoldre II 413, 3. III 651, 24; mapolder
II 242, 12; mapoldrastoc III 292, 25; mapoldreget IV 108, 23;
fald III 349, 24 ; falde ebda. ; Faleölea K HI 203, 31 ; wifiling-
falod II 368, 1 ; stodfald HI 141, 31 ; (eesfald III 349, 29 ; wudu-
faldan II 529, 32; gagolmor III 8, 13; gagelbroce II 532, 14;
geöafuncge IH 432, 2 ; geÖafuncga ebda. z. 33 ; geÖa fange TL
280, 10. III 306, 2 1 ; geöafiunga K UI 359, 33. 36] , 1 ; gestadohde
II 262, 6 ; Afonos (ne. Avon, flussname) K III 229, 25 ; afene I
545, 4 etc.; afenan 11 409, 24; Äfintun III 292, 17; Äweltune{s)
1 541, 1. 542, 20. 543, 39; Äultune 1 542, 19; Cateringatun K IH
363, 10; badecandcene (vgl. Baduca OET s. 472) HI 632, 27
{bedecanlea HI 632, 17 beruht vielleicht auf suffixablaut);
hadaca lea (wegen des Suffixes vgl. OET s. 471 Cadaca)
IV 108, 30.
Anmerkung 1 . Mit cegefceles H 208, 6 sind zu vergleichen
ähnliche formen in den ältesten glossen. Hierüber vgl. man
Ch. S 0 E s. 135 f ussnote, dessen erklärung vielleicht das rich-
tige trifft. Vgl. aber auch Sievers, Zum ags. Vocalismus s. 23.
Anm. 2. Hinsichtlich des Stammes al{p)r bin ich unsicher.
Belege sind häufig: alr II 171, 34. IH 355, 30; alre II 171, 34.
355, 31 ; alrford II 172, 5; alarsceatces I 548, 16. III 460, 36;
alorbroce II 74, 19; alercum II 243, 16; alerburnan II 358, 36;
Alresford 1 148, 8 etc. Sweet setzt das wort mit kürze an,
Kluge und Lutz dagegen, an ein got. *ailiza anknüpfend, mit
länge. Der vergleich mit ne. alder kann nicht entscheiden,
denn alder kann ebensogut auf länge wie auf kürze zurück-
▲nglia N. F. XIII. 27
410 B. A. WILLIAMS,
gehen, man vergleiche ne. all < me. all zu aws. eall, und ne.
aldernian < me. äldertnan < spätags. äldorman{n), [Morsbach,
Gr. § 57 c).]
Anm. 3. Hier erwähne ich das lehnwort apostol II 163, 4
etc. und die eigennamen üagenan (vgl. Hagana, Kent. Urk. s, 4)
1 148, 14; Harold IV 104, 6. 105, 5 etc. Das häufige Adulf
scheint eine blosse Verkürzung von JEÖelwulf zu sein (vgl.
unten § 2 anm. 7). Auch gehört hierher wohl Hafunt III 415, 25.
K ni 203, 29, wenn man nach dem von K im index (bd. VI)
angeführten ne. Havant urteilen darf.
Anm. 4. Das nur in einer Urkunde vorkommende grafet
n 358, 4 ; grafette I 357, 25. 358, 26. 27 ; grauet ebda. z. 24,
wird von Sweet mit kurzem vokal angesetzt, dagegen von
Leo als deminutiv zu grdf bezeichnet. Dementsprechend weicht
die bedeutung bei Sweet von der bei Leo ab.
Anm. 5. Das einmal belegte taregan E III 363, 12 hat
vielleicht svarabhakti-vokal. Es scheint überhaupt nur hier
und an einer anderen stelle vorzukommen. Leo vergleicht
ahd. an. targa.
b) vor ursprünglich palatalem vokal einer ableitungssilbe :
Die beispiele beschränken sich auf die mit ^Öel- gebildeten
eigennamen, statt dessen häufig Adel erscheint. Dies beruht
wohl auf latinisierung, vgl. unten § 2, II, a).
c) vor gutturalem vokal der casus- oder tempusendungen.
1. Plural der a-stämme : dagas U. 410, 38 ; dagum IV 51, 21 ;
dagon ITC 501, 22 ; gangdagan II 208, 1 ; ganddagan U 241, 84;
fata II 583, 22 ; Baöan HI 432, 6.
2. o-stämme: ns. lacii III 6, 19; landscaru K III 338, 4;
hurhwaru VI 207, 24; gpl. fyrdfara IV 51, 18; Meonwara I
548, 19. n 460, 40; citwara III 176, 20; iwtoara H 412, 36.
K m 176, 8.
Anm. 6. Das leider nur einmal belegte fearnbraca H
295, 41 acs. scheint mir auf einen nominativ -bracu zurück-
zugehen. Hierzu würde ne. brake stimmen.
3. w-stamm : HaÖored I 48, 8.
4. n-stämme: ns. haga III 305, 30; fiduscaga 11 76, 27;
wyrtwala II 494, 21 ; haredene lU 356, 9 (vgl. haretcffrt St.D.);
haranwylle (ne. Harewcll K VI Reg. s. 295) HE 446, 19 ; wara-^
wylle (Schreibfehler) in 446, 1; casus obliqui: hagan pasaim,
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8IS. 411
scagan 11 379, 7. 442, 35. 444, 15 ; torscagan IL 291, 7 ; cirscumbe
hracan HI 655, 32; wyrttvalun K III, 219, 6; schwache dekli-
nation der adjektiva: blacan 11 74, 15. 81, 3 etc., smalan passim.
Anm. 7. Vielleicht zu 3. oben zu ziehen ist lagan II
409, 40. 41, wenn dies mit lagu zusammenhängt, das von Sweet
als nur in der poesie vorkommend bezeichnet wird, üebrigens
Hesse sich an einen Schreibfehler für hagan denken, l statt h
ist sonst nicht unbekannt, man vgl. on gehrilte (geryht) HL 476, 22.
5. in der verbalflexion : togehagaö IL 207, 29; magon IV
76, 19; magen 11252,3.
Anm. 8. gehafod in 501, 23 vermag ich nicht zu deuten.
d) vor palatalem vokal der flexionsendungen : In der flexion
des Singulars der ö-stämme steht gewöhnlich a infolge von aus-
gleichung mit dem nominativ (hierzu Ch. SOE s. 61): getale
K III 362, 1; geantalce HL 172, 19; hregltahe II 410, 30; land-
scare III 227, 27; lace II 568, 30. 596, 36. 341, 21. 22 etc.; Idee
II 341, 21. 596, 35; foslace II 533, 26. III 177, 31. 498, 19;
wudalace III 655, 30; saec III 416, 9; earaee VI 169, 16. Es
kommen noch eine anzahl beispiele vor, wo a statt os in der
flexion des Singulars von a-stämmen steht. Diese führe ich
nachher unter os an.
Anm. 9. dicwale (acsf.) III 106, 5. 227, 30 lässt vielleicht
einen nominativ dicwalu erschliessen, den ich jedoch in keinem
der Wörterbücher finden kann. Vgl. aber weallwalan Ruine z. 21.
II. Vor ursprünglich doppelter konsonanz: Nach der ge-
w^öhnlichen regel geht wg. a in geschlossener silbe ws. in cb
über. Neuerdings jedoch hat Chadwick (SOE s. 31) bezweifelt,
ob diese regel fürs ags. überhaupt richtig ist in dem falle, wo
wg. a vor doppelter konsonanz steht, und das gegenteil durch
beispiele aus dem Liber Vitae zu bekräftigen versucht. That-
sächlich begegnen auch im ws. eine menge beispiele, wo a vor
verdoppeltem konsonant auftritt. Nach Bülbring AB IX 92
und Sievers, Zum ags. Vokalismus s. 16 (vgl. auch Kaluza, HLst.
Gr. s. 98, 8) ist die erhaltung von wg. a an dieser stelle durch
das Vorhandensein eines gutturalen vokals in nächster silbe
bedingt. Dazu stimmen fast durchgängig folgende beispiele
aus unserem Codex: ahhod I 544, 7. III 107, 2. 416, 18 etc.;
abhodes LI 304, 29. 305, 4. IV 234, 3 ; abbode LIL 416, 30 ; Ab-
bodestun K III 203, 27 ; abedesse HL 416, 20 ; hassue m 223, 25;
27*
412 B. A. WILLIAMS,
catthola(n) 11 81, 10. 79, 3; cattesflot HI 106, 8; habban U
282, 15. K III 353, 10. IV 279, 31 ; habbaf U 162, 25. 208, 5.
K m 362, 31; Acca U 172, 14; Babba U 172, 17; Wadda I
107, 11 ; waddan IV 95, 32 zweimal, K in 337, 30; hagganleage
II 296, 21; Baggaheorge, -an IV 233, 20. 25; Äbbandune 11
238, 14; Äbbaduniensis K III 303, 26; Haccabuma U 206, 24;
hacceburnan ebda. z. 39 ; Jiaccubuman U 207, 4 ; Maccanig II
568, 5 ; Maccanige III 6, 19 ; Maccanice III 5, 31 ; McLcanim
ebda. z. 17; maccanetge II 206, 31; baccangeate 11 304, 18;
bacegeatce 11 288, 11; faccancumbes U 118, 24; pattandene HL
632,29; waccanhamUl 655,21; tcassanduneIU0,5. 11135,23;
wassadicdune IV 34, 9. Eine ausnähme scheint zu sein ((ettu-
canstan IL 94, 23. III 62, 35; dieses wort kann jedoch suffix-
ablaut haben, man vgl. das H E S s. 296 aus ^IMcs Homilien
belegte tcettec-. Hierher gehört auch waxan (inflnitiv) IT 241, 32.
Anm. 10. Taddanleage II 299, 19 ist nicht ganz sicher
wegen Tadanleage II 297, 14. III 407, 11. Möglich ist jedoch,
dass der Schreiber leftztere form an das jedesmal gleich nach-
folgende Bradanleage angeglichen hat.
Anm. 11. Neben Alla H 262, 27 besteht JElla TL 411, 26;
Ella II 413, 22. Ueber diese formen vgl. unter cp § 2, I b).
Anm. 12. Zu habban begegnen infolge von angleichong
an die formen mit regelrechtem ce : hasibbene II 162, 27 ; hebbanne
m 354, 2 ; hcebba (1. s. praes.) IE 432, 23.
Anm. 13. Hierher gehört das lehnwort Ajsser (an. Q/surr)
II 235, 22. 241, 13 etc.; Atsere VI 121, 22; wohl auch baüestran
(lehnwort?) II 494, 14. stacginwicum IL 485, 32 ist wahrschein-
lich zu einem eigennamen Stacga (vgl. alem. stacco, stacko)
zu ziehen. Auch zu beachten sind Saggelord VI 122, 3. 4 und
Cwattes (gs. Ortsname) K III 363, 16. Oder wäre vielleicht
ersteres aus Sdgol und ord entstanden?
Anm. 14. Dunkel bleibt crutte bracca 1 515, 36, dazu crute
brace ledge III 478, 9 ; criite brece ledge II 379, 12. Vielleicht
ist zu vergleichen nhd. brach. crut{t)e steht jedenfalls statt
crut(t)anj also eigenname.
in. In geschlossener silbe ausser vor doppelter konsonanz :
Regelmässig in oc m 402, 18. 24. 416, 10 ; arcebiscop K TU
353, 3; arcebisceop IV 76, 12; archebisceop IV 76, 12. 229, 25;
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8I8. 413
statt eines zu erwartenden ce-, in den eigennamen mit JElf
(worüber später), in crafte IV 279, 28 ; sceapwascan m 66, 12.
268, 33; acra (gpl.) I B15, 31 ; blacne (oder zu bldc? vgl. N.E.D
unter black) K m 362, 35 ; Oacseleheal IH 655, 20. 21 etc.
Beachtenswert sind auch fals K DI 353, 22 ; Carcel n 583, 25 ;
Caln(B K m 302, 22 , wovon das erste als französisches lehn-
wort anzusehen ist.
Anm. 15. Zu dem oben vermuteten hracu wäre vielleicht
zu stellen das compositum hracweg n 494, 17. Diese form
könnte dann aus *bracuweg auf dieselbe weise entstanden sein,
wie carfull aus *carufull Aehnlich zu denken ist möglicher-
weise auch die entstehung von walweg I 542, 32. n 208, 18
aus einem waluy das vielleicht in dem oben anm. 9 angeführten
dicwale wiederkommt.
ni. Vor nasalen.
Wg. a ist schon vorlitterarisch an dieser stelle in einen
offenen o-laut übergegangen, da aber im Ws. die bezeichnung
dieses lautes mit o niemals durchgedrungen ist, behandle ich
die einschlägigen formen, der bequemlichkeit halber, gleich hier.
Im Cod. Wint sowie in gruppe 2 erscheint vor nasalen
fast durchgehends a. Der lautwert dieses a ist wohl nicht
ganz mit Sicherheit zu ermitteln, vielleicht darf man aber eine
entrundung des ursprünglichen ()-lautes annehmen, wie Ch. OES
s. 59 es schon für die Epinaler glossen gethan hat. Dass jedoch
dieses a niemals ein dunkles zum q hinneigendes timbre ver-
loren hat, scheint daraus hervorzugehen, dass noch in me. zeit
im dialekt des mittleren Südens ein starkes schwanken zwischen
a und 0 herrscht. Man vergleiche die angaben von Morsb. Gr.
§ 93 anm. 1 über folgende denkmäler, welche örtlich dem Cod.
Wint. nahe stehen : Poema Morale (Süd-Hampshire oder Dorset),
Owl and Nightingale (Dorset), Katherinegruppe , Usages of
Winchester (2. hälfte des 14. jahrh.), Urkunde Wiltshire um
1375 und Urkunde Wilts. und Dorset (1381). Von diesen hat
das älteste, das um 1170 entstandene Poema Morale, stets a,
was jedoch wohl der tradition zuzuschreiben ist, da das nur
50 jähre jüngere Owl and Nightingale schon ein schwanken
zeigt. Die Katherinegruppe zeichnet sich besonders durch das
konstante setzen von o vor nasalen aus.
414 R. A. WILLIAMS,
Die beispiele:
a) vor m bezw. mm: fram I 542, 38. 11 74, 20. 208, 23 etc.;
/rom II 164, 11. 262,14. 411,9; /Jörn H 410, 33 ; /ron 0262, 13;
nam K HI 363, 17. 18; com U 96, 7. 22. 97, 2; Äam H 441, 2;
hamme U 358, 2. 441, 2 etc.; hammas II 492, 18. 19. 495, 23;
hamman ebda. ; cealchammes lU 304, 1 ; widighamme TU 632, 11;
Fernhamme III 410, 4 etc.; turlanhomme U 494, 21; naman
n 96, 1. 163, 3. 4. 7. 208, 2 etc.; einmaliges noman IE 502, 18;
ambra U 289, 26; scamelan II 304, 18; Zamfta» II 141, 31;
Lamhhyrste K III 219, 9; lamhyrsdce II 412, 35; LamhyrsUe
Km 176, 11; Hamerdene 1 148, 32. 554, 33. IH 117, 9; harne-
landune III 166, 30. 167, 1 ; Hamaladuna IV 114, 3 ; Hamelan-
dene K III 362, 36 ; rammaford III 247, 4 ; rammadcene ebda,
z. 5; hramnesctimhes IH 117, 10; hromhmescumbes ebda.; jiim-
beresburg II 99, 26 ; seolforhammene K III 362, 32.
Anm. 16. Sclimerigkeiten machen die composita auf -ham^
denn es ist möglich, dass hier hdm und hamm zusammenge-
fallen sind. Vgl. langham II 504, 22 ; Embresham Hl 349, 1 ;
TTcBcAam m 432, 8 ; Cocchamebi,; Wealtham TU ill,l. Ebenso
schwer zu bestimmen ist Hamtiinsdre 1 544, 7. 11 300, 30. UI
172, 25. IV 170, 25; Homtune 1 543, 11; Omtune I 548, 29
wegen ne. Hampton.
Anm. 17. Hamele (personennamen) 11 293, 26 ist keine
sichere form, da in derselben Urkunde zweimal Hemele vor-
kommt. Hamele ist auch ein flussname gewesen, wie aus einer
anderen quelle (Ms. Cot. Dom. A XIV f. 72 b, siehe n 247, 1. 2)
erhellt; vielleicht sind die oben angeführten composita zu
diesem Hamele zu ziehen.
b) vor n bezw. nn: man 11 162, 28. 207, 26. 241, 33 etc.;
man IH 306, 28; ma7in K III 360, 6. IV 76, 18. 233, 10. 18;
mannes I 544, 3; maymce IL 493, 14; manna II 162, 27 etc.;
mannum III 106, 40. K UI 361, 3. IV 76, 8; manningstan TU
349, 24; Mannws bricge IV 96, 5; ealdorman K HI 203, 4;
ealdermannces II 63, 35; aldcermannces II 135, 25; cypmanna
1257,14. n 303, 22. in 66, 16; 6?odcwan K IH 338, 23; 5«-
mannes IV 170, 26; Heremannus IV 96, 24. 103, 34 etc.; da-
gegen erscheint o in diesem stamme : mon n 96, 11. 282, 10.
289, 25. m 8, 19. K III 361, 30; mon II 252, 6. IH 183, 18 ;
ann (sing, praet.-praes.) K III 360, 2. 14. 25; geann 111416,30 etc.;
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 415
an m 432,22. K HI 360, 9; gean TU 106, 34. 432, 18 etc.;
gedn III 432, 3. 14; lanan (acs.) IH 141, 32; waniungce U
282,24; gewante II 410, 37 ; wanige U 411,2; gewonian HL
183, 19; manig IV 76, 18; manega III 227, 32; wanwcege 11
485,18; tvantvyllII3b4,27] wdnwylle ehia.,; uuonhlinc II 94,9]
tvonhlinc ») II 549, 26 ; woncumh 1 542, 23. 11 208, 10; wonbroces
III 277, 31 ; cranwylle III 446, 24. 607, 15 ; crammcere H 304, 30 ;
sivonlcagc III 519, 28. IV 93, 4; swonlege ebda.; swondcene ebda.
Z.2; stcomveg III 519,28; Bananwylle U 273,18. DI 501,4.
502,11; JBanet(;?7/an III 404, 1 ; Hanningttin lY 26,22; Hanitune
IV 27, 4. 28,3; lehnwörter: JfawneZ II 136, 8; iJfancan^ II 380, 10;
Daniel III 157, 28 etc. Eine Sonderstellung nehmen ein die
praeposition on, der ac. s. m. von se, die conjunction Öonne und
das adverbium Öanon, Mit diesen Wörtern hat es folgende
bewandtnis: on weicht von dieser norm fast nie ab, an steht
nur an folgenden stellen: 1174,21. 242,17. 243,32. 448,7.
549,28. 111176,13. 227,24.268,29. 416,28.432,1.11. KIH
338,9. 223,25. 336,29; angerihta Ib42,21', angerihtra II 207,8;
and = an III 157, 16. 607, 21. K III 238, 28 ; en = on II 440,37.
Öonc erscheint als öanc nur in folgenden fällen : I 542, 25. 32.
548,:i 1180,4. 96,26. 208,12.18. 297,35. 304,15. 111117,12.13.
303, 35. 446, 20. 29. 519, 32. 520, 5, fehlerhaft statt des dativs
VI 122,5; Öan KIII 302,13; danan I 539,32; Öane kommt
22 mal, Öene 4 mal vor, diese form gehört aber nicht hierher,
s. unten § 2, II b) ; das Verhältnis wäre somit 20 formen mit
a gegen mehr als 300 solche mit o. Öonne ist mehr als 370
mal belegt, darunter 11 mal Öcenne, zweimal Öenne und zwei-
mal danne, nämlich III 432, 24. KIH 172, 33. donon (hier
nehme ich bloss rücksicht auf die tonsilbe) ist häufiger als
öanon. Nach meinen belegen gestaltet sich das Verhältnis
wie 280 : 193. Sonderbar ist jedoch in bezug auf dieses wort
die thatsache, dass es in den nach 975 datierten Urkunden
sehr selten zum Vorschein kommt, obwohl die belege bis dahin
überaus zahlreich ausfallen. Nach jener zeit ist auch das
allgemeine Verhältnis umgekehrt, da Öanon mit 25 : 3 belegen
sehr stark überwiegt. In Urkunden des 11. jahrh. finde ich
das wort überhaupt nur viermal gebraucht.
Anm. 18. Hierher gehören wohl folgende formen: wannan
^) Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass dieses wort zu tcoh gehOrt
416 R. A. WILLIAMS,
1178,32. 81,5; tcanescandüne HI S05,29; jfanka 111655, 34. 35;
cannaendene HI 632, 29 ; Hrani IV 27, 33 ; Vnwana I 48, 9 ;
canuc in 157, 12; canu rih ebda, ist wahrscheinlich statt canuc-
hrycg verschrieben, man vgl. die nächstfolgenden worte.
c) vor gedecktem n.
1. vor n + dental: land, den simplex habe ich gegen
70 mal mit a notiert, o kommt vor in lond U 282, 25. IH 402, 14.
502,13; londes Ib42, 20. H 163, 22. 208, 7. 282,7.22; lande I
515,14. 11252,14; composita: landgemcero passim; landscaru
K ni 338, 4 ; landare II 583, 11 ; landhoc U 293, 25 ; landmearce
11358,35; er^anrf65 1 118,26; beodland II 410, SO; Iglandces
11410,28; Portland lY 229, 17 ; fostorlande 111402,26', med-
land 111520,12; o erscheint in londgemero 11494,11; lande-
gcemere ebda. z. 14; Ceoligland Hl 412, 18; hand U 96, 14.
m 432, 27 etc. ; handa III 501, 19. IV 51, 28. 76, 9. K IH 353, 10;
handsex III 432, 12 ; himdsetana (Schreibfehler) 11 280, 10 ; norff-
hand II 485, 31. Statt der conjunction und Vorsilbe and er-
scheint meistens das bekannte zeichen ] ausser bei K, der es
gewohnheitsmässig auflöst, ond als conjunction finde ich nichts
wohl aber onheafda TU 520, 8 ; onheafdon ebda. z. 9, ondlanges
n 494,12; onlang HL 145,25 gegen endlang Hl 145,27.30;
andlang passim; andheafda(n) 11163,23. 549,28. 596,35 etc.;
handheafdum II 485, 34; anheafdan H 596, 35 ; andesware K HI
363, 30. 36 ; standan K III 364, 5 ; standaä H 163, 7. IH 306, 23.
Km 176,6; standadH2b2,8. 290,17. 295,35. 412,24; stände
H 96, 25. III 106, 40. IV 76, 9; stondan K m 361, 26 ; stände
K m 362, 30; brandes K III 362, 21; sandlace H 56§, 34;
sandlice ebda. ; gandran II 291, 7 ; Ceolbandingtune K HL 203, 21 ;
Burbrand K HI 362, 18 ; randaford H 410, 4.
2. vor n + guttural: Dances 1196,25. Km 362, 6; Sance
III 416, 25 ; dancodon II 96, 23 ; dancige K III 363, 29 ; manccBS
III 416, 25 ; mancussa III 502, 7. 8. K III 360, 10; nuindcussa
K m 360, 7 ; mancusa{n) III 432, 10. 12. 16. K IH 361, 19; man-
cosun 11583,21; sancte H 208,2 etc.; cancheler IV 229,26;
lange H 357, 24. m 607, 17. IV 45, 20; langan H 291, 11.
297, 33 etc.; langsumun HL 501,24; langport m 176,6; lang-
gan hamme IV 90, 16; niöerlangan II 460,25; t4^estlangan TJI
106, 1; eastlangan ebda. z. 5; andlang (gelegentlich -langes^
langan) passim; zweimaliges o in andlong II 494; 12; ondfanges
DIB VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIENSI8. 417
ebda.; furlang III 446, 26. 607, 17; furlanges II 71, 13. 262, 20;
fiirlange K III 172, 30; hangran II 291, 3. 304, 16 etc.; (bs-
phangran 11 295, 35; dchangran II 298, 2; mearchangran II
485,28; brochangran 111305,20; clophangran 11118,27; cep-
phangran 11291,2; cadanhangran 111305,24; gangdagan II
208, 1 ; ganddagan II 241, 34; simbganges II 262, 20; embegang
VI 135, 14; verbum: gange II 290, 13. III 106, 39. 501, 20 etc.
gangan IV 280, 1 ; dgangen II 41 1, 9 ; agangene III 502, 16
onhangodce II 413, 1. KIII 176, 13; befangan (ppt.) VI 207, 17
Ongol Saxna II 410, 27. 411, 12; stranga II 282, 13; tidmngam
II 290,11; tidsongum ebda. z. 7; flce^c]fnangere VI 135, 17;
flcescmangara ebda. z. 18; frangsingcecer (?) III 268, 29.
Gruppe 2.
Zu I, II, III oben: falde II 284, 35 ; mfilingfalod II 364, 5;
apeldran II 436, 42; mappeldre- II 448, 12, 16; afene III 3, 30;
Harold IV 106, 5 ; dagas II 366, 21. 367, 11. 15 ; Citware Harl.
Ch. 43 C 8 ; haga III 100, 4. IV 105, 14; hagan II 364, 5 etc. (4),
smalan II 436, 32. 448, 1. III 3, 38 ; blacan II 364, 8 ; [h]acan
penne II 448, 7 ; lace (acs.) III 3, 30 ; saka Cot. CL X 17 ; habban
ebda. ; habbene II 366, 24. 367, 1 ; hcebbene (Cod. hebbcene) II
367, 17 ; yl/^er Harl. Ch. 43 C 8; bacegeate II 284, 34; Carl IV
106, 7 ; Hardacnut Harl. Ch. 43 C 8 zweimal.
IV. (Bt Hamme II 363, 17. 366, 14 ; beotvanhammes II 364, 6;
sealtham und -hamme II 448, 4 ; lamba II 448, 10 ; nama, fram
zweimal. Cot. Ch. X 17, ealdormonnes II 284,38; hcereman Cot.
Ch. X 17; an (1. s. praes.) II 366, 19. 25. 367, 2. 3; an (praep.)
passim; einmaliges an 111100,4; dbnne passim ; (föne II 364, 3.
436, 32. 33 etc. (kein ffane) ; äonan II 284, 37. 436, 37 ; äonon
11284,40 etc. (9); äanan 11436,41; ädnan IV 105,9; äanon
11284,29; and (conj.) IV 105, 10, Cot. Ch. X 17 dreimal; an
= and Cot. Ch. X 17 zweimal, landcs II 336, 14. 19. 25. 367,2.4;
landboc III 298, 21 ; landgemmro II 447, 28. III 99, 31 ; -land
II 448, 9 ; 'landes ebda. z. 12 ; andlang IV 105, 5. 6. 8. 11 448,
7.8.14.15, HarLCh. 43 C 8 viermal; anfenjf II 448, 13. 1113,35;
ondlong II 363, 27. 364, 1. 4. 9 ; handan Cot. Ch. X 17 ; langan
II 364, 11; furlanges II 448, 5; hangran 11 364, 4. 11; scyU
hangran II 448, 2; andlang passim; ondlong s. belege oben.
418 R. A. WILLIAMS,
§ 2. Aws. ce.
Aws. OB wird im Codex durch cb , e und gelegentlich a ')
und ea vertreten. Die ea, die übrigens ganz sporadisch auf-
treten, müssen wir als ausätze zu dem me. gebrauch ansehen,
wonach in den nördlichen dialekten ea häufig einen ceAaut
vertritt (Morsb. Gr. § 98 anm. 2, HES § 642). Durch diese
buntheit in der Schreibung sticht der Codex sehr von gruppe 2
ab, die fast nur ce kennt. Hier begegnet e tur ee (das zweifel-
hafte bece ausser acht gelassen) nur in einer Urkunde : C. C.
X 17, die auch die jüngste, und in manchen stücken von den
anderen in derselben gruppe verschieden ist Innerhalb des
Codex selbst stimmt der Schreiber X (vgl. einleitung HI und
anm.) zu gruppe 2, denn er setzt ce für etymologisches ce fast
konsequent; die wenigen fälle, wo er dafür e bringt, zeichne
ich im folgenden durch setzen eines Sternchens vor der Seiten-
zahl aus. Im anderen teil des Codex herrscht ein starkes
schwanken zwischen ce und 6, ein merkmal, das ja auch für
die meisten handschriften aus dieser epoche charakteristisch
ist. Von einem schwanken im lautwert kann jedoch nicht die
rede sein; das w blieb im Süden im gegensatz zum Mittel-
ländischen noch me. erhalten. Es handelt sich wohl bloss um
eine Schreibergepflogenheit : Das setzen des einfachen a-zeichens
statt der komplizierten ligatur wird zur mode. Immerhin
kann man im Codex gewisse tendenzen beobachten. Häufige
Wörter wie cet, äect, Öces bewahren grösstenteils die traditio-
nelle Orthographie. Vor einfachen konsonanten ist e häufiger
als vor konsonantgruppen , und vor palatalen konsonanten
(e, g) häufiger als vor anderen. Gewisse stamme scheinen
sich enger an die neue mode anzuschliessen, als andere, so
z. b. degy bec (dies vielleicht von bece beeinflusst), sied, aieö
und der simplex peöy bei denen sich das e besonders fest ein-
gebürgert hat. Es ist möglich, dass hier eine leise neigung
bestand, die Orthographie zu gunsten der einen Schreibweise
zu regeln. Merkwürdig ist der Wechsel zwischen überwiegen-
dem e in ns. sied, pedy sied und a in den casus obliqui : slad€{8\
paöe{s)y staÖe{s), Hier handelt es sich wohl um Verallge-
meinerung des a aus dem plural.
') Vgl. § 1, m oben.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 419
I. ce in geschlossener silbe.
a) Vor einfachen konsonanten.
1. Vor gutturalen : dflBöfI544,3. 11290,14. 296, 32 etc. (11);
dceghtvamlice III 402, 22 ; deg 1 544, 3. II 162, 26 etc. im ganzen
15 mal (worunter zwei belege bei X , nämlich II 282, 5. III
172,12); degfeorme K III 362, 25; messedeg ebda. z. 26. K III
363,31; hcec IV 103,5; hcec III 655,37; heowhcBC III 176,16;
hec II 379, 6 ; heowbec III 655, 32 ; mceg 3. s. III 227, 33 ; tosprcec
1. s. ind. praet. II 583, 29; Bcecham III 432, 8.
Anm. 1. Hierher zu ziehen ist wohl Dregtune 1 148, 34.
III 116, 9. 117, 12 ; dreigtune 1 555, 1 ; vgl. ne. Brayton und die
composita mit Drccg- bei K. bd. VI index s. 280.
2. Vor dentalen : cet passim ; et nur 1 545, 5. 7. II 299, 19.
1115,3.5. 398,38. Kin301,6. 302,3. 304,21; aMII117,ll;
dcety det passim, in den Urkunden bei B. ist Öcet viermal so
häufig wie äet, bei K. überwiegt äcet noch viel stärker, da er
die häufige Verkürzung dafür (p) in diese form auflöst; fces,
des passim, die traditionelle Schreibung verhält sich zu des
wie 3:1; das (= dcBs) III 432, 3 ; hwcet II 96, 23 ; lochwet IV
51, 19; hw(BS ebda. z. 13; wiÖigslwd II 171,33. 111227,30; sied
II *409, 37. III 296, 24; wiöigsled II 171, 32. 504, 25; wiöisled
11441,5; bitansled 1540,6; headdantunesled 11533,30; bitan-
sleö II 135, 24; llullansled II 171, 35; mörsUd ebda. z. 33; fugel-
sied m 520,4; peÖ II 164,15. IU356,5; stodped III 203,22,
kein pced^ einmal päd II 357, 30 ; letzteres wort ist als zweites
glied des compositums herepced bekanntlich einer besonderen
entwickelung unterworfen gewesen. Unter dem einfluss der
unbetontheit und in der nachbarschaft des labials ist (b hier
in a > 0 übergegangen. Das a überwiegt zwar stark, aber
die beispiele mit o weisen deutlich auf eine Verdunkelung und
rundung des ursprünglichen lautes: her(ey bezw. h(Br{e)pad I
540, 1. 545, 6. II 135, 19 etc. etc.; hearepod II 382, 14; h€rle)poä
II 488, 7. 504, 14. 22 [weitere beispiele auf o siehe unten II b)] ;
cwceä K III 353, 8 ; bcecwceä III 172, 8. 18 ; b(BCweä III *172, 7 ;
bcecwed ebda. z. 11; sted 11242,30; steä ebda. z. 19; weststeÖ
111273,31; w(BS 1196,11.14. 135,22. 163,6 etc. (14); noss II
282,17; M?a5 n290,16. KIII353,12; M;e5 H 252, 7. 9. 262,9.
290,14 etc. (11, worunter ein beleg bei X: III 172,11); wes
II 252, 9. 280, 5.
420 R. A. WILLIAMS,
3. ceh in (jelmihtig(es) II 80, 3. 296, 30. 410, 35. HI 402,
16. 19.35; celmihtige II 290, 8. 12; celmeahtiges II 163, 3; eh
mihtigiiie) K III 364, 12. IV 52, 6; nwMöfum VI 136, 13, und im
lehnwort celmesse KIII 203, 9. 362,28; celmessan II 282, 21.
K III 362, 30 (hierzu vgl. Pogatscher § 64).
b) Vor konsonantgruppen.
1. Vor doppeltem konsonant: trrcBcoena II 494, 20 ; (lad-
dceres) scecdnge II 94,9; sccxcinge II 549,26; (Bcces (vgL CBcd
OET s. 477) KIII 172,36; tc(ecces') 11242,9; boBCcefunian lY
27,15; mceccanfer II 77,13; cceccam wwl II 206,34; FrcecccBn-
dune KIII 252,29; gcecgcs (vgl. geaggan treow KIII 215, 80)
II 485,16; h(ebbe II 208,6. 282,3 etc. (10); hebbe U 252, 12.
III 6,23. *172, 15 etc. (11); tceppeleäge II 288,9; CBppenlega,
hceppenlege K III 219, 3 ; Eppelhyrste 1 257, 30; JSUa II 411,26;
Ella II *413,22; AUa II 262,27; ^ffa II 172,22. IV 35,2;
Effanhamme KIII 172,34; sceffanmor KIII 215,20.33; {ettan-
wenn II 533,27; ätanpcen III 177,32; ettapenn ITL 498,20;
hier erwähne ich die wenigen formen von äonne [vgl. § 1, III b)],
die (B aufweisen : dcenne II 289, 24. 296, 34. 412, 28. 29. 81.
413,1.5. 549,25. KIII 175,35. 336,26; (fenna KIH 175, 33;
ifenne II 280, 7. *412, 27 ; zur entstehung ies cb < lat % im
lehnwort nKBSse (belege: mcesseprestes II 163,2; MasssanwffrOcs
K III 360, 17 ; messedeg K III 362, 26. 363, 31) vergleiche man
Pogatscher § 77, § 80 ffg.
Anm. 2. Von ^ffa jedenfalls nicht zu trennen ist asHh
banmore III 650, 13 ; ebbanmor ebda. z. 11. Der Wechsel ff — hb
ist in unserm denkmal nicht unerhört, man vergleiche Vbba
II 207, 12 mit Vffa II 235, 34. 244, 28; Vfa II 235, 20. Zu
JtJbba zu stellen wäre dann wohl Ebincgtuun II 235, 6 ; Ehineg-
tune II 234, 28. In demselben Verhältnis wie JEffa zu ^bba
stünde dann vielleicht Hcefa 11457,19; Hefa U 413, 22; He-
fesylüng III 412, 18 zu Hebbeshamm II 171, 28. 2)
Anm. 3. Die beurteilung der stamme mit m vor doppeltem
konsonant bietet zum teil grosse Schwierigkeiten, zumal da
1) Vgl unten anm. 4.
*) Diese gleichung wird jedoch dadurch etwas zweifelhafter gemachti
dass in gruppe 2, in welcher sonst cß mit e nicht wechselt, Hefa H 864, 8$
vorkommt.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 421
Öfters neben den formen mit (ß solche mit a bestehen. Man
vergleiche folgende Wortpaare (die belege für die a- formen
s. § 1, II): Acca — (Bccesy tcaccanham — wcecces, baccangedte —
bceccefuntan , Alla — ^lla, Abbandune — cebbanmor, JEffa.
Femer tritt hinzu wassandune — wassandune II 135, 23. Be-
achtenswert ist sodann der Wechsel zwischen schwacher und
starker flexion , z. b. ^lla kommt auch im Liber Vitae vor,
daneben begegnet JElli (Ch. SOE s. 31); Sweet OET s. 551
belegt auch aus dem Lieber Vitae ein masculinum Ebbe, das
kaum von JEbba trennbar ist, daneben besteht ein weiblicher
eigenname ^bbe, der ebenfalls in den kent. urk. vorkommt
(vgl Wolff s. 1). Ferner darf man wohl neben Acca — oecces
auch Hcefa und Hebbesham in betracht ziehen, sowie gcecges
und geaggan. Ich mache hier auf diese Schwierigkeiten auf-
merksam, ohne vor der band eine lösung vorschlagen zu wollen,
neige jedoch zur ansieht, dass ein erklärungsversuch die von
Kluge (Stammb. § 12, § 14) dargestellte Wechselwirkung der
zur bezeichnung persönlicher wesen dienenden ja- , jan- und
an -Suffixe zu berücksichtigen haben würde.
Anm. 4. Zu wcecces oben ziehe ich Wceclmm III 432, 8 ;
wcechingastrcet III 650, 18; woecha hric IV 27, 6; weca hric ebda.
Das ch von wcecha deutet wahrscheinlich auf cc in der vorläge;
Ä f ür c ist sonst nicht unbekannt, vgl. hlinh III 296, 29; buchan-
forda II 74, 23 (statt Buccan-).
2. Vor 5- und /"-Verbindungen : cesc II 367, 27. 413, 2. K m
176,14; ^scÄ 11444,13; cesce HAU, 12. K III 199, 31; (escce
11413,2. KIII 176, 15; wgscce II 444, 14; composita (ich gebe
nur je einen beleg an, ausser wo e für a eintritt) oescstede I
546, 27 ; (escdcene II 409, 41 ; cescstybb III 305, 36; (ßScwyllcB III
141,29; cescfald 111349,27; cescforda 111227,29; (BScholt(ßS II
77,9; J?5c/brda III 227, 12 ; esc/brtf III 655, 22, wohl fungiert
es als eigenname in JEscesbyrig II 93, 21. 94, 7 etc.; einmaliges
Ascesbyrig 11549,24; ^scesdune 11583,23; cescesslepford III
632,21; an eigen- bezw. Ortsnamen auf -^"sc erscheinen: ^sc-
mere II 118, 16; Escmer II *118,6; EscnieresvoeorÖ II 409,3
^scburgce I 229, 19; JEscbryht U 342, 19; Escbyrth II 359, 14
^sclieard II 71, 20; ^sculf II 457, 22; JEscar lU 172, 23
Escwig 111477,1; hcesl 11413,4; hcesle ebda.; hceslwriÖ(e) II
358,3.4; JiCdslhille 11 Qb8,S; hcBselhoU U 460,4:1] heslea U
422 R. A. WILLTAMSy
164, 15; hesleabroc III 446, 24. 606, 15; fcestan KIH 219, 4
zweimal. IV 51, 33; festcen III 632, 19; staOelfest IV 262, 6;
faestan (subst.) I 515,21; faestenes ebda.; festcengewceorccB 11
*410, 34; fcstergeweorc II 252, 6; fcestergeat III 632, 14; ge-
fastnode II 96,9; gefcestnedce II 411,13; gpfestnod II 96,30;
cesphangran II 295,35; ^pshangran III 305, 21 (hierzu (Bpp-
Imngran II 291, 2 Schreibfehler?); epsgweg IV 90, 18; sceqp-
wcesce III 268, 26 ; sceapwofscan 1 257, 10. II 296, 24. 25. 303, 18.
III 268, 33; sceapwescan II 303, 18; sccepwescan III 66, 11;
mcestm III 8, 20; aefter 1 544, 3. 4. II 80, 7.9. 96,5 etc. etc.;
ceftre III 172, 10; ccftergenga III 402, 13 und in versch. casus
obliqui ebda. z. 8, 13, 17. VI 207, 9; efter II 280, 8. IV 52, 7;
eftcer III 417, 2; eftergenga KIII 353, 24; efterfyliendra IV
51, 25; sedrucrceft III 183, 19; hcefd II 282, 13. 530,2 etc. (7);
(est (statt hcefst) II 282, 8; eefed (statt hwfd) I 544,10; heaf/f
III 172, 27 ; hcefde II 96, 23. 252, 15 etc. (8) ; heafde H 96, 18 ;
Ufde K III 353, 6. 21 ; n(efde III 416, 10; hefde K III *198, 37.
353, 25 ; hefd IV 261, 27 ; nefde ebda. z. 5 ; lueddan K UI 238, 24.
Anm. 5. Zu assc wäre vielleicht zu ziehen ceses beorge TL
241, 37 ; Schreibfehler ?
3. Vor anderen als den genannten konsonantverbindungen:
gcershmes II 135, 20. 21; gerstunes I 540, 3; horsgerstun IV
108,19; garstunces Ib'iO, 2; beoddcern 11296,35; heoÖeem U
262, 13 ; hcddarn II 207, 28 ; hceddern II 208, 3 ; sUpern H 262, 3;
slepcrn ebda. z. 4 ; tigelcernan III 632, 12 ; heer festes II 252, 1.
280,6; Äer/e5^e5 II 241, 24 ; Are^fZ/ate II *410,30; wcena gpL
111296,32; wea'dena III 127, 19. 20; 5a?de II 583, 29 ; forsiBde
II 96, 33 (die letzten drei Wörter haben wohl gelängtes 4b,
wegen ausfalls des g); eigennamen auf JElf- (rfd, heah, rie,
here, sige, heard, nöÖ, heim, wold, wine, tvig, stdn, gyfu, sinus,
gdr, weard und einmal waru: KIII 360, 29) passim, hierfär
begegnen häufig Elf und Alf letzteres wohl durch latinisierung;
ea in Ealfric III 623,23; Ealfivard ebda. z. 25; healfheages
III 651, 23. Hierher vielleicht wocneardes II 529, 22 ; weiMardes
ebda. (= wcegngeardes'i),
II. ce in offener silbe vor palatalem vokal,
a) einer ableitungssilbe : cBcer 11241,28. 242,13. 549,28
oBceras I 229, 10. 543, 3. II 171, 37 etc.; cecera I 282, 19. 533, 26
cekera II 568, 37; cekergeat K III 338, 2; cecersploUea VI 186, 11
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIENSI8. 423
swyrdceceras II 80, 7 ; mcedceceras III 305, 29 ; healfcecer HI 145, 32 ;
oflingcecer III 519, 31 ; dieser stamm weist fast durchgängig ce
auf, e nur in: ecera^ 11358,14; ecera III 177, 32, zweimal a in
kytelaceras IV 96, 36. 37; waster III 416, 28; wmterdellcB III
651,21; W(etcrpytKlliZh%\h\ weterweg lllim.i^', weter-
tceges II 379,16; weter furh II 78, 26; weterseype III 416,22;
tcetergedte 11301,21; Bradanwcetere 11583,24; einmaliges a
in watceres 111303,30; fceder 1196,4. K III 361, 13. 18; fcedcer
111432,29; gefceäeran ebda. z. 15; foröfcedren VI 207, 13; feder
K III 361, 21. 23. 362,12.37. 363,3.5.33. 364,5.8; feöer KIII
363, 31 ; einmaliges a in fader gs. II 262, 7 ; mcegenstan II 94, 8.
549, 25; mcegenstanes III 297, 30; Mcogenstanes I 229, 3. II
436,35; we^5/an65 III 143, 9; mcegenöry mm 111402,16; nur 6
begegnet in fegerhilde forde , -a 147,28. III 5,8. KIII 302, 6;
fegerhyldeforda I 545, 10. II 382, 18 ; JEgelric IV 233, 3 ; ^geles-
byrig 111432,9; mit vokalisierung des g: JEüwine IV 234, 9;
Egelberhti 1199,5; togcedere 1149,2. 555,5; %edre II 492, 19 ;
Ze/eZ III 502, 7 ; ce^m^c II 96, 28 ; tp^eZmc K III 361, 11 ; (BÖe-
lingce III 432, 16. K III 360, 20 ; ceäeles II 358, 24; eigennamen
mit ^öel' {woldy stdn, gar, wulf, nöä, mund, rtc, weard, heim,
rSdy sige, heorht, ferö, geard, bald, heard, heah, hild, fridu, ÖryÖ)
passim, wie bei ^If- so sind auch hier formen auf e und a
häufig; an abweichenden Schreibungen kommen vor AeÖelgar
III 27, 22 ; Eaöelred II 99, 33 ; swceöelinge II 288, 6 ; swasdeling-
wylle [V 95, 27 ; swedcelingford K III 338, 3.
Anm. 6. Statt (b erscheint einmal y in YÖelbeard II 290,
31. Kentisch ?
Anm. 7. Adulf passim, scheint eine Verkürzung von
^delwulf zu sein, man vergleiche ^öulf II 295, 28. Die ein-
zige andere möglichkeit einer erklärung wäre die anknüpfung
an das im Liber Vitae belegte Aäigils, EaÖugils (vgl OET
s. 627), sowie das in den kent. urk. vorkommende AÖugils
( Wolff s. 4) ; ich finde aber nirgends die spur eines frühags.
Adi' oder Aöuivtdf, das eventuell Aöulf hätte geben können.
Wäre vielleicht nordischer einfluss anzunehmen ? Im an. geht
ja bekanntlich die Verkürzung von eigennamen sehr weit.
Ein name Aäulf scheint nordisch nicht belegt zu sein, aber
denkbar wäre dennoch , dass Aöulf < ^Öelwulf seine ent-
stehung den skandinavischen eingewanderten in England zu
danken hätte.
424 R. A. WILLIAMS,
b) einer flexionssilbe : dceges II 96, 21 ; dasge 11 282, 24.
m 432, 16. 172,10.17; dege II 163,6. 252,3 etc. (elf mal, da-
runter zwei mal bei X) ; dvgc II 207, 28 ; gemundedege U 208, 1 ;
einmaliges a in daga (ds.) III 65, 24; slcedes II 485, 16. III 520, 6;
slcede IV 92, 34; lullanslcede 11171,35; bicansclwde 11456,29;
(hlceivan) slcede IV 92, 34 ; riscslcedes II 549, 31 ; sleades 1 515, 18 ;
sledes II 208, 22 etc. (4) ; siede II *409, 37. III 520, 4. K IH
172, 28; widigslede I 229, 1; rahsiede II 206, 36. 494, 19, in
diesem stamm erscheint ziemlich häufig a (vgl. s. 418) : slades I
542,36. 11288,5. 304,20; ^/eZan^Zadcps II 409, 38 ; «fade 11305,2
zweimal. 533, 25. KIII 172,32; pmöe II 357,26. 111355,29;
pades II 357, 26. 31. 32. III 296, 30; paöe II 357, 30. K XU
175,36. 176,6; was schon über her{e)pad gesagt worden ist^
gilt auch selbstverständlich für dessen casus obliqui, man vgl. :
her{t)pades I 47,27. II 208,29 etc.; lier{e)pade I 543,3. 11208,8
etc.; 1^r{e)podes II 367,23. 504,15; her{e)poOe II 171,36 zwei-
mal. 208, 27. 29. III 8, 16; hasce (acs.) III 163, 28; hceces II
163, 23. 379, 9. III 176, 20 ; hoice II 207, 2. 3. 379, 7. 8. IV 34, 14.
103, 5 ; gaferbcBce II 596, 35 ; bcecce III 655, 38 ; becces 0 11 379, 6;
becun III 166, 33; becon III 176, 20; beca II 167, 1. 176, 4;
heowbeces III 655, 33 ; gaferbice (Schreibfehler) II 568, 29 ; steöes
II 242, 19; Stades II 242, 20; weststades III 273,31; staOas II
409, 24; unorganische Verdoppelung des c zeigt unibesasccen (ppt)
11290,13. 296,32. Hier führe ich die formen vom ac. s. m.
von se an, die w aufweisen [vgl. § 1, III b)]: Öcme I 546, 27.
1180,4.6. 96,34. 412,28.33.34.36.40. 413,2.3. 444,16.17.
448,7. 568,39. 111183,14.15. 356,1. KIII 176,16. 336,23.
338, 7. IV 95, 33 ; dem II 382, 34. K III 238, 27. VI 207, 15;
den III 5, 14. Je einmal kommen vor smales II 290, 1 und
blake VI 122, 5. Hierher ziehe ich hnosfes III 632, 17; ostBrcege
VI 134,30; bcedewyllan (zu 6a?(??) III 240, 30.
Anm. 8. Zu bcee lässt sich vielleicht bexean I 515, 24 (aus
bceces + ean^f) ziehen.
Anm. 9. Für einen Schreibfehler halte ich horswaöes 11
77, 10. Der Schreiber hat wahrscheinlich das p der vorläge
mit dem wyn verwechselt.
1) Die beispiele mit e könnten ja zu hece gehören; es ist jedenfidli
nicht ausgeschlossen, dass diese zwei Wörter {poec and hece) sich berOhrt
haben.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WIKTONIEN8I8. 425
Gruppe 2.
dmg II 366, 20. 23. 26. 30 (Cod. deg), II 367, 2. 4. 6. 12. 14. 16
(Cod. deg) ; gemynddceg (Cod. gemynddedeg) II 366, 20 ; ost II
284, 28 etc. (kein et) ; Öost II 284. 30. 364, 3. 4 etc. ; oddcßt (Cod.
det) II 367. 7, nur zweimal det in Cot. Ch. X 17; d(Bs II 448, 2.
336, 14. 19. 25 etc. (kein des)\ sUbÖ IV 105, 13; (bsc II 364, 3.
isomere II 367, 8 ; ^scberht II 365, 16. 25 (Cod. Escberht),
pced II 448, 10; herpaöes ebda. z. 8; harpaÖes II 436, 34; Äear-
pade II 284,35 zweimal; herpodes II 363,28. III 297,29; 5ted
II 448, 15; sl(Bde III 297, 27; widigslcede II 436, 33. IH 297, 27;
slades II 284, 29 ; bece, beces Hart. Ch. 43 C 8 ; hcebbe II 366, 27 ;
JEffe II 367, 10; ^'ff(in II 366, 20. 26. 367, 13. 19; tceppeleage
II 284, 32; moBssepreoste (Cod. messe-) II 366, 20; gearwcestma
(Cod. -tvestma) II 366, 27 ; searncegles II 284, 29 ; Cröp/? II 367, 2;
Acp/i? 111298,22; celmihtiges, elmessan, elmesse, cefter, fcestlice,
stedefest C. C. X 17; mcegenstanes II 436, 35. III 297, 30; ceceras
II 436, 40. 41 ; dcene acs. III 3, 39; fcegerhyldeforda III 3, 34;
f(eder gs. II 366,29 zweimal, acs. 367, 12; fcederes C.C. X17;
swceöelinge II 284, 30 ; eigennamen mit ^del passim, ich finde
kein e, a nur in AÖulf II 285, 29. 34; Ädelwold II 437, 19.
III 298, 14; Adelmund ebda. z. 16; eigennamen Kvi^lf- passim,
nur einmal e in Elfgyuu C.C. X 17, a in Älfwold II 437,17.
III 298, 8. 15. Diese letzten zwei stamme bringen je einmal
ae = CB, nämlich AeÖelstan II 366, 11 ; Aelfsige ebda. z. 12.
§ 3. Aws. e.
Das aws. e sowohl umlauts-6 wie auch = wg. e wird im
Cod. durch 6, (b und gelegentlich ea (= Schriftbild für «) i,
y (u) vertreten.
1. öp = wg. e ist so gut wie beschränkt auf Schreiber X,
die wenigen ce = e\ die sonst auftreten, *) lassen sich wohl auf
die herrschende Unsicherheit in der anwendung des ce-zeichens
zurückführen. Es fragt sich, welchen lautwert diese ce beim
Schreiber X haben. Entspricht die Setzung von ce statt e
einem wirklichen lautwandel im dialekt des Schreibers, oder
haben wir es bloss mit einer graphischen eigentümlichkeit zu
thun? Diese frage wird dadurch komplizierter, dass oe statt
>) Abgesehen natürlich yon fällen wie ^mgrif cefen, die eine besondere
erklärong zulassen.
AngUa. N. F. ZIII. 28
426 R. A. WILLIAMS,
e ungemein häufig (vgl. einleitung III) auch in den unbetonten
mittel- und endsilben vorkommt ; ein umstand, den wir selbst-
redend hier nicht ausser betracht lassen dürfen. Zur beant-
wortung der aufgeworfenen frage wollen wir zuerst ein wenig
näher auf den thatbestand eingehen, a) was die tonsilben^
b) was die vor- und nachtonigen silben angeht.
a) Das (B für wg. e erscheint beim Schreiber X fast aus-
schliesslich an die nachbarschaft von w, r, l gebunden, s. die
belege unten. Dies stimmt zu dem dialekt des Rushworth^,
wo ce für wg. e in etwa der hälfte der fälle vorkommt, gleich-
falls grösstenteils an die nachbarschaft von to und liquiden
gebunden.^) Soweit ich aus Meyers belegen ersehen kann,
scheinen die Verhältnisse bei der P. C. ganz ähnlich zu liegen.
Aus diesen analogien scheint es daher nicht unmöglich, dass
unser Schreiber eine dialektstufe vertritt, auf der e zu (b wurde.
b) Die Vorliebe für ce statt unbetontes e erstreckt sich
bei X nicht oder wenigstens in weit geringerem masse auf
die namen der zeugen. Bei einer durchsieht von zwölf von
ihm geschriebenen Urkunden finde ich unter den namen der
zeugen bloss drei auslautende ce, obwohl eigennahmen auf cyne,
sige, here etc. sehr häufig sind. In dieser hinsieht hat er also
einem bruchteil der von ihm geschriebenen Urkunden eine
abweichende behandlung zukommen lassen. Wäre aber dies
nicht der fall, so könnten wir aus den vielen oe für unbetontes
altes bezw. neu entstandenes e den schluss ziehen, dass es sich
hier um eine rein mechanische verliebe für das ce- anstatt des
6-zeichens handelte. Hätten wir alsdann diese as auf eine
mechanische Schreibergewohnheit zurückzuführen, so könnten
wir doch erwarten, dass sie gleichmässig an allen stellen
auftreten würden, wo ein unbetontes e zu stehen kommt Weil
die thatsachen jedoch anders liegen, müssen wir annehmen,
dass er aus irgendwelchen gründen die herkömmliche Ortho-
graphie der zeugennamen hat auf sich beruhen lassen wollen :
d. h. er hat einerseits absichtlich geändert, andi'erseits mit ab-
sieht stehen lassen. Es scheint mir also nicht ausgeschlossen,
dass wir es hier mit einem versuch zu thun haben, eine
tendenz durchzuführen, die anderswo zu beobachten ist m ffir
^) Auf diese regel für R^ hat mich herr prof. SieTen aufinerkum
gemacht. Vgl. dazu jetzt auch Bülbring, Ae. Elementarb. § 92 am. 1.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIENSI8. 427
tonloses e ist nicht anhäufig in dem anderen teil der Cod.,
einige wenige beispiele erscheinen ebenso im Ms/Cotton Otho
B n der Cura Pastoralis, und eine kentische Urkunde aus der
mitte des X. jahrh. (B. M. Stowe Ch. XXVI, de G. B. III s. 213)
weist ziemlich viele ce in end- und mittelsilben auf , so z. b.
genitivendung -(bs häufig, gectvedwn, weäcer, gerednces, celdcestum,
eallcen dpi., unbesprecam. Es wäre wahrscheinlich leicht, der-
gleichen fälle zu häufen. Diese ce sind alsdann vielleicht dahin
zu deuten, dass sie einen versuch darstellen, einen gemischten
vokal zu bezeichnen, unter den allmählich die alten vollen
unbetonten vokale des ws. nivelliert wui'den: etwa wie im
modernen Englisch eine vulgäre bezw. mundartliche ausspräche
von very, fellow durch die Schreibung verray fellow angedeutet
wird. Diese (b bilden dann vielleicht den Übergang zu dem e,
das in me. zeit überall an unbetonter stelle eintritt.
Wenn wir nun diese ergebnisse zusammenfassen, so scheint
es, dass ein rückschluss aus b) auf a) in dem sinne verfehlt
sein würde, dass die ei-scheinung von a? statt e als bloss gra-
phische eigentümlichkeit des Schreibers aufzufassen ist. In
beiden fällen hat der Schreiber absichtlich cb für c gesetzt,
obwohl in jedem fall aus verschiedenen gründen.
2. ce für umlauts-e ist eine bekannte erscheinung (hierzu
vgl. Morsb., Gr. § 107 anm. 1, § 108 und Bülbring, Ae. Elemen-
tarbuch § 170), die im ags. öfters vor n auftritt^ z. b. in den
Epinaler glossen (vgl. Dieters Diss. und Ch. SOE s. 60); auch
zu erwähnen wäre die hs. Cotton Otho B 11 der Cura Pasto-
ralis. In dem Cod. kommt (b stark zum Vorschein, und zwar
verhältnismässig noch viel stärker bei dem Schreiber X als
bei den anderen, denn es kommt ihm etwas mehr als die hälfte
der gesamtbeispiele zu. Das ce erscheint in allen stellen, ist
aber vor n und r viel beliebter als vor anderer konsonanz.
Einigermassen eine Sonderstellung nimmt das wort denn ein,
denn hier sind die cb- formen die überwiegenden den ganzen
Cod. hindurch.
Anm. 1. Mit obigen ausführungen sind zu vergleichen die
angaben von Hulme § 4, § 9, III über die Vertretung von aws.
e in der ungefähr gleichzeitigen handschrift der Soliloquien
Augustins. In letzterer ist cb = e durchaus nicht unbekannt,
aber doch in viel geringerem masse vertreten.
28*
428 R. A. WILLIAMS,
3. Gruppe 2 fusst, was das e angeht, ganz auf awd.
grundlage.
Folgende sind die beispiele:
I. für e = wg. e: weg passim, composita: mearctvege I
554, 27 ; gyrdweg I 229, 6 ; walweg I 542, 32 ; bracweg II 494^ 17;
cernincgweg II 568, 33 ; tümveg II 495, 24 ; stapolwege II 495, 24
etc., mit auflösung des g: wei 11206,29; stanwei ebda. z. 80;
margtvei ebda. z. 29 ; getncerweige II 207, 3 ; ce erscheint in
wceg II *94,15. *296, 27. *549, 30.32. III *157, 14; tecBges I
*547, 26. II *409, 27. *94, 8. 13. 15. 16. *288, 4. 22. K III *176, 18.
II *549, 25. 30. 32. 33. III *62, 27 ; wcegoe U *485, 26. K UI *176,
18; hrycivopg II *94, 11 ; hryctvcege ebda.; hrucivcege 11 *549, 29;
wcelivceg III *141, 28; byrigwcege IV *27, 7; hrittanwceg und
'Wcege IV *27, 14; einmaliges ea in liorsweages KIII 219, 3
west passim , composita : wesieweard, westrichte II 262, 15. 18
westlangan III 106, 1 ; iveststeö in 273, 31 ; westende U 600, 7
westhlide III 649,15; westmestan III 166,31 etc.; ce in waest
1*548,7. 11*295,40. *413,5. *460,27. *485 , neun mal. HI
305, 27 ; wcestmceste I *548, 7. II *460, 27; wcesterran II *296, 27 ;
wcestran KIII *176, 19; wcestetveardnce II *295, 36; wceste-
weardan K III *252, 32 ; wcestlegce II 206, 35 ; wcestcendce II
*440, 20; ea in tveaste I 515, 25; weasteweardan IV 49, 13
/eZd 147,27. 545,8 etc., composita : /eWden« I 554, 30 ; feU
beorga II 242, 2 ; Forscanfeld I 452, 21 ; Oxenafeld 11 76, 27
weardfeld II 303, 21 ; hcegfeld III 632, 16. 17 ; feldles K UI 338, 3
cp kommt vor in : fceld II *296, 13 ; ticnesfosildu II *288, 8 ; hrom
fceldm II *460, 35; UceÖfoiJda K III *360, 16; Öegen H 96, 38
Öegne 11340,2. 442,2. 493,14. 503,31. 529,2.35. 533,5. 548,
33 etc.; formen mit (b sind sehr häufig und kommen fast
durchgehends X nicht zu: doegne II 378,15. 439,13. 456,2.
*486,33. 111177,6. 203,30. 248,2. 295,24. 446,2. 497,27.
519,2. 175,9. KIII 194,4; scyrdosgenas lY hl,2h\ Jajr» als
zweites glied eines zusammengesetzten eigennamens: WigÖegnus
1516,8; Wigdegni 1543,25. 547,1 etc.; Flegmund VI 271, 29
etc, ; FlemunÖ II 262, 23 ; Fleigmund II 273, 37 ; hehn in eigen-
namen : Helmstanus I 594, 33 ; Wethelmes I 543, 34. 555, 16
Wehhelm I 549,3; Ealhhelm I 549,16; Wulf heim ebda. z. 5
Byrhtelm 1 516, 2; JEdilhelmum II 277, 11 ; Seaxhelm U 359, 29
JtJlfMm II 380, 42; Sighelm II 383,4; Tidhelm II 410, 22
Mealdoslmes III *432, 6; ellene KIII 219, 8; eUmstubip) II
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 429
533.27. III 476,15 etc.; ellestüb HI 607, 11; ellenstubbe lY
122,7; ellestubbe eM,] ellenford lY 103,2; Ellenforda KIII
336,33; ellenforÖ II 291, 2.14. 444,10; Ellandune III 126,20;
cellensiub 111*62,27; cellenstybbce 111*127,23; oellanstubbe III
607,11; j^lkendtme in HS2, 4-, wegeras 11290,2; wederan-
grafe{s) II 442, 35. III 106, 10; wasöcera II *282, 14; ferse (so K,
B liest ferse) II 290, 2; fmrscmcerus III *141, 36; gemet III
501,19; milgem(Bt}LMl''2h2,21; metgeurda 11 262, 20 ; met-
gyrda III 416, 28; emnes H 358, 18.23; emnihte II 241, 24.
252,1. 280,6; oncefen 1542,24. 11208,11. 367,27; setl 1257,
14; seile ebda.; wearösetl 11166,14; drymsetle 11411,3; biea-
setle III 304, 2; hicafed (aus setl verstümmelt!) i) ebda.; wearöseö
III 268, 30 ; weardsede ebda. ; edmeltide 11 289, 25 ; edniwar^ 11
596.28. 381,9. K III 304, 22; geedniwodeKI1120i,12; eferbroc
III 268, 27; efcerescimb UI 632, 19; heiteres U 303, 19; bceueres
III 66, 12 ; swelgend III 227, 28 ; swelgende 11 529, 29. 30 ; ge-
beddredenne II 583,18; medwe K III 215, 31; medwe sice ebda.
Z.32; legerstowe IV 279, 28; selfce 11410,38; seluan 1196,32;
scelf II *282, 9 ; süfne II 96, 29 ; sylfne HI 402, 35. IV 52, 6 ;
himsylf K III 353, 9 ; himsulf ebda. z. 25 (zur erklärung dieser
formen vgl. Bülbring, Anglia Beibl. IX s. 96); medomlice 111
306,30; medeman III 176,17; medemunge III 177,23 zweimal,
niedenmnga II 533, 28. III 498, 21 zweimal; mcedemunge 11
533,28; fela III 432, 13; fala^) (vgl. die von Pabst belegte
form väle im reim mit täte, Diss. § 11, f)) K m *360, 20;
iwentig 1178,23. 282,15. 289,20.26. 111519,13; twentigum
111 7, 21 ; twa'fitig II *282, 17 ; hundtwcentiga III *432, 7 ; end-
Iwftig II 282, 16; (endlceftig II *282, 14; Cerswyll Km 219,7;
cwrscumhe 111*127,19; Cceorswylle KIII 219,7; abrecan Hl
402,30. 502,1. IV 51,35; gecweden 11290,10; gecwedan lY
279, 24; bcecwedden III 432, 31; bicweöen IV 229, 17; fore-
cwedenan II 358, 37 ; gectvceöen III *432, 2 ; gewrecen 3. pl. conj.
m 183, 20 ; aberendlic II 289, 24 ; snelles IH 446, 26. 607, 17 ;
*) Wie diese merkwürdige Verstümmelung hat entstehen können, lässt
sich leicht denken. Die Verwechselung von 8 und f ist häufig, und durch
ihre form öfter geboten. Statt l hat dann weiter der Schreiber h verlesen,
was auch gelegentlich vorkommt, und das auf diese weise sich ergebende
t?i mit Ö wiedergeben wollen, hat aber den strich oben vergessen.
*) s. Kluge, Stammb. § 182 ; der gr. noXv vergleicht, und der Wechsel
eo — ea m diesem stamm durch ablaut erklärt.
430 K. A. WILLIAMS,
snellescumb 11 76, 16; lehnwörter: Swegen IV 91, 16. 94^2 etc.;
Gregories 11 262, 13. 14. Gewöhnlich mit gedehntem e wird
angesetzt wel II 96, 2. 24. K III 203, 9. IV 260, 23.
Anm. 2. Bei sesölar 11 241, 25 vermute ich entstellimg
aus sexter.
Anm. 3. Schi^ierig zu erklären, insofern sie nicht dem
Schreiber X zufallen, sind die formen mit cb statt 6. Vielleicht
dürften wir in dieser Schreibweise eine rückwirknng der
tendenz erblicken, die in me. zeit im sUden häofig zur er-
setzung von ce durch e führte, und deren ausätze sich schon
im Cod. Wint. beobachten lassen. Einige beispiele jedoch
lassen sich vielleicht auf bestimmte momente zurückführen:
bei dcegen z. b., das übrigens schon im dialekt von R * (Brown,
§ 15 b)) die herrschende form ist, vermute ich, dass mg und
eg im Schriftbild zusammenfielen. Dies konnte um so leichter
gesehen, weil zweifelsohne die zwei Verbindungen, wenigstens
auf gewissen dialektstufen, einander sehr ähnlich klangen,
etwa wie zuweilen im Neuenglischen ac und ec in tadk und
wreck. Ebenso ist die form onoBfen (wobei zu merken ist^
dass die bestandteile immer auseinander gezogen sind, also
on (Bfen in zwei Wörtern) wohl im Schriftbild mit äfen zu-
sammengefallen. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass
unsere Schreiber in der hauptsache am wahrscheinlichsten
ziemlich mechanisch ans werk gingen, und vielfach das, was
sie vor äugen hatten, niederschrieben, ohne sich um die be-
deutung zu kümmern. Wenn nun ein Schreiber das wort efen
vor sich hat und nicht an seine bedeutung denkt, so kann er
leicht dafür cefen einsetzen, umsomehr wenn er gewöhnt ist,
dieses wort auch efen zu schreiben, wie thatsächlich bei unseren
Schreibern der fall war.
Anm. 4. Die ea, die oben in ein paar formen belegt sind,
fasse ich als = ob auf, und daher auf ähnliche weise erklär-
lich. Das ceo von Cceorswylle ist wohl = eo = e.
Gruppe 2.
weg n 436, 33 ; gyrdiveg ebda. z. 37 ; mcerwege II 447, 29 ;
Weges II 284, 28. 285, 2 ; west II 364, 2 ; westeweard m 3, 39 ;
westeweardne II 364, 5 ; clcenefelda II 285, 3; cules felda U 284^ 31 ;
ticnes felda ebda.; Öegne 111100,2; dlenford 11285,6; inefen
DIE VOKALE DER TONdILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 431
n 364, 3 ; setle 11 447, 31 ; hremberwudu HI 3, 33 ; cwefe 1. s.
praes. 11 367, 7 ; ednywon lU 4, 29 ; Flegmund 11 283, 19. 285, 9
^Ifhelm n 366, 11; Byrhtelm HI 100, 14; ^Öelm H 365, 38
Ealhelm ebda. z. 33; Sigelm 11 365, 5; Tidelm ebda. z. 13
Seaxhelm ebda. z. 22 ; Wighelm 11 285, 15 ; Wulflielm ebd. z. 22.
II. f ür c = t-umlaut von wg. a (bezw. wg. o):
a) vor nasalen.
1. vor n bezw. nn: denn (ns. fälschlich statt ac. und ds.)
III 349, 25 zweimal , dene bezw. dcene passim , nach meinen
belegen überwiegt die cß-form um ein weniges, das Verhältnis
gestaltet sich ungefähr wie 55 : 50 , von den a?-f ormen ver-
fallen 22 auf den Schreiber X; an compositis sind folgende
belegt: felddene I 554, 30; wyrtden I 148, 29; mearcdene 11
304,25; bromdene I 515, 35; waddcene IL *409, 31; (Bscdcene
ebda. z. 41 ; haredene m 356, 9 etc. ; scealdedeninga IV 108, 24;
eadenne (vorausgeht of dan) 11 78, 24 lässt sich vielleicht zu
denn stellen; Enedford II 409, 1 ; Enedforda II 408, 22. 409, 23.
410,30; enccdesforda 11296,14; cenedtville 11298,9; henna 11
367, 26. 441, 5. 504, 25; hcenna II 367,25; men 11252,14.
280,8. IV 51, 27; men 11252,16; portmen 111402,14; mosnn
Kin*361,6; m«w n*282, 17.25; Dene IV 51, 11; Deniscan
ebda. z. 12; Denewulf II 172, 10. 234, 15. 235,21 etc.; Dmne-
Wulfe 11289,20; acennednessce 11411,10; acennesse 11252,9;
acynnednesse 11 80, 9. III 502, 17 (dies vielleicht eine einge-
schleppte kentische form?); penega TL 241, 24. Km 362,27;
penegas IV 233, 6; heoröpenegas IV 233, 5. 13. 21. 26; hundred-
penegas ebda. z. 5. 14. 21. 27 ; posniga K in *360, 27 ; fen
III 632, 20.
Anm. 5. Verlesen scheint zu sein oettanwenn (dafür liest
K. wohl mit recht, -penn) 11 533, 27 ; man vergleiche ettanpden
m 177, 32; ettapenn IE 498, 20; penne LH 176, 12. 13 und die
fussnote zu letzterem. Auf dieses wort geht wahrscheinlich ne.
pen (in sheep-pen etc.) zurück. Nach Skeat ist im ags. nur
einmaliges onpennan swv. belegt, B.-T. setzt jedoch penn,
pennes masc. an, unter berufung auf zwei stellen im Cod. Wint.
Ne. pen bringt Skeat mit lat. penna, pinna zusammen, da-
gegen lässt Sweet im St. D. diesem wort umlauts-e zukommen.
Aehnlich wie cettanwenn ist vielleicht auch wenne III 655, 26. 27
zu beurteilen«
432 B. A. WILLIABfS,
2. vor n + guttural : Enghüande 11 96, 10 ; Ef^UUmdes
IV 51, 10; lAiglisc 1196,21; Engliscan IV 51, 12; ^ngelham-
stcede K III *252, 27 ; englan (zu enget) in 403, 1 ; leng adv
111306,28. 402,17. 432,22; Zewcöfc(zuZ€w^(o)) subst.in416,28;
geÖcencce EQ *432, 25 ; ÖcencÖ K III *360, 3 ; f orgenge 11 290, 4 ;
forgenga IV 51,24; ceftergengen III 402,8; ceftergenga ebda,
z. 13 ; ceftergcngcana ebda. z. 17 ; hengestes 11 436,37. in 520, 12.
K III 211,26; i/encÄ^e« ebda.; ifengfe^te^ I 229, 6; drenchom
K ni 361, 29.
Anm. 6. Wohl statt heng(e)$tes verschrieben ist hincstes
m 655, 12.
3. vor n + dental : ende 1 47, 28. 33. 148, 35. 545, 10. 553, 3
etc.; amde 1*547,28.29. *548,6. n*63,33. m 306,30; cmde-
dege lY 279,27] noräcmide II H60, 19; tccetoende ehdo.. z.20;
eastcende ebda. z. 26 ; wend 3. s. III 106, 6; atoendan TU 402, 31.
417, 7. 502, 2. IV 52, 1 ; awende 3. s. conj. praes. 11 80, 5. 6.
ni 417, 7; awended 3. s. praes. K III 364, 12; warnt 3. s. praes.
111*62,24; M;öpnde n *296, 33. 34 ; onM;cpn(te 11*410,36; bendan
m 402, 35. IV 52, 5; bcendes K IH *360, 36; sende 3. s. praet
Kin203,7. 363,31; gehcendre II 204., 4; Stent Ibl5, 22. 542,30.
II 78, 25 etc. (9) ; stcent II *485, 26. HI *432, 15. *172, 19. K m
*360, 4; entanhlew II 492, 21; entaMew IV 49, 4; cmta die
IV 34, 11.
4. vor m : genemned H 290, 18 ; temcese H 206, 32 ; hremmes
II 242, 12 ; hremmescumb- 1 148, 32. 554, 33. DI 116, 7; hremnes-
beorh III 176, 4 ; stenmes II 164, 14.
Anm. 7. Hierher wohl Embresham HE 349, 1.9; cmbresham
ebda. z. 22, vgl. das oben § 1, IV angeführte Äniberesburg.
b) vor liquiden.
1. vor r: here, nur einmal im simplex, nämlich hmres gs.
II 290, 6 , im compositum her{e)paÖ passim ; e ist zweimal so
häufig wie m, die belege für ce scheinen sich ziemlich gleich-
massig zwischen X und den anderen Schreibern zur verteilen,
sind also verhältnismässig viel häufiger bei jenem, da er nur
einen bruchteil des Cod. geschrieben hat ; ein paar mal kommt
hear{e) vor: 11 *288, 19. 382, 14. III 106, 3 zweimal, ebda. z. 11;
sonst erscheint Imrepocfe K III 302, 1 ; hasregeatvoa TL 583, 19 ;
Jierestrcete 111166,33; an eigennamen sind belegt: HereferiH
I 543, 28 ; Heremod 11 290, 33 ; Heremannus IV 96, 24 ; herredea
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 433
II 412, 39 ; Wulfhere H 163, 12 ; JSlfhere IL 163, 21 ; Forfhceres
I 229, 14; Hcerredes K HI *176, 11 ; Mlfhcere I *549, 10 ; Wulf-
hcere H 77, 27; JElhcerce U *486, 15; eallue^res III *127, 20;
Herfordensis IV 96, 21; Miclamersce K III 218, 16; middel-
mcersce II 341, 22 ; mcBrsic III 356, 3 ; mcerscce II *412, 26. K III
*175,32; berigancumb Ii7,S2. 11382,22. 1118,16. K 0 302,11;
berena npl. III 632, 30; b(üren€ II 241, 27; wer III 303, 26.
304, 3; weres VI 136, 11 ; were III 303, 26 ; mylewere IV 92, 30;
hwer (verschrieben !) K IE 362, 8 ; wcbt II 206, 38 ; wcßre IV
92, 31 ; beamwcer II 249, 19; smwcBre IV 96, 4 ; erien m 227, 33;
geerian JI 2il, 25; «<;man II 96, 12. 111402,27; werige3.s.
conj. K III 203, 14; werode 3. s. praet. III 402, 8; gewered HI
106, 40; gewcered II *282, 7 ; ce^sce II *288, 9. *485, 22 zweimal;
spcera II 583, 20. K HI *360, 20. HI *432, 13 ; spceresholte IV
*170, 20 ; Heeringes IV *27, 11. 12 ; heriag K lU 364, 11 ; mere
1515,20.24; mcere II H85, SO. HI *62, 29. 81,4. 476,22;
(on ane) mcere K III 215, 23.
Anm. 8. Da cb für e eintreten kann, und e häufig statt ck
geschrieben wird (s. unten § 12, 1), so ist es nicht immer leicht
zwischen mere und mcere (gekürzte form zu gemdere) zu unter-
scheiden. Der verdacht liegt also nahe, dass die Schreiber
diese zwei formen mechanisch verwechselt haben. Ich habe
daher bloss die formen oben angeführt, welche genus mascu-
linum aufweisen. Aber es kommen auch eine anzahl composita
mit mere bezw. mwre als zweitem glied vor, welche wenigstens
teilweise hierher zu ziehen sind, wie sich aus der bedeutung
erschliessen lässt. Solche sind z. b. : Butermere (vgl. ne. Butter-
mere) II 118, 6. 16 ; JEscmere ebda., riscmere 1 515, 14. II 379, 11,
verschrieben hriscmere (dazu mere ds. an gleicher stelle) III
478,10; rihcmere 1515,37; riscm(ere 11298,15. 495, 20 zwei-
mal. IV 108,26; wigiömere (statt wiöig-) IQ 655,21 zweimal;
tvidigmeres I 515, 19. II 447, 31 ; widigmasre II 444, 17 zweimal,
III 354,24 (dazu mosre ds. ebda.); mintmere III 116,4. 117,7;
clwfcermcere 111*127,22 (dazu mcere an gleicherstelle); cram-
mcere II SOi/dO, Dazukommen: hnottan mcere U 94=^16, 549,33;
fulan mcere Hl 141, 30 ; blacan mcere II 206, 37 ; Öyrran mcerce
11*118,27.
Anm. 9. Ich bin Streitberg (Urg. Gramm, s. 244) gefolgt
in der ansetzung von spere mit umlauts-e. Sweet und Sievers
legen ihm wg. e bei.
434 B. A. WILLIAMS,
2. vor l: del I 547,26. 548,21 etc. (10); de« H 444,11.
460,42; delle I 257, 15. 554, 29. II 71, 8 etc. (11); säpdel I
257,15. III 66,15; scipdelle I 257,14. III 66,16; scirdel H
303, 21; berandel HI 116, 14; hyrstcedel ü 549, 27. 94, 10;
healfandell II 63, 31; wceterdellw III 651,21; dcel U *413,7.
304,32. Kin *176,20; dcel II 529,32; dcelle I *547,26. II
*288, 10. *413, 7 ; sellane III 354, 3; scelle 1. s. praes. 11 *410, 29;
syllan (zur erklärung dieser form vgl. Ch. SOE s. 19 fussnote,
etwas anders Bülbring, Anglia BeibL IX s. 96) n 208, 3. K m
. 360, 32; gesylle K III 362, 26 ; sullan (u = y) II 208, 4; scelene
(subst.) II *410, 28; iwelf II 71, 11. 12. 289, 25 etc. (6); kund-
twelfiig III 416, 24; hundtwelftigum 11 583, 21 ; hundtwcelftigum
KIU*360, 18; helle lY 52,8] hellewite 11 96, S2. m 417,9;
Mlcwite m 183,20; hellesusle lU. 502,4; healle m 403,2;
elUcs II 381, 13; sivelcan II 207,29 zweimal; suil{c) 11 162,27;
swilcum III 416, 11 ; swylc IV 279, 29; swylce 1 544, 4 zweimal;
III 172,14. 306,23. 416,11 etc. (8); stvylcne lY 279,2i; swylcre
II 96,30; stvylcan 1 544,4. IV 170,21; scwlcon (wohl statt
swtdc, w = y) m 172, 14; eghwcelces II 163, 1 ; hwylce IV 233, 1;
gehwylces III 306, 24 ; gchwylcum III 501, 22 anm. ; gewylcum
111501,22; rindesele 111176,8; rindgesella (verschrieben?) I
515, 23. 6 < 0 + i, j weist das lat. lehnwort ele in elebeam(e)
1 515, 15. n 357, 28; helebmme III 655, 34 auf.
c) vor dentalen: 5ted^ IV261,30; 5^(Bde III *141, 33. KDI
*360, 29 ; hamstede III 296, 20 ; hamstcede II 206, 36 ; tycchäm-
stede 1 515, 37 ; ^ngehanistcede K DI *252, 27 ; bienestede m
134,19; cescstede 1546,25; linestede 111655,15; treotostede 11
79, 5 ; mylnstede IV 96, 5 ; Ticcestede 11 495, 9 ; eacesstede 11
379, 5 ; Wolcncesstede III 432, 18 ; heanstcede II *288, 5 ; cyric-
5^CBdcm*141,33; ^CÄe^e II 96,21.34. 111402,17.19. 111417, 7;
gesetton HI 402, 11 ; gesetten K III 203, 11. 14; sehtte IH 172, 5;
gesetedncsse HI 402, 30. IV 51, 35; gesetnesse K m 203,9; ge-
sehtnesse HI 417, 5; gesGet 11 *411, 8; gescette ebda. z. 13; hund-
setena 11280,10; setige (entstellt! aber jedenfalls zVisettan zu
ziehen) III 416, 24; lest 1 544, 4; gebeddan III 502, 8; mete DI
106, 40. K m 353, 16 ; fetels K III 361, 28 ; reste (1. s. praes.)
Km 361, 17; rc^^ad^ II 96, 32. IV 51, 15. 280,3; rcestan vaL
Kin *360,3; Esne II 74,31. 77, 35 etc.; ^sne H *64, 13.
71,17. 73,7.
DIE VOKALE DBB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 435
Anm. 10. Hierher ist wohl zu ziehen Qlestingabyrig TU
107,2; Glestingensis III 106,33, obwohl das ne. Glastonhury
eigentlich für eine (jp-form spricht
d) vor gutturalen : hege II 447, 31. III 476, 25 ; heges ebda,
z. 26 ; hecgan (df .) 11, 368, 6, genus nicht bestimmbar IV 108,
21.30; Ä(3BöfflP5 Kni*229,25; hegerewe U 379,1, 485,21. HI
519, 34; hcegerewce K III *176, 20 ; hcegercewe ebda. z. 21 ; heglea
111632,30; hegcumbe 11301,17; hegerawe 1515,31; hceccgeat
IV *27, 16; hceccgetas ebda. z. 17; ueccerhege (K. liest ceccer-) I
515, 31 ; hocrdhaehgfe K HI *229, 25 ; tyrighege II 444, 13; ginnan-
hecce K HI 199, 6 ; wudugeheg II 413, 30. K III 176, 1 ; hcccginge
IV 90, 6 ; ecge H 533, 28. in 62, 32. 498, 21 ; upcecgiB II *485, 25 ;
oecges (eigenname) 11 301,23; eacges I 554,34; als erstes glied
zusammengesetzter eigennamen : egwulfes II 74, 24 ; ecgerdes
111519,35; Egberht 1593,28; Egheard 0 64,10; JSgfrido I
86, 18; jEghreht 11 136, 4; segbroce III 143, 10; gefecce IV
279,27; lecge gsf. (nach Leo = Schenkung) III 432,12; ege
(= furcht) K III 353, 9 ; secges II 357, 31 zweimal, K HI 215, 24 ;
Begenwold II 359, 23 ; Regnwald II 380, 22.
Anm. 11. Die form hecgan oben lässt sich vielleicht so
erklären : Durch übertritt in die ja - deklination (vgl. hierzu
Siev. Gr. § 263 anm. 3) entstand ein nom. hecg neben hege, und
hieraus durch contamination Jiecge. Diese form wurde nun als
ein femininer jon-stamm empfunden, und demgemäss schwach
abgewandelt.
Anm. 12. Hierher Heglingaig HE 171, 10; Heglingaigce LEI
170, 24; HeilincigiB VI 198, 6? Diesem entspricht nach K.
(Bd. VI index) ne. Uayling,
e) vor labialen: ewe 11 241,31; efes 11412,32; efsUa IV
45, 23 zweimal ; cefese 11 367, 26 ; (Bfsan U 358, 30. 31 ; norÖ-
Cef es Kin *176, 2 (dieses beispiel hat e < wg. o); eft bezw.
(Bft passim, letztere form überwigt stark.
Anm. 13. Dass (Bft häufiger auftritt als eft, ist vielleicht
der anpassung an asfter zuzuschreiben. Diese anpassung wäre
um so naheliegender, weil die Verbindung -eft- eine äusserst
seltene war. Neben eft, eftgian finde ich nur noch weft{a)\
demgegenüber steht -mft- in (Eftan, cefter, hwft, hceftan, rmfter,
crceft, grceft, die noch z. t. ableitungen neben sich haben. Einen
436 B. A. WILLIAMS,
ähnlichen Vorgang hat übrigens Brown für den dialekt von
R* vermutet.
Anm. 14. Hierher lässt sich wohl ziehen : efisc TL 379,
2.10. 504,23. 529,24.25.32. in 655, 18; euiscIL Ul,2', cefisc
II *288, 19. 297, 35. 304, 17. 455, 23. Dieses wort findet sich
in keinem der Wörterbücher, wolil aber trifft sich bei B.-T.
ein ofesc, das kaum davon zu trennen ist.
Anm. 15. Wohl zu seghroce zu stellen ist scechbroc IE 77, 19.
Gruppe 2.
dene ds. H 436, 35. 447, 29. III 297 31 ; (et Denforda TL
367, 4 ; inearcdene II 284, 32 ; pytteldene II 448, 10 ; hennadene
n 364, 1 ; aredene IL 285, 3 ; bradan dene II 285, 1 ; peningas
n 366, 33 ; Jwnna- II 364, 1 ; (ende LU 3, 33. 37 ; grendles 11
364, 11 ; hengesies II 436, 37 ; her{e)paöes II 448, 8. m 3, 33 ;
herpoöes 111297,29; [h]arpades 11436,34; hearpaÖe 11284,34
zweimal, ebda. z. 39 ; jElfhere IL 364, 28 ; Wulfhere II 285, 28 ;
(jgrendl^) mere II 364, 1; fugelmere 11 364,9; cet Butermere
n 367, 6 ; ^scniere ebda. z. 8 ; ersce II 284, 33 ; deUe ds. 11
284, 34; selU 3. s. conj. 11 366, 22, 1. s. ebda. z. 31 ; to seUane
II 366, 25. 367, 2. 17 ; twelf 11 367, 11 ; swelce npl. [Cod. swcelce\
n 367, 8 ; beanstede IL 284, 29 ; werstede IV 105, 11 ; reste 3. s.
conj. praes. 11366,22. 367,15; betst ebda. z. 9; hecgan (acs.
vgl. oben anm. 11) II 364, 7, dsf. ebda. z. 11; eft TL 285, 5.
364, 12. 436, 36.40 etc. (kein (vff). Cot. Ch. X 17 weist auf:
awcendan, awcende, hcerefnan, rceimbald (= Begnbaldf), HarL
Ch. 43 C 8 liefert denc zweimal und Herford[ensis\.
Wir ersehen hieraus, dass ce für umlauts-c in den Original-
urkunden sehr selten vorkommt. Thatsächlich begegnet, ab-
gesehen von dem verdächtigen zeugnis des Cot. Ch. X 17 nur
zwei ce = umlauts-e, beide vor nasal. Merkwürdig ist das
dreimal vorkommende hearpade, in einer Urkunde, die das
datum 909 trägt, aber „in einer etwas jüngeren schritt" auf-
gezeichnet ist.
§ 4. Aws. i.
Das WS. i ist im grossen und ganzen im Cod. gut erhalten,
obwohl es aucli öfters mit y wechselt. Das frühws. unfeste t
scheint mir auf dialektischer verscliiedenheit (sog. dialektstufen)
innerhalb des ws. zu beruhen, denn es erscheint erstens an die
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 437
nachbarschaft gewisser konsonanten (vornehmlich w, r und
labialen?) gebunden, sowie dann im Wechsel mit io, eo, d. h.
u, ö-umlautsformen, die auch auftreten, wo sie echt ws. nicht
berechtigt sind , z. b. vor gutturaler konsonanz ohne voraus-
gehendes w, etc. Wir müssen also annehmen, dass das gebiet
des u, o-umlauts auf einigen dialektstufen innerhalb des Ws.
selbst eine erweiterung erfährt — wenigstens insofern das i
in betracht kommt — ähnlich den Verhältnissen in den
ausserws. mundarten. Hiermit hängt sodann der eintritt des
unfesten y (d. h. hier des y, das mit urspr. i wechselt) zu-
sammen. Wir bekommen also zwei momente, die den Wechsel
urspr. i - y bedingen , nämlich, der einfluss von nachbarkon-
sonanten, und ein frühzeitiges eintreten von umlautsformen,
auch da, wo sie echtws. nicht lautgesetzlich sind. Die Wirkung
dieser zwei lautlichen momente kommt dann auch im Spätws.
zum Vorschein. Damit wird nicht gesagt, dass alle fälle des
erscheinens von y statt i in spätws. texten geschweige denn
im vorliegenden notwendigerweise auf diese weise zu erklären
sind, wir werden vielmehr oft annehmen müssen, dass eine
bloss autogi'aphische eigentümlichkeit der Schreiber hier im
spiel ist.
Im folgenden behandle ich zuerst das sog. unfeste i, d. h.
das i, das frühws. im weclisel mit io, eo, te steht.
I. Das unfeste i: Es kommen zuei-st vornehmlich in be-
tracht die 3. plur. ind. praes. von wesan, und verschiedene casus
obliqui von dis und dem geschlechtigen pronomen der 3. person :
synd I 148, 26. 545, 3. H 71, 5 etc.; synt I 47, 21. 546, 24.
554, 25 etc.; syndon I 542, 20. 547,25 etc.; sind 11 206,34.
304,23 etc. (6); sind III 649,18; sint 11411,11. HI 273, 25.
446,30. IV 229, 24; sindon III 501,17. 11206,27.39. 207,7;
siondon 11 282, 11; seondon II 494, 11, die y-formen sind mehr
als zweimal so häufig wie alle andere, und gehen auch in
gruppe 2 durch ; ffis passim hat festes i, nur einmal y in Öyss
(^sint) IV 229, 24 , dagegen in den casus obliqui öfters y (das
zuerst im d. plur. und acs. entsteht, und dann infolge von
analogie Wirkung in die anderen casus eindringt) : Öises I 544, 6.
II 96, 11 etc. (5); Jj. ses II 358, 37 (vgl. Reim. s. 18); ffyses II
96, 23. 410, 28 etc. (10); äyse IV 51,28 ist dunkel, wahrschein-
lich jedoch als druck- oder Schreibfehler für Öyses aufzufassen ;
es steht nämlich nach unnan, welches ws. den genitiv regiert ;
438 R. A. WILLIAMS,
gisne 1196,8.15.29 etc. (7); Sfysne (acsm.) 111402,28. 502, L
K m 364, 11. IV 51, 35; (Ws(s)tnn I 543, 37. HI 172, 7. 501, 18
etc. (7); Sisam HI 402, 34; Nissan DI 417, 6. IV 52,5; At
(statt gissum) III 432, 1 ; öfysutn 11 96, 2. HI 416, 5. IV 76, 1;
dysan K III 364, 10. IV 229, 24 ; gisse (gsf.) E lU 363, 36;
äissera (gsf.) m 432, 33; (fysse (äst) K III 362, 25; äyssere (dat)
IV 51,30; äissa (gpl.) I 544,8. H 296, 34. rV170,26; «s»
(gpl.) III 172, 26 ; dissa (gpl.) 11 244, 14; (on) fissa (gewitttesse)
11411,10 ist dunkel, es scheint mir jedoch wahrscheinliGli,
dass es für den gen. plur. steht, and dass darnach ein woit,
etwa witena, ausgefallen ist; einmal y in fyssa IV 76,20;
hira (gpl.) H 208, 3. 252, 19 etc. (10); hira H 411,6; hire gpL
U 252, 17; hwra 11162,27. 163,5 (9); heora 0 96,25. 163,7
(im ganzen 18 mal); heore (gpl.) 11 296, 33; hiera (gpL) II
290, 13. 17; hyra (gpl.) II 241, 25. HI 417, 3. 432, 28. Km
353, 14. 15 ; hare (gpl.) II 207, 29 ; hire (gdsf.) H 207, 27. 29.
208, 5 etc. (17) ; hi (statt hire) U 207, 31 ; hyre II 244, 12.
432,26 etc. (6); hine (acsm.) II 96, 29. 252,2. HI 402,28.35
etc. ; einmaliges hyne K lU 359, 30. Von formen, die den dmdi
umlaut bedingten Wechsel i — y noch aufweisen, sind belegt:
ni^fonn 171,37. 282,13. IV 233,4.19; wsfann 252,9; niogonüs
II 282, 18; nygan K III 359, 11; nygon ebda. z. 14; nygoSa n
96, 7 ; niöer >) III 305, 25 ; niÖORr 1 548, 6 ; niöcerlangan U 460,25;
nideran II 206, 8 ; nideweard{e) III 66, 14. Km 172, 35; hemSm
II 290, 17. III 305, 24; nyÖer II 305, 3. 358, 13 etc. (10); mgöt-
wearde III 141,32; nyÖewerdncB ebda. z. 28; nydeweardme III
176,17; mydcrwedrdne 111655,34; siödan 11 96, 5; siÖSun^
282,10; sioddanlh\h,Z\\ «eod^^a» II 494, 22 ; sy(}%m 11 529,82.
III 105, 36. 39. 402, 8. 416, 7 ; sydan K HI 193, 8. 196, 10.
In ein paar anderen Wörtern kann es zweifelhaft sein,
worauf das y zurückzuführen ist, so nämlich: FryÖegydJl 598>9;
FrydegyÖa II 436, 7 ; Frydogydce l 229, 17 ; FryÖerieo UI 26, 23
gegenüber Fridegyd II 75,15; Friöegyd 1173,24; Fridogi/ia
1228,10; l-ndetW^ ebda. z. 6; FriÖestar^ II 2%1,Z\. 290,21;
Fridestanum II 277,9; FriÖestano II 286,5.25 (Cosijn belegt
formen von Friöu- mit eo aus der Chronik, s. Gr. s. 52); (tyftes
oran III 176, 17; Brytfordinga I 48, 1. KIII 302, 16; Britkmet
(i < e konigiert) I 540, 16 ; brytenwalda II 410, 27. 411, 12;
') Fonuen dieses Stammes mit nmlant, b. nachher § 9^ IV, o).
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIEN8I8. 439
BriUanice 111304,33; Bryttanie 111408,2; Brettones 1543,6
(belege für 6o in diesem stamm siehe man bei B.-T. s. v.). 0
Anm. 1. Als zweites glied zusammengesetzter eigennamen
weist friöu eine besondere entwickelung aul Hier geht be-
kanntlich nach metathese des r, « in e über. Beispiele sind
sehr zahlreich: Wilferä II 342, 18; HereferÖi I 543, 28 etc.;
statt e erscheint auch «: Wüfcerd II 262, 25; OsfcBrÖ II *288, 8;
Hedhfcerd ebda. z. 11. Das i hat sich ohne metathese des r
in einigen belegen aus alten Urkunden erhalten: Wüfridus I
107, 5; HunfriÖl 2b7, 18; JEdüfridi 1 257, 23; JEgfrido 1 86, 18
etc. Hierüber vgl. man Cosijn, Gr. s. 57.
Anm. 2. Frühws. finden wir in der flexion von verschie-
denen Stämmen einen Wechsel zwischen t und io, eo durch
umlaut, z. b. leomu, tiolode, deopian etc. Es wäre nun zu er-
warten, dass spätws. ein y hier entstehen würde. Bekanntlich
ist aber die tendenz des ws. in solchen fällen nach ausgleichung
zu gunsten des einfachen vokals, und diese tendenz ist auch
in unserem Cod. massgebend für die gestaltung jener formen.
Ich ziehe es daher vor, die hier in betracht kommenden stamme
im nächsten abschnitt dieses paragraphen zu behandeln.
Gruppe 2.
syndon II 437, 30; synd IV 105, 3, Harl. Ch. 43 C 8; syni
II447,28(Cod.5?nO; syntIll9%SL 297,25; Öise (stSitt gis(s)um)
C. C. X 17 ; hiere (gs.) II 366, 20. 23. 30. 367, 15 ; hyre C. C. X 17 ;
FHöestan 11285,11. 437,11; Fridestano 11283,2.22. 435,28;
Fridestane II 437, 30; FrydegyÖa H 436, 7 (als zweites glied
immer -ferö: HeahferÖ 11285,24; tüferdes U 447, 30 etc.).
IL Das feste i.
Dieses ist massenhaft belegt, und erscheint mit grosser
regelmässigkeit als i. Am häufigsten scheint y in der nachbar-
schaft von r aufzutreten. Die spuren von einer einwirkung
benachbarter konsonanten sind jedoch gering, und lassen kaum
bestimmte regel gewinnen. Im folgenden führe ich die bei-
spiele alphabetisch an:
Wd II 290, 6; ftidded^ II 282, 20. mi83,17; 6ittKIII359,30;
hidde KHI 360,26. 362,36; gehidd^ IV 233,29; gehiden IV
^) Hierzu ist zu vergleichen das unten im glopsar bemerkte.
440 R. A. WILLIAMS,
51,30; Blr(in)e II 96,5; Birino II 286,12. HI 405,1; Byrinus
II 382, 3 ; byme ») III 403, 1. IV 52, 9; bisc(e)op passim, akzen-
tuiert II 296, 29; blissiaä III in, 9; 6nnjan II 252, 3; gebringan
II 241, 27 ; ein starkes schwanken weist das alte lehnwort
cirice auf : hier teilen sich die belege für % und y gleich ; mög-
licherweise ist das schwanken bloss autogi*aphisch und Ifist
sich nach analogie des wechseis cy — ci in cyning bezw. dnini
erklären, andernfalls müssten wir es dem einflnss des r zu-
schreiben: cirican II 262, 8, 13; ciricean II 282, 21 ; ciricean JH
127,24, ohne akzent K III 360,1; circsceati(as) IV 233, 13. 20.
24.26; cirksceattas ehiei, zA] ciricsceattan II 16Sj2; ciriemiUa$
II 241, 24; cmcJüda II 494, 22; Windcirican II 262,2; Hwä»
cirican II 293, 25 ; cyrican II 290, 14. 568, 39 etc. (6) ; cyrt{e)m
1196,32. 1116,23; Cyncestun 11170,27. 171,11; Cyricesumk
ebda. z. 18; cyricsicede III 141,33; cyricsceat III 305,5; eynt
ceattas II 280, 7; Hwitancyrice II 294, 1; Htvitcyrcan KIII
203, 23 ; einmaliges e in cericlican III 306, 24 ; Ciseldenm U
205,21; Ciseldenu 11206,8; Cysledun lU i09,2S; CeolsMm
II 240, 24; clif{e) II 78, 29, ebda. z. 30. KIII 223, 30 cte;
hnutclif III 520, 10; seade clif KIII 223, 30; easiclife H 341,25;
cZy/b III 157, 15. 519,27; /mw^c/y/" ÜI 519, 26 ; Hoggandf^
KIII 363, 13; cm^c5 II 163,8. 111502,17; cm/cnH 96, 14;
cristenes III 402, 22; cHstendomes ebda. z. 6. KIII 203^10;
cwidce III 432, 2 ; ct4:yde K III 364, 3. 5; cwydes KIH 359, 32;
cwydun IV 229, 22 ; cyde K III 364, 6 ; zweimal erschemt ii
diesem stamm e, was wohl auf falsche angleichung an ewei»
zurückzuführen ist: civede KIII 364,11; cwefie 11207,12; äet
(statt disc) III 432, 11; discöene KÜI 363, 10; offnngdise KIII
360,11; drincmhornm KIII 361,8; finces 111176,18. 655^85;
findoe I 544,5; findon IV 170,22; fyranlicra IV 51,33; /teö-
burnan II 296,0; flicca II 280,9; fliccu II 289,3; unbeftitmü
80,5; unbeßtan II 280,9; gefnöodon II 96,6; gif II 96,15.
296,33 etc. (7); ^z//* II 290, 3. HI 432,22.27 etc. (6); ^H
290,4. 111306,28; angtjnne III iQ2,Q] griÖbriceVf 2^1.\h.l&\
Hildan (gs.) I 257, 9. 15. II 303, 17. 22; hilda (statt Hüäm) HI
06,10; %W«M II 296, 10. 11166,16. 268,31; ^ÄflMfcto DI
134, 2 ; JEöelMld ebda. z. 9. VI 207, 3. 22 ; j^ÖelMde ebda. 1 7;
^) Zu diesem wort und zu yrnan unten, TgL Bülbring, AngliABdU.
IX B. 97.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8IS. 441
beahhüdce (hyrigels) II 94, 14 ; beaghildce II 549, 32 ; lehhüdesloh
II 80,25; bcehildestoccce III 651,22; syndhUdetnere I 515,27;
gibhüd (flussname) 1116,19; Gyhhild{e) 11568,10.36; hurgilde
(treowe) II 207, 2 ; fegerhildeforda K III 302, 6 ; icenhildeweg II
81,5.6; icenüdeweg III 446,22; ycenüdeweg III 607, 13; id-
hildestan III 349, 26; higranlwngran II 206, 28; higanholtes
(statt higran- verschrieben?) III 292,22; hiltan K III 362, 21;
hyltan K III 361,27; seolferhiltan KIII 362,16; hindsceata II
291,12; hit passim, häufig akzentuiert; hyt 111501,15. KIII
189, 6. 9. K III 353, 16; his passim; hys III 177, 7. 501, 19; him
passim; heom (dpi.) II 96,24. KIII 363,28; hiom II 163,6;
heam IV 279,21 ; hlidgeat IV 108,21 ; lidgeat II 206, 35. 412, 40;
hlidgeate III SOb,Si; hlidgcet II 16i, 16; hlidgate ebiei, z AI;
hliögeatas II 63, 30; hlinc (nom. und casus obliqui) passim;
einmaliges y in hlynces II 358,10; hlincrcewe II 485,21; meos-
hlinc (handschrift meosh hlinc) II 368, 1 ; wonhlinc II 549, 26 ;
öornhlinch K III 223, 29 ; fearnhlince II 241, 36 ; westhliöe III
649, 15 ; hlyöehroc K III 215, 26 ; ilcan II 290, 10. 486, 26 etc. (6) ;
geilcan IV 233, 24; hilcan II 241,23; ylce 1197,1. 111402,25.
501, 19 ; ylcan II 96, 16. 17. III 402, 34 etc. (7) ; ylcasn \I 207, 11 ;
geyUan IV 233, 31 ; imhstoc K III 338, 7 ; ymbstoc II 444, 20 ;
imhcBS dcel II 413, 7. K III 176, 20; ine K III 353, 2; Ini 1 149,8;
{h)in{n)an, -on passim; einmaliges y in bynnan III 305,30;
onyrnö III 416,27; innüng III 501,20; is sehr oft akzentuiert,
passim; t/5 III 446, 27. 501,12. KIII 359, 29. 360,18. rV233,32;
libbe II 208, 6. III 402, 34. K III 353, 20. IV 52, 5; lyfode (vgl.
anm. 2 oben) K III 353, 20; ligeö I 540, 1. 542, 29; ligd IH 6,20.
VI 207,16; ligged\I2Q9>,llAh; %ceIV52,8; //ci^ad^II492,19.
568,37. III 273, 28 etc. ; ziemlich oft tritt in der 3. s. praes.
vokalisierung des g ein, wohl unter längung des vokals: UÖ
II 242, 1. 8. III 415, 15. 632, 27 etc.; bcelid IH 6, 20; einmaliges
y in bilyö IV 229, 17 ; lima (gpl.) III 502, 1 ; bcelimpaö H 290, 10;
lindan (dsf.) IV 90,18; lindam (dsf.) ebda. z. 19; lindoran II
441, 3 zweimal ; lindhoran II 504, 23. 24 ; durchgehends festes i
hat die wiirzel ig. ^medh, ich gebe daher nur wenige beleg-
stellen an : nüd^ie II 568, 30 ; middes K III 363, 31 ; (on) midnces
1 548,2; middeiveardne III 163, 19; middanweardes K III 189, 7;
midmcstan I 542, 39; middemestan IV 103,5; midies III 355, 32;
Middeltun 11379,33; Middclhcetna KIII 211,23; der Wechsel
i — ym folgendem stamm ist bekannt : micel II 282, 14. K III
AngU». N. F. zin. 29
442 R. A. WILLIAMS,
189,11; micelne I 542,27. 11208,13.14; wickn II 291, 2. 9.
358 passim, 485, 3. 485, 6. 19 ; micdan III 183, 9. 355, 31 ; mycel
111415,14.' K III 203,16; wycfan III 402, 16. KUI 363,27;
mycelan II 79, 4 ; Miclamersce K III 218, 16 ; Micelanigensis
KüI 303,30; Myceldefer lll Ai5,2S. 26. K III 203,26; mid
(praep.)passim; mintledge II 296,23; mintniere III 116,4. 117,6;
myntledge II 296, 23 ; nime K III 361, 30 ; pirigan II 241, 87 ;
pirgraf II 532, 10; hringpyt HI 62, 26; hringwoldes 11 441, 4.
504, 25 ; ringwoldes II 76, 16 ; hrimwoldes II 74, 21 ; hryngpyt II
549,38; hrungpütt 1194,21; gerysenlic IV 279,30; rindesele
111176,8; rindgesella 1515,23; ripe (ds.) 11280,8; riscmere
1515,14. 11379,11; riscmcere II 298, 15. 495,20. IV 108,26;
hriscmere III 478, 10 ; rihctnere I 515, 37 ; riscslcedes II 549, 31 ;
riscsteorie II 409, 35; hriscsteorte ebda. z. 36; riscleage HL
476, 21 ; riscean IV 27, 16 ; risccean ebda. z. 15 ; Risciune H
73, 26 ; Eisetun II 169, 14 ; einmaliges y in hryscslmdes 11 94, 13 ;
wenrisc (flussname, ne. Windrush) III 519,26; wenric ebda,
z. 35; scil^ingas] II 252, 1 ; scipdel I 257, 14. UI 66, 15 ; sdrdd
(Schreibfehler ?) II 303, 21 ; säpleage II 287, 9 ; scipfyrde IV
51, 18; sibbe III 416, 20. 417, 4; sibbes Ua II 298, 15; sibhes weg
III 632, 28 ; siblincghyrst III 649, 18 ; sehr häufig in eigennamen
ist sige, y tritt nur bei vokalisierung des g ein; belegt sind
(ich führe nur je eine belegstelle an, ausser wo y vorkommt)
Sigeric K III 196, 36 ; Sigegar III 650, 27 ; Sigered II 342, 19
Sigeferd III 269, 20; Sighelm II 383, 4; sigbriktes III 305, 26
Sigulf I 549, 14 ; JElfsige K HI 159, 12 ; ^Öelsige K HI 176, 31
Wulfsige ebda. z. 34 ; Beorhtsige II 280, 23 ; Wynsige HI 177, 7
Hunsige II 63, 27 ; Cynesige II 359, 23 ; Byrmige III 296, 4
Leofsige III 499,2; Ead^ige III 172,23; Siric II 486,21; Sired
1164,15; Si^ar K III 176,32; Siweard IV 91,15.17; JSlfsie
W 233, 33; Hunsie II 62, 19 ; Wulfsie II 494 letzte z.; Syrie
K III 212, 8 ; Syricus K III 338, 11 ; Syeweard II 360, 4; Sywerd
IV 94, 4 ; Syweardus IV 96, 15 ; simne II 252, 1 ; symle III 417, 9;
symlie K III 360, 26 ; syndhüdemere (vgl. ahd. Sindhüt) 1 515, 27 ;
sticacf II 529, 33. III 519, 29. 30. 446, 21. K III 211, 22 ; sHcad
n 358, 18. 36. 111446,28; 5%e K III 215,28; stiganaxsa. U
118, 27 ; stigele I 148, 30. 31. 33. 548, 17. 19 etc. etc.; ticcenes-
felda II 304, 24 ; timesfeldu II 287, 8 ; ticcefeldes II 304, 27 ;
tigel<Brnan UI 632,12; Ugelleage II 494, 12; tihell€ahemi76,14t;
tychelleache III 655,28.29; tiggulbeorge II 485,35; getOaä II
DIE VOKALE DEB TONSILBEN lU CODEX WINTONIEirSIS. 443
96, 33 ; timberhricges 1 515, 26; getintragod IQ 502, 4 ; gmtidoäon
UI 172,14; tuilan H 494, 21; twitcelingoB 11485,34; Twifyrde
in 412,1; Tuifyrde ebda. z. 16; Twyfyrde 11241,36. 242,20.
K 111203, 20; twMime 111117,6; twigbytme 111116,3; twig-
btihne I 554, 30 (zu twi vgl. Siev. Gr. § 330, Pogatscher E St.
XXIV, 424); twisledan III 478, 10. 11. 12; twysUdan II 529, 25;
tyswledan ebda. z. 25 ; Öiecan I 540, 8. 11 135, 26 etc. ; dydaer
II 381, 12. 411, 4: Öydcrinnan IV 279, 20; öincg K HI 364, 6;
dinges 11163,1; Öinga 111417,6; Öingum 111416,12; dingon
K III 203, 13; (fin^on IV 76, 8, akzentuiert III 105, 41 ; öing-
leage II 296, 7. 13; ÖingicB 3. s. konj. K in 360, 21; Öistelleage
II 492, 22. 23. IV 49, 2. 3 ; Öisteledge in 164, 9 ; Örim n 241, 33.
m 305, 21 etc. (5); ÖHm 11492,17; drym in 417, 6. 432,11.
IV 49, 15; drimnisse n 96, 26; drimncesse in 183, 17 ; drynnesae
ni402,3. 417,2; ^ridde I 544, 9. H 241, 34. 290,1 etc.; ein-
maliges y in öryddan KIU 198,34; Öriddehealf KTÜ m\,2\;
drittig n 412, 27; Öritig Vi 529, 30; Öryttig K in 175, 34;
driwa IV 233, 16; wilU vb. II 410,37. 411, 1.4 etc. (11); wile
IV 279, 31 ; wylle in 417, 4. IV 51, 16. 35; wylw K in 360, 2. 5;
wulla (1. s. ind. praes.) II 410, 32; wullan (dass.) ni 432, 30;
«;t7eKm360,33. 362,29; PFt7/ndMS 1107,5; WilferÖUWi,!^;
(rivuli) Willite H 76, 39; Willettun II 273, 12^ Wütune 1 544,9.
n 70,31; Wütuniensis IV 91,5. 93,28; Wülensis IV 91,10.
103,35 etc.; wmes n 444, 21. 291,14. IV 103,2; als zweites
glied zusammengesetzter eigennamen: ^Iftoine in 268, 2
Eadwine U 380, 16 ; Leofwine WL 476, 8 ; Godwine in 432, 19
JiJMwine in 297, 6 ; Ostoine 1 107, 22 ; uEsctoine HI 498, 36
Wintanceastre 11282,20; Winteceastre II 29Q, 29; Winceastre
II 443, 29 etc.; einmaliges y in Wyncheastre IV 229, 18; wita
IV 234, 2 ; mtan U 262, 11. K III 364, 3; witena n 80, 1. 9.
252, 7 etc.; witena II 280, 10; swurdwitan KUI 363,24; wytan
IV 229,15; geamwindan ds. HI 273,27; wintcer II 282, 13;
wintra II 24:1, U; </eM;i(c)Äte K m 361, 19. 20. 22 ; Gewisorum
11596,11; GcMworum II 243, 26 ; Geuuissorum 1540, 16. 543,6;
lewissorum 11277,1; wit (pronomen) Kin 353,16; geuitnes
III 416,14; gewitnes IV 233, 32. 279,30; gewitnesse l 544,6.
II 80,9 etc.; wid^passim; wydlO. 157, 17. IV 170,21; gewissod
K III 362, 1 ; gewrindoda IV 34, 9; gewHten II 241, 21; awriten
II 290, 16 ; awritene II 80, 10. lU 4C2, 32. IV 52, 2 ; hcBslwriÖ(e)
11358,3.4.
29*
444 B. A. WILLIAMS,
Anm. 3. Die u, welche zuweilen oben mit y wechseln,
fasse ich als Schriftbild für dasselbe auf.
Im anliang an das vorhergehende führe ich hiemach eine
anzahl werter an, deren anfang nicht durchsichtig, denen aber
mit grosser Sicherheit festes i beizulegen ist: Sie sind grössten-
teils eigen- bezw. Ortsnamen ; einige sind Wörter deren bedeu-
tung unklar, und die icli in den Wörterbüchern nicht finde.
Bicca (vgl. hM,Bicco) I 107,14; hiccanhlew IE 145,28;
licanbricge III 204, 21. 26; Bicanleag II 271, 25 etc.; einmaliges
y in lycan (gcerstunes) II 135, 21; Bilsatena K III 215, 24;
hindwaldes II 301,20; Bintungom I 106,17 (nicht ganz sicher
ist hitan I 540, 6. II 135, 24. II 242, 6, wofür K. jedesmal viel-
leicht mit recht hican liest. Bekanntlich sind die t- und c-
zeichen in ags. schrift einander sehr ähnlich, Bs. lesart dürfte
also auf einem missverständnis des Schreibers beruhen, wenn
nicht der herausgeber selbst falsch gelesen haben sollte);
hiwinölan 11242,15; wiwindlan ebda.; Cicelingwege 1542,31.
11208,17; Cütemmb II 419,30; CiKancMwfees III 402,3 etc.
(11 mal i); Cyltancumh{es) III 399, 3. 400, 6. 16; Cisi 1 106, 17;
dssanheorg II 298, 1 ; CissanluimnKB K III 229, 23; Ciitandene
III 166, 5. 12. 23 ; cittanwara III 166, 33 ; ütwara III 176,4, ebda.
z.20 zweimal; Cykvara III 655, 37; cyrtwara ebda.; clinca leage
IV 107, 7 zweimal, II 495, 22; cUncan leage II 529, 21. 33;
Cridiensis IV 69, 11. 91,7 etc.; Criswan 1106,17; fiducfarda
IV 45, 22 ; fiduscaga II 76, 27 ; ßedleage III 227, 26 ; fUoüeage
I 548,14; ßoelea II 460,34; fitelan (eigenname: ags. Fitda =
an. Sinßgtli) sladces II 409, 35 ; flitgaran ebda. z. 37. 410, 2 ;
gibhild (flussname) III 6, 19; gybhild(e) II 568, 10. 36; Gisa (vgl
ahd. Giso) IV 233, 33; Gistrceldes (vielleicht zu vergleichen
slM. Gisalrat m.j Gisleradat?) KIII 172,36; ^Ztm (flussname?)
III 247, 6; grindanbroc II 164, 15 ; hiceleswyrÖe 1 47, 25. XU 5, 5;
K III 302, 3 ; hicMeswyrde II 382, 15 ; TiyceleswyrÖe I 545, 7 ;
hntbbanlege 11494,17; nybbanbeorh ebda. z. 18; himanbeorgctö
II 379, 16; hwingles burnan II 494, 15; icenhildeweg TL 81,5. 6;
icenüdeweg HI 446, 22; ycenildeweg III 607, 13; Iccene I 555, 5;
Icenan 1 149, 1 zweimal, 555, 4. II 287, 4. 14. 24 ; iciinan ebda,
z. 17; ycenan II 163,23; Yccenan I 540,9; Iliacum TV 234,7;
Imper (vgl. ahd. Imbert) II 380,25; Incgences harn (vgL ahd.
Ingina) 111432,9; Licetfeldensis KIII 302, 12. IV 91, 12 etc.;
lidegeard II 77, 1; Lidegceard II 234, 5; Lidgerd ebda. z. 23;
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIEN8I8. 445
Lidgeard II 235, 7 ; lüles (ieam) IH 632, 25 ; litscBtna IH 355, 29 ;
lilanmere II 118, 25. 30 (Sweet OET s.497 belegt Ulla sm.);
Lindissi K III 303, 22 ; lippan hamme II 304, 18 ; micces dorne
II 298, 14; micghcema KIII 193, 12. 196,14; Müred (vgl. ahd.
mirat) II 64,12; Mure II 77,27; Mildunhad 1452,22; 7iican'
sncedes II 296, 11; Pippingmynstre II 504, 5. 13; Pipingmynstre
II 439,12.24. 440,31; Pipigmynstrce II 503,30; Pipmynster
IV 89, 19; Pipmynstre IV 90, 5; Pypmynstre IV 91, 25; pidles
und piples beorge IV 90, 21 ; HnutscilUng{c) II 287, 2. 36; Ifnw^
scillingm 111415,18. Kill 203, 21; sdndlas 111305,5; scitere
(flussname) 1176,22; sciteres 11495,21. 504,20. 529,31 etc.;
scyteres III 478,9; siladcene I 515, 16; scrippan I 542,40, oline
akz. II 208, 25 ; Stricca II 271, 36 ; tibbcelde lace II 206, 31 ;
Ticcebuman I 148,36. 149,1. 555,4 etc.; Ticestede 11495,1;
Ticc€st€deeMB,.z,9. 379,10. 529,1 etc.; (tycchdnistede 1515, 37?);
Tislea IV 27,5.6; irindellea III 141,34; trindlea II 304, 22.
379, 17 etc.; trind(jelgraf{e) II 485, 33 zweimal; Twinteles
ham(nie) IV90, 10. 11; Wicciarum KIII 304, 5 (vgl. zu diesem
namen Keller, Die litterarischen Bestrebungen von Worcester,
s. 1 fussnotel); wifeles 111273,29. 632,31; Wilig 11583,11;
bi Wilig II 243, 1 ; Bhvilig ebda. z. 16 ; Wylle ford{a) K III
158,25.30; Tf t/He5 (m«^a) K III 200, 1 ; wiles yge IL ^92,19>\
Windoprlceh K III 229, 2. 6 ; Bedewinde I 452, 23 ; Winfles beorg
II 78, 30 ; tvisclea (B.-T. setzt dieses wort nach einer kentischen
Urkunde an und vermutet die bedeutung = sumpf) II 298, 7 ;
stucan wisc II 412,28. KIII 175,35; tcissan leage II 296,12;
Wittanige IV92,lb.28] WitanigeUlblQ,!. IV 94, 11; Wyttanige
III 519, 10. 25; writeles III 655, 16; wryteles III 478, 16.
Anm. 4. scirhiltce (acsn.) I 548, 11. 460, 31 ist wohl für
'hylte, neutralen kollektivstamm zu holt B.-T. belegt scoom-
hylti aus Wr. Voc. II 39. 60.
Gruppe 2.
äis passim; hü II 284,39 etc.; his UI 100, 17, C.C. X 17
dreimal; hys 11367,19; him C. C. X17 zweimal; hine ebda.;
is II 366, 14. 437, 29 etc. ; wi(f II 284, 37 etc. ; mid (praep.) II
285, 5, C. C. X 17 dreimal ; hlinc II 448, 10; hlingc II 437, 1 etc.;
hlidgeate II 284,28; ans%o(n) II 363, 28. 29 ; (?nm dpi. II 367, 10;
driddan ebda. z. 12; gif (Cod. gief) ebda. z. 5; gif (Cod. gyf)
ebda. z. 14; dingon C. C. X 17; midne III 100,3; middetcearde
446 B. A. WILLIiJIBy
II 363, 25. 29 etc. ; scipleage II 284, 82 ; tüige U 366, 20. 367,14;
Wille 1. s. praes. II 367, 10; willcB 3. s. conj. C. C. X 17; wtUat
ebda.; bewitanne 11366,26; bidde C. C. X17; ylkan ebda.; t»
n 366, 30. 31 etc.; uuiltuniensis IV 105, 81 ; UuiUensis HarL CJt
43 C 8; Ucetfeldensis IV 105,36; Hnut SciUinge U 283,32;
Hnut Scillinc II 284, 24 ; hnutscyUinga IV 105, 5 ; fmgerhfldit
/brda 1113,34; OeZ^ancumt II 283, 14. 30; Cyltancumbe$ll2IB&,^\
Cridiensis IV 105, 30, Hart. Ch. 43 C 8; Geuuisarum JH 99, 19;
Winteceastre II 366, 23 ; ingepenne II 866, 26; icenan U 284, 28.
36. 285,4; hiceles 1113,32; ticceburnan 11284^40; ticnesfeldaL
II 284, 31 ; wifilingfalod II 364, 5 ; citware mearce HarL C9l 43
C8 zweimal; trinitate 11367,16; Sigelm 11365,5; Sigeredl3.
437,21; Sigulf II U9,7; Siweardus lY 105,25; SiwerdlY 106,^
Harl. Ch. 43 G 8 zweimal; Wynsige II 364, 8; Cynsige ebdci
z. 13 etc. etc.; Eadwine II 365,18; Godwine IV 106,1; J?«/
wine III 298, 14 etc. etc.
Gruppe 2 biingt also nur 5 mal y, wovon 4 vor L
§ 5. Aws. y,
Aws. y, der t-umlaut von u, bleibt in der späteren spräche
meistens erhalten, nur unterlag es in der nachbarschaft g^
wisser konsonanten, wenigstens zum teil, dem flbergang in i.
Auf diese weise entsteht der wandel von aws. cy in d joi
von y in i vor palatalem konsonant bezw. vor liqoida oder
nasal + palatal (vgl. Siev. Gr. § 31 anuL). Es bleibt also n
prüfen, inwieweit sich diese Verhältnisse in dem dialekt des
Cod. Wint. wiederspiegeln. Ich behandle zuerst:
I. die ausAveichungen von älterem y nach i hin.
a) cy > ci. Die hauptbeispiele im Cod. für aws. cy and
cyning, cyne und cymd 3. s. praes. Mit diesen drei Wörtern
hat es folgende bewandnis: Bei cyning scheint der fibergaag
in i so gut Avie durchgedrungen zu sein, ich habe 94 beispide
mit i gegen 60 mit y gezählt: Bei cyne hingegen, das nur in
compositis begegnet, kommen formen mit % nur in einer nr*
künde (3 mal) vor. Es heisst weiter durchgehends cymö und
nicht cimö (letzteres lässt sich jedoch ein paar mal in gmppe 2
belegen, s. unten). Die beispiele :
Für cyning, da es so massenhaft vorkommt^ brauche ich
die belegstellen Avohl nicht anzuführen. Ich bemerke nur, diSB
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIENSI8. 447
das wort in allen möglichen Varianten erscheint, nämlich
cyning, cynig (K ÜI 203, 4), cyng, cining, einig (II 529, 1), cing,
Composita : Cingestun 1 593, 33 ; hynyngriches IV 229, 22.
cynehlaford II 583,14. 111402,2. 416,18 etc.; cynelic II
208, 1. 411,8 etc. (4) ; cynerices HI 417, 2; cynehamum III 501, 18;
cynescypce K III 359, 32 ; cynehlafordce K III 359, 29. 360, 15 ;
cinelaford K III 361, 5; als erstes glied zusammengesetzter
eigennamen (ich gebe nur je einen beleg) : Cynibaldi I 257, 21 ;
cyncebeorhtes II 485, 17; Cyneburgan I 548, 10; Cynegisl HI
398, 1 7 ; Cyneheah II 64, 4 ; Kynelaf 11 136, 1 ; Cynedeaüe (rodce)
K III 252, 22; Cyneferd II 342, 14; Cynred I 594, 9; Cynesige
II 359, 23 ; Cynewald III 402, 6 ; Cynewalh 1 544, 23 ; Cyneweard
III 649, 26 ; Cynewulf II 64, 14; Cynestan II 280, 7.
ct/m(? n 304, 25. 26. 27. 305,4. 443,16 etc.; cymef 11367 j
25. 26. III 183, 11. 12. 15; cyme (conj.) II 504, 15. Einmal er-
scheint u in cumff 11 440, 36.
b) vor palataler konsonanz: Hier kommen hauptsächlich
die beiden Wörter hrycg und brycg für unser denkmal in be-
tracht. Von diesen hat hrycg fast ausschliesslich i, z. b. ricg
1229,6; ÄWc 147,30. 11382,20. 1115,10; hricg lY 103,2;
kriege II 304, 31 ; ricges II 169, 18; hriegwege TL 357, 29; tiniber-
hricges I 515, 26; Tenhrie III 409,28 usw. mehr als 40 mal.
Dagegen: hryeweg II Qi, II; hryegwege II 412, 37 ; wieehrycg
II 74, 22 ; wieeryege ebda., und zweimaliges u (=y): hruetoeg
II 549, 28 ; hruegwcege ebda. z. 29. Bei bryeg überwiegen auch
die formen auf i (20 i, 11 y): hriege II 169, 17. 412, 27 etc. (4);
brieweg(e) II 568, 32 zweimal ; örocbriggce I 548, 12 ; wuduhricge
111446,29; wudubrigge III 607, 21; stanbriegeUlh20,4:; biean-
bricge 11600,6, HI 204,21.26; utelanbriege 11412,27. KIH
175,33; eeomman briege K III 219, 5; portes briege IV 96,4;
Mannces briege ebda. z. 5 ; hreodbricge IV 105, 4. 12 ; bryege II
163,1. 252,6. 111354,26; bryeggewctore II 410, 34; bryggeweorc
IV 51,19; hreodbryege UI 99, 32. 100, 4 ; Brombryege HE 415, 17.
Km 203, 20; Wealpaöa bryege KIH 179, 25; heofesbryeee m
655, 24.
Von anderen beispielen giebt es nicht viele: drihten UI
417, 8 ; drihtnes IV 52, 3 ; drihtne HI 432, 3 ; drithnes TU 502, 3;
drichtenes 111402,33. 502,3 anm.; dryhtene IV 51,29; biht(B I
539, 32; byhte II 135, 18; byge II 296, 4; bygce U 94, 13. 549, 31;
448 R. A. WILLIAMS,
gebiege 3. s. con j. IV 233, 29 ;' Hygebeorht I 48, 5 ; hryce (sa1)6t)
in 106, 39 ; hrycen HI 402, 26 ; gridbrice IV 283, 7. 15. 23 ; mfnär
brceces IV 51, 26; twybyce IV 27, 17 zweimal. Man yergldclie
auch das zu aws. ryht bemerkte, § 9, DI 2.
c) vor liquida oder nasal + palatal: efterfyliendraTN hl^2&\
dbilhd 3. s. praes. II 96, 31 ; forwyrce TL 96, 29; wircen U 241, 33;
scyldwyrhtana YllSb, 19; /yrA(acs.) 111446, 20, (gs.) 476, 23. 24
n 94, 10. 409, 37; furh (ds. und gs.) ebda. z. 40, gs. lU 476,18;
firh (acs.) III 607,11; byrg (zu nom. bürg) hat festes y und
fast durchgehends svarabhakti- vokal : byrig n 71, 13. 304, 29.
529,36 etc.; hceöbyrg U 207,6; byrigweg IV 27, 6; ebenso
byrgels III 632, 26. 27 ; byrgeUe III 127, 19. 20. 27; byrgdsas 11
582,8; byrigels m 62, 2b. 11298,4. 304,21 etc. etc.; einmalig»
i in birigelsum I 548,5; dince 11 208,1. Km 361,4; Öyndl
n 282, 22.
n. Sonst bleibt älteres y ziemlich rein erhalten: Spora-
disch erscheinen dafür u (= Schriftbild ffir y), % und das köh
tische e (ce). In alphabetischer anordnung sind die beispiele
folgende: bydene IV 108,18.32; BrinJielm II 262, S2; bymm
Kin 362, 17; inberöan (acplm.) 11 252,11; burb(erde, Öeow-
berde ebda. z. 16 ; byrstosdel II 549, 27 ; brystcedel IE 94, 10 {yigu
Binz KSt. 24 s. 268); gebyraö I 544, 1. KIH 189,12; gtSbyrtl
n 494,23.24; gebyriad II h36,l. HI 305,29 etc.; hytmml
542,28.11208,15; tivigbytme lO. 116, 3; ttoigbuinie I hhi,^\
twibütme IH 117,6; dyde 1197,1. 0 501,21. IV 233,18; gt-
dyde III 410, 8 ; gedyrstignesse III 502, 1 ; Gedyrstinysse ebdn
anm.; dyrstignesse III 402,29; dyrstnysse IV 51,34; firmdis
II 282, 2; firmdige ebda. z. 11; gefyrörian II 96, 15; gefyrOr^km
ebda. z. 6 ; fyrörunge ebda. z. 19 ; Twifyrde HI 412, 1 ; Tuißfri$
ebda. z. 17; tivyftjrde II 241,26. 242,20. K HI 203, 20; fyn-
leage U 504, 17. 18; gyldenan (adj.) KIII 362,34; gegrynd IH
416, 15 ; hylle 1 47, 22. 257, 13 etc. ; broehylle U 532, 10; lochgOe
K III 302, 11; beorchhylle K III 302, 11 etc.; ♦ erscheint in
hille 11382,12; hügrafon 11358,6; ManhüU 1176,19; JiMÜr
kille 11358,5; einmaliges u in hulgrafnm 11358,7; heahkjfUe
II 444, 15; sdrhiltw (vgl. § 4 anm. 4) I 548, 11. H 460,31;
hyndemcn III 501, 17; hyrne II 164, 15; hyman I 540,3. 543,1
II 185, 21 etc.; bremboslhyrnan II 94, 18; hynÖ (3. s. Ind. praea.)
IV 92, 29. 31 ; hyrstce I 548, 10. H 296, 13 etc. ; Ödmh^ste Hl
DIE VOKALE DER TOMSILBEN IM CODEX WINT0NIENSI8. 419
305,25; sealhyrstce 11485,23; Lamhhyrste K 111219,9; wcen-
Äyr5^ KIII 218,32; Eppelhyrste I 257,20; siblincghyrst JH
649, 18; smeagelhyrst HI 349, 28; ulanhyrste Hl 649, 15: Hysse-
human II 238, 1. 240, 16 etc. (8); Hisseburna U 241, 3; Hissan-
burnan II 206, 8; hyssapol U 243, 22 ; myln TL 568, 38. K III
189, 10; mylen IH 6, 21. K IH 253, 2 ; mylne IH 62, 24. 303, 30
etc.; mylensteall II 163,27; mylenhui^ian TL 172,35; mylenham
Km 189,10; mylnstede IV 96, 5; mylewere IV 92, 30; mylan-
Weges IH 303, 37 ; mxjlehroc IV 105, 4; einmaliges i in mügemwt
K III 252, 21; e in melehroce 11199,32; ntelebroces 111100,1;
getnynd II 289,23; gemund II 290, 7.9; gemund ebda. z. 11;
gemundedege 11 208, 1 ; 7nynster TL 96, 19. 262, 6. K IH 360, 3.
IV 51,16; mynstre I 539, 14. 543, 38 etc. ; minstre III 416, 23;
metister III 402,17; tcyrdmynte II 96,20. IV 51, 29; nymÖce
II 411, 3; nellad 3. pl. K HI 362, 30; pyllw HI 142, 3 di-eimal;
merpyll ebda.; wellpyll ebda. z. 4; wellpyllos 111141,28; weil-
pill ebda. z. 27; pytte 1181,4.8. 242,11. 111403,1 etc.; pyte
II 357,27; ptjt TL 81,3.8 etc.; wylfpyttce II 460,41; drocpyttce
I 548, 20 ; collpyUw IV 27, 13 ; lampytfas K III 252, 24 ; hringpyt
11162,22; hryngpyt Ilb4:9,38; cealcpyt TTl 157,17; uwterpyt
K III 359, 15 ; pyttedan K III 362, 21 ; putte 1 554, 29 ; hningpütt
1194,21; sprittan (infin.) H 96,16; stylhce 111127,24; (Bllen-
stybbce ebda. z. 23; (cscstyb TTL 305, 26; öornstyb 11 94,12;
(stybban snade ? III 273, 28) ; viel häufiger ist jedoch in diesem
stamme«: 5^w&& 111476, 18; stub 15^8,7; ellenstubbeTlI 4:46,19.
607,11; eUenstiMe III U6, 20; ^scstübbe 111205, 3S; eilen-
stubb in 446, 23; (Bscstubb 11444,17; ellenstub H 533, 27. HI
62,27. 476,15. 607,14; ellestüb eUa, z. 11 ; ellenstub TU 177, 32;
domstub n 533, 29 ; synna IV 51, 33 ; gesynta TTL 502, 23 ; öryni-
seile TL 411, 3 ; mcegendrymm III 402, 16 ; öyrran (adj.) 11 118, 27;
yferan 1545,11. 11382,19. K HI 302, 8; yferan HI 5, 9; ynib
II 244, 10. 282, 2. III 247, 8; ymbe II 583, 15; ynbce H 282, 22;
ymbutan III 607, 12; embegang VT 135, 14; wynna wudu TTL
106,8; Tryw5/(7e 11380,12.38 etc. (6); Wynsicge TTI 177, 16;
uynsies IH 240, 28 ; Wynnelm K m 304, 18 ; Winsige TL 235,32.
290,22 etc. (6); Winstan 0 280,22; Wunsige 11411,27. HI
502, 31 anm. ; IV 34, 33. 35, 4 ; gewyrpes I 543, 1. II 208, 27 ;
tvyrtdene I 148,29; tvytleage (Schreibfehler!?) 1 148,33; wyrt-
rtman II 341, 25. III 176, 13 etc. ; wyrtwalan I55i,28. 11242,14
etc.; wridivale TL 443, 15; wurtruman KIII 172, 33.
450 B. A. WILLUMS,
Anm. 1. Die verhältnismässig häufige Vertretung des aws.
y durch u scheint ein besonderes merkmal des Cod. Wint. zu
sein. Sie ist nicht bekannt in den Solil. Augustins und der
P. C. (s. Hulme, Meyer), wohl aber kommen bei Reimann (s. 22)
einige belege aus den kent. Evangelien vor.
Gruppe 2.
I. a) cing II4S7,29. 111100,17 etc. (10 mal); cyngc m
4, 29; cipigcs IV 105, 10. 13; Cynewalho II 283, 5; CyneuulfUl
3, 14; Cynestane II 367,4 etc. (kein i in diesem stamm); cymd
(3. s. praes.) 11 285, 5 ; cimd II 284, 39 ; cimed II 364, 1. 2 ; cynetan
II 448,4. II; (et Cynetan II 447, 14; Cynetanhy^ig 11 366,28,30.
367, 11.
b) Tiric in 3, 35 ; rigc 11 436, 37 ; hricges ebda. z. 38 ; hric-
Weges H 448, 9 ; hreodbrycge III 99, 32. 100, 4 ; hreodbricge IV
105, 4. 12. 13 ; brombrigce U 284, 28.
c) byrgelsas U 448, 13 ; Cynetanbyrig s. oben a).
n. mynstre 11 366, 25. 367, 19. C. C. X 17 ; mylebroce IV
105,4. 106,10; mylebroces IV 105,8; Melebroce m 99, 23.32,
100, 17. IV 104, 23 ; melebroces JR 100, 1 ; tymgeate 11 284, 41 ;
(wereffan) hylle III 3, 29 ; tvyrtwalan IL 364, 3 ; (scropes) pyt
n 448, 6 ; gemynddceg II 366, 22 ; Wynsige (Cod. Winsige) U
365, 9. 367, 3 ; gebyraÖ 3. s. praes. IV 105, 14 ; gebyret HL 100, 5;
pytteldene (vgl. a.n,pyttla, das Leo anführt s. v. pytt) H 448, 10;
ymm£, fymiest C. C. X 17.
Anm. 2. Wohl statt Cynred verschrieben ist Cyred 11
366, 7.
Anm. 3. Aus den obigen beispielen geht hervor, dass
sich gruppe 2 von gruppe 1 dadurch am meisten abhebt, dass
sie keine u statt y bringt; sonst liegen die Verhältnisse ganz
ähnlich. Interessant ist die in beiden gruppen vorkommende
schreibimg Melebroc, welche vielleicht auf eine mundartlich
gefärbte ausspräche der einwoliner des ortes deutet.
§ 6. Aws. 0.
Das aws. feste o bleibt in der späteren spräche und dem
gemäss im dialekt des Cod. unversehrt erhalten. Ueber das
offene o, das mit a vor nasalen wechselt, habe ich schon § 1,
rv gehandelt. Bei der anführung des materials in diesem
DI£ YOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 451
Paragraphen halte ich es für unnötig, in der regel mehr als
eine belegstelle für jedes wort anzugeben. Ich gebe wieder
alphabetische Ordnung.
apostolcB I 541, 3 ; Icehodd U 282, 25 ; hoebod 11 296, 34 ;
ungeboden IV 233, 23 ; hoddanstan U 164, 14 ; hoddingmed ebda.
Z.13; gelohte KUL 361,18.21. 363,5; hoxeU 358,33; hrocenan
I 229, 1; abrocenan K III 172, 30; tohvccenan HI 632, 31;
Brord I 48, 10; WihthrorÖ H 303,37; hrocc<BS KHI 252, 25;
clofenan II 298, 1. 5 ; aclofenas U 241, 29 ; Clotheris (vgl. ahd.
Elodhari) 186,20; cnöl 111227,28; cnolle 11242,6; cobbelea
IV 49,14; cobhan- II 298, 3. IV 49, 1; cocrodce HI 157, 15;
coua 0 (cofa) HI 127, 19. 20; coferantreow I 257, 12. 11 303, 20.
III 66, 13; cofringtreow HL 268, 28; coggan beam HL 478, 13;
collpytt IV 27,13; cobriäe 11 301,21; Colenceaster II 359,7;
coppeddn 11 241, 39; gecorenum HL 306,30; Corvinensem VT
277, 10; cotstowe III 446,25; wudacotan IV 27,20; doccena
/brda II 301, 20; Dodda IV 234, 6; doÄ/er ds. HI 416, 22;
adolfen I 540, 4. 11 135, 22 ; dolhcrundcel II 409, 22 ; domnes I
548,19; dufandoppeVf 92,3h\ Dorcen«'^ IV 93, 29; Dorceceaster
n 277, 20; Dorovemia I 86, 9; Dorubernensis 11 292, 18; Dro-
cenesforda I 547,14; ford I 148, 34; sehr häufig als zweites
glied zusammengesetzter Ortsnamen : rode ford I 540, 9 ; sunes-
forda II 206, 27; scealdanford II 485, 35; bestlesforda II 206,34;
tudeford II 171, 31 ; Widigford K III 252, 36 etc. etc.; fobban
wylle 147,27. 545,9 etc.; for 1541,2. 1196,11. 262,6; for-
seaöas II 295,39; forsteall IV 233,7.22; fordsteall ebda. z. 27;
foryrde II 74,27; fomangean II 600,10; foragean 11304,15;
foreweardne III 176, 18; forewearde (adv.) K HI 238, 29, (subst.)
IV 76, 1 ; forecwedenan II 358, 37 ; cetforan II 96, 8 ; beforan
ebda. z. 17 ; forg 1 540, 2. 3 ; fordrihte II 74, 28 ; fordfcedrcn VI
207, 13; fordsigc lU 417, 8; cetford KIH 203, 12; Fordhwres I
229,15; Fordred U 136,3; gefordian {inta.) KIH 362, 30; ge-
fornuedon VI 207, 10; foxec IV 90, 9; foxholum I 548, 1; froxor
felda m 432, 22; Forscanfeld I 452, 22; glottes wylle 11 78, 28;
God VI 136, 12; godcundnessce 11 410, 36; Godwine HI 477, 12;
goldes HI 416, 25. 432, 10; hloswuda II 301, 23; hlosmoc (?) I
229,8.10; hnottan 11568,35; hnottanford 11533,29; hnottan-
*) Dieses wort setzt Sweet, O.E.T. s. 643 mit länge an, dagegen StD
mit kurze.
452 R. A. WILLIAMS,
nuerce U 549,23; Hogganclyfe K TU 36S, IS; hol lU2,2i
Holaforda IV 233,30; foxholum IU8,1; holdingstowe IL 30i,26
h(FscelhoU I 548, 20 ; cescholtces 11 77, 9 ; bullanholt 11 206, 29
higanholtes m 292, 27 ; hordwyllce 11 549, 29 ; hornford IV 45, 26
horninga IV 92, 33 ; horoweg 11 295, 40 ; hors TL 583, 22 ; hors-
ford 11171,5; horsgeat KIII 158,28; horswaÖes {-paÖesT) II
77, 10 ; horsweges K HL 219, 2 ; Hrofensis K HL 303, 16 ; hrofan-
hricge KIII 223, 25; hrofanhric KHI 302, 8; hOiylle KUL
238,29; lofe (ds.) 11381,10; loddcerces 1194,9. 549,26; loxan
wuda in 142, 1 ; Mocca I 107, 24 ; moxes dune I 542, 28. 32.
II 208, 18. 24. m 296, 20; nwrddic H 442, 31; noräere acsm. 11
242, 20; noröeweardne 11 206, 28; noröeast U 358, 11. 28; norÖ-
wcst II 358, 17 ; nordcendce II 460, 19 ; norÖefes II 412, 32 ; norÖ-
geatt III 62, 32; nordwealle III 416, 27; norÖhealfce II 460, 17
noröhand II 485, 31; Odda II 244, 35; oddun IL 495,19.25
Oda n 383, 7 ; odenford (zu öden = "threshingfloor''?) 11 244^ 2
o/'passiin; Ofcertun HI 26, 25; offringdi^c KHI 360, 11; oft IL
341,30; Ord^ar 11241,16; Ord^ard III 520, 39 ; Ordheah U
505, 12; OrdlafIL 234, 27 ; Orferd II 241, 13 (dazu wohl Offerf
n 242, 27) ; Ordiriht HI 477, 4 ; Ordnoff K HI 190, 5 ; Ordric
Km 239, 15; OrdteZ/" K IH 190, 1 ; Orceard 11 73, 28 ; orcerd
n 74, 19; orcercumh II 76, 8; orcerdford IL 171,4; Oterbuman
Km 203, 20; oteriford II 76,14; oUanforda 11301,15; öxan
hcedfelda 11298,7; oxena IV 90, 19; Oxenafeld 1176,17; oöde
m 402, 30. K m 353, 7 ; cocersplottes VI 136, 12 ; poddan heorge
III 297, 27; populfinige K m 219, 8; porte IL 568, 37 ; portmen
m 402, 14; portstret 111303,28; portwealle VI 207, 18; Port-
Zand VI 121, 21 ; Porteceaster UL iU, 17; langport 111176,6;
roccancampces II 485, 18 ; scobban byrgels K m 252, 32 ; scoccera
weg II 80, 24; scole subst. 11 96, 21; scolde ebda. z. 12, 22;
scortan II 71, 12; scörtan II 367,4; Snoccan I 107,23; sol 11
379, 14 zweimal ; söppcuppan LIL 432, 11 ; sopcuppan K m 360,
19. 24; sotceorles 11 242, 13; tollan dene IL 379, 19; Torhtred 11
136,7; ^orre (ds.) II 494, 13 ; ^or5ca(/an II 291, 7 ; tottencumbe
II 207, 1 ; stocc IL 412, 33; to Stöce III 8, 12; stocwyllebroc HL
446,28; stocfliot LH 2AQ, 27; heafodstoccas IL 80,28; imbstoc
Km 338,7; dorn I 548,3; dornhlinc III 296,29; gomr(Bwe
K III 199, 31; öormvic III 478, 15; dornhyrste UL 305, 25;
crawandorn IV 103,4; mcerhöorne LI 485,28; stapoWom Hl
303,34; wrostlanwyl (Schreibfehler für örostlan-?) m 134,34;
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 453
örocfnere IL 118,27.32; wocces geate 11242,5; woddes geat I
542,29. n 208, 15; wolde II 96, 15. 16; wopUnc (flussname) III
655,28; worhte K HI 361, 27. 28 ; gewohrte 1196,20; worhtan
I 543,38; worton IV 76,3; wrobban lea II 297,39.
Gruppe 2.
brocenan II 436, 34 ; Wihtbrord II 285, 31 ; Collinga 11 366, 9 ;
coltan n 448, 7; Borcensis IV 105, 33; Dombernensis 11 283, 19;
forda II 284,39; aforeworda C. C. X 17; tefore ebda.; forÖ IL
284, 29 ; Godes II 366, 21 ; Godtvine IV 106, 1 ; 6fodWc ebda. z. 9 ;
hole weg IL 448, 11 ; norö II 284, 35 ; Odda II 285, 31; of passim;
oääe C. C. X 17; ofer II 366,23; Ordgar II 285, 23; Ordlaf
ebda. z. 20 ; Ordeah II 449, 6 ; ottesforda II 364, 10 ; poddan
beorge 111297,27; scortan 11364,8; heafodstoccum 11284,36;
gemcerdornan ebda. z. 38 ; wordum IL 367, 8 ; hlosmoc IL 436, 40.
§ 7. Aws. w.
Im dialekt des Codex bleibt das u fast durchgehends er-
halten. Statt dessen kommen aber auch einige male o, y vor.
Die y sind leicht zu erklären, aus der spätws. Verwechselung
dieser zwei zeichen an manchen stellen, vorzugsweise aber
nach w (vgl. Siev. Gr. § 71, 72). Die o veiTaten vielleicht
den ansatz zu dem in me. zeit herrschenden gebrauch des o
statt w. Es ist bemerkenswert, dass dieses o in P. C. sowie
in den Solu. Aug. noch fehlt. Dem gegenüber scheint es ziem-
lich häufig in den mk. Evangelien vertreten zu sein (vgl.
Reimann s. 19). Die beispiele:
Bucca IL 172,15; Bucgan oran 1 148,28. 554,28; bucgen
oran III 117,4; buchan forda II 74,23 (mit diesem stamm vgl.
man ahd. Bucco, Buggo); bude 3. s. praet. conj. IV 233, 9; Buda
I 107, 13 (vgl. ahd. Btido, Buddo, Bodo, Boddo etc.); Buga II
244,22; bugan stöc LLL6bl,2'i; bullanhoU LI 206, 29; bulan-
nujedxB II 94, 18. 549, 34. III 62, 28; Bullede U 79, 14; gebunden
HL 402, 34. IV 52, 4 ; bunningfald III 349, 27 ; bunteles pyte LI
357,27; bürg IL 171,36; burhwaruYL 207, 2i; burhgerihtu IV
233, 26 ; stanburg 1 548, 1 ; eoröburgegeat II 485, 31 ; Burhgensis
K III 303, 31 ; Burhheardi 1 516, 13 ; burgilde II 207, 2 : Burgnc
IL 461, 18; BurlafLL 172, 21; JEseburgce I 229, 19; Cyneburgan
I 548, 11 ; Eadburge II 459, 12; burnan I 47, 33. 547, 13. 14;
hurnstow 11412,38; Ticceburnan 11289,20; Scealdebuman H
454 R. A. WILLIAMS,
271, 8 ; aloriurnan H 296, 24; hysseburnan 11 242, 7; seoles-
human EU 478, 18 etc. etc.; Butermere U 118, 6. 16; cumb I
229,7; Cttw6e(s) 1228,25. 1174,19; cymJe^ II 494, 20; afer-
cynibe ebda. z. 19 ; Cumbtune II 273, 17 ; Cütancumbes 11 96, 3 ;
Crauuancumbe II 273, 17 ; alei'cumb 11 243, 36 ; ccerscumbce DI
127, 19 etc. etc. ; cume (conj.) II 440, 33 ; cumad 1 149, 2. 555, 5 ;
Cumman I 149, 12 ; Cuman 11 359, 15 ; oncunnan U 282, 23 ;
cuntan heale III 273,29; söppcuppan HL 432,11; sopcuppan
K m 360, 19. 24 ; Cupping III 172, 25 ; curs U 96, 33; crund-
w?yKe III 145, 24. 30 ; crwndwi I 47, 21. 29. 545,10; Crundelas
m 631, 20 ; dolhcrundosl II 409, 27 ; Dudda H 99, 31. 164, 20 ;
dtiddanftroc m 632, 20 ; duddmcgbearuÖuJn&^\^\ dundebuman
11412,32. Kin 176,4; dunneburnan ebda. z. 3; dünnes (vgL
ahd. Tunno) stigele 1 148, 33. 554, 35 ; dürre 3. s. conj. m 402, 31.
IV 52,1; Fugeisled Iilh2Q,4:\ Fugelmerc JI1Q^2,1Q\ futticce
n 410, 39; fullan 11 411, 6; fiicges (vgl. ahd. Fucco, Focco etc.)
flodan n 358, 19. 20 ; fulluht II 96, 4 ; foldo 11 252, 5 ; fuUumien
n 252, 4; fultume UI 502, 9 ; gefulstan K III 364, 11 ; scrudfuTr
turne II 583, 18 ; fund^n H 282, 3 ; Hamanfunta 11 412, 9. K LEI
175,9; JByrA/wntonni 415,25; JByrA/MntonKm203,29; Hafunt
m 415, 25. K m 203, 29; bceccefuntan IV 27, 15; furh (acs.) H
163, 26. Km 238,28, (gs. II 409,26.27.31.32; furlang HI
446, 26 ; furöe TL 252, 8 ; grundleasan HL 403, 1. IV 52, 8 ; hnut-
clif m 520, 10; hnutUage II 379, 9; hnutwic K HI 176, 17;
HnutscilUngw K HI 203, 21; Nuisdllinge 11164,4; Humbre I
594,15; humbracumb III 446, 22. 607, 13 ; Nordatüiumbrensium
K III 304, 3 : humwil III 268, 33 ; hummincgiun HL 145, 31 ;
hunigweg I 257, 9 ; hunigwiellce II 296, 25 ; Hunigham K HI
238,30; Ätmijferöces III 105, 30 ; 7m«dII252,9; hundtwelfligum
II 583, 21; Imndseofontig III 415, 28; hunenlyftig ebda. z. 21;
hundredpenegas IV 233 passim ; hundeahtati HL 432, 12 ; hund-
twcentiga III 432, 7 ; hundatüne H 304, 28 ; hyndes LR 296, 23 ;
huntan K III 230, 25; huntena H 494, 15; huntoäe H 280, 8;
üm/J^ ds. I 541, 3; lufan ds. II 282, 21. 290, 7.11; lufum K IH
361, 6; als Aveiblicher eigenname: Lufe II 252, 12; lufcehammas
IV 27, 8; Lullan seile (vgl. ahd. Lullo) K HI 213, 1; luOan
sloede II 171, 35; Lulle II 74, 37; LulheU II 77, 29; LulUde H
64, 10. 73, 11; Lulles beorge I 229, 2. H 436, 30. m 143, 8. 13;
iMllingLAß.ll, 1164,13. 74,39; lundenwegHL^Q^,^l\ lunden-
Ä^rpa^ßn304,13; LundoniensisLU8,S8. IV 69, 10. VI 135,34;
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 455
getnunen IL 207, 80; gemundedege H 208, 1; ntyndbrceces IV
51, 26; Sealemudda K in 198, 36; -mund als zweites glied zu-
sammengesetzter eigennamen : ^Öelmund II 380 1. z.; Ceohnund
n 271, 35; Eadmund II 486, 22; Garmund IV 234, 4; Beorht-
mund n 136, 5; Heahmund U 135, 39; Niömund 11 64, 16;
Osmundces I 540, 2; Plegmund U 271, 29; rodmundes II 410,1;
Gudmund II 77, 24; Edlmund (Schreibfehler?) II 170, 22 ; mune-
cos m 402, 19; munecan ebda. z. 18; monekan IV 229, 19;
munuclife HL 416, 8; nunnena HL 306, 24; nunnanmynstre HL
416, 21 ; nunhiredes III 416, 23 ; pund II 280, 6 ; pünd U 241, 27 ;
Puttuces 1149,11; sculan H 241, 23. 32. IV 51,27; scuhn IL
282,15; succan HL 296, 26. 27; suggadenescumb HL 141,32
sugehroce II 288,6; sugarode HI 519,29; sulunge K III 362,3
5wm6 m 416, 24. II 441, 6. 504, 26; sumeres K IH 363, 31
sunu, -e, -a II 96, 13. HI 402, 6 etc. ; sunesforda LI 206, 27
sundermedHL 145,32; gesundfuUnessce LL28ljlS; Trundlesham
Kin 172,35; tudeford (vgl. Tudda OET s. 564) H 171, 13;
turdingsceat K III 252, 21 ; turlan (homme) II 494, 21 ; Öurh
passim; durhwunien H 410, 32; Burhferd II 380, 28; durfa
(3. s. conj.) n 282, 23; Dwwm I 548, 12. H 460,31; gedurstig
(vgl. geöyrstig unter y) II 410, 35. IH 306, 28; Vhha H 207, 12;
ü/ran235,34. 272,1. 244,28. in241,9; Vfinctune HL i0%,l2\
Ufintune LH 415,16; uhbanleage 11242,24; uferan 11600,7.
m 292, 24; bufan H 210, 10; onbofan H 367, 28; ufeweard I
542, 24 ; ufeweardne II 118, 30 ; ufeweardon H 297, 1 ; ufanwerdu
1174,26; ofeweardne 11118,29; ufwyrd IV 95, 29; Vueratune
H 297, 1 ; Uferantune K III 203, 23 ; ummanig (vgl. ahd. Ummo)
m 349, 23. 30; unc IV 279, 27; uncer K 0 361,25; uncre LH
432,25; undcer UL305,29. KIH 360,6; tinferode^^ IH 416,29;
umbeflttan II 280, 9 ; umbcesceccen II 296, 32 ; geunnen IV 51, 23;
geunne I 544, 4 ; gaunnan II 262, 9 ; unnun H 282, 5 ; up(jf)
sehr häufig akzentuiert, passim; upan II 504,24; uppan II
600,7; uppcecgcelL A8bj2b] uppinghcema HL 6b0, Ib. 17; up6ode
I 149, 2 ; op III 632, 23 ; Wuddan 1 107, 16 ; wuUre I 541, 3 ;
wulfpytLV ^%1; wylfpyttcB H i60, 4:1; wulfpyit(B L b^, 20;
wulfhoran II 301,17; wulfruscan LH 632,23; wulf \si sehr
häufig als erstes und zweites glied zusammengesetzter eigen-
namen; im ersten glied wird häufig das u nach w nicht ge-
schrieben: Wulfbold II 359 1. z.; Wulfgar KIH 189,27; Wulf-
geat KHL 304, 10; Wlfhere H 64, 8; WulfhearÖ H 305, 12;
456 R. A. WILLIAMS,
WulfheahKni239,13] Wulßac (?) Kill 230, 19; Wülfhelm
1548,33; Wlflaf II 64,11 (dazu Wullaf TI 74, S9); Wulfnot
II 383, 14; Wulfme7' I 549, 10 (dazu Wulfncer K IH 203,4)
Wulfred II 74,40; Wulfric I 543,38; Wulfrun Kin2H27
Trwi/5?t>KIII176,34; Wulfsinus lY 69,16; Wulf8tanU2aS,2S
Wulföryö (dazu Wulfriöe II 162,27) II 135, 38; Wulfweardm
172,11; ^Öelwulfuslh93,\2\ heorhtulfes\iI6hh,Vl; Beomulf
II 251, 34; Cenewulf II 77, 22; Denewulfus H 170, 12; Eadw^
11135,40; EaUwulf 11112,13; Eanulf 111241,22; EofMf
11244,36; egwulfes II 14,24; Garulf II 172,18; HerndfU
163, 11 ; Kynewulfo K III 300, 29; Keanulf K lU 303, 30;
Orclulf II 163, 15 ; Ostclf II 271, 37 ; Sigulf I 549, 14; SwüMf
II 380, 38 ; Werulf II 241, 20 ; Wüulf II 244, 26; Wulluees U
77,3; wuncges dune II 358, 26; wunces hyl III 176, 7; umnimli
252, 15; durhwunien II 410, 32; midwuniud IV 52, 10; wummf
III 417, 8.
Anm. 1. In einigen an. lehnwörtern entspricht u eineB
ursprünglichen o, so z. b.: Curig (an. Kort) II 273, 12; Owri IV
234, 6; curigie II 74, 17; Bureytel (an. Porkell) III 520,83;
Burgüs (an. Dör^f/Z^) IV 69, 24; Vrm (an. Ormr) II 380,28;
zwischen m und o schwankt huredes (an. Horef, ahd. ^oriil)
K III 336, 16, 27 ; Horeö K III 193, 32. 196. 35.
Anm. 2. Schreibfehler scheint zu sein punges (statt
wunges?) dune 11358,26.
Gruppe 2.
Buga II 365, 33 ; hurghardes II 363, 28 ; Butermere 11 367,6;
human II 284, 40; ciimhe II 436, 39; cumed (3. pL C. C. X 17;
crundelas III 3, 36 ; cules felda II 284, 31 ; dunnan stan 11 448^»;
fug ebnere II 364, 9; furlanges II 448, 5; Crunner 11 365> U;
£fMw^ Scillmgc II 283, 32 ; luiielice C. C. X 17; Zu««« H 436,35;
Fleymund II 285,9; Ceohnund ebda. z. 16; Deormufid eUa.
z. 29; Eadmund 111 4,29; Mdelmund III 4,27; sugebroce ü
284,30; ^wwm IV 105,9; i^wr/ere? H 365,12; AirA U 364^2;
uferantun II 447, 15; Oferantiines (wir haben es hier wah^
scheinlich mit einer Verwechselung von ofer praep. mit der
w/'-sippe, d. h. w/a/e, w/erm etc., zu thun) II 449, 8; üffa II
285, 23; U7icer II 360, 20; up II 284, 28. 30; üp ebda. z. Sfi, 89;
IT/T^i II 365, 8 ; und zahlreiche eigennamen auf wulf.
DIE VOKALE DES TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 457
Kapitel II. Die kurzen diphthonge.
§ 8. Das aws. ea.
Die schon angeführte thatsache, dass ea einige male für cb
erscheint, zwingt uns zur annähme, dass zui- zeit der ent-
stehung des Cod. das ea monophthongiert war, und ist ebenso
für seine lautliche geltung beweisend. Trotzdem hat sich das
ea in weitaus überwiegender masse erhalten, und hierin kommt
das streben der Schreiber deutlich zum Vorschein, die Schrift-
bilder der überlieferten ws. spräche zu erhalten. Wo die Schrift
monophthongierung aufweist, schwankt die bezeichnung zwi-
schen cea, a, ce, e. Die a lassen, wenigstens z. t. eine beson-
dere erklärung zu, siehe unten I, 5. Die cea sind ein beson-
deres kennzeichen des Schreibers X, sind jedoch auch in dem
anderen teil des Cod. nicht unbekannt (je einmal cmMy gceat).
cea statt ea kommt häufig in den Sol. Aug. vor, und wird von
Hulme als eine mittelstufe in der entwickelung ea — ce an-
gesehen. Was das gegenseitige Verhältnis des ce und e an-
geht, so fällt es auf, dass das e überwiegt. Dies hängt
vielleicht davon ab, dass e schon an gewissen stellen, nament-
lich vor h und nach c, g, sc aus dem Spätws. überliefert war.
Sonst können mr bemerken, dass e für ea in der P. C. gar
nicht, und in den Sol. Aug. nicht häufig belegt, in den mkent.
Evangelien aber eine bekannte erscheinung ist.
Anm. 1. Eine Verwechselung der diphthonge ea und eo
tritt sehr selten auf, und dürfte im einzelnen aus bestimmten
gründen zu erklären sein, vgl. unten. Einmaliges aso statt
cea = ea bei X kann nur für einen Schreibfehler gehalten
werden.
Anm. 2. In gruppe 2 ist natürlich erhaltung des ea regel,
ausser wo besondere momente (tonlosigkeit etc.) in betracht
kommen.
Anm. 3. Wo es darauf ankommt, die beispiele aus X
kenntlich zu machen, deute ich diese, wie schon früher ge-
schehen, durch Setzung eines Sternchens vor die Seitenzahl an.
I. ea vor l + konsonant.
An dieser stelle bleibt ea fast durchwegs erhalten: an
abweichenden Schreibungen begegnen t»a, a, ce, sehr ver-
einzelt e.
▲ngU*. N. F. XIIL dO
458 B. A. WILLIAMS,
1. Die belege für ea: eäll {ealles, edlne, eallum, ecüra,
ealle, eallan, ealswa, ealling II 442, 32) passim; ealfolc III 306,25;
eald (ealdes, ealdne, ealdum, ealdra, grösstenteils aber in der
sw. form ealdan) passim; ealdan III 476,19; sehr häufig als
erstes glied zusammengesetzter eigennamen: Ealdred II 359, 17.
383, 21 etc.; Eald{w)ulf II 172, 18. KIII 303, 8 etc.; Ealdelm II
496, 13 ; ealdlmnces II 296, 26 ; Ealdincburnan III 432, 19 ; ealdor
II, 296, 30. III 416, 11 ; ealdre IV 51, 27; ealdorman, -mon II
96,28. 583,16. 111432,1 etc.; ealdwrmannce 1540,7; ealdor-
modor K III 364, 9 ; hcalf I 540, 4 ; healfe I 542, 25. 547, 27 etc. ;
healfcecer III 145, 31 ; healfhund III 502, 8 ; norÖliealflli&O, 22 ;
easthedlfe II 357, 21 ; westhedlfe II 379, 18 ; OÖerhealf K III
203,21; cealcgraf II 304, 31; cealcgrafas und cealcgrafon II
295, 40 ; cealcpyt III 157, 17 ; cealcliammces III 304, 1 ; cealcride
IV 49, 10 zweimal; Calhtune K III 362, 13; cealcan gemere
I 545,13; cealfa I 542,39. II 208,25. 296,20; cealfhangran
III 478, 15; wealU VI 207, 17; weallum II 409, 24; tceallon U
409,25; wealdtc III 157, 12 A3 \ wealgewuorc lY 51,19; Weah
paddbrycge K III 179, 25. 26; norö-y suÖwealle III 416, 27;
portwealle VI 207,18; steallcere III 172,23; mylensteall, -e H
163,27; tunstealKmi93,U. 196,17; forsteall lY 283,7, U.22;
forsteallas IV 51, 25; forösteall IV 233, 27; sealt II 290, 2;
sealtera I 229, 7. II 436, 38 ; ctvealnistowe II 81, 7 ; swealtcan
66rn II 460, 18 ; swealewan hlypan IV 27, 13. 14 ; healdan II
296, 16 ; hrunigfealles III 632, 22 ; anwealdes III 502, 17 ; wealde
3. s. opt. m 417,2; gesealde I 541,2. U 96,14. 244,11 etc.;
sealde K UI 353, 25 ; sealdan II 163, 6. III 402, 7. IV 279, 21 ;
sealdon II 411,4. VI 207, 18; gesealt III 502,9; seolde (Schreib-
fehler) 111416,20; healdan 111402,28; gehealde ebda., KIH
363, 26 ; Scealdeburnan II 270, 30. 273, 18 etc. ; SceaUehuman-
stoce 111501,4. 502,12; scedldosmeres 11291,4; Scealdanfleote
1593,1.7; scealdanford II 4Sh, 3b] scealdedeninga lY 108,24;
Wealtham 11297,16. 298,10. 111167,1 etc.; wealtheminga II
288, 22 ; Cynedealle K III 252, 22 ; Mealdubiensis K III 303, 31 ;
Mealdcelmes III 432, 6 ; Wealda II 274, 5 ; wealderes weg IV
90, 20; wealdenes wege II 441, 4. 504, 24; häufig sind die eigen-
namen mit Ealh-: Ealhstani I 555, 10. 540, 24. II 75, 12; EaJh-
«ton n 77, 23. 31. 94,31 etc.; jBaZÄwund II 274, 4 etc. ; Eath-
hdm I 549, 16. II 461,27 etc.; ealhceres UI 127, 20; Ealcheres
1179,7; EalhferffU 162, 26. Auf analogie der zweisilbigaii
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8I8. 459
casus beruhen folgende formen: heal II 291,5.6; JiweÖelsheal
III 176, 11; hwedelesheal III 655, 25; oddanheal II 495,25;
leasheal II 295, 37 ; dacselehml III 655, 20. 21 ; gewöhnlich wird
für die obliquen casus gelängter vokal angenommen (vgl.
Sievers, Gr. § 242), und demzufolge wäre es denn wohl logisch,
auch länge für heal zu beanspruchen, wie denn Sweet that-
sächlich es thut (vgl. St. D. s. v.) ; gegen diese annähme spricht
jedoch das einmalige nasddcerheall IV 103, 8 , das kaum der
Unachtsamkeit des Schreibers zugeschrieben werden kann, denn
heall kommt auch in -^Ifrics grammatik vor (vgl. Cosijn s. 11).
Diese form deutet, meines erachtens, auf erhaltene kürze ; das
doppelte l ist kaum anders zu erklären, als durch analogie
von kurzvokaligen formen wie eall Dass der Schwund des /*
nicht notwendigerweise die längung des vorhergehenden vokals
nach sich zog, versucht Chadwick (OES s. 8, s. 30)^) wahr-
scheinlich zu machen, der u. a. darauf hinweist, dass ne. Wales
auf eine form Wälas nicht Wälas zurückgehen muss. Die
obliquen casus von healQi) sind zahlreich belegt: hcedfeUheale
III 632,24; ctintanheale III 273,29; Wroccesheale IV 76,4 etc.;
an dieses wort schliesst sich wohl seal(h) in sealstyb II 460, 27 ;
sealstub I 548, 7 ; sealhyrste II 485, 23 ; seale II 357, 25. 26 an.
Anm. 4. Schreibfehler für eald sind eallan forda III 305,
22 und eala sceapan II 241, 31. Ebenso, statt Ealh-, cealc-
swyäeddl 11444,11?
2. Die belege für cea: (Baidan II *94,21.23; hcBalfcB KIII
*229,32; stcealla^re 111*172,22 zweimal.
3. Die belege für (b\ celles II 96,11; (eile IV 229, 5; celre
(gpl.) ebda. z. 21 ; ^Idred III 274, 7 ; cwcelmstowe II *288, 10 ;
wceldeä IV 229, 22 ; ^Iferff (zu JSalh-) II 163, 10.
4. Die belege für e: geseid (i^^t) IV 279,26; felghyrste II
*296,7; ecgerdes hei (zu healh?) III 519,35; wt Faules Hele
IV 234, 8; Hegsteldescumb II 77, 18.
5. Die belege für a: half II 135,21; alda^rmannces II 135,
25 zweimal ; stvalwanöörn I *547, 27 ; stvalan (schreib- oder
druckfehler für swalt€an?y) IV 34, 12; Waltham II 274, 3. 11;
CalncB K III 302, 22; balderes U *118, 26; salde II 252, 17;
*) Vgl. aber auch Sievers, PBB X, 489. In diesem artikel wurde
schon vor jähren der Wechsel zwischen länge und kürze hervorgehoben und
hinlänglich erklärt. *) Möglicherweise auch statt smalan,
80*
460 R. A. WILLIAMS,
WaldaU 276,3; Waldo U 2il, 12. 242,26; ÄaZÄ H 206,35;
alhrewe 111655,28; Lutcgares hole K HI 363, 20; WaldanesU
76, 16 ; die grösste masse der belege für a in hanpttoniger
Silbe liefern die eigennamen auf Bald- und Ealh- : die formen
ald' und alh- sind jedoch nicht auf alle teile des Cod« gleich-
massig verteilt ; ald- schwindet am ende des nennten ji^L, *)
und nach 932 finde ich keine belege mehr für alh-. Die be-
lege sind: AUelmus I 107, 8. 149, 17; Halduulß I 86^19;
Äldmdf 187,26] Äldred 1173,11. 79,20; Äldrced U *9i,38\
Äldrede II *93, 14 ; Äldredo ebda. z. 22 ; Alhstan I *547, 5.
*549,15. 11*64,3.6.15. 79,13 ebda. z. 19 anm., H 80, 12. 18;
Alcstani I 543, 27; Alhmundus I 452, 17; Alheim II 381,8;
Alhferö II 135, 38. Die zeitliche Verteilung des a in diesen
zwei Wörtern ist interessant, denn sie weist anf erhaltong
eines altertümlichen zugs im Cod. hin. Bekanntlich hat die
Parker handschrift der Chronik meistens a statt ea vor h
Da auch ein schwanken im Orosius und C. P. vorkommt^ müssen
wir wohl für das Frühws. eine dialektstufe annehmen, woranf
wie in den ausserws. dialekten die brechung unterblieb; der
einfluss dieser dialektstufe ist jedoch später ganz verschollen,
denn bei JSlfric ist das ea durchgeführt. Diese stnfe hat aber
spuren in den früheren Urkunden unseres Cod. hinterhissen,
die, was die eigennamen auf Eald-, Ealh- angeht, sich durch
mehrere abschrif ten hindurch (denn es ist geradezu undenkbar,
dass die ins neunte jahrh. bezw. früher datierten ni'konden in
ihrer original - gestalt im zwölften jahrL noch vorlagen) bei
den me. Schreibern noch erhalten haben.
Anm. 5. Wahrscheinlich statt toaldenes verschrieben ist
Waldes weg II 242, 8.
Anm. 6. An nebentoniger stelle ist wohl die brechung
nie durchgedrungen, denn die frühws. formen mit ea können
auf analogie der betonten formen zurückgeführt werdet Das^
selbe Verhältnis spiegelt sich dann im Codex wieder. Es
kommen vornehmlich in betracht die composita auf -walk,
'bald, 'ivaldy neben -walda in brytenwalda U 410, 28. 411, 12.
'tvald ergiebt im laufe des neunten jahrh. -woldy wohl unter
dem einfluss des vorausgehenden w. Das erste wold trefCea
0 Dagegen liefert gruppe 2 ein beispiel unter dem datam 96L
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 461
wir 826, nämlich ^Öelivold I 549, 8, das zweite ringtcoldes U
76,16 anno 854; nach 975 kann ich -wald nur fünf mal be-
legen: Oswald KIII 200, 6; Oswaldus K IH 216, 4. 336, 32.
338, 12 ; Garicaldintune K III 362, 4. Schreibungen , die wohl
als bloss traditionell anzusehen sind. Belegt sind ^Öel-, ^If-,
Cen-, Os'y Byrht-, Regemvald und -wold, sowie Herconwaldus
I 107, 6 ; cescwaldes II 296, 4 ; bindwaldes II 301, 20 ; Eadtvold
III 177, 5; Hirwold VI 122, 14; Sigewold II 360, 7; Scewold IV
234, 7; (Kynewald II 504,39 ist nicht sicher, III 402,6 ist es
statt Cynewalh verschrieben). Dieselbe entwickelung hat aller
Wahrscheinlichkeit nach -bald durchgemacht : ^delbald II 74,
32.33. 77,25, 80,14. 94,33. 99,3; £de»a W II 99, 28 ; Adel-
baldi II 98, 14; ^öclbaUo II 98, 24; Cynibaldus I 258, 13;
Cynibald I 257, 21 ; Vibald I 48, 12; htimbaldinggraf lY 108, 28;
dagegen Wulfbold II 359, 40; Rengebold (= Regenbold) IV
229, 26 ; Ceolboldingtun II 287, 3. 36 ; Ceolboldinctun II 409, 2 ;
Ceolboldincgtune II 408, 22. Uebrigens wird dieser Übergang
durch gruppe 2 bestätigt. Die belege für -walh: Cynevalc I
47,5; Cynevvalcl4:8,2] Cynewalclb54y 10; Cynewalh 11^8,10.
544, 23. III 400, 26 etc., dagegen nur ein ea in Cynewealh lU
398, 17. Zu beachten ist femer Ceadivalla III 398,32.
II. ea vor r + konsonant. Meistens erscheint ea, gelegent-
lich oea, ce, e, a.
a) vor r + dentalem verschlusslaut.
1. Die belege für ea: weardces beorh II 549,37. III 62,23;
tveardan hylle II 341, 26 zweimal; weardsetl{e) I 257, 13. 11
532,11. 11166,15; w;(?ar*e« III 66, 14; M;eard/eW II 303, 21 ;
weardrode III 268,28; foreweard{e) (subst.) I 543, 17. IV 76,1;
weard als zweites glied adverbialer composita (in Verbindung
mit tvest{e)-, siid(ey, nord{e)-, east(ey, fore-, ufe-, ufan-j ute-,
nide-, midde-, middan-, midne- etc. und in den formen -weard,
'Wearde, -tveardne, -weardre, -weardum, -an) passim, ebenso als
zweites glied zusammengesetzter eigennamen (in Verbindung
mit JE&el-, jJ^lf-, Ead-, Os-, Wulf-, Cyne-, Si = Sige-) passim;
heardan geat II 440,38. 504,19. IV 90,10; heardan leage II
367,24; //eanZ/wc IV 234, 4 ; als zweites glied von eigennamen;
jEdclheard liS, 4 etc., JElfheard II 293, 10; Egheard II 64, 10;
^scheard II 71, 20 etc., Burheard 1 540, 26 ; Witheard I 540, 27 ;
gistcardes ? III 632, 12 (zusammen 23 formen) ; gewearÖ II 96,
462 R. A. WILLIAMS,
4. 10; eard U 96,22; Eardulf II 244,36; Yffelbeard U 290,31;
ceardices II 241, 38; ceartancumbesford U 76, 11; sceard HI
145,27; sceardan adj. K III 363, 11.24; cet Orceard n73,28;
JEMgeard II 533, 3. 567, 9. 23 etc. (27 mal, wozu ein paar fälle
kommen, worin der empfänger einer Schenkung in der Über-
schrift als JE&elweard, dagegen im text der Urkunde als JEM-
geard erwähnt wird, vgl. Cart. Sax. nr. 689, 830, 864) ; Lidgeard
II 235, 7 ; Udegeard II 77, 1.
2. Es erscheint cea : wceardces hceorh II *94, 21 ; forewoearÖ
III *172, 15 ; ufcewceardnce lU *62, 31 ; ufcewceardrce ebda. z. 34;
nordoswceardce II *94, 18; sudcewceardnos ebda. z. 22; norffco-
toceardnce II *549, 34.
3. e, a, ce und in ein paar fällen y erscheinen nur an
nebentoniger stelle.
a) ufanwerdu II 74,26; ufweröne III 116,10. 117,12; uf-
werdne III 204,22; noröeweröne II 504,17; westewerdne III
296,28; westcewerÖ II 135,24; nydcewerdnoe III *142,28; west-
cewerö II 135,24; eigennamen -werd: JElfwerd II 295,10 etc.;
Eadwerd II 262,1. IV 233,2; Siwerd IV 69, 19.21 etc. (zu-
sammen 40 mal. Der älteste beleg ist aus der zeit zwischen
900 und 905, das hauptkontingent aber der belege fällt in den
Zeitraum nach 975); wulfherdes III 650, 19; wulferdes ebda,
z. 11; ecgerdes 111 bl9, 3b ] ^i/erd K III 218,4; Tiesberd U
380,25; orcerd IV 95, 30; orcercvmb 117 6,8; JSMgerffllHn,28;
^öelgerd III 116,25; JEöelgerde III 166,6; Wulger (= Wulf-
geard?) IV 234, 8; Lidiger de IV 233, 24; Udgerd II 234, 23.
ß) forewarde (adv.) III 204, 21 ; suÖewardan II 207, 3; suÖ-
ceward II 135, 24; noröeward IV 45, 23; norÖewa/rdre 11 440, 36
Eadward II 291,27 etc. (einige 60 mal); Osward III 477,10
Oswardo III 649, 3 ; Cyneward III 623, 24; Ealfward HI 623, 25
JEMward 111607, 29] Hrodwardus 11 M2, 6', TFi/rarde 1545, 25
Wlßardi 1*547,4. *549,9; Uulfhardi 1555,15; Burhghardus
1 541, 25; Burghardi 1 543, 29. 555, 14; Burhardus I 543, 31;
Burhardi 1 545, 24. *547, 3. *549, 8 ; Ordgard lU 520, 39.
Y) Es erscheint ce : ^delwcerd K III *230, 8 ; JEMw(Brd(ß
K III *360, 29; ^Ifwcerd K III *230, 10; ^Ifwcerdes UI
*432, 26.
6) y in ufwyrd IV 95, 29 ; noröeivyrdan ebda. z. 37 ; midde-
wyrd n 81, 4.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 468
Anm. 7. Alle die formen unter 3 sind nach Sievers Gram.
§ 43, 2. und 3. und § 44 anm. 2 zu beurteilen.
b) Vor r + nasal.
1. ea-formen: hearn II 96, 15. 252, 15; hedm II 252, 2;
bearna III 402, 16; eames heorh 1 545, 5. II 444, 18; eamesbecsrh
I 47, 23 ; earnesbeorch II 382, 13. K III 301, 37 ; hearnesbeorh III
5, 3 ; mit gr- Vorschlag geames eg(ce) II 164, 12 zweimal (diese
form des diphthongs ist bekanntlich kentisch) ; ec^ma bcece II
163, 22. 28; earna lea II 295, 39; fearnleage II 74, 20 etc.;
Fearnlceh K III 229, 8 ; fearninga lege HI 304, 2 ; feamdun III
349, 26 ; fedrndüne II 304, 21 ; feamhlince II 241, 36 ; fearnbraca
II 295, 41 ; feamgaran II 532, 6; Feamfelda III 477, 25. 478, 6;
Feamaham 1198,14. 99,2; Fearnham 111408,23. 409,6. 410,
23 ; Cearn I 228, 13. III 404, 15 ; geeamode II 583, 16. K HI
361, 14; geeamonge K III 363, 4; earme II 96, 29; earmum
K III 361, 3 ; geamwindan III 273, 27.
Anm. 8. Statt fearn verschrieben scheinen zu sein.: Fear-
harn III 415, 25 ; FcarrJmm K III 203, 29 ; fearbürnan II 304, 25.
2. oea erscheint bloss in Fcearnlceagce K III *229, 32.
3. Beispiele für ee: FcprndutKe III *432, 19; Ccem I 229, 11.
4. Beispiele für e: Fernham 1 106,16. 452,20. II 306, 16.
36.28; Fernhamme in 410,4:; FerÄnam (Schreibfehler) 1452, 26;
Ferhnham I 453, 3 ; Fermesham III 414, 3 ; cem II 436, 42.
c) Vor r + guttural.
1. Die beispiele für ea: mearc (gewöhnlich in der form
des acc. d. s. ; composita : mearcbeorh, -weg, -broc, -dorn, -dene,
'ford, 'beam, -grosfa etc., etc.) passim; gemearcode II 163,8;
gemearcodan II 3b8,Sl, 33; gemearcodan 11358,30; amearcode
IV 76, 19 ; ongemearcod K III 363, 21 ; weargeburnan III 632, 28;
weargeburninga IV 108,22; Besinga hearh I 107, 1.
Anm. 9. Nicht hierher zu gehören scheint wearcingwege
II 208, 17 wegen weascingwege 1 542, 32.
2. (EU in masarhöome II *485, 28.
3. a kommt vor in arcebiscop K III 353,1.3 etc.; Carcel
II 583, 26 ; Marcentium,
4. ce erscheint in mcercecunib III 649, 14 ; mcerchamme ebda.,
geburna mcercce IV *27, 19 ; wcerhroda III *142, 1.
464 R. A. WILLIAMS,
5. e kommt vor in merc II 164, 12 ; mercfrot (statt fieof)
II 164, 13 ; mercbroc II 532, 3 ; merce IV *27, 20 ; merhcUßne m
354, 27; merchdmme II 238, 15; fugelmerc HI 632, 16.
d) Vor r + anderer konsonanz.
1. Es erscheint ea: Stamm aws. ftearw, fl^^Bearre III 182, 12;
cet bearre III 183, 8 ; acbeara II 400, 32. 34. 504, 14 zweimal,
IV 90, 24 ; eatan beares III 106, 4 ; duddincgbearuöu (! ?) II 76, 13;
higean beara II 504, 21 ; gebeare II 440, 41 ist wohl Schreibfehler,
zu vergleichen ist der vorhergehende beleg samt Zusammen-
hang ; gearüwe nplm. II 280, 8 ; gcegearwodu H 282, 18 ; wear-
rihtan 11412,33. K III 176,4; searucrceft 111183,19; fmrres-
cumbes II 504, 14. 27. 441, 7 ; Öearfena KIII 362, 28; dearßicust
KIII 361,4; dearftke IV 279, 29; Searu II 274; Sedru II
276, 2 (?) ; seamegles II 288, 5.
2. Je einmal kommen cea und e vor : Öcearfoe III *432, 3 ;
gehwerfes VI 207, 20. 25.
Anm. 10. Offenbarer Schreibfehler ist searres- II 440, 32
statt fearrescumbes,
in. ea vor ä. Hier ist erhaltung des diphthongs wieder
regel: Es kommen aber auch die üblichen Varianten cea, a,
e, ce vor.
1. ea haben : edhta U 163, 2. UI 502, 16. K HI 359, 13.
IV 104,11. 233,6; EaJitan II 252,28; eahtatigum U 583,22;
eahtatyne III 416, 29 ; hundeahtati III 432, 13 ; West Seaxna II
262,11; su&secuvna 11301,18] East Seaxena U 484,12; Fast
Seaxnatune II 485, 15. 486,24; Seaxhelm II 359,30. 380, 19.
383,17; seaxes seaöe 11304,26; geffeahte suhst 11262,8. III
402,2. 416,18. 501,12; gereahte 11207,27; ceahhan mere m
520, 7 ; celmeahtiges II 163, 3.
2. cea hat ceahta III 478, 6.
3. a haben Ongol Saxna II *411, 12 und das lehnwort
axan (flussname) III *142, 4. Nicht hierher gehört waxan (inf.)
II 241, 32 (vgl. § 1, II).
4. e weisen auf: eÄto III 415, 28. E III 203, 32; ehtedanUI
303, 1 ; Jiandsex III *432, 12 ; west Sexan II 96, 4. 6; West Sexna
II 262, 7 ; gedehte II 80, 1.
Anm. 11. Vielleicht hierher gehört Execeaster H 341, 12,
man vergleiche die formen in Kembles Register bd. VI s. 285,
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 465
und ^andlang eaxan'^ in einer Urkunde der Bodleiana (bei
Birch bd. HI s. 667 z. 2).
5. ce hat cehta II 80, 8 anm.
rV. ea durch u-, o/a-umlaut : Aws. weist bekanntlich bloss
ein wort diesen umlaut auf; im Cod. jedoch ist sein gebiet
erweitert durch ein paar formen, die den umlaut vor doppeltem
konsonant durchgeführt haben. Hier ist wohl ausserws. ein-
fluss im spiel.
1. Es erscheint meistens ea : ealod II 289, 26. 290, 1 ; edlaO
11241,25; Headohrihtinge 1542,35; headohrihtting 11208,21;
Headdan (vgl. OET s. 495) 1 107, 17; headdandune II 533,25;
headdangrafe 1 47, 24. 545, 6. III 5, 4. K III 302, 1 (verschrieben
healdan- II 382,14); headdingbroc 1177,21; Weattan igge^) I
543,39. 544,1; leaggan hyrste II 2^Q,\2\ ceattan broc Kill
193, 12.14. 196, 13.15; ceattan mcere KIII 193,12; ceattan
gfcfwera K III 196, 15 ; ceanningamasre III 171, 23 \ geaggantreow
KIII 215,30; ceacgan seaÖ II 532,6.
2. Statt des ea erscheint e in Hedda 1 107, 7 ; hegsteldes-
cumb (vgl. OET s. 471) II 77, 18.
V. ea nach silbenanlautender palataler konsonanz : Es er-
scheint neben häufigerem ea auch asa, a, eo, ee, e. Die be-
lege sind:
1. für ca: geat {geate) sehr häufig akzentuiert (composita:
hlid'y cecer-, fcesten-, hig-, die-, middel-, norÖ-, suff-, east-, hors-
etc. etc.) passim (ich habe gegen 100 formen mit ea gezählt);
Wulfgeat III 521,2. 607,32. KIII 224,23 etc.; Wulgeat IV
233, 33; Wurgeat II 342, 3. 380,6; ceasterherpaÖ II 409, 26;
Wintanceastre II 2h%lO,U, 282,20. 289,19 etc.; Wintanceastre
II 207, 29; Porteceaster III 411, 17; Porceastra 11 275, 9; Colen-
ceaster II 359, 7 ; Execeaster II 341, 12 ; Dorceceaster II 277, 20 ;
Srea/- II 486, 23. K lU 362, 18. 19. IV 233,13; srea/" H 244, 13 ;
geeaf II 529, 35; forgeaf IV 51, 30; ageaf II 244, 13; sceatte I
544,4. 111402,15. IV 170, 21; ciVcscea« I V 233, 24. 26 ; circ-
sceattas ebda. z. 13, 20, 30; cirhsceattas IV 233,5; cyresceattas
II 280, 7; ciricsceattan II 163, 2; cyresceatweorc YI 280, 7; land-
5C6are II 382, 26. 440,40. 504,20. UI5,16. 296,28. K 0302, 16;
0 Oder yieUeicbt zu Witia wie Featia zu Pitlaj vgl. § 9 anm. 10.
466 B. A. WILLIAMS,
landsceara II 600, 10. 11 ; landsceargeat III 204, 24 ; sceal II 96, 12.
III 306, 26; stanceastla II 367, 21; stanceastlum ebda. z. 22;
stanceaslanU4:b6, 28.29; hceregeatwa U 583,20 \ %eaai 262,1.
III 402, 1; begeat III 106, 36; sceaftles oran III 176, 10; sceafles
oran m 655, 23. 24 ; Scea/?cwe%nflf K III 362,10; ceaforleage
II 291, 10.
Anin. 12. Vollständig dunkel ist mir die Überschrift der
Urkunde K III no. 720 ''De terra Gode begeate ".
Anm. 13. Für die einschiebung eines Übergangsvokals
zwischen sc und a finde ich im Codex nur folgende beispiele:
sceaggan U 357, 32; trowingsceaddas III 649, 18.
2. cea hat gceate K HI 172, 36.
3. In der flexion von geat wechselte ea mit a, indem
letzteres dem plural zukam. Es können nun durch analogie-
wirkung pluralformen auf ea, sowie solche im Singular auf a
entstehen. Dass letzterer Vorgang thatsächlich stattfand, er-
hellt zur genüge aus folgenden beispielen : gdte III 655, 20 ;
hlidgate 11 164,11; hemerdenegat III 116,7; hamerdenegat III
117,9; widigleagdte 1229,3; wiöleagate 11436,35; widileagate
III 297,31; wissanleage gatce II 296, 12; isenhyrstegate Hl
632, 10. An geat schliesst sich landscaru an, das dekliniert
wird ns. -scaru, gdas. -sceare ; es entsteht dann durch analogie-
wirkung der acs. landscare III 227, 37.
4. Statt ea kommt zweimal eo vor , vgl. oben anm. 1 :
saulsceottas IL 163, 3 ; sceol (anlehnung an sceolde ?) m 416, 29;
-sceottas deutet vielleicht auf anlehnung an gesc{e)ot in der
bedeutung „Zahlung".
5. Es begegnet (b: gcet JN *27, 11; hlidgcet H 164, 16;
dunlmage gmtW "^21,9; ajöp/'VI 207, 18; CeestcelesJiamme KEEI
♦360, 13 ; landsccere I 48, 1 ; vgl. Bülbring, Anglia Beiblatt
Juli 1900.
6. Es erscheint e\ ceola (= ceorla) get und gete TU 655, 19;
cescstedeget 111176,19; hmccgetce IV*27, 17; mapoldre get IV
108, 23; Wlfget VI 136, 7; agef K IH 353, 5. 21 ; Wintuncestre
m 416, 7. K m *252, 37 ; Porcestre H 274, 11.
Gruppe 2.
I. eaWan n 284, 33. 35. 367, 16 etc.; ealdormonnesIl28i,38;
ealra 11 366, 22; ealra dreimal, ealla, eallan, eallon, ealUwa
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 467
zweimal, ealswa zweimal, Cot. Ch. X. 17 ; sealtera II 436, 38;
sealtham and •hamme U 448, 4 ; cwealmstowe U 284, 33 ; healua
healdan Cot. Ch. X 17; weaWuBminga 11 285, 2; Ealdred C. C.
X 17; Äldred (anno 931) II 365,3; Lalhstan II 285, 28; Ealh-
heim n 365, 30 etc. ; an nebentoniger stelle : Cenwald II 437, 13.
365,6; ^^?/M;aZd 11365,1. 31; osteoides II mi, 21 \ Älfwold
II 437, 17. m 298, 8. 15; JEffelwold II 364, 29. 449, 1 ; Adel-
woU II 437, 19. m 298, 14; BeorhtwoUus Harl. Ch. 43 C 8;
rceimbald C. C. X 17; Wulfbold II 366, 7; Ceolholdingtun 11
283, 33. 284, 24; Cynewalh III 3, 12.
IL heardanleage 11 363, 29; ^Öelheard U 436, 2.7; hurg-
hardes 11 363, 28 ; Burherd 11 365, 39 ; Hardacnut (lehnwort)
zweimal H. C. 43 C 8 ; easteweardne II 364, 7 ; middewearde IL
363, 26. 29; middeweardna II 436, 38; ufeweardne II 448, 11;
westeweard III 3, 39 ; westeweardne II 364, 5. 6 ; westeweardre
II 448,12; nordeweardne III 100,2. IV 105,9; easteweardan
11363,25; middewer(dn)e U U8,6; Eadweard IL 28b, 6. IV
106,11; JEadweardus LL282, 28. IV 104, 20. 105,20; JEMweard
11366,2. 285,17. 365,28; ^Ifweard 11285,19; ^Ifweardus
Harl. Ch. 43 C 8: Siweardus IV 105,25; Eadward II 365,15,
C. C. X 17; Haward II 365, 9; Oswerd ILL 298, 20; Siwerd IV
106, 3; JEäelwerd IV 106, 8; aforeworda (adv.) C. C. X 17;
Sitverd zweimal H. C. 43 C 8 ; ^öelwerd ebda., ^delgeard ILL
100, 16 ; eamesbeorh III 3, 30 ; earneshlingc II 437, 1 ; eames-
hlince ebda. z. 2 ; fearninga III 99, 32. IV 105, 7 ; Cearn IL
436,10. 437,29; cern 11436,42; mearce passim; mearcdene IL
284,32; (fear/e II 366, 15. 367,14; searncegles IL 284,29.
III. Seaxhelm IL 365, 22 ; kein anderes beispieL
IV. Keine belege.
V. geat II 447, 30 ; linleagegeat IL 365, 25. 364, 12 ; dyrnan-
geat II 364,12; pyddes geate II 363,27; hlidgeate 11284,28;
hacegeate ebda. z. 34 ; tyrngeate ebda. z. 41 ; gate (ds.) III 297, 31 ;
widileagate III 297, 31 ; widleagate II 436, 35 ; legcat (3. s. praet.)
II 367, 1 ; stanceastla II 363, 26; stanceastlum II 363, 27 ; Winte-
ceastre II 367, 16; [ ] dingealand sceare III 3, 40; sceagan
II 364, 7.
Anm. 14. Dunkel ist sceatte leage IL 285, 14 (Schreibfehler
statt sceatanleage?).
468 R. A. WILLUM8,
§ 9. Aws. eo,
I. Die entsprechungen von aws. eo, das durch brechong
vor r + konsonant entstanden ist.
a) vor rh: 1. Hier müssen wir uns zuerst mit den zahl-
reichen belegen für beorht als erstes und zweites glied zu-
sammengesetzter eigennamen befassen, da diese die hauptmasse
des materials für eo an dieser stelle liefern: Sie lassen sich
in zwei gruppen scheiden, je nachdem metathese des r vor-
liegt oder nicht, und es scheint die entwickelung in jedem
fall verschieden zu seinJ)
a) Die formen ohne metathese : An haupttoniger stelle ist
das eo anscheinend in y übergegangen. Diese thatsache ist
wohl dem einfluss des vorhergehenden stimmhaften labials
zuzuschreiben, denn y, wie wir nachher sehen werden, tritt
statt eo nach b auch in Byrn ein, ebenso nach to in ffwyrh.
Das Verhältnis ist 37 mal Beorht, einmal Berht, nämlich
Berchferd IH 116, 29 und einmal Byorhtulf (wohl eine ken-
tische form) II 457, 11, gegenüber 120 maligem Byrht und
einmaligem Birhtnod HE 241, 11. Das zeitliche Verhältnis
dieser formen ist lehrreich, zumal da es auch durch gruppe 2
bestätigt wird (s. belege unten). Beorht ist schwach ver-
treten bis ins XI. jahrh. hinein, die masse der belege aber
fällt um die wende des IX. bezw. anfang des X. jahrh. Byrht
erscheint schon früh im IX. jahrh., kommt aber erst im laufe
des X. stark zur geltung. Es kann keinem zweifei unter-
liegen, dass der Cod. in diesem punkt den gang der entwicke-
lung getreu abspiegelt. Wesentlich anders gestalten sich die
Verhältnisse an nebentoniger stelle. Hier überwiegt -herhi
31 mal, gegen 20 maligem -byrht] -beorht kommt nach meinen
belegen nur fünfmal und zwar spätestens in der ersten hälfte
des X. jahrh., dann aber in einem ganz vereinzelten fall, vor.
Die belege sind Tunbiorht II 164, 1.17; Tunbeortt I 149, 13;
Hygebeorht I 48, 5; cyncebeorhtces II 485, 17. Auf zweimaliges
'birht in Ordbirht KIII 189,36; Ecgbirht 111400,29 ist kaum
*) Ob die formen mit metathese rein westsächsisch sind oder nicht,
darf hier dahingestellt bleiben. Nach Sievers § 179, 2) ist metathese des r
für das Nordhombrische charakteristisch. Am frühesten scheint sie an be-
tonter stelle im Altkentischen zu begegnen (Wolff s. 26, s. 66). Dem aws.
und altnordhumbrischen (L. V.) ist sie ausser in unbetonter silbe fremd
(Cosijn § 143, 3), Müller § 18).
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 469
gewicht zu legen. Was das gegenseitige Verhältnis von -berht
und 'byrht angeht, können wir beobachten, dass ersteres bis
in die erste hälfte des IX. jahrh. stark überwiegt, um dann
am anfang des X. zu verschwinden, indem -hyrht sich dagegen
bis zum ende desselben jahrh. erhält. Wir dürfen annehmen,
dass 'berht mit sog. palatalumlaut die an unbetonter stelle
lautlich berechtigte form ist, dass diese form aber durch an-
lehnung an die Wörter mit Byrht' im ersten kompositionsglied
schliesslich verdrängt wdrd.
Anm. 1. Burhtric II 244, 30 beruht wohl auf der spätws.
Verwechselung von u und y, die zuerst in der lautgruppe
wy < wiOy tveo eintrat.
Anm. 2. Beorht begegnet noch in ein paar Ortsnamen:
Beorhtantvylle III 567, 8. 595, 31 ; Beorht{t)anwille II 568, 3. 25.
596,11.31; Beorhtawille II 72,37; den Übergang von eo in y
weist auf Byrhfuntan K III 203, 29. Merkwürdig ist die ver-
spätete form Bertun K III 363, 26 aus dem end des X. jahrh.,
oder handelt es sich hier um dialektischen einfluss?
ß) Die formen mit metathese des r: Metathese im ersten
glied tritt erst im X. jahrh. auf. Die belege verteilen sich
zwischen Briht 24 mal und Bryht 20 mal. Im zweiten glied
überwiegt auch i, das Verhältnis ist 16 mal -briht, neunmal
-bryht. -breht erscheint zweimal in Urkunden aus der letzten
hälfte des IX. jahrh. : JEgbreht II 136, 4 ; JEÖelbret II 73, 8.
Zum weiteren sei bemerkt, dass die formen mit metathese im
zweiten glied nur halbmal so häufig sind wie jene ohne die-
selbe. Das Verhältnis gestaltet sich wie 59 : 25.
Anm. 3. Einmal begegnet als simplex byrht in byrhtes
oran III 655, 33.
Anm. 4. Hier sei erwähnt, dass "^berht in Verbindung mit
folgenden stammen vorkommt: Als erstes glied mit (w)ulf,
mund, heim, ferd (< friöii), wine, nöff, (h)ere, sige, m^, wold,
ric, tvig, rSd, sivyd\ als zweites glied mit ecg, cesc, ceäel, ead,
hum (< hun), ceol, tun, ord, hyge, cyne, sig{e),
Anm. 5. Einmal erscheint svarabhakti in Byrihtwig IV
34,25. Die qualität des svarabhaktivokals ist wichtig, denn
sie deutet auf palatale ausspräche des h.
Anm. 6. Zu beachten ist Brihtanwylle II 71, 22, denn es
taucht schon in der letzten hälfte des IX. jahrh. auf, also noch
früher als die ersten eigennamen auf Briht
470 R. A. WILLIAMS,
2. Das einzige andere beispiel für eo an dieser stelle ist
Öweorh, Hiervon begegnen folgende formen : Öweores 1 540, 5, 6.
548,18. 11127,7. 164,19. 296,27.; dw(Bor(Bs\lHQ0,^9\ dreores
I 515, 29. 35 ; öweores ebda. z. 28 ; ffeores ebda. z. 23 ; deowres
1539,32; 111655,14; ^M;yre5l 47,31.32. 11242,7.8. 382,21.22.
III 5, 11 zweimal, K III 302, 10; ^Mere5l515,19. 11135,18.23.24;
Öuores II 296, 8. Für alle diese formen ist wohl länge anzu-
nehmen, die nach Schwund des h in den mehrsilbigen formen
eingetreten ist; Öwyres geht wahrscheinlich auf ein *ffwyrh
zurück parallel der entwickelung von beorht > byrht. Der
Vorgang ist wohl folgender gewesen : ffweorh, Öweores > Öwyrh,
Öweores und dann durch analogiewirkung Ötcpres, woneben an-
zunehmen ist, dass das lautgesetzliche Öweores noch fortbe-
stand. Die je nur in einer Urkunde belegten Öueres und
Öuores fallen nicht ins gewicht. Das erstere ist wohl den
fterÄ^- formen gleichzusetzen; Öuores zeigt die im ws. regel-
mässige einwirkung des vorhergehenden to auf eo, man vgl
Sievers § 72.
Anm. 7. Zu dem vereinzelten sweoran II 243, 36 vgl
Sievers § 218 anm. 1.
b) Vor r + guttural: Die beispiele beschränken sich auf
beorg und weorc. Hier ist trotz dem vorhergehenden labial
eo fast durchweg erhalten (es erscheint nur in einer Urkunde
u statt eo). Dieser umstand lässt sich wohl auf den einflnss
des nachfolgenden gutturals zurückführen, denn wie wir ge-
sehen haben (oben anm. 5) ist das h von byrht (und dem-
gemäss wohl auch von öwyrh) palatal gewesen. Belege: beorg
(beorge, beorgas, beorga, beorgum) öfters akzentuiert passim,
u zweimal in burclea 1 554,27; burchlea ebda, nächste zeile;
dieses u wäre vielleicht als = y aufzufassen, es liegt aber
angesichts der zahlreichen belege für eo in diesem stamm die
möglichkeit einer konfusion mit bürg vor; composita: beorhlea
1148,28; beorhdu7ie 1180,26; Wenbeorgan 1178,23; mcBlan-
beorge III 305, 19; feldbeorga II 242, 2; stanbeorges 11 358, 5
etc. etc. ; einmaliges ece in earnesbecerh beruht wohl auf Schreib-
fehler; weorces III 306, 24. 25. IV 51, 17 ; bryggeweorc IV 51, 19;
brycgeweorce 11163,2; woruldweorces 111 S0Q,2b; cyresceattaeorc
II 280, 7 ; festergeweorc H 252, 6 ; festcengewceorcce H *410, 34 ;
hrycggewdeorcce ebda. Als Schreibfehler ist wohl wealgewuarc
IV 51; 19 aufzufassen.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WTNTONIEN8I8. 471
c) eo vor r + nach silbenanlautendem w: Wie wir schon
gesehen haben, zeigen öweorh und weorc im Codex von einander
abweichende entwickelung. Die übrigen beispiele von eo an
dieser stelle weisen neben einigen eo, o, u, y einmal ie auf.
u und y sind wahrscheinlich gleichwertige Schreibungen, ge-
mäss dem schon im spätws. anfangenden gebrauch ; die eo sind
als traditionelle Schreibweise anzusehen, wohl auch das o, das
nur in einem stamme vorkommt. Belege : sweord II 583, 20 ;
sweordes K III 362, 33; swurd' III 432, 13; swurdes ebda. z. 17.
K III 361, 26. 362, 16. 20. 21. 363, 11. 13. 21. 22 ; swurötoitan
K III 363, 23; malswurdes K III 363, 8. 24 ; swyrdceceras II 81, 7;
swyrheages K III 360,21; geweorÖ subst. II 290,6; weoröelicre
11411,3; wyrömyntell9&,2Q, IV 51,9; EscmeresweorÖ II AQ%^\
isomeres weordce II 410,31; sonst mit der ausnähme von
oBScmeres wieröe II 296, 15. 31, dessen ie ich als Schriftbild für
y auffasse, immer y in wyrde II 358,25.26. 382,15. III 5,4;
hiceleswyrÖe I 47, 25. III 5, 5 ; hremreswyräe II 357, 32 ; oeöeles-
wyrde II 358,24; tvulfredeswyrde 111305,24; CeoleswyrÖe III
432, 9 ; cedeswyrde II 163, 24 ; oslanwyrö II 494, 23 ; JEscmeres-
wyrde II 408, 23; Beowyrde III 408, 11 ; Mccssanwyrdce K III
360,17; durchgehends o erscheint m wordig IhiO^l. 11262,9;
Wordige I 539, 21. 27. II 70, 9. 71, 5 etc.; wordig forda I 540, 1;
wordiforda II 135,19, ausser in Würdige IV 34, 6. Der laut-
wert ist wohl trotz dem o, y gewesen. *)
Anm. 8. Hierher wohl wurd III 247, 9, die stelle ist aber
ersichtlich verdorben und kaum mehr sicher zu deuten. Zu
wordig zu ziehen ist vielleicht cet WyrdoR III 432, 8.
d) Sonstige fälle von eo vor r + : Obwohl die traditionelle
Schreibweise noch häufiger ist, weist hcorn den Übergang in y
auf, ähnlich wie im fall von leorht Neben eo erscheint io,
das vielleicht eine Zwischenstufe zwischen eo und y darstellt. *)
Belege für leorn : Biornlaf 11 163, 10 ; Biornulf II 380, 31 ;
Bcoryvstan II 252, 22 ; Beomulf 11 280, 21 ; Beornmod I 594, 7
etc. (24 mal im ganzen) ; dem gegenüber steht y in bynies
wyllun II 494, 24; Byrhnelm (mit unorganischem ä) II 271, 30;
JByrw^ton II 252, 35. 274,3. 280,14. 383,7; iJyrnncc IH 163, 31;
^) Es handelt sich hier nämlich um einen Ortsnamen, was das zurück-
bleiben auf einer früheren orthographischen stufe gut erklärt.
>) Vgl. aber unten anm. 11 und § 19.
472 B. A. WILLIAMS,
ByrnricJn 164, 5; Byrnsige HI 296, i; ByrngyaeKTH 21b, 29;
bymf(B7'inghammum 11 485, 23. ^) Was die übrigen beispiele an-
gebt, so finden wir das eo mit grosser regelmässigkeit erbalten.
Je einmaligem e, o, u ist wobl keine weitere bedeutung bei-
zulegen. Die belege sind : feortne VI 207, 13 ; degfeorme K HL
362, 25 ; dcegfceorman K III *360, 32 ; geformmdon VI 207, 10;
gefermien (3. pl. conj.) II 410,37; eorl I 544,6. IV 76,16 etc.;
eorlum IV 51, 11 ; yerl (nordischer einfluss ?) IV 234, 7 ; urlce (ds.)
IV 49, 35; heoröas II 568, 39. III 6, 23; heordpmegas IV 233,
5. 14. 21 ; eordbeorg III 520, 8 ; eoröburge II 485, 31 ; eorÖbyrig
Km 189,7; eoröan IV 51,32; eorölecum 11410,33; georne U
96, 24 ; geornlicm III 432, 24. 25 ; ceorUs 11 241, 23 ; sotceorles
II 242, 13; ceorleshlewe II 382, 19. in 5, 8; ceorlesletve 1 545, 10;
ceorleshlawe I 47, 28 ; ceorles geate II 529, 28 ; ceorlageat und
geate 111478,11; ceola get{e) IV 655, 19 zweimal; Ceorlatunas
m 432, 5 ; Ceorlacumbes I 542, 23. II 208, 10 ; steortan leage II
444,14; cynges sieorte 111519,29; riscsteorte 11409,35; hrisc-
steorte ebda. z. 36; sceorfes mor K III 215, 25.
n. eo vor Ic, Ih: Seolesburna III 478, 7; seolesbuman II
534, 4. 15. III 478, 18 etc. ; Seolescumb(e) IV 68, 6. 29. 24; meoU-
forda 111247,7; meolforda (Schreibfehler) ebda. z. 4; meoluo
cumbce II 288, 21.
ni. eo durch brechung vor h, h +: Man vergleiche hierzu
die darstellung von Sievers §§ 83, 84.
1. Es erscheint eo : /eoÄK III 361,30; /coÄw^tcwna 11 448, 12 ;
Cusanweoh I 106, 19 ; seoxtres II 289, 26. Ausserws. einfluss
erscheint in gereohta (subst.) II 163, 2 und seaa (= aws. siex)
II 252, 13. lll 432, 13.
2. Sonst herrscht ebnung. Der stamm aws. ryht ist passim
belegt und zeigt fast ohne ausnähme den Übergang y > i:
gerihtu, -a (subst.) II 241, 23. 252, 3. III 501, 17. 18 ; gerihtum
11290,9; i)or^(/mÄ/a III 501,20; 6urÄflfm7t^u IV 233, 5. 26
rihtinge IV 279, 23; rihte{s) (adj.) 11440,39. IV 93, 9. 8; riht
goemere II 288, 20; rihtwegce K III 176, 9; ownA^(adv.) 11 358, 29
ongerihte, -a, -u, -ne passim; rihtlic II 207 letzte z., etc. etc.
mit y finde ich nur hryd (npln.) II 341, 17 ; ryhtre II 252, 17
i) VieUeicht gehört hierher auch Burlaf n 172| 21 (Bur- statt Brnn^
= Bym- yerschrieben?).
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 473
ongeryUa II 295, 37; cnthte K IH 362, 14; chnihte K III 363, 21;
cnihtas IV 93, 11. 12; sithre (Schreibfehler) III 183, 12. 13; sihter-
wie III 349, 29; gewihcte K III 361, 19; gewihte ebda. z. 20, 22.
363,9; namen auf wiht-: Wihtgar 11493,3; Witgar 11412,7;
WiägarumKUI 175,13 etc.; WihtlrorÖ II 303,37; Withhrord
n 293,21 etc.; Witheard I 540,27; Withegni I 545,24; Wiht
(Ortsname) I 546, 27. IV 76, 5 ; Sihtric IV 34, 29.
Anm. 9. Wahrscheinlich zn wiht gehören Wethelmes I
543, 33. 555, 16 ; Wehhelmes I 545 1. z. 547, 8. 549, 3, oder lässt
sich an stamm wtoh [Sievers § 84, 2)] anknüpfen ?
IV. eo < e, i durch u, o/a -umlaut. Die Verhältnisse des
Codex sind abweichend gestaltet, je nach der nachbarschaft
gewisser konsonanten.
a) eo nach silbenanlautendem w: An dieser stelle treffen
wir u, y, o und einige eo neben ein paar i. Die eö- formen
sind als kentisch aufzufassen. Zu beachten sind die Sievers-
schen regeln , Gramm. §§ 71, 72, 107 anm. 3. Belege : tmidu
{-a, -es, 'Ce acs. III 292, 26, -an in wudan more H 301, 16)
passim ; composita : wudubricge III 446, 29 ; wudufaldan II 529,
32 ; wuduforda I 229, 2 ; wiidumcere II 368, 6 ; wudugeheg IL
412,30; Wudutune 11494,11; wudacotan IV 27,20; hloswuda
II 301, 23 etc.; y erscheint in gauolwyda 11 241, 29; eo in weodu
I 515, 36 ; weodubeorhhylle I 545, 13 ; zu dem stamme *swetul,
*switul (vgl. Sievers § 105 anm. 1) swutulu(n)g I 541, 1 ; swute-
lunge IV 279, 21 ; geswutelige K m 361, 11 ; swxäulaÖ IV 233, 1;
geswutelod III 402, 1 etc. (viermal); geswutelad II 583, 11.
in 106, 34 ; geswutelie H 96, 3. 8 ; swytelaÖ 1 543, 27. IV 170, 18;
swytelungum Hl 417,7; einmaliges eo in sweotehÖ VI 207,4;
i in swiielige IV 51, 22 ; geswitulod III 416, 6; geswitulunge VT
207, 25 ; swustur III 432, 21 ; swystcer K HI 360, 34; swister 11
459, 17 ; cucu IV 233, 3. 11 ; wuean II 241, 33 ; Wulluces TL 77, 3.
Einmaliges weotena IL 163, 7 fällt auf, da es sonst immer der
regel gemäss wita heisst (s. § 4, II). tuwa II 290, 5 ; worulde
III 183,21. IV 51,30; woroUar IL 96,13; woruldweorces III
306,25; woruldlican IV 51, 16; weorolde IV 279, 30.
b) eoj io durch umlaut vor liquiden : heora (s. § 4, 1) ; dreora
11493,14. Kin363,19, akzentuiert H 289, 21; ^reore 1515,30;
öriora II 162, 26. 163, 5; Öryre (gpl.) IV 45, 18; hiorotlege H
206, 37 ; Eeorstan 11 262, 28 ; Heorulfestune K HI 363, 7 ; seolfres
▲ngUa. N. F. XUL 31
474 B. A. WILLUMS,
K m 361, 20 ; seolforhUtes K IH 362, 32 ; seolferhiltan ebda. z. 16;
seolforhammene ebda. z. 22 ; sylfrene IL 583, 22. m 502, 7. K m
362, 6. 7; sylfrenan K IQ 361, 27 (das y in diesen beispielen
verdankt vielleicht seine entstehung dem einfluss des vorher-
gehenden 5, etwa wie das y < c im spätws. sylf^ syllan)^)\
siolucham K III 253, 31; sioluchammce K DI 253, 32.
c) Vor dentalen: Hierzu vgl. man das im § 4 gesagte.
Belege: neoöeweardne I 542, 23; neoöeweardne 11 208, 10;
neodoweardun 11 529,23; neodotceardne HE 106,7; heneoöan
n80,ll. 163,7. 242,19.252,19; «;2^neö^an H 358, 3. HI 502,
18; nioffeweardum lbi2,30. 11208,16; nio ff eweardan 11208,19;
niodoweardreebia>.z,22; nioffoweardne lb42jSb; nioöoweardum
n 171, 38; nioÖeweardun I 542, 32; hmioÖan 11 252,8; Hioto-
mannes I 516, 16; Ceolseldene (mit unorganischem l) H 240,24;
vgl. Ciseldenu 11 206, 8.
Anm. 10. Wahrscheinlich kommt umlaut vor in Beocca
n 271, 38; Byocca U 457, 14; Beoccingmcedc IV 34, 8. 15, wenn
diese formen zu Bicca gehören. Umlaut in geonnan beorh K DI
158, 27, vgl. Ginnanhecce K IH 199, 6 ? Entrundung des zweiten
gliedes des diphthonges in Peattanige TU 354,1; Peatanige
ebda. z. 11 zu Pittanige.
Anm. 11. Auffällig ist für unser denkmal das bestehen
von to-formen neben solchen mit eo, denn das urwestsächsische
io geht bekanntlich in eo über. Möglich ist, dass diese formen
z. t. auf alter tradition beruhen ; das nebeinander jedoch von
iO' und y-formen, z. b. Biorn und Byrn, hiora und hyra, Öriora
und Öryra legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um eine
sekundäre Übergangsstufe zum y handelt. Sonst liesse sich an
kentischen einfluss denken.
V. eo (mit unsilbischem e) < o nach silbenanlautender
palataler konsonanz. Die beispiele sind an zahl sehr gering:
sceolde ID 402, 27 ; sceoldon K TU 353, 18 ; ceoferingtreaw U
532, 12; gesceotten ppt. K DI 361, 32. Hierher ziehe ich auch
ceabhan (für ceohban?) dune IV 49, 10; man vergleiche cobban-
dene D 492, 24. IV 49, 1.
Anm. 12. Bis jetzt unerklärt bleibt der diphthong in
eom K m 353, 2. 19.
1) Oder man musste an eine fonn ^aütUffin denken.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 475
Gruppe 2.
Die Verhältnisse stimmen hier im ganzen zum Cod. io
kommt nur in Biorht vor, was die Vermutung einer Übergangs-
stufe zwischen eo und y nur unterstützen kann. Leider finden
sich belege nur in beschränkter zahl vor.
L Beorhtulf 11 28b,22. 365,34; Beorhtric IL 366,2; BeorhU
woUus H. C. 43 C 8 (anno 1042), Biorhtsige H 365, 2; Byrhtsige
(circa 931) H 367,6; anno 956 Byrhthehn HI 100,14; Byrht-
ferd ebda z. 17, 19 ; anno 961 Byrhtehn Hl 298, 6. 9 ; ByrhtnoÖ
ebda. z. 17; ByrhferÖ ebda. z. 19; Byrhtric ebda. z. 20; anno
1045 Bnhtwinus IV 105,37; Brihtric IV 106, 4; anno 1042
Byrxsige H. C. 43, C 8 ; JEscherht 11 365, 5. 16 ; ffwyres Hl 3, 36,
ohne aczent ebda. z. 37 ; beorh DI 3, 30. 39 ; beorge ID 297,
27. 28. 29; heorgas D 448, 5 etc.; einmal berghe D 363, 27;
pytan wyröe DI 3,31; hiceles wyröe ebda z. 32; wordige D
284, 37 ; feormige (3. s. conj. praes.) D 366, 21. 367, 10. 14 ; ceorUs
ms, 34; Beom IV 106,6; Beomstan D 285, 27. 364,7.
n. Seolescumb H. C. 43 C 8 zweimal ; seolescumbe ebda,
zweimal; seolesburnan ebda.; meoluccumbe D 285,1.
HL betweox D 448, 4 ; ryht Qiriht B) D 367, 5. 7 ; rihtre
n 284, 37 ; rihton D 285, 3 ; rihtgemcere U 284, 41. 448, 3 ; on-
gerihte ID 297, 26. 27. 29. 30 etc.; Wihtgar D 366, 9. 448, 40.
IV. tpudu DI 3, 37 ; tvuda U 447, 29 ; wuduforda DI 297, 28
etc. ; swutelaö H 367, 18 ; seofan ceceras H 436, 40 zweimal.
V. Keine belege.
§ 10. Aws. ie.
Der gewöhnliche Vertreter des aws. ie im Codex ist y,
daneben begegnen aber i und e (ce), welche wohl nach Sievers
§ 97 ffg. zu beurteilen sind, ie kommt nur ganz sporadisch
vor. Auffällig ist das eu (ey), das in zwei Wörtern (geurd,
geuldan = gierd, gieldan) nach palatal erscheint, und dessen
lautwert zweifelhaft ist. u kommt statt y und mit dessen
lautwert nur nach w vor. Für gruppe 2 reichen die wenigen
belege kaum aus, um ihre Verhältnisse zu bestimmen. Belege :
I. i- Umlaut von ea, eo: tcylle (wyl, wylles, -as, -a, -um)
passim, composita: cewylle 1 542, 21. 37 etc.; wylleweg H 243, 1 ;
ÄrMiwM?yBIV45,23; hafocwylle I12iS,3i', streawyllan 111356,8]
CBSCwyUce Hl 141, 29; cranwylle HL 446,24; crundtvylle HE 145,
81»
476 B. A. WILLIAMS,
24. 30 ; cytelwylle III 520, 9 ; Bananwylle HE 501, 5 etc. etc. ;
i erscheint gegen 20 mal: wille TU 268, 33. K m 172,37; (Bned-
Wille II 298, 9 etc. ; e in welle (zu diesem wort vgl. man Chadw.
s. 200 fussnote) II 74, 17. 295, 37; wellan HI 650, 15; wceUe H
207,5; cewelle 11208,23; wellpill 111141,27; wellpyllas ebda,
z. 28; wellpyll HE 142,4; westwelle TL 206,30; HarewelUe HI
606, 29 ; cceccamwcell IL 206, 34; cewelforda 1 542, 36; streawellan
ni 356, 8 ; west wellan forÖ III 476, 75 ; wielles (kommt nur in
einer Urkunde vor, die auch wylle und welle bringt, und ausser-
dem wierd =^ wyrd < weorö enthält, also ie = Schriftbild
für y!) 11296,7, ohne akzent ebda. z. 14; hunigwiellces ebda,
z. 26 ; w?tt = wy in colwullan broc HI 520, 3 ; hierher ziehe ich
auch Iradewlle 1 542,21 ; Suttanwlle HI 6,2 (vgl. Einleitung V)
(FM;y?m 11379,5; (ßwylmas, -anJl%0,21. 111117,14. Kin219,5
cewylme II 494, 16; ewylme II 379, 15 ; i in mwümas III 632, 15
wu = wy in cewulm 11 94, 24. 549, 37; andwulmas III 116, 11
yldran H 280, 5 etc. (7 mal); yldrena Hl 501, 21; gieldran (an
das unmittelbar in der nähe stehende giengran angeglichen) n
282,4; yrd^tond II 460, 27 ; yrdlandeis) II 48b, 24. 26. 568 37.
m 6, 21 ; foryräe U 74, 27. III 296, 22. 28 ; erölandes H 118, 26
infyld (3. s. praes.) III 416,28; gehylt 3. s. praes. m 432,23
gewelde (ppt.) 11 163, 5 ; wilisc II 289, 26 ; Welisc I 107, 15
awyrged, -um, -an III 402, 31. 36. IV 52, 1. 7. 10; awyrgednesse
in 402, 32 ; awyrgednyssan IV 52, 2 ; awurgednesse TU 502, 3 ;
gehwyrfdon (3. pl. praet.) VI 207, 6 ; Merdorum I 87, 24 ; Mer-
censium U 243, 27 ; Mercionihus 11 277, 19 ; gyrde I 543, 39
gyrda I 544, 1. II 241,30. 412, 28 etc.; gyrdweg H 436, 37
gyrdweg I 229, 6 ; metgyrda HI 416, 28 ; girda K m 359, 12. 14
gerda II 262, 4; geurda II 262, 5. 15 ; geurde ebda. z. 15, 16, 17, 19
metgeurda ebda. z. 20; fyröe (acs.) II 252,6; fyrdgeate 11 71,
9.10; fyrdfara IV 51, 18; fyrdwite IV 233, 8; säp-, landfyrde
IV 51, 18; firdcB 11410,33; ferde 11163,2; gewirdelandes VI
207, 15; yrfe passim; irfces II 282, 13; ierfce ebda. z. 9; ierfce-
Iceas ebda. z. 8; erfe II 262, 9. 12; wyrde (adj.) m 501, 17 zwei-
mal, K III 359, 32. 361, 7 ; arwyrdan 11 262, 6 ; gymendcB IH
172, 11 ; hirdas II 282, 15; hyrcmcere HI 240, 30.
Anm. 1. Schon frühws. geht ie = i-umlaut von ea vor
h + in i über. Dieses i erhält sich im Cod.: mihte praet I
544,5. Km 353, 23. IV 170,32; celmihtig TLL 402, 3b; CBlmih-
tig{e)s n 280, 8. 12. 296, 30. 410, 35 etc.; nihtea TL 96, 21;
DIB vob:alb dbe tonsilbbn im godbx wintonibnsis. 477
nihtan II 208, 1 ; emnihte II 241, 24. 252, 1. 280, 6 ; einmaliges
y in myhta (subst.) IV 51, 31.
n. ie = palatalumlaut von eo vor h : Hierher gehört aws.
s^iex, die entsprechungen sind: syx 111292,23. K HI 172, 29.
360,19. IV 108, 16; syxtig UIb02, 10] ^m 292,23; sixtig
III 502, 10 anm.; sextunce U 439, 11; seaxy s. § 9, III, 1.
III. ie nach palatalen konsonanten : gyfe subst. DI 416, 8.
IV 51, 10 ; agyß 3. s. praes. III 106, 36 ; agyfe 3. s. conj. n 252, 6;
agyfcen II 282, 12; agyfeÖ (zu giefeöe?) II 252, 1 ; gyfaufeld III
296, 37 ; Eadgyfu IH 6, 30 etc.; ^Ifgyfu IV 52, 23 (15 y gegen
8 t, inklusive Eadwifoe HI 654, 2, das sicher verschrieben ist),
i erscheint auch in gife (subst.) 11410,27.36. 411,1.13; e in
gefe (acs.) HI 183, 19, (3. s. conj.) HI 501, 19; scylda{s) II 583,20.
m 432, 14. Km 360,20; ÄcyWw^rAtona VI 135, 18 zweimal;
hocscyldes K III 363, 14 ; ascyred HL 402, 33. 502, 3 ; sciran (inf.)
II 241,32; geyldende KIII 361,31; geuldende KIH 363,28;
{hinoefes) scylfe HI 632, 17; {succan) scylfe III 296, 26. 27;
l^utingä) scylf IV 49, 14 ; Scylftune IV 92, 29. Nordisches lehn-
wort ist cytel in Oscytel III 66,37. 134,30 etc.; Oscitel VI
241,4; Burcytel ni520,33.
Gruppe 2.
tWdran U 366, 29. 367,13; ^f^rdM^c^f 11 436, 37 ; yrfe U
449,9. 111100,23. 298,22. IV 106,12; legite 1. s. praes. IV
367, 3 ; Elfgyuu C. C. X 17 ; ^Ifgyfu H. C. 43 C 8.
Kapitel III. Die langen Yokale.
§ 11. Aws. a.
Das WS. d hat sich im dialekt des Cod. fast durchgehends
erhalten. Ungefähr ein dutzendmal erscheint statt dessen o.
Dieses o ist übrigens in anderen denkmälern aus derselben
epoche nicht unbekannt: z. b. in den Soliloquien Augustins,
sowie in den mkent. Evangelien und beim jüngsten Schreiber
der P. C. Morsbach nimmt an, dass der tibergang von d in ö
schon in der ersten hälfte des XII. jahrh. angefangen hatte,
vgl. seine erörterungen Me. Gr. § 134, wo das nötige zur ver-
gleichung zusammengetragen ist. Meyers annähme, dass zur
zeit der P. C. das d schon gerundet (low back round) war,
halte ich für zu gewagt. Der ae. a-laut ist wohl "clear back"
478 B. A. WILLUBiS,
gewesen, der me. laut, der dafür eintritt, wird gewöhnlich als
"low back round" angesetzt. Zwischen diesen beiden lag dann,
meines erachtens, das a, dem wir in handschriften des XTT.
jahrh. begegnen, d. h. dieses ist "mid back lowered" oder "low
back" ohne rundung gewesen. Dieser laut klingt einem ge-
rundeten vermöge seines sehr dumpfen klangcharakters un-
gemein ähnlich, was seine gelegentliche bezeichnung durch o
leicht erklärt. Erst als im laufe des XIII. jahrh. die rundung
hinzukam, ist die Verwandtschaft mit der o-sippe so deutlich
herausgefühlt worden, dass man auch für diesen laut ein o
setzte. Anders ausgedrückt können wir sagen, dass in ae.
zeit das d die länge des kurzen offenen a in da^m war,
während es im XII. jahrh. in die länge des kurzen "retracted"
a in man(n) überging.
I. a im auslaut einsilbiger Wörter : a (adv.) öfters akzen-
tuiert, n 410, 33. 411, 5 etc. (13 mal); na 11 252, 2; swa passim,
dies ist im Cod. die fast ausschliessliche form, sw(b begegnet
nicht ausser in zwei fällen nämlich sude I 515, 21; swe
n 163, 27; 0 erscheint zweimal in swo 11 288, 8. VI 122, 6;
Öa (adv.) I 543,38 etc. (sechsmal); da (pron.) passim; Öo 11
80, 28. m 117, 6 ; tfc m 227, 21 ; ga (3. s. conj. praes.) IH 172, 10.
432,26.28. IV 76, 7; twa 1543,39. n252,9. 412,34 etc.; iwo
n 241, 31 ; hwa 11 80, 6. 296, 33 etc. (zehnmal); hwo IV 229,22.
U. d inlautend (ich unterscheide nicht zwischen d aus
wg. ai und d aus ^. Vgl. Vorbemerkung s. 408) : oc HE 66, 14;
de n 241, 39 ; composita : dchangran U 298, 2 ; ddea 11 290, 11 ;
ocfceara n 440, 33 ; dcsceates 111176,9; ocKcA 11 164,12; oc-
stedeleage IV 103, U; ad TU 183, 10. 11 ; adfini U 357, 27; age
(3. s. conj.) Kin 362,29; agen{e) VI 207,11. 0 207,26 etc.;
agenum, -an DI 501, 18. II 241, 26 ; dgenre ebda. ; oA 3. s. E DI
361,31. 363,29; ahte DI 416, 13 etc.; nahte KID 353,8; an I
542,25. 544, 9 etc.; nan DI 183,18. 402,16. 417,3; non (in
einer Urkunde "tampered with in a later handwriting") ID
402, 16 (der acc. s. lautet 14 mal anne I 542, 27 etc., gegen
cenne, enne 16 mal, weitere belege im nächsten §); anstiga, -c
D 367, 23. DI 305, 26 ; anstigan, ron II 289, 8. 367, 24 ; ar D
96,12; aV 111416,10; arc ebda. z. 12; Kandare K DI 363, 17.
D 583, 15; arwyrdan II 262, 6; ad IV 233, 8. 15. 22. 28; hradan
I 257,12. 540,1 etc.; Iradest D 262,4; iradewlle I 542, 21;
DIE VOKALE DES TONSILBEN IH CODEX WINTONIENSIS. 479
bradanbuman TU 183,18; bradanleage U 298,18; bradanhamme
TL 358,2; BradantvcBtere 11 588, 24; crawaneuwib 11 118, 29;
crawancrundul I 543, 3. lH 5, 9 etc ; crawanmor Hl 854, 25 ;
crawanersce lU 649,16; Cratoelea 11304,6; claffes IV 261,4;
claäheale m 176, 9; claffleahe ebda.; daäeage? TL 296, 8. 9;
ofgan (inf.) m 172, 12; agdn (ppt.) 11 252, 9; agan (ppt)
11280,5; /a^fan (gs.) K m 363, 11 ; Oatrrfftttrna I 546, 1;
gar in zusammengesetzten eigennamen: Qa/rulf TL 172, 18;
Garmund IV 234, 4; JElfgar HL 9, 8; ^Öelgar m 477, 6;
^scar (= JEscgar) HL 172, 13; Eadgar IL 605,80; Ordgaa-
n 241, 16; Osgar m 477 2 ; Sigegar HI 650, 27 ; Bruögar TL
280,19; Wtcgar 11 359,35; TFiA^flror 11 493,3 (dazu Wiffgaro
K m 175, 17); Wulfgar H 359, 38; garan I 542, 26. 548, 1 etc.;
flitgaran IL 409, 38. 410, 2 ; feamgc^an TL 532, 6 ; fieggesgaran
m 446, 21. 607, 12 ; gores 1 148, 35 ; gastan IV 52, 10 ; gataford
1229,11; 5fra/*n485,17; flfra/*! 229, 12 ; cealcgraf{a8)IL2%hj^l.
304, 32 ; trindcelgraf IL 485, 33; prigraf 11 532, 10; hilgrafon 11
358,6; headdangrafe 14:7,24. 1115,4; trcderanflrm/es HI 106, 10;
wiöiggrafas I 257, 14. H 303, 21; Cytelniggraf KHI 252,80;
humhaldinggraf IV 108, 28 ; dra/te 11 409, 30 ; hades 11 410, 36 ;
hadode (ppt.) IV 76, 18; gehadodon 11 97,1; gehadode KUL
364,4. IV 229, 16; halgaU96,33; ÄaZgfa» n 74,17 etc.; je-
^{joä U 96, 14; haligdom ebda. z. 27 ; haligdcmce IV 860, 8;
Aa2^ n 96, 26; haUige HL 417, 1; halsaO HL 183, 17; AoZelon
(Schreibfehler statt halegan) H 413, 26 ; hane (dsf.) m 292, 25 ;
hdm n379,7; harn IV 261,6; hamsUede n206,36; hdmdic U
80, 28; amwican IL 409, 32; hamleas? 11 857,32; hamsom{e) TV
233, 7. 22. 14. 27. IV 51, 25 ; Hamanfimta H 412, 9. K m 175, 9;
haran IL 78, 31. 242, 18 etc.; harandune^) HL 607, 15; hdte
(3. s. conj. prs.) 11 241, 33 ; gehdte I 542, 21 ; behaton H 208, 5 ;
hlafhwetes IL 241, 25 ; hlafes H 290, 1 ; hlaford H 207, 26 ; laford
n 282,8; hlaforde{s) IL 583,15. I 544,2.3; cynehlaforde H
583, 14. m 502, 6; Oslac HL 498, 87; Uf (= witwe) K m
361,31; als zweites glied zusammengesetzter eigennamen: ^laf
IV 27, 32; Bwrto/* H 172,21; Btomto/* H 163, 10; HunlafH
381, 6 (dazu hunlafinghammün IH 305, 33); Kynelaf 11 186, 1;
Ordlaf n 234, 27 ; Wiglaf H 280, 15 ; Wulfhf H 73, 3 ; lammme
0 Dies konnte aber auch zu hara, hase, gehören. Vgl. haranwyUe
§l,Ic)4.
480 B. A. WILLIAMS,
m 305, 35 ; lammeres 1 148, 30. 554, 32 ; lampyttas IV 95, 31 ;
lare JR 402, 30. IV 51, 34 ; magas II 411, 4 ; maga IV 229, 21 ;
male (acsm.) K HI 362, 7 ; malswurdes K m 363, 8. 24 ; gemanan
subst. n 358, 11. 12. m 402,33 etc. (6 mal); mandeedon Hl
402, 20; mare U 282, 17. K m 203, 15; marcen H 282, 22; more
(vgl. zu non oben) 111402,12; masancumh 11118,24; gerad
n 252, 2. 289, 22 etc. (7 mal); geradigod m 417, 5 ; rad (3. s. ini
praet.) Km 353,11; rahsiede 11 206,36. 494,18; radune 11
243, 36; randune I 542, 24. 11 208, 11 ; dras (3. s. prt.) m 520,
11 ; gerawan (r statt s) 11 241, 26 ; gcesawenra 11 282, 18 ; sagel-
nusre K HI 252, 33. IV 27, 16 ; sawle, saule I 541, 3. 11 583, 28
(7 mal); saulsceottas II 163,3; ascaden HI 306,29; slaMortveg
m 632, 10; snaäe 1 548, 19; snadce U 460,40; stybhan snade
ni 273, 28 ; snad TL 296, 12 ; slapem (vgl. aber auch slepem
unten § 12, l) H 262, 3 ; stan (häufig akzentuiert) 1 47, 34. 542, 22
etc. etc. ; composita : stanburg 1 548, 1 ; stanwei U 206, 30 ; stan-
beorge TL 358, 5. 6. 7 ; stanceastla TL 367, 21 ; Stanford TTL 227,23;
stanmcerelTL Q2,2Q] stangedelf TTL 1%^,1()\ stänUfeteTST ^hQjlO\
stanbricge III 520, 4; stantor TL 77, 19; stanmodrce II 549, 36;
Stanham IV 97, 1 ; Stanhcemstede K m 252, 23 ; ma^genstan TL
94, 8. 549, 25 ; Bregeswidestan I 257, 9 ; Jcicgestan TV 93, 10 ;
stanehtan TL 297, 34 ; stanihtne TTL 227, 25. Als zweites glied
männlicher eigennamen ^Ifstan II 73, 4; JEÖelstan TL 271 L z.;
Byrnstan II 280, 14; Ceolstan TL 272,4; Cynestan TL 163,21;
Dunstan III 446 1. z. ; Ealhstan TL 94, 30 ; FriÖestan II 74, 6 ;
Helmstanus 1594,23; Leofstan KIII 216,20; Mcegenstanes I
229, 3; Wcerstan III 356, 38; Winstan U 280, 22; Wulf-
stan TL 252, 25 ; papa(n) IL 96, 33. 9. 14. 17 ; tan (ne. Tone
flussname) II 169, 15; tddn TL 74,16; tan TL 76,28. 77,20;
tanlea HI 183,13; tanhldw III 650, 19; Tantun 1228,6. 11
73, 23 etc.; taa lande? IV 233,12; tacnce TL 411,14; getacne
11163,8; HakunLY 27,32. 34,28; ^«;aw H 241, 31. 412, 27 etc.
(7 mal) ; äam passim (öf tei^s öan geschrieben) ; Öcem s. unter de ;
^ara passim; ^a5 II 410, 29. 32. 39. 36. 0 402,30. IV 51,35;
waddene HL 292, 22; waddcene II 409, 31; waddunce K III 252,
26. 27 ; wdtoran II 296, 18 ; watdoene II 409, 31 ; wat (3. s.) K DI
363,28; bewat IV 51,28; hamettan (int) 11252,11; Aamc^(ppt.)
ebda.
Anm. 1. Hierhier hatan (hammas) IL 495, 23; (hamme)
TL 529, 23.
DIE V0B:ALE der TONSILBEN IM CODEX WINTONIEKSIS^ 481
Anm. 2. lieber ham in hamtunsdre, das etymologisch
hierher gehört, vgl. § 1 anm. 16,
Gruppe 2.
Das d ist natürlich vollkommen fest, ich brauche daher
wohl keine belegsteilen anzuführen, und gebe dementsprechend
bloss eine aufzählung der vorkommenden stamme: lochwd^
swd (öfters akzentuiert, nie swce), (n)d, Öd, Ödm (Öan), Odra,
dn, sdtcl, crdwe, gdt (in gataford II 436, 42), grdf, hdlig, brdd,
stdn, dd, hdtte (3. s.), Tdntun, -gdr, -Idf in eigennamen, Haward
(vgl. ahd. Haward, Hawart, an. HdvarÖr), (hdm in hdmtune
IV 105, 14 ; hamtune lU 100, 4, vgl. aber oben anm. 2).
§ 12. Aws. c^.
Der Vertreter des aws. ä im Cod. ist ce oder e, gelegent-
lich ea (= Schriftbild für c§), a.
Auch hier wieder hebt sich der Schreiber X von den
anderen deutlich ab, denn er verfährt ebenso konsequent bei
der anwendung des langen wie des kurzen ce, während der
nicht von ihm geschriebene teil des Cod. ein sehr starkes
schwanken zwischen ce und e aufweist. Im ganzen finde ich,
dass X e = ce < wg. ä einige 14 mal gebraucht, ^) und bloss
sieben oder acht mal = ce < wg. ai + i, j. Wo die ange-
führten belege für e von ihm herrühren, deute ich dies, wie
auch früher, durch ein Sternchen vor der Seitenzahl an.
Wie beim kurzen as stimmt auch hier wieder X zu gruppe 2,
die im einklang mit dem aws. durchgängig ck aufweist, ausser
in einmaligem dem und del Es ist zu beachten, dass im Cod.
e für ce^ (= wg. d) viel häufiger vorkommt als für cb^ (= wg.
ai + j). Im ersten fall überwiegt ce, die beispiele aus X mit-
einberechnet, nur wie 3 : 2, dagegen im zweiten fall wie 3 : 1.
Wenn wir nun X, dessen anteil am Cod. höchstens auf ein
viertel des ganzen Stoffes angeschlagen werden konnte, ausser
acht lassen, so muss das Verhältnis des e zu ce^ ungefähr gleich,
dagegen von e zu. ce^ im günstigsten fall nur wie 1 : 2 sein.
Das cB* ist in keinem häufig belegten stamm durchgehends
bewahrt, dagegen zeigen ein paar Wörter bloss e ; das as^ aber
') Die eigennamen auf red, fled, mcer ausser acht gelassen, sowie der
nachher zu behandelnde stamm mdkre.
482 B. A. WILLIAMS,
geht zuweilen durch (sce, ceht, celc), oder überwiegt bei einigen
Stämmen im Verhältnis von 13 : 1 bezw. 10 : 1, 5:1 etc. (man
vgl. die belege unten). Diese Verschiedenheit der behandlung
kann nicht auf zufall beruhen. Wir müssen vielmehr an-
nehmen, dass hier für den grössten teil des Cod. ein lautlicher
unterschied gegolten hat, was ja durch die weitere entwicke-
lung der spräche in me. zeit nur bekräftigt werden kann.
Der frühere unterschied zwischen den beiden te, obwohl diese
mit dem anfang der ne. zeit in der ausspräche zusammen-
gefallen sind, findet bekanntlich seinen ausdruck noch in der
ne. Orthographie, und ist noch thatsächlich auf einer jüngeren
stufe in der irischen mundart erhalten. Ganz ähnliche Ver-
hältnisse liegen in der hs. der Soliloquien Augustins (gleicher-
weise aus dem XII. jahrh.) vor, man vgl. die dissertation von
Hulme s. 52.
l, ce = wg. d. Street passim, 41 e, 38 ab, daneben 5 ea:
streut III 116, 11. K III 223, 31. 32. 302, 10; streatford ffl 5, 16
(ea = Schriftbild für ce), einmal a in stradford I 545, 16;
composita: strcetlea 11297,33. 298,5; lesstrcet III 227,23; here-
strcete III 166, 33 ; helistrete III 356, 8 ; portstret HI 303, 28 ;
eaststrete II 262, 17 ; suöstrete ebda. z. 18 ; norffstroete ebda. z. 16 ;
wudestret IV 92, 37 ; öcer passim, 68 ce, S8 e; wcer (= hicter)
III 273, 28 ; mceran II 252, 10 ; als zweites glied zusammenge-
setzter eigennamen hat dieser stamm fast immer e (hierzu
Sievers Gramm. § 57 anm. 2) : JElfmer III 165, 2 ; MÖehner
111177,5; Byrhtmer IV 27, 29; Sigemer 11360,1; Wulfmer I
549, 10 ; (B in ^Mmcer III 447, 10. K IH *176, 37. IV *170,27.
VI 122, 14. 207, 21 ; ^Mmcere IV *170, 27 ; JElmcer IV 27, 26;
Wulfmeer II *411,29. *461,21; Wulfmeeres KIU 193,17; Wul-
meer K III 203, 5 ; m(ed(e) II 74, 28. IH 62, 26. K UI 229, 26 etc.
(22 mal), med(e) III 145,31 etc. (10 mal); composita: mcedham
IV 92, 29 ; meddic III 296, 20 ; medlund HI 520, 12 ; mcedceceras
III 305, 29; mcedwegas II 74, 20; gauolmcede II 241, 28; hodng-
meeda II 291, 1 ; hreomeede (= hreod-) IH 607, 16 ; Beoccingmcede
IV 34, 8. 15; weeron (plu. praet.) II 96, 6. III 172, 12. 15; wtere
II 244, 12 etc. (5 mal) ; weerce II 282, 2 ; were, -on, -en U 80, 9
etc. (7 mal) ; uneemetta II 290, 6 ; reedde K III 203, 12 ; redan
K III 203, 8. 364, 3 ; gerednesse IV 279, 26 ; red K III 363, 35 ;
gebeddredenne II 583, 18; mannredden IV 233,4; mteredenne
II 164, 7 ; -red ist häufig als zweites glied zusammengesetzter
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 483
eigennamen und hat wie -mer fast durchgehends e: ^Öelred
1177,33; ^Z/red II 119,11; Beomired II 99, 28 ; Cynred 1
594, 10 ; Coyreä U 381, 3 ; Eadred II 486, 1 ; Ealdred III 247, 18;
Forgred II 136,3; Mlred II 136,6; Sigered 11342,19; Torht-
red n 136,8; i)eodred II 494, 31 ; J7A^red II 380, 27 ; Wigred
U 163,21; Wulfred II 235,34; cb erscheint in JEdelrced KUI
224, 26. *229, 3 ; ^Ifrced II *94, 33. *486, 13 ; Äldrced II 94, 38
Deodrced II 486, 5; gatiolbcerer (K. liest -leeres) II 241, 27
abedon, (3. pl. ind. pret.) KIU 353, 13; gecnewe K III 353, 19
hUÖhorn K III 362, 22 ; cwcedan (3. pl. praet.) IV 279, 32
dedftö^e 11*411, 3; mawdcpdow III 402,20; adrefde HI i02, 20
JSlfflede K III 193, 13. 16. 17. 196, 16. 19. 20; Wynfkde
Km 362, 34; gregan II 441, 2; gregean II 504, 23. IV 90,
13. 14. 17 zweimal; kein grobg, gced (3. s. praes.) K III 189,8;
ged I 542, 26 etc. (viermal) ; Ices lU 415, 22 ; las HI 8, 20 ;
Icßse I 544, 2. 3; lesstr(Bt III 227, 32 (hierher feldles IV
96, 2?); IcBtenne II 289, 22; l(BtaÖ II 289, 20. III 306, 21;
forl(Bte K III 361, 6; tolost ppt. II 282, 8; lewa III 502, 5; Lewu
ebda, anm.; mcedlic II 289,24; motlceöu IV 233,23; mege 11
252,11. 111*126,21. *432, 21; nceddran beorge 1229, S; nced-
dcerheall IV 103, 8 ; nedderheal II 495, 21 ; nedderheale ebda.,
IV 103, 8 ; neddwrheale II 529, 33 ; lilsostnce I 355, 29 ; Igscet-
mearce I 542,2; igsetna II 135,20; Wrocensetna III 355,23;
Büsatena K III 215, 24 ; ungesoeliglice II 96, 32 ; slepern, II 262, 4;
SiBda II 241, 26; spceca III 501, 18; spreca K m 361, 16; fore-
sprece II 244, 10 ; specon (3. pl. ind. praet.) K III 353, 4 ; lege
(3. s. conj. praet.) III 416, 10; wcot (subs.) III 632, 22.
Die Vorsilbe ce : cewylle I 542, 21. 37 ; cewyllas I 555, 3 ;
cetcylm II 379, 15 etc. (15 ce) ; ewillas I 148, 36 ; ewyllas 1 554, 3 ;
ewylme II 379, 15.
Anm. 1. Gewöhnlich werden die mit wcer-, wer- gebil-
deten eigennamen zu dem stamme wder f. gezogen, vgl. Wolff
s. 44, Sweet OET s. 600. Im Cod. belegt sind: Wcerstan III
356,38; Vuasrstanum II 277, 10; Werferg 11 6i, 17. 71,14. 73,4.
80, 17 ; Wcerferd II 77, 32 ; Werulf II 273, 41. 275, 37. 241, 19
etc.; Wcerulf 11 *289, 12.
Anm. 2. Wohl mit länge anzusetzen ist bär (nsf.) II
298, 6 ; bcera II 296, 6 ; hnutleage beere II 379, 9, vgl. gauolbcerer
oben. Die bedeutung scheint mir zu sein = holz: man ver-
gleiche auch dennbcere bei Sweet StD = "swinepasture".
484 B. A. WILLIAMS,
IL aws. de = i-umlaut von d < wg. ai.
gemcere, -u, -o, -a (anglisch hat dieses wort dk nicht il)
passim, ich habe 117 (f, 56 e gezählt, composita: gemcBrhagfm
1174,21; gemcerdornan II 288,15; gemasrweige 11207,3; gt-
mcerwyl E III 193, 9; rihtgenicere II 288,20; landgemasre passun,
einmaliges a in landgeniaro I 47, 21 ; <Br l 542, 27. 555, 5. 11
96,7.10 etc. (über 30 mal); er KIH 361,29; Her 10 501,21
anm.; her II 568,36; cerest passim (gegen 130 mal); erestl
47,21. 545,3 etc. (11 mal); Öcere (gds.) passim; die formen mit
ce überwiegen wie 5:1; durch Vermischung mit dem gpL ent-
stehen formen wie äara I 257,12. II 456,32. lU 808,3a 35;
gare III 227,1. 292, 25; 9ore (dst) H 80,5; mit dem regel-
rechten gpl. äara wechselt dcera durch anlehnnng an die übrigen
formen auf ä, hiervon sind mit e belegt: ffera II 208,13. m
416, 9. IV 34, 6. 90, 4 ; gere K lU 223, 23. H 280, 10; die nm-
gelautete form des dspl. von se habe ich gegen 40 mal notiert^
darunter 28 äcem (4 ffcen II 262 mit einbegriffen) ; äem 1 545, 15.
*548, 5 etc. (10 mal) ; sce (öfters akzentuiert) I 229, 6. 13. ffl
171,23 etc. etc., kein se, composita: scBwcere IV 96, 4; wesl-
und osstsos VI 122,3.7; suö- wxAnordsdk 1546,28.80; SmwM
IV 234, 7 ; hl(Bw{e) II 303, 22. 409, 25. 26. K III 252, 25; hHäor
hlcewe III 66, 10; hlew{e) (oft akzentuiert) I 257, 15. 11 808,17
etc. (17 mal); lilatve (vgl. Siev. Gramm. § 288 anm. 1) I47,2&.
II 296. 16.28; hldtve III 650, 11; tanhldw ebda. z. 19; rtBweU
412, 29. IV 95, 28 zweimal; hlingrcewe II 460, 25. I 548, 5;
hlincroswce II 485, 21 ; hegercewe II 413, 7. 8. KIII 176,21; gm-
r(€we KIII 199,32.33; rewe 111227,22 etc. (4 mal); Tunern»
11*485,21. KIII*176,20 etc. (4 mal); AltncAreire m 296,25;
hornrewe IV 108,23; widigrewe III 519,26; gemwne n20e^8a
III 8, 20 etc. (6 mal) ; gemcenum, -an, -en I 542, 25. U 208^ 12
etc. (4 mal); gemene K III 364, 12. IV 229,23. IV 51, 17; mmu-
lege 111356,11; mcenan Icage II 219,13. 444,21; menainämt
II 600, 10 ; mencndene III 204, 23 ; wichcema I 548, 9 ; tridbMM
II 460, 29 ; micghcema E III 193, 12. 196, 14 ; uppinghmma DI
650, 15.17; Middehcema KIII 211,23; PoUusnuUune , -imll
491, 12. 402, 9. 16. K III 203, 26 ; Polhetnatun IV 48, 20. 49,84;
Volhenuitune IV 48, 32; t(;ea;^Aemm^a II *288, 22 ; PoTJiamaimH
III 163, 80. 164, 18; Polehametune UI 164, 6 (anlehnnng u
hdm?); umgelautete formen in der flexion von oe: cfe 1555,1.
II 297, 35 etc. (9 mal) ; einmaliges e in foxec (ßB.) IV 90^ 9;
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 485
{n)(Bfre II 80, 4. 5. 96, 11. 12 etc. (14 mal); efre IH 402, 18.
403, 1. K III 362, 28 ; hceä schwankt stark zwischen zwischen
(e \mi e: cede 111356,10; hceäfeld(a) 1543,4. 11301,22 etc.
(6 mal) ; hoeöheorh II 77, 15 ; lueÖburgedene III 478, 12 ; hceff-
byrg(e) 11207,6.7; dagegen A6^(e) 1 47, 34. 11381,25 etc. (5 mal);
hegfeld II 208, 30. 243, 37 ; heöburge III 655, 19 ; bei häöen ist
(B dreimal so häufig wie e: hceöenan II 81,6. 568,27 etc. etc.;
cedenan 1194,19. 409,28 etc.; heöenan 11298,4; heöanan IV
108,31; heöenum 1*548,5; hedenes 11164,16; ausschliesslich
ce hat (Blc(e) 1196,5. 241,33. 252,5 etc.; von prominalformen
mit Vorsilbe ceg sind belegt: (Bgder{es) II 244, 12. III 306, 23
etc. (5 mal); xigder Kill 360,18; ceghwer III 501, 16; ^gher
ebda, anm.; ceghwelcum \1 ilO,^%\ egf^er III 6, 24; eghwcelces
III 163, 1; cenne (acsm.) I 542 viermal, II 208 dreimal, etc.
(14 mal), enne K III 158, 29. 362, 6 ; daneben besteht die form
ohne Umlaut : anne I 542, 27. II 208, 13. 22 etc. (14 mal) ; (m-
lypigan K III 336, 24; osnigie) II 96, 13. III 402, 29. IV 51, 34;
wnigra II 96, 15; asnire IV 279,22; enig K III 353,6. 364, 11;
Stornos (= stoßn{e)ne) III 157, 14 ; stcenne II 262, 3 ; stenenan I
47,26. 545,8 etc. (5 mal); stenihte II 78,27 (staniht s. unter a,
es handelt sich hier um suffixablaut, vgl. Sievers Gr. § 127);
ceht II 207,26. 244,11 etc. etc. (keine formen auf e); hkefdige
111172,11.17; hlcefdian in 416,26; hlefdi(g)e 111*172,7. IV
52,11. 229,25; d(el{e) 11494,24. IV 280, 2. 11252,5; dcelcenne
K III 361, 3; twodcelanne II 262, 10; dcele (3. s. opt. praes.) IV
279,23; deni80,l. IV 279, 23. 280,2; ördeZIV233,8.15.22.28
gedeled II 583, 28; grcefan II 368, 3; Öorngrcefan II 242, 7
mearcgrefan III 655, 40 ; Iccwede K III 364, 4 ; laswedan 11 97, 1
lewcde IV 52, 18. 229, 16 ; brcede (subst.) II 262, 4. K HI 172, 29
Icefce (1. s. ind. praes.) III 432, 24; li^fde (prt.) II 207, 26
cerendes III 502, 9; gecerendodön II 252, 13; flcescun U 290, 4
fl(jes{c)niangere VI 135,17; flcescmangara ebda. z. 18; geredon
K III 363, 9 ; geredan IH *432, 13; hces H 282, 23 ; hcelo U 262, 6;
wceteleahe (das ich zu hwddte ziehe) K III 215, 26. 27 ; Hwcetce-
dunce K III 360, 12; hwetes U 241, 25; arerad II 290, 10; cUena-
/eWa II 288, 27 ; denanford 11147 8, 18] ungeäwcernisse Hl 417, 9;
mest Kni363,35; Ices (adv.) KIII 175,34; Icesse 111402,12;
lesU 412,27; lesse Kill 20S,lb\ gfeie^/ (ppt.) KIII 362,28;
snede H 529, 22 ; stnede ebda. ; clceferdcene 11 460, 41 ; clcefer-
mcere IH 127,22; cleferdcene 1*547,35. 11*460,16; lcena{i8.)
486 S. A. WILLIAMS,
n 280, 4; Icenelendum (zu Icenland) U 583, 27; lamanne 11 286,6;
(mlcenaö 11 280,3; aZteneJ (ppt.) Kill 360,36; geUßneff^ft U
162,25; äsenden 280, 5; aZen(»d^ K HI *360, 35; lendieTL2S2,Z;
tcecinge UI 402, 21 ; hcettecen (inf.) K m 361, 1 ; IhbUbcc K m
361,22; bet(BhteIYb2,6; hef^dite HI 4:02,3b; feefeÄfe 111416,22.
VI 207, 13 ; betehtan VI 207, 9; getehte K DI 353, 3.
Anhang. Ueber mcere.
Ich habe schon (s. § 3 anm. 8) angedeutet^ wie schwierig
es ist, im einzelnen zwischen mere m. und miire n. zu unter-
scheiden. Hier mögen die fälle erwähnt werden, die meiner
meinung nach die ansetziing von tn(6re (mit langem ^) e^
fordern :
mcerdic III 356, 3, n^es ebda. z. 4 und mcerhagan HL 106,9
sind durch das vorkommen von gemcerdic und gemcerhagan ge-
sichert, ebenso merewege HI 115, 34 durch mearcweg HL 117,2,
sowie merhroce II 532, 16 durch merc- und mearcbroc in derselben
Urkunde. Auch hierher gehört merforö JH 106, 11 ; mmtford
ebda. z. 7, um nach mearhforda (mearh = mearc) TU 105,29
zu urteilen, ftigelniwre II 368, 5 bin ich auch geneigt hierher
zu ziehen wegen fugelnierc TU 632, 16 (es ist jedoch za be-
achten, dass in gruppe 2, in welcher e und te fast ohne aus-
nähme auseinander gehalten sind, ein fugelmere yorkommt).
ceattan mcere E III 193, 12 wird durch ceattan gemera Em
196, 15 ausser zweifei gesetzt. Ein sicherer fall ist and
Jwrninga mcere III 520, 5. IV 92, 23 (vgl. an der letztgenannten
stelle die nächstfolgenden ^andlang des gemoBres*^^ nnd das-
selbe gilt wohl auch für ceanninga mcere UI 171, 23. Folgende
Wörter möchte seh ebenso nach analogie im nuerdie nnd «übt
hagan hierher ziehen : merpyll III 142, 3 ; mceredunm TL 296^ 2;
mcereslade K HI 172, 32.
Anm. 4. Weitere fälle von mcere, mere als zweites gKed
von composita, also an nebentoniger stelle, welche weniger
Sicherheit in der bestimmung zulassen, finden anderswo &-
wähnung. Siehe anhang n.
Gruppe 2.
I. str(Bt(e) III 3, 36. 99, 32; strcetford HI 3, 40; äarU
366,21. 448,3 etc.; (fcerto TTL 100,4. IV 105,14; Amm 11387,
3. 14. 366, 21; wwron C.C. X 17; niedranbeorgt 11 436,35;
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8IS. 487
W(Brulf n 285, 25 ; Wulfmeer H 366, 6. 437, 22. 449, 3 ; Äldred
n365,3; mred 11364,17; CTÄ/red H 365, 4 etc. ; mit meta-
these des r, die auf kürzung deutet, JElferd II 366, 12 ; Uhterd
II 365, 7 ; Cyred = Cynred H 366, 7.
n. (Brest n 284, 28 etc. ; Ömm 11 284, 35. 37. 367, 10 etc. ;
dem II 364, 8; Öcere (dsf.) 11 284, 33. 38. 364, 1. 2. 8. 10 etc.;
öxra (dsf.) C. C. X 17 ; öare (gsf.) H. C. 43 C 8; dcera (gpl.) m
298,21. IV 106, 10; d^üos II 366,28; dcB^ww H 367, 10; del
C. C. X 17; hceö III 3, 39; [}it\cewe HI 3, 34; grcefan H 364, 8
norörcewc 11 436, 42 ; stanranve U 448, 13 ; sceU 436, 37. 437, 2
(enne (acs.) II 367, 12 ; nwfre II 367, 1. 17 ; celcum (ds.) 11 366, 23
celce ebda. z. 27 ; wealthceminga 11 285, 2 ; gentcenelice U 366, 21
clcenefelda II 285, 3 ; gemcere H 284, 31. 36. 285, 3 ; gemcerffoman
n 284,38; landgemcero, -a H 447,28. HI 297,25. IV 105,3;
rihtgenuere 11 285, 1. 448, 3; mcerwege U 447, 29.
§ 13. Aws. e.
Der Vertreter ist meistens e, öfters auch ce, wofür die be-
lege sich in ungefähr gleichem masse zwischen X auf der
einen und den übrigen Schreibern auf der anderen seite ver-
teilen. Durch ce wird auch gelegentlich das e in P. C. , Sol.
Aug. und den kentischen Evangelien vertreten. Hieraus möchte
Meyer (§ 14. 1) auf einen offenen laut schliessen. Ob das an-
geht, scheint mir jedoch zweifelhaft, denn ich weiss von nichts
in der späteren entwickelung der spräche, was diese theorie
stützen konnte. Das eine beispiel hcer lässt sich leicht durch
angleichung an Öcer erklären; die form findet sich übrigens
bei Orrm (vgl. Sweet HES § 673).
I. e = wg. e. her I 543, 37. 11 96, 1. 8. 163, 7 etc. ; hcer
II 289, 17. m 306, 24; hcerlufan ebda. z. 23 ; hceron 11 *296,35.
*411, 11. IV 76, 19; reduplicierte praeterita : Äe^ IH 416, 7. 8. 17.
IV 34, 7. K III 353, 24; het II 163, 26 ; Ut II 262, 7 ; leton, -an,
1543,38. n 251,34. IV 76,6; ^ofc^ KIH 361, 23; toloet Jl
289,15; l(Btan IV 170,19; fenge 01416,11; onfeng 0 596,38.
m8, 19. 116,13. 117,17; onfengon, -an 0 568, 36. 10 273,32;
onfwnc O *485, 37. lO *62, 35; ared O 251, 35.
Anm. 1. Die einsilbigen pronominalformen mit auslau-
tendem (gedehntem) e zeigen schwanken zwischen e und cBj
das sich nicht allein auf X beschränkt, sondern in hohem masse
488 R. A. WILLIAKS,
auch bei den anderen Schreibern vorkommt. Dies beruht, wie
mir scheint, auf dem vorkommen dieser Wörter im satztiefton,
nach dem muster der proklitischen Partikeln be, de, ge-. Bei-
spiele: he I 544,4. H 79,26 etc.; he II 252,11. HI 306,30;
hce I 544, 4. H 208, 6. IH 432, 27. K IH *360, 26 ; wd U 568, 36 ;
woe TL *282, 10; me äs. U 96, 7. 10. 13. HI 417, 2 etc.; mce U
♦282, 2. 4. 5. 8. *410, 37 etc.
Anm. 2. Gedehntes e erscheint in toel n 96, 1 ; geramode
(ppt.) K in 361, 8.
U. e = i-umlaut von 6: Casus obliqui zu böc: bec 1196, 1.
K m 203, 12. 353. 4; bcec H 244, 13. HI 106, 37 ; bece (acsf.) TL
118,29; bechan und bcecan (zu b6ce) TL 495,22; stedan (acs.)
Kni362,35. 363,11; /6^(plu.)n262,16.17.19, (ds.) HI 273,27;
fcet ebda. z. 28; bremelöoman TTL 476, 18; bremeles sceagan TL
368, 3 ; brcembeMyfelan TLl *62, 26 ; brether (ds.) TL 583, 22. 24. 25
etc. (9) ; meder (ds.) 11 96, 20 ; gerefa TL 96, 24 ; gereflande I
544,1; (bsUb TL *282,b; grenanU 206,28, 413,5. HI 303, 33 etc.;
grenlege IV 27, 10 ; grcenan TL *296, 9. K HI *176, 17. IV 96, 1 ;
grcmlcegoe IV *27, 10 ; soeUst 11 163, 1 ; twegen TL 81, 8. 583, 21.
111273,28; twegea, -ra 1544,1. Km 360,18 etc.; twegrcem
{m aus dem nächsten wort herübergezogen) IH 416, 28; twcegen
1*548,15; begra KHI 361,24. IV 279,20; gecweme, -re HL
416, 13. 417, 1 ; behefre (compar.) 11 208, 4; gemedon (zu gemede)
K ni 353, 7 ; stamm ^könio- in eigennamen : Cenwald I 548, 39 ;
Cenelmestune HL 306, 21; Chenewlf 11 73, 8; ea in Ceantoald H
380,9; JSreanwZ/" K m 303, 30 ; Cocenes 1 107,20; verbalformen:
deä TL 96, 31. IV 233, 31 ; gebete HL 417, 10 etc. (5 mal); geboBte
TL *411, 2. 3. m 183, 20. 306, 30; gefede K HI 362, 27 ; afedde
K m 364, 10; grett (3. s. praes.) IV 229, 15; gecwemaÖ 11 96, 2;
gescecen K IH *361, 6.
Anm. 3. Zu gerefa begegnet eine gekürzte form reve ds.
I 514, 23.
EH. Langes e durch kontraktion (Bülbring § 217) hat ece
passim ; ecnesse TL 96, 25. 357, 14 etc. ; ecelice TTL 502, 4 ; cece
TL 243, 2 etc. (4) ; cecere TL 529, 35 ; cecelice 11 *410, 29 ; cecelecum
ebda. z. 32.
Gruppe 2.
ece in 298, 22. IV 106, 11, ohne akzent in 100,23; ttoegefiy
-ea TL 366,23. 367, 6; begea IL 366, 20; bremeles sceagan TL
364, 7 ; Cer^waJd TL 365, 6; Cer^ulf Hl 297, 13.
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 489
§ 14. Aws. /.
Das i ist im dialekt des Cod. gut bewahrt. Es wird je-
doch mit ziemlicher häufigkeit durch y vertreten. Im allge-
meinen dürfte das eintreten des y häufiger in der nähe von w
oder liquiden sein, was jedoch nicht ausschliesst , dass im
stamme hid y 15 mal erscheint. Zu hriöer begegnet auch neben
zwei y je einmal u und ie\ beide sind wohl als Schriftbilder
für y aufzufassen.
L i nach w und liquidien.
a) nach w : wiöig IL 533, 29 etc. ; widegas HI 8, 16 ; wigiöe
(Schreibfehler) IE 296, 19 ; wiöiggrafas I 257, 14 ; wiöigsled 11
171,32; wiöigmor I 229,4; widigleagdte ebda. z. 3; WidigUa I
228, 13 etc.; widigcumh II 76, 15; widigdyfelum H 358, 19;
vnÖigmoßre 11 444, 17 ; Wiöig ford K EH 252, 20; widighamme TU
632,11; Wide H 410,3; widan II 207,4 etc.; widancumb II
244, 2 ; widancumb II 440, 6. 504, 26 ; wiöan mced II 74, 28 ;
(Ä)M7itow passim; composita: Hwitanleage I2b8,l; Hwitancyrice
11294,1; witleage II 2^%,n\ Hwitcyrcan TU 41h,20, K HI
203, 23 ; witfaldes 11 301, 19 ; y zeigen wytleahe HI 478, 13 ;
wytan wyröe 1115,4. K 0 302, 2; wie 11304,23; mtWie IV
96, 3; wiehomm I 548, 9; Wieham K III 360, 14; wicleage I
542, 33 ; wieherpad IH 268, 29 ; mehlyde K III 338, 1. IV 95, 34 ;
toicehrycg in i:^22i\ ^örww;/cIII478,15; staeginwicumU 485^32]
hnuttwie 11413,4; sihterwie III 349,29; y in Öornwyean JH
478,16; wites (gs.) IV 51,26; witedeowe, -ne II 251,16. HI
432, 30. K ni 360, 6 ; witefcestne K IH 361, 15 ; hellewite HI
417,9; hwile n441,6. 504,26 etc. etc.; wile H 208,6; wifUl
432, 34. IV 279, 32; wife II 162, 27 etc.; wisie (3. s. conj. praes.)
m 183,21; swina II 282,14; swinesheafod 1 546,26; swin-
human EL 304, 20; swinhamman IV 27, 18; swynhamman ebda.;
swynhroe II 549, 31; swide H 282, 24. K IH 353, 17; swyde II
96, 24 zweimal, 282, 10. K III 203, 9 ; [swuöoe EL 282, 5; swudum
ebda. z. 6 sind Schreibfehler für swilee, swileum. Der Schreiber
hat seine vorläge falsch gelesen] ; in eigennamen : Swidhun TL
119,12; Swithun 1179,14 etc.; Suudune IV 229, 19; Swidulf
TT 380,27; ^Ifswidm H 530, 28; ^Iswiöe H 531,9; JElfsiöas
TTT 432, 32 ; Jilfswyd K EU 353, 12. VI 134, 22 ; lyrhtswyde ITL
305, 25 ; häufig als erstes und zweites glied zusammengesetzter
eigennamen ist wig: Vihald I 48, 12; WigÖegnus I 516, 8;
AngUft. K.F. XIU. 32
490 R. A. WILLIAMS,
Wigferd IL 600, 28 ; Wigred U 163, 21 ; Wighelm EL 276, 5 ; Wig-
stan n 136, 1 ; Wimtind TL 262, 31 ; Winod TL 272, 1 ; mggerdes
m 356, 4 ; Wiglaf H 280, 15 ; Wiglummes I 554, 29 ; wilames
m 116,3. 117,5; Wigea {=Wigheahf)TL2h2,2^.2Q\ Oswig
m 269, 10; Eadwig TTL 106,20; ^scwig 111433,1; JSÖelmg
K m 190, 4; JElfwig TU 143, 30; Byrhtwy IV 27, 28.
Anm. 1. Wighen TL 262, 28 ist sicher stÄtt -hdm ver-
schrieben.
Anm. 2. Wahrscheinlich zu swi^ gehört hrceges wyöce stance
TL 296, 26, verschrieben briö suide stan TU 268, 32 (vgl. Bregu-
suld OET, s. 526). Ebenso cealcswyde (statt EaJhsujydef)
dell n 444, 11.
b) nach liquiden : riäe TL 358, 22. 28. 29. 549, 31 etc., colriJfe
n 301, 21; bröcride TL 358, 22; cealcriäe IV 49, 10 zweimal;
[Rimtune TL 442, 13. LH 105, 29? vgl. K. VI register] hriäru TL
282, 13; rydcBres heafod EU 176,8; rüderes heafde ebda.; cet
EryÖerafelda K m 362, 5 ; hrieöeru TL 290, 1 ; gewritan KpTT
353,24; odri/an 11 163, 27 ; gewryöenne int Vf hl^Z2\ geÖristlice
111183,19; ^n%a in 432, 16; ^nVcB^fwwK 111360, 21; heofonan-
rice ni 417, 8 ; hcefama rice TL 411, 1 ; richide TL 494, 22; -ric
ist häufig in compositis: Osric TL 77,25; Wulfric 11290,29;
JElfric II 304, 1 ; Siric II 486, 21 ; Burgric TL 410, 18 ; Byrhtric
n 342, 9; ^äelric K HI 159, 14; Eadric I 549, 16; Cynrices I
257,22; Bymric TLL 164,5; Leofric TTL 142,18; FryÖerico TTL
26, 23 ; JEgelric IV 234, 3 ; einmaliges y in Wulfrycce DI 145, 10 ;
GrimkilluSy -gillus (an. Grimkell) IV 69, 15. 91,11 etc.; FridcB
Km363,31; K/e5lI96,l. IE 432, 27; K/ein402,34. 501,24;
lyfe II 244, 12. 13 ; licaman K m 360, 3 ; lictune II 262, 18 ;
linford TL 341, 20 ; linforda II 341, 18 ; linlea TL 368, 8 etc. ;
linor III 227, 29; lyne stede? TTL 478, 16; licode TL 96, 24. KUX
203,8; limbuman 11413,8; Limburnan Km 176, 21; Lympol
K m 199, 34; sliht (3. s. praes., statt sl0 zu slidanT) TTL 478, 7.
Anm. 3. drifh TLL 501, 19 und Brife, Brifde ebda. anm.
sind mir nicht klar. Sie scheinen auf einem missverständnis
des Schreibers zu beruhen.
n. Sonstige belege für {.
ic (öfters akzentuiert) n 96, 8 zweimal, 262, 1. 5. etc. eta ;
hid{e) (ns., acs.) IV 96, 3. K III 203, 13 etc.; hida passim ; hidm»
n 504, 13; Mdtm XU 8, 21; richide U 494^ 22; y kommt in
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIEKSIS. 491
diesem wort ziemlich häufig vor: hydce, -a, -um n 357, 13.
381, 9. 439, 12 etc. (15 mal) ; die (m. oder f.) häufig akzentuirt,
passim; dices gs. EL 206,30. m 227, 22 etc.; dicas acpl. HI
356,1; composita: dicgeate II 301,21; dicwäle HI 106,5.8;
mor^c n 442, 31 ; mordtc IIL 106,2; hdmdic 1180,28; igdic
1181,2; dundic II 77,12; hiwan (npl. öfters akzentuiert) n
208,3. 296,29. 251,33 etc.; higan U 162,24. 163,5; Mwum U
207, 27 ; hina III 240, 30. 32 etc. ; einmal y in hywan (npl.) 11
280,3; hiwisce{s) 11208,6. 241,24. 442,34; 5c{r6(gs.) HI 176,11;
scirdegenas 1 544, 8 ; scirhiltce 1 548, 11. II 460, 31 ; Scirhurnensis
K m 303, 18 ; Hamtunsdre K III 203, 6 ; scyr^oegenas IV 170, 25 ;
{scirdel 11 303, 21 ist zweifelhaft wegen scipdel 1 257, 15. m
66, 15) ; fif n 262, 4. 341, 27 etc.; fiftyna HI 432, 6; fifta HI
145,31; fiftig H 282,14; oet Fifhidon HI 651,5; fifbeorgan
ebda. z. 25; isenhyrstegate III 632, 10; isenhyrstengeat ebda.
z. 33; isengrafas, isengrafan II 444, 19; isanpyttan TL 71, 11;
ysanpyttan ^MdL.; i/?Ätow II 412, 36. 37. K III 176, 8; ibihttan
11171,34; ibihtan ebda.; timan (dpi.) IV 233, 2. 11; tyma Hl
106, 37 ; finie (dsm. oder n.) n 357, 28 ; adfini (ds.) ebda. z. 27 ;
Cleran finie II 358,30; ßnleage II 301,17; populfinige KELI
219, 8 , iw (acs.) K IH 218, 33 ; iwe (ds.) K IH 219, 1 ; iwiga^ TL
456,28; IwwcumbKITL 218,32; Iwwacumbe ebda.; ywyrstce
(= iwhyrst?) IV 27, 11 ; tvisa (nsm.) K HI 203, 11; edmeltide TL
289,25; /br^^^'^e III 402, 36. 403, 3 etc.; 5iceIII356,ll; siceseMdi,;
medwe sice K III 215, 32 ; sdda felda III 134, 19 ; sddhrcece II
241,29; sdddell HI 268, 31; min, -e, -es, -ne, -um IL 96,13.
282, 3. 410, 36 etc. etc.; mire (dsf.) K HI 364, 9; minra (gpl.) IV
51, 24; mira III 501,21 anm.; y begegnet in mynre, -a TV 51,23.
229, 20. 21 ; myra HI 501, 21 ; öinum H 282, 12 ; dinr(B (ds.) K HI
360, 5 ; dyrce (ds.) ebda. z. 1 ; scrin K m 360, 8 ; adilgade ITL
416,24; idel m8,15; cet Biggraf an K HI 363, 18; TidhelmTL
410, 22; Sideman [vgl. an. Stöu-Hallr und StÖu-menn (Vig-
fusson, Sturlinga-Saga, Index II) = "the men of the district
Sida''] III 623, 27. 649, 28; Sydenian TL 360,9. m 520,34;
Stigand I 543, 37 etc.
Gruppe 2.
tmäig n 447, 31; wiöigmor H 436, 36; WiÖigUa H 437, 30
etc.; wifes H 367, 19; Eadwig 11199,19. 100,6; Wighelm TL
285, 15 ; Wired U 365, 16 ; Wiferff TL 366, 5 ; mtan (dpL zu wite)
82*
492 B. A. WILLIAMS,
C.aX17; SwiffulfU 86^,24:', Wulfswyäe HUI, 11. 449,9;
linkage 11 S6S,b. 364,12; Kc subst. H 366, 22. 367,15; life,
rice C. C. X 17. Namen auf ric passim ; die (4 mal akzentuiert)
passim ; hide (ds.) H. C. 43 C 8 zweimal ; hida (gpl.) n 367, 6.
m 100,16; ÄyGfam298,20. IV 106, 10; hid€bumingaU284t,36;
min, -6, -es etc. II 366, 19. 22. 24. 26 etc., kein y; fifU 366, 22;
Särbumensis IV 105, 37. RC. 43 C 8 ; Tidehn H 365, 12 ; GHm-
killus IV 104, 35. H. C. 43 C 8 ; ic II 366, 19. 367, 2. 3. 5; stigand
C. C. X 17.
§ 15. Aws. y
ist fast durchgehends erhalten, i erscheint sehr selten ausser
im stamm lytel, das schon aws. von micel beeinflusst schwanken
aufweist. Einmal kommt u = y vor.
Beispiele : cyöe (1. s. praes.) K in 203, 6. 353, 2 etc. ; cyä
(3. s. praes.) II 207, 27. 244, 10 etc.; cyffde 11 97, 2; cydde K IH
363, 33 ; belyc^ (3. s. praes. zu lücan) III 306, 25 ; syöeran (acsm.)
n 242, 19 ; fyre IH 403, 1. IV 52, 9 ; mmrfyr H 243, 3 ; ÖyfeU 0
(ds.) m 296, 23 ; hyndesöyfel ebda. ; widigdyfelum 11 358, 19
hr(BmbeMyfelan III 62, 26; rymette (ds.) IH 416, 7. 10. 11. 17
rymet ebda. z. 9; gerymen ebda. z. 17; gauoUininga 11 241, 30
äy ni 416, 14. 502, 15 etc. einmal du H 411, 9 und ^f H 209,9
yferlea III 305, 19 (vgl. zu yfre unten gruppe 2) ; mchyöe K DI
338,1. IV 95, 34; lytelll20%,12\ Zy^(Oian II 357, 30 etc. (13 mal);
lytlilan m520,8; gelyttlie H 96,30; lit(t)el(ne) I 542,24. U
596,34. 568,28; «^(O^aw I 543, 1. 547, 27 etc. (10) ; eigennamen
auf öfryö: JElfÖryÖ 111502,32 etc.; JEdelöryÖe KIII 362,26
etc.; zweimaliges i in JElfdrid K III 173, 8; WulfHÖe (Schreib-
fehler) II 162,27; eigennamen auf -gyd: Fridogyda 1228,10;
Frydogydw 1229, 17; Frygegyäall 436,7 etc.; Eadgy ff IV 96,13;
Wulfgyd K HI 353, 11 ; Byrngyde K HI 215, 29; eangyOe Mew
m 204, 23; einmaUges i in Eadgiff IV 109, 1. 229, 25. ffierher
brydbeorh EI 145,26?
Gruppe 2
hat blos: yfre'^) acsf. II 364,6; EadgyÖVf 105,23; FrydegyÖa
n 436, 7 ; litlan U. 437, 1.
0 Ich bin Sweet in der ansetzung dieses wortes mit länge gefolgt,
Tgl. OET 639, wo synkopierte formen ans den alten glossen belegt werden.
<) Leo setzt öfer und yfer an und citiert Hänyfre.
DIE VOKALE DEB TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 493
§ 16. AWS. 0.
Das 6 bietet zu keinen besonderen bemerkungen anlass.
Belege : mor(e), -es I 229, 4. m 355, 32 etc. ; Mordune U
533,24; mordic HI 106,2; mortun II 207,7; cyolingmor 11
II 456, 32 ; widigmor I 229, 4 ; hoc passim ; landboc TL 459, 16
etc. ; bocungce II 486, 26 ; gebocian IV 34, 7 ; bociunnce 11 382, 5 ;
{ge)bocode I 539, 13. II 378, 14 etc; gebocodon U 262, 12; broc,
-es, -e häufig akzentuirt passim; composita: brochangran DI
305, 20; brochylle H 532, 16; bröcride 11 358, 22; mylebroce IV
105,4; segbrocelJlU%lQ\ Higbröc TiU2,U\ blddmbröc U
76, 20 ; headdingbroc U 77, 21 ; Beaddincbroc U 76, 5 ; befer-
broces U 532, 13 ; swynbroc 11 549, 31 ; mearcbroce U 357, 22. 25
hlyäe broc K IH 215, 26; stowe, -on U 96, 18. 252, 10 etc.
bumstotv II 412, 39; cwedlmstowe 11 81, 7; cötstowa TU. 607,16
holdingstowe U 304, 26; rode (gs.) I 540, 9. II 135, 27 etc.; rödce
I 542,40; rodes (gs.) II 163,8; cocrodoe TL 157,15; /lode (acs.)
m 292, 27; flöde 0 303,31; flodan H 358, 16. 17 etc.; do U
411,6 etc.; dö HI 183,19; gedon TL 163,6 etc.; bisceopstole 11
207, 29 etc.; broäor II 208, 5 etc.; modor (acs.) IH 432, 28.
K 0 360,26'; fostermodorKTnS63,i; mWormodörK 111364, 9;
stod (3.S.) lil 416, 16; stode (3. s. conj. praet.) m 402, 18 etc.;
stodes (gs.) K m 363, 25 ; stodpeÖ III 204, 22 ; stodleage 11
242,1; 5^0^/aW II 141, 31 ; 5?ö H 358, 31 zweimal ; foöera TT
241, 29; fosUer 11 411,6; fostorlande ITL 402, 26; gemot IV
233,28; gemotbeorh 1546,25; gemotleage TL 77,11; mofUeÖu
IV 233, 23; böte (ds.) K HI 360, 37. 361,3; böte 11252,4; ded-
böte n 411,3; woh (acsn.) IH 183, 19; wogan, 11 80, 24. 25.
81, 9. 10; wohlincan TL 444, 16; (wot treow TTL 632, 13 hierher?);
mote (3. s. conj.) K IH 359, 32; moste (1. s. praet.) K IH 363,33;
moston K III 353, 14 etc. ; brombuman 1 548, 14 ; bromfceld ebda,
z. 15; brömdcene TL 379,5; Brombrygce TU 415, 17; fon (3. pl.
conj.) II 290, 7 ; for (3. s. praet.) 11 96, 13 ; fore (1. s. praet. conj.)
ebda. z. 11; god (acpln.) rV51, 30; godat^ 111402,21; sonaTL
71,6; fota gpl. 111416,29; gelogode (praet.) 111402,21; harn-
socn IV 233,7.22; mondum ebda. z. 16, 24; fröfre HI 106,41;
gesohte II 96, 27; brocton (1. pl. praet.) K III 353, 17; hyssapol
II 243,33; Polhcematune TL 492,1.16; Lympol K IH 200,1;
hwon (adv.) II 358, 27. 568, 28. 596, 34; hwon TL 358, 22; domes
IV 229, 23; fodan, (dpi.) ebda. z. 20; modigan TTL 402, 19;
494 B. A. WILLIAMS,
hocedan 111292,28 zweimal; how acsn. (zu MhT) 1548,7. 11
460, 27; locscyldes K m 363, 14 ; s&me ds. m 416, 21 ; goosdcene
n 296, 17 ; gosleage 11 358, 29. 32 ; gose broc K HI 215, 20. 88;
oslanwyrd U 494, 23 ; OseJbyrig UI 412, 17 ; offer U 879, 4 etc. ;
offre I 542, 25. 11 208, 11 ; odeme I 542, 28 etc. etc.; os- in eigen-
namen: Oswig JI 381,6; Oslac TU 498,37; Osric 11 77, 25;
OsulfU 271,S8] Oswald n 135, 37; Osgar HL 477,2; Osmund
n 77, 25; Osweard IH 269, 11 ; Osmodi H 207, 19; Osferä HI
355, 14; Osgod IV 76, 3. 5. 22 (dazu Asgod IV 52, 82); Osoytel
Hl 66, 37 ; eigeunamen auf nöö: JEMnoä II 394, 5 ; JElfnoff
m 649, 30; Beorhtnod H 163, 15; EadnoÖ IV 76, 14; HeaknoÖ
n 457, 22; WinodU 272,1; WulfnoÖ I13h^,3\; Ordnoä IV
279,17.30; eigeunamen auf -mod: Beommod I5Qi,7; Deormod
n 172, 14; Heremod n 290, 33; O^wodi 11 207, 19; wodnes I
542,22; Oda 1 549, 14 etc. ; bocmeres I&bi, 33. HI 116, 6. 117,9;
bohmeres 1 148, 31 ; bosan hangran (Sw. setzt Bösa an, 0 E T
s. 642) n 492,20; Hrodwardus (Sw. s. 641) 11 342, 6; rod-
mundes (vgl. ahd. Hrodmund, llruodmund etc.) IE 410, 1; Johan
n 275,36; Toui (vgl. an. Tofi) IV 34, 34; Touig IV 49, 32;
to sehr oft akzentuiert passim; od passim.
Anm. 1. Jedenfalls mit länge anzusetzen: toulfhoran H
301, 19 ; Undhoran II 504, 23. 24 ; lindoran U 441, 3 zweimal ;
Bucgan oran 1 148, 28. 554,28. HI 117,4; bocgan ora HL 116,2,
Anm. 2. Hierher ziehe ich stroÖ LH 106, 8 ; strod H 442, 84 ;
strodes ebda. ; strode ebda. z. 35 ; Wolff s. 37 führt dieses wort
unter ö an, dass es jedoch langen vokal hatte, beweist ahd.
struot, bei Graff VI, 751. Man vergleiche auch folgendes citat:
^At ebb (he Ray can only be reached from the old Boman
causeway y called the Strood" Mehalah, a story of the Salt
Marches (Essex). Tauchnitz Ausgabe, bd. 1955, s. 8.
Anm. 3. Vielleicht mit länge anzusetzen wegen der ein-
silbigkeit ist don instr. zu se. Es steht adverbial : 11 410, 85,
297,33; öön m6,23.
Anm. 4. Hierher ziehe ich hodes LH 476, 16 ; Hodingatun
IV 107, 33. 108, 17, vgl. ne. eigeunamen Hood.
Gruppe 2.
boc H 285, 35 ; gebocode H 437, 28 ; broc m 8, 81 ; brom-
bricge II 284, 28; broder C. C. X 17; lochtoa ebda.; mor H
436,34; ^MnoöH28b,33; JVulfnod H36Q,b; ^Ifnoö ebda.
DIE VOKALE DES TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 495
z. 9; Byrhtnod TU 298,17; Eadnodus IV 105,33; OsferÖ TL
285, 21 ; oswaldes II 363, 37 ; Oscytel HL 100, 11 ; Osulf ebda.
z. 12; O^M^erd IV 298, 20 ; O^^od IV 106, 2 ; 0^11364,1; offeme
n 367, 12 ; rode EL 284, 38 ; stowe U 366, 30 ; stodleage 11 284, 31 ;
to passim ; wodnesdic n 447, 30.
§ 17. Aws. ü.
Das ü bleibt erhalten. Merkwürdig ist jedoch die er-
scheinung von y in süd (7 mal) : sporadisch tritt auch o statt
ü auf, was wohl im einzeln auf Schreibfehlern beruht.
Die beispiele : tunce, es KHL 360, 6. HI 501, 20 ; tunstedl
K in 193, 14 ; tünweg II 495, 24 ; Beaddinctun IL 281, 3 ; Hundu-
tune II 304, 10; Wudutune IL 494, 11; Hanitune IV 27, 4;
Buntun 147,7; Niwantune 11538,25; Westtune K 111338, 5;
Bisctun Km 3b3, 10; Mollintüne KHL 362,15] cyUatun H
207,3; Afintun III 292,7; Eastune III 183,8; Ceorlatunoe HL
432, 5 ; Ehincgtxmn II 235, 6 etc. etc. ; zuweilen erscheint ab-
schwächung im zweiten gliede : Tantonie IL 270, 30 ; Tantone
n 75,3 zu Tanttm II 271, 13; Overton HL 26, 16 zu Ofoertune
ebda. z. 24; cet Stätanvvlle III 6,2 zu cet Suttunce wylle m
5, 17 ; dune öfters akzentuiert I 47, 32. 11 504, 24 etc. ; dundtc
H 77,12; dunsdihle III 116,8 (== dunstigele); beorhdune H
358, 23; ^scesdune II 583, 23; fedrndüne II 304, 21; Ellendune
III 127, 3. 18 ; Bleodune in 141, 12 etc. ; ein paar mal kommt
0 statt u vor: done (acsf.) KIII 302, 11 ; punges done H 532, 4;
middeldone HL 145,29; Bunstan KIII 176,26; a-, d-, an-, on-
dun{e) 1229,10. II 440,35 etc.; su^ passim; composita; su^-
seaa^na IL 301, 18; su^scb LH6,26; suöhMe H 208, 16; Suth-
rian II 300, 30 ; sudleage H 492, 23 ; sudgeat HL 62, 33 ; suÖ-
wealle III 416, 27; sudrichte IL 262, 13; suffwest H 262, 14;
suöweard IL 357, 22 etc. etc.; die belege für y in diesem stamm
sind folgende: 5yd^I548,8. 11367,24. in296,23. KHI 176,15.
IV 49, 7 ; sydrichte II 367, 21 ; sydtuninga HL 446, 28 ; ut{t)
(häufig akzentuiert) passim ; uteweardne H 379, 7 ; geutode (3. s.
conj. praet.) in 402, 14; utan H 456, 31. 32 ; (a-, on-) hutan, -on
n 96, 30. 208, 3 etc. etc. ; beuten I 542, 26 ; beüton H 208, 12 ;
rüge (acs.) 11304,32; rugan 1545,14. 11118,25 etc.; ruwan
1542,34. n 208,21 etc.; ruganbeorh 11 77,9; fulan 147,25.
545, 5 etc. ; surode IV 93, 5 ; nu zuweilen akzentuiert) 11 96, 7. 26.
252, 12 etc.; hu II 583, 15; hü HL 416, 15 etc.; aus m 172, 10.
496 B. A. WILLIAMS,
415, 14. E m 203, 15; hludebuman m 176, 12; JudOurnrnford
m 655, 26; ludan beorh U 600, 11. HI 204, 24; ludanalrum U
74,25; hlydun cewyhnas 1180,27; 5cmdan (dpL) IV 229, 20;
Scrudfultume H 583, 12. 18 ; brucan(n(e) (inf .) 11 282, 5. K IE
353,14; brucenne 11163,1; bruce (3. s. conj.) HI 432,25. IV
76, 5; bruccm (3. pl. conj.) K III 360, 33; geuffe (praet) 11 583, 11.
96, 5. 16 etc. ; geudan (3. pl.) IV 279, 18 ; duhte K HI 363, 35 ;
aburod (ppt.) II 282,9; burbcerde II 252,16; suran I 229,10;
hellesusle LEI 502, 4 ; Eadgylses muöan I 546, 27 ; WylUs mnnSa
E 111200,1; ulandelle II 298,14; Mandel ebda. z. 16; «Icm-
hyrste III 649, 15 ; ducelingdune IV 92, 31 ; trutoan (aca) DI
432,23; hluttorealoö U 290,1; us 111432,30. IV51,21; iw 11
282,23; ures 111416,18. 502,2. IV 52, 3; ure n96,21; urum
n 282,24; Cuthred 1 149, 15; Cuömund H 74,34; Cudulfiu I
594,28; Hunfridus I 258,11; Hunsige H 135,6; HunlafU
381,6; Hunes 1516,15 etc.; Humbertus 1594,25; Huberhts
ebda. z. 29; Swidhun II 119, 12; Wulfhun H 298,38; ^Ißun
E III 189, 34 ; Eadhun 1 594, 8 ; ealdhunes TL 296, 26 ; TunbearU
n 164,1; Tunberö II 16S, 18; Gw*t«w II 342,22 etc.; Guä-
mund II 77, 24 ; Dunstan UI 241, 5 etc. ; Wulfrun K UL 214, 27;
Wulfrunce E III 216, 23 ; Vhired TL 380, 27 ; Uihred I 549, 13;
Bruhham I 257, 30 (Siv. setzt Örüh, dagegen Leo Örüh an);
Bruhtham I 257, 25; Gxida I 107, 12; BruOgar 11 280, 19;
Brudgar 11290,34; Duduc{o) (OET s. 637) IV 69, 14, 76,18;
Cufa (OET s. 635) II 272, 5; Cnut IV 26,18; HarÖamut IV
68, 3 ; Mucel (OET s. 637) II 136, 2. 8 ; bruneshamme 11 242, la
III 478, 14; Bruningafelda H 420,11. Hierher brunan hyUe
II 298, 79.
Anm. Das lehnwort Bured (an. Borär) IV 27, 35. 91,22.
94, 8 ; Bured IV 96, 37. 104, 10. 69,26, dagegen BareÖVf 27,86;
Boro IV 34, 35 , hat ü < an. 6. Ebenso Bürig IV 96, 19 n
an. Porir.
Gruppe 2.
brucenne II 366, 25 ; butan II 364, 9 ; HarÖacnvi H. C. 43
C 8 ; Budxico IV 105, 34 ; dune TL 364, 5 ; ddune ebda. z. 6;
diinlandes II 448,12; Bunstan lU 298,4; GuÖrum 11365,9;
Wulßiin II 365, 10 ; nw C. C. X 17 ; ruwan 11 364, 10 ; «iiiie
n 366, 27; suran II 486,42; suä H 363,29; Uhtred n 365,4;
geuäe II 367, 19.
Dlfi VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8IS. 497
Kapitel lY. Die langen diphthonge.
§ 18. Aws. ia.
Aws. ea erhält sich in der allergrössten zahl der belege,
auch vor und nach g, c, sc und vor h. Es unterliegt jedoch
kaum einem zweifei, dass das ea zur zeit der entstehung des
Cod. monophthongischen lautwert hatte. Zuweilen bringt z. b.
die Überschrift einer Urkunde die form Ed- (in eigennamen),
wogegen im text der Urkunde Ead- steht. Wir können indes
sicher annehmen, dass die Überschriften späte zusätze sind, die
erst entstanden sind, als die einzelnen Urkunden gesammelt
und abgeschrieben wurden. Die Überschriften sind also eigenes
gut der jüngeren Schreiber, und demgemäss müssen wir an-
nehmen, dass Ed- die von den Schreibern gesprochene, -Bad-
dagegen die bloss abgeschriebene form ist. Wo monoph-
thongierung in der schrift zum Vorschein kommt, geht das ea
weit überwiegend in e über, ce ist viel seltener. Sieben mal
kommt ea vor, beschränkt sich aber fast durchgehends auf X.
Zweimal ist der diphthong als ece dargestellt, und einmal
kommt das kentische ia, desgleichen eo vor.*) Für monoph-
thongischen lautwert spricht auch der umstand, dass ea einige
mal statt des alten ce erscheint, s. oben § 12.
Anm. 1. Monophthongiert war das ea schon spätws. unter
gewissen umständen (vgl. Sievers Gr. §§ 108, 2), 109), und sein
lautwert war, wie die schrift sowie die spätere entwickelung
zeigt geschlossenes e. Später zogen sich dann die übrigen ea
in ce zusammen. Dass für dieses ce im Cod. meistens e ge-
schrieben wird, erklärt sich aus der tradition. Den Schreibern
war der Wechsel im Schriftbild ea — e schon von alters her
in gewissen Wörtern bekannt, und diese Schriftbilder behielten
sie bei, auch da, wo sie der neueren ausspräche entsprechend
ein 0? hätten setzen müssen.
Anm. 2. Durch sein cea nähert sich X dem dialekt der
Sol. Aug., worin sehr häufig cea erscheint, vgl. Huhne s. 61 ffg.
Der P. C. ist dieses cea unbekannt, sonst schwankt die be-
zeichnung zwischen ea (in I, II) und oe, e.
Anm. 3. Leider können wir wenig belehrung aus einem
vergleich von den Verhältnissen im Coi einerseits und in
1) Auch zu belegen ist kentisches ie^ Tgl. § 20 amn. 2.
498 B. A. WILLUMS,
gruppe 2 andererseits gewinnen. Gleichwohl die ans&tze zur
monophthongierung in die spätws. zeit zurückreichen , wird
uns jedoch das bild der Vorgänge verschleiert durch die zfthig-
keit, womit das ea sich in der schrift bis in das XTTT. jahrL
hinein erhält.
Die beispiele.
I. ea < wg. au.
a) vor c, g, h:
1. ea erscheint unversehrt in : ka ^) (leas, leage, leahe) sehr
häufig akzentuiert passim, die einsilbigen formen zeigm fast
ohne ausnähme Schwund des h, composita: leagdte 1229,3
leasheal H 295, 37; WidigUa HI 143, 8; Faledlea DI 415,27
Crawanlea IL 304, 8. 10; sufflea 11 298, 2; efslea IV 45^ 23
^rawiea III 655, 34 ; strcetlea HL 183,9; Knfea 11368,8; trm-
dellea HL 141, 34; fyrsleage II 504, 18 etc. etc.; heah erscheint
in compositis (die abgeleiteten formen mit Schwund des i
nachher): lieahdeorhunton KIII 363,24; JieaJikyUe 11444,15;
häufig in eigennamen z. b.: HeaJiferä II 244,24; HeahnoS U
457,22; Heahmund II 99,39; ^delhedh H 136,2; Mlfheak I
548,36; C^weAeaÄ H 64, 4; OrdÄeaÄ H 505, 12; Ceoleakll
457,16; EadheahLIL 227, 10; 6ea^a5 H 583, 21 ; beages KUl
360, 21. 23; swyrbeages K HI 360, 22; beahhOcUB 11 94, 14; heag-
hüdce n 549, 32; eaca{n) IV 51, 23. TL 262, 11. IV 76, 18; o/«r-
eaca IV 279,25; ofcereacan Km 361,2; toeacan II 486,23;
eac (zweimal akzentuiert) II 96, 8 etc. (7 mal); hreace 11 241,28;
Jreac (praet.) m 501, 23; ^ea7in96,6. KIII 353,20; gtUA
praet. III 416, 23 ; asmeagan (infin.) in 416, 8.
Anm. 4. Hierher wohl weac (flussname ?) n 485, 27 ; wiac
ebda. z. 29.
2. Es erscheint m in: Feamlceh K in *229,8; Wmdar-
Iwhmced K III *229, 6 ; cadinglcegce K m *229, 27 ; gramUBgm IV
*27,10; ^Z/fe^e III *126, 21 ; 6öBÄtMe5toccc IH 651, 22 ; «W-
hrcece II 241, 29.
3. Es erscheint e: leg IL 206, 30; Beonetleh DI 409, 7;
lege II 494,17. HI 292,24. KEd *252,35 etc. (5); fyrs- wA
^) Genan genommen ist diese form ein faU yon kontnktioii. Dft du
ia jedoch in erster instanz anf wg. au zurtLckgeht (vgl. ahd. loh)^ habe
ich das wort hier aufgenommen.
DIE VOKALE DER T0N8ILBEK IM CODEX WINT0NIENSI8. 499
forsUge IV 90,7 etc. (gegen 30 fälle); leh Em 361,28; hehr
hOdeshh U 80, 25 ; hehstrmte U 356, 7. 8 ; JElphego H 419, 20.
IV 134, 18; Elfegce ü 503, 31 ; JElfegus K m 219, 18 ; Behüäe-
stocce in 651, 22 anm.
4. Eeste: Uce 147,22; FcearnUeagiB Em^29,32; dun-
IcBogegcet IV *27, 9 ; bwagas K m 360, 18.
b) Nach palatalen konsonanten. Yoraosgcliendes c, $c, g
scheinen ausser in einem fall keinen einflnss auf das ^ zu
haben. Belege : Tceafersceat E m 360, 25 ; turdingsceatt E m
252, 2; hindsceata 11 291, 12 ; alarsceatces I 548, 16. II 460, 36 ;
acsceates III 176, 9. 10. 655, 23 zweimal ; crudan sciate U 301, 16;
stedeles sceate III 176,9; ceape III 402,15; geapan 11242^17.
295, 32 ; einmaliges forescewian IV 279, 29.
Anm. 5. Hierher sceatte (statt sc4atan ?) leage 11 288, 24 ?
c) Sonstige belege ffir ea < wg. au: heafod (heafodsy
heafde, -a, -um, -an häufig auf der tonsilbe akzentuiert) passim,
composita: heafodstoccas 11 80,28; heafoäbeorge II 298,4; and-
heafdcm 11 163, 23 etc. ; easi (eastan, eastenan, easteman) passim,
composita : east(e)tceard(e), -ne, eaststaÖcB II 409, 24 ; eaststocccd
m 171, 21 ; eastende III 106, 4 ; eastka II 341, 24 ; eastcUfe ebda.
z. 25 ; easthealfe II 357, 21 ; eaststrete 11 262, 17 ; eastseaama 11
485,15; Eastun TU 182; noröeast 11 358,12.28; geastgeate
n 486,25. III 6, 22 (kentisch?); ecesi I 47, 35; ^stuna m
415,16. Ein 203, 17; (estscB VI 122, 7; Aester Jnghrum I
86, 20 ; jEsir Anglorum I 87, 26; es^ 11 206, 32. 382, 26; EsUAne
II 162, 25 ; stream, -es, -e (öfters akzentuiert) passim; igenstream
II 74, 19 ; stremes II 94, 20. III 292, 21 ; beam (beame) passim,
composita : bedmkdge II 298, 2 ; beamford 11 172, 6 ; beamtoctr
n 242, 19 ; beammeres I 554, 33 (dazu bealmmeres I 148, 31) ;
elebedme U 357, 28; helebedme III 655, 34; readan 11 74, 18.
118,28 etc.; reades 111416,25; readgeat 11208,13; readlefan
III 478, 14 ; hreadleafan U 297, 35 ; einmaliges ia in riadgeat
1 542, 26 (kentisch?); eadmodiice U 282, 10. Em 353, 2; ead-
modnesse EIII 363, 29; eadigan I 541,3. IV 51,31; eod ist
passim belegt als erstes glied zusammengesetzter eigennamen
und kommt vor in Verbindung mit -tvcbrd, stän, tvold, hiah,
ulf (= Wulf), ric, hehn, sinus, sige, bürge, red, fnund, bertus,
foine, hün, gar, gyfu, wig, ausserdem einmaliges Eada 11 135,86;
je einmal ^adgyfu II 569, 6 und Eodmiund (schreibfehlfir ?)
500 B. A. WILLIAMS,
II 262,29; e erscheint in Edwarde U 270,31. *281,1. *293,26;
Udwig ni 115,16 etc. (zusammen 14 mal); ob in jEdmud (=
-mund) III 292, 39 ; jEdwig ÜI *170, 26 ; Uaf(e) II 262, 8. K HI
364,5 etc; leafan 111416,23; haue 1196,19; hreadleafan TL
297,35; readüß/an III 478, 14; (^reaton I 548, 11. U 243, 34.
290, 1 etc. ; gret{t)an I 545, 12. III 355, 30 ; grcetan IV 103, 10 ;
seaäe II 304, 26 ; igean sead{e) II 409, 29 ; ceacgan seaÖ II 532,6 ;
forseadas II 295, 39; grundleasan IV 52, 8; forgymeUask II
290, 5 ; ierfelceas II *282, 8 ; Eanwulf II 73, 7 etc. ; eangyÖe III
204, 23; ednan (vgl. ahd. Ona f.) leage II 296, 10 (hierher
eama — wohl statt eana — sol und eama solce IV 27, 5?);
Ealnulf (Schreibfehler) II 64, 6 ; eas[t\ran II 241, 31. 34 ; easter-
tide III 502, 15; bead (3. s. praet.) II 80, 3. III 402, 12. 15. Kin
353, 5 ; dead IV 233, 3 ; bereafian K III 353, 24 ; team II 252, 17 ;
beanstcede II 288, 5 ; beanleage II 492, 23. IV 49, 2 zweimal ;
neade K III 353, 19; ofneadian ebda. z. 18; bereafian ebda z. 24;
uneaöe ebda. z. 17 ; beaddes II 291, 10 ; Beaddingbroc{es) 11 76,5.
169, 16; beaddingbricge ebda. z. 17; Beaddinctun II 281,3 etc.;
Clearan I 256, 27. II 357, 13 etc. (12), gegen 10 maliges e in
Cleran III 65, 24. II 302, 32 etc.
Anm. 6. lieber ie statt ea s. weiter unten § 20, anm. 2.
IL ea durch kontraktion.
ea häufig akzentuiert passim, composita eadenne 11 78, 24 ;
earace II 169, 16 ; Eaforda IV 233, 1 6 ; heslea II 164, 15 ; risccean
IV *27, 15; casus obliqui zu hedh: hean 11 298, 15. 341, 29 etc. ;
Heantun{e) K III 336, 20. IV 102, 22. K III 214, 30 etc.; strea-
wyllan III 356, 8.
Anm. 7. gea II 568, 31 hat sein g vom auslaut des vor-
hergehenden andlang bezogen.
III. ed < (B nach silbenanlautender palataler konsonanz.
1. Es erscheint ea : geare dreimal akzentuiert 11 280, 6.
289,25. 111502,15.17 etc. (8 mal); geara (gpl.) n80,9; gear-
hwamlice KIII 362,28; sceap II 241, 31; sceap ebda. z. 32;
sceapan ebda.; sceapa 1 544,3. II 600,10. IV 93, 8; sceapwican
II 288, 20; sceapwmcan I 257, 10. II 295, 24. 25 etc.; gean 11
304,29. 600, 10; gean II 304, 15; geantalce III 172,20; ongean
1197,1. 169,18. 208,29 etc.; togeanes VI 207, 14; CeadtoaKla)
1 106, 14. III 398, 32.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 501
2. Es erscheint e\ gere n*410,37. 411,9; gera 1180,8.
VI 207, 14; ongen III 416, 22; ongen ebda. z. 16; agefum (3. pliL
praet.) K III 353, 7.
3. ce erscheint zweimal in sccepwescan III 66, 11 und on-
gaen 1 515, 31.
Anm. 8. Vielleicht hierher zu ziehen sind folgende formen
der 3. sing, praes. : uttsceat II 295, 40 ; uttsccet I 539, 31 ; utscet
(Schreibfehler) II 135, 17; sccet II 444, 15 zweimal; scet III
268,27; man vergleiche Bülbrings erörterungen zu der bei
iElfric belegten form tösöeat Anglia Beibl. XI s. 91. Auch zu
scddan gehören dann wohl die unumgelauteten formen scadet
(3. s. praes.) II 494, 21 ; scaffeä I 515, 32 und scaäe ebda. z. 21.
Anm. 9. Zu sceap zu stellen ist wohl scipce II 282, 15,
vgl. nordh. scip,
IV. ea < c§ vor Ä : neah III 305, 19.
Gruppe 2.
I. leah 11364,2; WiöigUa 11437,29; liyrsUage 11284,32
usw., es erscheint nur ea ausser in mappeldrelen (Schreib-
fehler?) II 448,12; lieah in zusammengesetzten eigennamen:
Heahferd II 285, 24; jElfheah II 437, 20; Ordeah II 449, 6 etc.
(7 mal); 4 maliges e in ^Ifheh II 365,4.26 [^Ifheah B], U
365, 33 ; Ordeh II 437, 23 ; bednsiede II 284, 29 ; stream II 436,
40.41 etc.; east III 100,1. IV 105,8 etc.; heafde II 436,32;
heafod^toccum II 284, 36 etc.; readan II 284, 38; greatan II
364, 3; eastron (= Ostern) II 367, 15; Beaddingtune 11 284, 10;
durchgehendes ea in Eadwig III 99,19; Eadric III 4,23 usw.
II. ea 111100,3; ea IV 105, 11.
III. gearwcestma II 366, 22 ; sceapwican 11 284, 41 ; gere
II 366, 21 (geare B).
§ 19. Aws. eo.
Das eo bleibt der hauptsache nach im Cod. erhalten: Es
erscheinen aber auch start dessen verhältnismässig viele io
neben drei yo (hierzu vgl. Sievers Gr. § 38 anm. 2). Hierin
unterscheidet sich der Cod. von gruppe 2, die durchgehends eo
bringt, io statt eo ist im Kentischen besonders häufig, man
vgl. Sievers Gr. § 150 anm. 3. Aus den mk. Evangelien belegt
Beimann io neben ie, yo, ye (Diss. s. 29) ; der P. C. scheint es
502 B. A. WILLIA1C8,
fremd zn sein (Meyer § 15), und ist nur sehr spftrlich in den
Sol. Aug. belegt (Hulme § 20). Es ist also diese erscheinniig
wohl am besten durch annäherung an das Eentische zu er-
klären. Andere gelegentliche Schreibungen sind y, u (& anm. 1
unten), sowie e (ce), o, tu und einmaliges obo.
Belege.
I. eo = wg. eu, tu.
leofian) (zweimal akzentuiert) II 162, 25. 282,8 etc. (7);
leofost, -ust, -est II 282,6. 289, 22 etc. (5); Leofa III 520,86.
623,30; Leo fing 111172,22; Leouingus IV 49,28; LeofnclSL
247,17; Leofsige 111355,13; Leofstan Km 230, 16; ico/ie?me
111247,18; WrytsleoflY 34,29; deope, -an I 540,5. n71,a
ni 296, 24 etc. ; diopan II 206, 29 ; fleot{es) IH 241, 1 etc. (4 mal);
fliote{s) II 164,3. III 240,28; stocfltot ebda. z. 27; eattes fiot
(Schreibfehler?) III 106,3; hreodmede 111446,24; hreoäbmmm
11533,25. 111498,18; Arcodiryci^e lU 99,32. 100,4; raMÜ^
III 183,14; hriodeg II 164,12; hredbuman IH 177,31; deoß-
ford E III 158, 28 ; Öeofammh III 655, 38 ; handfangenÖeof IV
233, 7. 15. 21. 28; beoddcem U 296, 33; beoätBrn H 262,13;
heodland{um) II 411, 4. 6; heodlandte II 410, 30; beddamU
207,28; hceddmrn 11208,3; leodscypes 11381,13; greoÜmnM
III 176, 15. 655,30; beode (1. s. praes.) III 306,26; bebeodm H
410, 34 ; bebeodaö II 290, 7 ; bebeodad II 290, 12. 296, 29; fc-
biodaöf II 163,3; spreotmere I 554,30. III 116,3. 117,5; Wowi
II 289, 26 ; deodscype II 96, 10. 27. 97, 1 ; Beodred 1 548, 88 ett;
deorgeat{e) II 495,25. 529,26; heahdeorhunton Em 368^24;
Beormod II 235,25 etc.; Deormund II 289,16; DearswUk II
244, 11; Dormod (Schreibfehler) II 295,22; neod IV 51,20;
Ceolberhtus I 594, 27 ; Ceolnmnd II 298, 25; Ceolstan II 380,40;
Ceolvf I 48, 7 ; Ceolnoö I 594, 19 ; ceoleages HI 632, 30; CedM
K III 239, 14; CeoUige IV 49, 32; Ceolbandingtune n 406,22;
Ceolboldinctun II 409, 2; Ceolwen II 207, 14; Ceolwm ebdi.
z. 27; Ceolwenne ebda. z. 13; ceol in Ortsnamen: Ceolm9wyrda
III 432, 9; ceolsige II 206, 27 ; Ceolesig ebda. z. 22; Ceolesigmuii
K III 303, 36 ; Ceoliglond III 412, 18; cyolingmar n 456^ 82.
740, 32; einmaliges e in Cehnund II 293, 7; meosdene U 568^ 33i
Hierher ziehe ich das lehnwort Leo II 96, 33; Leone ebdiL i. 9;
sdoteö (ohne umlaut!) II 164,11.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 503
IL eo durch kontraktion.
treo{w), 'We (häufig akzentuiert) passim, composita : treow-
stede II 79, 4. 5 ; cofringtreow III 268, 28 ; ceoferingtreow 11
532, 12 ; zw^eimaliges o in trowe 1 47, 23. 545, 5 ; deowan (dpi.)
III 402, 36. K III 364, 7 ; deow{e)dom{e) II 410, 33. IH 402, 31 ;
deowherde II 252, 16 ; deowcemcen II 282, 16; witedeowe II 252, 16;
witedeowne III 432, 30 ; mtceöceownas K III *360, 6 ; geöeowud
(ppt.) K III 360, 7 ; Öywian II 96, 22 ; seo (einmal akzentuiert)
11295,30. 298,6. 340,1 etc.; ^ao III 446,27; se IV 229, 25;
(Öeo = seo IV 234, 10); heo 111106,6. 172,8. 432, 22. 25 etc. ;
Jiio n 207,27. 208,2; hi (= heo) U 207,26; dreo (zuweüen
akzentuiert) I 544, 1. 9. II 241, 27. 252, 16 etc.; driu II 262, 20;
eow (dpi.) KIII 203,6. IV 229, 16; Beohylle III 227,2; heoUlU
ebda. z. 21 ; Beowyrde III 408, 11 ; Byohylle III 227, 13 ; freonda,
-um, 'on II 252, 15. 583, 28 etc.; friond II 162, 25; frand
(Schreibfehler) II 289, 22 ; deofles III 183, 19. 402, 30. 502, 1.
IV 51, 34 ; diuflu lU 183, 20 ; Bleodune III 141, 12. 27 ; Bleo-
done ebda. z. 19; heon (inf. etc.) II 96, 12. III 416, 29 etc. (7);
beoö (3. s.) II 208, 1. III 432, 32 ; beo (3. s. conj.) III 432, 25. 27 ;
heo (statt beo verschrieben) II 208, 4 ; freoh (hierzu vgl. Chadw.
SOE s. 56ffg.) II 163,1; freogre (comp.) II 96,12; freodomce
II 410, 3. 411, 5; gefreoge (3. s. conj.) K III 361, 15; freoge K III
360, 5 ; gefreogon III 432, 30; gefreode, -on, -an III 402, 5. 11. 25.
501,15. KIII 203,14; /Wflr (ns.analogie des plurals?) 111306,24;
IV 51, 16; teoffan II 80, 1. III 502, 17; teoöung IV 233, 6;
{ge)teodode II 96, 19. 79, 26 ; ateonne II 244, 12 ; freols II 96, 8.
15. 29. III 402, 3. 28. 30 etc. ; frioMome II 530, 1 ; freolsboc III
397, 31. 400, 6 etc. ; fr[e]ulse II 96, 3 ; frylsas IV 51, 29 ; tweomn
(dpi.) II 96, 30.
Hierher ziehe ich preost II 486, 25 ; preostas , -es, -a III
402, 19. 306, 23. VI 135, 16 ; messepreosie K III 363, 7; nKBSse-
prestes II 163, 2 ; feower II 80, 8. 282, 13 etc. ; feor II 290, 2 ;
feorwer II 583,22; feortoefii 11 241,24; feora buman KIII
219,5 zweimal; feorde VI 207, 27; feoröan 11494,24; of-, up-,
eode, -on I 149, 2. 555, 6 etc. (5).
Anm. 1. Merkwürdig sind folgende fälle, worin u statt
eo vorkommt: nud II 280,7; dupan III 632,30; frunlice Km
203, 6 ; hrudwylle III 127, 24. 25. Solche Schreibungen kommen
auch vereinzelt vor in der me. Chronik von Robert of Glou-
cester. Pabst (Diss. § 37) belegt vul = ae. feoUy huld = Mold,
504 R. A. WILLIAMS,
hrust = breost prustes zu preost Sie begegnen auch in der
hs. E des Poema Morale, vgl. Levin, Einl. s. 8, nnd dessen be-
merkungen dazu. Weitere belege finden sich auch bei Carstens
in seiner diss. über das me. Sir Firumbras, s. 24.
ni. ^0 < urspr. ü nach palatal. Bloss geong II 241, 31.
IV. (Vielleicht z. t. gekürztes) eo < i durch brechong vor
h hat letweoh II 460, 36. III 417, 5; hcetweog I 539, 32; heUotax
II 379, 19; bcetweoncB 1 548, 15; betuen I 515, 16; beiuonh II
135, 18. Vgl. Sievers Gr. § 84, 2) und anm. 1.
Gruppe 2.
I. hreodbrycge III 99, 32. 100, 4. IV 105, 12. 13; deopam U
284, 33; meoshlinc II 364, 6; Beodred II 437, 12; Deomtund U
285,29; Ceolmund 11285,16; Ceolboldingtun [1282,83; CM-
stanes II 367,6; leofwine, Leofric, n^ sige H. C. 43 C 8; Leawtim
II 364, 25.
IL treowe Hl 297, 30 zweimal ; äeowas II 366,21. 367, 11. 15;
Öeowum II 366, 28 ; beoivan hammas II 364, 6 ; heo (ns.) 11 366^
20. 27. 367, 14; seo (nsf.) II 437, 28, 3. s. conj. C. C. X 17; dreo
(acplm.) III 3, 36; feower III 298, 21 ; feordm II 366, 28; fl•«s^
preostes II 366, 22 ; fri C. C. X 17.
III. geongum II 367, 8.
§ 20. Aws. ie.
I. Vor urg. -j'y 'Wj'i Hier gilt die regel, ie > C Nur
viermal kommt y vor, sporadisch erscheint e (üb). Die beispide:
Igford{a) K III 229, 20 zweimal; igtune 1 539, 32. II 135, 18;
iglandces II 411,13; Ceol(e)sig(e) II 206,22.27. 568,85; C^
lond III 412, 18 ; Ceolesigensis K III 303, 36 ; Maccanig 11 568^ 5;
cet Macanice III 5,17; Maccanice ebda. z. 31; tet Weattanigge
I 544, 1; Wit{t)anige III 519, 11. IV 92, 15. 28; Wyttanige III
519,8.25; Heglingaig{e) III 170,25. 171,10; hmgUngaiggm III
171,21; cet lleilincigce III 172,8; gloranigeU 301,23; mddaur
ige II 568, 34; hengestesigc III 520, 12 ; RumnKBsigmKTJl 860, 12;
Micelanigensis K III 303, 30 ; higcu7nb 1 47, 34. II 382, 24 etc. (4);
Mgbroc, -e, -es II 442,14.29. III 106,6; higgeat(e) n 801, 28.
III 632, 24; ig(ff)aä II 296, 3. IV 96, 4; igö II 357, 24; igeod(e)
II 409, 34. 35 ; (liierher ziehe ich) iwigaÖ (= iw + igalf) U
456, 28 zweimal ; Mred, -es, -e I 543, 38. 544, 1. 11 588^ 2 et&;
DIE VOKALE DER TONSITiBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 505
niwe, -a K III 353,21. IV 92, 32; niwan passim; Niwanham
K m 360, 21 ; Niwantune II 583, 25 ; Nigeanmynster K III 360, 9 ;
edfnwawII381,9. K III 304, 32; ge{eä)niwode ill ^02,^. 501,13;
Km 203, 12; stanhifete (zu hiewett) III 355, 10.
Abweichenden vokalismus zeigen wilesyge II 492, 18 ; hyred
IV 76, 2 ; hyrde, -as VI 207, 12. 22 ; egilande II 358, 34 ; gearnes
egce II 164, 12; maccaneige II 206, 31; hriodeg II 164, 12;
cege (gs.) II 494, 12; in regione SuÖreie (zum stamm "^gawi vgl.
Ch. SOE s. 55) I 593,33; In SuÖrian ü 300,30.
n. An anderer stelle wird ie meistens durch y vertreten.
Das ie bleibt jedoch ziemlich oft erhalten, doch erfährt dieser
satz eine zeitliche einschränkung. Ausser einigen sporadischen
ausnahmen (meistens kontraktionsformen) kommt nämlich das
ie gar nicht vor in Urkunden, die später als 934 datiert sind.
Später als 975 finde ich überhaupt keine ie mehr. Statt ie
erscheint auch zuweilen /, grösstenteils im auslaut kontrahierter
formen wie Me^ sie. Einmal begegnet u in nebentoniger silbe,
ganz sporadisch kommt e vor.
1. y zeigen : onlysenne IV 51, 33 ; onlysednesse IV 51, 24 ;
(üysednessce I 541,3; n^nysse K III 361,13; cyping III 501,20
anm.; cypstrcete VI 135, 17; cypmanna I 257, 14. 15. II 303, 22.
in 66, 16 ; geyc(e)an (inf .) HI 501, 23 und anm. ; geyce III 501, 23 ;
gehyrsumnesse III 417, 1 ; inhyrnesse VI 136, 14; hyrÖ 11 298, 6.
111166,30. 167,2; %ra(? II 304, 23 ; scyMI241,39. 357,21.
358, 12. 15. 23 etc.; ut{t)scyt III 116, 13. 117, 16. K III 175, 31
(im ganzen 15 y)\ gestrynden VI 207,11; tyn I 544,2; fiftyna
111432,6. IV 91,25; eahtatyne III 416,29; bymera I 47, Sl.
II 382, 21. III 5, 10; cysa U 290, 3; forgymeleasie II 290, 5;
getymcena I 544, 2 ; togelyfe II 583, 19 ; swealewan hlypan IV
27, 13. 14; swacan hlypan ebda. z. 20, 21; Dyrewine (vgl. Diori
0 E T s. 618) II 252, 26 ; kontraktionsdiphthonge : sy (3. s. conj.)
III 402, 32. 33. 502, 3 etc. (8 mal) ; syg IV 52, 4 ; syn (3. plur.)
K III 361, 7 ; hy I 543, 38. II 96, 23 etc. (5 mal) ; äry I 47, 31.
VI 207, 22.
2. ie zeigen: seiet II 295, Sl, 296,4; Äiero^ ebda. z. 6 ; hierä
ebda. z. 16 ; ieece (3. s. conj.) II 411, 1 ; gestriene (3. s. conj.) II
290,4; giengran II 282,4; ie ds. II 171,33.34; giet II 460,29;
on curigie II 74, 17 ; sie (3. s. conj.) II 163, 1. 252, 1 etc. (9 mal);
sie II 290,5. 411,6; sien 11410,39; hie (npl.) H 282,4; hie U
290, 8. 12. 410,37; hioe II 163,6; örie II 410,38. 492,24.
AngUa. N.F. XIII. 33
506 B. A. WILLIAMS,
Anin. 1. Schreibfehler: alidsednesse 111402,22.
Anm. 2. Zu beachten sind aclieh (acs.) II 164, 14; stritUe
ds. III 183, 16; sieran I 515, 22.23; hiene siede UL 134, 19;
grundeliesan II 242, 11. Hier handelts sich wohl am kentisches
ie statt Ai,
3. i ist belegt in geice III 501,23 annL; to gestrindiB U
282, 9; giti 548, 9 ; gincgran (hierzu Ch. S 0 E s. 173) HI 432, 17;
si (3. s. conj.) m 502, 3 anm., K III 361, 5; sü III 417,8; sig
IV 51, 16. 18. 20. 52,1.3; Ät(acsf.)Km203,8; Ät(npL)ni63,3.
207, 31 etc. (22 mal); dri III 600, 8; gedihligean (inf.) HI 416, 7.
4. Reste: ciyping III 501, 10; 6can (inf.) II 411, 1; se
(3. s. conj.) III 402, 31 ; seo (dass.) III 306, 28 ; fiftene H 171, 30 ;
sextunoB II 439,11.
Gruppe 2
bringt nur sehr wenige belege : higcwmb in 3, 38 ; higdeage II
285,3; ft^wera III 3, 36 ; Äferede 11 366, 24. 367,16; gehieraä
II 367, 5. 7. 9; niwan II 366, 24; ednywon HI 4, 29; Örie (acpL)
11366,21. 367,11,14; Ate (nplm.) II 367, 5. 7 ; Ät (npl.) C. C.
X 17 ; hy (usf.) ebda. ; fri ebda.
Schlnsswort.
Von einer zusammenhängenden erörterung der lautvorgänge
auf dem gebiete des vokalismus der tonsilben im Cod. Wint.
sehe ich hier ab, denn es müsste meines erachtens eine solche
durch die aufstellung verschiedener allgemeiner prinzipien mo-
tiviert werden, die, wie ich meine, bei der Verwertung aller
solcher handschriften für sprachliche zwecke anzuwenden sind,
und die ich zum gegenständ einer weiteren Untersuchung machen
möchte. Diese prinzipien lassen sich erst gewinnen, wenn alle
(oder mindestens der grösste teil aller) kopierhandschriften aus
dem 12. Jahrhundert durchgearbeitet worden sind.
Zum schluss möchte ich ein paar dissertationen erwfthnen,
die leider später erschienen sind, als dass ich sie bei der aus-
führung dieser arbeit hätte benutzen können. Diese sind:
Tachauer, Die Laute und Flexionen der „Winteney -Version"
der Regula S. Benedicti. Wlirzburg 1900.
Hecht, Die Sprache der ae. Dialoge Gregors d. Gr. Berlin
1900.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 507
Görnemann, Zur Sprache des Textus Roffensis. Berlin 1901
Wroblewski, Ueber die ae. Gesetze des Königs Knut. Berlin
1901.
Brüll, Die ae. Latein-Grammatik des Aelfric. Berlin 1900.
Kar aus, Die Sprache der Gesetze des Königs Aethelred.
Berlin 1901.
Münch, Die Handschrift H (Textus Eoffensis) der Gesetz-
sammlung König Alfreds des Grossen. Halle 1902.
Bei der korrektur konnten noch einige verweise auf
Bülbring, Altenglisches Elementarbuch, sowie Sie vers, Zum
angelsächsischen Vocalismus, Leipzig 1900 (Decanatsprogramm)
aufnähme finden.
Anhang I. Die akzente im Codex Wintoniensis.
[Zu diesem kapitel erwähne ich im anschluss an die be-
kannte litteratur über die frage der quantitätsbezeichnung im
Ags. einen aufsatz von Hulme, Modem Language Notes, bd. XI
(1896) s. 18 ff. Derselbe hat in seiner dissertation genaue
statistische angaben über die akzente in der hs. der Soli-
loquien Augustins geliefert.]
Akzente finden im Codex Wintoniensis eine häufige Ver-
wendung, und kommen sowohl im lateinischen, obwohl zwar
in geringerem masse, wie im ags. text vor. Im ags. teil des
Codex beschi^änken sie sich meistens auf den eigentlichen text
der Urkunden: Sie sind sehr selten in den Überschriften und
noch seltener in den listen der zeugen. Im folgenden gebe
ich eine genaue Statistik über die akzente der ersten 50 num-
mern (I 27 bis II 622 im Verzeichnis oben, Einl. VI) bei
de Gray-Birch und allen Urkunden in gruppe 2. Diese Sta-
tistik umfasst auch die akzente auf lateinischen Wörtern in
den genannten Urkunden.
Anm. Eine Statistik über die ganze masse der akzente
im Codex zu liefern, war mir schon deswegen unmöglich, weil,
wie vorhin Einl. I besagt, Kemble die handschriftlichen akzente
durch eigene ersetzt. Ausserdem verlieren wir meines erachtens
nichts durch eine einschränkung des betrachteten gebietes.
Durch eine allzugrosse häufung der belege wird nur sehr oft
der überblick erschwert Hier sei bemerkt, dass, soweit er-
33*
508 B. A. WILLUKS,
sichtlich, die form des akzents dorchgehends der akut za sein
pflegt. Ich habe nur einmal den gravis beobachtet, n&mlich
die II 79, 1, wenn das nicht ein drackfehler sein sollte.
Betonte silben.
A. Einsilbige Wörter: I. Etymologische längen.
a) Einfache vokale : stdn I 542, 23. 27. II 77, 17. 81, 4.
208,10.13.14; aw^ntenc II 163, 7. 252, 8 ; blddmbroe 117 Q, 20;
md I 229, 1. II 163,5.27; sude I 515,21; swe II 163,27; Säm
1542,21.37. 1181,10 zweimal, 81,4; an 11171,83; agdn U
252, 9; twö II 241, 31 ; tddn II 74, 16 zweimal; tdn 11 76, 5. 28.
77,20. 169,17. 172, 4 zweimal; ad 257, 12. H 241, 39; dte I
257, 13, 555, 1 ; hdm II 80, 28; Walthdm II 275, 3; tycchdmstede
1515,37; ««§1229, 6. 546,27.28.30; Ä?^ 1257,15; hit Vi.
163, 26 ; dghwcelces II 163, 6 ; die I 542, 24. 26. 31. 83. 38. 38. 39.
543,2. 548,2.3,4.4. 1163,30. 71,6. 74,19.25.26. 80,25.28.
81,2. 94,17.23. 135,17. 169,19. 171,35.35. 208,11.12.17.19.
24.24.25.28. 241,39. 242,18; danofic II 77, 12 ; die 179,1;
tPic 1 548,9. II 71, 10; aberendlic II 289,24; Wlfric I 544, 10;
Swithun II 72,10; bröc I 229, 8. 548, 16. II 74, 16. 76,20.
169,17; »MoV I 229, 4. 4. 11171,33; Joe I 515,22. 11134,29.
243,1; b^c II 244,13; for II 96,13; dö II 289,23; don H
241, 23. 290, 7. 12; gedon II 252, 7. 10 ; tö I 229, 1. 3. 515, 35.
542,21.36. 545,3.13. 555,2. 1174,20. 162,28. 241,24.31.34.
242,1.10. 251,34. 280,8. 288,5.21. 290,10; nt« II 252, 12.
282, 3. 10. 12 ; üt(t) I 515, 27. 35. 542, 29. 546, 30. H 63, 36.
135,17.22. 163,23.24.25.26. 208,3.15. 242,2.4.6.18; üs U
282, 23 ; -tun II 277, 14. 287, 3 ; Swithun II 73, 5. Wohl auch
Uthagan H 242, 6.
ß) Diphthonge: edc 11241,30; stream 1229,9. 11172,1;
ongedn 1 543, 3; scedp II 241, 32; lea 1 515,34; led U 242, 17;
ed I 548, 6; ie II 74, 17. 171, 33. 34; leöf II 282, 11; treou l
515,13; treow 1257,12; dreo 11252,13. 280,6; Me (npl.) H
282,4; hioe II 163,6; sie II 163,1. 252,1. 282,12, 289,24.
290, 4 ; sio (= sie) II 162, 28.
n. Etymologische kürzen: a) Auf vokal oder nicht-deh-
nende konsonanz auslautend.
a) Einfache vokale: is 1542,24. 544,9. n71,5. 162,27.
208,10. 244,11. 251,35. 280,12. 282,12.15. 290,11; Mm n
DIB VOKALE DEB TOmULBEK IH CODEX WIKTONIENSIS. 509
163,1. 208,4. 282,22. 289,22. 290,15; /« II 280, 9; MI 544, 4.
II 288, 25. 289, 24. 21. 290, 3. 6. 10 ; ic II 252, 15. 283, 2 ; Bis
II 243, 1 ; d» I 515, 25. 26. 34. 542, 26. 544, 7. 547, 27. 28. II
163,4. 169,17.19. 171,32.33.34.38. 172,3.4.5. 207,27. 208,9.
17.19.22. 242,5. 243,37. 288,17; o/ 1228, 25. 229,6.9.10.
542, 20. 546, 27. II 71, 6. 74, 22. 22. 80, 25. 26. 26. 28. 81, 3. 4. 6.
9. 9. 10. 11. 163, 21. 169, 17. 171, 31. 33. 35. 35. 36. 172, 1. 2.
2.3.4.5. 208,18.25.29. 252,2; ÄdZ 1542,24; mdn II 252,6;
men II 252,16; Ödt I 515,33; lie II 252,11. 289,24; wes H
252,9; 280,5; sUd 11242,19; nwrsled 11171,33; gyrdweg I
229, 6; heamwder II 242, 19; hnmgpütt II 94, 21 ; üp{p) 1 229, 6.
515,37. 547,27. 11118,26. 135,23. 169,18. 242,14.
ß) Diphthonge : gedt II 208, 13 ; gedf U 244, 13 ; Funtgeall
II 234, 27.
b) Auf dehnende konsonanz auslautend:
ä) ringwoldes II 76,16; pünd II 241,27; Öom I 547,30.
1163,33. 208,17.
ß) fedrn II 242, 3 ; bedrn II 252, 2.
B. Zwei- oder mehrsilbige Wörter: I. Mehrsilbige casus ob-
liqui zu einsilbigen nominativis.
a) Längen : a) Einfache Tokale : dnan II 162, 28 ; hrddan
II 288,9; hrocrewe II 169,20; dinum II 282,12; dice II 80,24
wtte II 208,6; hröce I 548,12. II 74,28. 288,6; hote II 252,4
roda: I 542,40; Hünes I 547,7; dune I 542,32.38. II 74,22
adünc 1229,10; heor[g]d6ne 1515,28; -ftJMe 11 135, 18. 162,27.
171, 30.
ß) Diphthonge: ieaflrc I 542,40.35. 1174,21. 76,26.30.
208, 19. 21. 26, 242, 3. 288, 9. 23. 24 ; hedme I 515, 17 ; stredme I
229, 9 ; gedre II 280, 6. 289, 25 ; hofan II 162, 26 ; edstan- 1 515,
37; scedtes ebda. z. 20; treowe II 242,9; heöras H 289,26;
Meöne I 515, 34. 548, 4; dweöres I 515, 28; Öreöres I 515, 29. 35.
b) Ursprüngliche kürzen. 1. Bei nichtdehnender konsonanz.
rt) Einfache vokale : Merchdtntne II 238, 15 ; wtdigleagdte
1229,3; de^rc II 207, 29 ; 6ece II 118,30; jrcwnfe II 207, 26 ;
st6<ic)e II 241, 1. 242, 16.
ß) gedte 11 74, 18.
2. Bei dehnender konsonanz : M/eu;e'«rdc 1 542, 40. 11208,26;
medrce II 288, 7. 11 ; mearce I 540, 8 ; beörge II 74, 27. 288, 21.
510 . R. A. WILLIAMS,
n. Zwei- und mehrsilbige Wörter, a) ürsprfingliche längen:
a) dgenre U 241, 30; hdte II 241, 33; gehäte I 542,21;
stcenne II 262,3; genienan II 74,24; weron 11280,11; igsäna
II 135,20; smitan stream II 81,2; hiwan 11208,8. 252,14.17;
hiwum II 207, 29 ; hywan II 280, 3 ; b(e)utan^ on 1 229, 9. II
208, 12.
ß) hedfod I 515,25; hedfode I 228, 25.
b) Kürzen. 1. Bei nicht dehnender konsonanz:
a) wttenalI280jlO; umbeflitanll 280,9; gcwriten lI2il,2Z;
Hunsige II 63, 27 ; scrippan I 542, 40 ; äönan I 554, 35 ; done I
515, 36 ; cuna I 544, 2.
ß) ea7a^II241,35; cea^^rß II 207, 29. 280,3; niodeweardwm
1542,32; Öreora 11289,21; weodu I 515,36; seöfan 1229,9
zweimal.
2. Bei dehnender konsonanz: Wintanceasire II 289, 23;
hydiburnan II 71, 13.
Unbetonte silben.
I. Vorsilbenvokale: ddunc 1229,8.10; geerian 1X241,25;
on gerillte II 169,19; gMhta I 515,34; gewelde II 163,5; je-
irfad II 289, 21; gedon II 252, 10; genuere I 229, 4. II 135,26;
genicßne 1543,4; gemund 11290,11; gSnemned 11290,18; ge-
unne I 544, 4.
II. Mittelsilbenvokale: a^ceras 1229,9; «ci^an II 288, 17;
brucenne II 163,1; ^t Wordige II 70,18; gebyHge 11 290,3;
willnie II 282, 22; firmdtge II 282, 11; umnien II 252, 15; eki-
cean II 282, 21 ; WilUte II 76, 39 ; gearüwe II 280, 8.
III. Endsilbenvokale: dayiön 1 515,34. II 135,18. 169,19;
Öandn II 242,14; gecerendodön II 252,13; weron II 252,16;
wanndn II 81, 6; coppeddn II 241, 39 ; inndn H 80, 25; be suddm
II 242, 13; wenndn stan II 77, 17 ; Bisceop{e) II 162, 25. 289,2a
Zur vergleichung füge ich folgende fälle Ton der akxen-
tuierung lateinischer Wörter hinzu:
Einsilbige Wörter : d (praep.) I 228, 14. 514, 26. 546, 16l
1173,22.24. 75,14.16. 76,13.25. 119,4. 164,5.6.6, 169, Sa
171,6.7.10. 238,33. 243,22. 276,18. 281,4. 287,14.80. 288,26;
(Z«a II 238,33; hoc II U,2. 135,8. 239,1. 277,22. 287,84;
rm I 544, 25. 554, 18. II 70, 28. 74, 12. 76, 4. 171, 15; ri D
DIB VOKALE DBB TOBSILBEEr DI CODEX WIHTONIBirSIB. £11
170,1; h{8 ni71,28; äc 1540,18; n^ni71,5; tdU281,U;
mi n 281, 4; e (= he) H 288, 1; hie (pron.) H 135, 11; nie
n 272,9; ]us H 273,2; principumvi I 544,29; inferiorfsvi U
93, 32 ; qudmvis 11 270 letzte z.
Im Hiat: c6apostoU,'0 1171,9. 74,9. 75,31. 286,13; mdd
n62,28. 99,4. 118,13; w^ II 72,2; Äeun93,31. 169,27.
171, 6; epicarmdi H 244, 8; ceu H 171, 14. 14; redtu I 554, 22;
unidnimes II 72, 12.
Sonstige fäUe: arclsve I 544, 27. 554, 19. H 93, 29. 171, 20;
pantis II 70, 29; inferiorisvi II 93, 32; dgeOuli, -os I 542, 3.
543,10; dmovereU 238,28; dpicOms 11171,8. 286,2; dcam-
modata II 287,8; dstipulatione U 286,6; dstu II 70,26; frdxi-
num II 76, 6. 6; fraxinum U 76, 33; econami I 257, 20; veridieis
II 271, 25; ttxe n 170, 28; sinodum H 276, 20; inäko U 281, 2;
grönne II 77, 18; hacönes II 281, 17.
Gruppe 2.
a II 364, 2 ; 5M;a H 284, 33. 35. 36. 37. 38. 285, 3. 5. IV 105,
5. 7. 8. 10; Mmtune IV 105, 14; ice HI 298, 22. IV 106, 11;
die 11364,1. m3,32. 100,2. 297,32; cweahnstöwe U 284, 33;
boc III 100,22; Ceolboldingtün U 284,24; üt IV 105,12; üp
11284,36.39. 448,10.15; geude C.C.X 17; J^^ra lU 3,36;
dtvyres ebenda; bednstede II 284, 29; led IV 105, 9; ea' IV
105, 11; 6n U 363, 24. 24. 28. 364, 1. 3.5; ddune II 364, 6;
Ättser H. C. 43 C 8 ; dönan TV 105, 9.
Im lateinischen text: d II 364, 21 ; si III 99, 28. 297, 17. 22;
re II 363, 10; rex III 297, 17; hie m 99, 23. 29; (W IE 297, 14;
düx III 298, 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
Aus dieser übersieht geht klar hervor, dass den akzenten
im Cod. Wint. wenig bedeutung zuzuschreiben ist Ein klares
prinzip für ihre anwendung lässt sich nicht gewinnen. Es ist
vielmehr anzunehmen, dass verschiedene prinzipien sich ge-
kreuzt haben. Diese prinzipien in ihrem ganzen umfang auf-
zudecken, wird man vor der hand wohl schwerlich im stände
sein. Bezeichnend in dieser hinsieht für die Verhältnisse im
Cod. ist die thatsache, dass von den 394 aus gruppe 1 ange-
führten belegen 138 oder mehr als ein drittel von allen
sich auf nur fünf Wörter (die 39, 6f 37, ön 25, tö 20, üU 17)
verteilen.
512
R. A. WILLIAMS,
Anhang II. Glossar.
Im Cod. Wint. kommen eine masse Wörter, meistens eigen-
oder Ortsnamen, vor, deren etymologie mir nicht durchsichtig
war. Da die aufnähme solcher in die lautlehre eine blosse
Sache der konjektur gewesen wäre, habe ich vorgezogen, sie
in einem anhang und in lexikalischer anordnnng zu verzeichnen.
Meistens führe ich wort und belege ohne bemerkung an. Zu-
weilen, wo ich einen anhaltspunkt gefunden zu haben glaubte,
stelle ich bezüglich des Ursprungs Vermutungen aul Zu
gleicher zeit habe ich gelegenheit genommen, ein paar formen,
die ich bei der lautlehre übersehen hatte, hinzuzufügen. Die
Wörter sind nach denselben prinzipien angeordnet, welche
Sweet in seinem OET zuerst anwandte. Dies geschah na-
türlich ohne berücksichtigung der quantität, was dazu führte,
dass ich von der Sweetschen reihenfolge der vokale absehen
musste. Dieselbe ist also einfach a, ce, e, i, y, o, u, ea^ eo, ie.
Zahlen mit vorgesetztem tp beziehen sich auf gruppe 2.
a
bares amtigon IT 367, 23. v 363, 29.
marge wei 11 206, 29.
alberhtes 11494,21 lelmwort.
snawan K III 215, 27 zweimal.
naf(B n 296, 9.
gafcerbcece 11 596, 35, gaferlice II
568, 29. — Vielleicht zum altkel-
tischen stamm Gavero{n\ bei Hol-
der 1991, 4 belegt.
(Bt Acon IV 233, 12.
swacan IV 27, 20. 21.
tuicum n 243, 36.
Taia H 262, 31. 274, 1. 275, 38.
280, 13. 290, 14 - vgl. OET
s. 592.
cadan hangran EU 305, 24.
Had{(l) II 359, 24. i/^ 365, 14, wohl
Schreibfehler statt Hadda.
lahorüei H 163, 5.
(B
mccre vgl. § 3 anm. 8, § 12, Anh.,
cadidfes mcrre II 207, 4, ÜHicaldcs
merc II 118, 29.30, wifcules mcere
III 632, 31 , Wifeles mere K HI
172, 28, Iwdes mcere TU 476, 16,
Ulan mere H 118, 26, tiOan mare
n 242, 13, plutanmere 10 655,18;
oo mcere ebda. z. 19, syndhädetmen
1 515, 27, wendan mcere 11 442, 31,
wcßndan mceres laee TU 106, 1,
cedlihan mere TR 520, 7, wUtUm
mcere H 207, 5. 6, sUmmcert m
62, 26. n 94, 19. 549, 36, lamman
m 305, 34, lammeres I 148, da
554,32, spreo^mere 111116, 3. 117,6,
drocmere U 118, 26. 31, saydmeat
Km 252,33. IV 27, 16, ciir^
mcereJI74ttl7f 2>^rcffU8re 111240,30,
ilmere m 240,28, ceaifa man I
542, 39. U 208, 25, cet MerdafM
Km 361,20, grenmeres sUgeU l
554, 32. m 116, 6, gremmenes ^ I
148,30, gremmores m 117, 9j he-
ammeres geaie I 554, 38, bedlm
meres oo 1 148, 30^ bocw^ere» stigtk
1 148,31. 554,33. m 116,7. 117,10
zweimal, ai8emere9wierdeJ12Sß,'\b,
hidem<Bres dorn HI 476, 17, kor-
magres wudu H 291, 4,
hamme H 291, 5.
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 513
Dcerentan K III 199, 31. 32.
bcpran lege IT 298, 14, oo forda IT
301,20 (bera?).
fcers scagan K III 229, 29.
cemincgweg 11 568, 33, (Bniincge^
ebda., zu oernan?
f(Brm II 282, 18, wohl zu feorm.
stcerfinghyrste II 485, 19.
hcelnes dorn III 127, 22.
rcdingbeorgas IV 103, 14, reling-
beorgan ebda. z. 15 — vgl. zu
trcefesing,
bcelbricge HI 356, 7 zweimal
fcBlethamtne 11 171, 36, fylet <^ nächste
zeile zweimal.
mceketibuma 1176,29, mcdeburnan
ebda. z. 31, mcelan beorge II 444, 12.
ni 305, 19, melanbeorh U 444, 11.
<^ beorge in 305, 32, meolanbeörge
n 288,21, meolce^ibeorge 11 xp28b,2
— trotz dem (e ist tnelan oo nach
ausweis der 6o-formen als das ur-
sprüngliche anzusehen.
CBslices ford HE 355, 33 zweimal.
tcesan 1 543, 4, tesan II 208, 30.
trcefesingmudan III 241, 1 — wegen
des Suffixes interessant, man vgl.
Kluge Stammb. § 100 d, vgl. auch
rccling-, cUHinc, meUinCy tcopbitic.
slutw m 520, 2 , hocslew IV 92, 32.
scewwelea IV 49, 12.
scetigetdorn U 304, 22.
r(Bne und rctre F. III 356,3 — K.
liest in beiden fällen rceue.
Hcemstedes K III 173, 1 , Hemstedes
K m 172, 37, Stanhcemstede K IE
252, 23.
ceceles beorge HI 62, 31 — die häufig-
keit der endung -des ist zu be-
merken, man vergleiche droegeles,
sa'di'leSf wereles, hweÖeles.
(pcenes feld{a) IV 93 dreimal. Kemble
nimmt wegen ceceres in derselben
Urkunde Schreibfehler an. Dies ist
aber zu verwerfen : ceccres ist wohl
Schreibfehler, nicht umgekehrt,
man vgl. hecenes.
droegeles boece 11 207, 2 zweimal.
dcetinc Hl 296, 32 — vgl. zu trosfesing
sceddes sceate lU 176, 9, «v, strcet
655, 21, oo steorte ebda. z. 22.
Jierde IV 108, 25.
helfceres U 171, 32.
wer(Ele8 (tceUce) U 295, 37.
weredan hylle 1 47, 2. 545, 4. U 382,
12. mv'3,29. Km 301, 35, mere-
dan hUnc III 520, 6.
mere vgl. zu mcere.
meresbyrig U 532, 8.
gersumen Hl 172, 14 — nordisches
lehnwort.
terstan H 164, 12. 242, 18. 295, 31.
K m 189, 5 etc., tarstan IV tp 105, 4.
Wenupforda m 172, 24.
CeH 1 106, 18.
tcdetce 1 47, 25. 545, 7. H 382, 15.
mi;;3,31. 5,5. KIH 302,2.
weligie) K UI 233, 23. 24.
Celcesora K m 179, 3. 24-
meldanige II 568, 34.
hwedel(e)8 hecd IH 176, 11. 655, 25,
hicceöels c^ m 176, 11.
dredecumb s. zu EtdreÖecumb.
tresel K m 215, 32 , Tresdcotum K
m 214, 31.
Besingahearh I 107, 1 — Holder,
Sprachschatz 407, 35 belegt ein
altkeltisches Besingus, Ortsname
in Gallien. Vielleicht hierzu wäre
unser wort zu stellen.
Plesc m 355, 24. 356, 6, ~«« m
355,15.
resteslea 1 515, 34
besüesfordid) H 206, 34 , BasBtUs o.
n 206, 24.
Rewes 1 107, 20.
wrefet K UI 252, 22, ~ e« ebda.
'defer s. Efw^ Cenoj, MyceU^ Wohl
zu *dofer zu stellen, vgL ne. An-
dover, und zu doferian unten.
wen in Zusammensetzungen: c^risc
in 519, 26, verschr. oo ric ebda.
z. 15, o. ric rV 93, 2. 13, wcenric
ebda. z. 2, Wenbeorgan H 78,28.
514
R. A. WILLIAMS,
80,23, wamhyrste KUX 218, 83,
Wwndofron IH 432, 10, K lU 127, 16
-genes Öom IQ 141, 35
Frena K m 304, 12, Frcena K m
177, 9.
wennan stän U 77, 17.
benn(i(n)cumb IT 440, 35. 37, e^es U
504, 16. 17. 18, rivtdum hcennan-
cumb IT 76, 24, binnacumbes IV
90, 5. 26.
lentan IX 78, 24. 26, lamtan ebda.
z. 25 anm.
gente K m 219, 2.
brenttngie) XU 273, 27. 31 , brettng-
nicede ebda. z. 26.
Endefer m 415, 24. K m 203, 27.
wendan mcere U 442, 31, <v» beorges
III 106,2, wcendan mceres ebda. z. 1.
Cendefer 1 148, 26. 149, 1. 2.
Emhasinga K m 253, 1.
hecenes hangran IV 49, 11 — vgl.
(Ecenes.
ecelesburna 11 357, 21 — vgl. ceceles.
Wecetforda m 404, 16.
feccesumdu 11 492, 19. 20. IV 49, 5
zweimal.
lege Ul 476, 20 — zu Uah?
wegela byrig IV 90, 13, wcegela oo ebda.
wegean IV 92, 32.
Bregeswidestan 1 257, 9. 11 303, 18,
breges stipestan IH G6j 11, brceges-
wiöcestane 11 296, 20, bridswidestan
m 268, 27. Vgl. Bregumid 0 E T,
8.526.
fl^cges garan U 207, 3, flegges «v, IQ
446,21. 007,12.
EtdreÖecumb III 398, 38 — wohl =
(Kt Dredecumbj vgl. ne. Dredcomb
bei K VI, 8. 280.
wic/s/M^in519,34, c^es ebda., metseg
IV 93, 12 , mcütseg ebda. — wohl
flnssname, man vgl. zu trwfesing
icettesford II 76, 36.
Brett onesj belege oben § 4, 1. Hierzu
ist berichtigend zu bemerken, da88
die verschiedenen ableitnngen zu
diesem stamm als lateinische lehn-
wörter anzusehen sind. Die ur-
sprüngliche agi. form hat sweiftli-
ohne e < t. Das woit gebOrt also
nicht unter t sondern e. Die aas
stamm Bret(t)on^ abgeleiteten lrQ^
ter sind wohl von haus ans aosMr-
W8., führen daher m formen ait
a/o-umlaut, man vgL die angaboi
von Miller, Place Namea 1. 17- 1&
Dieses eo geht dann spater analog
der entwickelnng Bearkt > BifM
in y über: es entstehen somit li«-
men wie Brytenland, Bryffaset&
neddatOeage U 412, 31. K m 176, 1,
nceddan es» II 412, 31, greddtmts»([i
K m 176, 2.
medestran U 484, 14 — flnsmame.
Cedenan IV 233, 12, 32.
spedige (Öom) HL 176, 5.
Bedewinde I 452, 23.
Cedde I 106, 17.
Sedru? 11276,2 vgL iS^anfn274^4.
repple IV 49, 14 vgl. ripie.
Ebbleshume I 47, 22. m 14K, 9. K
ni233, 23.30, EhUdmmeJi^lM
252,12. 287,20. ni208,17ele.
YbhUsbume 1 47, 33.
hüe m 240, 31 iweimal, 241,2 —
flussname.
itcwara hagan n 412, 86. 38. K m
176, 8, ywwara ebda. b. 7.
Hiwerc W 234, 9
ijoifan stocccB U 295, 34.
'Sinus in ^Ifr^ lU 62, 87 ete., Wiif
oo IV 96, 16 etc., JBUraebda.a.i
^deZ «^ K m 337, 5, JElf^iim
m 178,6, TTu^csiIV 96,8&
rican ford E Ul 888, 5. 6.
tV/ett stream U 74^ 19, igemu teäB U
409, 29 zweimaL
lithagan U 242, 6.
smitan stream U 81, 2.
riple U 296, 23.
hyrsleage 11 \p 447, 80 — woU
fehler statt fyn t^
DIE VOKALE DER TONSILBEN IM CODEX WINTONIENSIS. 515
hyrpes hamme TL 298, 12.
cyrogafum III 417, 6.
dyrebroc lü t/; 3, 31. I 47, 25. 545, 7.
n 382, 15. in 5, 4, ötre K m 302, 2
— 8. B.-T. 8. V. Dyra wudu und
Miller, Place Names s. 42.
cyrringe H 456, 30.
tyrtcenes sledes U 242, 5.
fyrdinges lea Hl ip 3, 29. I 47, 22.
n 382, 12. m 5, 2. K m 301, 35,
syrdinges 1 545, 4.
cyrdan hedle II 379, 19.
dyman geat II ip 364, 12.
ylting, Hefes oo III 412, 18.
Hyldingbroc K HI 179, 26.
Cylfhongran II 206, 37.
Cylmestuna m 415, 17. K IH 203, 19.
cylda tun 11 207, 3.
hwyÖian pyt 11 296, 18.
mydy HI 520, 7, gemyÖon ebda.
hrysan beorh IH 127, 25.
pysere Ul xpS, 30. I 47, 23. 545, 5,
msere U 382, 13. K UI 301, 36 —
vgl. Einl. IV.
Gyssic K m 360, 17.
Jüywan K HI 229, 28. 29. 338, 7. IV
108, 27.
slywhyrst HL 349, 30. 31.
Tywinham K III 363, 15 — vgl. tyr-
wertes.
Lyfing, -e, -us IV 34, 7. 26. 35, 6.
76, 13 etc., Lufinc IV 33, 11, Lu-
toincg K HI 303, 28, Lufingus IV
96,20.
öryfes den III 305, 25.
pryuet IV 108, 29.
Cyma H 64, 8. 75, 2.
tycan pyt Hl 520, 6.
cycgan Hl 519, 32, ktcgestan(e) IV
93, 10 zweimal. Binz a. a. o. be-
legt ein cocgan, das vielleicht hier-
mit zusammengehört. Es handelt
sich meines erachtens um einen
eigennamen.
Ytingstoce III 273, 14.
Cytelinggraf K III 252, 30 — aus dem
nordischen entlehnt.
scyihangran II i/» 448, 1.
pytonioyrde m t^ 8, 31, toytanwyr9e
ms, 4.
brydan ford HL 632, 21.
brydelades forda 11 301, 19.
yddeles H 492, 18.
tryddingUage H 118, 30.
pyddes geate H tp 363, 27.
wyddan beorg HL 143, 3 — dies ist
dasselbe wie poddan beorge HL
297, 27: Die beiden nrkimden be-
schreiben die grenzen derselben
länderei in umgekehrter reihen-
folge, wyddan ist also statt pyd-
dan verschrieben. Ein seitenstttck
zn dem Vokalwechsel in podda-
pydda ist vielleicht das oben be-
sprochene cocga-cycga.
hyblea 1 515, 29.
CoyreÖ H 381, 3.
Hormceres IT 291 , 3, hormes Hl 302, 20.
wores 8ol EU 478, 8, worres sol H
379, 14 zweimal— vgl. OET 8.574.
gloranige H 301, 23.
Scora die IV 90, 15, Soredich VI
122,6.
landscore hlinc H 243, 35, score
hiinces ebda., landsceorgeate HL
204, 24. Vgl. scorian, vb. bei B.-T.
dorcan 11 81, 1 — flussname, man
vergleiche Dorceceaster und hierzn
Holder 1308, 27, Miller, Place
Names s. 65.
lörtan Mcewe H 409, 25.
wortan beorge HL 240, 30.
mortan cumbce 11 81, 9.
hole 8. dodholcan,
Solentan K m 179, 24.
Higsolon K m 219, 4.
Dolemannes K lU 223, 6 — vgl. ahd.
DcUman.
foslace n 533,26. m 177, 31. 498, 19.
dosabuman HL 655, 22.
costices mylne HL 303, 30.
Howel n 342, 1. xp 364, 38. 380, 3,
Huwcd H 410, 8. 411, 15.
trowingsceaddas HL 649, 18.
516
B. A. WILLIAMS,
doferlan U 494, 19 zweimal, Wem-
dofron TU 432, 10. K HI 127, 16
— Zweifelsohne zum keltischen
stamm dub-ro-n = wasser, man
vgl. Holder 1362, la
bofan hangran H v;364, 4.
oflingcecer HL 519, 13.
bronces ford in 145, 24.
Monnede(8) 1 543, 31. 545, 20. 547, 6.
romes leg 11 206, 30.
FromcB U 411, 8.
Oc(e)a n 235, 30. 244, 33, ocan lea
n 301, 16, occan sldbw III 520, 2.
ocerbuma 11 412, 25. K m 175, 30,
ocebuman II 412, 25, Occerbuman
K m 175, 31.
ocetme wyUas III 62, 24.
hocsleto IV 92, 32, hocingmceda TL
296,1.
rocisfald HL 649, 19.
tocanstance K m 193, 11. 196, 13.
wrocene HL 650, 14 zweimal, Wrocen-
setna UL 355, 23.
toestsnocan HL 141, 34 — B.-T. setzt
nach dieser stelle ein snöca =
bay, bend an.
hoge bura mearce LH 649, 16 — Wohl
aus höh + gebür entstanden.
lotnes gs. n 532, 9.
G^oda II 136, 5, GodemanKHISSßjlO.
338,23.
dodholcan LY 27, 9.
dophangran H 118, 27.
scropes pyt LI ip 448, 5.
u
wures byrgdse 111651,20, Wurgeat
H 342, 3, man vgl. wores.
Durum TL 359, 21.
gebur s. hoge bura unter o.
xdires denu LH 349, 25.
müles hamstede II 206, 36, muledich
VI 122, 4— vgl. Muul OET s.634.
Scuie H 359, 25. 380, 24. tp 365, 15.
guldces geate H 74, 18.
Juöwal H 342, 2. 380, 4, luöual H
V 364, 40.
lusan dorne H 71, 7.
umsan m 27, 6 — flnssname?
Cusanweoh 1 106, 19 — Ortsname.
huw in wudu huto LH 655, 16.
HutocU s. Howd,
umfincgfcUd LH 349, dS.
dufan doppe TV 92, 35.
hrunigfeaMes wcet HL 632, 22 — vgL
ahd. (H)Buntng.
ctinaI544,2, Ounan 11 380,9, Cunan
H xp 365, 3 — Sweet setst kfiize
an, OET 8. 559. Vielleicht ISast
sich dieses sowie das nächstfol-
gende wort zum kelt stamm dhuh
(Holder 1194, 6) ziehen.
cunecan forda H 172, 2.
Brunan H 75, 19 — Ortsname.
hrumwyü IV 45, 23 — Zu ahd. Hramf
Hruam, Buomo etc., oder ags.
hrütn = rauch?
ucing(c)ford 11 V 436, 32. 36. m
297, 25. 1 229, 5, ÜÖingr^ 1 228,25.
stucan wisc H 412,28. Eini75^35.
Luhan H 252, 13.
luhhes geat H 495, 19, luhesrsje U
529, 27, «V, forda TH 176, 5, Mh
harn beorh TH 227, 22.
unthinglandcBS H 413, 5, Wuhmg o»
K m 176, la
Hugon 1 107, 9 — vgl ahd. Hugo etc.
Tugelea mor IV 90, 8, tuhhdesmar
II 504, 18, tuchdea <x> 11440, Sa
utdanbricge H 412, 27. K lU 175,33
— vgl. Utd OET s. 563, Üid
OET s. 637.
Lutegares K TH 363, 20.
butinga scylf IV 49, 14.
tutan mcere H 242, 18.
wnUe 8ole TV 108, 25. 26.
er Ute brece ledge H 879, 12, cruU
braceleage LH ^7S, 9 f cruUebrcuxa
I 515, 36 — vgl. § 1 anm. 14.
plutan tnere LH 655, la
stuteres 1 257, 13. 1 1303,20. lU 66, 14.
hudecumes TV 45, 24.
rudan ortnga TH 8, 14.
DudigHieSyll. 244, 31 — vgL ahd.
Duodicho etc.
crudan sceate H 301, 16.
DIE VOKALE DBB TONSILBEN IM CODEX WINT0NIEN8I8. 517
ea
wecUacan U 74, 25.
beas broces U 442, 36.
weasctng I 542, 32 — vgl. oben § 8
anm. 9.
beastman lea II 304, 22.
weawan dorn HL 478, 8 zweimal.
Tceafersceat K m 360, 15, wohl zu
iiafor (StD).
e(ic€8 sUde U 379, 5.
Peacesdde K m 362, 23.
smeagelhyr8t{e) lU 349, 28 zweimal.
streatan K lU 229, 28.
sceaddes I 515, 20.
seade K ÜI 223, 30.
eo
weoUage IV 103, 12.
beoredes 11 382, 13. m 5, 3, BeoreÖes
K m 301, 37, beredes 1 47, 23, be-
frei (!) 1 545, 5, beoredes m t/; 3, 31.
Sweores holte 11 240, 24.
meolanbiorge 8. zu mcelceti'.
geoUsbuma HL 273, 30.
leoUescumb U 77, 17.
sceoües wiüe I 515, 33.
heowbasc UI 176, 16, ~ bic m 655,
32.33.
hemrwah HI 127, 24.
diuumcea m 355, 29, dioumces HL
356,5.
Eofeshametisis K m 303, 37.
heofes brycce 111655,24. 176, 11.
reofnes beorg 1 515, 32.
Meone I 514, 22 etc. , Meone 1 515,
30.34. 548,4. H 379, 14.
Beoncet II 300, 30, BeoneÜeah JH
409, 7. 632, 25, BeonyÜege TR
415, 24.
ceomman bricge K m 219, 5. 6.
(vocc(;men 1194,20, c^ocopn 11 549,36.
ocenne m 62, 24 — ne. Ock in Berk-
shire.
beocera gente K HE 219, 5. 6.
deocca (berena) JH 632, 30.
deohholes m 157, 16.
eotanford HL 355, 30 zweimal.
ceotan II 357, 23, cceotan ebda.
scriotes dune II 304, 22.
Teodan I 107, 21.
Creodantreow I 540, 17, Criodan-
treow 1 543, 7.
Ceodre m 501, 6.9, ceodre HL 502, 13.
(Et Weopungutn K m 360, 15.
te
Tiesberd n 380, 25
Berichtigung.
Auf s. 418, vierte zeile von oben, muss es „südlichen'^ statt „nörd-
lichen*' heissen.
Halle a. d. S.
R. A. Williams.
EINE SAMMLUNG VON SHAKESPEARE-
QUARTOS IN DEUTSCHLAND.
Vor einigen wochen erhielt ich einen brief des grafen
Goertz-Wrisberg, majoratsherren auf schloss Wrisbergholzen
in der provinz Hannover, mit der mitteilong, dass sich in seiner
bibliothek ein band befinde, enthaltend eine alte Shakespeare-
ausgabe aus den jähren 1600—1619, die allerdings nicht voll-
ständig sei.
Der brief enthielt eine kurze Inhaltsangabe des bandes,
auf grund deren ich vermuten konnte, dass zwar nicht eine
Shakespeare-ausgabe — eine solche, auch eine unvollständige^
hat in dem angegebenen Zeiträume nicht existiert — wohl
aber eine Sammlung wichtiger alter einzelausgaben elisa^
bethanischer dramen vorliege.
Meine bitte, mir das buch auf kurze zeit zu näherer
einsieht und genauerer bestimmung des Inhalts zur verffigung
zu stellen, wurde mit dankenswerter bereitwilligkeit nnd
liebenswürdigkeit von dem besitzer gewährt. Meine vermatimg
bestätigte sich vollauf, und ich bin nun in der angenehmen
läge, den fachgenossen an dieser stelle auskonft Aber den
seltenen fund zu geben.
Der mir vorliegende band enthält eine Sammlung von
nicht weniger als neun quartausgaben shakespearischer nnd
pseudoshakespearischer dramen aus den jähren 1600 — 1619^
darunter seltene erste und zweite quartos.
Wie kostbar die mehrzahl dieser alten ausgaben ist, mQge
man daraus ersehen, dass von den neun hier yorliegenden
quartos nicht weniger als fünf in den in den achtziger jähren
des vorigen Jahrhunderts unter Fumivalls leitnng von Prae-
torius und Griggs herausgegebenen Skakespeare-Qoarto Fao-
similes photolithographiert worden sind.
A. WAGNER, SAMMLUNa VON 8HAKESPBARE-QUABT08. 519
Die stücke, um die es sich handelt, sind The Whole
Contention between the Two Famous Houses Lancaster and
York, A Midsummer Night's Dream, Sir John Oldcastle, The
Merchant of Venice, Henry V., King Lear, Pericles, The M erry
Wives of Windsor und A Yorkshire Tragedy.
Eine solche Sammlung dürfte in Deutschland ein unicum
sein, wenigstens ist mir weder eine öffentliche, noch eine privat-
bibliothek bekannt, die sich eines derartigen Schatzes r&hmen
könnte. Aber auch in England wird eine solche collection
wichtiger alter Shakespeare-Quartos eine grosse Seltenheit sein.
Ich gebe nun im folgendem jedes mal diplomatisch getreu
den titel, anfang und schluss der betreffenden quarto und
werde versuchen, auf grund der mir zu geböte stehenden
hülfsmittel die ausgaben als die erste, zweite, dritte usw. genau
zu bestimmen.
1. The I Whole Contention | betweene the two Famous | Houses,
LANCASTER and | YOEKE. | With the Tragicall ends
of the good Duke \ Humfrey, Richard Duke of Yorke | and
King Henrie the \ sixt, \ Diuided into two Parts: And
newly corrected and | enlarged. Written by William
Shake- \ speare, Gent. [Titelvignette mit der Umschrift
HEB . DDIM . HEB . DDIEV.] Printed at London, for
T. P. Quarto. 0. J. Q 4 Blätter, d. L 64.
Anfang auf Bl. A 2 a :
The first part of the Conten- | tion of the ttco Famous Houses
of Yorke \ and Lancaster, with the death of | the good
Duke Humfrey:
Enter at one doore, King Henry the sixt, and Humfrey Duke
of Glocester, the Duke of Somerset, the Duke of Buckingham,
Cardinall Bewford, and others.
Enter at the other doore, the Duke of Yorke, and the Marques
of Suffolke, and Queen Margaret, and the Earle of Saiisbury
and Warwicke,
Suffolke.
As by your high Imperiall Maiesties command,
I had in Charge at my depart for France,
As Procurator for your Excellence,
To marry Princes Margaret for your Grace;
520 ALBBECHT WAGNER,
So in the ancient famous Citty Towers,
In presence of the Kings of France and Cyssile,
The Dukes of Orhance, Calabar, Britaine and Ähnsan.
Schluss auf S. Q4b:
Queene. Thankes noble Clarence, worthy brother thankes.
Glo. And that I loue the fruite from whence thou sprangst^
Witnesse the louing kisse I giue the childe.
To say the truth, so ludas kist his master,
And so he cride all haile, and meant all härme.
Edw, Now am I seated as my soule delights,
Cla. What will your grace haue done with Margaret?
Reynard her father, to the King of France
Hath pawnd the Cicels and lerusalem,
And hither haue they sent it for a ransome.
Edw, Away with her, and waft her hence to France,
And now what rests, but that we spend the time,
With stately triumphs and mirthfull comicke shewes,
Such as beflts the pleasures of the Court
Sound Drums and Trumpets, farwell to sowre annoy^
For beere I hope begins our lasting ioy.
Exeunt omnes.
FINIS.
Dies ist die erste quarto von The Whole Contention
between the Two Famous Houses Lancaster and York, er-
schienen 1619. Titel, anfang und schluss entsprechen buch-
stäblich und typographisch genau dem 1886 von Charles
Praetorius besorgten und von Fumivall eingeleiteten facsimile
in den Shakespeare-Quarto Facsimiles. Die beiden stücke, auf
denen Skakespeares Henry VI, teil 2 und 3 beruhen, wurden
zuerst einzeln 1594 (The First Part of the Contention betwixt
the Two Famous Houses etc.) und 1595 (The True Tragedy
of Richard Duke of York etc.) von Thomas Millington und
von demselben nochmals 1600 gedruckt. 1619 erschien zum
ersten male eine Vereinigung der beiden dramen unter dem
obigen titel. Hier wird zuerst Shakespeare als Verfasser ge-
nannt. Die buchstaben T. P. auf dem titel bezeichnen den
bekannten Verleger Thomas Pavier.
2. A I Midsommer nights | dreame. | As it hath beene sundry
times pub- 1 likely acted, hy the Right Hanowror \ ble, the
SAMMLUNG VON SHAKESPEARE-QUABTOS IN DEUTSCHLAND. 521
Lord Chamberlaine bis | seruants. \ Written hy William
Shakespeare. \ [Titelvignette mit der Umschrift: POST
TENEBRAS LVX] Fnnted hy lames Roberts, 1600.
Quarto. H 4 Blätter (32).
Anfang auf bl. A 2 a :
A I MIDSOMMER NIGHTS | DREAME.
Enter TJieseus^ Hippolita^ toith others.
Theseus.
NOw faire Hippolita, our nuptiall houre
Drawes on apace: foure happy daies bring in
Another Moone: but oh, me-thinks, how slow
This old Moone wanes: She lingers my desires
Like to a Step-dam, or a Dowager,
Long witbering out a young mans reuenew.
Hip, Foure daies will quickly steepe themselues in nights
Foure daies will quickly dreame away the time:
And then the Moone, like to a siluer bow,
Now beut in heauen, shall behold the night
Of our solemnities.
Schluss auf bl. H4a und b:
Robin, If we shadowes haue offended,
Thinke but this (and all is mended)
That you haue but slumbred beere,
Whüe this visions did appeare.
And this weake and idle theame,
No more yeelding but a dreame,
Gentles, do not reprehend.
If you pardon, we will mend.
And as I am an honest Rucke,
If we haue vneamed lucke,
Now to scape the Serpents tongue,
We will make amends ere long:
Else the Rucke a lyar call.
So good night vnto you alL
Giue me your hands, if we be friends,
And Robin shall restore amends.
FINIS.
AagU» N. F. ZIU. 84
522 ALBRECHT WAGNER,
Wir haben hier die zweite (Roberts'sche) qnarto des
Sommernachtstraumes vom jähre 1600. Sie ist 1880 von
William Griggs in den Shakespeare-Quarto Facsimiles photo-
lithographiert, mit einer einleitung von J. W. Ebsworth. Titel,
anfang und schluss der Originalausgabe sind von mir mit der
nachbildung verglichen. Die erste qnarto erschien gleichfalls
1600 und ist von Fisher gedruckt. Eine photolithographierte
nachbildung derselben von Griggs mit einleitung von Ebsworth
ist gleichfalls 1880 a. a. o. erschienen. Die Fisher'sche qnarto
ist in die buchhändlerregister eingetragen und licensiert, die
Roberts'sche nicht. Die Roberts'sche qnarto beruht auf der von
Fischer (vgl. Ebsworth a. a. 0. § 5). Unsere zweite qnarto
ist dadurch wichtig, dass auf sie der text der ersten folio ge-
gründet ist (Ebsworth § 4). Ich bemerke noch, dass Halliwell-
Phillipps die Roberts'sche quarto für die erste, die Fishersche
für die zweite hält (Memoranda on The Midsummer Nighfb
Dream, privately printed 1879, S. 34).
3. The first part | Of the true & hono- | rable history, of the
Life of I Sir lohn Old-castle, the good \ Lord Cobham. |
Äs it hath hene lately acted hy the Bight \ honorabU the
Earle ofNotingham \ Lord High Ädmirail of England, \
Ms Seniants. \ Written by William Sliakespeare. [Titel-
vignette wie 1] London, printed for T. P. 1600.
Quarto. K 4 Blätter (40).
Auf bl. A2a der prolog. Anfang auf bL A3a:
The true and honorable Historie, of
the life of Sir lohn Old-Castle, the
good Lord Cobham.
/n the fight, Enter the Sheriffe, and two of his
Sheriffe.
My Lords, I Charge ye in his Highnesse name^
To keepe the peace, you, and your followers.
Her Good M. Sheriffe, look vnto your seif.
Pow, Do so, for we haue other businesse.
Proffer to fight againe,
Sher, ^\i\\ ye disturb the ludges, and the Assize?
Heare the Kings proclamation, ye were best
SAMMLUNG VON SHAKE8PEARE-QÜABT0B IN DEUTSCHLAND. 523
Pow. Hold then, let's heare it.
Her, But be breefe, ye were best.
Bayl. 0 yes.
Schluss auf bl. E4a:
Potvis, But Powis still must stay,
There yet remaines a part of that true loue
He owes bis noble friend vnsatisfied
And vnperform'd, which first of all doth binde me
To gratulate your Lordships safe deliuery:
And then intreate, that since vnlookt for thus
We beere are met, your honour would vouchsafe
To ride with me to Wales, where though my power,
(Though not to quittance those great benefits
I haue receiu'd of you) yet both my house,
My purse, my seruants, and what eise I haue
Are all at your command. Deny me not,
I know the Byshops hate pursues ye so,
As there's no safety in abiding beere.
Cob, Tis true my Lord, and God forgiue him for it.
Pow, Then let vs hence, you shall be straight prouided
Of lusty geldings: and once entred Wales,
Well may the Byshop bunt, but spight bis face.
He neuer more shall haue the game in chace. Eoceunt
FINIS.
Dies ist die erste quarto des auf dem titel fälschlich
Shakespeare zugeschriebenen Sir John Oldcastle, 1600 bei
T. P. (Thomas Pavier) erschienen. Dass der berühmte name
Shakespeares in dieser zeit vielfach von gewissenlosen und
auf ihren vorteil bedachten buchhändlem herangezogen wurde,
um die kauflust des publikums anzulocken, darüber vergleiche
man Sidney Lee in seinem A Life of William Shakespeare*,
179 ff. Der gleiche fall wird uns später bei der Yorkshire
Tragedy begegnen. Der text dieser quarto wurde wieder-
abgedruckt in der dritten folio der werke Shakespeares. Im
gleichen jähre (1600) erschien eine zweite quarto des Stückes
ohne den namen Shakespeares, gedruckt von V[alentine] S[ims]
für T[homas] P[avier]. Diese zweite ausgäbe soll besser sein
als die erste, vgl. P. A. Daniel in seiner einleitung zu der von
Praetorius (1885) besorgten facsimilierten ausgäbe der ersten
quarto des King Lear s. V anm. 1.
Angu«. N. F. xm. 35
524 ALBRECHT WAGNER,
4. THE I EXCELLENT | History of the Mer- 1 chant of Venice. \
With the extreme cruelty of Shylocke \ the lew towards
the Saide Merchant, in cut- | ting a itist pound of his
flesh. And the oUaining \ of Portia, by the choyse
of I three Caskets, \ Written by W. Shakespeare. | [Titel-
vignette wie 1]. Printed by J. Boberis, 1600. |
Quarto. K 4 blätter (40).
Anfang auf bl. A 2 a :
The Comical History of the | Merchant of Venice. \
Enter Anthonio, Salaryno, and Sdlanio.
ANthonio. Insooth I know not why I am so sad,
It wearies me, you say it wearies you;
But how I caught it, found it, or came by it,
What stuffe tis made off, whereof it is bome,
I am to learne ; & such a want-wit sadnes makes of me,
That I haue much adoe to know my seife.
Schluss auf bl. E 4 a :
Por. It is almost morning,
And yet Ime [sie] sure you are not satisfled
Of these euents at füll. Let's go in,
And Charge vs there vpon intergotories.
And we will answer all things faithfully.
Gra. Let it be so, the first intergotory
That my Nerrissa shall be swome on, is,
Whether tili the next night she had rather stay,
Or go to bed now, being two houres to day:
But were the day come, I should wish it darke,
That I were couching with the Clarke.
Well, while I liue, ile feare no other thing
So sore, as keeping safe Nerrissas Ring. Exeunt
FINJS.
Dies ist die Editio Princeps des Merchant of Venice, ge-
druckt von J. Roberts im jähre 1600. Die zweite quarto
stammt aus dem gleichen jähre (Printed by I. R. for Thomas
Heyes). Beide liegen in photolithogi*apliischeu nachbildnngen
vor, die erste ist besorgt von Griggs (nach dem exemplar des
Herzogs von Devonshire), die zweite von Praetorius, beide
sind von Furnivall mit einleitungen versehen. Nach der
SAMMLUNG VON SHAKESPEARE-QUARTOS IN DEUTSCHLAND. 525
ansieht des zuletzt genannten gelehrten steht die Roberts'sche
quarto, obwohl sie die ältere ist, der von Heyes an gute nach.
Titel, anfang und schluss unseres Originals sind von mir mit
der facsimilierten nachbildung verglichen.
5. The I Chronicle History | of Henry the fift, with his | batteil
fought at Ägin Court in | France. Together ^ith an- 1
cient Pistoll | Äs it hath bene sundry times playd hy the
Right Honou- \ rdbU the Lord Chamberlaine his \ Seruants, |
[Titelvignette wie 1]. Printed for T. P. 1608. |
Quarto. G3blätter (27).
Anfang auf bl. A 2 a :
The Chronicle Historie | of Henry the fift: with his batteil
fought I at Agifi Court in France. Togither with | An-
cient Pistoll \
Enter King Henry, Exeter, two Bishops, Clarencs,
and other Ättendants,
Exeter,
SHall I call in th'Ambassadors my Liege?
King. Not yet my cousin, tili we be resolu'd
Of some serious matters touching vs and France,
Bysh. God and his Angels guard your sacred throne.
And make you long become it.
King. Sure we thank you: and good my Lord proceed
Why the Law Saliquc which they haue in France,
Or should or should not stop in vs our claime:
And God forbid my wise and leamed Lord,
That you should fashion, frame, or wrest the same.
Schluss auf bl. G 3 b :
Harry. Why then let this among the rest
Haue his füll course: And withall,
Your daughter Katherine in marriage.
Fran. This and what eise
your Maiesty shall craue:
God that disposeth all, giue you much ioy.
Har. Why then faire Katherine,
Come giue me thy band:
Our matriage [sie] will be present solemnize,
526 ALBBBCHT WAOKBB,
And end our hatred by a bond of lone.
Then will I sweare to Kate, and Kate to me,
And may our vowes once made, vnbroken be.
FINJS.
Dies ist die dritte quarto von Shakespeares Henry Y^ ge-
druckt für T. P. (Thomas Pavier) 1608. Eine photolitho-
graphische nachbildung derselben ist 1886 von Charles Praetorius
besorgt und mit einer einleitung von Arthur Symons versehen.
Die erste quarto erschien 1600 (ebenfalls facsimiliert von
Praetorius). Die zweite, gedruckt 1602, ist ein fast genauer
abdruck der ersten quarto. Unsere dritte ist gleichfalls ein
abdruck der ersten, aber mit einer reihe von änderungen.
S}nnons hält sie im ganzen für 'decidedly superior to the
flrst', vgl. s. IV der einleitung.
6. M. William Shake-speare , | EIS \ True Chronicle History
of the life | and death of King Lear, and his | three
Daughters. \ With the vnfortunate life of EDGAE, | sonne
and heire to the Earle of Olocester, and | his suUen and
assumed humour of TOM | of Bedlam. | Äs it was plaid
before the Kings Maiesty at White-IfaU, vp- \ pon S.
Stephens night, in Chrismas HoUidaies. \ By his Maiesties
Seruants, playing vsually at the | Globe on the Banck-
side. I [Titelvignette wie 1]. Printed for Nathaniel
Butter. I 1608.
Quarto. L 4 blätter (44).
Anfang auf A2a:
M. William Shake-speare | UIS \ History, of King Lear.
Enter Kent, Glocester, and Bastard,
Kent
I Thought the King had more affected the Duke of
Älbeney then Cornewall.
Glast It did alwaies seeme so to vs, but now in the diuision
of the Kingdomes, it appeares not which of the Dukes
he values most, for equalities are so weighed, that
curiosity in neitheri can make choise of eithers moytie.
SAMMLUNG VON SHAKESPEARE-QUARTOS IN DEUTSCHLAND. 527
Kent. Is not this your sonne, my Lord?
Glost His breeding sir hath beene at my Charge. I haue
so often blusht to acknowledge him, that now I am
braz'd to it.
Kent I cannot conceiue you.
Schluss auf bl. L 4 a :
Duke: Beare them ftom [sie] hence, our present businesse
Is to generali woe: friends of my soule, you twaine
Rule in this kingdome, and the good State sustaine.
Kent: I haue a journey sir, shortly to go,
My master cals, and I must not say no.
Duke The waight of this sad time we must obay,
Speake what we feele, not what we ought to say:
The oldest haue bome most, we that are yong,
Shall neuer see so much, nor liue so long.
FINIS.
Es liegt die zweite quarto von King Lear vor, aus dem
jähre 1608. Sie ist 1885 von Charles Praetorius facsimiliert.
Sie wurde von den Cambridge -herausgebem in der alten
aufläge in den Varianten durchweg als die erste quarto be-
zeichnet, aber bereits in der einleitung zu dem stück kamen
die herausgeber zu der Überzeugung, dass sie sich geirrt
hatten, und dass es die zweite quarto sei. Auch Fumess
(A New Variorum Edition bd. V s. 355) ist dieser ansieht.
Die erste quarto erschien gleichfalls 1608. Auch sie ist von
Praetorius photolithographiert, und die nachbildung wurde von
P. A. Daniel mit einer einleitung versehen.
7. THE LATE, | And much admired Play, | CALLED,
Pericles, Prince of | Tyre. | Wiih the true Relation of the
whole Hl- I Story, aduentures, and fortunes of | the saide
Prince. | Written by W. Shakespeare. | [Titelvignette
wie 1]. Printed for T. P. 1619. |
Quarto. Die blattzählung ist sehr eigentümlich. Das
titelblatt ist nicht mitgezählt, dann folgt R 1 — 4, S 1 — 4,
T 1—4, V 1—4, X 1—4, Y 1—4, Z 1—4, dann Aa 1— 4 und
als letztes blatt B b 1. Im ganzen also mit dem titelblatt
34 blätter.
528 ALBRECHT WAGNER,
Anfang auf bl. R 1 a :
THE HISTORY OF | Pericles, Prince of Tyre. |
Unter Gower,
TO sing a song that old was sung,
From ashes, ancient Gower is come,
Assuming mans infirmities,
To glad your eare, and please your eies;
It hath beene sung at Festiuals,
On Ember eues, and holy-daies
And Lords and Ladies in their liues,
Haue read it for restoratiues :
The purchase is to make men glorious.
Et bonum quo Antiquius eo melius:
Schluss auf bl. B b 1 :
For wicked Cleon and bis wife, when Farne
Had spread their cursed deed, the honord name
Of Pericles, to rage the Citty turne,
That him and his, they in his Pallace bume:
The gods for murder seemed so content,
To punish, although not done, but meant.
So, on your patience euermore attending,
New ioy waite on you, beere our play hath ending.
FINIS.
Dies ist die vierte quarto des Pericles. Die beiden ersten
erschienen 1609, die dritte 1611.
8. A I Most pleasant and ex | cellent conceited Comedy, | of
Sir lohn Falstaffe, and the \ merry Wiues of Windsor. \
With the swaggering vaine of An | cient Pistoll, aüd
Corporal Nym. | Written by W. Shakespeare. | [Titel-
vignette wie 1]. Printed for Arthur Johnson, 1619. |
Quarto. G 4 blätter (20).
Anfang auf A2a:
A I Pleasant conceited Come- | die of Sir JOHN FALSTAFFE,
and the merry wiues of Windsor,
Enter Justice Shallow, Sir Hugh, Master Page,
and Slender,
SHal. Nere talke to me. He make a star-chamber matter of it.
The Councell shall know it.
SAMMLUNQ VON SHAKBSPEARE-QUARTOS IN DEUTSCHLAND. 529
Tage. Nay good M, Shallow be perswaded by me.
Sien. Nay surely my Vnckle shall not put it vp so.
Sir Hugk Will you not heare reasons, M. Slender?
You should heare reasons.
Shal Though he be a Knight, he shall not thinke to
carry it so away.
Master Page I will not be wronged. For you
Sir, I loue you, and for my cousin.
He comes to looke vpon your daughter.
Schluss auf bl. G 4 b :
For: All parties pleased, now let's in to feast,
And laugh at Slender, and the Doctors ieast.
He hath got the maiden, each of you a boy
To waite vpon you, so God giue you ioy,
And sir lohn Falstaffe now you shall keep your word,
For Brooke thLs night shall lye with Mistris Ford.
Exit omnea.
FINIS.
Es liegt die zweite quarto der Merry Wives of Windsor
vor (1619). Die erete erschien im jähre 1602. Unsere aus-
gäbe ist ein reiner abdruck von quarto 1, aber mit erheblich
geändertem titel, vgl. P. A. Daniel, einleitung zur facsimilierten
ausgäbe der ersten quarto (Griggs 1888) s. V.
9. A I YORKSHIKE TRAGEDIE. | Not so New, as Lamen-
table I and True. | Written by W. Shakespeare. | [Titel-
vignette wie 1]. Printed for T. P. 1619. |
Quarto. D 2 blätter, das titelblatt ist nicht mitgezählt,
also im ganzen 15.
Anfang auf bl. A 1 a :
ALL'S ONE, I OR, | One of the foure Plaies in one, called a \
Yorkshire Tragedy. As it was plaid by | the Swings
Maiesties Players. |
Enter Oliuer and Raphe, two seruingmen.
OLiuer. Sirrah Raphe, my young Mistris is in such a pittifull
passionate humour for the long absence of her loue.
Raphe. Why can you blame her, why, Apples hanging longer
on the tree then when they are ripe, makes so
530 ALBRECHT WAONEB,
many fallings, viz. Mad wenches because they are
not gatliered in time, are faine to drop of themselaes,
and then tis common you know for euery man to
take them vp.
Schluss auf bl. D 2 b :
Mr. Was it in man to wound so kinde a creature?
He euer praise a woman for thy sake.
I must retume with grief, my answer's set,
I shall bring newes weighes heauier then the debt.
Two brothers; one in bond lies ouerthrowne,
This, on a deadlier execution.
FINIS.
Dies ist zweite quarto der Yorkshire Tragedy (1619), die
erste erschien 1608, vgl. \\\ Garew Hazlitt, Handbook to the
Populär, Poetical and Dramatic Literature of Great Britain,
S. 471 b. Auch dieses stück wird auf dem titelblatt in beiden
ausgaben fälschlich Shakespeare zugeschrieben.
Überblicken wir nun die ganze Sammlung, so ergiebt sich,
dass alle quartos mit einer einzigen ausnähme — Henry V., bei
dem sich der autor von selbst verstand — den namen Shake-
speares auf dem titelblatt aufAveisen. Der sammler wollte
also eine reihe von einzelausgaben Shakespeare'scher dramen
in dem bände vereinigen. Dass darunter sich einige befinden,
die wir heute als pseudo-shakespearisch erkannt haben, focht
ihn natürlich nicht an.
Der einband dürfte aus dem 18. (vielleicht noch aus dem
17.) Jahrhundert stammen. Der damalige besitzer hat auch
die liebenswürdigkeit gehabt, uns seinen namen anzugeben.
Auf dem vorderen einbanddeckel ist in goldenen majuskeln
der name Edward Gwynn eingepresst. Auf dem rücken des
einbandes steht in gleichen typen: Plays and Pamphlets [$ic\
of W. Shakespeare.
Die namen des druckers und Verlegers erscheinen auf
keinem der titelblätter, wie es sonst wohl geschieht, (printed
by for ) vereinigt, sondern stets findet sich nur der
name des einen oder des andern. Als verlegemame begegnet am
häufigsten T. P. (Thomas Pavier), nämlich in 1, 3, 5, 7, 9; ausser-
dem einmal Nathaniel Butter (6) und Arthur Johnson (8).
SAMMLUNG VON SKAKESPEARE-QUARTOS IN DEUTSCHLAND. 581
Als drucker erscheint zweimal James Roberts (2 und 4), also
nur in zwei fällen von neun finden wir den namen des druckers
auf dem titel.
Es fällt auf, dass in allen in unserem bände vereinigten
quartos dieselbe titelvignette erscheint, mit einer einzigen aus-
nähme. Diese ausnähme bildet die zweite quarto des Sommer-
nachtstraumes, gedruckt von James Roberts (vgl. unsere Nr. 2).
Hier begegnet eine Vignette mit der Umschrift Post tenebras lux.
Aber schon im gleichen jähre (1600) erscheint aus der
Offizin von J. Roberts die erste quarto des Merchant of Venice
mit einer anderen Vignette (vgl. nr. 4), und dieselbe wieder-
holt sich in der ersten quarto des Sir John Oldcastle (1600),
in der dritten von Henry V., in der zweiten des King Lear
(beide 1608), in der ersten der Whole Contention, der vierten
des Pericles, der zweiten der Merry Wives und in der zweiten
quarto der Yorkshire Tragedy (die letzten vier sämtlich aus
dem jähre 1619).
Über diese Vignette sagt P. A. Daniel in der einleitung
zu King Lear, The First Quarto, s. IV f . :
The device on the Title of Q 2 is that of Richard Johnes,
Jhones or Jones whose initials it bears (See Johnson's Typo-
graphia. Vol. I p. 585). Jones appears to have been at work
between 1571 and 1597. The Cambridge Editors say the device
is that of J. Roberts; it probably became his by succession,
for we find it on the title of the 1600 ed. of The Merchant
of Venice printed by him. Whether it was still in his
possession in 1608 may be doubted ; the Brit. Mus. Catalogue
gives no later date than 1606 for any book printed by him.
I suppose we must attribute to J. Roberts's press the Ist
1600 edit. of Sir John Oldcastle which has Shakespeare's name
on the title page and which was printed for T. P[avier], for
it has this same device. The same device appears later on
the title of the 1619 ed. of The Merry Wives of Windsor,
printed for Arthur Johnson
Wir fügen auf grund des oben gesagten hinzu: dieselbe
Vignette findet sich auch in der dritten quarto von Henry V.
von 1608 und in den quartos der Whole Contention, des Pericles
und der Yorkshire Tragedy, sämtlich von 1619.
Es kann zunächst nicht zweifelhaft erscheinen, dass der
block der alten Jones'schen Vignette im jähre 1600 in den
582 A. WAGNBfi, SAMMLUNG VON SHAKESPBABB-QUABT08.
besitz von James Roberts übergegangen war. Dies zeigt die
erste quarto des Merchant of Venice, die unter der Vignette
den namen von Roberts als dmcker aufweist, und dies haben
die Cambridge-herausgeber mit recht konstatiert
Wenn nun P. A. Daniel a. a. 0. bezweifelt, dass die Vignette
noch nach 1606 von Roberts benutzt wurde, weil nach diesem
jähre im katalog des Brit museums Roberts'sche drucke nicht
mehr verzeichnet werden, so erscheint mir das nicht stichhaltig,
weil in einer ganzen reihe von fällen (in unserer Sammlung in
sieben von neun) der dmcker überhaupt nicht angegeben wird.
Ich halte es vielmehr für sehr wahrscheinlich, dass die
sämtlichen in unserer Sammlung vereinigten quartos aus der
offizin von James Roberts hervorgegangen sind, weil sie alle
entweder den namen dieses druckers oder seine titelvignette
aufweisen.
Wenn dies aber richtig ist, so fällt auf die entstehung
unserer Sammlung ein neues licht. Dann ist nicht nur der
name Shakespeares für die Vereinigung dieser seltenen und
kostbaren quartos in einem bände massgebend gewesen, sondern
es kommt als zweiter faktor die gemeinsame herkunft aus
der offizin von James Roberts hinzu. Dass die Sammlung
von England nach Hannover kam, lässt sich aus den alten
zwischen den beiden ländem bestehenden beziehungen leicht
erklären.
Ich bin im begriff, auf dem wege nach England einer
einladung des grafen Groertz-Wrisberg zur besichtigung seiner
bibliothek folge zu leisten, und ich bin vielleicht in der läge,
den fachgenossen von neuen funden mitteilung zu machen,
wenn sie auch dem vorliegenden an Wichtigkeit schwerlich
gleichkommen dürften.
Halle, 1. August 1902. Albbbcht Wagnbb.
UaUe, Drvok von Ehrhardt Karrat.
* 9
Ausgegeben den 24. November 10Ö2.
A N G L I A.
ZEITSCHRIFT
FÜR
EN&LISGHE PHILOLO&IE.
UNTER MITWIRKUNG VON EWALD FLÜGEL
HERAUSGEGEBEN
VON
EUGEN EINENKEL.
NEUST EINEM BEIBLATT HERAUSGEGEBEN VON MAX FR. MANN.
BAND XXV. NEUE FOLGE BAND XIIL
VIERTES HEFT.
HALLE A. S. f
MAX N^IEMEYEB.
1902
Die Zeitschrift erscheint in Bänden (von 4 Heften) zu 24 Mi
Diesem Hefte ist ein Prospekt der Firma Gi
Berlin, beigelegrt.
4f
INHALT.
Seite
R. A. Williams, Die vokale der tonsilben im Codex Wintoniensis . 393
AI brecht Wagner. Eine sanmilung von Shakespeare -Quartos in
Deutschland 518
Abgüschloäseu ende Oktober 1902.
Das nächste lieft erscheint Januar 1IK)3.
Manuscrii)te tiii- «las ülx'i-nächstc lieft werden bis spat^estens ende
März VM\ crh<'tcn . ciitwoh^r an Prof. Dr. Ellgen Einenkel, Halle-
(liebichenstein, Scydlitzstrasse U). oder an Prof. Dr. Ewald Fliigrel, Stanford
rniversitv. Pah» Alto. California. V. S.
«
Die für die •Aniilia' hcstininiten rezensionsexemplare neu er-
xliienencr druckscliriftcn sind zu senden an: Dr. Max Mann^ Herausgeber
des 'Ik'iblattes*. Frankfurt a M.- Bockenheim, Königstrasse 36.
Georg Reimer
BERLIN W 35
VERLAGSBÜCHHANDLUNC
LCTZOWSTR. 107-8.
PROSPECT.
SHAKESPEAKE-LEXICON
VOLLSTÄNDIGER ExXGLISCHKR
SPRACHSCHATZ
MIT ALLEN WOUTEllX, WENDI X(iEX IND
SATZBILDUNCEX
IN DEN AVKRKEN DES DICHTERS
VON
ALEXANDER SCHMIDT
MMTTK AUFLAGE
DURCHGESEHEN UND EKWEITEUT
VON
GREGOR SARRAZIN
ZWKr IJÄNDK
THEIS nUOSl liniT M. -'4.—
GLB. IN l'KIN IIALUFUANZ M. .;<».—
A COMPLETE DICTIONARY
OF ALL TUE EXCiLISH WORDS, PHRASES AX
CONSTRICTIOSS
IN THE WOKKS OF THE POET
BY
ALEXANDER SCHMIDT, LL« D.
TiUKi) p:L)rnoN
REVI8ED AND ENLARGED
BY
GREGOR SARRAZIN
'J VoLlMKS
ROYAL 8'^
TRK E IN BOARDS M. -Jl.—
HALF (ALF M. ;U). —
Sliakespearo's Sprache, schon seinen
Zeitgenossen gewiss oft schwer verständ-
lich, ist Jetzt zum grcjssen Teil als veraltet
zu bezeichneiL Viele Wörter und Wen-
(Unmen sind nicht mehr iihlich, viele andere
hal)en ihre l>edeutnnir verändert. Für alle
diejenigen, welche Shakespeare's Poesie in
ihrer ursprünglichen (lestalt verstehen und
geniessen wollen, auch Tür dit» Landsleute
<les grossen J)ichters, ist ein Special-\V«irter-
huch notwendig geworden.
I)ie NOrzÜLiO von Alexander Schmidt's
Shakespeare- Lexicon sind von berufenen
Kritikern einstimmig anerkannt worden und
haben ihm einen Weltruf verschalVt: Gründ-
Shakespeare's language, whichmusthav
r)lfered considerable difliculties eveu to hi
contemporaries, has now to a great exter
become obsolete. Many words and phrasc
nvi) 110 longer in use, many others hav
chan^ed their meanings. For all readci
who want to understand and enjoy Shakc
speare's poetrv in its original form, evo
for tht? countrvmen of the great Poet,
Lrlossarv has become a necessitv.
The high »jualitiesof AlexanderSchmidt'
Shakespeare-Lexicon, unanimously acknow
ledged by competent critics, have secure
to it a world-wide reputation: A thoroug
knowledge of Shakespeare'' ^